Kompetenzen und Anforderungen an Sozialarbeiter/innen der stationären Jugendhilfe im Umgang mit traumatisierten Kindern


Bachelorarbeit, 2015

72 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

1. Die Bedeutung von Trauma
1.1 Begriffsdefinition
1.2 Traumatische Situation
1.3 Traumatypologie
1.4 Kinderspezifische Definition
1.5 Kindesmisshandlung als Ursache für ein Trauma
1.6 Risiko und Schutzfaktoren
1.7 Entstehung eines Traumas
1.8 Traumaverarbeitung

2. Traumafolgestörungen und deren Auswirkungen
2.1 Komplexe PTBS und Traumaentwicklungsstörung
2.2 Symptome und Folgen von Traumatisierung

3. Traumapädagogik in der stationären Jugendhilfe
3.1 Heranführung an die Begrifflichkeiten
3.1.1 Definition: Station ä re Jugendhilfe
3.1.2 Definition: Traumap ä dagogik
3.2 Die Haltung
3.3 Die Pädagogik des „sicheren Ortes“
3.4 Bindungsverhalten und Beziehungsaufbau
3.5 Förderung der Selbstbemächtigung/Selbstwirksamkeit
3.5.1 Förderung des Selbstverstehens
3.5.2 Förderung der K ö rper- und Sinneswahrnehmung
3.5.3 Förderung der Emotions- und Selbstregulation
3.5.4 Förderung von Ressourcen und Resilienz
3.5.5 Chancen der gesellschaftlichen und sozialen Teilhabe
3.6 Anforderungen an die Sozialpädagogen/-pädagoginnen

4. Zusammenfassung und Ausblick

ABSTRACT

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit traumatisierten Kindern in der stationären Jugendhilfe und legt ihren Fokus auf durch Eltern misshandelte Schutzbefohlene. Diese machen einen Großteil der stationär untergebrachten Kinder aus.1 Die stationäre Unterbringung von traumatisierten Kindern wird meist als letztes Glied einer Kette von Hilfen zur Erziehung herangezogen, wenn bereits kostengünstigere, ambulante Formen keinen Erfolg gebracht haben. Allerdings ist die stationäre Jugendhilfe auf diese schwer belasteten Kinder nur unzureichend vorbereitet, denn diese Kinder haben lange Zeit in traumatischen Lebensumständen verbracht und zeigen nun Verhaltensweisen, die sowohl schwer verständlich als auch schwer auszuhalten sind. Aufgrund des fehlenden Wissens von Traumafolgen und deren Auswirkungen verzweifeln die pädagogischen Fachkräfte und können den Bedürfnissen der Kinder nicht mehr entsprechen oder diese wahrnehmen. Dies führt häufig zu weiteren Abbrüchen der Hilfemaßnahme und einer Chronifizierung des Traumas.

Die stationäre Jugendhilfe ist neben psychiatrischen Settings ein Ort, an dem eine Großzahl an traumatisierten Kindern betreut wird. Daher ist es wichtig, auch die pädagogischen Fachkräfte über die Folgen von Traumatisierungen zu schulen. Die Arbeit mit traumatisierten Kindern ist bislang vornehmlich Psychologen/-innen und Therapeuten/-innen vorbehalten, jedoch sollte die pädagogische Arbeit mit diesen Kindern nicht unterschätzt werden. Die pädagogische Arbeit in einer stationären Wohngruppe findet an 365 Tagen im Jahr statt und hat somit einen prägenden Anteil im Leben dieser Kinder. Sozialpädagogen/-pädagoginnen müssen daher für die spezifischen Bedarfe dieser Kinder geschult werden, um sie bei der Traumaverarbeitung unterstützen zu können.

Ziel dieser Arbeit ist es, mittels Literaturrecherche Leser/innen, in erster Linie Sozialpädagogen/-pädagoginnen2, die in ihrer Arbeit mit traumatisierten Kindern umgehen, sich für die Folgen und Auswirkungen von traumatischen Lebensereignissen zu sensibilisieren. Hierbei soll eine fachliche Orientierung mithilfe der Traumapädagogik gegeben werden. Daher gehe ich der Frage nach, welche Herausforderungen die Symptome traumatisierter Kinder in der stationären Jugendhilfe an Sozialpädagogen/-pädagoginnen stellen und wie diesen mithilfe von traumapädagogischen Konzepten begegnet werden kann.

Die Auseinandersetzung mit traumatisierten Kindern in der stationären Jugendhilfe setzt das Wissen voraus, was unter Traumatisierung verstanden wird. Ziel des ersten Kapitels ist es daher, einen wissenschaftlichen Überblick über den aktuellen Forschungsstand der Psychotraumatologie zu erlangen. Diese ist entscheidender Bestandteil einer gelingenden Traumapädagogik. Dies beinhaltet die Erklärung der Bedeutung des Begriffs Trauma (Kapitel 1.1), die Definition einer traumatischen Situation (Kapitel 1.2), die wissenschaftliche Einteilung unterschiedlicher Traumatypen (Kapitel 1.3) sowie die spezifische Auseinandersetzung mit Kindheitstraumata (Kapitel 1.4) und deren Ursachen (Kapitel 1.5). Darauf folgend werden Risiko- und Schutzfaktoren (Kapitel1.6) beschrieben, die bei der Entstehung eines Traumas (Kapitel 1.7) entscheidend sind. Zum Ende des ersten Kapitels wird ein Überblick über die Verarbeitung eines Traumas (Kapitel 1.8) gegeben, um ein Verständnis für die Entstehung von Traumafolgestörungen zu erlangen.

Das zweite Kapitel zeigt die psychischen Folgen von Traumata. Dazu wird im ersten Teil ein Problemaufriss bezüglich der Diagnostik von kindlicher Traumatisierung eröffnet (Kapitel 2.1). Im zweiten Teil des Kapitels wird auf spezifische Symptome und Folgen von misshandelten und traumatisierten Kindern im Kontext eines pädagogischen Alltags eingegangen.

Der Hauptteil der Arbeit ist in Kapitel 3 angesiedelt, wo die Begrifflichkeiten der stationären Jugendhilfe (Kapitel 3.1.1) und der Traumapädagogik (Kapitel 3.1.2) eingeführt werden. Hierbei möchte ich das traumapädagogische Konzept der Bundes Arbeitsgemeinschaft Traumapädagogik vorstellen, die spezifische Standards für die traumapädagogische Arbeit entwickelt hat. Diese Standards werden in den darauf folgenden Kapiteln erörtert. Dazu zählen zu Beginn eine besondere Haltung (Kapitel 3.2) gegenüber traumatisierten Kindern sowie die Bereitstellung eines sicheren und geschützten Ortes (Kapitel 3.3), an dem diese sich uneingeschränkt entwickeln können. Darauf folgend werden die Besonderheiten im Bindungsverhalten und Beziehungsaufbau der Kinder (Kapitel 3.4) dargestellt, um schließlich auf die vielfältigen zu fördernden Bereiche Selbstbemächtigung und Selbstwirksamkeit (Kapitel 3.5) einzugehen. Als letzten Punkt dieses Kapitels werden die hohen Anforderungen, aber auch die Belastungen der Sozialpädagogen/- pädagoginnen im pädagogischen Alltag der stationären Jugendhilfe mit traumatisierten Kindern dargestellt (Kapitel 3.6). Im Schlusswort werde ich nochmals die wichtigsten Erkenntnisse dieser Arbeit kurz zusammenfassen und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der Traumapädagogik geben.

1. Die Bedeutung von Trauma

Die Auseinandersetzung mit den speziellen Förderbedarfen von Kindern in der stationären Jugendhilfe und den damit entstehenden Herausforderungen für die Sozialpädagogen/-pädagoginnen setzt das Wissen über Traumaentstehung und -verarbeitung voraus. Daher wird in diesem Kapitel der aktuelle Forschungsstand der Psychotraumatologie dargestellt, um mit diesem Wissen eine traumaspezifische Haltung zu erlangen, die für die traumapädagogische Arbeit vonnöten ist.

1.1 Begriffsdefinition

Der Begriff „Trauma“ stammt vom griechischen Wort „τράυμα” und bedeutet so viel wie Wunde oder Verletzung. Eine Interpretation des Begriffs wird in vielen verschiedenen Zusammenhängen genutzt, da „ in dieser urspr ü nglichen Bedeutung nicht festgelegt ist, was verletzt wird: Seele oder K ö rper “ 3. So wird im medizinischen Kontext bei einer äußeren Gewalteinwirkung auf den Körper von einem Trauma gesprochen. Diese Arbeit setzt sich mit der psychologischen Definition von Trauma auseinander. Hierbei wird analog von einem Psychotrauma gesprochen, das infolge eines seelisch erschütternden Ereignisses entsteht.4

Die internationalen Richtlinien des ICD 10 und DSM IV definieren Trauma als

- „ [...] ein belastendes Ereignis oder eine Situation k ü rzerer oder l ä ngerer Dauer, mit au ß ergew ö hnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausma ß es, die bei fast jedem eine tiefe Verst ö rung hervorrufen w ü rden. “ (ICD-10)5
- „ [...] das direkte pers ö nliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der k ö rperlichen Unversehrtheit zu tun hat, oder die Beobachtung eines Ereignisses, das mit dem Tod, der Verletzung oder der Bedrohung der k ö rperlichen Unversehrtheit einer anderen Person zu tun hat, oder das Miterleben eines unerwarteten oder gewaltsamen Todes, schweren Leids oder Androhung des Todes oder einer Verletzung eines Familienmitgliedes oder einer nahestehenden Person [...] “ (DSM-IV)6

Nach diesen Definitionen können also nicht nur direkt Betroffene eines traumatischen Ereignisses traumatisiert werden, sondern auch Beteiligte wie Helfende, Sozialpädagogen/-pädagoginnen, Ärzte/Ärztinnen u. v. m.7 Solch traumatische Situationen8 unterscheiden sich bei weitem von belastenden Lebensereignissen, die häufig als traumatisch betitelt werden.

Traumata treten nach Wilma Weiß durch Ereignisse auf, die die normalen Anpassungs- und Bewältigungsstrategien (Copingstrategien9 ) des Menschen überfordern.10 Ausgangspunkt ist eine tatsächliche und extrem stressreiche äußere Situation, die immer von Gefühlen intensiver Angst, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Kontrollverlust begleitet ist.11 „ Ein Trauma ist ü berw ä ltigend lebensgef ä hrlich (und d.Verf) ü ber alle Ma ß e erschreckend. Etwas, das man eigentlich nicht verkraften kann. Ein Ereignis au ß erhalb dessen, was der Mensch sonst kennt, verbunden mit der Ü berzeugung, dass man es nie verwindet. “ 12

Ein Trauma hat somit immer zwei entscheidende Faktoren, die im Zusammenspiel zu einer psychischen Traumatisierung führen können: zum einen ein objektiv belastendes Ereignis, das außerhalb der üblichen menschlichen Erlebniswelt liegt, und zum anderen das subjektive Erleben völliger Hilflosigkeit, Ohnmacht und Entsetzen verbunden mit Flucht- und Kampfimpulsen.13 Der Betroffene befindet sich in einer solchen Situation in einem Dilemma, bei dem er seinen natürlichen Instinkten nicht folgen kann, also weder fliehen noch kämpfen kann.14 Eine solche Überwältigung führt zu hirnphysiologischen Veränderungen, damit eine traumatische Situation überhaupt überlebt werden kann.15

Die in der Wissenschaft geläufige Definition von Trauma stammt von Fischer und Riedesser und besagt, dass ein Trauma ein „ vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bew ä ltigungsm ö glichkeiten (ist, d. Verf.), das mit Gef ü hlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Ersch ü tterung von Selbst- und Weltverst ä ndnis bewirkt “ . 16 Die Ohnmacht in einer traumatischen Situation ist folglich so überwältigend, dass das Urvertrauen in die Welt, das Leben und das Selbstwertgefühl eines Menschen nachdrücklich verletzt wird. Der Begriff „Trauma“ kann in diesem Verständnis sowohl die Situation selbst als auch die Auswirkung des Ereignisses sein.17 Im Folgenden werde ich genauer auf die traumatische Situation eingehen und diese anhand verschiedener Belastungsfaktoren näher definieren.

1.2 Traumatische Situation

Eine traumatische Situation, wie sie aus dem DSM IV hervorgeht, ist durch das Gefühl der Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit in Verbindung mit Todesangst oder Panik gekennzeichnet. Jedoch kann daraus nicht abgeleitet werden, dass bestimmte Ereignisse für jeden Menschen traumatisierend sind.18 „ So kann die Situation bei einer Person ein schlimmes Trauma hervorrufen, w ä hrend es auf die andere nicht einmal be ä ngstigend wirkt. “ 19

In der folgenden Abbildung werden kinderspezifische psychosoziale Belastungsfaktoren des DSM III-R dargestellt, die je nach Schweregrad als traumatische Situation wahrgenommen werden können.

Abb. 1: Psychosoziale Belastungen bei Kindern und Heranwachsenden aus DSM III-R20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Wiederholter) Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlungen, Aufenthalte in Pflegeheimen und zurückweisende Eltern werden zu den schweren oder auch sehr schweren Belastungsfaktoren gezählt, die somit eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, traumatisierend zu wirken.

Eine Klassifizierung von traumatischen Situationen, die zu einer Traumatisierung führen können, stellen Fischer und Riedesser in ihrem Lehrbuch der Psychotraumatologie auf. Sie benennen hierin acht Situationsfaktoren, die einzeln oder gebündelt relativ wahrscheinlich zu einer Traumatisierung führen.

1. „ Bedrohung f ü r Leib und Leben.
2. Schwerer k ö rperlicher Schaden oder Verletzung.
3. Absichtlicher Verletzung oder Sch ä digung ausgesetzt zu sein.
4. Konfrontation mit verst ü mmelten menschlichen K ö rpern ( „ exposal to the grotesque “ ).
5. Gewaltsamer oder pl ö tzlicher Verlust einer geliebten Person.
6. Beobachtung von Gewalt gegen eine geliebte Person oder Informationen dar ü ber.
7. Die Information, dass man einem sch ä dlichen Umweltreiz ausgesetzt ist oder war.
8. Schuld haben am Tod oder an schwerer Sch ä digung anderer. “ 21

Die Punkte 1 bis 3 treffen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf traumatisierte Kinder in der Heimerziehung zu.22 Allerdings hängt die Verarbeitung einer traumatischen Situation immer von den individuellen Risiko- und Schutzfaktoren ab. Risikofaktoren begünstigen bei entsprechenden Bedingungen eine Traumatisierung, während Schutzfaktoren dabei helfen, solch traumatische Situationen besser bewältigen zu können. In Kapitel 1.5 werde ich näher darauf eingehen. Die traumatische Situation lässt sich unter zwei Gesichtspunkten betrachten. Zum einen sind objektive Situationsfaktoren wie der Schweregrad, die Häufigkeit und die Beziehung zum Täter signifikant, zum anderen die subjektiven Bedeutungszuschreibungen, die durch die persönliche Bewertung zu Gefühlen wie Hilflosigkeit, Ohnmacht, Angst oder Scham führen.23 Im nächsten Abschnitt werden weitere Unterscheidungskriterien dargestellt, in die sich Traumata einteilen lassen.

1.3 Traumatypologie

Traumata lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Die geläufigsten sind hierbei die Unterteilung in kurzfristige oder lang andauernde traumatische Erlebnisse (Dauer) und die Unterteilung in von Menschen verursachte Traumata oder Katastrophen/Unfalltraumata (Ursache).24 Nach Leonore Terr kann zwischen zwei verschiedenen Formen von Traumatisierung unterschieden werden. Typ-I-Traumata sind einzelne/einmalige unerwartete traumatische Erlebnisse von kurzer Dauer („one- single-blow“)25, wie z. B. Verkehrsunfälle, Naturkatastrophen oder ein Flugzeugunglück. Typ-II-Traumata hingegen können eine Serie miteinander verknüpfter Ereignisse oder auch länger andauernde, sich wiederholende traumatische Erlebnisse sein, wie z. B. Kindesmisshandlung, Folter oder Krieg.26 Solche Typ-II-Traumata sind meist Beziehungstraumata, die von engen Bezugspersonen verübt werden. Diese traumatischen Erlebnisse erschüttern das Selbst- und Weltverständnis nachhaltig und zerstören das Urvertrauen in soziale Beziehungen.27 Man spricht hierbei analog von „Man-made-Disaster“, also als von Menschen verursachte Traumata. Eine weitere Kategorie sind durch Katastrophen (z. B. Naturkatastrophen oder Verkehrsunfälle) verursachte Traumata, die ebenfalls zu den Typ-I-Traumata zählen. Folgende Abbildung stellt die benannten Klassifikationstypen nochmals in schematischer Weise dar.

Abb. 2: Einteilung von Traumata28

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die benannten Traumaklassifikationen haben großen Einfluss darauf, wie nachhaltig sich das traumatische Erlebnis auf das Selbst- und Weltverständnis eines Menschen auswirkt. Psychische Folgestörungen können bei allen benannten Traumakategorien auftreten. Von nahestehenden Menschen verursachte und länger andauernde Traumata der Typ-II-Kategorie führen allerdings in vielen Fällen zu stärker beeinträchtigenden und komplexeren Traumafolgestörungen als die anderen Formen. 29 Jedoch betont Rießinger, dass „ gewaltt ä tige Traumata in der Kindheit und Jugend - egal ob einmalig oder l ä nger andauernd - ( … ) oft zu tiefgreifenden St ö rungen in der Pers ö nlichkeit der Opfer (f ü hren, d. Verf.), die ü ber die Symptomatik allgemeiner posttraumatischer Erkrankungen hinausgehen “ . 30 Viele Kinder, die in der stationären Jugendhilfe leben, haben traumatische Lebenserfahrungen gemacht. Daher werde ich mich in meiner Arbeit vorrangig auf die Typ-II-Traumata beziehen. Nach Marc Schmid haben Heimkinder ein vier- bis siebenfach erhöhtes Risiko, von Misshandlungen betroffen zu sein, die nach den oben benannten Kategorien zu den Typ-II-Traumata führen können. Bei Heimkindern, die in ihrer Ursprungsfamilie misshandelt wurden, besteht also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für schwere psychische Belastungen und somit für das Auftreten von Traumafolgestörungen.

Abb. 3: Psychische Belastung von Kindern im Vergleich31

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand dieser Abbildung ist ersichtlich, dass eine signifikant höhere Anzahl an Heimkindern psychische Belastungen im klinisch auffälligem Bereich erfahren haben im Gegensatz zu der Normpopulation. Auf Grund dieser Erkenntnisse spezifiziere ich mich in dieser Arbeit auf Heimkinder, die folglich einen hohen Förder- und Unterstützungsbedarf haben. Im folgenden Abschnitt werden ich nun die Spezifika der traumatischen Situation für Kinder32 schildern.

1.4 Kinderspezifische Definition

Zielgruppe dieser Arbeit sind Kinder, die in ihrer Herkunftsfamilie psychische, physische oder sexuelle Gewalt erleben mussten oder vernachlässigt wurden. In diesem Zusammenhang spricht die Fachliteratur auch von Kindesmisshandlung:33 Kindesmisshandlungen führen zu schweren Beziehungstraumata, da eine nahestehende und existenziell wichtige Bindungs- und Schutzperson zum „Aggressor“ der traumatischen Situation geworden ist.34 Die kompensatorischen Fähigkeiten eines Kindes können solche Geschehnisse kaum verarbeiten.35 Das Urvertrauen in den Schutz der Eltern wird zerstört. „ Nach welchen Kriterien soll es jetzt noch freundliche und feindliche, bedrohliche und hilfreiche Bindungsfiguren unterscheiden? “ 36 Das Kind ist nach einem solchen Erlebnis nur damit beschäftigt, sich der traumatischen Situation anzupassen bzw. diese psychisch und oft auch körperlich zu überleben.37 Eine traumatische Situation hat für Kinder somit einen lebensbedrohlichen Charakter. Kinder fühlen sich nach solchen Ereignissen völlig hilflos und von den Eltern im Stich gelassen. Das kindliche Welt- und Selbstverständnis befindet sich noch in der Entwicklung, und das ursprüngliche Grundvertrauen in die Welt und die Eltern wird durch solch traumatische Erfahrungen nachhaltig erschüttert.38 Aufgrund des begrenzten kognitiven Niveaus und der geringen zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien eines Kindes kann es die traumatische Situation weder verarbeiten noch in Worte fassen. Kindesmisshandlungen sind somit immer chronische Traumatisierungen des Typs II und haben aufgrund der Dauer zwischenmenschlicher Gewalt durch eine Bindungsperson und der nicht gefestigten Persönlichkeit des Kindes gravierende Folgen für dessen Entwicklung39 Um ein genaueres Verständnis der kindlichen Reaktionsmöglichkeiten und der Verarbeitung von Traumata zu erlangen, werden im Folgenden die verschiedenen Formen der Kindesmisshandlung als Ursache für Traumata dargestellt.

1.5 Kindesmisshandlung als Ursache für eine Traumatisierung

Engfer definiert Kindesmisshandlungen als „ eine gewaltsame psychische oder physische Beeintr ä chtigung von Kindern durch Eltern oder Erziehungsberechtigte. Die Beeintr ä chtigungen k ö nnen durch elterliche Handlungen ( … ) oder Unterlassungen ( … ) zustande kommen “ 40. Kindesmisshandlungen gehören zu den schwerwiegenden Kindheitstraumata, die Kinder in Heimen zu bewältigen haben. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass zwischen 60 und 80 % der Kinder und Jugendlichen, die in Heimen untergebracht sind, traumatische Erfahrungen wie Missbrauch, Misshandlungen oder schwere frühkindliche Vernachlässigung in ihren Herkunftsfamilien gemacht haben.41

Abb. 4: Traumatische Erfahrungen von Kinder und Jugendlichen in Heimen42

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Abbildung gibt Auskunft über die Häufigkeit der traumatischen Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche in Heimen gemacht haben. Jaritz, Wiesinger und Schmid unterscheiden dabei die weit gefasste Vernachlässigung von der eng definierten Vernachlässigung (Basics). Die eng definierte Form wurde auf die Grundbedürfnisse eines Kindes beschränkt (Nahrungsmangel, unzureichende Hygiene), während bei der breiter gefassten Form auch häufig wechselnde Bezugspersonen oder eine emotional nicht vorhandene Bezugsperson hinzugefasst wurden. Die Tabelle zeigt eindrücklich, wie viele Kinder und Jugendliche, die in Heimen untergebracht sind, traumatische Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie machen mussten. Mit einem der größten Prozentsätze (72 %) ist die Vernachlässigung eine der häufigsten traumatischen Faktoren, gefolgt von der körperlichen (35 %) und emotionalen Misshandlung (31 %). Zudem gibt knapp jedes sechste Kind/jeder sechste Jugendliche an, sexuellen Missbrauch (15 %) erlebt zu haben. Erstaunlich ist auch die hohe Zahl (50 %) der Zeugenschaft von körperlicher und sexueller Gewalt, auf die ich im Folgenden nicht weiter eingehen werde. Üblicherweise werden vier Formen der Kindesmisshandlung voneinander unterschieden:

- „ physische Mi(ss)handlung (child abuse) , definiert als h ä ufige, nachhaltige k ö rperliche Bestrafung,
- emotionale Mi(ss)handlung (emotional abuse) , wie z. B. st ä ndiges Kritisieren des Kindes, Drohen, Ver ä chtlichmachen, Einsperren in einen dunklen Raum etc.,
- Vernachl ä ssigung (neglect) , verstanden als deutliche und dauerhafte Vernachl ä ssigung der grundlegenden k ö rperlichen und seelischen Bed ü rfnisse des Kindes nach Nahrung, Sauberkeit, bedarfsgerechter medizinischer Versorgung und affektiver Kommunikation,
- sexueller Mi(ss)brauch (sexual abuse) , wie Inzest, Anleitung zur Prostitution oder Herstellung pornographischer Filme mit Kindern “ 43.

Die körperliche Misshandlung ist eine der offensichtlichsten Misshandlungsformen gegenüber Kindern. Körperliche Misshandlungen sind vorrangig durch eine überstimulierte und verletzende Eltern-Kind-Beziehung geprägt.44 Es gibt verschiedene Ansätze, die das schädigende Verhalten der Eltern erklären, z.

B. Überforderung der Eltern, fehlende Selbstkontrolle, übermäßig strafende Erziehungsversuche, elterliche Persönlichkeitsprobleme oder eine Beziehungsstörung zum Kind.45 Aufgrund der häufigen unbegründeten körperlichen Bestrafungen durch die Eltern fühlen sich die Kinder in ihrem Selbstwert erniedrigt und haben das Gefühl, alles falsch zu machen.46 Neben den körperlichen Misshandlungen sind auch immer Gefühle von Erniedrigung, Angst, Scham und Demütigung vorhanden, die entsprechende Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Kindes haben.47

Die emotionale Misshandlung oder auch seelische/psychische Misshandlung wird nach Hermann zu den aktiven Misshandlungsformen48 gezählt. Allerdings ist sie im Gegensatz zu den anderen Formen nicht durch die Tat, sondern durch die Beziehung definiert.49 Die wesentlichen Aspekte hierbei sind Ablehnung, Terrorisierung und Isolation. Wenn dieses Verhaltensmuster als Grundhaltung gegenüber dem Kind auftritt, „ kennzeichnet die emotionale Misshandlung also in erster Linie eine massive gest ö rte Beziehung und Interaktionsst ö rung, die sich psychisch sch ä digend auf das Kind auswirkt “ . 50 Symptome von emotional misshandelten Kindern sind

z. B. ein niedriges Selbstwertgefühl, Angststörungen, Störung der Impulskontrolle, selbstverletzendes Verhalten, Bindungsprobleme, niedrige soziale Kompetenzen, Lernstörungen u. v. m.51

Die häufigste Form der Kindesmisshandlung mit schwerwiegenden Konsequenzen ist die überwiegend passive Kindesvernachlässigung. Sie wird unterschieden in körperliche, kognitive und erzieherische, emotionale Vernachlässigung und unzureichende Beaufsichtigung.52 Kinder, die in Heimen untergebracht sind, sind meistens gleichzeitig von mehreren und schwereren Formen der Vernachlässigung betroffen. Die Unterversorgung der Kinder und der Mangel an Interaktionen, Gefühlsbeziehungen und Stimulationen führt bei der Vernachlässigung häufig zu schweren Entwicklungsstörungen und Rückständen in der körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung und einer hohen Bandbreite an Symptomen53, z. B.

Sprachproblemen, Aggressivität, Depression, Ängsten, Schlafstörungen, Essstörungen u. v. m.54

Bei der sexuellen Misshandlung55 nutzt der Täter oder die Täterin seine/ihre Macht gegenüber einem Kind aus im Sinne der eigenen Befriedigung sexueller Bedürfnisse. Die kindliche Bereitschaft, Anweisungen von Erwachsenen Folge zu leisten und für das eigene kindliche Handeln Verantwortung zu übernehmen, wird missbraucht.56 Das Kind ist sowohl körperlich, psychisch und kognitiv einem Erwachsenen unterlegen und kann zwischen liebevoller Zuwendung und Ausbeutung nicht unterscheiden.57 Sexuelle Misshandlungen zerstören die Integrität eines Menschen und sind Verletzungen der eigenen Intimität, die besonders schwer zu verkraften sind und Kinder verwirren.58 Sexuelle Misshandlungen haben negative Auswirkungen auf die körperliche, soziale und psychische Entwicklung eines Kindes.59

Das Ausmaß der Traumatisierung und die Folgen von Kindesmisshandlungen sind von mehreren Faktoren abhängig, die aufeinander wirken. Nach Barnett hängt die Intensität der Symptombelastung von folgenden Faktoren ab:

- „ Art des Missbrauchs,
- Schweregrad des Missbrauchs,
- H ä ufigkeit bzw. Chronizit ä t,
- Entwicklungsalter des Kindesalters,
- Entwicklungskontext des Kindes (z. B. Familie, Heim),
- Person des T ä ters (Vater, Mutter, Stiefvater, Bekannter, Fremder) “ . 60

Vereinfacht lässt sich sagen: „ Je fr ü her der Missbrauch stattfand, je schwerer (und l ä nger, d. Verf.) er war und je geringer die protektiven bzw. korrektiven Faktoren, desto gravierender und pervasiver ist die sp ä tere Symptomatik. “ 61 Fraglich ist nun, was solch protektive Faktoren sein und welche Faktoren die Ausbildung einer Traumatisierung eventuell bestärken können. Dies soll im folgenden Kapitel dargestellt werden.

1.6 Risiko und Schutzfaktoren

Die kindliche Verarbeitung von Traumata ist unterschiedlich, und nicht jedes Kind entwickelt nach einer traumatischen Situation andauernde Traumafolgestörungen. Wie ein Kind ein solches Trauma verarbeitet, hängt von mehreren Faktoren der Person und des Umfelds ab. Folgend sollen schützende und belastende Faktoren für Kinder dargestellt werden, die die Ausbildung einer Traumafolgestörung beeinflussen können.

Risikofaktoren für die Entstehung psychischer Krankheiten:

„ Niedriger sozio ö konomischer Status;
m ü tterliche Berufst ä tigkeit im ersten Lebensjahr; schlechte Schulbildung der Eltern;
gro ß e Familie und sehr wenig Wohnraum;
Kontakte mit Einrichtungen der „ sozialen Kontrolle “ ; Kriminalit ä t oder Dissozialit ä t eines Elternteils; chronische Disharmonie;
unsicheres Bindungsverhalten nach 12./18. Lebensmonat;
psychische St ö rung der Mutter/ desVaters;
schwere k ö rperliche Erkrankung der Mutter/des Vaters; alleinerziehende Mutter;
autorit ä res v ä terliches Verhalten; Verlust der Mutter;
h ä ufig wechselnde fr ü he Beziehungen;
sexueller und/oder aggressiver Missbrauch; schlechte Kontakte zu Gleichaltrigen;
Altersabstand zum n ä chsten Geschwister <18 Monate; uneheliche Geburt; (...) “ 62.

Egle, Hoffmann und Steffens beschreiben hier eine Vielzahl an verschiedenen Risikofaktoren, die sich jedoch einzeln gesehen nicht negativ auf die Psyche auswirken müssen. Allgemein gesehen könnte man die Risikofaktoren unter den

Begriffen „ungünstige/nachteilige Lebensumstände“, „Krankheit“ und

„schwierige/instabile/verletzende Beziehungen“ zusammenfassen. Fischer und Riedesser gehen davon aus, dass einzelne Faktoren eher gering wirken, während zwei Faktoren die Entstehung von Folgestörungen vervierfachen.63 Um eine reelle Gefährdung bestimmen zu können, müssen Risiko- und Schutzfaktoren in Beziehung gesetzt werden, da davon auszugehen ist, dass sie sich gegenseitig kompensieren.64 Unter Schutzfaktoren versteht man die Einflüsse, die die Auswirkungen von Risikofaktoren modifizieren können. Sie stärken die eigenen Widerstandskräfte einer Person, die so genannte Resilienz.65 Resilienz bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur die gesunde und kompetente Entwicklung unter schwierigen Lebensumständen, sondern auch die Erholung von schwer belastenden Ereignissen.66

Schutzfaktoren im Hinblick auf die Entwicklung von psychischen Krankheiten:

„ Dauerhafte gute Beziehung zu mindestens einer prim ä ren Bezugsperson; Gro ß familie, kompensatorische Elternbeziehung, Entlastung der Mutter; gutes Ersatzmilieu nach fr ü hem Mutterverlust;

ü berdurchschnittliche Intelligenz;
robustes, aktives und kontaktfreudiges Temperament; sicheres Bindungsverhalten;
soziale F ö rderung (z. B. Jugendgruppe, Schule, Kirche);
verl ä (ss)lich unterst ü tzende Bezugsperson(en) im Erwachsenenalter;
lebenszeitlich sp ä teres Eingehen „ schwer aufl ö sbarer Bindungen “ (...) “ 67.

Wichtig scheinen vor allem eine sichere Bindung und zuverlässige Kontaktpersonen sowie eine selbstbewusste Persönlichkeit zu sein. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die benannten Risiko- und Schutzfaktoren den Verarbeitungsprozess eines Traumas wesentlich beeinflussen. Es ist davon auszugehen, dass Kinder, die in Heimen untergebracht sind, deutlich mehr Risiko- als Schutzfaktoren im Leben erhalten haben. Daher ist es in der traumapädagogischen Arbeit wichtig, neue und schutzgebende Faktoren für die Kinder herzustellen, damit sich diese von den belastenden traumatischen Erfahrungen erholen können.

Im Folgenden möchte ich genauer auf die Entstehung von Traumata eingehen und die dabei ablaufenden körpereigenen Prozesse darstellen.

1.7 Entstehung eines Traumas

In den vorhergehenden Abschnitten dieser Arbeit wurde nun erläutert, was eine traumatische Situation ist, wie sich die verschiedenen Traumata unterscheiden lassen, was die spezifische traumatische Situation für Kinder ist, die misshandelt wurden, die Unterscheidung der verschiedenen Kindesmisshandlungen und deren Folgen und Auswirkungen auf das Kind sowie letztlich die möglichen Risiko- und Schutzfaktoren, die bei der Entstehung eines Traumas entscheidend mitwirken. Offen bleibt nun die Frage, wie ein Trauma genau entsteht. Was passiert in unserem Körper, damit eine traumatische Situation nicht nur als belastendes Lebensereignis, sondern als Trauma verstanden wird? Also, was bewirken extrem stressreiche Situationen in unserem Körper und unserer Psyche, und wann entsteht dabei ein psychisch belastendes Trauma?

Exemplarisch wird die Entstehung eines Traumas in folgender Grafik dargestellt.

[...]


1 Vgl. Schmid (2008), S. 271.

2 Ich nutze den Begriff des Sozialpädagogen/der Sozialpädagogin, den/die ich synonym zum/zur Sozialarbeiter/in als Vertreter der sozialen Arbeit verstehe.

3 Öttl (2008), S. 9.

4 Vgl. Öttl (2008), S. 10.

5 DIMDI (2014)

6 DSM IV (1998), S. 487

7 Vgl. Öttl (2008), S. 10.

8 In der Fachliteratur werden die Begriffe „traumatisches Erlebnis“, „traumatische Situation“, „traumatische Erfahrung“ oder „traumatisches Ereignis“ synonym verwendet.

9 In der Fachliteratur wird der Begriff Copingstrategien genutzt (Bewältigungsstrategien, Anpassungsleistung). Vom englischen to cope with = bewältigen, überwinden.

10 Vgl. Weiß (2013e), S. 25.

11 Vgl. Diepold (1997), S. 131.

12 Huber (2009), S. 38.

13 Vgl. Lehmann, S. (2001).

14 Weitere Ausführungen hierzu siehe Kapitel 1.7.

15 Vgl. Gebrande (2013), S. 29.

16 Fischer/Riedesser (2009), S. 84.

17 Vgl. Öttl (2008), S. 11.

18 Vgl. Öttl, S. 22.

19 Öttl, S. 22.

20 Fischer/Riedesser (2009), S. 149.

21 Fischer/Riedesser (2009), S. 152.

22 Vgl. Kapitel 1.4.

23 Vgl. Fischer und Riedsesser (2009), S. 73.

24 Vgl. Schubbe (2013), S. 46.

25 Vgl. Fischer/Riedesser (2009), S. 151.

26 Fischer und Riedesser nutzen die Begriffe Mono- und Polytraumatisierung (vom griechischen „poly“ = vielfach, „mono“ = einmalig), die sich mit den Typ-I- und Typ-II-Traumatisierungen decken. Des Weiteren wird in der Forschung auch von kumulativen Traumata nach Masud Khan und dem sequenziellen Trauma nach Keilson gesprochen. Das kumulative Trauma bezeichnet eine Abfolge von traumatischen Erlebnissen, die jeweils unterschwellig bleiben, in ihrer Häufung jedoch eine schwere traumatische Verlaufsgestalt annehmen. Das sequenzielle Trauma bezeichnet eine zeitlich verteilte Polytraumatisierung mit kohärenter Verlaufsgestalt des traumatischen Erlebnisses, z. B. mehrfache Verfolgungswellen. Vgl. Fischer/Riedesser (2009), S. 151.

27 Vgl. Fischer/Riedesser (2009), S. 152.

28 Schubbe (2013), S. 45.

29 Vgl. Ricklin (2006), S. 9.

30 Rießinger (2011), S. 2.

31 Schmid (2011a), S. 25.

32 Nach dem SGB VII § 7 „ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist […]“. In diesem Sinne wird in den folgenden Ausführungen immer von Kindern gesprochen, die nach allgemeiner Erfahrung aus den Wohngruppen der Heimerziehung zwischen sechs und 14 Jahre alt sind.

33 Vgl. Fischer/Riedesser (2009), S. 286 ff.

34 Ebd.

35 Fischer und Riedesser unterscheiden zusätzlich zwischen inner- und außerfamiliärer Traumatisierung. Außerfamiliäre Traumata erschüttern das Weltverständnis nicht fundamental, da die Schutzfunktion der Eltern nur vorübergehend versagt hat und das innerfamiliäre Schutz- und Bindungssystem bestehen bleibt. Die innerfamiliäre Traumatisierung hingegen zerstört das Bindungs- und Schutzsystem der Familie, sodass die traumakompensatorischen Erkenntnisbemühungen des Kindes in eine Sackgasse geraten. Vgl.Fischer/Riedesser (2009),S. 293f.

36 Fischer/Riedesser (2009), S. 294.

37 Vgl. Fischer/Riedesser (2009), S. 288.

38 Vgl. Krüger (2007), S. 19.

39 Folgen von Traumatisierung vgl. Kapitel 2.

40 Engfer (1997), S. 21.

41 Vgl. Jaritz/Wiesinger/Schmid (2008), S. 268.

42 Jaritz/Wiesinger/Schmid (2008), S. 271.

43 Dornes (1997), S. 65.

44 Vgl. Frijia (2009), S. 14.

45 Vgl. Engfer (1997), S. 25 ff.

46 Vgl. Weiß (2013e), S. 32.

47 Vgl. Handreichung Kinderschutz (2014), S. 8.

48 Hermann unterscheidet zwischen passiver und aktiver Kindesmisshandlung. Während die passive Kindesmisshandlung als „act of omission“ eher ein Unterlassen des Handelns ist, ist die aktive Kindesmisshandlung als „act of comission“ das aktive schädigende Tun und übergriffiges Verhalten. Vgl. Hermann (2005), S. 1.

49 Vgl. Hermann (2005), S. 5.

50 Glaser (2002), zit. nach Hermann (2005), S. 5.

51 Vgl. Hermann (2005), S. 6.

52 Vgl. DJI Online (2010), www.dji.de.

53 Vgl. Schone/Gintzel/Jordan/Kalscheuer/Münder (1997), S. 21.

54 Vgl. Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Nordrhein-Westfalen e. V., Bildungsakademie BiS, Institut für soziale Arbeit e. V. (2012), S. 20.

55 Synonym werden auch die Begriffe „sexuelle Gewalt“, „sexuelle Ausbeutung“, „Inzest“, „sexueller Übergriff“ u. a. genutzt.

56 Vgl. Krüger (2007), S. 65 f.

57 Vgl. Gebrande (2013), S. 18.

58 „ Empirische Studien stimmen darin ü berein, dass solche Verletzungen sich besonders sch ä digend auswirken k ö nnen, wenn sie sich des Mediums der Sexualit ä t bedienen und gerade dort stattfinden, wo die Betroffenen sich nicht nur sicher w ä hnen, sondern gleichzeitig auch in besonderer Weise abh ä ngig sind. “ DgfE (2011), S. 1.

59 Vgl. Gebrande (2013), S. 26 f.

60 Egle/Hoffmann/Steffens (1997), S. 19.

61 Fischer/Riedesser (2007), S. 313.

62 Egle/Hoffmann/Steffens (1997), S. 19.

63 Vgl. Fischer/Riedesser (2007), S. 163.

64 Ebd.

65 Literaturhinweis: Fröhlich-Gildhoff/ Rönnau-Böse (2014): Resilienz, Stuttgart: UTB, 3., akt. Aufl.

66 Vgl. Egle/Hoffmann/Steffens (1997), S. 4.

67 Egle/Hoffmann/Steffens (1997), S. 19.

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Kompetenzen und Anforderungen an Sozialarbeiter/innen der stationären Jugendhilfe im Umgang mit traumatisierten Kindern
Hochschule
Evangelische Hochschule Darmstadt, ehem. Evangelische Fachhochschule Darmstadt
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
72
Katalognummer
V310121
ISBN (eBook)
9783668085275
ISBN (Buch)
9783668085282
Dateigröße
2223 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnet mit dem Förderpreis der Evangelischen Hochschulgesellschaft.
Schlagworte
kompetenzen, anforderungen, sozialarbeiter/innen, jugendhilfe, umgang, kindern, Trauma, traumapädagogik
Arbeit zitieren
Marie Werner (Autor:in), 2015, Kompetenzen und Anforderungen an Sozialarbeiter/innen der stationären Jugendhilfe im Umgang mit traumatisierten Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310121

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