Unterschiede der Höflichkeitspartikeln zwischen der jüngeren und der älteren Generation. Eine empirische Untersuchung anhand zweier Chat-Foren


Seminararbeit, 2015

39 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Erkenntnisinteresse und theoretische Verortung der Arbeit
1.2. Struktur und Aufbau

2. Hauptteil
2.1. Theoretische Grundlagen
2.1.1. Definition Höflichkeit
2.1.2. Höflichkeitstheorie und Forschungsstand
2.1.3. Strategien der Nähe
2.1.4. Strategien der Distanz
2.2. Partikeln als Indikatoren für Höflichkeit
2.2.1. Partikeln als sprachliche Merkmale
2.2.2. Abtönungs-/Modalpartikeln
2.2.3. Grad-/Fokuspartikeln
2.2.4. Steigerungspartikeln
2.3. Empirischer Teil
2.3.1. Korpus und Methode
2.3.2. Empirisches Instrument: Häufigkeits-/Frequenzanalyse
2.3.3. Auswertung der empirischen Daten
2.3.3.1 Auswertung der Abtönungspartikel ja
2.3.3.2 Auswertung der Abtönungspartikel doch
2.3.3.3 Zusammenhang der Abtönungspartikeln ja und doch

3. Zusammenfassung und Diskussion

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang
5.1. Screenshot zur Startseite www.knuddels.de
5.2. Screenshot zur Startseite www.forum.knuddels.de
5.3. Screenshot zur Seite Themen des Alltags
5.4. Untersuchter Chat-Forum-Ausschnitt von forum.knuddels.de V
5.5. Screenshot zur Startseite www.treffab50.de
5.6. Untersuchter Chat-Forum-Ausschnitt von treffab50.de

1. Einleitung

1.1. Erkenntnisinteresse und theoretische Verortung der Arbeit

Höflichkeit beschäftigt die Partikelforschung seit den 70er Jahren. Wegweisend sind Arbeiten von Lakoff (1973, 1975), Leech (1983) und Brown/Levinson (1978, 1987), die Grundlagen eines mittlerweile eigenständigen Forschungszweigs der linguistischen Pragmatik, der Höf- lichkeitsforschung, bilden. Als sprachwissenschaftliche Auseinandersetzungen zwischen Sprache und Höflichkeit sind Werke von Held (1995), Bally (1913), Spitzer (1922), Beinhau- er (1930) oder Lerch (1933) zu nennen, in Zusammenhang mit Chat-Kommunikation hin- sichtlich face-bezogenen Aktivitäten die Arbeiten von Bays (1998), Dorta (2005) und Thaler (2010, 2012). Partikeln gelten seit jeher als Äwichtigste Höflichkeitsmarker“ (Held 2003, V), die Äbestimmte Sprechakte gezielt abtönen und verbale Äußerungen einfach flüssiger, 'schmieriger' erschienen“ (Held 2003, V) lassen. Der virtuelle Umgang mit Kommunikation im Alltag ist für viele Menschen unverzichtbar geworden. Das Internet bietet ihnen rund um die Uhr die Möglichkeit zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen. Die Art und Weise der Kommunikation, wie sie ausschließlich im deutschen Netz stattfindet, soll im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Anhand der öffentlichen Chatplattforen forum.knuddels.de und treffab50.de soll die Häufigkeit der Verwendung von Partikeln unter Berücksichtigung der Höflichkeitstheorie von Grice und den Strategien der Nähe und Distanz nach Thaler sowohl die Jugend als auch die Senioren betreffend empirisch untersucht werden.

Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung der Frage, ob sich Jugendliche von Senioren hinsicht- lich der Verwendung von Höflichkeitspartikeln in Chaträumen unterscheiden. Gegenstand der Arbeit sind lediglich deutsche Chaträume sowie das Verständnis der Höflichkeit in Deutsch- land, die sich an den sozial und kulturell vorgegebenen Normen orientiert - wenn auch unter Berücksichtigung ausländischer Vorreiter. Da Höflichkeit sehr stark vom jeweiligen Kultur- kreis geprägt ist, das Internet allerdings die Kommunikation zwischen Menschen unterschied- licher Kulturen und Länder sehr einfach macht, sei an dieser Stelle noch einmal darauf hin- gewiesen, dass bei einem Vergleich unterschiedlicher Kulturen auch gegebenenfalls ein unter- schiedliches Verständnis von Höflichkeit und die damit verbundenen Normen zur näheren Betrachtung herangezogen werden müssen.

1.2. Struktur und Aufbau

Diese Arbeit beinhaltet sowohl einen theoretischen als auch einen empirischen Teil. Ergebnis- se der empirischen Untersuchung erfolgen exemplarisch im dritten Teil des Hauptteils unter Punkt 2.3.3.. Im ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen und der Forschungsstand behandelt, welcher dabei das Fundament der empirischen Untersuchung bildet. Verschiedene Definitionsansätze und Theorien die Höflichkeit betreffend werden eingangs vorgestellt. Der Synthese folgend schließt die Beschreibung der sprachstrukturellen Eigenschaften der Parti- keln, je Partikelklasse: Abtönungs-, Grad- und Steigerungspartikeln, ihrer Verwendung und Funktionen, an. Die Grundlage des empirischen Teils ist die Häufigkeits-/Frequenzanalyse (Mayring 2010: 13f.). Betrachtet werden jeweils ca. 800 Wörter der beiden ausgewählten Chaträume. Zur Veranschaulichung werden qualitative Ergebnisse herangezogen, die jedoch nur als Exempel zu betrachten sind und aufgrund der kleinen Datenmenge keine Allgemein- gültigkeit beanspruchen.

2. Hauptteil

2.1. Theoretische Grundlagen

Zunächst erfolgt eine Annäherung des Themas mit Hilfe unterschiedlicher Definitionen. Anschließend wird die in der Pragmalinguistik bedeutendste Höflichkeitstheorie nach Brown/Levinson aufgegriffen und erläutert. Eine weitere Differenzierung im Sinne von Strategien der Nähe und Distanz nach Thaler wird nachfolgend dargestellt.

2.1.1. Definition Höflichkeit

Der Duden bietet folgende Synonyme zum Begriff Höflichkeit:

ÄAnstand, Aufmerksamkeit, eine gute Kinderstube, Entgegenkommen, Freiheit, Freundlichkeit, gute Ma- nieren/Sitten, gutes Benehmen, gute Umgangsformen, Liebenswürdigkeit, Ritterlichkeit, Rück- sicht(nahme), Schliff, Takt(gefühl), Umgänglichkeit, Verbindlichkeit, Vornehmheit, Zartgefühl, Zuvor- kommenheit, (gehobene) Herzensbildung, Wohlerzogenheit; (bildungssprachlich) Diskretion, Konzilianz, Zivilität; (veraltet) Courtoisie; (gehoben veraltend) Artigkeit; (veraltet) Politesse“ (Duden online: http://www.duden.de/rechtschreibung/Hoeflichkeit, Stand: 25.09.2015).

Demzufolge kann sich Höflichkeit auf die Äinnerhalb einer Gesellschaft üblichen Verhaltens- normen und -konventionen […] einer konkreten Sprechergemeinschaft, zu einem bestimmten Zeitpunkt“ (Thaler 2012: 17) beziehen, die sich ein berechtigter Sprecher zu Eigen gemacht hat und Äauf gegenseitigem Respekt und Achtung des anderen basieren“ (Ebd.: 17), nachfol- gend als H1 bezeichnet. Neben diesem vorangestellten Höflichkeitsbegriff (H1) existiert in der Pragmalinguistik ein weiterer Begriff, welcher sich mittels einer Äpragmatisch, traditionell als Höflichkeitstheorie bezeichneten Theorie erklären lässt“ (Ebd.: 18), nachfolgend als H2 bezeichnet. H2 bezieht sich auf das soziale Verhalten und wird im Folgenden näher darge- stellt.

2.1.2. Höflichkeitstheorie und Forschungsstand

1. ÄDon’t impose.“
2. ÄGive options.“
3. ÄMake A (Alter) feel good, be friendly.“

So lauten die ersten drei Höflichkeitsregeln von Robin Lakoff (1973: 298), die auf das Grice’sche Kooperationsprinzip mit den vier unterstellten Konversationsmaximen Bezug nehmen (Grice 1957: 247) und Grundlage vieler weiterer Ansätze zur Höflichkeitstheorie darstellen. Den aber wohl bis heute geltenden größten Einfluss erlangten Penelope Brown und Stephen Levinson (1978, 1987). Auch sie orientierten sich an dem Grice’schen Kooperationsprinzip. Die Abgrenzung zu Lakoff lag jedoch in den Regeln bzw. Prinzipien. Brown/Levinsons Theorie nach ist es das positive Selbstbild, face1, welches jeder vor sich und anderen zu wahren versucht. Zwei Grundbedürfnisse (face needs) liegen dem Selbstbild zugrunde. Zum einen ist es das positive face, der Wunsch von anderen wertgeschätzt und respektiert zu werden und zum anderen das negative face, das Bedürfnis, sich von anderen im Handlungsspielraum so wenig wie möglich eingrenzen zu lassen (Thaler 2012: 9-10).

Positive face:

ÄThe positive consistent self-image or ‚personaliy‘ (crucially including the desire that this selfimage be appreciated and approved of) claimed by interactans, […] the want of every member that this wants be desirable to at least some others“ (Brown/Levinson 1987: 61f.).

Negative face:

ÄThe basic claim to territories, personal preserves, rights to non-distraction - i.e. to freedom of action and freedom from imposition, […] the want of every ‚competent adult member‘ that his actions be unimpeded by others“ (Brown/Levinson 1987: 61f.).

Zur Erfüllung der beiden Grundbedürfnisse ist das Individuum auf andere angewiesen, die ihm die gewünschte Wertschätzung erweisen (positive face) bzw. seine Privatsphäre wahren und nicht in seiner Handlungsfreiheit einschränken (negative face). Im gegenseitigen Interesse soll daher die Interaktion beider Parteien erfolgen.

ÄIn general. People cooperate (and assume each other`s cooperation) in maintaining face in inter- action, such cooperation being based on the mutual vulnerability of face. That is, normally every- one’s face depends on everyone else´s being maintained, and since people can be expected to de- fend their faces if threatened, and in defending their own to threaten other´s faces, it is general in every participant´s best interest to maintain each other´s face“ (Brown/Levinson 1987: 61f.).

Brown/Levinsons Hypothese nach sind diese beiden Grundbedürfnisse in der zwischen- menschlichen Kommunikation stets gefährdet. So stellt jegliche Form der alltäglichen Inter- aktion einen möglichen face threatening act (FTA) dar (Brown/Levinson 1987: 61f.), eine Gefährdung des face und der sozialen Beziehung. Um sein face zu wahren, wendet der ratio- nal handelnde Mensch verschiedene Strategien an. Zu den drei Hauptstrategien zählen Brown/Levinson:

1. Die positive politeness, also Äußerungen, die das positive face des Hörers wahren, z.B. durch ein Kompliment
2. Die negative politeness, eine Äußerung, die das negative face des Hörers wahrt, z.B. durch Indirektheit oder Vagheit sowie den Gebrauch von höflicher Anrede und
3. Die off-record-Ausführung des FTAs, die durch einen indirekten Sprechakt implizit ausgedrückt wird und Ironie verwendet (Thaler 2012: 9-10).

Die letztgenannte, die off-record-Strategie ist dabei die stärkste, gefolgt von der negative politeness-Strategie. Die positiv politeness-Strategie ist im Fall der face-Bewahrung die schwächste (Brown/Levinson 1987: 68-74 und Thaler 2012: 68).

Eine Strategie stellt den Übergang von der nicht-sprachlichen Ebene, der Zwecke, Wünsche und kognitiven Einstellung, zur sprachlichen Ebene, der konkreten Äußerung, dar (Thaler 2012: 53). Diese Sichtweise von menschlicher Kommunikation wurde in der Literatur oft als zu negativ und nicht der sozialen Realität entsprechend kritisiert. ÄThe theory represents an overly pes- simistic, rather paranoid view of human social interaction“ (Schmidt 1980: 104). Sie vernach- lässigen beziehungsfördernde Handlungen (Manno 2005: 101f.) und fokussieren sich zu sehr auf die Meidung von konfliktreichen Situationen (Lavandera 1988: 1201 und Held 1995: 75ff.). Verena Thaler hat daraufhin Brown/Levinsons Strategien stärker differenziert, die nachfolgend vorgestellt werden.

2.1.3 Strategien der Nähe

Strategien der Nähe sind als sprachliche Mittel definiert, die zur Erfüllung des positive faceWunsches des Hörers eingesetzt werden (Thaler 2012: 90). Ziel des Sprechers ist es seinem Hörer ÄInteresse, Sympathie, Verständnis, Solidarität, Wertschätzung und Zuneigung“ (Ebd.: 59) entgegen zu bringen. Die konkrete sprachliche Realisierung im Ausdruck von Nähe und Vertrautheit kann in unterschiedlichen Formen vollzogen werden. Nach Thaler gehören Ausdruck von Zuneigung und Gemeinsamkeit, positive Bestätigung sowie der Einsatz von Humor zu den Strategien der Nähe (Ebd.: 90-159).

2.1.4. Strategien der Distanz

Strategien der Distanz zielen auf die sprachlichen Äußerungen zur Erfüllung des abgeleiteten negative face-Wunsches ab. Ziel des Sprechers ist, die face-Bedürfnisse des Hörers zu respek- tieren und folglich seinem Wunsch nach Ungestörtheit, Handlungsfreiheit und Privatsphäre nachzukommen. Hierzu wählt dieser oft ein sprachliches Mittel, welches eine zwischen- menschliche Distanz wahrt. Diese Art der Distanz bezweckt weder die Störung der Beziehung zueinander noch bedingt sie den Selbstzweck (Ebd.: 60f.). Alle von Thaler untersuchten sprachlichen Mittel, zu denen Modifikation durch Partikeln, Emoticons und Akronymen so- wie der propositionale Gehalt und subsidiäre Akte gehören, beschreiben ausnahmslos eine ÄModifizierung bzw. Abschwächung eines Sprechaktes, der den illokutionären Zweck der betreffenden Handlung erfüllt“ (Ebd.: 61). Werden ÄAkte der Aufforderung, der Bitte, des Ratschlags, der Ermahnung, der Einladung, des Kompliments, oder auch des Ausdrucks der Bewunderung dem Hörer gegenüber“ (Ebd.: 60) vom Sprecher nicht modifiziert, gelten sie als Missachtung des negative face des Hörers (Ebd.: 60). Fehlenden Respekt gegenüber der Un- gestörtheit, Privatsphäre und Handlungsfreiheit des Hörers drückt der Sprecher durch Nicht- Abschwächung in Form von Aufforderung, Ermahnung oder Vorwurf aus. Erwartet der Spre- cher eine Reaktion des Hörers wählt dieser ein Kompliment, eine Einladung oder eine Bitte als Ausdruck. Er fühlt sich demzufolge ebenfalls in seiner Handlungsfreiheit und Ungestört- heit eingeschränkt, sodass auch in diesem Fall von einer negative face-Verletzung gesprochen werden kann (Ebd.: 61). Eine solche Abschwächungsfunktion geschieht nach Laskowski durch Partikeln. Sie mindern den Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Hörers und gel- ten damit als eine Strategie zur Wahrung des negative face. Des Weiteren dienen sie der Mi- nimierung der Verletzung des positiven Selbstbildes, dem positive face (Laskowski 2012: 308).

2.2. Partikeln als Indikatoren für Höflichkeit

Mit der Verflechtung zwischen Partikeln- und Höflichkeitsforschung haben sich Held (2001, 2003) und Thaler (2012) beschäftigt. Ihren Ergebnissen zufolge erzielt der Gebrauch von Par- tikeln eine beziehungsfördernde Wirkung. Sie vermitteln wechselseitige Wahrnehmungen, sodass soziale Nähe und Wärme produziert wird. Folglich können sie als Ausdrucksmittel der positive politeness verstanden werden (Held 2003: 6f.). Bublitz (2003), Hölker (2003), Rath- mayr (2003) und Thaler (2010) weisen gewissen Partikeln allerdings eine abschwächende Wirkung zu. Face-bedrohende Handlungen wie direkte Akte, die das negative face des Hörers und bzw. oder Sprechers betreffen, werden demnach durch die Verwendung von Partikeln gemindert.

Partikeln gelten somit als Indikatoren eines pragmatischen Phänomens, die stets auf der ÄGleichung Partikel(-setzung) = Höflichkeit“ beruhen (Held 2003: 3).

ÄSie schaffen die notwendige wechselseitige Wahrnehmung bzw. das Gefühl empathischer Teil- nahme […] - Verstärkung von positive politeness-Verhalten. […] Sie reduzieren bzw. behandeln Konflikte […], entschärfen gewichtete Illokutionen, reduzieren face-Bedrohungen, tönen Wider- sprüche ab, […] etc., wobei jedoch nicht der Satztyp oder die Sprechhandlung ausschlaggebend sind, sondern ganz einfach deren Inhalt in Bezug auf die persönliche Wertstrukturen“ (Held 2003: 7f.).

Durch den Gebrauch von Partikeln entsteht folglich beim Adressaten der Anschein, dass der Sprecher sich die Mühe macht und sich auf den Hörer einlässt, ihn als Subjekt ansieht und seine Situation beachtet. Dies wird nicht nur als angenehm und freundlich empfunden, son- dern löst bei dem Adressaten ein Gefühl der Zufriedenheit aus (vgl. Weydt 2003, 2010). Ein solches Einlassen auf das Gegenüber erinnert an den positive-face-Wunsch, sodass es in Ver- bindung mit dem der Höflichkeitstheorie nach Brown/Levinson gebracht werden kann.

2.2.1. Partikeln als sprachliche Merkmale

Partikeln beziehen sich nicht auf ein einzelnes Wort, sondern auf eine ganze Äußerung, der sie eine zusätzliche Bedeutung zuschreiben. Sie sind in der Regel unbetont, nicht flektierbar, weder erststellenfähig noch erfragbar. Mit anderen Partikeln lassen sie sich kombinieren, können jedoch nicht selbstständig genutzt werden. Sie sind auf bestimmte Satztypen be- schränkt und besitzen ein homonymes Verhältnis zu anderen Wortklassen (vgl. Genzmer 2014, Heinrichs 1981, Hentschel 1986, Helbig 1994, Weydt 1977, 1979, Zifonun et al. 1997). Partikeln lassen sich in drei Subklassen unterteilen, die hier im Folgenden näher erläutert werden sollen: Abtönungs-/Modalpartikeln, Grad-/Fokuspartikeln sowie Steigerungspartikeln.

2.2.2. Abtönungs- / Modalpartikeln

ÄAbtönungspartikeln beziehen sich nicht auf einzelne Satzglieder, sondern auf das Prädikat und damit auf den gesamten Satz. Sie haben eine kommunikative Funktion: Sie drücken Einstellungen des Sprechers zum Satzinhalt aus, indizieren und modifizieren die Sprechhandlung, ordnen die Äußerung in den Text und in die Gesprächssituationen ein, gliedern den Gesprächsablauf, verbin- den Sätze zu Texten und signalisieren bestimmte Vorstellungen über die Gesprächspartner (z.B. gemeinsame Voraussetzungen sowie erwartete Reaktionen). Abtönungspartikeln kommen nur in einzelnen Sprechhandlungen und einzelnen Satzarten (Aussage-, Frage-, Aufforderungssatz) vor. In ihrer Position im Satz sind sie beschränkt flexibel, weder völlig frei noch völlig fest“ (Helbig und Helbig 1999: 10).

Laut Letnes und Vater (2004: 96) sind Modalpartikel Wörter wie aber, auch, bloß, denn doch, eben, einfach, etwa, halt, ja, mal, nur, schon, vielleicht (Zentrum der Subklasse) sowie schließlich, immerhin, jedenfalls, überhaupt, allerdings und eigentlich (Peripherie der Untergruppe). Helbig/Helbig (1999) ergänzen die Abtönungspartikel also, eigentlich, nicht und wohl, die im Folgenden ebenfalls Untersuchungsgegenstand sind.

2.2.3. Grad- / Fokuspartikeln

ÄDie Gradpartikeln beziehen sich nicht auf den gesamten Satz, sondern immer nur auf eine Beziehungskonstituente im Satz. Sie haben eine primär semantische Funktion, da sie dem Satz eine quantifizierende und / oder skalierende Interpretation hinzufügen. Der Bedeutung nach sind sie exklusiv (ausschließend) oder inklusiv (einschließend), restriktiv (einschränkend), koordinativ (anreihend) oder heraushebend, temporal oder relativierend. Sie haben keine Einschränkungen hinsichtlich der Sprechhandlung und der Satzart, wohl aber solche nach den möglichen Bezugsgliedern. Sie stehen in der Regel unmittelbar vor ihrem Bezugsglied, kommen aber auch in Nachund Distanzstellung vor“ (Helbig und Helbig 1999: 10).

Untersucht werden im Folgenden die von Helbig/Helbig (1999) genannten Gradpartikel auch, eben, noch, nur, schon, selbst und so.

2.2.4. Steigerungspartikeln

ÄDie Steigerungspartikeln beziehen sich nicht auf den Gesamtsatz und auch nicht auf unterschiedliche Bezugsglieder, sondern zumeist nur auf Adjektive (oder Adjektiv-Adverbien) und modifizieren den Grad der Eigenschaften, die diese benennen. Sie haben eine semantische Funktion, indem sie diese Eigenschaften intensivieren oder deintensivieren. Die Steigerungspartikeln wiesen weder Beschränkungen hinsichtlich der semantischen Bezugsbereiche auf, wohl aber hinsichtlich der Verträglichkeit mit unterschiedlichen Steigerungsformen der Adjektive (Positiv, Komparativ, Superlativ), auf die sie sich beziehen und vor denen sie stehen (feste Stellung im Unterschied zu Abtönungs- und Gradpartikeln)“ (Helbig und Helbig 1999: 10).

Die von Helbig/Helbig (1999) genannten Steigerungspartikel ganz, immer, sehr, viel und weitaus sind ebenfalls Gegenstand der nachfolgenden Analyse.

Neben diesen drei genannten Klassen können Antwort-, Negations-, Vergleichs- und auch Infinitivpartikel untergeordnet ebenfalls als Klassen dazu gezählt werden, die im Folgenden jedoch nicht näher untersucht werden.

2.3. Empirischer Teil

Ziel des empirischen Teils ist die nähere Betrachtung der am häufigsten verwendeten Parti- keln beider Chatforen. Herausgestellt werden sollen dabei die unterschiedliche Verwendung der am häufigsten gebrauchten Partikeln sowohl bei der jüngeren als auch der älteren Genera- tion und daraus abzuleitende Strategien nach Thaler. Zur Vorbereitung werden die einzelnen Partikeln von Adverbien unterschieden (s. Anhang). Diese Differenzierung erfolgt auf Grund- lage von Deutsche Partikeln - richtig gebraucht? von Gerhard und Agnes Helbig (1999) so- wie des Duden online.

[...]


1 Für den Terminus face wurden unterschiedliche Übersetzungen vorgeschlagen, z.B. Gesicht oder Image. Diese Übersetzungen sind jedoch problematisch und nicht einheitlich, sodass der englische Terminus beibehalten wird (vgl. Held 1995: 63f., FN 39).

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Unterschiede der Höflichkeitspartikeln zwischen der jüngeren und der älteren Generation. Eine empirische Untersuchung anhand zweier Chat-Foren
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Germanistisches Seminar)
Veranstaltung
Jugendsprache - Sprache im Alter
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
39
Katalognummer
V310119
ISBN (eBook)
9783668089747
ISBN (Buch)
9783668089754
Dateigröße
1962 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unterschiede, höflichkeitspartikel, generation, eine, untersuchung, chat-foren
Arbeit zitieren
Erla Schweitzer (Autor:in), 2015, Unterschiede der Höflichkeitspartikeln zwischen der jüngeren und der älteren Generation. Eine empirische Untersuchung anhand zweier Chat-Foren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310119

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Unterschiede der Höflichkeitspartikeln zwischen der jüngeren und der älteren Generation.  Eine empirische Untersuchung anhand zweier Chat-Foren



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden