Methoden der Unternehmensbewertung. Erfolgs- und marktorientierte Verfahren


Bachelorarbeit, 2013

72 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Begriffsabgrenzung

2 Historische Entwicklung der Unternehmensbewertung
2.1 Objektive Werttheorie
2.2 Subjektive Werttheorie
2.3 Funktionale Werttheorie
2.3.1 Hauptfunktionen der Kölner Funktionslehre
2.3.2 Nebenfunktionen der Kölner Funktionslehre
2.3.3 Funktionslehre des IDW

3 Verfahren der Unternehmensbewertung
3.1 Voraussetzungen einer erfolgreichen Unternehmensbewertung
3.2 Erfolgsorientierte Verfahren
3.2.1 Ertragswertverfahren
3.2.2 Discounted Cashflow-Verfahren
3.2.2.1 Bruttoverfahren
3.2.2.1.1 Weighted Average Cost of Capital
3.2.2.1.1.1 Free Cashflow-Verfahren
3.2.2.1.1.2 Total Cashflow-Verfahren
3.2.2.1.2 Adjusted Present Value Verfahren
3.2.2.2 Nettoverfahren
3.2.2.2.1 Flow to Equity-Ansatz
3.3 Erfolgsorientierten Verfahren im Überblick
3.4 Marktorientierte Verfahren
3.4.1 Comparative Company Approach
3.4.1.1 Similar Public Company Method
3.4.1.2 Recent Acquisitions Method
3.4.1.3 Initial Public Offering
3.4.2 Market Multiples

4 Praxisbeispiele zur Bewertung der Bayer-AG
4.1 Das Unternehmen
4.2 Bewertung der Bayer AG mittels WACC-Ansatz
4.3 Bewertung der Bayer AG mittels KGV-Multiplikator
4.4 Bewertung der Bayer AG mittels KBV-Multiplikator
4.5 Kritik an den verwendeten Multiplikatoren

5 Fazit

Anhang.

Anhang 1: Planungsrechnung Bayer AG

Anhang 2: Beispielhafte Berechnung des WACC

Anhang 3: Unternehmensbewertung mittels KGV-Multiplikator

Anhang 4: Unternehmensbewertung mittels KBV-Multiplikator

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht zur Funktionslehre

Abbildung 2: Varianten der DCF-Methode

Abbildung 3: Berechnung des Operativen Free Cashflow

Abbildung 4: Berechnung des Flow to Equity

Abbildung 5: Ableitung des FtE aus dem operativen Free Cashflow

Abbildung 6: Überblick Erfolgsorientierter Verfahren.

Abbildung 7: Ableitung des Enterprise Value aus dem Equity Value

Abbildung 8: Vorgehensweise beim Multiplikatorverfahren

Abbildung 9: Beispielhafte Berechnung eines Umsatzmultiplikators

Abbildung 10: Berechnung des Unternehmenswerts mittels WACC

Abbildung 11: Berechnung des KGV-Multiplikators

Abbildung 12: Marktwert des Eigenkapitals mittels KGV Multiplikator .

Abbildung 13: KBV-Multiplikator und Bewertung

Formelverzeichnis

Formel 1: Unternehmenswert im Ertragswertverfahren

Formel 2: Berechnung des EV mittels WACC

Formel 3: Eigenkapitalkosten mittels CAPM

Formel 4: Fremdkapitalkosten unter Berücksichtigung des Tax-Shield

Formel 5: WACC zur Diskontierung der FCF

Formel 6: Berechnung des Residualwerts

Formel 7: Berechnung des Total Cashflow

Formel 8: WACC für den TCF-Ansatz

Formel 9: Unternehmenswert im APV-Verfahren

Formel 10: Marktwert des unverschuldeten Unternehmens

Formel 11: Beta-Faktor des unverschuldeten Unternehmens

Formel 12: Marktwert des Eigenkapitals im FtE-Ansatz

Formel 13: Berechnung eines Multiplikators

Formel 14: Unternehmenswert bei Multiplikatorverfahren

Formel 15: Berechnung des KGV

Formel 16: Berechnung des KBV

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Das Thema Unternehmensbewertung stellt als Gegenstand der wirt- schaftswissenschaftlichen Forschung keine Neuerung dar, verliert aber nicht an Aktualität. Besonders bei Fusionen und Übernahmen von Unternehmen gewinnen sie immer mehr an Bedeutung.1 Nachdem in Deutschland lange Zeit hauptsächlich das Ertragswertverfahren angewendet wurde, hat sich dies in den letzten Jahren stark geändert. Inzwischen haben sich die ur- sprünglich aus den USA stammenden Discounted Cashflow Verfahren be- sonders bei internationalen Transaktionen zu den am häufigsten angewende- ten Verfahren entwickelt. Multiplikatorverfahren werden aufgrund ihrer vermeintlich einfachen Anwendbarkeit ebenfalls häufig genutzt und werden insbesondere bei kleinen Unternehmen verwendet. Dabei beschränkt sich deren Anwendung nicht ausschließlich auf Käufe oder Verkäufe von Unter- nehmen oder Unternehmensteilen, da auch für die Geschäftsführung die Bewertung des eigenen Unternehmens von Interesse sein kann, beispiels- weise zur Unternehmenssteuerung und Performancemessung.2

Die Unternehmensbewertung ist ein komplexes Vorhaben. Sie stellt eine für jedes Unternehmen individuelle Herausforderung dar. Eine erfolgreiche Anwendung der in dieser Arbeit dargestellten Methoden erfordert dabei neben theoretischen Grundlagen auch praktische Erfahrungen und Flexibili- tät in ihrer Anwendung.

In der vorliegenden Arbeit wird ein Überblick über die gängigsten Metho- den der Unternehmensbewertung gegeben. Dazu wird in Kapitel 2 zunächst auf die historische Entwicklung der Unternehmensbewertung eingegangen. Diese Entwicklung verläuft von der objektiven Unternehmensbewertung, über die subjektive, zur funktionalen Unternehmensbewertung. Im Hauptteil der Arbeit in Kapitel 3 wird ein Überblick über die heute gängigsten er- folgs- und marktorientierten Verfahren dargestellt. In Kapitel 4 wird an- schließend anhand der Bayer AG die Bewertung eines Unternehmens in der Praxis veranschaulicht, gefolgt von einem Fazit in Kapitel 5. Die Bayer AG ist eines der weltweit führenden Unternehmen in den Berei- chen Pharmazie, Agrarwirtschaft und High-End Werkstoffe. Durch ihre Börsennotierung im DAX bietet sie, durch die Veröffentlichung von Ge- schäfts- und Zwischenberichten, ausreichend Informationen zur Erstellung einer zukunftsorientierten Unternehmensplanung. Diese ist Voraussetzung zur Anwendung der DCF-Verfahren. Des Weiteren wird dadurch die Erstel- lung einer Peer-Group zur Bewertung mittels Multiplikatoren begünstigt. Die beispielhafte Bewertung erfolgt sowohl mittels DCF-Verfahren, durch Diskontierung der Free Cashflows mit den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten, als auch mittels zweier Multiplikatorverfahren. Alle Verfah- ren weisen Vor- und Nachteile auf. Des Weiteren ergeben sich in ihrer An- wendung Probleme, auf welche ebenfalls im Verlauf dieser Arbeit einge- gangen wird.

1.2 Begriffsabgrenzung

Das Ziel einer Unternehmensbewertung ist die Ermittlung des Wertes eines Unternehmens oder Unternehmensteils. Dieser Wert dient unter anderem als Grundlage von Investitionsentscheidungen.3 Als Werkzeuge zur Bewertung dienen unterschiedliche Bewertungsmethoden. Dabei handelt es sich um systematisierte Verfahren zur Ermittlung von Werten. Keines dieser Verfah- ren kann als das allgemeingültige, richtige Bewertungsverfahren bezeichnet werden. Die durch Bewertungsverfahren ermittelte Preise müssen dabei auch nicht unbedingt dem letztendlich gezahlten Kaufpreis eines Unterneh mens entsprechen. Ebenso kann die Anwendung verschiedener Bewer- tungsverfahren durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die American Society of Appraisers, eine der weltweit führenden Bewertungs- gesellschaften, definiert den Begriff der Unternehmensbewertung folgen- dermaßen:

"Das Verfahren, das zu einer Meinung zum Unternehmenswert oder einer Wertbestimmung für ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil führt."4

2 Historische Entwicklung der Unternehmensbewertung

2.1 Objektive Werttheorie

Nach heutiger Ansicht kann einem Unternehmen grundsätzlich kein allge- meingültiger, objektiver Wert zugeordnet werden.5 Bis zirka 1960 wurde jedoch mit der Konzeption der objektiven Unternehmensbewertung die Auf- fassung vertreten, eine Bewertung solle unabhängig von den subjektiven Interessen und Möglichkeiten eines Bewertungsinteressenten erfolgen.6 Be- gründet wurde dies damit, dass ein Bewertungsgegenstand einen einzigen, inhärenten Wert besitzen sollte. Dieser stellt, der objektiven Werttheorie nach, eine selbstständige Eigenschaft dar und soll von jedermann realisiert werden können.7 8 In der Realität werden Unternehmen jedoch in der Regel nicht zu einem objektiv festgestellten Preis gekauft oder verkauft, da weder Käufer noch Verkäufer einen Vorteil daraus ziehen könnten.9

Zur objektiven Bewertung wurde, hauptsächlich über Vergangenheits- und Gegenwartswerte, der Substanzwert ermittelt. Dies ist der Betrag, welcher zur identischen Reproduktion des Unternehmens notwendig wäre.10 Das Konzept geriet mit der Zeit in die Kritik, da es nicht in der Lage ist, wesent- liche Probleme der Bewertung zu erklären. Beispielsweise kann vom Sub- stanzwert keine Prognose auf zukünftige Überschüsse geschlossen werden, da dieser ausschließlich aktuelle Werte widerspiegelt. Außerdem werden in der objektiven Werttheorie nicht die individuellen Verhältnisse der Ver- handlungspartner berücksichtigt, welche stets von subjektiven Einflüssen geprägt sind.11 Ein objektiver Wert kann im Allgemeinen nicht ermittelt werden, da sich ein Wert immer aus einer Objekt-Subjekt-Beziehung ergibt.12

2.2 Subjektive Werttheorie

In den 1960er Jahren entwickelte sich das Konzept der subjektiven Unter- nehmensbewertung. Dabei wird von einem, für jeden individuellen Ge- brauchswert ausgegangen. Der subjektive Wert berücksichtigt die jeweils unterschiedlichen Wertvorstellungen, Ziele, Ausstattungen und Zukunftser- wartungen der Bewertungsinteressenten. Er wird auch Grenzpreis oder Ent- scheidungswert genannt und stellt den Wert dar, den ein Käufer maximal zu zahlen bereit ist bzw. ein Verkäufer mindestens erzielen will.13 Individuelle positive und negative Verbundeffekte, wie beispielsweise Kosteneinsparun- gen durch Synergieeffekte, sollten bei der Wertermittlung ebenfalls berück- sichtigt werden.14 Ein Unternehmen besitzt also für jeden Interessenten ei- nen anderen Wert.

Im Gegensatz zur objektiven Bewertung wird der Wert hier auf Basis zu- künftiger Erträge errechnet. Hierzu wird das Ertragswertverfahren herange- zogen, auf welches in einem nachfolgenden Abschnitt 3.2.1 dieser Arbeit noch weiter eingegangen wird.15 Die Theorie, ein Unternehmen könnte so viele unterschiedliche Werte wie Investoren haben, stößt zum Teil auf Un- verständnis, weshalb die Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft die Anwendung eines objektivierten Unternehmenswertes vorschlägt. Zu- nächst wird der objektive Unternehmenswert ermittelt, bevor in einem zwei- ten Schritt subjektive Aspekte der Interessenten mit einbezogen werden.16 Die objektivierte Werttheorie ermittelt, im Gegensatz zur objektiven Wert- theorie, keine Substanzwerte. Es wird von der Fortführung des Unterneh mens ausgegangen, wofür ein Ertragswert errechnet wird. Wertvorstellun- gen oder andere wertverändernde Argumente bleiben unbeachtet.17 Ein wesentlicher Kritikpunkt an der subjektiven Werttheorie ist der Sub- jektbezug selbst. Da ausschließlich die Situation eines einzigen Bewertungs- interessenten betrachtet wird, mangelt es an einer objektiven, unparteiischen Werteinschätzung. Die Ermittlung eines einzigen Wertes pro Bewertungs- subjekt wird dabei oft als nicht nachvollziehbar empfunden.18

2.3 Funktionale Werttheorie

In den 1970er Jahren wurde die funktionale Unternehmensbewertung entwi- ckelt und setzte sich sowohl in der theoretischen- als auch in der praxisori- entierten Literatur durch. Es wird versucht, die Gegensätze zwischen objek- tivem und subjektivem Bewertungsansatz zu überwinden. Zentraler Aspekt ist hierbei die Zweckabhängigkeit des Unternehmenswertes. Nach dem "Zweckadäquanzprinzip" ist die anzuwendende Wertkonzeption ausschließ- lich aus dem Zweck der Bewertung abzuleiten, da auch die zu verwenden- den Methoden und Annahmen der Bewertung durch den Bewertungszweck bestimmt werden.19 Der Wert des Unternehmens und der Wertansatz variie- ren also je nach Aufgabenstellung und Möglichkeiten des Bewertungsinte- ressenten.20 Unterschieden wird dabei zwischen der Funktionslehre des IDW und der traditionellen Kölner Funktionslehre. In beiden Ansätze wird von gleichen Grundannahmen ausgegangen, wobei es aber zu unterschiedli- chen Ergebnissen kommt.21 Die Abgrenzung der typischen Zwecke der Un- ternehmensbewertung erfolgt nach den in Abbildung 1 zusammengefassten Bewertungsfunktionen.22

Abbildung 1: Übersicht zur Funktionslehre

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Nölle (2005), S. 19

2.3.1 Hauptfunktionen der Kölner Funktionslehre

Die Kölner Funktionslehre nennt drei Haupt- und drei Nebenfunktionen.

Durch die Funktion der fachlichen Beratung sollen für den Käufer und Ver- käufer Entscheidungshilfen zur Verfügung gestellt werden. Es werden sub- jektive Grenzpreise ermittelt. Diese bilden die Grundlage für Verhandlun- gen und geben an, wie viel ein Käufer maximal zu zahlen bereit ist bzw. ein Verkäufer mindestens bekommen muss, um sich mit dem Geschäft nicht schlechter zu stellen als zuvor. Da die Grenzpreise von Käufer und Verkäu- fer in der Regel verschieden sind, gilt es den Einigungsbereich, in dem sich die Verhandlungsspielräume beider Parteien überschneiden, zu finden.23

Durch die Vermittlungsfunktion wird die Aufgabe eines Vermittlers be- schrieben, einen für beide Seiten fairen Einigungspreis vorzuschlagen. Dies setzt entsprechendes Wissen über die Interessen der Parteien voraus. Der Einigungsbereich wird durch Entscheidungswerte abgegrenzt und wird auch als Arbitriumwert bezeichnet. Ziel ist ein fairer Interessenausgleich zwischen beiden Parteien. Der von einem Gutachter ermittelte Schiedswert soll die wirtschaftliche Situation beider Parteien verbessern.24

Die Argumentationsfunktion bezeichnet die Aufgabe des Bewertenden Argumente zu liefern, um die Position der Auftragspartei bei Verhandlun- gen, aber auch bei Auseinandersetzungen vor Gericht zu unterstützen. Ziel ist die Beeinflussung des Verhandlungspartners, um einen möglichst guten Preis zu erzielen. Der Argumentationswert wird, im Gegensatz zum Ent- scheidungswert, der anderen Partei mitgeteilt und vertreten. Die Bewertung erfolgt dabei im Sinne des Auftraggebers, die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung dürfen dabei jedoch nicht verletzt werden. Dies wäre bei- spielsweise der Fall, würden unrealistische Annahmen getroffen werden. Die Argumentationsfunktion wird durch das IDW nicht anerkannt. Begrün- det wird die Ablehnung mit einer Nichtvereinbarkeit mit den Berufsgrund- sätzen der Wirtschaftsprüfer. Diese sollen als neutrale Gutachter Bewertun- gen nach dem objektivierten Unternehmenswert erstellen. In der Literatur wird kritisiert, dass es sich hierbei um einen Verkäuferwert handelt, was die Neutralität des Gutachtens einschränkt.25

2.3.2 Nebenfunktionen der Kölner Funktionslehre

Nach der Informationsfunktion sollen mit der Bewertung Informationen über die Ertragskraft eines Unternehmens geliefert werden.26 Hierbei müssen jedoch die jeweils geltenden Bewertungsvorschriften, beispielsweise nach IFRS oder US-GAAP, berücksichtigt werden.27

Die Steuerbemessungsfunktion dient der Ermittlung der Besteuerungsgrund- lagen.28 Die Ermittlung erfolgt mittels vereinfachtem Ertragswertverfah- ren.29

Die Vertragsgestaltungsfunktion dient der Auslegung vertraglicher Vereinbarungen in Gesellschaftsverträgen. Dabei kann es sich beispielsweise um Vereinbarungen über Abfindungen von Gesellschaftern handeln.30

Da die genannten Nebenfunktionen größtenteils durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen festgeschrieben sind, führen sie, anders als die Hauptfunktionen, zu feststehenden Werten.31

2.3.3 Funktionslehre des IDW

Die Aussagen der Funktionslehre des IDW decken sich größtenteils mit denen der Kölner Funktionslehre. Ein Unterschied ist, wie oben erwähnt, die Negierung der Argumentationsfunktion durch das IDW. Diese wird durch die neutrale Position des Gutachters ersetzt, welcher in seiner Funktion einen objektivierten Unternehmenswert ermitteln soll. Auf die Nennung von Nebenfunktionen verzichtet das IDW gänzlich.32 33

3 Verfahren der Unternehmensbewertung

3.1 Voraussetzungen einer erfolgreichen Unternehmensbewertung

Grundlage einer jeden Unternehmensbewertung ist zunächst eine Analyse des Unternehmens sowie seiner Umwelt. Aus den daraus gewonnenen In- formationen ist im Anschluss eine möglichst genaue Planungsrechnung zu erstellen. Eine Variante einer Planrechnung ist die Anwendung der Pau- schalmethode. Diese unterstellt einen, ab dem Bewertungsstichtag gleich- bleibenden, um außergewöhnliche Einflüsse bereinigten Einnahmeüber- schuss. Aufgrund ihrer höheren Genauigkeit wird in der Praxis jedoch die Phasenmethode bevorzugt. Hier werden zwei Planungsperioden unterschie- den. Die Detailplanungsphase deckt meist die ersten drei bis fünf Jahre der Planungsrechnung ab. Für diesen Zeitraum lassen sich die Zahlungsüber- schüsse noch relativ genau einschätzen34. Die zweite Phase basiert in der Regel auf pauschalen Fortschreibungen der Detailplanungsphase. Der Fort- führungswert ergibt sich aus der ewigen Rente.35 Dies ist das nachhaltig erziel- und ausschüttbare Unternehmensergebnis.36

Neben der Planung der zukünftigen Cashflows sollte auch immer, wie vom IDW empfohlen37, eine Vergangenheitsanalyse erstellt werden.38 Dabei handelt es sich um eine zwingende Voraussetzung für eine qualifizierte Un- ternehmensbewertung.39 Sie kann als Orientierung für zukünftige Schätzun- gen dienen und ermöglicht Plausibilitätskontrollen. Sie umfasst die Ent- wicklung des Unternehmens, seiner Umwelt und zeigt die wesentlichen Ein- flussfaktoren auf den Unternehmenserfolg. Dabei ist zwischen Branchen- entwicklung, der Marktstellung des Unternehmens sowie politischen, gesell- schaftlichen, gesamtwirtschaftlichen und technologischen Faktoren zu unterscheiden.40 Auch nicht monetäre Faktoren können großen Einfluss auf die Ertragskraft des Unternehmens haben. Hierzu zählen beispielsweise die Er- fahrungen des Managements und die innere Organisation des Unterneh- mens.41

3.2 Erfolgsorientierte Verfahren

Zu den erfolgsorientierten Verfahren zählen die ursprünglich aus den USA stammenden DCF-Verfahren sowie das deutsche Ertragswertverfahren. Während die DCF-Verfahren international schon lange Standard sind, haben sie sich in Deutschland erst in den letzen Jahren gegen das Ertragswertver- fahren durchsetzen können. Noch im Jahre 2003 dominierte hierzulande das Ertragswertverfahren mit einem Anteil von 39%, dicht gefolgt von den DCF-Methoden mit 33%.42 Beide leiten sich aus der Investitionstheorie ab und bestimmen den Kapitalwert eines Unternehmens anhand von auf den Stichtag der Bewertung abgezinsten, zukünftigen Cashflows. Außerordent- liche Aufwendungen und Erträge sind zuvor zu bereinigen. Die Wertbe- stimmung erfolgt nach dem Prinzip der Gesamtbewertung des Vermögens.43 Dabei wird das Unternehmen als Bewertungseinheit betrachtet und der Wert aus dem zukünftig erwarteten Gesamtertrag bestimmt.44

Erfolgsorientierte Verfahren haben Stärken und Schwächen. Sie sind zu- kunftsorientiert und berücksichtigen viele Informationen. Hier liegen jedoch auch ihre Schwächen. Die Berücksichtigung von vielen Informationen führt zu komplexen Modellen. Da diese zusätzlich zukunftsorientiert sind, müs- sen Planwerte geschätzt oder aus der Vergangenheit extrapoliert werden. Obwohl versucht wird, vorhandene Informationen und Planungen einzube- ziehen, führt dies zu großen Unsicherheiten bezüglich der zu prognostizierenden Cashflows. Des Weiteren bieten die angewendeten Modelle den Bewertenden in ihren Annahmen viele Freiheitsgrade, was die ermittelten Werte durch ungenaue Schätzungen zusätzlich verzerren kann.45

3.2.1 Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist der vom IDW empfohlene Ansatz zur Durch- führung von Unternehmensbewertungen. Es beruht auf Zukunftserfolgen und ermittelt den Wert des Eigenkapitals direkt, ohne zuvor den Marktwert des Gesamtkapitals zu ermitteln. Dies erfolgt durch Diskontierung zukünfti- ger Ertragsüberschüsse mit der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber.46 Bei angenommener, unendlicher Unternehmensdauer kann der Unterneh- menswert nach der Phasenmethode wie folgt errechnet werden.

Formel 1: Unternehmenswert im Ertragswertverfahren47

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Unternehmensertrag umfasst alle zukünftig zu erwartenden Vorteile.48 Theoretisch umfasst dies neben monetären Komponenten auch nicht mone- täre Aspekte wie beispielsweise Prestige und Macht. In der Praxis wird da- rauf jedoch aus Vereinfachungsgründen meist verzichtet.49 Zukünftige Unternehmenserträge sind in ihrer Höhe nicht sicher. Um diese Unsicherheit in die Bewertung mit einzubeziehen, bieten sich zwei unter- schiedliche Methoden an. Dabei handelt es sich um die Sicherheitsäquivalenzmethode und die Risikozuschlagsmethode.50

Die Sicherheitsäquivalenzmethode ermittelt Sicherheitsäquivalente, indem die unsicheren künftigen Zahlungen mit risikolosen Zinssätzen diskontiert werden. Unter einem Sicherheitsäquivalent wird eine sichere Zahlung ver- standen, die einem risikoscheuen Investor den gleichen Nutzen stiftet wie die risikobehaftete Zahlung unter Berücksichtigung ihrer Wahrscheinlich- keit.51 Da die Risikonutzenfunktionen in der Praxis oft nicht bekannt sind setzt man hier jedoch bevorzugt auf die Risikozuschlagsmethode.52

Die Risikozuschlagsmethode addiert zum Diskontierungssatz in Formel 1 einen Risikozuschlag. Die Höhe hängt von der Risikoneigung des Investors ab. Sie deckt sich mit der vom IDW vorgeschlagen Zinszuschlagsmethode.53 Sie ist empirisch nachweisbar und erlaubt eine marktorientierte Bemessung der Risikozuschläge.54 Dies erfolgt über am Markt beobachtete Risikozu- schläge, welche dann mittels Capital Asset Pricing Model anzupassen sind.55

Der Diskontierungssatz wird aus der besten Alternativanlage der Eigenkapitalgeber abgeleitet.56 Voraussetzung ist die Vergleichbarkeit beider Anlagen, insbesondere nach Laufzeit, Verfügbarkeit, Risiko und Kapitaleinsatz.57 Ist diese nicht gegeben, können jedoch Anpassungen vorgenommen werden, um Vergleichbarkeit herzustellen.58

Dem so ermittelten Wert wird anschließend der Barwert des nicht betriebs- notwendigen Vermögens hinzugerechnet, um den Unternehmenswert zu erhalten.59

Die Ermittlung des Unternehmensertrags erfolgt auf Grundlage von Cashflows. Dabei wird zwischen folgenden Begriffen unterschieden, welche sich nach dem Grad ihrer Vereinfachungen unterscheiden.60

Netto-Cashflows bestehen aus den erwarteten Erträgen des Eigentümers der Unternehmung. Sie erfassen persönliche Steuern und Synergieeffekte mit anderen Unternehmen des Eigners. Dadurch eignen sie sich zur Berechnung subjektiver Entscheidungswerte. Netto-Cashflows stellen den überzeugends- ten Ertragsbegriff dar, da sie die wenigsten Vereinfachungen beinhalten.61 Ihre Ermittlung erfordert eine umfassende Finanzplanung sowie eine Ab- schätzung von externen Synergieeffekten.62 Die Netto-Cashflows decken sich mit der Definition des Unternehmensertrags als "Nettoeinnahmen der Unternehmenseigner" des IDW. Auch diese werden zur Ermittlung subjek- tiver Entscheidungswerte verwendet. Soll ein objektivierter Unternehmens- wert ermittelt werden, weichen die Vorgaben des IDW jedoch von oben genannter Definition ab. Hier werden echte Synergieeffekte außer Acht ge- lassen und lediglich sogenannte "unechte" Synergieeffekte berücksichtigt.63 Letztere sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich im Gegensatz zu den echten Synergien, ohne Auswirkungen des Bewertungsanlasses realisieren lassen.64 Unter echten Synergieeffekten wird die Veränderung der finanziel- len Überschüsse durch den wirtschaftlichen Verbund von Unternehmen be- zeichnet.65 Des Weiteren wird bei einer objektivierten Unternehmensbewer- tung nicht von einer Vollausschüttung ausgegangen. Diese erfolgt nach dem am Bewertungsstichtag festgehaltenen Unternehmenskonzept.66

Netto-Ausschüttungen unterscheiden sich von Netto-Cashflows grundsätz- lich nur durch die Vernachlässigung von Synergieeffekten. Persönliche Steuern werden weiterhin berücksichtigt. Dadurch eignet sich die Verwen- dung von Netto-Ausschüttungen hauptsächlich für Bewertungsanlässe, bei denen nach Erwerb keine Veränderungen am Unternehmen vorgenommen werden sollen. Auch hier ist eine umfassende Finanzplanung erforderlich.67

Die Betrachtung von Einzahlungsüberschüssen vernachlässigt aus Vereinfa- chungsgründen sowohl externe Synergieeffekte als auch persönliche Steu- ern. Es wird weiterhin eine vollständige Ausschüttung der erwirtschafteten Einzahlungsüberschüsse an den Eigner unterstellt.68 Solche vereinfachenden Annahmen können jedoch Bewertungsfehler nach sich ziehen. Beispiels- weise kann eine Vollausschüttung handelsrechtlich nicht gestattet sein.69

Das Ertragswertverfahren ähnelt dem Equity-Ansatz der DCF-Verfahren und nähert sich diesem durch die Einbeziehung marktorientierter Ansätze immer weiter an.70 Es gibt jedoch konzeptionelle Unterschiede, die nicht ignoriert werden sollten. So zielt das Ertragswertverfahren auf die Ermittlung eines Entscheidungswertes ab, während der Equity-Ansatz Argumentations- oder Arbitriumwerte bereitstellt.71

3.2.2 Discounted Cashflow-Verfahren

DCF-Verfahren basieren auf Erkenntnissen der Finanzierungstheorie.72 Mit diesen Verfahren wird der Unternehmenswert durch Diskontierung zukünf- tiger Cashflows ermittelt. Der Diskontierungssatz wird dabei mittels kapi- talmarkttheoretischer Modelle, wie dem CAPM, errechnet.73 Das Ergebnis ist, je nach gewähltem Ansatz, der Marktwert des Gesamt- oder des Eigen- kapitals. Die Varianten unterscheiden sich hauptsächlich in der Abgrenzung der Cashflows, der zu verwendenden Kalkulationszinssätze und der Berück sichtigung von Änderungen in der Kapitalstruktur. Bei gleichen Bewer- tungsannahmen führen alle DCF-Verfahren zum gleichen Unternehmens- wert.74 Zu beachten ist, dass alle DCF-Verfahren bei der Diskontierung aus- schließlich die operativen Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Ver- mögen berücksichtigen. Das nicht-betriebsnotwendige Vermögen wird sepa- rat bewertet und letztendlich dem Barwert der Cashflows hinzugerechnet.75 Unterschieden wird dabei grundsätzlich zwischen Brutto-und Nettoverfah- ren.76 Eine Übersicht der im Weiteren beschriebenen Verfahren findet sich in Abbildung 2.

Abbildung 2: Varianten der DCF-Methode

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Matschke / Brösel, (2006), S. 559

[...]


1 Vgl. Schacht / Fackler (2005), S. 7

2 Vgl. Schacht / Fackler (2005), S. 7

3 Vgl. Tichy (2001), S. 385

4 Seiler (2004), S. 121

5 Vgl. Henselmann / Kniest (2010), S.27

6 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.14

7 Vgl. Widmann (2010), S.79

8 Vgl. Peemöller (2009), S.4

9 Vgl. Henselmann/Kniest (2010), S.27

10 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.17

11 Vgl. Widmann (2010), S.79/80

12 Vgl. Peemöller (2009), S.5

13 Vgl. Widmann (2010), S.80

14 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.18

15 Vgl. Henselmann/Kniest (2010), S.28

16 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.19

17 Vgl. Widmann (2010), S.80

18 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.21

19 Vgl. Koelen, P. (), S. 49

20 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.22

21 Vgl. Nölle (2005), S.19

22 Vgl. Peemöller (2009), S.7

23 Vgl. Peemöller (2009), S.8

24 Vgl. Peemöller (2009), S.9

25 Vgl. Peemöller (2009), S. 10/11

26 Vgl. Peemöller (2009), S.13

27 Vgl. Winter (2009), S. 15

28 Vgl. Matschke / Brösel (2013), S.25

29 Vgl. Winter (2009), S. 15

30 Vgl. Peemöller (2009), S.13

31 Vgl. Nölle (2005), S. 21

32 Vgl. Peemöller (2009), S.11

33 Vgl. Nölle (2005), Abb. S.19

34 Vgl. Ahsen / Witt (2005), S.142

35 Vgl. Widmann (2010), S.131

36 Vgl. Ahsen / Witt (2005), S.143

37 Vgl. IDW (2003), S.1

38 Vgl. Widmann (2010), S.127

39 Vgl. Born (2003), S. 47

40 Vgl. Widmann (2010), S.128

41 Vgl. Widmann (2010), S.128

42 Vgl. Schultze (2003), S. 71

43 Vgl. Seppelfricke (2012), S.13

44 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S.53

45 Vgl. Seppelfricke (2012), S.13

46 Vgl. Seppelfricke (2012), S. 29

47 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 59

48 Vgl. Seppelfricke (2012), S. 29

49 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 55

50 Vgl. Ballwieser (2011), S. 67

51 Vgl. Ernst / Schneider / Thielen (2010), S. 275

52 Vgl. Ballwieser (2011), S. 84

53 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 63

54 Vgl. IDW S 1 (2008), Tz. 90

55 Vgl. IDW S 1 (2008), Tz. 91/92

56 Vgl. Seppelfricke (2012), S. 29

57 Vgl. Ballwieser (2011), S. 84

58 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 55

59 Vgl. Seppelfricke (2012), S. 29

60 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 55

61 Vgl. Seppelfricke (2012), S.31

62 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 56

63 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 58

64 Vgl. Piehler (2007), S. 25

65 Vgl. IDW S 1 (2000), Tz. 42/43

66 Vgl. IDW S 1 (2008), Tz. 35

67 Vgl. Seppelfricke (2012), S.31

68 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 57

69 Vgl. Seppelfricke (2012), S.31

70 Vgl. Mandl / Rabel (2009), S. 55

71 Vgl. Matschke (2006), S. 2110

72 Vgl. Matschke / Brösel (2006), S.557

73 Vgl. Seppelfricke (2012), S.21

74 Vgl. Brösel (2004), S.511

75 Vgl. Ernst / Schneider / Thielen (2010), S.28

76 Vgl. Mandl /Rabel (2009), S.64

Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Methoden der Unternehmensbewertung. Erfolgs- und marktorientierte Verfahren
Hochschule
Technische Hochschule Mittelhessen
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
72
Katalognummer
V309892
ISBN (eBook)
9783668081963
ISBN (Buch)
9783668081970
Dateigröße
689 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inklusive beispielhafter Bewertung eines real existierenden Unternehmens anhand von Geschäftsberichten (Bayer AG).
Schlagworte
Methoden Unternehmensbewertung, Werttheorie, Funktionslehre, Ertragswertverfahren, Discounted Cashflow, WACC, Weighted Average Cost of Capital, Free Cashflow, Total Cashflow, Adjusted Present Value, Flow to Equity, Erfolgsorientierte Verfahren, Marktorientierte Verfahren, Comparative Company Approach, Similar Public Company Method, Initial Public Offering, Market Multiples, Multiplikatorverfahren, Cashflow, Unternehmensbewertung
Arbeit zitieren
Christian Duvenage (Autor:in), 2013, Methoden der Unternehmensbewertung. Erfolgs- und marktorientierte Verfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309892

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