Shadow Banking. Begrifflichkeiten und Regulierungsvorschläge


Seminararbeit, 2015

27 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


I. Einleitung

Die Begrifflichkeit der Schattenbank ist seit der Finanzkrise, die mit der Pleite der Investmentbank „Lehman Brothers“ im Spätsommer 2008 einen ihrer Höhepunkte erlangte und inzwischen immer noch nicht ganz überwunden ist, allgegenwärtig. Das Motiv für die Wahl dieses Themas ist eben diese beschriebene Omnipräsenz. Diese Seminararbeit soll ein Bild über die Vor- und Nachteile dieses Systems vermitteln, ohne eine abschließende Beurteilung abzugeben.

Wenn man in den letzten Jahren die Finanzkrise in den Medien verfolgt und Politikern aufmerksam zugehört hat, so konnte einen das Gefühl beschleichen, dass Schattenbanken durchweg schlecht sind und nur Nachteile haben. Es entstand oftmals der Eindruck, als ob Schattenbanken nichts mit den normalen Banken zu tun hätten. In den folgenden Abschnitten soll aufgezeigt werden, dass dies nicht immer der Fall ist. Denn viele der „normalen“ Banken haben neben ihrer regulierten Sonnenseite, um bei dieser Formulierung zu bleiben, auch eine nicht- regulierte Schattenseite.

Im „Regelbetrieb“ sind Schattenbanken für alle von Nutzen. Kleinanleger können ihr Geld zu höheren Zinssätzen anlegen, Immobilienkäufer bekommen von Banken bessere Kreditkonditionen als ihnen vielleicht sonst zustünden1, Banken können ihre Bilanzen aufbessern, indem sie Kredite auslagern und damit ihren Börsenkurs erhöhen.

Letztendlich profitieren alle, auch gesamte Volkswirtschaften, da mehr Wohlstand geschaffen wird und auch im Schattenbankensektor Arbeitsplätze entstehen. Könnte es ausgeschlossen werden, dass dieser „Regelbetrieb“ gestört würde, so bestünde keine Notwendigkeit diesen Sektor zu regulieren oder gar abzuschaffen. Leider haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass Störungen nicht ausgeschlossen werden können, was u.U. einenCrashund eine globale Rezession zur Folge haben kann.

In dieser Seminararbeit soll ein Überblick über die Funktionsweise des Schattenbankensystems sowie dessen Akteure und Finanzinstrumente gegeben werden. Weiterhin werden verschiedene Regulierungsvorschläge genannt, ohne diese aber abschließend werten zu wollen.

Aus Vereinfachungsgründen werden die Begrifflichkeiten in deutscher Sprache, aber die Abkürzungen aus dem Englischen übernommen. So ist beispielsweise ein forderungsbesichertes Wertpapier (im Fachjargon: Asset-Backed Commercial Paper), ein ABCP.2

II. Das Schattenbankensystem

A. Definition und Wertigkeit

Für den Begriff „Schattenbanken“ gibt es keine universelle Definition. Zum einen werden unter Schattenbanken die Institutionen selbst verstanden, zum anderen werden grundsätzlich alle Aktivitäten der Intermediation von Krediten, die außerhalb des kontrollierten Bankensystems stattfinden, unter dem Begriff Schattenbankensystem gefasst3.

Im Allgemeinen lässt sich folgendes über Schattenbanken sagen: Es handelt sich hierbei um Zweckgesellschaften, die von Banken oder bankähnlichen Finanzinstitutionen (engl. other financial intermediaries / non-banking financial intermediaries4) gegründet werden, um neue finanzielle Mittel zu generieren und damit Kredite zu vergeben, ohne über Einlagen in angemessener Höhe zu verfügen. Die Funktionsweise von Schattenbanken wird folgend in Abschnitt C beschrieben. Anders als der Begriff „Schattenbank“ es vermuten lässt, handeln die erwähnten Zweckgesellschaften nicht in einer legalen Grauzone, sondern „auf festem Rechtsgrund“5.

Der Unterschied zu regulären Banken, als Einlagenkreditinstitutionen, besteht zusammengefasst darin, dass sie keine Kundeneinlagen halten, deutlich geringeren Regulierungsvorschriften unterliegen und keine Banklizenz besitzen. Sie sind somit keine „offiziellen Banken“ und fielen anfangs nicht oder nicht in vollem Umfang unter die gesetzlichen Eigenkapitalquoten wie die regulären Banken. Trotz ihres negativen Images sind die Schattenbanken für das Finanzsystem inzwischen unerlässlich geworden.

Natürlich variiert ihre Berdeutung von Land zu Land6, doch zeigt die folgende Abbildung, dass, trotz der Finanzkrise, deren Anteil am weltweiten Gesamtaktiva nur geringfügig zurück ging. Im Jahr 2011 waren es ungefähr 25% was laut FSB einen Betrag von etwa 67 Billionen USD bedeutet7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1

Anteile an Gesamtaktiva von 20 Jurisdiktionen und der Eurozone, in Prozent Quelle: National flow of funds data, aus dem „ Global Shadow Banking Monitoring Report 2012“ des FSB, Seite 9

B. Funktionsweise und Finanzinstrumente

Spricht man von Schattenbankensystemen, so gehören zu den kreditvermittelnden Institutionen auch deren Produkte und die Art, wie diese vertrieben werden. Die Verbriefung von Krediten (engl. securitization) ist hierbei das vorherrschende Element. Im Folgenden wird dieses Verfahren modellhaft beschrieben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2

Modellhaftes Verbriefungsverfahren

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Der Eigenheimkredit eines Privatmannes bei seiner Hausbank wird von dieser an eine Zweckgesellschaft (engl. Special Purpose Vehicle) verkauft. Der Kredit und die dazugehörigen Zinszahlungen der kommenden Jahre gehören jetzt einer Institution, die in der Regel keine reguläre Bank und im Ausland ansässig ist. Dabei handelt es sich um Länder oder Gerichtsbarkeiten in denen eine sehr flexible Steuergesetzgebung herrscht, was zur Folge hat, dass diese Unternehmen in einem sehr geringen Umfang Steuern entrichten müssen. Das kreditverkaufende Institut wird als Originator bezeichnet. Schließt die SPV zusätzlich noch einen Vertrag über die Kundenbetreuung der Kreditnehmer mit der Bank ab, ist sie außerdem der Servicer.

Diese SPV hat neben dem besagten noch andere Kredite angekauft, welche jetzt gebündelt und tranchiert, d.h. ihrer Bonität nach sogenannten Tranchen zugeordnet werden. Die einzelnen Tranchen werden durch eine von der SPV beauftragten Ratingagentur (engl. credit rating agency) auf ihre Ausfallwahrscheinlichkeit hin untersucht und dem Risiko entsprechend klassifiziert. Anhand dieser Informationen gibt die Zweckgesellschaft Wertpapiere an Inverstoren aus.

Damit wird sie zu einemconduit, einem Emittenten von forderungsbesicherten Wertpapieren (engl. Asset-Backed Securities). Die ABS sind als Überbegriff einer ganzen Gruppe von besicherten Wertpapieren zu verstehen. Von ihnen spricht man, sobald einem Wertpapier eine beliebige Art an Forderungen zu Grunde liegt, welche es absichern.

Arten von ABS sind beispielsweise durch Hypotheken besicherte Wertpapiere (MBS), hier wird nochmals unterschieden, ob es sich um Hypotheken aus Wohn- oder Geschäftsgebäuden handelt (RMBS bzw. CMBS), forderungsbesicherte Wertpapiere mit u.U. sehr kurzer Laufzeit (ABCP) oder ABS, die nochmals als Sicherheit für ein neues Wertpapier verwendet und an institutionelle Anleger ausgegeben werden (CDO)8. Mit mehr als 50% sind ABS in Form von MBS auf Wohngebäude in Europa die häufigste Form der Verbriefung von Krediten9.

Verbriefungen können mehrfach nacheinander durchgeführt werden, so dass eine Art „Verbriefungskette“ entsteht. Bei jedem Glied dieser Kette werden die Wertpapiere aus der vorhergehenden mezzaninen (mittleren) Risikoklasse neu tranchiert, nochmals durch eine Agentur geratet und wieder emittiert. Es entstehen die bereits erwähnten CDOs. Dabei können die Papiere wieder Noten aus dem gesamten Bonitätsspektrum erhalten10. Dieser Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden.

C. Gründe für die Existenz von Schattenbanken

Das klassische Bankgeschäft läuft in der Regel folgendermaßen ab: Kunden bringen ihr Einkommen oder Erspartes zur Bank mit dem Wunsch ständigen Zugriff auf ihre finanziellen Mittel zu haben und im Falle eines Sparkontos gewisse Zinszahlungen darauf zu erhalten.

Da davon auszugehen ist, dass niemals alle Kunden gleichzeitig auf ihre gesamten Einlagen zugreifen wollen (dies wäre ein sogenannter Bank Run), nutzt die Bank einen Teil dieser Einlagen zur Kreditvergabe. Die Differenz aus Kreditzins und Einlagezins ist die Marge, die für die Bank dabei gewinnbringend ist. Die Einlagen der Kunden werden dabei vom Staat bis zu einer gewissen Summe gesichert. Dies bezeichnet man als eine „originate-to-hold“-Struktur. Dieser Typus wurde seit den 1970er-Jahren in weiten Teilen durch eine „originate-to-distribute“-Struktur abgelöst. Dabei bleiben die vergebenen Kredite nicht in der Bilanz der Bank, sondern werden mithilfe von Zweckgesellschaften gebündelt und an den Kapital- und Geldmarkt in Form von Asset Backed Securities (ABS), z.B. Mortgage Backed Securities (MBS), oder Collateral Debt Obligations (CDO), die eine erneut verbriefte ABS darstellen, weiterverkauft.

Dieser Verbriefungsprozess wurde bereits in Abschnitt II.B. genauer erläutert. Zoltan Pozsar nennt als die drei wesentlichen Gründe für den Wandel im Bankensektor erhöhten Wettbewerb, Innovation und verstärkte Regulierung11. Gesteigerter Wettbewerb fand zum einen unter den Banken selbst statt, wurde ab den 1970er- Jahren zum anderen aber auch durch das Aufkommen von „Money Market Mutual Funds“ (MMMFs), Geldmarktfonds also, verstärkt. Diese wurden und werden besonders von größeren Unternehmen und Investoren genutzt, um große Mengen an Geld kurzfristig zu „parken“. Dies geschieht vor allem in Form von Repo-Geschäften (Repurchase Agreements), bei dem ein Wertpapier gehandelt wird mit der Vereinbarung, es zu einem bestimmten Zeitpunkt zurück zu handeln. Dies erfolgt entweder bilateral oder mit einem Intermediär, es handelt sich dann um ein „tri- Party Repo“. Für einen Investor stellt ein Repo- Geschäft einen Ersatz für eine Einlage dar mit dem Vorteil einer lukrativen Verzinsung und einer Sicherheit in Form eines Wertpapiers als Gegenwert für die Dauer des Geschäfts.

[...]


1Vergl. subprime- Krise.

2Siehe auch: Abkürzungsverzeichnis.

3Financial Stability Board (2012): „Global Shadow Banking Monitoring Report 2012“, Seite 3.

4Financial Stability Board (2012): „Global Shadow Banking Monitoring Report 2012“, Seite 7.

5Weidmann, Jörg (2012): „Systemrelevante Finanzinstitute und Schattenbanken: Wie werden systemische Risiken begrenzt“ Eingangsstatement auf dem CDU/CSU-Kongress zur Finanzmarktregulierung in Berlin am Mittwoch, 29. Juni 2011. Seite 5.

6vergl. auch Kap. IV.C. „Multilaterale Regulierung“.

7Financial Stability Board (2012): „Global Shadow Banking Monitoring Report 2012“, Seite 8.

8Adrian, Tobias; et al. (2012): „Shadow Banking : A Review of the Literature“, ausFED Staff Report Nr. 580. Seite 7.

9Bakk-Simon, Klára; et al. (2012): „SHADOW BANKING IN THE EURO AREA- AN OVERVIEW“ aus denECB Occasional Paper Series Nr 133 / April 2012. Seite 12.

10Schäfer, Dorothea (2008): „Agenda für eine neue Finanzmarktarchitektur“ aus demWochenbericht desDIWBerlin Nr. 51-52/2008, Seite 810.

11Pozsar, Zoltan (2008): „The Rise and Fall of the Shadow Banking System“,aus Moodys Economy.com Regional Financial Review July 2008,Seite 13.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Shadow Banking. Begrifflichkeiten und Regulierungsvorschläge
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,7
Autoren
Jahr
2015
Seiten
27
Katalognummer
V309882
ISBN (eBook)
9783668082144
ISBN (Buch)
9783668082151
Dateigröße
1098 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
shadow, banking, begrifflichkeiten, regulierungsvorschläge
Arbeit zitieren
Björn Buchholz (Autor:in)Robert Gross (Autor:in), 2015, Shadow Banking. Begrifflichkeiten und Regulierungsvorschläge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309882

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