Die Trinität in Thomas von Aquins "De rationibus fidei"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

13 Seiten, Note: 1,7

Alexander Meyer (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

Einleitung
Trinität in De rationibus fidei

Hauptteil
Hervorbringung des Sohnes per modum intellectus
Hervorbringung des Geistes per modum amoris

Schluss
Resümee

Literatur

Einleitung

Trinität in De rationibus fidei

In seinem 1264[1] verfassten Opusculum De rationibus fidei contra Saracenos, Graecos et Armenos ad Cantorem Antiochenum eilt Thomas von Aquin einem namenlosen Glaubensbruder zu Hilfe[2]. Dieser sah sich im Orient hilflos den islamischen Einwänden gegen den katholisch-christlichen Glauben ausgesetzt und fragte deshalb den großen christlichen Glaubenslehrer Thomas um Rat, was er denn dem Spott der Sarazenen entgegnen solle. Die Sarazenen nämlich, so der Kantor aus Antiochien, würden die Christen verhöhnen, weil diese – angeblich – nicht nur Christus als Sohn Gottes bezeichnen würden, sondern auch, weil sie – angeblich – in Gott drei Personen verehren würden. Demnach nahmen die Sarazenen u.a. Anstoß an der christlichen Auffassung der Trinität Gottes, welche vom Koran unmissverständlich zurückgewiesen wird (Vgl. 39f.)[3].

Um Thomasʼ Antwortschreiben auf diesen Einwand bezüglich der christlichen Trinität soll es in dieser Arbeit gehen. Hierzu werden das dritte und das vierte Kapitel der „Gelegenheitsschrift“ (14) De rationibus fidei in den Blick genommen und der jeweilige Gedankengang nachgezeichnet. Dadurch wird sich zeigen, dass Thomas nicht nur um eine schlichte, und doch klare und präzise Ausarbeitung „großer philosophischer und theologischer Gedanken und Gedankenreihen“[4] bemüht ist, sondern auch, dass er qua ratione den bzw. die islamischen Einwände tatsächlich entkräften kann.

Interessanterweise führt Thomas dabei keine „Schrift- und Vatersprüche“[5] gegen die sarazenischen Einwände ins Feld, schließlich würden diese von den Sarazenen nicht anerkannt werden, sondern er bedient sich philosophischer und moralischer Gründe der natürlichen Vernunft (Vgl. 63), die zwar nicht den christlichen Glauben rational begründen können, die aber zeigen, dass er auch nicht falsch ist[6]. Philosophie und Vernunft werden von Thomas folglich in dieser kleinen apologetischen Schrift gleichsam „im Dienste des Glaubens und der Theologie“[7] verwendet und erfolgreich verwertet.

Der erste Teil dieser Arbeit wird sich mit dem Hervorgehen des Sohnes aus dem Vater per modum intellectus beschäftigen. Dabei wird sich zeigen, dass Gott gemäß seiner geistigen Natur geistig zeugt.

Im zweiten Teil wird schließlich das Hervorgehen des Heiligen Geistes aus Vater und Sohn per modum amoris zur Sprache kommen, wodurch gezeigt wird, dass für Thomas in Gott drei durch ihrer „innertrinitarische Relation“[8] verschiedene Personen oder Hypostasen sind, aber letztlich nur eine einzige göttliche Wesenheit.

Hauptteil

Hervorbringung des Sohnes per modum intellectus

Im dritten Kapitel von De rationibus fidei setzt sich Thomas mit dem ersten großen Einwand des Islams auseinander, dass Gott in concreto mit einer Frau – auf körperlichem Wege – einen Sohn gezeugt habe. Um diesem Einwand entgegenzutreten, zeigt Thomas in diesem Kapitelchen, wie in der katholischen Theologie die Zeugung im eigentlichen Sinne zu verstehen ist.

Seine rationale Überzeugungsstrategie setzt mit einem empirischen Befund ein: Jeder „verständige Mensch“ (65) könne leicht in der Welt erkennen, so Thomas, dass die Zeugung respektive Fortpflanzung unter Lebewesen bzw. Pflanzen viele Ausprägungen kennt. Pflanzen würden sich anders fortpflanzen als z.B. Tiere. Die Eigentümlichkeit der jeweiligen Fortpflanzung hänge folglich, so Thomas, von der jeweils „eigenen Natur“ (65) des Zeugenden ab.

Dieser empirische Befund wird anschließend auf die axiomatische Natur Gottes übertragen, der nicht eine „körperliche Natur“ (65) besitze[9], sondern eine „geistige bzw. vernunftmäßige Natur“ (67), weshalb Gott auch keine Frau für die Zeugung seines Sohnes gebraucht habe (Vgl. 65). Gott habe sich schlicht und ergreifend gemäß seiner geistigen Natur, die alle menschliche Vernunft übersteigt (Vgl. 67), geistig fortgepflanzt.

Diese göttlich-geistige Zeugung wird im Folgenden von Thomas in Analogie zur „Zeugung des menschlichen Verstandes“ (22) gesetzt, schließlich könne der Mensch nicht anders über den göttlichen Logos nachdenken „als gemäß der Ähnlichkeit“ (67) mit demjenigen, was im menschlichen Verstand vorzufinden ist. Um diese Analogie inhaltlich zu füllen, analysiert Thomas zunächst den menschlichen Verstand, um anschließend die daraus gewonnene Erkenntnis auf den göttlichen Verstand anzuwenden. So steht für Thomas fest, dass der menschliche Verstand zwei Modi kennt: Manchmal ist der Verstand „bloß potentiell tätig, manchmal auch aktual“ (67). Wenn der Verstand jedoch aktual tätig ist, so erzeuge er etwas, „das gewissermaßen ein Nachkomme seiner selbst“ (67) sei; er erzeuge einen Gedanken. Dieser Gedanke könne verbalisiert werden, so Thomas, wodurch ein Laut, ein „äußeres Wort“ (67), als Produkt des Verstandes entstehe. Für dieses äußere Wort gelte, dass es eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Verstand besitze, ohne selbst von derselben Wesenheit des Verstandes zu sein, schließlich sei der Gedanke „nicht das Wesen unseres Geistes selbst“ (67). Der Gedanke sei vielmehr „etwas Akzidentelles“, so Thomas, denn das Verstehen könne nicht „das eigentliche Sein“ (67) des Verstandes sein, weil es diesem nur eignet, wenn der Verstand aktual tätig ist – was nicht immer der Fall ist, z.B. im Schlaf. Durch diese gewisse Ähnlichkeit des Wortes mit dem Verstand könne man Ersteres zwar gleichsam als Nachkomme des Verstandes bezeichnen, allerdings nur in einem „uneigentlichen Sinne“ (22). Möchte man jedoch im eigentlichen Sinn darüber sprechen, so dürfe man das Wort des Verstandes nicht als Nachkomme bzw. Sohn bezeichnen, weil es nicht dieselbe Natur besitze wie der Verstand. – Um diesen Gedanken abschließend zu bestärken, betont Thomas, dass nicht alles, was aus etwas anderem hervorgeht, zwingend als Sohn zu bezeichnen ist. Ein Gemälde könne man wohl kaum als Sohn eines Malers bezeichnen, wenngleich dieser das Bild hervorgebracht hat, schließlich besitze das Gemälde nicht dieselbe Natur wie der Künstler.

Vorläufig zusammenfassend: Diese Überlegungen zeigen deutlich, dass für Thomas zwei Dinge erfüllt sein müssen, damit etwas Hervorgebrachtes als Sohn bezeichnet werden darf. Erstens muss das Hervorgebrachte eine Ähnlichkeit mit dem Hervorbringenden besitzen. Zweitens muss das Hervorgebrachte von derselben Natur wie das Hervorbringende sein.

Wie aber verhält es sich nun in Bezug auf Gott?

[...]


[1] Joseph Ellul: Thomas Aquinas and Muslim-Christian Dialogue. An Appraisal of De rationibus fidei. In: Angelicum 80 (2003), S. 178.

[2] Vgl. Thomas von Aquin: De rationibus fidei. Komm. lateinisch-deutsche Textausgabe von Ludwig Hagemann und Reinhold Glei. Altenberge 1987, S. 14. [Da im Rahmen dieser Arbeit ausschließlich diese kommentierte und ins Deutsche übersetzte Ausgabe von De rationibus fidei verwendet wird, wird im Folgenden allein durch Angabe der Seitenzahl auf diese Quelle verwiesen. Die Seitenzahlen 9-55 beziehen sich dabei auf die Einleitung von Hagemann/Glei, während nachfolgende Seitenangaben sich explizit auf den übersetzten Primärtext beziehen.]

[3] Die weiteren in De rationibus fidei diskutierten islamischen Einwände werden in dieser Arbeit nicht diskutiert werden, also die Einwände hinsichtlich der Allmacht Gottes und dem eucharistischen Verständnis der Christen, sowie hinsichtlich der Frage nach dem freien Willen des Menschen.

[4] Martin Grabmann: Die Schrift: De rationibus fidei contra Saracenos, Graecos et Armenos ad Cantorem Antiochenum des Heiligen Thomas von Aquin. In: Scholastik 17 (1942), S. 191.

[5] Ebd., S. 193.

[6] Vgl. hierzu das zweite Kapitel der Schrift De rationibus fidei, das einen für die gesamte Schrift maßgeblichen methologischen Charakter präsentiert.

[7] Martin Grabmann, S. 194.

[8] Ebd., S. 198.

[9] Gott ist schließlich weder explizit sichtbar noch sinnlich wahrnehmbar.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Trinität in Thomas von Aquins "De rationibus fidei"
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Die Verteidigung des christlichen Glaubens gegen die Einwände des Islams bei Thomas von Aquin
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
13
Katalognummer
V309755
ISBN (eBook)
9783668080669
ISBN (Buch)
9783668080676
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
trinität, thomas, aquins
Arbeit zitieren
Alexander Meyer (Autor:in), 2013, Die Trinität in Thomas von Aquins "De rationibus fidei", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309755

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