Oswald von Wolkenstein - Lied Kl. 26 "Durch aubenteuer perg und tal" - Übersetzung, Kommentar, Interpretation


Seminararbeit, 2004

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Übersetzung Kl. 26 Durch aubenteuer tal und perg

2. Kommentar
2.1. Allgemein
2.2. Länder und Städte
2.3. Personen

3. Interpretation
3.1. Einleitende Worte zu Kl. 26 „Durch aubenteuer tal und perg“
3.2. Von den Gedanken, auf Reisen zu gehen
3.3. Die Flucht nach Wasserburg und Gefangennahme
3.4. Überführung nach Innsbruck
3.5. Die Gefangenschaft auf Fellenberg
3.5.1. Einige Worte für den Anfang
3.5.2. „Da wider was ich von dem vierst abgvallen ungemessen“ (Z. 89/90)
3.5.3. Die literarische Darstellung der Gefangenschaft auf Fellenberg als Anklage
3.6. Die Entlassung aus dem Gefängnis
3.6.1. Die Fürbitter
3.6.2. Die Hausmannin
3.6.3. Die ‚Urfehde’
3.6.4. Rückblick auf die Ereignisse

4. Schlußworte

Bibliographie

1. Übersetzung Kl. 26. Durch Abenteuer Tal und Berg

I. Durch Abenteuer Tal und Berg
wollte ich fahren, um nicht untätig zu sein,
auf zum Rhein nach Heidelberg,
und nach England stand mir der Sinn nicht träge,
auch nach Schottland, nach Irland und über das Meer 5
auf einem grossen Lastschiff nach Portugal zu segeln;
ich sehnte mich nach einem ‚Blümlein’,
vielleicht vermag ich dort die Ehrung
von einer edlen Königin erringen,
sie in meinem Besitz eng zu verschließen. 10

II. Von Lissabon nach Nordafrika,
nach Ceuta, das ich einst schon erobern half,
als mancher stolze Maure so frei
von seinem Dienst hinten hinaus fliehen mußte.
Lieber hätte ich Granada bereist, 15
als mich der Maurenkönig noch emfangen hatte.
Zur Ritterschaft wurde ich gescheucht.
Vor meinen Knappen war ich dorthin gegangen –
dafür mußte ich zu Tische mit einem
Stubenheizer ‚glänzen’. 20

III. So gut ich manchen harten Streifzug
erfahren hatte, das hatte ich wenig genossen,
seitdem ich in einem Steigbügel
mit beiden Sporen säuberlich verschlossen war.
Diese Kunst habe ich noch nie gesehen, 25
doch habe ich sie nicht ohne Schaden erfahren;
Da klagte ich Gott meinen Kummer,
daß ich mich von Hauenstein entfernt hatte,
und ich fürchtete den Weg nach Wasserburg,
in besternter Nacht. 30

IV. In einer Ecke sah ich dort
bei Fellenberg zwei Ketten, eng und schwer.
Ich schwieg und redete nicht viele Worte,
jedoch dachte ich an viele gefährliche Berichte.
Wenn mir die Ritterschaft zuteil werden würde, 35
in diesen Sporen würde ich mich sicherlich schmücken.
Meine Ausgelassenheit mit allem Frohsinn
schlug sehr betrübt in ein schweres Atmen um;
wieviel gute Vergebung ich dafür gäbe,
das verheimlichte ich. 40

V. Und so lag ich viele Tage;
der römische König würde mir die Furcht nicht vergelten,
weil ich nicht wußte, wann mir das Haupt
zerhauen werden würde, obwohl ich keine Schuld hatte.
Wahrlich von oben, unten, hinten, vorn 45
war meine Bewachung mit Leuten/Soldaten gut besetzt.
„Wächter, Peter Märckel, zum Tor,
er ist gewitzt, daß er uns nicht entwischt!“
Über meine Schlauheit hatte ihm der Fürst
die Ohren vollgeschallt. 50

VI. Danach wurde ich nach Innsbruck
wie auf einer Preußenreise prächtig zum Hof geführt,
meinem Pferd über den ganzen Rücken
versteckt nach unten hin gefesselt.
Hilflos ritt ich hinten ein 55
und hatte doch nicht den Schatz des Kaisers gestohlen.
Man verbarg mich vor dem Sonnenschein,
statt frei zu gehen, lag ich 20 Tage lang versteckt.
Und was ich mir dort an den Knien zerrissen hatte,
das sparte ich an den Solen. 60

VII. Ein alter Schwabe namens Planck,
war mir dicht an die Seite gesetzt.
O Gott, wie heftig der stank!
von ihm wurde ich nicht erfreut.
Er hatte an einem Bein eine Wunde, 65
der Atem ging ihm heftig vom Munde,
zudem verpestete er die Luft,
fast unerträglich von unten her;
und wenn er auch den Rhein krank machte,
wie sehr wünschte ich ihm das. 70

VIII. Der Peter Haitzer und sein Weib,
Planck und ein Schreiber, der jeden Tag betrunken war,
die machten mich grausen,
wenn wir das Brot gemeinsam tunkten.
Ei!, der eine kotzte, der andere hielt 75
das Geschütz mit dem langen Maß nach unten,
als wenn ein Feuerrohr,
daß überfüllt ist, durch den Druck des Pulvers explodiert.
Sich auf berauschtem Weg zu erfreuen,
war ihnen mancherlei. 80

IX. Meine Fröhlichkeit trug dunklen Schein,
weil mich Erinnerungen schwitzen machten,
als mich der Pfalzgraf vom Rhein
vor kurzem bat, ob ich ihm zu seiner Rechten am Tische säße.
Wie gleich der Falke den Kälbern dort war! 85
Der römische König hatte mich völlig vergessen,
bei dem ich auch vor einiger Zeit saß
und ihm half das Kraut aus seiner Schüssel zu essen.
Wieder war ich vom Dachfirst
tief gefallen. 90

X. Noch einen im Gefängnis kenne ich
der heißt Kopp, den konnte ich nie beruhigen;
Der schnarchte wirklich wie ein Kesselflicker,
wenn ihn der starke Traminer neigen machte.
Solchen Schlaf habe ich wahrlich noch nie gehört, 95
daß ich beide Ohren ganz zustopfen mußte,
meinen Kopf hat er mir richtig betäubt,
daß er mir zerspringen wollte.
Wenn ich eine Frau wäre, beim besten Willen
der sollte mich nicht lieben. 100

XI. Der Kreig und der Greifenegger,
Moll Truchseß taten außerdem das beste,
der Salzmair und der Neidegger,
Freigeborene und Grafen, Säldenhorn, Freunde und Fremde,
sie alle baten mit rechtem Verlangen 105
den reichen, durchlauchten, hochgeborenen Fürsten,
daß er mir barmherzig sei
und er nicht voreilig in seinem anfänglichen Zorn handelt.
Er sprach: „Solche Menschen werden ja nicht
von Bäumen geboren.“ 110

XII. Dieselbe Rede war gewiß meine Gelegenheit;
mit dem Freund meiner Geliebten mußte ich übereinkommen,
die mich auch vor Jahren
mit großen Eisen unten an den Beinen beschlug.
Was ich an der Liebe teil hatte, 115
an das werden meine Kinder gewiß sich noch erinnern,
wenn ich dort in meinem Grabe liege,
müssen sie dann noch ihre Hände darum winden,
daß ich den Namen
dieser Hausmannin je kannte. 120

XIII. Da sprach der Herr aus Zornes Glauben
zu seinen Räten sogar ohne Verdruß:
„Wie lange soll ich ihn liegen lassen?
Könnt ihr die Verhandlung denn nie abschließen?
Was hilft mir nun sein Trauern dort? 125
Ich traue mir gewiß zu, meine Zeit mit ihm zu vertreiben,
wir werde singen fa, sol, la
und ritterlich dichten von den schönen Frauen.
Ist die Urfehde nicht bald fertig,
so laßt sie uns schnell schreiben.“ 130

XIV. Dem Kanzler wurde tatsächlich befohlen,
er half mir schnell aus meiner Gefangenschaft,
ordentlich geschrieben und versiegelt.
Dieses bin ich Herzog Friedrich bis an mein Ende dankbar.
Der Marschall sprach: „Nun folge mir, 135
mein Herr kam und hat nach deinem Gesang gebeten.“
Ich kam zu ihm, da lachte er sogleich;
seht, da erhob sich ein hemmungsloses Grölen.
Ein mancher sprach: „Deinem Unglück
hättest Du nicht davonreiten sollen.“ 140

XV. Der würdige Gott, der verborgene Gott,
der rätselhaft unter vielen Auserwählte,
der ließ mir nimmer freies Gebot
mein Leben lang, deshalb habe ich oft ein Spiel verloren.
Mein höfischer Stand und meine eitle Ehre 145
ist mir durch ihn ohne Wasser oft erloschen,
wenn ich dorthin ziehe, dann will er her,
in diesem Streit werde ich einfach überwunden.
Verdiente Strafe für die Minne
kostete mich manchen Groschen. 150

2. Kommentar

2.1. Allgemein

8f. : liberei, sinngemäß: Ehrung durch Königinnen[1], bei Hofmeister[2] als ‚Dekor’ übersetzt

18 : kindlin, Dimunitiv von kint im Sinne von ‚Kind’ oder ‚Knabe’, hier aber im Kontext von ‚ritterschafft’ (Z. 17) wahrscheinlicher als ‚Knechte’ oder ‚Knappen’ verstanden

26 : geleret, Partizip des sw. Verbs ‚leren’, kann ‚lehren’ oder ‚lernen’ heißen; hier: im Sinne von ‚erfahren’: doch hab ich sei an schaden nicht geleret, wörtlich: ‚doch habe ich sie nicht ohne Schaden erfahren’

29 : forcht, von vorhten, vörhten, geht zurück auf das schwache Verb vürhten ‚sich fürchten’

32 :boie, unter boije, boye, boie Verweis zu buie = ‚Kette’ oder ‚Fessel’

34 : mere, maere, mare = ‚Nachricht’, ‚Bericht’

35 : zu tail, unter teil, zu teil (mit Dativ) verstanden als ‚zugeteilt’, ‚eigen werden’

38 : keichen, kîchen, schwaches Verb, ‚schwer atmen’, ‚keuchen’

[...]


[1] Schwob, Die Lebenszeugnisse Oswalds von Wolkenstein, S. 253

[2] Hofmeister

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Oswald von Wolkenstein - Lied Kl. 26 "Durch aubenteuer perg und tal" - Übersetzung, Kommentar, Interpretation
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar: Oswald von Wolkenstein
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
31
Katalognummer
V30871
ISBN (eBook)
9783638320443
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Oswald, Wolkenstein, Lied, Durch, Kommentar, Interpretation, Proseminar, Oswald, Wolkenstein
Arbeit zitieren
Dana Kaule (Autor:in), 2004, Oswald von Wolkenstein - Lied Kl. 26 "Durch aubenteuer perg und tal" - Übersetzung, Kommentar, Interpretation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30871

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