Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen des Gender-Marketing im Einzelhandel


Bachelorarbeit, 2015

93 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Definition und Abgrenzung von Begriffen
2.1 Gender und Sex
2.2 Gender Marketing

3 Konsumentenverhalten
3.1 Kaufverhaltensprozess
3.2 S-O-R Modell
3.3 Bestimmungsfaktoren der Kaufentscheidung
3.3.1 Persönliche Faktoren
3.3.2 Psychische Faktoren

4 Geschlechterspezifische Besonderheiten
4.1 Biologisch-genetische Unterschiede
4.2 Weibliches und männliches Gehirn
4.3 Hormone

5 Sozio-historische Entwicklungen
5.1 Traditionelle Rollenverteilung und traditionelles Konsumentenverhahen
5.2 Gesellschaftlicher Wandel
5.3 Haushalte
5.4 Wertewandel
5.4.1 Die modeme Frau
5.4.2 Der moderne Mann

6 Teil I: Quantitative Forschung
6.1 Studiendesign und Vorstudie
6.2 Zielsetzung der Studie/ Bildung von Hypothesen
6.3 Fragebogen
6.4 Potentielle Schwächen des Studiendesigns
6.5 Ergebnisse der Studie
6.6 Verifizierung/Falsifizierung der theoretischen Hypothesen

7 Teil II: Qualitative Forschung
7.1 Studiendesign
7.2 Bildung von Hypothesen und potentielle Schwächen des Studiendesigns
7.3 Beobachtungen am POS zur verkaufsstärksten Zeit im Jahr

8 Diskussion und Vergleich von Teil I und II
8.1 Neue Märkte

9 Fazit

Anhang

Anhang A

Anhang В

Anhang c

Anhang D

Anhang E

Anhang F

Literaturverzeichnis

Literatur

Internetquellen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung 1: Kaufprozess

Abbildung 2: Stimulus-Organismus-Response- Modell

Abbildung 3: Bestimmungsfaktoren einer Kaufentscheidung - Schalenmodell

Abbildung 4: Sinus-Milieus (Jahr 2014)

Abbildung 5: Limbic Map: Die Struktur der Emotionssysteme und Werte

Abbildung 6: Verwendung von Kosmetika - täglich in Prozent (Jahr 2013)

Abbildung 7: Altersverteilung der quantitativen Studie (Stand 06.01.2015)

Abbildung 8: korrigierte Altersverteilung der quantitativen Studie

Abbildung 9: Ergebnisauswertung der Störfaktoren bei einem Einkauf

Abbildung 10: Ergebnisauswertung der Gründe des Aufsuchens eines Verkäufers

Abbildung 11: Altersverteilung der qualitativen Studie

Abbildung 12: Käufe nach einer Beratung in Prozent 60

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aktivierende Prozesse

Tabelle 2: Kognitive Prozesse

Tabelle 3: Durchschnittliche Ausgaben der Geschlechter pro Monat in Euro

Tabelle 4: Zusammenfassung der Ergebnisse der quantitativen Hypothesen

Tabelle 5: Zusammenfassung der Ergebnisse der qualitativen Hypothesen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Empirische Befunde

1 Einleitung

״Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau - sie betont ihn“ (Coco Chanel O.J. zitiert nach Süddeutsche 2013).

Was damals noch als eine Aufforderung galt, sich als Frau modisch, sowie gesellschaftlich hervor zu heben, wird heute von einer breiten Schicht der Frauen abgelehnt.

Unterschiede zwischen Mann und Frau sind seit Generationen in der Gesellschaft existent; schon immer hatten die Geschlechter eine genaue Rollenzuweisung. Dies spiegelte sich in der Familie, der Gesellschaft, der Kultur und nicht zuletzt im Konsumverhalten wieder. Produktgruppen konnten exakt zugewiesen werden. Die Werbung illustrierte ein genaues Bild der perfekten Frau und des vorbildlichen Mannes.

Heutzutage sind die Rollen vernebelt. Männer und Frauen kümmern sich in der ״Generati- on Single“ eigenständig um ihren Beruf, ihren Haushalt, ihren Einkauf, ihren Konsum. Im Falle einer Partnerschaft sind beide gleichberechtigt.

Es gibt in der Werbung kaum noch gesellschaftliche Vorgaben, die Menschen können sich individuell entfalten und ihre Interessen verfolgen. Frauen kaufen autark Stereoanlagen und Handys; Männer Anti-Falten Cremes und modische Sneakers[1]. Das Marketing hat die Auf­gabe, diese Veränderung aufzugreifen und den Konsumenten wertegerecht zu einem Kauf zu motivieren.

Dennoch sind Stereotypen in den Köpfen der Konsumenten, der Marketingagenturen und der Leser präsent. Oder wie würden Sie einen Shopping-Trip von Herrn Mustermann und Frau Musterfrau beschreiben?

Um diese Frage beantworten zu können, müssen biologische und soziokuhurelle Aspekte beachtet und kritisch beäugt werden. Unterschiede gibt es, jedoch müssen sie weder betont noch verwischt werden. Die Konsumenten werden in der vorliegenden Arbeit - in theoreti­scher und empirischer Ausarbeitung - auf ihr gegenwärtiges Verhalten in Bezug auf Kon­sumgüter im Einzelhandel untersucht.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Das mit dem derzeitigem Gender Marketing auftretende Problem ist eine vorherrschende Sensibilität unter der Konsumenten. Es wird einerseits ein zielgruppengerechtes Marketing der Marktteilnehmer gefordert, andererseits reagieren Konsumenten auf zu viel oder zu wenig Differenzierung (״Unisex“-Marketing) empfindsam, was einen Kaufboykott mit sich bringen kann.

Biologische und soziokulturelle Determinanten spielen eine entscheidende Rolle bei der Erarbeitung der Differenzen und Gemeinsamkeiten. Diese zwei Determinanten sind jedoch untrennbar und so entstehen unterschiedliche theoretische Forschungsansätze: Zum einen welche, die besonders auf biologisch-genetischen Aspekten beruhen und andere, die sozio- kulturellen Veränderungen mehr Gewicht schenken.

Das gegenwärtige Konsumentenverhalten sollte folglich kontinuierlich erforscht werden. In der vorliegenden Ausarbeitung werden die verschiedenen Ansätze aufgezeigt und im empi­rischen Abschnitt auf ihre Aktualität überprüft. Es kristallisiert sich dadurch ein Bild der modernen Gesellschaft und den Ansprüchen von Mann und Frau heraus.

1.2 Gang der Untersuchung

Das derzeitige geschlechterspezifische Verhalten der Konsumenten im Einzelhandel soll mit dieser Arbeit erforscht werden. Dafür wird die Ausarbeitung in einen theoretischen und einen empirischen Teil aufgegliedert.

Beginnend mit dem theoretischen Teil werden die notwendigen Definitionen erläutert. Da­rauf folgt die Eingrenzung der relevanten Güterkategorien für die Arbeit und die Darstel­lung des Konsumentenverhaltens. Dieses wird aus männlicher und weiblicher Perspektive betrachtet.

Im Anschluss daran wird auf das Stimulus-Organismus-Response (SOR) Modell, welches ein Modell zur Veranschaulichung des menschlichen Kaufprozesses darstellt, und auf seine Bestimmungsfaktoren eingegangen. Hierbei hegt der Fokus auf den psychischen Beştim- mungsfaktoren, bei dem die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Geschlechter heraus­gearbeitet werden. Dieses Kapitel interagiert eng mit dem darauf folgenden Abschnitt der geschlechterspezifischen Besonderheiten. Unterschiede im Gehirn werden im Bezug auf die Wahrnehmung der Geschlechter aufgezeigt.

Im letzten Kapitel des theoretischen Teils werden sozio-historische Entwicklungen charak­terisiert und die modernen Werte der Geschlechter herausgearbeitet.

Der empirische Abschnitt dient zur Überprüfung der Theorie. Hierbei wird zunächst eine Vorstudie durchgeführt, um einen richtungsweisenden Einblick in aktuelles Konsumenten­verhalten zu erhalten. Aus den Erkenntnissen dieser und denen des theoretischen Teils wer­den forschungsleitende Hypothesen gebildet, aus welchen wiederum der Fragebogen der quantitativen Forschung gebildet wird. Es folgt die Durchführung und die Darstellung der Ergebnisse. Darüber hinaus ist eine qualitative Forschung in Form einer Beobachtung Be­standteil des empirischen Teils. Auch hier werden die Ergebnisse veröffentlicht und mit denen der Umfrage verglichen.

Zum Schluss folgt das Fazit der Arbeit, welches die Ergebnisse mit Blick auf die Praxis zusammenfasst.

2 Definition und Abgrenzung von Begriffen

Um den Begriffen der vorliegenden Arbeit ein besseres Verständnis entgegen zu bringen, werden im folgendem Kapitel die wichtigsten Begrifflichkeiten, die in engem Zusammen­hang zum Thema ״Gender Marketing“ stehen, erklärt.

2.1 Gender und Sex

Nach der Definition von Herpers (2013, s. 38) unterscheidet man zwischen dem biologi­sehen und sozialen Geschlecht. Das biologische Geschlecht wird als ״sex“ bezeichnet, wo­hingegen das soziale Geschlecht ״gender“ als bestimmte Rollenfunktion verstanden wird, die kulturell bedingt dem Mann oder der Frau zukommt. Mit diesem klaren Unterschied macht auch nach Krell (2005, S.5) deutlich, dass der Gegensatz von Mann und Frau nicht nur biologisch und angeboren ist, sondern auch Einflüsse historisch-gesellschaftlicher Na­tur mit sich trägt und somit veränderbar ist.

2.2 Gender Marketing

Jaffé (2011, S.26) beschreibt das Gender Marketing als eine Art des Zielgruppenmarke­tings, bei welchem der Schwerpunkt auf dem Verstehen von geschlechtsspezifischen Be- darfen, Bedürfnissen und der Forschung des Konsumentenverhaltens liegt.

Die größte Rolle für die Entwicklung und Umsetzung aller marketingrelevanten Maßnah­men spielen demnach die Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Mann und Frau. Um diese herauszufinden, damit eine langfristige Erfolgsstrategie entwickelt werden kann, wer­den mehrere Faktoren untersucht: Während die sozialen Rahmenbedingungen sich verän­dern und Kunden somit auch den Markt stimulieren und verändern können, gehen biologi­sehe Faktoren als eine Konstante (ebd. s.53f).

Das Ziel des Gender Marketings ist somit die optimale Befriedigung der Bedürfnisse und Zufriedenheit von Mann und Frau (ebd. S.26). Das wird erreicht durch die genaue Analyse des potenziellen Marktes und des Kundenverhahens, der Zieldefinition und der Strategie­bildung (ebd. S.29).

Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Konsumentenverhahen von Mann und Frau. Demnach sind die hier relevanten Träger der Kaufentscheidungen private Haushai­te/Individuen, die alleine oder gemeinsam Kaufentscheidungen (z.B. Familienentscheidun­gen) treffen (Griese/Bröring 2011, S.65; Foscht/Swoboda 2011, s.ll). Im folgenden Kapi­tel wird der Begriff des Konsumentenverhahens konkretisiert und die Prozesse einer Kau­fentscheidung mit der Konsumentenverhaltensforschung geschlechterspezifisch erklärt.

3 Konsumentenverhalten

Nach Homburg/Krohmer (2012, S.27) definiert sich das Konsumentenverhahen durch alle Handlungen von Individuen, welche im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Konsum wirtschaftlicher Güter Stehen. Dies beinhaltet im engeren Sinn nicht nur ״äußere“, direkt beobachtbare Handlungen, sondern auch das nicht beobachtbare ״innere“ Verhalten von Menschen beim Erwerb und Konsum wirtschaftlicher Güter (Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein 2013, s. 3).

Die Konsumentenverhaltensforschung gehört zu den angewandten Verhahenswissenschaf- ten, die das Ziel verfolgen, aus dem Verhalten des Konsumenten ein Schema zu erforschen, dieses zu erklären und es dann in die Praxis weiterzuleiten. Die Forschung befasst sich demnach mit der Erklärung des Verhaltens von Menschen und umfasst Teile der Psycholo­gie, Soziologie, Sozialpsychologie, sowie vergleichender und biologischer Verhaltensfor­schung und dem Marketing (Homburg/Krohmer 2012, S.27).

In der vorliegenden Arbeit wird das geschlechterspezifische Kaufverhalten von Konsumgü­tern, speziell im Bereich Bekleidung, Schuhe, Kosmetik, Heimwerken und Unterhaltungs­elektronik, betrachtet. Diese fallen unter die Güterkategorie Shopping Goods.

Shopping Goods sind ״Konsumgüter, deren Kauf nach Beurteilung und Vergleich von Al­ternativen in Bezug auf Preis-/Leistungsverhältnis, Qualität erfolgt“ (Kotier et al. 2007, zitiert nach Griese/ Bröring 2009 s. 66). Schuhe sind ein Beispiel hierfür.

So stehen im Fokus der Arbeit die Kaufentscheidungen von Mann und Frau unter Einbezug der kognitiven Kontrolle[2]. Dabei differenziert man abhängig vom Grad dieser aufsteigend zwischen impulsiven, habitualisierten, limitierten und extensiven Kaufentscheidungen (Weinberg 1981, zitiert nach Griese/Bröring, 2011 S.66Í). Der Schwerpunkt hegt hier folg- lieh auf den limitierten und extensiven Kaufentscheidungen.

Die limitierte Kaufentscheidimg ist die Entscheidung zwischen bereits erfahrenen Käufen innerhalb einer Produktgruppe. Sie beinhaltet eine gezielte, begrenzte Suche mit begrenz­tem kognitiven Aufwand, der sich auf das evoked set[3] beschränkt (Griese/Bröring, 2011 s.66f). Hierrunter fällt Z.B. die Suche nach einer oder zwei Hosenmarken, die der Konsu­ment schon kennt.

Die extensive echte Kaufentscheidimg erfordert eine hohe kognitive Beteiligung, da bisher keine Erfahrungen gesammelt wurden. Das führt zu einer langen Entscheidungsdauer, auf­grund von hoher Informationsverarbeitung und hohem Risiko (ebd. S.67) wie Z.B. bei ei­nem Handykauf.

In unserer westlichen Kultur haben sich in jeder Kategorie und Warengruppe männliche, sowie weibliche Produkte herausgebildet. Das bedeutet, dass Produkte automatisch mit einem Mann oder einer Frau assoziiert werden (Jaffé 2011, S.127ff). Ferner beschreibt Jaffé (ebd.), indem sie auf das Buch ״Gendersell“ von Tingley und Robert aus dem Jahr 2000 hinweist, dass Männer am liebsten männliche Produkte von männlichen Verkäufern kaufen und Frauen weibliche Produkte von Verkäuferinnen, da Männer und Frauen unter sich ״denselben Sprachstil verwenden“ (ebd. S.127). Sie führt eine Studie durch, um weib­liehe und männliche Artikel benennen zu können. Demnach gelten besonders die Gegen­stände Vase, Schmuck, Mode und Obst als weiblich; die Objekte Motorsäge, Bohrmaschi­ne, Rasenmäher, Hamburger als besonders männlich (ebd. s. 140). In dieser Arbeit wird in empirischen Untersuchungen das Produktverhalten analysiert und geprüft, ob Männer/ Frauen lieber männliche/weibliche Shopping Goods kaufen oder ob es sich um Klischees handelt.

3.1 Kaufverhaltensprozess

Der volle Kaufverhaltensprozess besteht aus fünf Prozessen, die sich in drei Hauptprozesse aufteilen lassen (siehe Abb.l). Neben der Kaufphase, in welcher der tatsächliche Erwerb eines Produktes stattfindet, gibt es eine Vor- und Nachkaufphase.

In der Vorkaufsphase nimmt der Konsument zu allererst einen Bedarf wahr. Grund hierfür können externe (Werbung), interne Auslöser (neue persönliche Ziele) oder ein tatsächlicher Bedarf sein. Um diese Nachfrage zu stillen, sucht er auf dem Markt nach Produkten und beurteilt das vorliegende Angebot. In der anschließenden Kaufphase werden dann die Pro­duktalternativen miteinander verglichen, was personenbezogen sehr unterschiedlich ausfal­len kann. Der Konsument sucht hierbei das passendste Produkt zur Befriedigung seines Bedarfs aus. Wenn ein Produkt auserwählt wurde und es keine weiteren Störfaktoren[4] mehr gibt, kommt es zum Kauf. Der letzte Prozess bestimmt das Verhalten in der Nachkaufpha­se, welches den Konsumenten im Idealfall dazu bewegt, das Produkt erneut zu kaufen. Hier kann man auch den Begriff der Kundenzufriedenheit benutzen, welches mit den Erwartun­gen vor dem Kauf und dem Nutzen nach dem Kauf messbar gemacht werden kann (vgl. Griese/Bröring 2011, s.68f; Tolstoi et al. 2007, s. 62ff; Kuß/Kleinaltenkamp 2013, S.57 f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kaufprozess

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kotier et al. 2007, S.335 zitiert nach Grie- se/Bröring 2011, S.67

Liick (Youtube 2013, Minute 34:02) zur Folge unterscheidet sich dieser Prozess bei Man- nern und Frauen. Sie erläutert in Ihrem Vortrag, der Kaufentscheidungsprozess beim Mann ist linear und der von Frauen verläuft komplex und schlaufenförmig. Diese Ansicht findet auch in der Steinzeit ihre Begründung: Männer sind Jäger und wollen ihren Fang schnell nach Hause bringen (Pease/Pease 2002, s. 234). Frauen sammeln (ebd. S.27). Daraus fol­gert Hurth dass sie ״mehr abwägen, vergleichen und sich Zeit lassen beim Einkauf‘ (Hurth 2008, S.17).

Diese zwei verschiedenen Arten von Prozessen werden von Jaffé (2011, s. 39ff.) genauer illustriert. Die Autorin beschreibt, der Mann unterscheidet zwischen Luxus- und Bedarfs­kaufen. Bedarfskäufe sind für ihn Käufe, die er tätigen muss (wenn das niemand erledigt), ihn aber nicht interessieren, wie Z.B. Lebensmittel, Unterwäsche, Bekleidung oder auch Möbel. Durch Luxuskäufe drücken Männer ihren Status aus. Hierunter zählen Z.B. Uhren und Unterhaltungselektronik.

Jaffé (ebd. S.44) vergleicht den Ablauf eines männlichen Luxuskaufs mit dem weiblichen Shoppingkauf, bei dem primär die eigene Schönheit, eine schöne Inneneinrichtung und Wellness im Vordergrund Stehen. Tatsächlich kann auch Hurth (2008, s. 43) nachweisen, Frauen sind kosmetikaffiner, kaufen lieber Kleidung und Schuhe ein, wohingegen Männer Unterhaltungselektronik bevorzugen. Weibliche Einkäufe, also FMCG[5], wie Lebensmittel, ähneln demnach dem männlichen Bedarfskauf (Jaffé 2011, s.44). Beide gehen schnell von statten und sind lästig (ebd.). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Einkauf von Lebensmitteln nicht weiter untersucht.

Männer legen wenig Wert auf Design, Farben und Preis und kaufen Kleidung mit weniger Kriterien ein als Frauen (ebd. s. 42).

Jaffé (ebd. s. 44) beschreibt die Auswahl des Mannes fällt gradlinig auf das erste Produkt, welches alle gewünschten Kriterien erfüllt. Zudem kauft er nur für sich ein und denkt nicht an andere, liest ungern Packungsaufdrucke, bittet nur in seltenen Fällen das Verkaufsperso­nal um Hilfe. Im Gegensatz dazu schildert Häusel (Häusel 2004, zitiert nach Hurth 2008, s. 36) Männer fragen öfters nach dem Ort des Produkts, da sie das Sortiment nur überfliegen. Weiter äußert Jaffé (2011, S.43), der Mann möchte sich nicht mit der Informationsaufnah­me befassen. Sie beschreibt ihn als ״Satisficer“, der keine Ansprüche stellt. Roth/Schrott (2006, S.159) bemerken, die Online - Kaufwahrscheinlichkeit ist beim Mann höher als bei der Frau. Frauen dagegen empfinden Shoppingkäufe als reinsten Genuss. Produkte werden vielen Kriterien unterzogen, es wird viel kommuniziert, viel beraten, viel verglichen (ebd. S.44 ff). Das dauert folglich länger. Auch wird ihnen nachgesagt, sie sind weniger einfach zu manipulieren (Krell 2005, S.21). Hurth (2008, s. 43) beschreibt die Frau jedoch als die spontanere Konsumentin verglichen mit dem Mann. Diese Aussage wird im empirischen Teil überprüft.

Weiter charakterisiert Jaffé (2011, S.45) den Kauf bei Frauen als natürlich, da sie von Natur aus gerne lernen, folglich gerne Neues entdecken und somit das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren. Pease/Pease (2002, s.235f.) erläutern, dass Frauen es heben, Kleider anzuprobieren, da dadurch Emotionen und Empfindungen bei ihnen freigesetzt werden.

Sie kaufen darüberhinaus viel und gerne für andere ein (Jaffé 2011,s.46). Frauen werden beschrieben als ״Maximizer“, da sie nur bereit sind, das Beste zu akzeptieren (ebd. S.47). Sie achten bei Verkaufsgesprächen zu 70 Prozent auf den Verkäufer und nur zu 30 Prozent auf das Produkt, während die Zahlen bei den Männern genau umgekehrt auftreten (Häusel 2013, S.144). Hurth (2008, s.43) kann hier das Vorurteil der Kommunikation bestätigen: Frauen reden häufiger über den Einkauf, haben aber auch eine stärkere Tendenz zu negati­vem word-of-mouth[6] (Halfmann 2014, s.20). Zudem neigen sie eher dazu, einer Einkaufs­Stätte treu zu sein und kaufen häufiger gemeinsam ein (Hurth, 2008 s. 43), da sie gegenüber Ratschlägen von anderen Frauen offener eingestellt sind als der Mann (Jaffé 2005, S.175).

3.2 S-O-R Modell

Das neo-behavioristische S-O-R (Stimulus- Organismus- Response) Modell wurde entwi- ekelt, um neben den beobachtbaren Prozessen eines Kaufprozesses die nicht-beobachtbaren Verarbeitungsprozesse innerhalb des Organismus des Konsumenten zu untersuchen (Foscht/Swoboda 2011, s.28ff.). Diese werden mit Hilfe von Indikatoren, Z.B. verbaler Äußerung oder körperlichen Kriterien wie Z.B. Pulsmessung, erforscht und erklärt (ebd. S.30).

Zu den beobachtbaren Prozessen zählt der Reiz s, Z.B. ein attraktives Produkt, der die Re- aktion R, Z.B. einen Kauf, hervorruft (ebd. S.29).

Innerhalb des Organismus werden die Prozesse in einzelne Prozess-Konstrukte unterteilt: aktivierende (antreibende) Prozesse wie Emotionen, Motivationen und daraus resultierende Einstellungen; kognitive (gedankliche Informationsverarbeitung) Prozesse wie Wahrneh­mung, Lernen und Gedächtnis und prädisponierende Prozesse wie Involvement[7], Bezugs­gruppen und Kultur, die bereits vor Eingang des Reizes vorhanden sind. Sie sind individu- eil und personenbezogen unterschiedlich stark ausgeprägt (Griese/Bröring 2011, s. 71). Nach Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein (2013, s.51f) entscheiden aktivierende und kognitive Prozesse innerhalb des Organismus über die Aufnahme der Stimuli und die Reaktion.

Das SOR-Modell ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Stimulus-Organismus-Response- Modell

Quelle: Im Anlehnung an Kroeber-Riel/ Weinberg/ Gröppel-Klein 2009 s.51ff zitiert nach Foscht/Swoboda 2011, s.30

Im nächsten Abschnitt werden die einzelnen Bestimmungsfaktoren, die eine Kaufentschei­dung beeinflussen und sich innerhalb des Organismus befinden, genauer erläutert.

3.3 Bestimmungsfaktoren der Kaufentscheidung

Der Kaufentscheidungsprozess im Organismus wird von verschiedenen Faktoren beein- flussi, welche auf den Konsumenten einwirken. Es wird zwischen inter- und intrapersona­len Elementen unterschieden

Nach Meffert et al. (2012, S.109) wirken interpersonale Bestimmungsfaktoren von außen auf den Konsumenten ein und sind kultureller oder sozialer Natur (z.B. Subkultur, soziale Schicht, Familie); aus diesen entwickeln sich dann die intrapersonalen Bestimmungsfakto­ren (z.B. Werte), die als interne, psychologische Konstrukte bezeichnet werden. Diese De­terminanten -kulturelle, soziale, persönliche, psychische- bestimmen, wie ein Organismus ein Produkt wahrnimmt.

Weiber (1996, S.54 zitiert nach Foschi/ Swoboda 2011, s.33) stellt diese Bestimmungsfak­toren in Form eines Schalenmodells im folgenden Schaubild dar, indem er von interperso­nalen, kulturellen Determinanten über soziale und dann auf intrapersonale, persönliche und psychische Determinanten eingeht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Bestimmungsfaktoren einer Kaufentscheidung - Schalenmodell

Quelle: Weiber 1996 s.54 zitiert nach Foscht/Swoboda 2011, S.33

Auf kulturelle und soziale Faktoren wird im Kapitel 5 ״Sozio-historische Entwicklungen“ näher eingegangen. So werden persönliche und psychologische Determinanten im Folgen­den genauer erläutert.

3.3.1 Persönliche Faktoren

Persönliche Faktoren setzen sich zusammen aus der Persönlichkeit, dem Lifestyle und dem Involvement (Griese/Bröring 2011, S.75).

Persönlichkeit: Laut Meffert et al. (2012, s. 135) werden mit der Persönlichkeit die psy­chologischen Besonderheiten beschrieben, die einzigartig und schwer veränderbar sind. Sie sind genetisch vererbbar oder können angelernt sein.

Häusel (2013, s. 112) beschreibt die Grundsäulen der Persönlichkeit als Emotionssysteme: dem Balance- Stimulanz- und Dominanzfaktoren und deren Submodulen (vgl. Kapitel 3.3.2), die unterschiedlich stark ausgeprägt und relativ stabil sind. Weiter beschreibt Häu- sei, (ebd. S.122f.) dass diese persönlichen Faktoren Produktinteressen bestimmen.

״Darüber hinaus besteht beim Selbstbild (Bild, das eine Person von sich selber hat) die An­nähme, dass die Produkte, die der Kunde kauft, dazu dienen, die Persönlichkeit angemessen darzustellen“ (Griese/Bröring 2011, S.76).

Lifestyle: Neben den Werten gehören zum Lebensstil auch das Verhaltensmuster und die Zugehörigkeit des Konsumenten zu bestimmten Klassen (ebd.). Das Sinus-Milieu stellt Konsumentenmerkmale anhand von Werten dar und ist eines der am häufigsten genutzten Modelle. In der nachfolgenden Abbildung auf der nächsten Seite sind die Sinus-Milieus des Jahres 2014 abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Sinus-Milieus (Jahr 2014)

Quelle: Sinus Institut (2014)

In der Literatur werden folgende drei Sinus Milieus geschlechterdifferenziert betrachtet: Laut Sevenonemedia (2012) haben Expeditive einen hohen Männeranteil unter 30 Jahren. Wichtig sind ihnen die Werte Kreativität, Erfolg und Individualität. In Gegensatz dazu sind bei den Adaptiv-Pragmatischen Konsumenten häufig Frauen unter 40 zu finden. Ihnen ist Sicherheit, Flexibilität und Zielstrebigkeit wichtig. Auch beim Milieu der Traditionellen sind viele Frauen über 65 zu finden. Ihnen sind Werte wie Disziplin, Anerkennung und Ordnung wichtig. In diesem Milieu gibt es viele verwitwete Frauen, da sie länger leben als Männer. Das kann am risikoreicheren Febensstil der Männer hegen. Obgleich der moderne Mann heutzutage zunehmend Gesundheit und Fitness im Alltag berücksichtigt (vgl. Kapitel 5.4.2), sorgt er seltener vor, ist häufiger Opfer von Unfällen und achtet im Durchschnitt weniger auf seine Gesundheit als die Frau (Fokus 2014).

Involvement: Das Involvement-Konzept beschreibt die ״Ich-Beteiligung, das innere En­gagement, mit dem sich ein Individuum einem Sachverhalt oder einer Sache widmet“ (Foscht/Swoboda 2011, S.137).

3.3.2 Psychische Faktoren

Die psychischen Prozesse entsprechen den Kernideen des SOR Modells (Foscht/Swoboda 2011, S.33).

Sie werden ebenso wie das SOR Modell in aktivierende und kognitive Prozesse aufgeteilt.

Aktivierung: Durch die psychische Aktivierung wird das zentrale Nervensystem angeregt, welches anschließend den Organismus mit Energie versorgt und in einen Zustand der Leis­tungsfähigkeit und - bereitschaft versetzt. Dabei gilt, je höher das Aktivierungsniveau, des­to besser ist die Informationsaufnahme und -Verarbeitung und somit die Kaufbereitschaft des Konsumenten. Es gibt drei verschiedene äußere Reize, die eine Aktivierung auslösen. Zum einen emotionale Reize, die teilweise biologisch vorprogrammiert sind, wie Z.B. ein Babybild. Zum anderen kognitive Reize, die gedankliche Konflikte erzeugen und zuletzt physische Reize, wie Z.B. übergroße Plakate.

Aktivierung, Emotion und Motivation stehen im engen Zusammenhang. (Horn­burg/Krohmer 2012, s.29f.; Foscht/Swoboda 2011, S.37; Griese/ Bröring 2011, s. 78f.) Durch unterschiedliche hormonelle Ausprägungen nehmen die Geschlechter aktivierende Prozesse differenziert wahr (vgl. Kapitel 4.3).

Emotion: Emotionen ergeben sich aus der Aktivierung und deren subjektiver Interpretati­on. Sie sind mehr oder weniger bewusst, da sie Erregungsvorgänge sind, die als angenehm oder unangenehm empfunden werden können (Foscht/Swoboda 2011, S.45).

Emotionen können biologisch vorprogrammiert sein und aufgrund von Reizen aktiviert werden. Es gibt zehn primäre, angeborene Basis-Emotionen[8], die als kulturell übertragbar gelten und aus denen sich neue, sekundäre Emotionen formen (Izard 1981 zitiert nach Mef- fert et al. 2012, S.112).

Emotionen haben einen großen Einfluss auf den Informationsverarbeitungsprozess und somit auf die Aufnahme, die Beurteilung und den Abruf bzw. der daraus resultierenden Meinungsbildung. Dies zeigt sich im Endeffekt im Verhalten des Konsumenten (Horn­burg/Krohmer 2012, S.39).

Laut Foschi/ Swoboda zeichnen sich emotionale Reize dadurch aus, dass sie ״bei Erwach­senen relativ unabhängig von Alter, Geschlecht und soziodemographischen Merkmalen einsetzbar sind und es somit zu relativ geringen Streuverlusten kommt“ (Foschi/ Swoboda 2011, S. 49).

Auch Lautenbacher et al. (2007, S.157) kann keine geschlechterbezogenen Unterschiede im Aktivierungsmuster und Emotionserlebnis in Bezug auf Angst, Ekel und Traurigkeit nach­weisen.

Jedoch sind biologisch gesehen gewisse Hirnareale bei Frauen größer als bei Männern. Zudem wirken Hormone (vgl. Kapitel 3.4) so mit ein, dass Frauen als emotionaler und em­pathiefähiger gelten. Somit haben Männer ein anderes Sexualverhalten als Frauen, dass man annehmen könnte, er reagiere anders auf sexuell untermalte Werbung und sie auf Kleinkinder mit Kulleraugen.

Vecchiato et al. (2013, s. lOlff) untersuchte mit Hilfe der Alfa Romeo Giulietta Werbung von 2010 (Youtube 2010) die emotionalen Auswirkungen des Werbespots auf Mann und Frau.

In dem 30-sekündigem Werbespot sieht man Urna Thurman[9] den damals neusten Alfa Romeo Giulietta über verschiedenes Terrain fahren. Auf dem Rücksitz sitzen drei kleine Mädchen.

Es kommen zwei Einblendungen; eine erwähnt, das Auto hat einen neuen Motor und die zweite, es ist sehr sicher. Am Schluss wird ein Zitat von Wiliam Shakespeare eingeblendet, welches auf Deutsch so viel bedeutet wie ״Wir sind aus demselben Stoff gemacht wie Träume“ (Originalsprache Italienisch). Urna Thurman und die Kinder steigen aus. Männer und Frauen reagieren sehr unterschiedlich auf diesen Werbespot. ״(...) men were constantly captivated throughout the entire clip, with a greater emotional intensity during the final part of it. Instead, woman have been highly involved during the first half of the ad, while their emotional response decay is almost linearly in the last ten seconds. Interestingly, the wo­mans emotional index is high during the part related to the vision oft he three little girls (6“-9“) and the images related to safety (10“-11“)“ (ebd. S.105).

Motivation: Die Motivation eines Konsumenten erklärt, warum er ein bestimmtes Produkt kauft oder nicht kauft. ״Dabei richtet die Motivation das Verhalten des Kunden auf ein be­stimmtes Objekt hin aus. Damit stellt die Motivation den Beweggrund bzw. die innere An­triebskraft für die konkrete Aktion dar“ (Griese/Bröring 2011, S.80).

Emotionen und Motivationen haben ihren Sitz im limbischen System[10]. Diese Motivations­und Emotionssysteme lassen sich laut Häusel (2009, S.27) folgendermaßen aufteilen: das Balance-System, welches zur Sicherheit, Stabilität und Risikovermeidung dient und als stärkstes Emotionssystem gilt; das Dominanz-System, welches auf die Selbst dur chsetzung, Konkurrenzverdrängung und Autonomie abzieh; das Stimulanz-System, welches die Ent­deckung von Neuem und das Lernen von neuen Fähigkeiten darstelh. Diese drei Haupt­Emotionssysteme und weitere Mischungen sind in der Limbic Map von Häusel dargestellt und werden durch physiologische Bedürfnisse wie Z.B. Nahrung, Sexualität, Schlaf mitei­nander verbunden.

Die folgende Abbildung zeigt die Struktur der Emotionssysteme und Werte. Da Werte im­mer emotional sind, haben sie einen festen Platz in der Limbic Map.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Limbic Map: Die Struktur der Emotionssysteme und Werte

Quelle: Häusel 2009, S.33

Laut Häusel (ebd. s.28f.) ist aufgrund unterschiedlicher hormoneller Einflüsse die innere Motiv-Dynamik der Frauen im Bereich der Balance und der Fantasie/des Genusses und die der Männer im Bereich der Dominanz, Disziplin und Kontrolle einzuordnen.

Frauen werden deshalb als ״Empathizer“ beschrieben, die auf den Menschen und eine Ge­schichte und nicht auf das Produkt Wert legen. Männer sind dagegen auf Dinge fokussiert und heben ״Hard facts“. Ihr Denkstil wird als ״Systemizer“ beschrieben (Jaffé 2011, s. 11 Off. ;Häusel 2013, S.143).

Einstellungen: Einstellungen werden definiert als die ״innere Bereitschaften (Prädispositi­onen) eines Individuums, auf bestimmte Stimuli der Umwelt durchgehend positiv oder ne­gativ zu reagieren. Objekte der Einstellungen können Sachen, Personen oder Themen sein“ (Meffert et al. 2012, S.124). Sie entstehen über die subjektive und emotionale Urteilsbil­dung eines Objekts (Foscht/Swoboda 2011, S.69) und sind erlernt. Sie kommen durch Er­fahrungen und Informationsverarbeitung zustande (Kuß/ Kleinaltenkamp 2013, S.62). Homburg/Krohmer (2012, S.41) weisen auf die Wertung und Erwartung im Zusammen­hang mit der Einstellung hin. Sie hat großen Einfluss auf den Kaufentscheidungsprozess, da sie zeitlich stabil und nur schwer veränderbar ist (Foscht/Swoboda 2011, s.69). Geschlechtsbedingt kann man beobachten, dass sich die Einstellungen von Frauen und de­ren Bild in den Medien in den letzten Jahren verändert haben. Sie wollen als Individuen erkannt werden und nicht als Hausfrauen. Auch die Einstellungen der Männer im Bezug auf die ״weibliche Produkte“ und männliche Pflege hat in den letzten Jahren viel Akzeptanz gefunden. Die männlichen und weiblichen Werte nähern sich durch die moderne Rollenver­teilung und Werte an und demnach auch ihre Einstellungen (vgl. Kapitel 5).

Kognition: Kognitionen sind Wissenszustände, bzw. ״subjektives Wissen, das bei Bedarf zur Verfügung steht, sei es intern als gespeicherte Information, die durch Erinnerung (Ab­rufen) verfügbar ist, sei es als externe Information, die durch Wahrnehmen (Aufnehmen) verfügbar ist“ (Trommsdorff 2009, S.79 zitiert nach Meffert et al. 2012, S.116).

Beginn eines jeden kognitiven Vorgangs ist die Wahrnehmung, der zweite Prozess ist das Denken und zum Schluss erfolgt das Lernen.

Wahrnehmung (Informationsaufnahme): Jeder Konsument hat eine andere Wahrneh­mung, was sich im Verhalten gegenüber von Produkten und Dienstleistungen äußert (Mef- fert et al. 2012, 116f.). Der Informationsaufnahme muss ein aktivierender Reiz vorange­stellt sein, damit ein Individuum aus allen vorhandenen Informationen diejenigen heraussu­chen kann, die seinen Bedürfnissen entsprechen. Die Wahrnehmung wird beeinflusst durch die Aktivierung, Emotionen und das Involvement. Bei hohem Involvement wird aktiv nach Information gesucht, bei niedrigem wird kaum Information aufgenommen (ebd.).

In Kapitel 4 werden die grundlegenden kognitiven Unterschiede von Mann und Frau biolo­gisch erklärt. Demnach nehmen Frauen die Welt anders wahr als Männer. Sie haben ein größeres visuellem Feld, identifizieren Düfte besser und nehmen Töne besser und schneller wahr (Petzoldt et al. 2010, s. 190). Sie sehen Farben differenzierter und können sich Inhalte eines Textes besser merken (Rohde et al. 2007, S.306). Folglich sollten Botschaften an Männer kurz und knapp gehalten werden, während Mitteilungen an Frauen wortreicher sein können (Putrevu 2011 zitiert nach Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein 2013, S.410). Männer kön­nen räumliche Bilder schneller im Gedächtnis speichern (Rohde et al. 2007, s.306). Zudem haben Frauen eine dünnere und berührungsempfindlichere Haut und nehmen Produkte an­ders wahr als Männer (Jaffé 2005, s. 134ff). Diese Aussage wurde auch von Hurth (2008, s. 60) mit Hilfe von Beobachtungen bestätigt: Frauen probieren mehr Schuhe an als Man­ner.

Jaffé (2011, s.42ff) beschreibt, Männer nehmen Informationen eher intern auf (ebd. S.42) und Frauen extern, indem sie mit ihren Bekannten kommunizieren (ebd. S.47).

Denken (Informationsverarbeitung)/Lernen (Informationsspeicherung): Bei der In­formationsverarbeitung werden die aufgenommenen Informationen beurteilt und mit beste­hender Information verknüpft. Das daraus entstandene, neue Wissen kann eine neue Er­kenntnis oder ein Verhaltensanstoß Z.B. zum Kauf sein (Griese/Bröring 2011, S.82). Die gelernte Information wird dann im Organismus gespeichert und somit wird das Verhalten langfristig beeinflusst. Ein bekanntes Modell ist hierbei die klassische Konditionierung. Eine Marke / ein Produkt wird emotional aufgeladen, sodass der Konsument eine positive Einstellung erlernt (Baszczyk, S.180).

Männer haben laut Petzold et al. (2010, S.190) ein besseres Kurzzeitgedächtnis, während Frauen sich den Standort von Objekten besser merken können.

4 Geschlechterspezifische Besonderheiten

Die folgenden Sexualdimorphismen[11] sind als ein Ganzes zu betrachten, da Kultur, Erzie­hung und Gehirn aufeinander einwirken und eng miteinander interagieren. Deshalb kann man biologische und soziobiologische Aspekte nicht voneinander trennen. Zudem gibt es auch Männer, die sich Z.B. weiblich verhalten und umgekehrt. Aus diesem Grund kann man Männer und Frauen nicht immer kategorisieren; dennoch sind sie im Durchschnitt zu be­trachten (Häusel 2013, s. 136).

Fakt ist, dass die folgenden Differenzen im Gehirn von Mann und Frau aufzufinden sind. Inwiefern sie jedoch einen geschlechterspezifischen Kauf beeinflussen, ist umstritten. Evolutionsbiologen sind der Meinung, die nachfolgend beschriebenen biologischen Diffe­renzen sind maßgeblich für das Kaufverhalten von Mann und Frau zuständig und Einfluss­faktor für deren charakterliche Züge (Alltagsforschung 2012). Krell (2005, S.8) kritisiert diese Ansicht, indem sie mangelnde naturwissenschaftliche Grundlage unterstellt.

4.1 Biologisch-genetische Unterschiede

Erst seit Mitte der sechziger Jahre wird das männliche und weibliche Gehirn differenziert betrachtet (Pease/Pease 2002, S.86). Es wurden seitdem mehr als 200 Unterschiede nach­gewiesen, die nicht nur neuroanatomischer[12] und -funktionaler[13] Natur sind, sondern auch neurochemische Unterschiede (ebd.). Dies führt zu unterschiedlichem Konsumverhalten (Häusel 2012, s.91ff.).

4.2 Weibliches und männliches Gehirn

Das Gehirn von Mann und Frau unterscheidet sich nicht nur in der Größe, bei der das weib­liehe Gehirn bei gleicher Körpergröße 100 Gramm weniger wiegt, als das Gehirn des Man­nes (Häusel 2013, S.138).

Geschlechterunabhängig ist die linke Gehirnhälfte für Vernunft, Sprache und Logik zustän­dig und die rechte für Emotion und Kreativität (ebd.).

Der rechte Teil ist bei Frauen stärker ausgeprägt (Jaffé 2005, S.115ff). Zudem ist der ״Corpus Callossum“, der beide Hemisphären[14] miteinander verbindet, bei Frauen um zehn Prozent dicker als bei Männern und unterstützt somit den gleichmäßigen Nutzen beider Gehirnhälften (Petzoldt et al. 2010, s. 191). Das, und der Fakt, dass bei Frauen eine gleichmäßigere Verteilung der grauen Substanz[15] vorzufinden ist (ebd.), hat zur Folge, dass Frauen als multitaskingfähiger gelten (Jaffé 2005, S.115ff) und bei Männern die Gehirn­hälften spezialisierter sind (Häusel 2013, s. 137). Folglich nehmen Frauen ständig Informa­tionen aus ihrer Umwelt auf und analysieren diese im Gegensatz zu Männern; deshalb sol­len sie in der Lage sein, Tätigkeiten gleichzeitig zu koordinieren und dabei noch an andere zu denken (Jaffé 2005, s. 116f).

Darüber hinaus entscheiden unterschiedliche Größen mancher Hirnareale über das Verhal­ten. Das sich in der Amygdala[16], dem sog. Mandelkern, und Hypothalamus[17] befindliche Zentrum für Dominanz und Aggression ist bei Männern fast zweimal so groß wie bei Frau­en (Häusel 2013, s. 137).

Im Gegensatz dazu ist der Teil im limbischen System[18], der für Fürsorge und Sozialverhal­ten zuständig ist, bei der Frau fast doppelt so groß wie beim Mann (ebd.). Auch ist der rech­te Hippocampus[19] größer, was eine Frau emotionaler macht (Brizendine 2007, zitiert nach Hurth 2008, S.18).

Generell nutzen Frauen und Männer unterschiedliche Gehirnbereiche zur Lösung von Denkaufgaben (Raab 2009, S.259) und im Gegensatz zum Mann benutzt Frau Z.B. beide Hemisphären gleichmäßig zum Sprechen (Häusel 2013, S.137). Männer haben im rechten vorderen Gehirn einen eigenständigen Bereich, welcher für das räumlich-visuelle Vorstel­lungsvermögen zuständig ist. Beispielsweise können sie genauer werfen und besitzen eine bessere räumliche Orientierung (Petzoldt et al., 2010, S.189).

Die nachfolgenden Tabellen fassen einige verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf mögliche bestehende Unterschiede der Geschlechter zusammen (ebd. S.190).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Aktivierende Prozesse

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Petzoldt et al. 2010, S.190

[...]


[1] Sportschuh, Turnschuh

[2] Ausmaß gedanklicher Befassung in Bezug auf die Kaufentscheidung

[3] Anzahl der bekannten Produkte

[4] Z.B. hohe Preise

[5] FMCG = Fast Moving Consumer Goods

[6] Mund-zu-Mund Kommunikation zwischen Konsumenten über Erfahrungen und Meinungen

[7] Grad der Ich-Beteiligung beim Kauf

[8] Interesse, Freude, Überraschung, Kummer, Zorn, Ehre, Geringschätzung, Furcht, Scham und Schuldgefühl

[9] US-amerikanische Schauspielerin

[10] Zentrum für Emotionsverarbeitung

[11] biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau im Verhalten und Körperfunktion

[12] Z.B. Größe des Gehirn

[13] Z.B. Unterschiede im Zusammenspiel verschiedener Flimbereiche

[14] Hemisphäre: anatomischer Begriff für Gehirnhälfte

[15] Nervenzellkörper

[16] Zentrum für Aggressionsempfinden

[17] Gehimbereich für Jagd und Beute und Sexualverhalten

[18] Sammelbegriff für Hirnstrukturen, die an der Emotionsverarbeitung beteiligt sind.

[19] Emotionales Lernzentrum

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen des Gender-Marketing im Einzelhandel
Hochschule
Fachhochschule Worms
Autor
Jahr
2015
Seiten
93
Katalognummer
V308669
ISBN (eBook)
9783668706453
ISBN (Buch)
9783668706460
Dateigröße
1261 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verhaltenswissenschaftliche, grundlagen, gender-marketing, einzelhandel
Arbeit zitieren
Dagmar Cyrklaff (Autor:in), 2015, Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen des Gender-Marketing im Einzelhandel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308669

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