Erstellung von Orientierungswerten für Industriebaukonstruktionen durch die Lebenszyklusanalyse


Masterarbeit, 2010

144 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG
1.1 EINFÜHRUNG
1.2 ZIEL DER ARBEIT
1.3 VORGEHEN
1.4 THESEN

2 NACHHALTIGES BAUEN
2.1 NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
2.2 BEWERTUNG VON NACHHALTIGEN GEBÄUDEN
2.2.1 BREEAM
2.2.2 LEED
2.3 NACHHALTIGES BAUEN IN DEUTSCHLAND
2.3.1 DER WEG ZUR DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR NACHHALTIGES BAUEN
2.3.2 DEUTSCHE GÜTESIEGEL NACHHALTIGES BAUEN
2.3.3 ÖKOLOGISCHE BEWERTUNG IM DGNB SYSTEM
2.4 VERGLEICH DER ENERGETISCHEN BEWERTUNG VON GEBÄUDEN BEI LEED UND DGNB

3 LEBENSZYKLUSANALYSE VON GEBÄUDEN
3.1 GESCHICHTE DER ÖKOBILANZ
3.2 METHODISCHE BASIS DER ÖKOBILANZ
3.2.1 ZIELDEFINITION UND UNTERSUCHUNGSRAHMEN
3.2.2 SACHBILANZ
3.2.3 WIRKUNGSABSCHÄTZUNG
3.2.4 AUSWERTUNG UND INTERPRETATION
3.3 KRITIK AN DER LEBENSZYKLUSANALYSE

4 TYPOLOGISIERUNG DES INDUSTRIEBAUS
4.1 GESCHICHTE DES INDUSTRIEBAUS
4.2 DEFINITION INDUSTRIEBAU
4.3 KRITERIEN ZUR BEWERTUNG VON INDUSTRIEGEBÄUDEN
4.3.1 GRÖßE
4.3.2 NUTZUNGSFORM
4.3.3 FUNKTIONSZUORDNUNG
4.3.4 VORWIEGEND EINGESETZTER BAUSTOFF DER KONSTRUKTION
4.3.5 THERMISCHE KONDITIONIERUNG
4.4 UNTERSUCHTE GEBÄUDE
4.4.1 KLEINE KUNSTSTOFFPRODUKTIONSHALLE
4.4.2 PRODUKTIONHALLE IN HOLZKONSTRUKTION
4.4.3 DRUCKEREI IN HYBRIDBAUWEISE
4.4.4 VERTIKALES HOCHREGALLAGER
4.4.5 MITTELGROßE LOGISTIKHALLE
4.4.6 KÜHLLAGER MIT VERKAUFSBEREICH
4.4.7 GROßE LOGISTIKHALLE MIT DACHKONSTRUKTION AUS HOLZ
4.4.8 GROßE LOGISTIKHALLE AUS STAHLBETON
4.4.9 SEHR GROßES LOGISTIKCENTER
4.4.10 ZUSAMMENFASSUNG

5 LEBENSZYKLUSANALYSE DES INDUSTRIEBAUS NACH DGNB
5.1 SYSTEMGRENZE DES UNTERSUCHUNGSRAHMENS
5.2 VORGABEN ZUR SACHBILANZ
5.2.1 HERSTELLUNGSPHASE
5.2.2 NUTZUNGSPHASE
5.2.3 LEBENSENDE

6 ERGEBNISSE DER LEBENSZYKLUSANALYSEN
6.1 MASSENBILANZ DER HERSTELLUNG
6.2 WIRKUNGSABSCHÄTZUNG DER GEBÄUDE
6.2.1 TREIBHAUSPOTENZIAL
6.2.2 VERSAUERUNGSPOTENZIAL
6.2.3 EUTROPHIERUNGSPOTENZIAL
6.2.4 PHOTOCHEMISCHES OXIDANTIENBILDUNGSPOTENZIAL
6.2.5 OZONABBAUPOTENZIAL
6.2.6 PRIMÄRENERGIEBEDARF NICHT ERNEUERBAR UND GESAMT

7 AUSWERTUNG DER UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE
7.1 ANALYSE DER ERGEBNISSE DER MASSENBILANZ DER HERSTELLUNGSPHASE
7.2 ANALYSE DER ERGEBNISSE DER WIRKUNGSKATEGORIEN
7.2.1 TREIBHAUSPOTENZIAL
7.2.2 VERSAUERUNGSPOTENZIAL
7.2.3 EUTROPHIERUNGSPOTENZIAL
7.2.4 PHOTOCHEMISCHES OXIDANTIENBILDUNGSPOTENZIAL
7.2.5 OZONABBAUPOTENZIAL
7.2.6 PRIMÄRENERGIEBEDARF
7.3 ZUSAMMENFASSUNG

8 DISKUSSION
8.1 GEBÄUDEKONSTRUKTION
8.1.1 BEDEUTUNG DER NUTZUNG AUF DIE KONSTRUKTION
8.1.2 BEDEUTUNG DER THERMISCHEN KONDITIONIERUNG AUF DIE KONSTRUKTION
8.2 SYSTEMGRENZE DGNB INDUSTRIEBAU
8.2.1 MOBILITÄT
8.2.2 AUSWIRKUNGEN DER LANDNUTZUNGSÄNDERUNG AUF DAS GWP
8.2.3 TRANSPORTE DER BAUMATERIALIEN
8.2.4 BEDEUTUNG DER NUTZUNG AUF DIE ÖKOLOGISCHE QUALITÄT

9 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

ANHANG A: LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG B: INTERNETQUELLEN

ANHANG C: ABBILDUNGEN

ANHANG D: DANKSAGUNG

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anteile des Bauwesens an ökologischen Indikatoren [Un06In]

Abbildung 2: Fertiggestellte Bauvorhaben Deutschland 2007 [St07Ba]

Abbildung 3: Schematische Darstellung des ökologischen Zielerreichungsgrades

Abbildung 4: Verteilung durchschnittlicher (grün) und nachhaltiger Gebäude

Abbildung 5: Weltweite LEED zertifizierte Projekte [BA09GR]

Abbildung 6: Gewichtung der LEED Kriterien

Abbildung 7: Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen [De09Au]

Abbildung 8: Die Bewertungsbereiche der DGNB [De09Au]

Abbildung 9: Gewichtung der Bewertungsbereiche

Abbildung 10: Bewertungsschema der DGNB [De09Au]

Abbildung 11: Ermittlung Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen [De09Fr]

Abbildung 12: Auswertung von 100 LEED zertifizierten Gebäuden [in kWh/m[2]a].

Abbildung 13: Bewertungsmethode nach Ziel-, Referenz- und Grenzwert

Abbildung 14: Vereinfachter Lebenszyklus eines Produkts

Abbildung 15: Lebenszyklusmodell nach der DIN 14040 [Di06Gr]

Abbildung 16: Systemgrenze eines Gebäudes [Ti94Ch]

Abbildung 17: Vom Lebensweg zur Ökobilanz [Wi09Ge]

Abbildung 18: Über ein Jahr gemittelte, globale Energiebilanz der Erde [Tr09Ea]

Abbildung 19: Entwicklung der Konzentration von Treibhausgasen [In07Fo]

Abbildung 20: Entwicklung der Fläche des Ozonlochs [Na09Oz]

Abbildung 21: Anzahl neugebauter Industriegebäude 2007 [St07Ba]

Abbildung 22: Schnitt Gebäude

Abbildung 23: Bild Edelstahlproduktion (Gebäudes 2)

Abbildung 24: Ansicht Edelstahlproduktion (Gebäude 2)

Abbildung 25: Bild Druckerei (Gebäude 3)

Abbildung 26: Ansicht Druckerei (Gebäude 3)

Abbildung 27: Bild Logistikgebäude (Gebäude 5)

Abbildung 28: Ansicht Logistikgebäude (Gebäude 5)

Abbildung 29: Errichtung der Stahlbetonträger (Gebäude 6)

Abbildung 30: Bild Logistikhalle (Gebäude 7)

Abbildung 31: Ansicht Logistikgebäude (Gebäude 7) - Ausschnitt

Abbildung 32: Innenansicht Logistikhalle (Gebäude 8)

Abbildung 33: Visualisierung Logistikcenter (Gebäude 9)

Abbildung 34: Untersuchte Gebäude in dieser Arbeit

Abbildung 35: Schematische Darstellung der Systemgrenze des Gebäudes

Abbildung 36: Lebenszyklusmodell für die Berechnung von Industriegebäuden

Abbildung 37: Modell der Herstellungsphase (am Beispiel der KG 322)

Abbildung 38: relativer Anteil der Baukostengruppen bezogen auf 1 m3 BRI

Abbildung 39: Treibhauspotenzial der Industriegebäude bezogen auf BRI

Abbildung 40: Treibhauspotenzial der Industriegebäude bezogen auf NGF

Abbildung 41: Versauerungspotenzial der Industriegebäude bezogen auf BRI

Abbildung 42: Versauerungspotenzial der Industriegebäude bezogen auf NGF

Abbildung 43: Ozonabbaupotenzial der Industriegebäude bezogen auf BRI

Abbildung 44: Ozonabbaupotenzial der Industriegebäude bezogen auf NGF

Abbildung 45: Primärenergiebedarf gesamt der Industriegebäude pro BRI

Abbildung 46: Relative Aufteilung des Treibhauspotentials der Gebäude

Abbildung 47: Versauerungspotenziale bezogen auf die Bauteile

Abbildung 48: Relative Anteile am Ozonabbaupotential

Abbildung 49: Relative Anteile am Primärenergiebedarf

Abbildung 50: Vereinfachte Darstellung des Kohlenstoffkreislaufs [Ro09Ko]

Abbildung 51: Anhaltswerte der nutzbaren Wärmeleistung von Abluftanlagen

Abbildung 52: Modell des Lebensendes (EOL)

Abbildung 53: Ozonbildungspotenzial der betrachteten Gebäude pro BRI

Abbildung 54: Ozonbildungspotenzial der betrachteten Gebäude pro NGF

Abbildung 55: Eutrophierungspotenzial der betrachteten Gebäude pro BRI

Abbildung 56: Eutrophierungspotenzial der betrachteten Gebäude pro NGF

Abbildung 57: Primärenergiebedarf nicht erneuerbar der Industriegebäude pro BRI

Abbildung 58: Primärenergiebedarf n. ern. der Industriegebäude pro NGF

Abbildung 59: Primärenergiebedarf gesamt der Industriegebäude pro NGF

Abbildung 60: Relative Anteile am Ozonbildungspotential

Abbildung 61: Relative Anteile am Eutrophierungspotential

Abbildung 62: Relative Anteile am Primärenergiebedarf n. ern

Abbildung 63: Bewertung der Verkehrsanbindung nach DGNB (Auszug) [De09Ve]

Abbildung 64: Weltweite Treibhausemissionen im Jahr 2005 [Wo05Wo]

Abbildung 65: Anstieg der Siedlungsfläche [St08Na]

Abbildung 66: Bewertungsmaßstab des Kriteriums Flächeninanspruchnahme

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kriterien der ökologischen Qualität des DGNB Systems

Tabelle 2: Durchschnittlicher Energieverbrauch nach Gebäudetyp

Tabelle 3: Zusammenfassung untersuchter Gebäude (Teil 1/2)

Tabelle 4: Zusammenfassung untersuchter Gebäude (Teil 2/2)

Tabelle 5: Bewertung der Materialgruppen am Lebensende anhand [De09Tr]

Tabelle 6: Gegenüberstellung der Umweltwirkungen auf BRI und NGF

Tabelle 7: Beitrag der Dämmung zu Umweltauswirkungen der Konstruktion

Tabelle 8: Beitrag der Transporte zu den Umweltwirkungen der Konstruktion .

Tabelle 9: Energiebedarf verschiedener Industriebranchen [Ba08Ab]

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik werden das Ziel der Arbeit sowie das Vorgehen beschrieben.

1.1 Einführung

Der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen wurde bereits 1972 vom Club of Rome mit der Veröffentlichung „ Grenzen des Wachstums “ thematisiert. Trotzdem verging eine lange Zeit, bis sich diese Thematik in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit etabliert hat. Dazu hat in naher Vergangenheit besonders die Studie [St06Th] von Nicholas Stern 2006 beigetragen, in der die Folgen des Klimawandels monetär bewertet wurden. Darin fordert er heutige Investitionen zur Prävention des Klimawandels, weil die entstehenden Kosten durch die mit dem Klimawandel verbundenen Folgen in Form von Überschwemmungen, Dürren, etc. wesentlich höher sind.

Durch diese Studie und den vierten Sachstandsbericht des IPCC1 entstand eine große Nachfrage nach Informationen, wie Verbraucher zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können. In den verschiedenen Agrar-, Industrie- und Dienstleistungssektoren entstanden erste Methoden und Zertifizierungssysteme, um den Beitrag von Produkten zur nachhaltigen Entwicklung auszuweisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anteile des Bauwesens an ökologischen Indikatoren [Un06In]

Das Bauwesen trägt laut [Un06In] mit 30 - 40 % zum weltweiten Energieverbrauch bei. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, ist der Verbrauch des Bauwesens auch an weiteren Ressourcen sehr bedeutend. Daher werden Instrumente zur Bewertung der nachhaltigen Entwicklung im Bauwesen benötigt.

Bereits Anfang der 1990er Jahre wurden Zertifizierungssysteme (LEED 2 , BREEAM 3 ) eingeführt, die Gebäude bezogen auf Nachhaltigkeitsaspekte bewerteten. Durch die Zertifizierung von so genannten Leuchtturmprojekten stieg das Interesse der Bauherren und führte zu einer schnellen Marktdurchdringung von BREEAM und LEED. Die Erfolgsfaktoren waren unter anderem die einfache Anwendung der Systeme und die Möglichkeit, höhere Mieten am Markt zu erhalten.

Die vom USGBC4 finanzierte Studie [Mi08Do] verglich LEED zertifizierte Gebäude mit dem Branchendurchschnitt. Das Ergebnis der Studie sagt aus, dass zertifizierte Gebäude im Vergleich einen bis 50 % höheren Verkaufspreis erzielen, obwohl nur maximal 10 % höhere Investitionskosten notwendig sind. Dies liegt an der erhöhten Qualität und Nutzerfreundlichkeit der Gebäude, was sich auch durch einen geringeren Leerstand ausdrückt.

Aus diesen Gründen stieg das Interesse an Gebäudezertifizierungen. Somit sind die Systeme einer der Auslöser, der zum aufkeimenden Wandel von der integralen zur lebenszyklusorientierten Planung von Gebäuden führte.

In Deutschland wurde 2007 die „ Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen

(DGNB) gegründet, die gemeinsam mit dem BMVBS das „ Deutsche Gütesiegel nachhaltiges Bauen “ entwickelte.

Anders als in den bisherigen Zertifizierungssystemen werden die Nachhaltigkeitsaspekte nach [Sc09Gr; Mö09Gr] umfangreich adressiert. Darunter fällt zum Beispiel die Bewertung der ökonomischen Leistungsfähigkeit von Gebäuden. Auch die Bereiche Ökologie, Soziales, Planungsprozess und Technik werden im DGNB System umfangreicher bewertet als in bei den anderen Zertifizierungsmethoden. Dies wird in Kapitel 2.2 genauer beschrieben.

Bereits Anfang 2009 wurden die ersten Zertifikate für nachhaltige Büroneubauten nach dem DGNB System ausgestellt. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen an Gebäude werden aktuell adaptierte Bewertungssysteme für weitere Gebäudetypen entwickelt. Neben den bestehenden Systemvarianten für den Büroneubau sind dies Handels-, Bildungs- und Industriebauten. An den

Systemvarianten für Krankenhäuser, Hotels, Filialen, Laborgebäude,

Versammlungsstätten, Produktionsstätten, architekturnahe Gebäude, temporäre Architektur, Nutzen und Betreiben sowie Infrastrukturgebäude wird momentan gearbeitet [De09Sy]. Dabei besitzt der in dieser Arbeit behandelte Industriebau ein besonders hohes Potential.

Bei einer Betrachtung der in Deutschland fertig gestellten Bauvorhaben 2007 fällt auf, dass die Anzahl der Wohngebäude etwa dreieinhalb Mal höher ist als die der Nicht-Wohngebäude.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Fertiggestellte Bauvorhaben Deutschland 2007 [St07Ba]

Dafür ist der umbaute Raum, also das Volumen, der Nicht-Wohngebäude doppelt so hoch. Im Nicht-Wohnungsbau entfällt der Großteil der Bauprojekte bezogen auf die Anzahl (40 %) sowie das Volumen (60 %) auf den Industriebau. Dieser wird durch Handels-, Lager-, Fabrik- und Werkstattgebäude definiert [St07Ba]. Damit zeigt sich, dass der Industriebau und damit auch das zu entwickelnde DGNB System Industriebau bezogen auf die Bautätigkeit eine hohe Bedeutung darstellen.

1.2 Ziel der Arbeit

Eine Methodik zur ökologischen Bewertung von Gebäuden ist die Lebenszyklusanalyse (LCA), auch Ökobilanz genannt.

Dabei werden Umweltwirkungen bei der Herstellungs-, Nutzungs- und Entsorgungsphase von Gebäuden untersucht und in Wirkungskategorien ausgewertet. Acht dieser Kategorien werden für die ökologische Bewertung von Gebäuden nach dem DGNB System betrachtet.5 Zur besseren Vergleichbarkeit werden die Ergebnisse auf 1 m2 Nutzfläche und Jahr bezogen. Im Bereich der Wohn- und Bürogebäude wurden diese Kennzahlen bereits untersucht [Kö08Or; En08Ne].

Im Industriebau wurden diese Kennzahlen noch nicht ermittelt. Daher ist das Ziel dieser Arbeit, Referenzwerte für die ökologische Bewertung von Industriebauten zu finden. Außerdem wird untersucht, welche Korrelationen zwischen den verbauten Baustoffen und den Umweltwirkungen bestehen.

In einem zweiten Teil geht es um die Frage, wie vollständig ökologische Auswirkungen von Gebäuden durch die DGNB Methoden abgedeckt werden. Es werden Bereiche identifiziert, die bisher noch nicht im System berücksichtigt sind aber aufgrund ihrer ökologischen Einflüsse in das System aufgenommen werden sollten.

1.3 Vorgehen

Nach einer allgemeinen Einführung in die Themenbereiche des nachhaltigen Bauens und der Ökobilanzierung wird der Industriebau betrachtet. Ausgehend von der praktischen Erfahrung von Architekten und dem aktuellen Stand der Wissenschaft werden Kriterien herausgearbeitet, in die Industriegebäude eingeordnet werden können. Beispielhaft kann hier das Kriterium Nutzung angeführt werden, das in die Bereiche Lager/Logistik und Produktion unterteilt wird. Durch diese Kriterien können unterschiedliche Gebäude anhand eines gleichen Kriteriums miteinander verglichen werden. Es werden bestehende Industrieobjekte untersucht, die einen aktuellen Gebäudestandard im Industriebau darstellen.

Daraufhin werden Ökobilanzen von diesen Gebäuden gerechnet und ausgewertet. Es werden Korrelationen zwischen den untersuchten Gebäuden und den Umweltwirkungen untersucht. Schlussendlich werden Kenngrößen für die Konstruktionen von Industriebauten vorgeschlagen und diskutiert. In Kapitel 8 werden zusätzlich die Themen Mobilität, Landnutzung, Transporte der Bauteile und die Gebäudenutzung behandelt, die momentan noch nicht im DGNB System berücksichtigt werden. Da diese Themen auch Bezug auf die ökologische Qualität eines Gebäudes nehmen, werden Vorschläge erarbeitet, wie diese Themenfelder von der DGNB aufgenommen und bewertet werden können.

1.4 Thesen

Unterschiedliche Industriebranchen besitzen verschiedene Anforderungen an die Gebäudekonstruktion. So hat beispielsweise eine Produktionshalle andere Anforderungen als eine Logistikhalle. Ob dies in einem höheren Materialverbrauch und damit in höheren Umweltlasten mündet, wird anhand folgender These untersucht:

These 1: Orientierungswerte für dieÖkologische Bewertung von Industriebauten sind aufgrund der Anforderungen durch die Gebäudenutzung unterschiedlich und verlangen nach verschiedenen Bewertungsmaßstäben.

Thermisch konditionierte Gebäude benötigen einen Schutz der Innentemperatur vor der Außentemperatur. Dies wird durch eine Dämmung mit z.B. Mineralwolle oder Polystyrol realisiert. Unbeheizte Gebäude benötigen diese Isolierung unter Umständen nicht. Daher wird anhand folgender These untersucht, inwieweit sich der erhöhte Materialbedarf in den ökologischen Wirkungskategorien auswirkt.

These 2: Orientierungswerte für dieÖkologische Bewertung von Industriebauten besitzen aufgrund der thermischen Konditionierung Unterschiede, die in unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben resultieren.

Gebäude haben einen großen Einfluss auf die Ökologie. In den OECD-Ländern6 entfallen 40 % der Energienutzung auf den Gebäudesektor [In08En]. Um die heterogenen Auswirkungen auf die Umwelt im System zu berücksichtigen nutzt die DGNB die Wirkungskategorien der Lebenszyklusanalyse7. Für jede Kategorie werden Referenzwerte vorgegeben, die dem üblichen Baustandard entsprechen. Durch diese Referenzwerte können die ökologischen Auswirkungen des Gebäudes mit dem Branchenstandard verglichen und bewertet werden.8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Schematische Darstellung des ökologischen Zielerreichungsgrades9

Die Referenzwerte sind in der Abbildung 3 in Form der gestrichelten Linie dargestellt. Unter den 100 % sind die gesamten ökologischen Auswirkungen zu verstehen, die ein Gebäude während des Lebenszyklus verursacht. Bisher gibt es noch keine Untersuchungen, wie das Verhältnis der durch die DGNB erfassten Umweltwirkungen zu den gesamten, gebäuderelevanten Umweltauswirkungen ist. Daher werden in dieser Arbeit Themenbereiche untersucht, die noch nicht im DGNB System berücksichtigt sind aber aufgrund der ökologischen Auswirkungen aufgenommen werden sollten. Daraus leitet sich folgende These ab.

These 3: Das DGNB System berücksichtigt umfassend die Auswirkungen von Industrieneubauten bezogen auf die Umweltwirkungen, die in der LCA nach DGNB aktuell berücksichtigt werden. Die Differenz zu denÖkologischen Auswirkungen, die real anfallen, ist gering.

2 Nachhaltiges Bauen

Das nachhaltige Bauen hat zum Ziel, in allen Lebenszyklusphasen eines Gebäudes den Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastungen durch Emissionen zu minimieren. Dies umfasst unter anderem die Senkung des Energiebedarfs während der Nutzungsphase, die Auswahl ressourcenschonender Baumaterialien, Flächen sparendes Bauen, Nachnutzungsmöglichkeiten oder die gefahrlose Rückführung der eingesetzten Materialien in den natürlichen Stoffkreislauf. Damit wird in der Immobilienbranche der Versuch unternommen, eine nachhaltige Entwicklung zu realisieren.

2.1 Nachhaltige Entwicklung

Handle so, dass du die Grundlagen deines Handelns nicht zerstÖrst “ [Ed09Gl]

Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt aus der Forstwirtschaft. Im späten Mittelalter wurden die Kapazitäten der Wälder in vielen Regionen Mitteleuropas, besonders in solchen mit ausgeprägter Bergbau- und Montantradition, überschritten und deren Begrenztheit deutlich. Carl von Carlowitz sprach 1713 in Anbetracht der überregionalen Holznot von Nachhaltigkeit ohne genauer darauf einzugehen, wie diese realisiert werden kann [Sy32Ca]. Aus diesem Kontext bildete sich regional die eigentliche Forstwirtschaft heraus und löste die bis dahin vorherrschende unkontrollierte Ausbeutung der Wälder ab. Es wurde erkannt, dass Menschen durch ihr Handeln im Begriff waren die Natur unwiderruflich zu zerstören. Einerseits die Holznot und andererseits die Erkenntnis, dass sich eine Misere eingestellt hatte, welche sich über Jahrhunderte hinweg als Gewohnheit und vermeintlich einzig denkbarer ökonomischer Weg darstellte, führten zu einer völlig neuen Waldwirtschaft.

Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde erst in der an den Club of Rome verfassten Studie „ die Grenzen des Wachstums “ [Me72Di] wieder aufgegriffen. Darin wurden zukünftige Szenarien der menschlichen Entwicklung rechnerisch simuliert. Bereits bekannte Entwicklungen bezogen auf Bevölkerungswachstum, Ernährung, Zerstörung von Lebensraum, Rohstoffverbrauch und Industrialisierung wurden mit verschiedenen Eingriffen wie Geburtenkontrolle und Energieeffizienz auf das 21.

Jahrhundert hochgerechnet. Das zentrale Ergebnis war, dass die Rehabilitierung natürlicher Ressourcen bei gleich bleibender menschlicher Entwicklung schwächer ausfällt als die mit der menschlichen Entwicklung einhergehende Ressourcennutzung.10

In einem Bericht der Weltkommission, die von der norwegischen Ministerpräsidentin Brundtland 1987 geführt wurde, wurde Nachhaltigkeit wie folgt definiert: „ Unter nachhaltiger Entwicklung verstehen wir eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die MÖglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ [Br87Wo]

In der Folge wurde diese Idee vielerorts aufgegriffen und verfeinert.

In Rio de Janeiro fand 1992 die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung statt, die auch als „Erdgipfel“ bekannt ist. Bei dieser Konferenz legten die teilnehmenden Staaten und Nichtregierungsorganisationen die Agenda 21 fest [AG92Ko]. Darin wurde eine nachhaltige Entwicklung analog zum Brundtlandreport definiert, bei der die Wirtschafts-, Umwelt- und Entwicklungspolitik die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigen ohne die Chancen künftiger Generationen zu beeinträchtigen. Besonders in Industrieländern soll die Ressourcennutzung reduziert werden, da dort verglichen mit Entwicklungsländern mehr Umweltressourcen benötigt werden. In Schwellen- und Entwicklungsländern bezieht sich die Agenda 21 unter anderem auf die Handlungsfelder Bildung, Armutsbekämpfung, Zugang zu Trinkwasser und ländlicher Entwicklung [Ab92Ko]. Dingler kritisiert, dass die Agenda die Lösungsansätze zu stark auf Technologie bezieht und die soziale Komponente zu sehr vernachlässigt wird [Di03Po].

In den folgenden Jahren wurde aber immer mehr von nachhaltiger Entwicklung gesprochen. In dem Bericht „ Zukunftsfähiges Deutschland - Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung “ [Bu97Zu] wird unter anderem dargestellt, wie das Leben im zukünftigen Deutschland aussehen könnte, so dass die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Es wird von der Grundannahme ausgegangen, dass alle Länder gleiche Nutzungsrechte an den globalen Naturressourcen haben. Daraus leitet sich der Umweltraum ab, der jedem Land zur Verfügung steht. Diesem Umweltraum wurde der bisherige Umweltverbrauch gegenübergestellt. Es wurde herausgefunden, dass mehr Naturressourcen beansprucht werden als Deutschland nach dem berechneten Umweltraum zustehen.

Die Studie kam zu dem Ziel, dass Deutschland den Energie- und Materialverbrauch bis 2050 um 80 - 90 % reduzieren muss. Entgegen vorangegangenen Studien transponierten die Autoren die Reduktionsziele in qualitative Zielvorgaben. Insbesondere vom Bauernverband und von der chemischen Industrie kamen vehemente Widerstände gegen das Nachhaltigkeitsziel der 100 %-igen Umstellung auf ökologische Landwirtschaft bis 2010. In der Diskussion fand auch zum ersten Mal eine Aufteilung in das 3-Säulen Modell statt, bestehend aus der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit.

Die Enquete Kommission zum Schutz des Menschen und der Umwelt untersuchte Wege um „ bei der Beantwortung der Frage nach einem gangbaren Weg in die Zukunft voranzukommen “ und nennt als zentrales Ziel die Sicherstellung und Verbesserung ökologischer, ökonomischer und sozialer Leistungsfähigkeiten [En97Ko].

Es wurden zwar keine Angaben darüber gemacht, wie sich dieser Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft vollziehen soll beziehungsweise welche einzelnen Stufen dazu notwendig sind. Die wesentliche Aufgabe, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung auch in Deutschland ins Gespräch zu bringen, hat die EnqueteKommission mit ihrem Bericht allerdings erreicht.

2.2 Bewertung von nachhaltigen Gebäuden

Im Jahre 1998 wurde die Gründung der weltweiten Gesellschaft für nachhaltige Gebäude (aus dem Englischen „ World Green Building Council “ (WGBC)) beschlossen. Das WGBC ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz bei Toronto. Die Vision des WGBC lautet:

Through leadership collaboration, the global construction industry will transform traditional building practices and fully adopt sustainability as the means by which our environments thrive, economies prosper and societies grow to ensure the future health of our planet.” [Wo09Vi]

Das Ziel ist es, die globale Immobilienbranche auf das Thema Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen und die Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung in der Immobilienbranche voranzubringen. Die Qualität der Bauwerke („Bauwerksperformance“) soll im Vergleich zum status quo verbessert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Verteilung durchschnittlicher (grün) und nachhaltiger Gebäude11

Der status quo ist in der Abbildung 4 durch die grüne Gaussverteilung dargestellt. Die gestrichelte Linie drückt das Verständnis von nachhaltigen Gebäuden aus. Diese besitzen im Vergleich zu den heute mehrheitlich realisierten Gebäuden eine höhere Gebäudequalität. Die Qualität der nachhaltigen Gebäude wird z.B. bei der DGNB durch die Auszeichnungen mit „Gold“, „Silber“ und „Bronze“ bewertet. Dabei sind die Anforderungen zur Erreichung des „Gold“-Standards höher als die von „Silber“ und diese wiederum höher als die für den „Bronze“-Standard.

Das WGBC bietet unter anderem Unterstützung bei der Gründung nationaler Gesellschaften für nachhaltiges Bauen sowie bei Zertifizierungssystemen. Außerdem fungiert es als zentrale Plattform in der technisches Wissen unter den Mitgliedern ausgetauscht wird. Bis zum 11.09.2009 haben 14 Länder nationale Gesellschaften für nachhaltiges Bauen gegründet. Viele weitere Länder zeigen Interesse an der Einführung von nationalen Organisationen für nachhaltiges Bauen.

2.2.1 BREEAM

In Großbritannien entstand das erste Zertifikat für nachhaltiges Bauen. Im Jahre 1990 entwickelte BRE 12 das freiwillige Bewertungssystem BREEAM13. BREEAM ist heute mit über 70.000 zertifizierten Gebäuden und über einer halben Million registrierter Objekte die weltweit am häufigsten genutzte ökologische Bewertungsmethode für Gebäude [Ch07To]. Das Zertifikat bewertet die umweltrelevante Gesamtleistung eines Gebäudes, von der Planung über die Ausführung bis hin zur Nutzungsphase. Das Zertifikat ermutigt Planer und Architekten, sich bereits in einer frühen Projektentwicklungsphase mit den Auswirkungen des Gebäudes auf die globale und lokale Umwelt zu beschäftigen. BREEAM ist Basis für weitere Zertifizierungsmethoden geworden. So basiert neben dem neuseeländischen „Green Star“ auch das verbreitete US-amerikanische Label LEED auf dem britischen System.

2.2.2 LEED

Die amerikanische Organisation für nachhaltiges Bauen startete mit Spezialisten aus der Immobilienbranche im Jahre 1993 das erste Pilotprojekt, daraufhin wurde im Jahre 1998 die erste Pilotversion von LEED14 publiziert. Seit der Gründung von LEED wurden insgesamt über 14.000 Gebäude in 30 Ländern mit der Methode zertifiziert [Un08Re].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Weltweite LEED zertifizierte Projekte [BA09GR]

Nach der Methode für Neubauten wurden Zertifizierungsmaßstäbe für weitere Gebäudevarianten entwickelt. Im Jahre 2004 kamen Bestandsgebäude und gewerbliche Gebäude, 2006 Rohbauvorhaben sowie 2007 Eigenheime und Schulen hinzu. Aktuell befinden sich weitere Varianten in der Planung.

Bei der Entwicklung wurden abgeleitete Kriterien des BREEAM Standards kontinuierlich weiterentwickelt. Das LEED System kann auf drei Arten genutzt werden [Br07Po]:

- Entwurfsleitfaden:
LEED kann vom Planungsteam eingesetzt werden, um frühzeitig ökologische Kriterien in der Entwurfsphase zu berücksichtigen
- Informationsbericht:
Mit dem LEED-Bewertungsbericht können Kunden, Mitarbeiter, Investoren, etc. darüber informiert werden, dass ökologische Kriterien im Planungsprozess berücksichtigt wurden.
- Zertifizierung:
Das Gebäude wird im Planungs- oder im fertig gestellten Zustand zertifiziert.

Die Zertifizierung stellt die umfangreichste Bewertung des Gebäudes dar. Dabei

werden Kriterien aus fünf Bereichen untersucht, die eine unterschiedliche Gewichtung besitzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Gewichtung der LEED Kriterien

Insgesamt können beim LEED-System 2009 insgesamt 100 Punkte erreicht werden. In den Bereichen regionale Schwerpunkte und Innovationen können je 5 Zusatzpunkte vergeben werden. Abhängig von den erreichten Punkten wird ein Gebäude mit Platin (> 80 Punkte), Gold (> 59 Punkte), Silber(> 49 Punkte) oder Bronze (> 39 Punkte) zertifiziert [Ba09Gr].

2.3 Nachhaltiges Bauen in Deutschland

Nach [Fr07Ge] beträgt der Gebäudebestand in Deutschland ca. 18,8 Mio. Gebäude, wovon ca. 1,5 Mio. Gebäude auf Nicht-Wohngebäude entfallen. Diese Gebäude trugen im Jahr 2007 mit ca. 40 % zum Endenergieverbrauch Deutschlands bei.

2.3.1 Der Weg zur Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen

Die Umweltauswirkungen durch Gebäude wurden bereits früher erkannt. Ebenso, dass in der Baubranche weitere Nachhaltigkeitskriterien adressiert werden können. So formulierte die Enquetekommission bereits 1998: „ Es gibt wohl kaum ein vergleichbares Beispielfeld, bei dem das komplexe Beziehungsgeflecht zwischenÖkologischen,Ökonomischen und sozialen Zielen so stark ausgeprägt ist wie beim Thema Bauen und Wohnen. Als ausgewählte Zieldimensionen ergeben sich unter anderem gesundes Wohnen, die Vernetzung von Arbeiten, Wohnen und Freizeit, die ErhÖhung der Wohn-Eigentums-Quote, die Reduzierung von Flächenverbrauch und Landschaftszersiedelung, die Orientierung der StoffstrÖme an den Zielen der Ressourcenschonung sowie die Verringerung der CO2-Emissionen “ [En98Kn].

Um diese Themenfelder konkret zu adressieren und in der Baubranche umzusetzen wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) der „ Runde Tisch für Nachhaltiges Bauen “ gegründet. Dieses Gremium besteht aus Vertreter von Verbänden der Bau- und Immobilienwirtschaft, der Bauindustrie sowie aus Vertretern der Politik und Wissenschaft.

Im Jahr 2001 entstand aus diesem Arbeitskreis der „ Leitfaden nachhaltiges Bauen “ [Bu01Le]. Dieser gilt als Planungsleitlinie und ist für die Erstellung von öffentlichen Bauten verbindlich. Darin werden Vorgaben bezogen auf ökologische, ökonomische und soziale Kriterien während des Lebenszyklus eines Gebäudes gegeben. In den nächsten Jahren begannen internationale Zertifizierungssysteme wie z.B. LEED mit neuen Systemvarianten und auch in Deutschland stieg das Interesse der Baubranche am nachhaltigen Bauen.

Im Jahr 2006 begann die Entwicklung zur Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Als Basis galt dabei der vom WGBC bereitgestellte Leitfaden zur Erstellung eines lokalen „Green Building Councils“.

Mit der DGNB sollte das Thema nachhaltiges Bauen in der Baubranche bekannt gemacht werden. Ein Ziel war die Entwicklung eines quantifizierbaren Zertifizierungssystems für Gebäude, ein so genanntes System der zweiten Generation. Es sollte eine nationale Plattform entstehen, die den Austausch von Informationen zum nachhaltigen Bauen fördert. Weiterhin sollte das Wissen in diesem Bereich durch Netzwerke und Wissenstransfer verbreitet werden [Br08Le]. Im Gegensatz zu den bisher auf dem Markt etablierten Systemen sollten die Aspekte der nachhaltigen Entwicklung umfangreich adressiert werden. Insbesondere sollte die ökonomische Qualität berücksichtigt werden.

Mit diesem Ansatz geht das System über die ökologischen Aspekte der bisherigen „ green labels “ hinaus und adressiert auch die ökonomische Leistungsfähigkeit eines Gebäudes [Sc09Gr].

2.3.2 Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen

Das „ Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen “ ist eine Zertifizierungsmethodik zur Bewertung von nachhaltigen Gebäuden. Das Ergebnis ist eine Medaille mit der die Nachhaltigkeit des Gebäudes ausgedrückt wird.

Das Ziel der Methodik ist es, die drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung ganzheitlich zu adressieren und damit nachhaltige Gebäude auszuzeichnen. Daher bilden die Bereiche Ökologie, Ökonomie und soziale Aspekte drei der sechs Bewertungsbereiche.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen [De09Au]

Weiterhin werden die Bereiche der technischen Qualität und der Prozessqualität betrachtet. Diese beiden Kategorien sind „Querschnittskategorien“, da in diesen auch ökologische, ökonomische und soziale Aspekte adressiert werden. Da die Bewertung die Qualität des Gebäudes widerspiegeln soll und der Standort nicht unmittelbar eine Qualitätseigenschaft des Gebäudes ist, wird die Standortqualität separat benotet und geht nicht in die Gesamtnote ein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Die Bewertungsbereiche der DGNB [De09Au]

In dem Bereich der Ökologie sind der Schutz der natürlichen Umwelt und der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen die Zielvorgaben.

Die Senkung der Lebenszykluskosten und der Erhalt monetärer Werte werden im Bereich Ökonomie adressiert. Dies unterscheidet das System entscheidend von den bisher am Markt befindlichen Systemen, denn dort werden Lebenszykluskosten bisher nicht betrachtet [Sc09Gr].

Soziale Aspekte werden über die Sicherung von Gesundheit und Behaglichkeit im Gebäude sowie durch menschengerechtes Umfeld und die Erhaltung sozialer und kultureller Werte bewertet [De09Au].

Die technische Qualität beurteilt die technische Gebäudeausrüstung. Es wird z.B. die Qualität der Gebäudehülle, die Ausführung des Brand- und Schallschutzes und die Recyclingfähigkeit des Gebäudes bewertet [De09Au].

Die Prozessqualität definiert die Qualität der Planung und Bausausführung und setzt sich unter anderem aus Projektvorbereitung, der integralen Planung inklusive der beteiligten Partner oder der Sicherung von Nachhaltigkeitsaspekten bei den Ausschreibungen zusammen [De09Au].

Jeder Bewertungsbereich erhält im Rahmen des Gesamtsystems seine Bedeutung durch die Gewichtungsprozente. Während die ersten vier Themen (Ökologie, Ökonomie, Soziales und Technik) zu je 22,5 % auf die Gesamtnote Einfluss nehmen, entfallen auf die Prozessqualität 10 %.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Gewichtung der Bewertungsbereiche15

Ein weiterer Aspekt ist die Standortqualität, die als separate Note ausgewiesen wird. Damit wird die Einordnung in den städtebaulichen Kontext bewertet. Die Nähe zum öffentlichen Nahverkehr findet ebenso Berücksichtigung wie die Nähe zu nutzungsspezifischen Einrichtungen und die anliegende Medienerschließung.

Innerhalb der Bewertungsbereiche gibt es mehrere Unterkriterien, die wiederum auch eine unterschiedliche Gewichtung besitzen. Diese werden anhand verschiedener Bewertungsmodelle bewertet. Im Folgenden werden einige davon beschrieben. Bei der quantitativen Bewertungsmethodik werden berechnete Werte des zu zertifizierenden Gebäudes mit Referenzwerten verglichen und bewertet. Häufig ist eine quantitative Bewertung schwierig. Dann werden qualitative Bewertungsmethoden z.B. in Form von Checklisten genutzt. Diese Checklisten können entweder direkt pro erreichtem Kriterium in Punkte umgewandelt werden oder es findet die Form von Handlungsstufen Anwendung. Dies sind aufeinander aufbauende Gruppen von Bewertungskriterien [De09So].

Mit diesen vielseitigen Bewertungsmethoden und der Gewichtung auf Steckbrief- sowie auf Hauptkategorieebene stellt das System eine flexible und erweiterbare Methodik dar, die einfach angepasst werden kann. Damit besteht die Möglichkeit, diese Systematik auch in andere Länder der Welt zu exportieren [Mö09DG]. Zusammenfassend wird die Bewertungsmethodik in der Abbildung 10 dargestellt. Hinter jedem Kriterium befindet sich eine Regelsetzung. Mittels dieser werden Punkte erreicht, die in Systemwerte umgerechnet werden. Durch Gewichtungsfaktoren wird die Wichtigkeit der Systemwerte angepasst. Schlussendlich werden diese Werte in eine Gesamtnote umgerechnet. Bei einem Zielerreichungsgrad ab 50 % erhält das Gebäude die Auszeichnung in Bronze, ab 65 % in Silber und ab 80 % in Gold.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Bewertungsschema der DGNB [De09Au]

Um ein besseren Verständnis von den unterschiedlichen Bedeutungsfaktoren und den Bewertungsverfahren zu bekommen, werden einige anhand der ökologischen Qualität beschrieben. 16

2.3.3 Ökologische Bewertung im DGNB System

Aktuell 17 besteht die Hauptkategorie „Ökologische Qualität“ aus 12 Kriterien. Diese Kriterien wurden in den DGNB Arbeitsgruppen erarbeitet und besitzen eine Methodik zur Bewertung. Bei den Kriterien Nummer sieben (Sonstige Wirkungen auf die lokale Umwelt), Nummer 12 (Sonstiger Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen) und Nummer 13 (Abfall nach Abfallkategorien) wurden noch keine Konventionen bezüglich der Bewertungsmaßstäbe erarbeitet. Jedoch sieht die Arbeitsgruppe dies als wichtige, in Zukunft zu berücksichtigende Kriterien an.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Kriterien der ökologischen Qualität des DGNB Systems18

Die Kriterien 1 - 5 sowie 10 und 11 werden über die Methodik der Ökobilanz berechnet (vgl. hierzu Kapitel 5). Mit der Ökobilanz werden die Materialien, die für die Erstellung und die Instandhaltung des Gebäudes benötigt werden, deren Entsorgung sowie die Endenergie während der Nutzungsphase (in Form von Strom und Wärme) quantitativ mit einem Referenzwert verglichen und anhand des Verhältnisses bewertet.

Die Bedeutungsfaktoren variieren bei den Ökobilanzkriterien von 0,5 bis 3. Insgesamt besitzen diese Kriterien eine relative Bedeutung von ca. 56 % bezogen auf die gesamte ökologische Qualität.

Das Kriterium Risiken für die lokale Umwelt [De09Ri] zielt auf die Vermeidung der Umweltgefährdung durch Inhaltsstoffe, die bei Erstellung, Nutzung oder Entsorgung ein Risiko für Luft, Grundwasser und Boden darstellen. Hierbei finden Handlungsstufen als qualitative Bewertungsmethodik Anwendung. Dabei müssen alle Vorgaben der unteren Handlungsstufe erfüllt sein, damit die Punkte der oberen Handlungsstufe erzielt werden können. Im Folgenden wird dies durch einen Auszug der Handlungsstufen vereinfacht dargestellt:

Handlungsstufe 1:

- Keine Kleber oder Beschichtungen mit Umweltrisiken.
- Keine Oberflächenbehandlung mit einem 25 % Anteil an flüchtigen organischen Verbindungen
- …

Grenzwert = 1 Punkt

Handlungsstufe 2 (zusätzlich zur Handlungsstufe 1; Auszug):

- Keine Sikkative oder Lacke mit Umweltrisiken.
- Keine Holzschutzmittel mit Umweltrisiken
- …

Referenzwert = 5 Punkte

Handlungsstufe 3 (zusätzlich zur Handlungsstufe 2; Auszug):

- Keine Sikkative oder Lacke mit Umweltrisiken.
- Keine Beschichtung mit mineralischen Oberflächen mit mehr als 10 % Anteil an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC)
- …

Teilzielwert = 7,5 Punkte

Handlungsstufe 4 (zusätzlich zur Handlungsstufe 3; Auszug):

- Die Begrenzung des VOC Gehalts von 3 % des eingebauten Produkts gilt auch für Dichtungen, Kleber und Versiegelungen.
- …

Zielwert = 10 Punkte

Die Dokumentation von Informationen ist eine weitere Bewertungssystematik, die im Kriterium Mikroklima [De09Mi] Anwendung findet. Das Kriterium befasst sich mit dem Wärmeinseleffekt, der bei bebauten Flächen anzutreffen ist. Im Vergleich zu unbebautem Raum zeichnet sich ein Temperaturunterschied von 2 - 5 Kelvin aus.

Daher wird das Reflexions-, Transmissions- und Absorptionsvermögen der Oberflächen eines Gebäudes betrachtet.

Da es noch wenig Datenmaterial gibt, kann noch kein Referenzwert gebildet werden. Somit werden Punkte für die Beschreibung der Oberflächenbeschaffenheit, die Textur und die Farbe mit den entsprechenden Flächen sowie Berechnungen zu den Reflexionsvermögen (Albedowert) vergeben.

Diese Variante wurde gewählt, um mehr Daten über die mikroklimatischen Einflüsse von versiegelten und bebauten Flächen zu erhalten. Wenn ausreichend Informationen gesammelt wurden, stellen Referenzwerte den nächsten Schritt in diesem Zertifizierungskriterium dar.

Das Kriterium Frischwasserverbrauch zielt auf die Einsparung von Trink- und Abwasser ab. Der Trinkwasserverbrauch liegt in Deutschland bei etwa 126 Liter pro Tag [De09Fr]. Wie in Abbildung 11 dargestellt ist, kann durch die Nutzung von Regen- und Grauwasser der Trinkwasserbedarf sowie durch Regenwasserversickerung auf dem Grundstück und Grauwassernutzung das Abwasseraufkommen reduziert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Ermittlung Trinkwasserbedarf und Abwasseraufkommen [De09Fr]

Für die Bewertung wird der Wassergebrauchskennwert errechnet, der die in Abbildung 11 aufgeführten Punkte zusammenfasst. Dabei wurden Erfahrungswerte und Vorgaben aus Normen angewendet. Das Ergebnis wird einem Referenzwert gegenübergestellt und anhand des Verhältnisses bewertet. Somit findet hier ähnlich wie bei der Bewertung der Ökobilanzkriterien eine quantitative Bewertung statt. Das Kriterium der Flächeninanspruchnahme nimmt auf das Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie Bezug, wonach die tägliche Zunahme an Siedlungs- und Verkehrsfläche bis 2020 von aktuell ca. 110 auf 30 ha pro Tag reduziert werden soll [Bu02Na; De09Fl].19 Für die Bewertung ist von Relevanz, ob das bebaute Grundstück brach liegende Fläche in Form von hoch belasteten Industrie- oder Militärstandorten recycelt und somit wieder nutzbar macht (10 Punkte) oder ob für die bauliche Nutzung Wald-, Heide- oder Landwirtschaftsfläche in Siedlungsfläche umgewandelt wird (0 Punkte). Zwischen diesen beiden Bewertungsstufen gibt es einige Zwischenstufen, wobei sich Ausgleichsmaßnahmen und die Bebauung von belasteten Standorten positiv auswirken [vgl. Abbildung 66 im Anhang C; De09Fl].

Mit der Beschreibung der ökologischen Kriterien sollte exemplarisch aufgezeigt werden, welche unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten angewendet werden und wie facettenreich auf einzelne Aspekte der nachhaltigen Entwicklung im DGNB System eingegangen wird.

2.4 Vergleich der energetischen Bewertung von Gebäuden bei LEED und DGNB

Um ein besseres Verständnis für die Unterscheidung der Zertifizierungssysteme zu bekommen wird im Folgenden die energetische Bewertung von LEED zertifizierten Gebäuden dargestellt und daraufhin mit der Bewertung nach DGNB verglichen. Zu Beginn werden Gebäude betrachtet, die mit der LEED Version NCv.220 und NCv.2.1 zertifiziert wurden. Daraufhin wird die energetische Bewertung der DGNB Systemvariante Büroneubau Version 2008 gegenübergestellt.

Eine vom New Building Institute (NBI) durchgeführte Studie untersuchte 121 LEED zertifizierte Gebäude [Tu08En]. Von diesen wurden 21 aufgrund von hohen

Anforderungen durch die Nutzung (Rechenzentren, Labore und Supermärkte) nicht betrachtet. Bei den übrigen Gebäuden wurde analysiert, dass der Energieverbrauch dieser Gebäude im Vergleich zu durchschnittlichen Bürogebäuden um 25 - 30 % geringer sind. Dies ist in Abbildung 12 veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Auswertung von 100 LEED zertifizierten Gebäuden [in kWh/m[2]a]21

Darin ist der Energieverbrauch von 100 LEED zertifizierten Gebäuden dargestellt. Es stellen sich folgende Durchschnittswerte ein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Durchschnittlicher Energieverbrauch nach Gebäudetyp24

Wie in Abbildung 12 zu sehen ist, gibt es auch „Gold“-zertifizierte Gebäude, die einen höheren Energieverbrauch aufweisen als der Branchendurchschnitt mit 91 kWh/m2 a. Umgekehrt besitzen einige „zertifizierte“-Gebäude gute Energiekennwerte weit unter dem Durchschnitt. Insgesamt kann damit resultiert werden, dass der Stellenwert der energetischen Qualität von Gebäuden im LEED-System derart ist, dass auch ein Überschreiten des durchschnittlichen Energieverbrauchs von Bürogebäuden eine hohe Zertifizierungsstufe ermöglicht. Damit ist nicht gesichert, dass ein LEED- zertifiziertes Gebäude der Version LEED NC v.2 bzw. v.2.1 energieeffizient ist [Ne09Do].

Im Vergleich dazu wird nun die Betrachtung nach dem DGNB System vorgenommen. Darin wird der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes betrachtet, womit zusätzlich zum Energiebedarf der Nutzung die Phase der Konstruktion (entspricht Herstellung, Instandsetzung und Entsorgung der Bauteile) zusätzlich in die Bewertung einfließt. Die Bewertung des Lebenszyklus erfolgt in sieben Wirkungskategorien. Beispielhaft wird dies hier an der Wirkungskategorie Treibhauspotential (GWP) beschrieben [De08Tr].

Für die Phase der Konstruktion wird von der DGNB ein Teil-Referenzwert (GWPKref) vorgegeben, der einen branchenüblichen Standard abbildet. Für die Nutzungsphase wird der zweite Teil-Referenzwert (GWPNref) für das Gebäude durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgegeben. Dieser Vergleichswert wird nach der Nomenklatur der EnEV als Endenergiebedarf des Referenzgebäudes bezeichnet.25 Beide Teil-Referenzwerte werden zu dem Gesamt-Referenzwert (RGWP) aufsummiert. Die gleiche Berechnung findet für das zu zertifizierende Gebäude statt. Dabei werden die Emissionen für die Konstruktion (GWPK) sowie der benötigte Endenergiebedarf in der Nutzung (GWPN) zu einem jährlichen Gesamtwert (GWPG) aufsummiert.

Die Bewertung erfolgt über das Verhältnis zwischen GWPG zu RGWP.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Bewertungsmethode nach Ziel-, Referenz- und Grenzwert26

Entspricht das Ergebnis des Gebäudes (GWPG) dem Referenzwert (RGWP), wird es mit 5 von 10 möglichen Punkten bewertet. Für 10 Punkte muss das Ergebnis des Gebäudes den Zielwert erreichen. Dieser liegt für das Treibhauspotenzial bei 70 % des Referenzwertes. Mindestens sollte das Ergebnis des Gebäudes zumindest den Grenzwert unterschreiten. Dieser liegt 40 % über dem Referenzwert [De08Tr]. Zusätzlich gibt es im DGNB System die Richtlinie, dass ein Gebäude nur Gold für das Gesamtgebäude erhalten kann, wenn alle Qualitätsgruppen als Zwischenergebnis mindestens „Silber“ erhalten. Analog gilt dies auch für Silber. Hiermit sollte gezeigt werden, dass im DGNB System die Anforderungen an die ökologische Qualität von Gebäuden höher sind. Beim LEED System sind die ökologischen Anforderungen nach den aktuellen Bestimmungen geringer. Andere Unterscheidungskriterien der Systeme finden sich bei [Mö09Gr].

3 Lebenszyklusanalyse von Gebäuden

Als Basis für die ökologische Bewertung von Gebäuden dient die ökologische Lebenszyklusanalyse (LCA), auch Ökobilanz genannt. In einer Lebenszyklusanalyse werden meistens die Herstellung, die Nutzung und das Lebensende eines Produkts berücksichtigt. Wie in Abbildung 14 dargestellt ist, werden die vorgelagerten Prozessschritte von der Rohstoff- und Energieträgergewinnung sowie der Herstellung der Zwischenprodukte genauso berücksichtigt wie die nachgelagerten Prozessschritte am Lebensende. Dabei werden manche Materialien auf einer Deponie abgeladen, Materialien mit einem Heizwert werden thermisch verwertet und Metalle werden recycelt und weiterhin im Stoffwertkreislauf genutzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Vereinfachter Lebenszyklus eines Produkts27

Die Ökobilanzmethode basiert auf den Grundzügen der Systemanalyse [Kö09Le], da ein System über Beziehungen mit anderen Systemen interagiert. Dies wird in Kapitel 3.2 genauer beschrieben.

3.1 Geschichte derÖkobilanz

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte der schottische Biologe und Ökonom Patrick Geddes eine Methode zur Erfassung von Material- und Energieströmen, die durch Herstellung, Transport, Handel und Gebrauch eines Produktes entstehen. Das Ziel war es, den Wirkungsgrad der Kohlenutzung zu erhöhen [Sc95St]. Die damalige Methode der Verknüpfung von Stoffströmen von der Rohstoffentnahme bis zum Gebrauch ist die Basis der heutigen Stoffstromanalyse.

An starker Bedeutung gewann die Stoffstromanalyse allerdings erst 1972, als die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen durch die Ölkrise weltweit wahrgenommen wurde. Der vom Club of Rome 1972 veröffentlichte Bericht Die Grenzen des Wachstums [Me72Di] skizzierte die Folgen der industrialisierten Gesellschaft sowie der damit verbundenen Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Die zentrale Schlussfolgerung der Studie besagte, dass bei dem gegenwärtigen Wachstum die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht werden.

Während das allgemeine Interesse an Ressourcennutzung aufgrund der Erholung des Ölpreises wieder abgenommen hat, wurde die Forschung im Bereich Ökobilanzierung konkreter.

Schäfer wird als Pionier der Betrachtung von energetischen Aufwendungen gesehen [Sc74Fu]. Müller-Wenk [Mu74Ei] und Hunt [Hu74Re] erweiterten die Diskussion. Zwar stand die energetische Betrachtung im Vordergrund, jedoch wurde erstmals die Verknappung von Ressourcen untersucht.

Der Begriff der Ökobilanz wurde erstmalig Ende der 70er Jahre verwendet. In einer Studie der EMPA zu Verpackungsmaterialien [Fi81Le] wurden neben Rohstoff- und Energieverbräuchen auch anfallende Schadstoffe und Reststoffe betrachtet. Boustead [Bo79Ha] erweiterte die Systemgrenzen, indem er das Lebensende in Form des Recyclings analysierte. In den Jahren 1993 bis 1997 fand die erste Normierung der Ökobilanzmethode statt, die in den DIN Normen 14040 ff. mündete. Damit erhöhte sich die Akzeptanz der Ökobilanz.

3.2 Methodische Basis derÖkobilanz

Die Ökobilanz ist eine Methode zur ökologischen Bewertung des Lebenszyklus von z. B. Produkten, Dienstleistungen oder Verfahren. Als Basis gelten die DIN ISO Normen 14040 [DI06Gr] und 14044 [Di06An] auf die für eine ausführliche Beschreibung der Grundlagen der Methodik und der Anwendung verwiesen wird. Im Folgenden werden die Grundzüge anhand der beiden Normen beschrieben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15: Lebenszyklusmodell nach der DIN 14040 [Di06Gr]

In der ISO Norm 14040 wird der Rahmen der Lebenszyklusanalyse definiert (vgl. Abbildung 15). Der Rahmen besteht aus vier Phasen, die in gegenseitiger Wechselwirkung miteinander stehen. Diese Phasen werden nun beschrieben.

3.2.1 Zieldefinition und Untersuchungsrahmen

In der Phase der Zieldefinition muss das untersuchte Produktsystem gemeinsam mit der funktionellen Einheit28, der Systemgrenze29, den Abschneidekriterien, den Annahmen, etc. definiert werden. Unter Abschneidekriterien wird die „ Festlegung der Stoffmenge, eines Energieflusses oder des Grades von Umweltrelevanz [verstanden], die/der mit Prozessmodulen oder Produktsystemen verbunden sind, welche von einer Studie auszuschließen sind “ [Di06Gr]. Dabei werden bestimmte Materialien oder Flüsse aus der Betrachtung genommen, die nur in nachweislich unwesentlichem Maße zur Massenbilanz, zur Energiebilanz oder zu den Umweltwirkungen beitragen.

Es können auch Annahmen getroffen werden, so z. B. dass Prozessschritte nur unbedeutend auf das Ergebnis Einfluss nehmen. Sofern dies begründet werden kann, ist die Anwendung von Annahmen möglich. Diese reduzieren die Komplexität der LCA. Weiterhin muss in der Zieldefinition der Grund der Studie sowie die angesprochene Zielgruppe festgelegt werden.

3.2.1.1 Funktionelle Einheit

Die funktionelle Einheit ist der qualifizierte Nutzen eines Produktsystems das in einer Lebenszyklusanalyse untersucht wird. Sie dient als Vergleichseinheit bei der Untersuchung verschiedener Ausprägungen eines Produkts [DI06Gr]. Häufig wird dabei ein Produkt untersucht, es kann aber auch ein Nutzen betrachtet werden. Zum Beispiel kann die Fortbewegung eines Gewichts um 100 km analysiert werden oder das Trocknen von nassen Händen, das mit Papierhandtüchern, Textilhandtüchern oder einem Handtrockner realisiert werden kann. Die funktionelle Einheit sollte dabei drei Qualitätskriterien beinhalten [vgl. Li95No zit. in Bu98Fu]:

1) Effizienz des Systems:

Die Effizienz des Systems drückt sich z.B. darin aus, wie viel eingesetzte Stoffe und Energien für die Nutzung von einem m2 Nettogrundfläche eines Gebäudes benötigt werden.

2) Lebensdauer

Die zeitliche Komponente ist ein wichtiges Vergleichsmaß. Damit fließt die Haltbarkeit eines Produkts in die Lebenszyklusanalyse mit ein. Ein Produkt mit geringerem Wartungsaufwand ist nachhaltiger und wird damit gegenüber wartungsintensiveren Produkten besser gestellt. Im Fall von Bürogebäuden wurde die Lebensdauer von der DGNB z.B. auf 50 Jahre definiert [De09Tr]. Dabei werden zwei Instandhaltungszyklen nach 25 Jahren inkludiert.

3) Qualität des Systems

Damit das untersuchte Produkt für die Nutzungsfunktion über den Lebenszeitraum brauchbar bleibt sollte ein Qualitätskriterium definiert werden. Bei einem Gebäude

[...]


1 International Panel on Climate Change

2 Leadership in Energy and Environmental Design

3 Building Research Establishment Environmental Assessment Method

4 United States Green Building Council

5 Vergleiche dazu Kapitel 2.3.3

6 Organisation for Economic Cooperation and Development

7 Es werden die Kategorien Treibhaus-, Versauerungs-, Eutrophierungs-, Ozonbildungs-, Ozonabbaupotenzial sowie der Primärenergiebedarf betrachtet.

8 Dies wird in Kapitel 2.4 näher beschrieben.

9 Eigene Darstellung

10 siehe dazu auch Kapitel 3.1

11 DGNB Präsentation 2009

12 Building Research Establishment Ltd.

13 Building Research Establishment Environmental Assessment Method

14 Leadership in Energy and Environmental Design

15 Eigene Darstellung

16 Für eine Beschreibung der übrigen Kriterien siehe La09Ze

17 Stand DGNB System Neubau 2008

18 Eigene Darstellung

19 siehe dazu auch Kapitel 8.2.2.1

20 NC ist die LEED Systemvariante für neue Gebäude (new construction)

21 Eigene Darstellung nach [Tu08En]

22 In der Studie [Tu08En] als Commercial Building Energy Consumption Survey (CBECS) bezeichnet.

23 Zielvorgabe „Architecture 2030“

24 Eigene Darstellung nach [Tu08En]

25 Vgl. hierzu auch Kapitel 0

26 Eigene Darstellung

27 Eigene Darstellung

28 Dieser Begriff wird in Kapitel 3.2.1.23.2.1.1 definiert und beschrieben.

29 Dieser Begriff wird in Kapitel 3.2.1.2 definiert und beschrieben.

Ende der Leseprobe aus 144 Seiten

Details

Titel
Erstellung von Orientierungswerten für Industriebaukonstruktionen durch die Lebenszyklusanalyse
Hochschule
Universität Stuttgart
Note
1.0
Autor
Jahr
2010
Seiten
144
Katalognummer
V308608
ISBN (eBook)
9783668072930
ISBN (Buch)
9783668072947
Dateigröße
5690 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erstellung, orientierungswerten, industriebaukonstruktionen, lebenszyklusanalyse
Arbeit zitieren
Max Martin (Autor:in), 2010, Erstellung von Orientierungswerten für Industriebaukonstruktionen durch die Lebenszyklusanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308608

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