Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft: Das Abhängigkeitsverhältnis und die mögliche Gesellschaftsgestaltung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Hinführung zum Thema

2. Die Bedeutung von Individuum und Gesellschaft bei Hegel, Kant und anderen Klassikern
2.1 Das allgemeine Wohl
2.2 Die gegenseitige Abhängigkeit von Individuum und Gesellschaft als Notwendigkeit

3. Durkheims Auffassung des Individuums in differenzierten Gesellschaftsformen
3.1 Die parallele Steigerung von Autonomie und Abhängigkeit

4. Die Eigenverantwortlichkeit der Individuen und deren Möglichkeit Gestalter der Gesellschaft zu sein

5. Schlussbetrachtung

6. Literatur

1. Einleitung und Hinführung zum Thema

In dieser Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, ob das Individuum als Opfer oder Gestalter der heutigen Gesellschaft fungiert und in welchem Maße ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Komponenten besteht.

Als von vornherein vorausgesetzt sollte die Auffassung bzw. Tatsache sein, dass das Individuum nur so individuell sein kann wie die Gesellschaft differenziert ist.

Damit ist bereits vorweggenommen worden, dass ein Individuum nur innerhalb einer Gemeinschaft oder Gesellschaft existieren kann und dass das Eine das Andere bedingt.

Bekannten Soziologen wie Durkheim und Luhmann und auch Philosophen wie Hegel und Kant wird in dieser Arbeit Aufmerksamkeit gewidmet, da sie sich mit dem Individuum und seinem Leben in der Gesellschaft beschäftigt haben und einige interessante Thesen und Theorien vertreten, die hier der Beantwortung der Fragestellung dienen.

Im traditionellen Verhältnis von Individuum und Gesellschaft stehen sich das Individuum, das seine Freiheit gegen alle Fremdbestimmung verteidigen will, und die soziale Ordnung, die auf Funktionalität und Bestand ausgerichtet ist, gegenüber.

In diesem Verhältnis ist die Paradoxie angelegt, dass das Individuum soziale Strukturen, die immer auch Fremdbestimmungen sind, benötigt, um seinerseits Identitätsstrukturen als Basis seiner Freiheit aufzubauen.

Die soziale Ordnung hochdifferenzierter Gesellschaften dagegen bedarf nicht nur disziplinierter Individuen, sondern baut sich auf deren Eigenständigkeit auf.

2. Die Bedeutung von Individuum und Gesellschaft bei Kant, Hegel und anderen Klassikern

Bereits der Metaphysik des Aristoteles lag die Erkenntnis zugrunde, dass einem erkennenden Subjekt eine der Erkenntnis unterworfene objektive Welt gegenüberstehe.

Aristoteles erkannte, dass das Herrschende im freiwilligen Handeln das Wählende sei[1].

Er ging davon aus, dass es zur Natur des Menschen gehöre, seine Triebgewalten zu beherrschen und seiner Vernunft zu folgen. Die durch die Philosophie geleitete Vernunft richtet sich auf die Erkenntnis des Guten, die auf der praktischen Ebene als Ordnungsstruktur des Ganzen – der Polis – verstanden werden kann.

Ähnlich wie Aristoteles gingen auch Kant und Hegel von einem vernunftgeleiteten Handeln der einzelnen Individuen aus, damit diese in einer Gesellschaft ohne große Ausfälle bzw. Komplikationen miteinander und nebeneinander existieren können. Das Naturrecht „Aller gegen Alle“ wie Rousseau es einst formulierte, hat sich in der Entwicklung zu immer höheren Gesellschaftsformen konsequenterweise nicht durchsetzen können.

„Der Gesellschaftsvertrag, den die freien Individuen schließen, schafft soziale Ordnung und den Staat als ihre Verkörperung. Im rationalen Kontext der beginnenden Moderne wird der Staat logisch zwingend begründet und legitimiert“[2].

Der Staat ist dazu da, die Erwartungsbildung des Einzelnen sicherzustellen. Er greift eben in den Machtkampf aller gegen alle ein, um diesem Machtkampf, der die Freiheit der Individuen einschränkt, ein Ende zu bereiten.

Dadurch, dass der Staat nun aber lenkend in die Entwicklung der Gesellschaft eindringt, steht der Einzelne einem „Apparat“ gegenüber, der die Individuen zu determinieren scheint.

Der Philosoph Thomas Hobbes schrieb: „Staat ist eine Person, deren Handlungen eine große Menge Menschen kraft der gegenseitigen Verträge eines jeden mit einem jeden als ihre eigenen ansehen, auf das diese nach ihrem Gutdünken die Macht aller zum Frieden und zur gemeinschaftlichen Verteidigung anwende“[3].

Aber der Staat ist nicht schon an sich vorhanden, sondern er ergibt sich erst aus den Einzelhandlungen der Individuen und wird somit zum repräsentativen allgemeinen Willen deklariert.

Dennoch beansprucht der Leviathan bei Hobbes absoluter Macht und kann gar nicht anders, als von Anfang an der potentielle Feind des Einzelnen zu sein. Der Leviathan greift da ein, wo das freie egoistische Handeln der Einzelnen die soziale Ordnung bzw. die Gemeinschaft bedrohen.

Auch Kant hält einen starken Staat für nötig, um soziale Ordnung zu garantieren. Auch er geht nicht nur von der natürlichen Prämisse der Freiheit des Menschen aus, sondern auch von der prinzipiellen Selbständigkeit eines jeden Bürgers[4].

Die bei Hobbes mit aller Deutlichkeit artikulierte Antinomie zwischen Staat und freiem Individuum sieht auch Kant insofern, als staatliches Recht dazu diene, dem Einzelnen Grenzen seiner Freiheit zu ziehen.

[...]


[1] Vgl. Arsitoteles, Nikomachische Ethik, 1111a.

[2] Dr. Udo Di Fabio, Offener Diskurs und geschlossene Systeme, 1991, S. 23ff.

[3] Thomas Hobbes, Leviathan, 17. Kapitel, 1970, S. 155f.

[4] Vgl. Immanuel Kant, Zum Verhältnis der Theorie zur Praxis im Staatsrecht, in: Über den Gemeinspruch, Band VIII, 1968, S. 289ff.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft: Das Abhängigkeitsverhältnis und die mögliche Gesellschaftsgestaltung
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V30836
ISBN (eBook)
9783638320139
ISBN (Buch)
9783638781923
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhältnis, Individuum, Gesellschaft, Abhängigkeitsverhältnis, Gesellschaftsgestaltung
Arbeit zitieren
Sabrina von der Heide (Autor:in), 2004, Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft: Das Abhängigkeitsverhältnis und die mögliche Gesellschaftsgestaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30836

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