Der Beginn des Bellum Helveticum und seine Darstellung

Eine Interpretation zu Julius Caesars „Commentarii de Bello Gallico“ 1,10-12


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

14 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Übersetzung der zu untersuchenden Kapitel

3 Der Beginn des Bellum Helveticum
3.1 Pläne und Verfolgung der Helvetier: Caes. Gall. 1,10
3.2 Caesar wird um Hilfe gebeten: Caes. Gall. 1,11
3.3 Der Beginn der Kampfhandlungen in Caes. Gall. 1,12

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Gaius Julius Caesar war ein Redner, Schriftsteller und Staatsmann, der sowohl in der Antike als auch in der heutigen Betrachtung zu den umstrittenen Personen seiner Zeit gehört; die Einschätzung seiner Werke und Taten reichen von Bewunderung bis hin zu Verachtung. Aufgrund der Quellenlage ist die heutige Forschung noch gut über ihn und seine Zeit informiert, obwohl von Caesar selbst mit Bellum Gallicum und Bellum Civile lediglich zwei seiner literarischen Produktionen überliefert sind. Diese wurden von ihm selbst als commentarii rerum gestarum bezeichnet - eine Gattung, die die Objektivität und den Wahrheitsanspruch des Autors sowie eine klare Abgrenzung von politischen Verflechtungen impliziert.1

Diese Arbeit wird eine Episode des Bellum Gallicum näher betrachten: Caesars Darstellung vom Beginn des helvetischen Krieges. Dabei werden die Kapitel 10, 11 und 12 des ersten Buches genauer untersucht, in denen die Pläne der Helvetier sowie der Hilferuf verbündeter gallischer Stämme und der Ausbruch des Bellum Helveticum durch Caesar geschildert werden. Dabei wird eine kommentierte Übersetzung des zu Grunde liegenden Texts vorangestellt; anschließend erfolgt die Analyse und Interpretation der einzelnen Passagen.

Hierbei werden die Fragen im Vordergrund stehen, auf welche Weise Caesar seine Gegner darstellt, wie er auf sein eigenes Handeln eingeht und welche mögliche Intention er bei seinen Darstellungen verfolgt. Dabei wird sich kritisch mit der Frage auseinandergesetzt, inwiefern die Wiedergabe seiner Taten als tendenziös gewertet werden kann und welche politischen und persönlichen Interessen Caesar verfolgt2.

Weiterhin will die vorliegende Arbeit zeigen, dass der Leser in den behandelten Kapiteln von der Notwendigkeit dieses Krieges überzeugt werden soll und dieser nach Caesar auch gerecht sei. Es soll außerdem verdeutlicht werden, dass er dies mit Hilfe von gezieltem sprachlichem und psychologischem Taktieren zu erreichen versucht.3 Diese Untersuchung soll die Intention und Darstellungsweise Caesars exemplarisch widergeben; inwieweit sie für das Gesamtwerk des Bellum Gallicum übertragen werden kann, ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Es soll deutlich gemacht werden, auf welche Weise sich Caesar als Prokonsul und Feldherr präsentieren möchte, der im Sinne römischer Interessen und Erwartungen handelt.

2 Übersetzung der zu untersuchenden Kapitel

Caes. Gall. 1,10

(1) Caesar wurde gemeldet, dass die Helvetier vorhätten4, durch das Gebiet der Sequaner und der Häduer in das der Santonen zu marschieren, das nicht weit5 vom Land der Tolosaten entfernt liegt, die ein Volksstamm in unserer Provinz sind. (2) Er bemerkte, dass, wenn dies geschehe, es mit einer großen Gefahr für die Provinz verbunden sein werde: dass sie nämlich kriegerische Menschen, die dem römischen Volk feindlich gesinnt waren, in ausgedehnten und äußerst fruchtbaren Ländereien als Nachbarn hätte. (3) Daher stellte er T. Labienus an die Spitze der Befestigungsanlagen6, die er (zuvor) hatte errichten lassen7 ; er selbst eilte in Gewaltmärschen8 nach Italien und, hob dort zwei Legionen aus und führte drei Legionen, die um Aquileia herum9 überwinterten, aus dem Winterlager hinaus. Mit diesen fünf Legionen eilte er auf dem kürzesten Weg10 über die Alpen in das jenseitige Gallien. (4) Dort versuchten die Ceutronen, die Graioceler sowie die Caturiger das Heer an seinem Marsch von besetzten Anhöhen aus zu hindern. (5) Nachdem er sie in mehreren Gefechten besiegt hatte, gelangte er von Ocelum, welcher der letzte Ort des diesseitigen Galliens ist, am siebenten Tag in das Gebiet der Vocontier im jenseitigen Gallien11. Von dort führte er sein Heer durch das Gebiet der Allobroger, von den Allobrogern zu den Segusiavern. Diese sind jenseits der Rhône außerhalb der Provinz das erste Volk.

Caes. Gall. 1,11

(1) Die Helvetier hatten ihre Scharen12 bereits durch den Engpass und das Gebiet der Sequaner geführt, hatten das Gebiet der Häduer erreicht und verwüsteten ihre Felder13. (2) Weil sie sich und ihren Besitz14 gegen sie nicht verteidigen konnten, schickten die Häduer Abgesandte zu Caesar, um Hilfe zu erbitten: (3) Sie hätten sich zu jeder Zeit um das römische Volk derart verdient gemacht, dass beinahe im Blickfeld unseres Heeres15 ihre Felder nicht verwüstet, ihre Kinder nicht der Knechtschaft zugeführt und ihre Dörfer erobert werden dürften. (4) Zu gleicher Zeit benachrichtigten die Ambarrer, Freunde und Verwandte der Häduer, Caesar, dass sie –nachdem ihre Felder verwüstet worden waren- die Gewalt der Feinde nur unter großen Schwierigkeiten16 von ihren Dörfern abwehren könnten. (5) Ebenso flohen17 die Allobroger zu Caesar, die jenseits der Rhône Dörfer und Güter besaßen, und machten deutlich, dass ihnen außer dem Ackerboden nichts übrig geblieben sei. (6) Durch diese Dinge veranlasst, beschloss Caesar, dass er nicht abwarten dürfe18 bis die Helvetier alles Hab und Gut der Verbündeten aufgebraucht haben würden und sie in das Gebiet der Santonen gelangten.

1,12

(1) Der Arar ist ein Fluss, der durch das Gebiet der Häduer und der Sequaner hindurch in die Rhône mündet, und von so unglaublicher Sanftheit ist, dass mit den Augen nicht beurteilt werden kann, in welche Richtung er fließt. (2) Die Helvetier überquerten diesen gerade mit Hilfe von Flößen und zusammengebauten19 Kähnen. Sobald Caesar durch Kundschafter benachrichtigt wurde, dass die Helvetier bereits dreiviertel ihrer Scharen über den Fluss geführt hatten, der vierte Teil aber diesseits des Flusses Arar übrig geblieben war, brach er mit drei Truppen während der dritten Nachtwache20 aus dem Lager auf und gelangte zu dem Teil [der Helvetier], der den Fluss noch nicht überquert hatte. (3) Nachdem er diese, die [durch Gepäck[21] ] verhindert und ahnungslos waren, angegriffen hatte, tötete er einen großen Teil von ihnen. Die Übrigen flohen und verbargen sich in den umliegenden Wäldern. (4) Dieser Stamm22 wurde Tigurinus genannt; denn das ganze Volk23 der Helvetier24 wird in vier Stämme unterteilt. (5) Nachdem er aus seiner Heimat ausgerückt war, hatte dieser eine Stamm zur Zeit unserer Väter den Konsul Cassius getötet25 und sein Heer unter das Joch geschickt. (6) Entweder durch Zufall oder durch den Beschluss der unsterblichen Götter, verbüßte so der Teil des helvetischen Stammes, der dem römischen Volk eine beispiellose Niederlage zugefügt hatte, als erster die Strafen. (7) Damit rächte Caesar nicht nur staatliches, sondern auch privates Unrecht, weil die Tiguriner in derselben Schlacht in der sie Cassius getötet hatten, (auch) den Großvater seines Schwiegervaters26, den Legaten L. Piso, getötet hatten.

[...]


1 S. Will, W., Veni, vidi, vici : Caesar und die Kunst der Selbstdarstellung (Darmstadt 2008). S. 10

2 Wimmel stellt dar, dass Caesar wegen unterschiedlicher Vorwürfe Verfahren in Rom drohten und er deshalb u.a. außenpolitische Erfolge vorweisen musste, um die Anklagepunkte zu relativieren (vgl. Wimmel, W., Caesar und die Helvetier, in: RhM 123 (1980). S. 131)

3 S. Koutroubas D., Die Darstellung der Gegner in Caesars Bellum Gallicum . Inaugual-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft der Ruprecht-Karl-Universität zu Heidelberg (Heidelberg 1972). S. 86. sowie Holzberg, N., Der Feldherr als Erzählstratege: Caesar über Caesar und die Germanen, in: M. Hose (Hrsg.): Große Texte alter Kulturen. Literarische Reise von Gizeh nach Rom (Darmstadt 2004). S. 175.

4 in animo esse ist eigentlich noch kein feststehender Plan, sondern bedeutet lediglich, dass (vermutlich einige) Helvetier diese Möglichkeit in Erwägung ziehen.

5 Was außerhalb der Provinzgrenzen geschieht, liegt außerhalb von Caesars Kompetenzbereich. Indem er das Siedlungsgebiet mehr oder minder in die Provinznachbarschaft verlegt, wird es hingegen wieder zu einem römischen Problem. Auch weiß man nicht, inwieweit Caesar die Entfernung tatsächlich einschätzen konnte. (Vgl. F. Kraner/W. Dittenberger/H. Meusel, C. Iulii Caesaris Commentarii De Bello Gallico, Bd. 1 (Berlin 1964), (im Folgenden KDM abgekürzt) S. 103) Näheres zu dieser Diskussion auf Seite 7 dieser Arbeit

6 gemeint ist hier die in Bell. Gall. 8,1 erbaute Befestigungsanlage der Römer, um die Helvetier an einem gewaltsamen Durchqueren der Provinz zu hindern

7 fecerat wirkt, als hätte Caesar selbst die Anlage allein gebaut, was eher unrealistisch ist

8 magnis itineribus sind wörtlich in etwa "große Wege", die er zurücklegt

9 "Die Winterquartiere waren gewöhnlich nicht in den Städten, daher circum" (KDM, 1964, S. 104)

10 proximum iter in ulteriorem Galliam wörtlich ungefähr "der dem jenseitigen Gallien nächste Weg"

11 citerioris provinciae eigentlich ein Genitiv, der sich ebenfalls auf fines bezieht

12 copiae umfasst bei Caesar nicht nur "Truppen", sondern auch "Besitztum"(s. KDM, 1964, S. 86); da die Helvetier geschlossen auswandern, wurde sich hier für "Scharen" entschieden

13 zur Reihenfolge der Durchquerten Gebiete und den Verwüstungsstatus des Häduer-Landes siehe 3.2

14 wörtl.: das Ihre

15 Diese Aussage legt die Vermutung nahe, dass Caesar schon weit vor dem Hilferuf mit seinem Heer aufgebrochen war (vgl. KDM, 1964, S. 107)

16 ebd.

17 wörtl.: sie ziehen sich in die Flucht zurück; sie fliehen noch bevor die Helvetier überhaupt angegriffen hatten (vgl. KDM, 1964, S. 107)

18 wörtl.: dass für ihn nicht abzuwarten sei

19 eigtl. iungere = "verbunden"; nicht ganz eindeutig, aber unwahrscheinlich, dass die Gefährte tatsächlich zusammengebunden o.ä. wurden (vgl. KDM, S. 108)

20 ebd.; sowie Georges 'de' II.A.: 'in der Zeit'

21 S. KDM, 1964, S. 109

22 vgl. Georges 'pagus' II. "Bezirk", Caesar meint hier eher eine Einteilung innerhalb der Bevölkerungsstruktur (vgl. auch KDM, S. 109)

23 siehe KDM, S. 109, civitas als Bevölkerung übersetzt, hier als Stamm wiedergegeben

24 Helvetia eigentlich Adjektiv

25 gemeint ist hier die Schlacht 106 v.Chr.in der sich die Tiguriner den Cimbern angschlossen hatten ( s. Caesar und die Grenzen. Information und Propaganda in den Commentarii de bello Gallico, in: SO 49 (1973). S. 110); diese Schlacht findet bei ihm bereits in Bell. Gall. 7,4 Erwähnung – dort schreibt er sie noch "den Helvetiern" zu

26 Großvater seiner Gattin Calpurnia, die er ein Jahr zuvor ehelichte (s. KDM, 1964, S. 109)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Beginn des Bellum Helveticum und seine Darstellung
Untertitel
Eine Interpretation zu Julius Caesars „Commentarii de Bello Gallico“ 1,10-12
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Griechische und Lateinische Philologie)
Veranstaltung
Römische Historiker: Caesar, De bello Gallico und De bello civili
Note
1,3
Jahr
2011
Seiten
14
Katalognummer
V308079
ISBN (eBook)
9783668061781
ISBN (Buch)
9783668061798
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Caesar, Bellum Gallicum, de bello Gallico, Helvetier, Vercingetorix, Übersetzung, Analyse, Interpretation, Bellum Helveticum, Häduer, Dumnorix, Sequaner, Krieg, Gallien, Rom, römsiches Reich, Santonen, Tolosaten, Ambarrer, Allobroger, Arar
Arbeit zitieren
Anonym, 2011, Der Beginn des Bellum Helveticum und seine Darstellung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/308079

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