Funktionelle Lebensmittel in der Ernährungswirtschaft

Functional Food


Fachbuch, 2015

93 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
1.2 Vorgehensweise

2 Funktionelle Lebensmittel
2.1 Begriffsbestimmung und Definition
2.2 Synonyme
2.3 Wirkstoffe und deren Funktionen
2.3.1 Omega-3-Fettsäuren
2.3.2 Antioxidantien
2.3.3 Präbiotika
2.3.4 Probiotika
2.3.5 Synbiotika

3 Abgrenzung Funktioneller Lebensmitteln gegenüber anderen Produkten und Lebensmitteln
3.1 Nahrungsergänzungsmittel
3.2 Arzneimittel
3.3 Diätische Lebensmittel
3.4 Nährstoffangereicherte Lebensmittel
3.5 Neuartige Lebensmittel

4 Lebensmittelrechtliche Rahmenbedingungen
4.1 Die Lebensmittelbasisverordnung
4.2 Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch
4.3 Die Health-Claims-Verordnung
4.3.1 Nährwertbezogene Angaben
4.3.2 Gesundheitsbezogene Angaben
4.3.2.1 Gesundheitsbezogene Angaben nach Artikel
4.3.2.2 Gesundheitsbezogene Angaben nach Artikel
4.3.3 Nährwertprofile
4.4 Anreicherungsverordnung

5 Die deutsche Ernährungswirtschaft
5.1 Der Außer-Haus-Markt
5.1.1 Die Individualgastronomie
5.1.2 Die Gemeinschaftsgastronomie
5.1.3 Die Systemgastronomie
5.2 Die Lebensmittelindustrie
5.3 Der Lebensmittelhandel

6 Implikationen Funktioneller Lebensmittel für die Ernährungswirtschaft

7 Marktübersicht und Produktbeispiele für Funktionelle Lebensmittel
7.1 Funktionelle Getränke
7.2 Funktionelle Milcherzeugnisse
7.3 Funktionelle Backwaren
7.4 Funktionelle Lebensmittel mit Fetten
7.5 Andere Funktionelle Lebensmittel

8 Markterfolg mit Funktionellen Lebensmitteln
8.1 Markttrends und die Bedeutung des Verbrauchers
8.2 Aspekte bei der Herstellung Funktioneller Lebensmittel
8.2.1 Beschaffung der Rohware
8.2.2 Technologien für die Produktion Funktioneller Lebensmittel
8.2.3 Überprüfung der produktspezifischen Eigenschaften
8.2.3 Wirksamkeitsnachweise des gesundheitlichen Zusatznutzens
8.3 Innovationen
8.4 Forschung und Entwicklung
8.5 Marketingmix für Funktionelle Lebensmittel

9 Kritische Betrachtung von Funktionellen Lebensmitteln
9.1 Aus Sicht der Hersteller
9.2 Aus Sicht der Verbraucher und Verbraucherverbände
9.3 Aus Sicht der Wissenschaft
9.4 Aus Sicht der EFSA

10 Fazit

11 Abkürzungsverzeichnis

12 Abbildungsverzeichnis

13 Tabellenverzeichnis

14 Formelverzeichnis

15 Literaturverzeichnis

16 Internetquellen

1 Einleitung

Der deutsche Markt für Lebensmittel ist gesättigt. (Dustmann H. , 2014) Die Angebotspalette ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Im Jahre 2013 befanden sich rund 170.000 Lebensmittel auf dem Markt, so viel wie noch nie zuvor. (dpa, 2013) Zu begründen ist dies mit der steigenden Anzahl an internationalen Unternehmen der Ernährungswirtschaft, die im Zuge der Globalisierung auf den deutschen Lebensmittelmarkt vordringen und dem Verbraucherwunsch nach einem vielfältigen Lebensmittelangebot nachkommen. Unternehmen der Ernährungswirt­schaft unterliegen jedoch harten Wettbewerbsbedingungen. Um am Markt erfolgreich zu bestehen, sind sie daher angehalten, den aktuellen Verbraucherwünschen zu ent­sprechen und ständig neue Produkte zu entwickeln. (BMEL, 2014) Die Verbraucher­wünsche werden aus aktuellen Marktrends abgeleitet. Längerfristige und zukunfts­weisende Trends in der Ernährung sind Studien und Umfragen zufolge Gesundheit, Wellness und Fitness. Diese Trends gehen mit einem immer stärker werdenden Ge­sundheitsbewusstsein in der Bevölkerung und einer alternden Gesellschaft (Demo­grafischen Entwicklung) einher. (Henes-Karnahl, 2007); (Nestlé Studie , 2012)

Die genannten Trends haben zu neuen Markt- und Wachstumssegmenten geführt, die entsprechend von der Ernährungswirtschaft in Form von neuen und innovativen Produkten bedient werden. (IVV, WZW, 2010) Seit Mitte der Neunziger Jahre hat sich im Zuge des Aufkommens dieser Trends eine neue Gruppe von Lebensmitteln auf dem deutschen Lebensmittelmarkt etabliert. Lebensmittel mit einem gesundheit­lichen Zusatznutzen, sogenannte Funktionelle Lebensmittel (FLM), gewinnen seither sukzessive an Bedeutung in der deutschen Ernährungswirtschaft. (Dustmann H. , 2006)

Mit FLM ist die Hoffnung auf eine gesündere Ernährungsweise und demzufolge auf die Verbesserung des Gesundheitszustandes in der Bevölkerung verbunden. (Kunz P. , Functional Food – Entwicklung und Hypothesen, 2005) Mit dieser Kategorie von Lebensmitteln antwortet die Ernährungswirt­schaft, insbesondere die Lebensmittel­industrie, mit der Entwicklung und Erforschung innovativer gesundheitsfördernder Lebensmittel auf die Trends der Zeit. (Maciejewski, 2014)

1.1 Zielsetzung der Arbeit

Durch den gesundheitlichen Zusatznutzen heben sich FLM von traditionellen Le­bensmitteln ab und bilden ein eigenes Marktsegment mit besonderen Anforderungen an die Ernährungswirtschaft. In dieser Arbeit wird zunächst der Markt für FLM son­diert und es werden Implikationen von FLM für die Ernährungswirtschaft herausge­arbeitet. Die besonderen Anforderungen an FLM im Kontext einer erfolgreichen Markteinführung werden in dieser Arbeit als zentrales Ziel herausgearbeitet. Dabei sollen die wesentlichen Erfolgsfaktoren unter Bezugnahme auf folgende Fragestel­lung identifiziert und analysiert werden:

Welche wesentlichen Faktoren beeinflussen den Markterfolg von FLM?

Die Faktoren haben in dieser Arbeit nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr sollen die wesentlichen Faktoren herausgearbeitet werden. Abschließend werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst.

Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist es, das Thema im Kontext der Berufsschule für gastgewerbliche Berufe einzuordnen.

1.2 Vorgehensweise

Die vorliegende Arbeit ist in acht Kapitel gegliedert. Nach der Einleitung folgen allgemein relevante Informationen zu Funktionellen Lebensmitteln (FLM). Der für diese Arbeit zentrale Begriff Funktionelle Lebensmittel wird definiert und näher erläutert. Nachfolgend werden die am erfolgreichsten eingesetzten Wirkstoffe von FLM dargestellt. Die gebräuchlichsten Wirkstoffe und deren Funktionen werden aus­führlicher vorgestellt. Das dritte Kapitel stellt die Problematik der Abgrenzung von FLM zu anderen Lebensmittelgruppen dar. Wichtige Lebensmittelgruppen, die mit FLM interagieren, werden definiert, um diese besser abzugrenzen.

Im vierten Kapitel erfolgt eine lebensmittelrechtliche Auseinandersetzung. Dabei werden nationale und supranationale Gesetze auf europäischer Ebene in Bezug auf FLM interpretiert und anhand von Beispielen verdeutlicht.

Das fünfte Kapitel umfasst Hintergrundinformationen zur Ernährungswirtschaft. Die drei bedeutenden Akteure: Lebensmittelhandel, Lebensmittelindustrie und der Außer-Haus-Markt in Bezug auf FLM werden detaillierter darlegt beziehungsweise definiert. Im nachfolgenden Kapitel werden die Implikationen von FLM in der Ernährungs­wirtschaft mit dem Fokus auf die drei Hauptakteure herausgearbeitet, um die Bedeu­tung von FLM für die Ernährungswirtschaft zu verdeutlichen.

Das siebte Kapitel zeigt eine generelle Marktübersicht. Das Marktsegment der FLM und deren nationale und multinationale Herstellerfirmen werden dargestellt. FLM werden anschließend in Warengruppen untergliedert und mit Produktbeispielen, de­ren Wirkstoffen und deren jeweiligen Eigenschaften beziehungsweise Claims tabella­risch dargestellt.

Im achten Kapitel werden die Erfolgsfaktoren, die in Hinblick auf die Herstellung und den Verkauf beziehungsweise eine erfolgreiche Marktplatzierung von FLM entschei­dend sind, analysiert. Das nachfolgende Kapitel betrachtet kritische Aspekte von FLM aus verschiedenen Perspektiven. In diesem Kontext werden auch Erfolgshemm­nisse, die für dieses Segment bestehen, verdeutlicht.

Im abschließenden Kapitel erfolgt eine zusammenfassende Betrachtung der Arbeit. Die Eingangsfragestellung wird beantwortet und schließlich wird dazu kritisch Stel­lung genommen.

2 Funktionelle Lebensmittel

Das nachfolgende Kapitel liefert allgemeine Informationen zu FLM. Zudem wird dieser Arbeit eine Definition für FLM zugrunde gelegt und gängige Wirkstoffe für FLM werden aufgezeigt.

2.1 Begriffsbestimmung und Definition

Der Terminus Funktionelle Lebensmittel (FLM) ist aus der englischen Bezeichnung „ Functional Food“ abgeleitet. Als „funktionell“ werden in der Ernährungswirtschaft im Allgemeinen Lebensmittel angesehen, die über ihre reguläre Ernährungsfunktion hinaus über einen gesundheitlichen Nutzen verfügen. (Offenberger, 2010)

Bisher besteht in Deutschland und in der Europäischen Union (EU) keine einheitliche beziehungsweise allgemein lebensmittelrechtlich verbindliche Definition für FLM. Im Jahre 1995 wurde auf Anregung der Europäischen Kommission eine wissenschaft­liche Arbeitsgruppe (Functional Food Science in Europe, FUFOSE) über FLM in Europa implementiert, die Kriterien für die Beurteilung von FLM erarbeitete. (Pütz, 2012); (Burger & Schalzl-Beste, 2009) Im Jahre 1999 wurde im Abschlussbericht der FUFOSE eine Definition für FLM vorgeschlagen, die aber bis heute noch nicht in europäisches Recht umgesetzt wurde; folgende Definition wurde von der FUFOSE erarbeitet:

„Ein Lebensmittel kann als ‚funktionell‘ angesehen werden, wenn es über adäquate ernährungsphysio­logische Effekte hinaus einen nachweisbaren posi­tiven Effekt auf eine oder mehrere Zielfunktionen im Körper ausübt, sodass ein verbesserter Gesundheits­status oder gesteigertes Wohlbefinden und/oder eine Reduktion von Krankheitsrisiken erreicht wird. Funktionelle Lebensmittel werden ausschließlich in Form von Lebensmitteln – und nicht wie Nahrungsergänzungsmittel in arzneimittelähnlichen Darreichungsformen – angeboten. Sie sollen Bestandteil der normalen Ernährung sein und ihre Wirkungen bei üblichen Verzehrsmengen entfalten. Ein funktionelles Lebensmittel kann ein natürliches Lebensmit­tel sein oder ein Lebensmittel, bei dem ein Bestandteil angereichert bzw. hinzugefügt oder abgereichert bzw. entfernt worden ist. Es kann außerdem ein Lebensmittel sein, in dem die natürliche Struktur einer oder mehrerer Komponenten modifiziert oder deren Bioverfügbarkeit verändert wurde. Ein funktionelles Lebensmittel kann für alle oder für definierte Bevölkerungsgruppen funktionell sein, zum Beispiel definiert nach Alter oder genetischer Konstitution.“ (Offenberger, 2010)

Diese Definition ist zurzeit in der Fachwissenschaft am geläufigsten. Auch die amt­liche Lebensmittelüberwachung in Deutschland lehnt sich an diese Definition an. (Offenberger, 2010) Im weiteren Verlauf dieser Arbeit dient diese Definition als Arbeitsgrundlage.

Die FUFOSE definierte zudem, dass ein FLM über seinen eigentlichen ernährungs­physiologischen Effekt hinaus einen nachweisbaren positiven Effekt auf den Körper ausüben muss. (British Journal of Nutrition, 1999) Das heißt, dass FLM neben ihrem natürlichen ernährungsphysiologischen Wert einen zusätzlichen Nutzen aufweisen müssen (Added Value). Die hauptsächlichen Zusatznutzen von FLM sind:

- Steigerung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens
- Erhalt der Gesundheit
- Reduktion eines Krankheitsrisikos
- Prävention von Krankheiten (Offenberger, 2010)

Der Zusatznutzen von FLM sollte neben dem Ernährungs- und Genusszweck eine eher untergeordnete oder gleichwertige Rolle spielen, da diese Art von Lebensmitteln nicht den Zweck erfüllt, eine Mangelernährung[1] auszugleichen. (Pütz, 2012) FLM sind Bestandteil der allgemeinen Ernährung und bestehen je nach Definition aus natürlich vorkommenden Inhaltsstoffen von Lebensmitteln (Kügel, 2010) oder auch aus synthetisch hergestellten Inhaltsstoffen. (Dustmann H. , 2014) FLM werden nicht in Form von Pulvern, Tabletten, Kapseln, Granulaten oder Ähnlichem angeboten. (Kügel, 2010)

Bestimmte Lebensmittel, wie zum Beispiel Lachs (reich an Omega-3-Fettsäuren), Nüsse oder bestimmtes Obst und Gemüse, besitzen bereits im Naturzustand auf­grund ihrer Inhaltsstoffe beziehungsweise Wirkstoffe einen gesundheitlichen Zusatz­nutzen. (Fuchs, 2006) Um die Funktionalität eines Lebensmittels herzustellen, gibt es prinzipiell fünf Möglichkeiten:

1. die Bioverfügbarkeit der Inhaltsstoffe wird verbessert
2. unerwünschte Bestandteile können aus dem Lebensmittel entfernt werden
3. die Erhöhung der Konzentration natürlich vorkommender Inhaltsstoffe bezie­hungsweise Wirkstoffe
4. durch den Zusatz von Wirkstoffen, die in dem Lebensmittel nicht in natürlicher Form vorhanden sind
5. die Substitution von Inhaltsstoffen (Kügel, 2010)

In dieser Arbeit wird der Fokus auf die Punkte 3 und 4 gelegt.

Eine rechtlich bindende Definition für FLM existiert bisher nur in Japan. FLM werden dort unter dem Begriff „FOSHU“ angeboten (Baltes & Matissek, 2011). Die Abkür­zung FOSHU bedeutet: Food for Specific Health Use, was übersetzt bedeutet: Nah­rungsmittel mit einem gesundheitlichen Nutzen. FOSHU-Produkte, die in Japan auf den Markt kommen, unterliegen einem staatlichen Zulassungsverfahren. (Rimbach, Ebersdobler, & Möhring, 2010) Als FOSHU anerkannte Lebensmittel erhalten das FOSHU- Siegel. (fujicco, 2015)

2.2 Synonyme

Synonyme für FLM sind Designer Food, Nutraceuticals, Foodsceuticals, Healthy Food, Beauty Food und Pharma Food. Diese Bezeichnungen sind in den Vereinigten Staaten von Amerika in den 1990er-Jahren üblich gewesen. Da der Begriff Func­tional Food den vorgesehenen Nutzen am ehesten trifft, ist dies zurzeit auch die gängigste Bezeichnung für diese Art von Lebensmitteln. (Fuchs, 2006), (Pütz, 2012)

2.3 Wirkstoffe und deren Funktionen

Die Wirkstoffe von FLM sind äußerst vielfältig. Folgende Wirkstoffe werden vorwie­gend für FLM eingesetzt:

- Proteine, Peptide und Aminosäuren
- Probiotika
- Phenole und Polyphenole
- Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe

(Erbersdobler, 2014); (Rogdaki, 2003); (Hüsing, Menard, & Scheef, 1999)

Nachfolgend werden die gebräuchlichsten und am Lebensmittelmarkt etablierten Wirkstoffe in FLM näher erläutert.

2.3.1 Omega-3-Fettsäuren

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie die Omega-3-, Omega-6- und Omega-9-Fett­säuren, sind für die menschliche Ernährung essenziell, da sie nicht vom mensch­lichen Organismus synthetisiert werden können. Sie müssen dem Organismus daher mit der Nahrung zugeführt werden. (Baltes & Matissek, 2011) Die wichtigsten Omega-3-Fettsäuren sind alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). (Erbersdobler, 2014) Formel 1 zeigt die Strukturformel der Linolensäure mit der Position der ersten Doppelbindung, welche entscheidend für die Art der ungesättigten Fettsäure ist.

Formel 1: Strukturformel alpha-Linolensäure (ALA) (Der Arzneimittelbrief, 2015)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Omega-3-Fettsäuren bilden wichtige Strukturen im Organismus, sie sind zum Bei­spiel Bestandteil von Membranen und Gehirnzellen und sind für die Bildung und Erhaltung der Retina erforderlich. Ein Erwachsener sollte circa ein bis zwei Gramm täglich an Omega-3-Fettsäuren mit der Nahrung aufnehmen, wobei das Verhältnis zwischen Omega-6-Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren fünf zu eins betragen sollte. ( Koerber & Leitzmann, 2004) Omega-3-Fettsäuren wirken besonders Arteriosklerose und der Krebsentstehung entgegen. (Baltes & Matissek, 2011) Stu­dien belegen, dass sich diese Fettsäuren positiv auf die Psyche auswirken können (bei ADHS, Depressionen und Demenz), zudem sind sie hilfreich bei Diabetes, Schuppenflechte und Allergien und wirken positiv auf das Herz-Kreislauf-System. (Hamm & Neuberger, 2008) Omega-3-Fettsäuren sind von Natur aus vor allem in fetten Mee­res- und Seefischen, wie zum Beispiel Lachs, Aal, Heilbutt, Hering, Makrele und Bückling enthalten. Höhere Konzentrationen sind in Nüssen, Samen und Hülsen­früchten sowie in Pflanzenölen wie Walnussöl, Rapsöl und Leinöl enthalten. Gerin­gere Konzentrationen sind auch in diversen Gemüsesorten wie Blumenkohl, Grün­kohl und Spinat zu finden. (Erbersdobler, 2014)

In FLM werden Omega-3-Fettsäuren in verschiedenen Backwaren wie Brot oder Brötchen, in Pflanzenmargarinen oder auch in Eiern zugesetzt, dies vor allem, um die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Omega-3-Fettsäuren zu nutzen und das Produkt dementsprechend auszuloben. (Erbersdobler, 2014)

2.3.2 Antioxidantien

Antioxidantien sind Stoffe, die unerwünschte Oxidationen anderer Substanzen gezielt verzögern oder sogar ganz abwehren. Antioxidantien haben die Fähigkeit, die Bil­dung von freien Radikale n (enthalten ein ungepaartes Elektron) zu verhindern, indem sie reaktive Sauerstoffverbindungen abfangen. Sie können auch bereits bestehende Radikale gewissermaßen neutralisieren, indem sie dem freien Radikal ein Elektron zur Verfügung stellen, ohne dabei selbst zum Radikal zu werden. (Rogdaki, 2003); (Leitzmann & Elmadfa, 2004)

Freie Radikale entstehen durch den normalen metabolischen Prozess im Organis­mus oder sie werden dem Körper aus externen Quellen zugeführt, wie zum Beispiel durch UV-Strahlung, Zigarettenrauch, ionisierende Strahlung oder durch diverse Um­weltgifte. Freie Radikale haben eine schädigende Wirkung auf Proteine, Kohlenhy­drate, Lipide und Nucleinsäuren. Es kommt dabei auch zur Schädigung beziehungs­weise Veränderung der Desoxyribonukleinsäure (DNA), was zur Krebsentstehung und zur Arterioskleroseentwicklung durch Lipidperoxidanionen beitragen kann. Freie Radikale können auch bei Krankheiten wie Rheuma, Alzheimer und anderen dege­nerativen Erkrankungen eine signifikante Rolle spielen. (Hüsing, Menard, & Scheef, 1999); (Leitzmann & Elmadfa, 2004)

Neben den körpereigenen Antioxidantien, wie zum Beispiel Katalase, können auch eine Reihe von Antioxidantien durch die Nahrung aufgenommen werden. Dazu gehören vor allem:

- Ascorbinsäure (Vitamin C)
- Tocopherol (Vitamin E)
- Carotinoide
- Flavonoide
- Catechine
- Anthocyane (Hüsing, Menard, & Scheef, 1999); (Sass, 2014)

Vitaminangereicherte FLM, die vorwiegend einen antioxidativen Effekt ausüben sollen, sind vor allem die sogenannten ACE-Produkte. Diese Produkte enthalten das Provitamin A, Vitamin C und Vitamin E. Carotinoide, Flavonoide, Catechine und Anthocyane gehören zu den antioxidativ wirkenden Pflanzenphenolen. Diese Stoffe werden in FLM nicht nur als gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe eingesetzt, sie dienen zum Teil auch als Geschmacks- und Farbstoffe. (Sass, 2014)

2.3.3 Präbiotika

Präbiotika sind in der allgemeinen Fachliteratur folgendermaßen definiert:

Präbiotika sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile, die ihren Wirt günstig beeinflussen, indem sie das Wachstum und/oder die Aktivität einer oder mehrerer Bakterienarten im Dickdarm gezielt anregen und somit die Gesundheit des Wirts verbessern.“ (Gibson & Roberfroid, 1995)

Präbiotika sind überwiegend unverdauliche Kohlenhydrate (Ballaststoffe) wie Inulin, Oligofruktose, Neosugar, Galaktooligo-Saccharide und Sojaoligo-Saccharide. Diese Stoffe stimulieren im Dickdarm bestimmte Bakterien und erhöhen somit deren Gesamtanzahl. Vornehmlich wird die Zellzahl folgender Bakterien positiv beeinflusst: Bifidobacteria, Lactobacilli und das Clostridium coccoides-Eubacterium rectale -Cluster mit Roseburia und Faeccalibacterium prausnizi. Somit sind Präbiotika eine Art Substanzquelle für Probiotika. (Biesalski, Bischoff, & Puchstein, 2004); (Jacobasch & Dongowski, 2014)

Präbiotika haben folgende positive Wirkungen auf den menschlichen Organismus:

- Stabilisierung einer gesunden Darmflora
- Stärkung des Immunsystems
- Prävention von Diabetes mellitus Typ 2
- Prävention von Darmerkrankungen
- Vorbeugung neurodegenerativer Erkrankungen (Jacobasch & Dongowski, 2014)

Präbiotika haben im Segment der FLM einen hohen Stellenwert. Vorwiegend werden Präbiotika bei Joghurts, Backwaren, Müslis und Riegeln zugesetzt (extrinsische FLM). Präbiotika sind von Natur aus zum Beispiel in Chicorée, Schwarzwurzeln, Artischocken und in Topinambur enthalten. (Rimbach, Ebersdobler, & Möhring, 2010)

2.3.4 Probiotika

Probiotische Lebensmittel gehören zu den ältesten FLM. Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die in Rein- oder Mischkultur vorkommen. Dazu zählen vor allem Milchsäurebakterien der Gattungen Lactobacillus, Enterococcus und Bifidobacterium. Auch diverse Hefestämme können als Probiotika eingesetzt werden. Probiotika wir­ken nach oraler Aufnahme in ausreichender Menge besonders günstig auf den Intestinaltrakt, indem sie sich dort ansiedeln (Kolonisation) und die Darmflora positiv beeinflussen. Probiotika entfalten dabei eine gesundheitsfördernde beziehungsweise gesundheitserhaltende Wirkung auf den Wirt, die zu großen Teilen wissenschaftlich belegt ist. (Rimbach, Ebersdobler, & Möhring, 2010); (Krämer, 2007) Eine rechtlich verbindliche Definition für Präbiotika existiert bisweilen noch nicht. (Vrese & Schrezenmeir, 2014)

Probiotische Mikroorganismen haben diverse Eigenschaften zu erfüllen, um in einem FLM zugesetzt zu werden. Die Mikroorganismen sollten natürlich in der Darmflora vorkommen und sie müssen die Fähigkeit haben, im Lebensmittel zu überleben, das heißt, sie müssen im Produkt lebendig sein. Außerdem müssen sie gesundheitlich „sicher“ beziehungsweise völlig unbedenklich sein. Bei FLM muss der gesundheit­liche Zusatznutzen auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen beruhen. (Vrese & Schrezenmeir, 2014)

Das Angebot an probiotischen FLM ist sehr groß. Probiotika werden vorwiegend in fermentierten Milchprodukten wie Joghurt und Kefir zugesetzt, da diese Produkte von Natur aus lebende Milchsäurebakterien haben. Des Weiteren existieren probiotische Süßwaren und Dessertprodukte, probiotisches Milchpulver, Säuglingsnahrung, Mayonnaise und Rohwürste. (Vrese & Schrezenmeir, 2014); (Rimbach, Ebersdobler, & Möhring, 2010)

2.3.5 Synbiotika

Sym- oder synbiotische Produkte sind eine Kombination aus Präbiotika und Probio­tika in einem Lebensmittelsystem. Solche FLM enthalten probiotische Mikroorganis­men, die die Darmflora positiv beeinflussen, und präbiotische Substanzen, die den probiotischen Mikroorganismen als Energie- und Nährstoffquelle dienen. Synbiotika haben somit einen synergistischen Effekt. (Kiefer & Burger, 2002)

3 Abgrenzung Funktioneller Lebensmitteln gegenüber anderen Produkten und Lebensmitteln

FLM lassen sich von Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln zum einen durch die Darreichungsform und zum anderen durch die jeweils zugesetzten Stoffe bezie­hungsweise Substanzen abgrenzen. (Offenberger, 2010) Eine eindeutige Abgren­zung ist jedoch mangels einer rechtlich bindenden Definition für FLM schwierig beziehungsweise teilweise nicht möglich, da die Übergänge in vielen Fällen fließend sind. (Kunz P. , 2005)

Nachfolgend werden Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel, Diätische Lebens­mittel, nährstoffangereicherte Lebensmittel und neuartige Lebensmittel definiert, um die Abgrenzung von FLM zu verdeutlichen.

3.1 Nahrungsergänzungsmittel

Nahrungsergänzungsmittel sind im Sinne der Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Ernährung zu ergän­zen. Nahrungsergänzungsmittel sind nach der Nemv:

„Konzentrate aus Nährstoffen[2] oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifi­scher oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt und in dosierter Form, insbesondere in Form von Kapseln, Pastillen, Tablet­ten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüs­sigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Men­gen, in den Verkehr gebracht wird.“ (NemV, 2004)

Aus rechtlicher Sicht werden an Nahrungsergänzungsmittel, neben der besonderen Kennzeichnungspflicht, keine höheren Anforderungen als an Lebensmittel gestellt. Es ist nicht vorgeschrieben, dass diese Mittel für den Verbraucher einen bestimmten Nutzen haben müssen. Es ist daher auch irrelevant, ob der Verbraucher durch die Zufuhr des Produktes profitiert oder nicht. (Baltes & Matissek, 2011)

3.2 Arzneimittel

Arzneimittel werden in Deutschland über das Arzneimittelgesetz (AMG) in § 2 Absatz 1 AMG wie folgt definiert:

„Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung mensch­licher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um ent­weder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immuno­logische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.“ (AMG, 2005)

Alle Arzneimittel müssen, bevor sie auf den Markt gebracht werden, vom Bundes­institut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden. Die Wirk­samkeit und die Unbedenklichkeit für die Gesundheit müssen zuvor in ent­sprechenden Verfahren nachgewiesen werden. (BMG, I, 2014) Viele FLM befinden sich aufgrund ihres Zusatznutzens und der jeweiligen Auslobung in einer rechtlichen Grauzone. Auch bei gewissen Arzneimitteln sind die Grenzen fließend, wie zum Bei­spiel bei Heilwässern. Diese haben eine besonders hohe Konzentration bestimmter Mineralstoffe oder Spurenelemente und können somit Krankheiten vorbeugen. Diese Mineralwasser müssen beim BfArM als Arzneimittel zugelassen werden. FLM gren­zen sich jedoch eindeutig durch das Verbot von krankheitsbezogener Auslobung beziehungsweise Werbung von Arzneimitteln ab. (Pütz, 2012); (Burger & Schalzl-Beste, 2009)

3.3 Diätische Lebensmittel

Diätische Lebensmittel sind Lebensmittel, die durch die Zufuhr von Nährstoffen oder andere ernährungsphysiologisch oder diätetisch wirkende Stoffe für bestimmte Ernährungszwecke hergestellt sind. Diätische Lebensmittel dienen den besonderen Anforderungen von Personen, die aufgrund von Krankheiten, Überempfindlichkeiten, Mangelerscheinungen, Schwangerschaft, Stillzeit oder anderen physiologischen Umständen besondere Ernährungserfordernisse besitzen. (Baltes & Matissek, 2011) Die Eignung des Lebensmittels für bestimmte Anforderungen muss dabei wissen­schaftlich belegt sein. Alle rechtlichen Aspekte (Zusammensetzung, Herstellung und Kennzeichnung) von diätischen Lebensmitteln werden national in der Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) geregelt und auf europäischer Ebene über die Richtlinie 89/398/EWG („Richtlinie zur Angleichung der Mitgliedstaaten über Lebens­mittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind“). (BVL, I, 2014)

Diätische Lebensmittel sind vorwiegend für medizinische Zwecke vorgesehen. Sie sollen Störungen und Krankheiten ernährungsmedizinisch begleiten. (Pütz, 2012)

3.4 Nährstoffangereicherte Lebensmittel

Nährstoffangereicherte Lebensmittel werden essenzielle Nährstoffe, wie Vitamine, Mineralstoffe und andere bestimmte Stoffe[3], zugesetzt. Die zugesetzten Mengen müssen dabei deutlich über den natürlich vorkommenden Werten liegen. Ziel dieser Zusetzung ist es, bestimmte Nährstoffdefizite bei der Ernährung auszugleichen. (Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2004) Die Nährstoffanreicherung wird auf euro­päischer Ebene durch die Verordnung EG Nr. 1924/2006 gesetzlich geregelt (siehe Kapitel 4.3). Nährstoffangereicherte Lebensmittel können der Gruppe der FLM zuge­ordnet werden, wenn deren zweckgerechter Nutzen, die Prävention von Mangeler­scheinungen, über den ernährungsphysiologischen Nutzen hinausgeht. (Burger & Schalzl-Beste, 2009)

3.5 Neuartige Lebensmittel

Neuartige Lebensmittel, auch Novel Foods genannt, sind Lebensmittel oder Lebens­mittelzutaten, die vor Inkrafttreten der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 258/97 (Novel-Food-Verordnung) vom 15. Mai 1997 noch nicht in nennenswertem Umfang für den Verzehr verwendet wurden. (Baltes & Matissek, 2011) Novel Foods müssen in eine der folgenden Kategorien fallen:

- „neuer oder gezielt modifizierter primärer Molekularstruktur
- aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen bestehen oder aus diesen isoliert worden sind
- die aus Pflanzen bestehen oder aus Pflanzen isoliert worden sind, und aus Tieren isolierte Lebensmittelzutaten, außer Lebensmittel oder Lebensmittel­zutaten, die mit herkömmlichen Vermehrungs- oder Zuchtmethoden gewon­nen wurden und die erfahrungsgemäß als unbedenkliche Lebensmittel gelten können
- bei deren Herstellung ein nicht übliches Verfahren angewandt worden ist und bei denen dieses Verfahren eine bedeutende Veränderung ihrer Zusammen­setzung oder der Struktur der Lebensmittel oder der Lebensmittelzutaten bewirkt hat, was sich auf ihren Nährwert, ihren Stoffwechsel oder auf die Menge unerwünschter Stoffe im Lebensmittel auswirkt.“ (BVL, II, 2014)

4 Lebensmittelrechtliche Rahmenbedingungen

Im deutschen Lebensmittelrecht greifen verschiedene Rechtsordnungen ineinander. Auf internationaler Ebene bestehen Richtlinien, Normen und Empfehlungen seitens der Welthandelsorganisation (WHO) und von der WHO gegründete Codex Alimenta­rius Kommission mit dem Ziel, den Gesundheitsschutz im Sinne des Verbrauchers zu sichern und Handelshemmnisse zu beseitigen. Jedoch sind diese Erlasse auf natio­naler Ebene erst rechtsbindend, wenn diese vom nationalen Gesetzgeber auch übernommen werden. (Kügel, 2010) Das Lebensmittelrecht in Deutschland ist eng an das Lebensmittelrecht in Europa geknüpft. Bis auf wenige Ausnahmen werden lebensmittelrechtliche Angelegenheiten auf europäischer Ebene in Form von Verord­nungen, Richtlinien und Empfehlungen entschieden. (Hagenmeyer, 2014) Verord­nungen sind für die EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar bindend. Richtlinien und Emp­fehlungen hingegen müssen von den Mitgliedstaaten erst in nationales Recht umge­setzt werden. (Kügel, 2010)

Es existiert derzeit keine rechtlich bindende Definition für FLM, sodass diese auch keine eigene rechtlich legitimierte Lebensmittelkategorie darstellen. Auch die Recht­sprechung hat in Bezug auf Lebensmittel, die einen funktionellen Nutzen aufweisen, keine inhaltlichen Regelungen erarbeitet oder festgelegt. (Kügel, 2010) In der EU und in Deutschland bestehen somit derzeit keine klaren gesetzlichen Regelungen für FLM (Stand Januar 2015), die über das allgemeine Lebensmittelrecht hinausgehen. (Hagenmeyer, 2014)

FLM fallen somit als Lebensmittel in erster Linie unter die Lebensmittelbasisver­ordnung (siehe Kapitel 4.1) und das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (siehe Kapitel 4.2). (Pütz, 2012) In Bezug auf Werbeversprechen der Ernährungswirtschaft über gesundheitliche und nährwertbezogene Angaben für FLM gilt seit dem 01. Juli 2012 EU-weit die Health-Claims-Verordnung (1924/2006). Die Health-Claims-Verordnung heißt übersetzt „ Gesundheitsbehauptungen-Verordnung “. (Verbraucherzentrale Sachsen, 2014) Ist eine Abgrenzung von FLM zu anderen Lebensmitteln (Novel Food, diätischen Lebensmittel und nährstoffangereicherten Lebensmitteln) nicht hinreichend möglich, kann die Novel-Food-Verordnung, die Anreicherungsverordnung oder die Verordnung über diätetische Lebensmittel greifen. (Pütz, 2012)

Nachfolgend werden die wichtigsten gesetzlichen Regelungen in Bezug auf FLM aufgeführt. Auf die Novel-Food-Verordnung und die Verordnung über Diätische Lebensmittel wird in dieser Arbeit kein Bezug genommen.

4.1 Die Lebensmittelbasisverordnung

Die Lebensmittelbasisverordnung (Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates) regelt das Lebensmittelrecht auf europäischer Ebene. In Bezug auf FLM ist die Lebensmittelbasisverordnung von essenzieller Bedeutung, da FLM als Lebensmittel gelten und sie somit unter diese Verordnung fallen. (Hagenmeyer, 2014) Das europäische Lebensmittelrecht wird in der Veror­dnung (EG) Nr. 178/2002 in drei wesentliche Bereiche unterteilt:

- allgemeine Grundsätze des Lebensmittelrechts
- die Einrichtung einer Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
- Regelungen über ein Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (Meyer I. A., 2007)

Zudem ist in diesem Regelwerk die rechtlich bindende Definition von Lebensmitteln aufgeführt. Diese gilt für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union. (Hagenmeyer, 2014)

Nach der Lebensmittelbasisverordnung sind Lebensmittel wie folgt definiert:

„alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufge­nommen werden. Zu ,Lebensmitteln‘ zählen auch Getränke, Kaugummi sowie alle Stoffe — einschließlich Wasser —, die dem Lebensmittel bei seiner Her­stellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden.“ (Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Artikel 2, 2002, S. L31/7)

4.2 Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch

Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) ist am 7. September 2005 in Deutschland in Kraft getreten und löste das seit dem Jahre 1974 geltende Lebens­mittel- und Bedarfsgegenständegesetz ab. Das LFGB ergänzt auf nationaler Ebene alle rechtlichen Belange, die nicht in der Lebensmittelbasisverordnung geregelt sind. Für FLM sind die Paragrafen § 12 LFGB (Krankheitswerbeverbot) und § 11 LFGB (Schutz vor Täuschung und Irreführung) von besonderer Relevanz. (Pütz, 2012) (Hagenmeyer, 2014);

4.3 Die Health-Claims-Verordnung

Die Health-Claims-Verordnung ist eine europäische Verordnung mit dem Namen:

„Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel.“

Die Verordnung ist am 1. Juli 2007 in Kraft getreten und bezieht sich im Wesent­lichen auf nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben (Health-Claims) bei der Aufmachung, Kennzeichnung und Werbung für Lebensmittel. (Hagenmeyer, 2014) Die Verordnung gilt nicht für Nahrungsergänzungsmittel. Durch diese Verordnung sollen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in den Mitgliedstaaten harmonisiert wer­den, um eine einheitliche Regelung für den europäischen Binnenmarkt zu gewähr­leisten. Zudem soll diese Verordnung ein hohes Verbraucherschutzniveau innerhalb der EU sichern. (Health-Claims-Verordnung, 2006).

Da FLM über ihren normalen ernährungsphysiologischen Wert hinaus noch einen gesundheitlichen Zusatznutzen besitzen, wird dieser auch zumeist von der Ernäh­rungswirtschaft kommerziell beworben. (Dustmann H. , 2014) In diesem Kon­text ist die Health-Claims-Verordnung in Bezug auf Kennzeichnung, Werbung und Beschrei­bung von FLM für die Ernährungswirtschaft essenziell.

Die Health-Claims-Verordnung regelt die nährwert- und gesundheitsbezogenen An­gaben durch das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Wenn eine Angabe nicht zu­gelassen ist, dann darf diese auch nicht verwendet werden. Verallgemeinert heißt dies: „was nicht erlaubt ist, ist verboten“. Die nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben werden in Form eines sogenannten Positivkataloges angegeben. (BVL, IV, 2015)

Nach Artikel 12 gilt ein generelles Verbot über Angaben, die Folgendes suggerieren:

- dass beim Verzicht eines bestimmten Lebensmittels die Gesundheit beein­trächtigt wird
- Angaben über Ausmaß und Dauer einer Gewichtsabnahme
- Empfehlungen einzelner Ärzte und/oder Personen anderer medizinischer Berufe (Health-Claims-Verordnung, 2006)

Die Europäische Kommission betreibt ein öffentliches Gemeinschaftsregister (EU Re­gister of nutrition and health claims made on foods) über die nährwert- und gesund­heitsbezogenen Angaben. In diesem Gemeinschaftsregister, auch Unionsregister genannt, sind alle zugelassenen und abgelehnten Angaben (Claims) öffentlich über die Webseite der Europäischen Kommission einsehbar. (European Comission; I, 2015)

Nachfolgend werden nährwertbezogene Angaben, gesundheits- und krankheitsbe­zogene Angaben der Health-Claims-Verordnung näher erläutert.

4.3.1 Nährwertbezogene Angaben

Eine nähwertbezogene Angabe ist nach Artikel 2 Absatz 2 Nummer 4 „jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt“, und zwar im Hinblick auf den Brennwert (der Energie), die Nährstoffe und andere Substanzen[4]. (Health-Claims-Verordnung, 2006)

Nach Artikel 8 sind nähwertbezogene Angaben nur erlaubt, wenn sie auch im An­hang (Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung, L404/23) der Health-Claims-Verordnung aufgelistet sind und den festgesetzten Bedingungen entsprechen. (Health-Claims-Verordnung, 2006) Dies erfolgt in Form eines Positivka­taloges, der regelmäßig aktualisiert wird. (Meyer, III, 2008)

Tabelle 1 zeigt einen Auszug der nährwertbezogenen Angaben aus dem Anhang der Health-Claims-Verordnung.

Tabelle 1: Ausschnitt aus dem Anhang der Health-Claims-Verordnung (Health-Claims-Verordnung, 2006)

Energiearm

Die Angabe, ein Lebensmittel sei energiearm, sowie jede Angabe, die für den Ver­braucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Falle von festen Lebensmitteln nicht mehr als 40 kcal (170 kJ)/100 g oder im Falle von flüssigen Lebensmitteln nicht mehr als 20 kcal (80 kJ)/100 ml enthält. Für Tafel­süßen gilt ein Grenzwert von 4 kcal (17 kJ) pro Portion, die der süßenden Wirkung von 6 g Saccharose (ca. 1 Teelöffel Zucker) entspricht.

Fettarm

Die Angabe, ein Lebensmittel sei fettarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbrau­cher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln weniger als 3 g Fett/100 g oder weniger als 1,5 g Fett/100 ml im Fall von flüssigen Lebensmitteln enthält (1,8 g Fett pro 100 ml bei teilentrahmter Milch).

Zuckerfrei

Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Ver­braucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält.

Reduziert

Die Angabe, der Gehalt an einem oder mehreren Nährstoffen sei reduziert worden, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn die Reduzierung des Anteils mindestens 30 % gegenüber einem vergleichbaren Produkt ausmacht; ausgenommen sind Mikronährstoffe, für die ein 10 %iger Unterschied im Nährstoffbezugswert gemäß der Richtlinie 90/496/EWG des Rates akzeptabel ist, sowie Natrium oder der entsprechende Gehalt an Salz, für das ein 25 %iger Unterschied akzeptabel ist.

4.3.2 Gesundheitsbezogene Angaben

Gesundheitsbezogene Angaben sind nach der Health-Claims-Verordnung in drei wesentliche Bereiche gegliedert.

1. „andere gesundheitsbezogene Angaben als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kin­dern“ (Artikel 13.1)

2. „Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern“ (Artikel 13.5)

3. „Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos “ (Artikel 14), (Health-Claims-Verordnung, 2006)

Gesundheitsbezogene Angaben sind in der Health-Claims-Verordnung in Artikel 2 Absatz 2 Nummer 5 folgendermaßen definiert:

jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkate­gorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.“ (Health-Claims-Verordnung, 2006)

Produktbeispiele und deren gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) sind in Kapitel 7 dargestellt.

4.3.2.1 Gesundheitsbezogene Angaben nach Artikel 13

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) überprüft mit allgemein anerkannten wissenschaftlichen Analysemethoden seit dem Jahr 2007 die von den Lebensmittelherstellern eingereichten Werbeaussagen in Bezug auf die Gesund­heitsangaben eines Lebensmittels. Im Mai des Jahres 2012 wurde eine Positivliste mit erlaubten gesundheitsbezogenen Angaben (andere gesundheitsbezogene Anga­ben und Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern nach Artikel 13 ), sogenannten „Health Claims“, von der Europäischen Kommission in Form einer Verordnung mit folgenden Namen veröffentlicht:

„Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Fest­legung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern.“ (Verbraucherzentrale Sachsen, 2014)

Diese Verordnung ist seit dem 14. Dezember 2012 in Kraft und ist EU-weit gültig. Lebensmittelerzeuger dürfen seither nur die in der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 aufgeführten gesundheitsbezogenen Angaben für Werbezwecke der entsprechenden Produkte verwenden. (Verbraucherzentrale Sachsen, 2014) Es gilt auch hier das Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Lebensmittelunternehmer in Deutschland können auch weiterhin Werbeaussagen beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einreichen, die einer wissenschaftlichen Vorprüfung unterzo­gen und dann der Europäischen Kommission übermittelt werden. Diese entscheidet nach einer weiteren wissenschaftlichen Prüfung seitens der EFSA, ob die jeweilige Aussage aufgenommen oder abgelehnt wird. (BFR, I, 2015)

[...]


[1] Mangelernährung ist definiert als ein Zustand des Mangels an Energie, Protein oder anderen Nährstoffen, der mit messbaren Veränderungen von Körperfunktionen verbunden ist, einen ungüns­tigen Krankheitsverlauf zur Folge hat und durch Ernährungstherapie reversibel ist. (In Form, 2014)

[2] Nährstoffe im Sinne der NemV sind Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. (NemV, 2004)

[3] Andere bestimmte Stoffe: zum Beispiel Aminosäuren, Spurenelemente, Ballaststoffe, essenzielle Fettsäuren sowie verschiedene Pflanzen und Kräuterextrakte.

[4] Andere Substanzen im Sinne der Health-Claims-Verordnung (Artikel 2 Absatz 2 Nummer 3): „körpereigene Wirkstoffe und Stoffwechselprodukte sein [Kreatin, l-Carnitin, Coenzym Q10, Inosin, Cholin, Inositol, Fette wie die konjugierte Linolsäure (CLA) und mittelkettige Triacylglycerole ( MCT-Fette ) oder sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide und Phytosterole .“ (Meyer, III, 2008)

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Funktionelle Lebensmittel in der Ernährungswirtschaft
Untertitel
Functional Food
Autor
Jahr
2015
Seiten
93
Katalognummer
V306581
ISBN (eBook)
9783668049857
ISBN (Buch)
9783668049864
Dateigröße
1584 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
funktionelle, lebensmittel, ernährungswirtschaft, functional, food
Arbeit zitieren
Niels Schirrmeister (Autor:in), 2015, Funktionelle Lebensmittel in der Ernährungswirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306581

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Funktionelle Lebensmittel in der Ernährungswirtschaft



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden