Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse


Studienarbeit, 2002

58 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Aufbau und Ziele dieser Arbeit

2 Die Jahresabschlussanalyse anhand von Bilanzkennzahlen
2.1 Liquiditätskennzahlen
2.1.1 Liquiditätsgrade
2.1.2 Anlagendeckung
2.2 Finanzwirtschafts- und Kapitalstrukturkennzahlen
2.2.1 Eigenkapitalquote
2.2.2 Dynamischer Verschuldungsgrad
2.3 Rentabilitätskennzahlen
2.3.1 Eigenkapitalrentabilität (EKR)
2.3.2 Gesamtkapitalrentabilität (GKR)
2.3.3 Umsatzrentabilität
2.4 Die Multivariate Diskriminanzanalyse (MDA)
2.5 Die weichen Faktoren der Unternehmensanalyse

3 Die Aktienanalyse
3.1 Finanzkennzahlen
3.1.1 Gewinn je Aktie
3.1.2 Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
3.1.3 Dynamisches Kurs-Gewinn-Verhältnis (PEG-Ratio)
3.1.4 Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) und Kurs-Cash-flow-Verhältnis (KCV)..
3.1.5 Dividendenrendite
3.2 Barwertmodelle
3.2.1 Ertragswertmethode
3.2.2 Discounted Cash-flow Methode (DCF-Methode)

4 Fazit

Anhangsverzeichnis

Anhang

Kennzahlenübersicht

Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse:

Kennzahlen der Jahresabschlussanalyse:

Kennzahlen der Aktienanalyse:

Literatur- und Quellenverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse:

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Und wenn ihr etwas verkauft - sei es ein Verkauf an deinen Nächsten oder ein Kaufen aus der Hand deines Nächsten - dann solltet ihr euch gegenseitig nicht übervorteilen. Nach der Zahl der Jahre seit dem Erlassjahr sollst du von deinen Nächsten kaufen, nach der Zahl der Erntejahre soll er dir verkaufen.“

3.Buch Moses, Kapitel 25, Verse 14 und 15

„Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden als sich über die Dunkelheit zu beklagen.“

Konfuzius

1 Einleitung

1.1 Einführung

Kreditinstitute und Sparkassen geraten wegen Kreditausfällen immer mehr unter Druck, Anleger verzweifeln aufgrund immer tiefer fallender Aktienkurse an den Börsen. Solche Schlagzeilen findet man in letzter Zeit zuhauf in Zeitungen und Nachrichten. Gerade auch die Insolvenzen der Unternehmen wie Enron, Worldcom oder Comroad be- weisen, wie wichtig in der heutigen Wirtschaft die Unternehmensanalyse und die Wirt- schaftsprüfung geworden ist.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen dürfte dieses Jahr nach Einschätzung der Wirtschaftsauskunft Creditreform auf über 40.000 klettern und somit der deutschen Wirtschaft die größte Pleitewelle der Nachkriegszeit einbringen1, weshalb die Unternehmensanalyse bei der Kreditvergabe für die Kreditinstitute zunehmend essentieller wird. Durch Basel II und den damit verbundenen neuen Eigenmittelvorschriften für Kreditinstitute wird gerade von den Banken eine qualitative Unternehmensbeurteilung für ihre Firmenkunden gefordert, um die Betriebe entsprechend ihrer Bonität zu ¹ratenª und somit eine Basis für eine risikoadäquate Konditionengestaltung zu schaffen.

Genauso wichtig ist die Unternehmensanalyse auch für potentielle Anleger. Um an den Kapitalmärkten erfolgreich zu sein, bedarf es einer umfangreichen Untersuchung der Un- ternehmen, bevor man sich für oder gegen eine Investition entscheidet. Bei der Unternehmensanalyse wird unter Berücksichtigung der aktuellen und zu erwartenden Branchen- und Konjunkturentwicklungen die wirtschaftliche Lage und Aus- sicht der Betriebe untersucht.2 Sie dient zum einen den Kreditinstituten als Kreditwürdig- keitsprüfung, auch Bonitätsprüfung genannt, vor einer Krediteinräumung sowie für die laufende Kreditüberwachung. Zum anderen soll der Finanzwert einer Gesellschaft unter- sucht und mit dessen Marktwert verglichen werden. Somit kann potentiellen Anlegern und Investoren geholfen werden, nach Unternehmen Ausschau zu halten, bei welchen der Finanzwert unter dem Marktwert liegt. Hierbei werden verschiedene Bilanz- und Kurs- kennzahlen in Betracht gezogen.

1.2 Aufbau und Ziele dieser Arbeit

Gegenstand dieser Arbeit soll die Unternehmensanalyse mit ihren elementarsten Kennzahlen sein, welche in zwei große Bereiche eingeteilt wurde:

1) Zuerst wird in der Jahresabschlussanalyse auf die Kennzahlen eingegangen, welche besonders wichtig für die Fremdkapitalgeber sind. Die Jahresabschlusskennzahlen kann man gleichermaßen für Kapital- und Personengesellschaften anwenden. Zur besseren Veranschaulichung ist in Anhang 15 am Beispiel des Robert Bosch Konzerns eine exemplarische Berechnung der Kennzahlen dargestellt.

2) Danach wird die Aktienanalyse untersucht, die dagegen eher aus der Sicht der Ei- genkapitalgeber von Bedeutung ist. Eine Übersicht der Finanzkennzahlen, mit de- nen die Aktienanalyse arbeitet, ist ebenso zur Illustration in Anhang 11 aufgeführt. Anhang 13 dient als Ergänzung zur Bestimmung des fairen Aktienkurses mit der DCF-Methode.

Dabei sollen die quantitativen Kennzahlen, mit welchen die Unternehmensanalyse arbeitet, dem Leser näher beschrieben, ihre Aussagekraft interpretiert sowie ihre Mängel aufgezeigt werden. Auf die qualitativen Faktoren wird kurz in einem Unterkapitel eingegangen.

2 Die Jahresabschlussanalyse anhand von Bilanzkennzahlen

Die Jahresabschlussanalyse ist die Aufbereitung und Auswertung von Bilanzen und Unternehmensinformationen mittels Kennzahlen, Kennzahlensystemen3 sowie sonstigen Methoden4, weshalb diese Untersuchung in der Literatur auch Bilanzanalyse genannt wird. Die Bilanzen müssen aufgrund der großen Bilanzierungsspielräume von HGB, aber auch von IAS und US-GAAP zuerst aufbereitet werden, um eine gemeinsame Basis zu bekommen. Daneben werden entscheidungsrelevante Daten über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage sowie die künftige Entwicklung des Betriebes generiert.

Das Ziel ist dabei, eine möglichst gefestigte Prognose zu erstellen, ob es dem Kreditnehmer auch in Zukunft möglich ist, den Kapitaldienst zu erbringen. Außerdem sollen Unternehmensrisiken frühzeitig erkannt werden, damit entsprechende Vorkehrungen, wie z.B. die Einholung von zusätzlichen Sicherheiten, getroffen werden können.5

2.1 Liquiditätskennzahlen

Die ständige Liquidität ist die wichtigste Voraussetzung für die Existenz und den Fortbestand eines Unternehmens.6 Falls ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, muss es Insolvenz7 anmelden und somit seine Tätigkeit einstellen.8

2.1.1 Liquiditätsgrade

Zur Analyse der kurzfristigen Liquiditätssituation werden oft die Liquiditätsgrade ver- wendet, wobei sich drei Grade nach ihrer Fristigkeit unterscheiden und wie folgt berechnen lassen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Liquiditätsgrade sollen darüber informieren, ob und inwiefern die kurzfristigen Verbindlichkeiten in ihrer Höhe und Fälligkeit mit den Zahlungsmittelbeständen und anderen kurzfristigen Vermögensposten übereinstimmen.9

Als Zahlungsmittel definiert man jederzeit liquidierbares Vermögen wie Bargeld, Kassenguthaben, Schecks sowie Guthaben bei Kreditinstituten.10

Nach § 268 (4) HGB werden unter kurzfristigen Forderungen alle Forderungen mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr verstanden. Forderungen mit einer längeren Restlaufzeit müssen in der Bilanz gesondert ausgewiesen werden.

Bei dem kurzfristigen Fremdkapital handelt es sich um Verbindlichkeiten und Rück- stellungen, die genauso wie die kurzfristigen Forderungen eine Fälligkeit von bis zu einem Jahr aufweisen. Das Umlaufvermögen setzt sich aus den Zahlungsmitteln, den kurz- fristigen Forderungen sowie den Vorräten zusammen. Es befindet sich nur kurzfristig im Unternehmen und wird zügig umgeschlagen und veräuûert. Eine ausführliche Definition ist in Anhang 3 aufgezeigt.

Allerdings ist die Aussagekraft dieser Kennziffern kritisch zu hinterfragen. Einerseits basieren die Liquiditätsgrade auf stichtagsbezogenen Bilanzpositionen, die Liquidität selbst unterliegt aber sich schnell verändernden Posten und muss deshalb zeitraumbezogen betrachtet werden. Die in naher Zukunft auftretenden Auszahlungen für die betriebliche Leistungserstellung wie z.B. die Personalkosten bleiben unberücksichtigt.11 Andererseits fehlen nicht bilanzierte Zahlungsverpflichtungen bei der Berechnung völlig.12 Hierfür kommen v.a. Leasingverbindlichkeiten in Frage. Der eigentliche Zweck dieser Kennzahlen kann somit nur im Zeit- sowie im Branchenvergleich der Durchschnittswerte liegen. Ab- weichungen nach unten von den Durchschnittswerten lassen eine tatsächliche Anspannung der Liquiditätssituation vermuten.13 Die kurzfristige Liquidität gilt als gesichert, falls der Kennzahlenwert eine Ausprägung nahe 100 % annimmt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht macht eine Bestimmung und Interpretation dieser Kennziffern nur dann Sinn, wenn den Kreditinstituten und Analysten zeitnahe unterjährige Informationsquellen wie die Betriebswirtschaftliche Auswertungen einschlieûlich Summen- und Saldenlisten zur Ver- fügung stehen.

2.1.2 Anlagendeckung

Diese Kennzahl, in der Literatur auch unter Goldener Bilanzregel oder Deckungsgrad B bekannt, spiegelt das Verhältnis zwischen dem längerfristig im Unternehmen gebundenen Anlagevermögen auf der Aktivseite und den gegenüberstehenden längerfristigen Finanzierungsmitteln auf der Passivseite wider.14 Beim Deckungsgrad A dagegen wird nur das Eigenkapital ins Verhältnis zum Anlagevermögen gesetzt. Für diese Gröûe sind aber nur branchenbezogene Aussagen ableitbar, da der Eigenkapitalanteil je nach zugehöriger Branche stark differiert. Der Deckungsgrad B ist wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dementsprechend soll das Anlagevermögen, das langfristig im Unternehmen gebunden ist, durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital vollkommen gedeckt sein. Denn es wird unterstellt, dass zum einen das Eigenkapital der Gesellschaft zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht, während zum anderen die langfristigen Verbindlichkeiten sowie die langfristigen Rückstellungen ebenfalls lange im Unternehmen verbleiben. Als Merkmal finanzieller Stabilität ist ein Wert dieser Kennziffer gröûer oder zumindest gleich eins beizumessen, womit auch der Grundsatz der Fristenkongruenz gewahrt ist15, wobei ein Wert knapp unter eins auch noch als akzeptabel angesehen wird.

¹Verbindlichkeiten mit einer Restlau fzeit von mehr als fünf Jahren sind nunmehr langfristig, während Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr als kurzfristig anzusehen sind.ª16 Häufig ist es sogar sinnvoll, einen Teil des Umlaufvermögens, welches als Vorrat längerfristig benötigt wird, zusätzlich langfristig zu finanzieren, so dass sich die Kennzahl modifizieren lässt. In diesem Fall addiert man das langfristig gebundene Umlaufvermögen zum Anlagevermögen im Zähler hinzu.

In der einschlägigen Literatur ist die Goldene Bilanzregel jedoch einiger Kritik ausgesetzt. Einerseits garantiert die Einhaltung der Fristenkongruenz nicht zwingend die Zahlungs- fähigkeit. So kann z.B. ein Betrieb aufgrund der Insolvenz eines Groûkunden selbst insolvent werden, obwohl es Anlage- und Umlaufvermögen fristengerecht finanziert hat. Andererseits führt die Missachtung dieses Grundsatzes nicht zwangsläufig zur Zahlungs- unfähigkeit. In diesem Fall kann ein Unternehmen liquide bleiben, wenn die notwendige Anschlussfinanzierung durch Aufnahme neuer Kredite gesichert werden kann.17 Zuge- geben achten in der Praxis sehr viele Fremdkapitalgeber auf diese Norm, weshalb sie bei der Kreditwürdigkeitsprüfung doch wieder wichtiger Bestandteil wird.

2.2 Finanzwirtschafts- und Kapitalstrukturkennzahlen

Bei der Analyse der Kapitalstruktur untersucht der Bilanzanalytiker den Aufbau und die Zusammensetzung des Kapitals, also somit der Struktur der Passivseite. Bei der finanz wirtschaftlichen Analyse werden Beziehungen zwischen Vermögen und Kapital und daher zwischen Aktiva und Passiva hergestellt.

2.2.1 Eigenkapitalquote

Das elementare Untersuchungsobjekt der Kapitalstrukturanalyse bildet die Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens. Zur Beurteilung dieser bedient sich die Bilanzanalyse insbesondere der Eigen- und Fremdkapitalquote.18 Da sich das Gesamtkapital aus Eigenund Fremdkapital zusammensetzt, sind die beiden Kennzahlen äquivalent, wobei in der deutschen Analysepraxis vornehmlich die Eigenkapitalquote Anwendung findet.19 Man dividiert das Eigen- bzw. das Fremdkapital durch das Gesamtkapital:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach § 266 (3) Buchstabe A HGB wird das Eigenkapital als Summe aus gezeichnetem Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, Ergebnisvortrag und Jahreserfolg definiert. Jedoch sieht der Gesetzgeber an vielen Stellen des HGB Ansatz- und Bewertungswahl- rechte vor, welche den Jahreserfolg und damit die Höhe des Eigenkapitals beeinflussen. Der Bilanzierende hat beispielsweise ein Wahlrecht bei Aktiva wie Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen, Geschäfts- oder Firmenwert, Disagio und aktivisch latenten Steuern, den Posten in der Bilanz als Bilanzierungshilfe zu aktivieren, so dass er nicht gleich als Aufwand in der GuV verrechnet wird. Bei Aktivierung dieser Posten wird ein höheres Jahresergebnis und damit ein höheres Eigenkapital ausgewiesen. Um eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Betrieben zu gewährleisten, macht es Sinn diese Posten vom Eigenkapital abzuziehen, wodurch sich auch eine Variante dieser Kennzahl ableiten lässt.20

Allgemein lässt sich sagen: Je höher der Eigenkapitalanteil, desto weniger Fremdkapital weist das Unternehmen aus und umso geringer ist das Risiko, in das Unternehmen zu in- vestieren.

¹Eine mangelhafte Eigenkapitalausstattung macht Unternehmen anfällig für konjunkturelle oder strukturelle Krisen. Die Kreditpraxis schreibt Unternehmen mit hoher Eigenkapitalquote daher eine höhere Krisenfestigkeit zu als Unternehmen, die unterkapitalisiert sind.ª21 Des weiteren führt ein hohes Eigenkapital aufgrund seiner bestandssichernden Funktion eine akquisitorische Wirkung herbei, da es die Beschaffung von Fremdkapital erleichtert. Ein potentieller Kreditgeber gewährt ein Darlehen eher bei geringerem Risiko und damit verbunden höherem Eigenkapital, zumal empirisch bewiesen, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung mit die häufigste Insolvenzursache ist.22

Daneben stehen eigene Mittel dem Unternehmen langfristig zur Verfügung und gestatten dadurch eine hohe Dispositionsfreiheit und relative Unabhängigkeit von Kreditgebern. Besonders müssen durch einen entsprechenden Mittelabzug keine Vermögenswerte verkauft und dadurch Rentabilitätseinbuûen in Kauf genommen werden.23 Beim Vergleich der Eigenkapitalquoten sollte man sich allerdings auf Vergleiche innerhalb einer Branche beschränken, da z.B. ein Kreditinstitut im Branchenschnitt erheblich weniger Eigenkapital besitzt als ein Industrieunternehmen, dennoch aber häufig eine gröûere Sicherheit gewährt. So weist eine Bank im Durchschnitt ein Eigenkapital von 3,8 % aus, ein Industrieunternehmen dagegen rund 27 %.

2.2.2 Dynamischer Verschuldungsgrad

Der statische Verschuldungsgrad ist als Verhältnis von Fremd- und Eigenkapital definiert. Er sagt lediglich etwas über die Kapitalstruktur und Verschuldung im Unternehmen aus. Der dynamische Verschuldungsgrad dagegen gibt an, in welchem Zeitraum gemessen in Jahren ± bei gleichbleibendem Cash-flow in Zukunft unterstellt - die Effektivschulden aus dem Cash-flow getilgt werden könnten, wenn der Cash-flow nur zur Schuldentilgung be- nutzt würde und somit keine Gewinne ausgeschüttet und keine Investitionen getätigt würden. Der Cash-flow wird hier zur Berechnung einer ¹Kapitaldienstgrenzeª eingesetzt. Ein Unternehmen gilt somit um so kreditwürdiger, je kleiner die Kennziffer und somit kürzer die Tilgungsdauer ist, da man dadurch unabhängiger von seinen Gläubigern ist. Bei Erhöhung des dynamischen Verschuldungsgrades sollte der Kreditgeber die Ursachen des Anstiegs untersuchen, weil eine Erhöhung ein erster Hinweis auf eine Krise sein kann.24

Der dynamische Verschuldungsgrad, der von Banken gerne zu einer Aussage über die Innenfinanzierungskraft eines Betriebes eingesetzt wird, berechnet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kennziffer erhält seine wirtschaftliche Bedeutung aus der Überlegung heraus, dass die Verbindlichkeiten einer Unternehmung letztlich nur aus den selbsterwirtschafteten Einnahmen getilgt werden können.25

Für den Cash-flow fehlt eine einheitliche Begriffsbestimmung. Trotzdem hat sich in der Praxis die Definition des Cash-flow als der Teil des betrieblichen Einnahmestroms, der im Unternehmen verbleibt und ihm zur Ausschüttung von Gewinnen, zur Finanzierung von Investitionen, zur Steuerzahlung und zur Tilgung von Verbindlichkeiten zur Verfügung steht, durchgesetzt.26

Beim Cash-flow handelt es sich um eine finanzwirtschaftliche Gröûe, die aber auch zur Analyse der Ertragskraft herangezogen werden kann. Der Cash-flow, der aus dem Jahresabschluss abgeleitet wird, eliminiert Manipulationen aus bilanzpolitischen Bewertungswahlrechten und bildet somit eine korrigierte Gewinngröûe.27

Auch für den Cash-flow lässt sich der Grundsatz aufstellen: Je höher der Cash-flow, desto besser.

Bei der Ermittlung des Cash-flow gibt es die direkte und die indirekte Berechnungsmethode. Diese sind in Anhang 4 und 5 genauso wie die Ermittlung der Effektivverschuldung in Anhang 6 näher aufgeführt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Kennziffern lässt der dynamische Verschuldungsgrad selbst einen internationalen Vergleich mit Unternehmen zu, die nach IAS oder US-GAAP bilanzieren. Diese geringe Rechnungslegungssensitivität ist darauf zurückzuführen, dass diese Kennzahl auf zahlungsbezogenen Gröûen basiert, welche nur in geringem Maûe von Bilanzierungsvorschriften abhängen. Allerdings setzt ein aussagefähiger internationaler Vergleich eine einheitliche Definition der Effektivschulden und des Cash-flow voraus.28

Bei der Verwendung des dynamischen Verschuldungsgrads wird implizit unterstellt, dass der Umfang der Verschuldung abgebaut wird. Dies ist aber de facto selten der Fall, da im allgemeinen die Summe der aufgenommenen Verbindlichkeiten gleich bleibt oder gar mit Ausweitung der Unternehmenstätigkeit wächst. Folglich muss zusätzlich ein Zeitvergleich herangezogen werden, um einen echten Aussagewert zu erhalten.29

In der Praxis werden oft Grenzen der Gesamtverschuldung in Abhängigkeit des Cash-flow bestimmt, wobei sich die Frage stellt, warum gerade diese Extreme tragbar und ange- messen sein sollen. Die praktische Verwendbarkeit wird zusätzlich noch dadurch einge- schränkt, dass der Cash-flow überhaupt nicht Schuldenfälligkeiten und Risikoüber- legungen berücksichtigt.30

Dennoch liefert der dynamische Verschuldungsgrad einen guten Anhaltspunkt, ob ein Un- ternehmen in der Lage sein wird, aufgenommene Kredite in dem vorgesehenen Zeitraum zu tilgen.31

Oft wird in der Praxis auch der Kehrwert dieser Kennzahl berechnet. Dieser wird als Ent- schuldungsgrad bezeichnet und hat die gleiche Aussagekraft wie der dynamische Ver- schuldungsgrad selbst. Der Entschuldungsgrad erfreut sich bei der Insolvenzprognose gro- ûer Beliebtheit, weil in Krisensituationen die Effektivverschuldung aufgrund der schlechten Absatzlage steigt und gleichzeitig der Cash-flow wegen der geringeren Umsatz- erlöse sinkt.32

Viele Analysten ziehen auch den Cash-flow als alleinige, absolute Gröûe heran, um Vergleiche mit anderen Unternehmen durchzuführen.

2.3 Rentabilitätskennzahlen

Unter Rentabilität versteht man eine Beziehungszahl, welche eine Erfolgsgröûe zu einer Bestandsgröûe in Relation setzt.33 Als mögliche Kennzahlen kommen die Eigenkapital-, die Gesamtkapital- und die Umsatzrentabilität in Frage. Für diese Kennziffern gilt allgemein: Je höher die Rentabilität, desto besser.

2.3.1 Eigenkapitalrentabilität (EKR)

Die eigentliche Zielgröûe eines Unternehmens ist die Maximierung der EKR. Dabei wird der Jahresüberschuss in Beziehung zum Eigenkapital gesetzt. Dieses Verhältnis bringt somit die Verzinsung der Einlagen der Unternehmenseigner zum Ausdruck.34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Eigenkapital sollte als Durchschnittswert aus Jahresanfangs- und Jahresendbestand angesetzt werden, da ansonsten eine dynamische Stromgröûe gegenüber einer statischen Bestandsgröûe stehen würde. Die Höhe der Eigenkapitalrentabilität ist wesentlich abhängig von der Gesamtkapitalrentabilität (vgl. 2.3.2), von der Zinsbelastung durch das Fremdkapital und vom statischen Verschuldungsgrad der Unternehmung.35

Für die Eigenkapitalverzinsung sollte der Bilanzleser allerdings beachten, dass der Jahres- erfolg mehrere Faktoren beinhalten sollte, wie den kalkulatorischen Unternehmerlohn bei Personengesellschaften, eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals36 sowie eine ent- sprechende Risikoprämie für das allgemeine Unternehmens- und das spezielle Branchen- risiko. Damit sich der Kapitaleinsatz lohnt, sollte die EKR deutlich über dem Landeszins- fuss liegen.37

Ein Problem könnte die genaue Ermittlung des Eigenkapitals darstellen. Da die Pensionsrückstellungen langfristig im Unternehmen verbleiben, kommt ihnen beinahe Eigenkapitalcharakter zu, weshalb man sie zu Eigenkapital umqualifizieren könnte. Diese Erweiterung führt aber zu einer Einschränkung der Eindeutigkeit der Kennzahl und damit zu einer schlechteren Vergleichbarkeit. Jedoch hat eine Nichteinbeziehung unpräzise und fehlerhafte Ergebnisse zur Folge.38

Um eine bessere Aussagefähigkeit zu gewährleisten, sollte man zur Analyse der EKR ferner die GKR heranziehen.

Für unterkapitalisierte Unternehmen findet diese Kennzahl keine groûe Anwendung.39

Trotz alledem ist diese Rentabilitätskennziffer eine wichtige Gröûe im Zuge der Bilanzanalyse, die auch Anwendung in der Aktienanalyse findet.

2.3.2 Gesamtkapitalrentabilität (GKR)

Die Gesamtkapitalrentabilität, im angelsächsichen Raum auch als return on investment (ROI) oder return on assets (ROA) bekannt, ist ein Maû dafür, wie effizient das Unternehmen mit den ihm insgesamt zur Verfügung stehenden Kapital gearbeitet hat. Die GKR soll die Verzinsung des Gesamtkapitals angeben, weshalb man zum Jahresüberschuss zusätzlich die Fremdkapitalzinsen hinzurechnet.40 Als Gesamtkapitalgröûe verwendet man die Bilanzsumme, wobei man vereinfachend das arithmetische Mittel aus Jahresanfangsund Jahresendbestand im Nenner berücksichtigt.41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Kennzahl ist völlig unabhängig von der Finanzierungsstruktur42 eines Betriebes. Durch die Addition der Fremdkapitalzinsen zum Gewinn im Zähler, was auch Kapitalge- winn genannt wird, sowie durch die Berücksichtigung des Gesamtkapitals im Nenner wer- den unterschiedliche Finanzierungsstrukturen von zu vergleichenden Unternehmen neutra- lisiert. Dadurch lassen sich die Ergebnisse der Unternehmen besser vergleichen. Dieser zunächst erscheinende Vorteil kann nachteilig werden, wenn man sich ein Gesamturteil über den Betrieb bilden muss, da man dann die jeweilige Finanzierungsstruktur wiederum berücksichtigen muss. Dieses Problem lässt sich allerdings durch die Hinzunahme der Kapitalstrukturkennzahlen ausschalten.43

Falls die Gesamtkapitalrentabilität über den Fremdkapitalkosten liegt, lässt sich die Eigen- kapitalverzinsung durch zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital überproportional stei- gern. Diese Hebelwirkung wird als Leverage-Effekt bezeichnet, wobei bei einer negativen Differenz zwischen GKR und Fremdkapitalzins die umgekehrte Situation eintritt. Bei der Interpretation der GKR, muss der Bilanzanalytiker beachten, dass die GKR auch dann positiv sein kann, obwohl die Gesellschaft einen Jahresfehlbetrag erwirtschaftet hat.44

Die Grundvariante der GKR kann durch die Berücksichtigung der Ertragssteuern abgewandelt werden45, um eine verbesserte Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen verschiedener Rechtsformen und aus unterschiedlichen Ländern zu erreichen. Dabei wird zur Gröûe im Zähler einfach der Wert der Ertragssteuern hinzuaddiert.46

In den meisten Fällen dürfte das Gesamtkapital wegen stillen Reserven im Anlagevermögen sowie bei den Rückstellungen zu niedrig angesetzt sein, weshalb die GKR eigentlich als zu hoch ausgewiesen ist.47 Allerdings dürfte es einem Unternehmensexternen schwer möglich sein, an zuverlässiges Informationsmaterial diesbezüglich zu gelangen. Selbst für Unternehmensinterne ist eine wahrheitsgetreue Schätzung der stillen Reserven oft mit groûem Aufwand verbunden.

Beim Jahresüberschuss muss man darauf achten, wie er zustande kommt. Haben auûer- ordentliche Erträge zum Periodenerfolg beigetragen, ist es besser, das Betriebsergebnis im Nenner zu berücksichtigen. Die Berechnung des Betriebsergebnisses ist in Anhang 7 auf- geführt. Es entspricht dem amerikanischen Earnings Before Interest and Taxes (EBIT).

2.3.3 Umsatzrentabilität

Die Umsatzrendite ist einerseits als Relation von Betriebsergebnis zu Umsatzerlösen defi- niert. Andererseits kennt man die Kennzahl als Bruch von Jahresergebnis zu Gesamt- leistung. Die erstgenannte Definition findet man aber in der Praxis häufiger vor, da ein schlechtes Betriebsergebnis weniger verzerrt werden kann als das Jahresergebnis. Dieses kann durch ein gutes Finanzergebnis oder auûerordentliche Erträge verbessert und somit geglättet werden.

Bei der Umsatzrentabilität stehen Zähler und Nenner im Gegensatz zur Eigen- und Ge- samtkapitalrentabilität in einer direkten Beziehung zueinander, da das Betriebs- bzw. Jahresergebnis in den Umsatzerlösen bereits enthalten ist. Diese Kennzahl soll zeigen, wie effizient ein Unternehmen auf seinen (Beschaffungs- und Absatz-) Märkten agiert hat.48

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Vgl. o. V. (Rekordpleitewelle), 2002, o. S. und Anhang 1

2 Vgl. Int-Veen, T., 2001, S.25

3 Vgl. hierzu Anhang 2

4 Vgl. Küting, K./Weber C.-P., 2000, S. 3

5 Vgl. Int-Veen, T., 2002, S. 5

6 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 76

7 Als Insolvenzgründe kommen nach § 17 InsO Zahlungsunfähigkeit, nach § 18 InsO drohende Zahlungsun- fähigkeit und nach § 19 InsO Überschuldung in Frage.

8 Vgl. Wöhe, G., 1996, S. 801 in Verbindung mit § 17 InsO (1) und (2)

9 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 119

10 Vgl. Riebell, C., 1996, S. 405

11 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 120 - 121

12 Vgl. Schult, E., 1999, S. 53

13 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 121

14 Vgl. Riebell, C., 1996, S. 535

15 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 243

16 Riebell, C., 1996, S. 535

17 Vgl. Wöhe, G., 1996, S. 888

18 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 100

19 Vgl. Coenenberg, A., 2000, S. 915

20 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 147

21 Int-Veen, T., 2002, S. 5

22 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 101

23 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 101

24 Vgl. Born, K., 2001, S. 360

25 Vgl. Juesten, W./von Villiez, C., 1992, S. 93

26 Vgl. Zerres, H., 2001, S. 24

27 Vgl. Wöhe, G., 1996, S. 1061 f.

28 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 209

29 Vgl. Coenenberg, A., 2000, S. 942

30 Vgl. Juesten, W./von Villiez, C., 1992, S. 94

31 Vgl. Riebell, C., 1996, S. 528

32 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 135

33 Vgl. Schult, E., 1999, S. 96

34 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 297

35 Vgl. Coenenberg, A., 2000, S. 1009

36 Für Riebell ist der langfristige Kapitalmarktzins innerhalb eines Landes als angemessen anzusehen.

37 Vgl. Riebell, C., 1996, S. 514

38 Vgl. Schult, E., 1999, S. 98

39 Vgl. Riebell, C., 1996, S. 515

40 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 429 f.

41 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 293

42 Die Finanzierungsstruktur ist das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital.

43 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 430

44 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P., 2000, S. 295 ± S. 298 mit Verweis auf Baetge, J., 1998, S. 431

45 Die Vor- und Nachsteuervarianten sind genauso für die Eigenkapital- und die Umsatzrentabilität möglich.

46 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 430

47 Vgl. Born, K., 2001, S. 415 mit Verweis auf Baetge, J., 1998, S. 430 f.

48 Vgl. Baetge, J., 1998, S. 458

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Karlsruhe, früher: Berufsakademie Karlsruhe
Note
1,4
Autor
Jahr
2002
Seiten
58
Katalognummer
V30501
ISBN (eBook)
9783638317528
Dateigröße
907 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bei dieser Arbeit sollen die quantitativen Kennzahlen, mit welchen die Unternehmensanalyse arbeitet, dem Leser näher beschrieben, ihre Aussagekraft interpretiert sowie ihre Mängel aufgezeigt werden. Auf die qualitativen Faktoren wird kurz in einem Unterkapitel eingegangen.
Schlagworte
Kennzahlengestützte, Unternehmensanalyse
Arbeit zitieren
Daniel Kienzle (Autor:in), 2002, Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30501

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Titel: Kennzahlengestützte Unternehmensanalyse



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