Ilongot Headhunting 1883-1974. A study in Society and History


Hausarbeit, 2004

21 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Renato Rosaldos Buch „Ilongot Headhunting“
2.1. Der Autor und die Intention seines Buches
2.2. Die Ilongot: Eine Ethnographie

3. Kopfjagdtheorien
3.1. Kopfjagd und Sozialstruktur: 1. Theorie
3.1.1. Geschichte der Ilongots und Geschichte der Kopfjagd
3.1.2. Sozialstruktur und kulturelles Konzept der Ilongot
3.1.3. Kopfjagd und der Zusammenhang zur Sozialstruktur
3.2. Kopfjagd und Riten: 2. Theorie
3.2.1. Verlauf einer Kopfjagd
3.2.2. Kopfjagd als Übertragung der Lebensbürden
3.3. Bedeutung der Kopfjagd für den Einzelnen und die Gemeinschaft

4. Kritik
4.1. Theorienkritik
4.2. Die Probleme Rosaldos methodologischer Vorgehensweise

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einleitung

Reißt man jemandem den Kopf ab oder macht ihn um einen Kopf kürzer, bedeutet das im westlichen Sinne jemanden entwürdigend anzuherrschen oder rücksichtslos zu belangen. Wer seinen Kopf danach noch oben behält, gibt sich als Person, die derartige Belange nicht besonders tangiert und gelassen bleibt, also den Kopf nicht verliert. Der Kopf als Sitz des Verstandes ist sozusagen das Zepter der Rationalität der westlichen Kulturen. Während in diesen aber nur (noch!) idiomatisch geköpft wird, gab es bis vor kurzem (um 1972), insbesondere in Indonesien und auf den Philippinen, das kulturelle Merkmal der Kopfjagd: Eine ethnische Gruppe sendet Jäger aus, die sich Opfer suchen und deren Köpfe abschlagen. Was machen diese Köpfe, dass man sie unbedingt haben muss? Sitzt in ihnen etwas besonderes, das gebraucht wird? Welche Bedeutung haben sie für die Gemeinschaft? Und alle Fragen zusammen: Warum gibt es Kopfjagd?

Diese Fragen faszinierten auch 1966 Renato Rosaldo und seine Frau Michelle, als ihnen die Biographie des Ethnologen Jones, der bei den Ilongots auf den Philippinen geforscht hatte, in die Hände fiel: Die Ambivalenz seiner Gefühle, auf der einen Seite beeindruckt von der Schönheit der Ilongots auf der anderen die „primitive Bestialität“ verurteilend, konnten beide von ihrem westlichen Standpunkt gut nachvollziehen. Trotzdem oder gerade deswegen machten sie sich auf den Weg, um diese für sie grausam erscheinende Kopfjagd zu untersuchen und Antworten auf ihre Fragen zu finden.

Die Antworten, die Renato Rosaldo in seinem Buch Ilongot Headhunting von 1980 beschrieb, sollen in dieser Arbeit vorgestellt und kritisiert werden. Zunächst wird Rosaldos Intention und seine Vorgehensweise bei der Untersuchung beschrieben und in einer kurzen Ethnographie seine untersuchte Ethnie vorgestellt.

Im Hauptteil werden seine Theorien zu Kopfjagd erklärt, die eingebettet sind von der Geschichte und den Sozialstrukturen der Ilongot.

In dieser Arbeit wird kein endgültiges Modell für die Erklärung von Kopfjagd dargelegt werden: Aber im letzten Teil wird gezeigt, welche notwendigen Betrachtungen Rosaldo in seinen Theorien ausgelassen hat, was erahnen lässt in welche Richtung die Gründe für Kopfjagd gehen .

Dazu sollen noch zwei weitere Ethnologen vorgestellt werden, allerdings war die zur gleichen Zeit publizierte Sprachstudie von Michelle Ronaldo „Knowledge and Passion“ nicht verfügbar. Und ebenso wenig kann das jüngste Kopfjagdmodell von Michael Prager zitiert werden; eine schriftliche Festlegung existiert noch nicht. Sein Modell stellte er aber im Wintersemester 2003/2004 in seinem Seminar zum Thema Kopfjagd in Südostasien vor. Einige wenige Ideen von beiden und von einem weiteren Text Rosaldos von 1989 sollen dem Leser nicht vorenthalten bleiben.

2. Renato Rosaldos Buch „Ilongot Headhunting“

2.1 Der Autor und die Intention seines Buches

Renato Rosaldo ist Lucie Stern Professor des Department of Cultural and Social Anthropology der Stanford University. 1980 publiziert es das Buch Ilongot Headhunting, in dem er eine Studie der Gesellschaft und der Geschichte von 1883 bis 1974 der Ilongots präsentiert. Das Buch will in erster Linie die Ilongots und ihre Kultur erfassen und zieht dazu drei gesellschaftlich elementare Ereignisse als Beispiel heran: Fehde, Heirat und Kopfjagd: „The scope of my project thus definitly moved beyond social structure to encompass the distinctive ways in which Ilongot conduct is culturally patterned, istitutionally grounded, and historically produced.“ (R. Rosaldo 1980: 19). Die Grundlage für seine Analyse sieht Rosaldo in einer neuen methodologischen Herangehensweise: Rosaldo selbst will sein Buch als „demonstration that ethnography stands to gain considerable analytical power through close attention to historical process“ (R. Rosaldo 1980: 1) verstanden wissen. Mit dem Einbezug der Geschichte in ethnologische Studien, will er die bisher übliche synchrone Sichtweise mit einer diachronen ablösen: In der ersten geht man davon aus, dass in „primitiven“ Gesellschaften, die nur geringen Einfluss von Außen erleben, die kulturelle Homogenität und die kulturelle Kontinuität („cultural homogeneity and cultural continuity“ (R. Rosaldo 1980: 10)) stark ausgeprägt ist und daher Merkmale langfristiger sozialer Strukturen von empirischen Untersuchungen innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums hergeleitet werden können („synchronic framework is to deduce the features of long-term social structure from empirical oberservations made within a narrow slice in time“ (R. Rosaldo 1980: 10)). Die Dieser Sichtweise zugrunde liegende Annahme einer „given nature of society“ will Rosaldo entgegensetzten, dass das Leben des Menschen sowohl gegeben als auch aktiv konstruiert ist („human life is both given and actively constructed.“ (R. Rosaldo 1980: 14)). In seinen Untersuchungen zu Kopfjagd geht er demnach davon aus, dass Gesellschaft und Geschichte ein Zusammenspiel von erhaltenen Strukturen und menschlicher Aktivität ist: Ein kurzer Blick um die Strukturen zu erfassen, kann deswegen nicht ausreichen. Er kommt zu dem Schluss, dass der „zeitlose Primitive“ eine Erfindung und das Leben der Ilongots eine Serie von Improvisationen bestimmter sozialer Formen und kultureller Gewohnheiten ist („Ilongots lives are a series of improvisations on certain social forms and cultural patterns.“ (R. Rosaldo 1980: 24)).

Wie gezeigt werden wird, bestimmen Rosaldos Annahmen seine Theorien über Kopfjagd. Sie erklären aber auch die Notwendigkeit sich in dieser Arbeit mit der Geschichte und den Sozialstrukturen der Ilongots auseinanderzusetzen, wenn Kopfjagd in Rosaldos Sinne verstanden werden möchte.

2.2 Die Ilongot: Eine Ethnographie

Rosaldos Analyse betreibt er bei den Ilongots: Hier ein kurzer Überblick.

Die Ilongot, die sich selbst als „Irungut“ (=vom Wald) oder „bugkalut“ (nicht übersetzbar) bezeichnen, leben auf den Philippinen in Nord Luzon, im Quellgebiet des Cagayan Flusses. Im Jahre 1976 zählen die Ilongots ca. 3500 Mitglieder. Sie sind Jäger, Fischer und betreiben auch landwirtschaftliche Brandrodung; gejagt wird mit Pfeil und Bogen sowie Hunden. Vorrangig ernähren sie sich von Wild; Reis und Süßkartoffeln. Ihre soziale Struktur gliedert sich in Familien, Haushalte, lokale Gruppen und Obergruppen („bertan“), Hierarchien gibt es nicht. Sie unterscheiden zwischen “lowlanders“, die zum christlichen Glauben konvertiert sind und mehr in den Tälern leben und “uplanders“, die in den Bergen, im Wald ihren Sitz haben (R. Rosaldo 1980: 32-37).

3. Kopfjagdtheorien

Rosaldo gibt zwei Theorien als „Begründungen“ für Kopfjagd an: Erstere hängt mit Geschichte und Sozialstruktur zusammen und ist daher sehr komplex. Deswegen wird sie Schritt für Schritt dargelegt werden. Sie zeigt vor allem wie sich Kopfjagd als gesellschaftliches Merkmal in die Struktur einordnet. Die zweite Theorie ist mehr im Zusammenhang mit dem Kopfjagdritus zu sehen und wird am Beispiel einer Kopfjagd erläutert.

3.1 Kopfjagd und Sozialstruktur: 1. Theorie:

Wie oben bereits festgestellt sieht Rosaldo die Grundlage zum Verstehen der Sozialen Strukturen einer Gesellschaft in der Geschichte. Im ersten Schritt wird daher kurz die Geschichte der Ilongots und ihrer Kopfjagd betrachtet und die Schlüsse die Rosaldo daraus zieht.

3.1.1 Geschichte der Ilongots und Geschichte der Kopfjagd

Rosaldo schreibt die Geschichte der Ilongots von 1920 bis 1974. Einige Ereignisse reichen auch bis 1883 zurück. Er schreibt seine Geschichte auf der Grundlage von Lebensberichten der Ilongot („cohort analysis“)

Ilongots teilen ihre Geschichte in zwei Teile: Vor und nach 1945 – Die Zeit vor 1945 wird pistaim -vom englischen peacetime- genannt: Im Juni 1945 werden japanische Truppen von amerikanischen Soldaten in das Berggebiet der Ilongot getrieben. In diesem Monat, oder kurz danach stirbt mindestens ein Drittel der Ilongot. Dieses Jahr stellt wegen des besonders brutalen Ereignisses einen Wendepunkt in der Geschichte der Ilongots dar: Die Ilongots meinen, dass die Zeit des Friedens zu Ende ist. 1945 findet keine Kopfjagd statt und das Gebiet, das die Ilongots besiedelt beschränkt sich auf das Zentrum. Danach steigt die Zahl der Jagden wieder langsam an, auch die Bevölkerung zerstreut sich wieder mehr (R. Rosaldo 1980: 39).

1959 erreicht Kopfjagd ihren Höhepunkt. Mit zunehmender Zahl zum Christentum konvertierter Ilongots, sinkt die Zahl der Kopfjagden.

1972 wird mit ausgerufenem Kriegsrecht die Kopfjagd für beendet erklärt (R. Rosaldo 1980: 60).

Rosaldo stellt bei der Betrachtung der Geschichte fest, dass Ilongots sich im Zentrum zusammenziehen, wenn der Einfluss von Außen besonders groß wird: Das Zusammenziehen ist ein soziales und kulturelles Muster der Ilongot, das angewandt wird um eine Bedrohung oder Gefahr zu überstehen, indem die Verteidigungskraft der einzelnen Gruppen („bertan“) gebündelt wird. Die Ilongot haben einen eigenen Begriff für diese Praxis: „upug“, den Rosaldo mit „collected, gathered together, concentrated“ übersetzt (R. Rosaldo 1980: 53).

Die Ereignisse in der Welt (Kolonialisierung, Wirtschaftskrise, 2. Weltkrieg, Missionierung) beeinflussen Zeitpunkt, Richtung, und Geschwindigkeit der „changes“, der geographischen Bewegungen der Ilongot, aber auch die Intensität der Kopfjagden. Rosaldo meint, dass diese „changes“ die Sozialstruktur des Ilongots bestimmen (R. Rosaldo 1980: 56). Dies wird im nächsten Schritt behandelt.

[...]

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Details

Titel
Ilongot Headhunting 1883-1974. A study in Society and History
Hochschule
Universität Münster  (Ethnologie)
Veranstaltung
Kopfjagd
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V30481
ISBN (eBook)
9783638317344
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ilongot, Headhunting, Society, History, Kopfjagd
Arbeit zitieren
Sarah Wessel (Autor:in), 2004, Ilongot Headhunting 1883-1974. A study in Society and History, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30481

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