Superfrauen 12 - Sport


Fachbuch, 2001

178 Seiten


Leseprobe


Dank

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Foto von Ulrike Nasse-Meyfarth im Jahre 2002: Mbx (via Wikimedia Commons),

lizensiert unter Creative Commons-Lizenz by-sa-3.0-sa-en, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode

Vorwort

Superfrauen im Sport

Jacqueline Cochran, eine der kühnsten Fliegerinnen Amerikas, stellte insgesamt 58 Flugrekorde auf und war wiederholt die „schnellste Frau der Welt“, Althea Gibson, die erste schwarze Wimbledon-Siegerin, ging während ihrer Kinderzeit statt zum Unterricht lieber auf die Straße, stahl Händlern Früchte aus den Auslagen oder besuchte Onkel und Tante, die illegal Alkohol brannten. Ulrike Meyfarth, das „Wunderkind des Hochsprungs“, war als kleines Mädchen bereits ungewöhnlich groß, deswegen besonders schüchtern und wurde oft von anderen Kindern als „langer Lulatsch“ gehänselt.

Solche und andere Details schildert das Buch „Superfrauen 12 - Sport“ mit 32 Biografien von Rosemarie Ackermann bis zu Katarina Witt. Beim Schreiben der Kurzbiografien wurde Wert darauf gelegt, außer den zweifellos großen sportlichen Leistungen dieser Frauen auch deren Privatleben zu behandeln. Das vorliegende Buch ist Steffi Graf, Deutschlands erfolgreichster Tennisspielerin, gewidmet. Ihr ist etwas gelungen, was vor ihr noch keine geschafft hatte: Sie stand 377 Wochen lang ununterbrochen an der Spitze der Weltrangliste.

„Superfrauen 12 - Sport“ gehört zu einer Buchreihe über berühmte Frauen aus den Bereichen Geschichte, Religion, Politik, Wirtschaft und Verkehr, Wissenschaft, Medizin, Film und Theater, Literatur, Malerei und Fotografie, Musik und Tanz, Feminismus und Familie, Sport, Mode und Kosmetik sowie Medien und Astrologie. Diese Bücher sollen dazu beitragen, die Leistungen tüchtiger Frauen mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Sie haben es alle verdient!

Rosemarie Ackermann

Die deutsche

Weltrekord-Hochspringerin

D

ie erste Frau, die zwei Meter hoch sprang, war die deutsche Sportlerin Rosemarie Ackermann, geborene Witschas. Diese Höchstleistung gelang der damals 25-jährigen Leichtathletin der ehemaligen „Deutschen Demokratischen Republik“ („DDR“) am 26. August 1977 bei einem internationalen Sportfest in Westberlin - 65 Jahre nachdem dies erstmals einem Mann geglückt ist. Mit ihrem Rekordsprung übertraf sie ihre Körpergröße von 1,75 Meter um 25 Zentimeter.

Rosemarie Witschas erblickte am 4. April 1952 als Tochter von Kurt und Gertrud Witschas in Lohsa in der Lausitz (Sachsen) das Licht der Welt. Sie besuchte in ihrem Heimatort die Schule, wurde von ihrer Mutter zum Ballettunterricht geschickt, träumte davon, Tänzerin zu werden, war jedoch bald hierfür zu groß. Nach dem Schulabschluss zog sie nach Cottbus (Brandenburg), wo sie zunächst als Textil- verkäuferin arbeitete und später Binnenhandelsökonomie studierte. Die sportlichen Erfolge sind Rosemarie Witschas nicht in den Schoß gefallen, sondern das Ergebnis ihres Ehrgeizes und Fleißes. Bei den „Olympischen Sommerspielen 1972“ in München sprang sie 1,85 Meter hoch und erreichte damit den siebten Platz. 1972 lernte sie beim Sportlerball ihren späteren Mann Manfred Ackermann kennen, den sie 1974 heiratete.

1974, 1975 und 1976 gewann Rosemarie Ackermann bei den Europameisterschaften in der Halle jeweils die Goldmedaille. 1976 wurde sie mit einem Sprung über 1,93 Meter Olympiasiegerin in Montreal (Kanada). 1977 holte sie in Düsseldorf den Weltpokal. Weltrekorde stellte sie 1974 (1,94 Meter in Berlin/Ost, 1,95 Meter in Rom), 1976 (1,96 Meter in Dresden) und 1977 (1,96 Meter in Dresden, 1,97 Meter in Helsinki, 1,97 Meter in Berlin/West, 2,00 Meter in Berlin/ West) auf.

Der Weltrekordsprung über zwei Meter im Berliner Olympia-Stadion gelang Rosemarie Ackermann am 26. August 1977 um 20.14 Uhr. Es war ihr siebter Sprung an diesem Tag. Ihre Konkurrentinnen hatten bereits bei 1,93 Meter aufgegeben. Sie stand plötzlich alleine da und wagte einen Weltrekordversuch.

Nach ihrem sensationellen Sprung mit dem Kopf voraus über die in zwei Meter Höhe angebrachte Latte schlug Rosemarie Ackermann ihre Hände vor das Gesicht, rannte weinend über den Rasen, machte ständig die Augen auf und zu, und konnte ihren Weltrekord kaum fassen. 30.000 Zuschauer spendeten ihr frenetischen Beifall. Rosemarie wurde von Journalisten belagert und gab dem Sportreporter Hans Rosenthal (1925-1987) ein Interview im Stadion.

Noch in derselben Nacht fuhr Rosemarie Ackermann in das „DDR“- Trainingszentrum Kienbaum zurück, wo sich die Leichtathletik-Aus- wahl auf den Weltcup in Düsseldorf vorbereitete. Die aufgewühlte Springerin traute sich nicht, einzuschlafen, weil sie befürchtete, sie wa- che auf und alles sei gar nicht wahr. Doch am nächsten Tag meldete die Tageszeitung „Neues Deutschland“: „Als erste Frau über zwei Meter“. Den Berliner Weltrekordsprung hatte Rosemarie Ackermann mit einem alten Sprungstil, dem „Straddle“, geschafft. Seit der Amerikaner Richard „Dick“ Douglas Fosbury bei dem „Olympischen Spielen 1968“ mit seinem „Fosbury-Flop“ 2,24 Meter hoch sprang und damit eine Goldmedaille holte, glaubte man, auch Frauen würden nur noch im Rückwärtsgang merklich größere Höhen erreichen können. Doch Rosemarie belehrte sie eines Besseren.

Beim „Fosbury-Flop“ beginnt der Anlauf von links mit acht Schritten, fast im Sprinttempo. Anschließend wird nicht wie beim „Straddle“ ein Bein hochgeschwungen, sondern schraubt sich die linke Schulter hoch. Wenn das Becken über der Lattenhöhe liegt, kippt der Oberkörper ab, und die Beine werden wie bei einem Salto rückwärts nachgezogen.

Im Gegensatz zu Rosemarie Ackermann beherrschte die Italienerin Sara Simeoni die neue Technik des „Fosbury-Flop“ bereits perfekt, weswegen man ihr den ersten Sprung über zwei Meter eher zugetraut hätte. Nach dem Triumph vom 26. August 1977 in Berlin wählten 31 Sport- redaktionen Rosemarie Ackermann zur „Weltsportlerin des Jahres“. Der Weltrekordsprung von 1977 bescherte Rosemarie Ackermann keine Reichtümer: Sie erhielt viele Blumensträuße, ein Tagegeld von zehn Westmark und einige Sportseiten aus westlichen Zeitungen, die über ihren sportlichen Triumph berichteten. Außerdem verschaffte man ihr zur Erinnerung an ihren Erfolg das Autokennzeichen „Z-RA 200“ für ihren Personenwagen der Marke Wartburg.

Nach ihrem größten sportlichen Triumph konnte Rosemarie Ackermann ihren Höhenflug nicht mehr fortsetzen. Bei den Leichtathletik- Europameisterschaften 1978 in Prag sprang sie zwar 1,99 Meter hoch, aber die Italienerin Sara Simeoni schaffte mit 2,01 Metern einen neuen Weltrekord. Ein Jahr später wurde Rosemarie Ackermann bei der „Olympiade 1980“ in Moskau mit 1,94 Metern Vierte, während Sarah Simeoni mit 1,97 Metern erneut gewann. Nach ihrem letzten Versuch verließ sie mit einem traurigen Lächeln die Sportarena.

Von 1972 bis 1977 konzentrierte sich Rosemarie Ackermann auf ihr Wirtschaftsstudium. Seit 1991 arbeitet sie im Arbeitsamt Cottbus. Dort sitzt sie in der Abteilung für zusammengefasste Aufgaben, die unter anderem für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen („ABM“) verantwortlich ist. Manchmal wird sie dort von Besuchern wegen ihrer großen sportlichen Erfolge angesprochen.

Einmal im Jahr fährt Rosemarie Ackermann auf Einladung als Gast zur Ehrung der „Sportler des Jahres“ nach Baden-Baden oder Ludwigsburg. Dabei macht sie jedes Mal mit ihrem Mann Manfred Ackermann einen drauf und fährt am nächsten Tag wieder zurück nach Cottbus.

Der erste Mann, der zwei Meter hoch sprang, war der Amerikaner George L. Horine (1890-1948): Er hechtete am 18. Mai 1912 in Palo Alto (Kalifornien) in 2,01 Meter Höhe über die Messlatte. Bei den Frauen liegt der Weltrekord im Hochsprung heute bei 2,09 Meter: Die bulgarische Sportlerin Stefka Kostadinowa schaffte dies am 30. August 1987 bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Rom. Die deutsche Sportlerin Heike Henkel erreichte im August 1992 bei dem „Olympischen Sommerspielen“ in Barcelona 2,07 Meter.

Franziska van Almsick

Der Superstar

des Schwimmsports

A

ls beste Europameisterin aller Zeiten ging die deutsche Sportlerin Franziska van Almsick in die Geschichte des Schwimmsports ein:

Sie gewann 1993 sechs, 1995 fünf und 1999 zwei Goldmedaillen. Außerdem wurde die 1,80 Meter große Sportlerin vielfache „Deutsche Meisterin“, Olympiazweite und Weltmeisterin. Ihre sportlichen Erfolge machten sie zum Superstar und „Liebling der Nation“. Neben Triumphen erlebte sie aber auch bittere Niederlagen.

Franziska van Almsick wurde am 5. April 1978 im Berliner Stadtteil Treptow geboren. Ihr Vater Bernd van Almsick arbeitet heute als selbständiger Bauingenieur. Ihre Mutter Jutta war früher Eisschnelllauftrainerin und Bankangestellte, später etablierte sie sich in Cottbus als Geschäftsfrau.

Zum Schwimmsport kam Franziska van Almsick bereits als Fünf- jährige. Damals langweilte sie sich, ihrem zehnjährigen Bruder Sebastian genannt „Paule“ - beim Training zuzusehen. Im Alter von sieben Jahren war Franziska die Jüngste im Ost-Berliner Schwimm-Trai- ningszentrum. Bald erkannte man ihr großes Talent, förderte sie systematisch und nahm sie in eine Kinder- und Jugendsportschule („KJS“) der „DDR“ auf.

Weil beide Elternteile berufstätig waren, besaß Franziska früh einen eigenen Wohnungsschlüssel und konnte sich schon selbst Spiegeleier braten. Deswegen galt sie in ihrer Klasse als „Heldin“. Zu Hause fand sie stets Geborgenheit, Halt und Unterstützung. Deswegen erklärte sie, sie habe die „beste Familie der Welt“.

Als Elfjährige erlebte Franziska van Almsick 1989 bei der „Kinderund Jugendspartakiade“ einen ersten Höhepunkt ihrer Karriere: Sie gewann insgesamt neun Goldmedaillen. Ab 1990 wurde sie von Dieter Lindemann trainiert. Über ihn sagte sie: „Ich vertraue ihm blind, ohne Linde läuft nichts.“ 1991 katapultierte sich Franziska mit 2:01,57 Minuten über 200 Meter Freistil von „null“ auf Platz 15 der Weltrangliste. Bei den „Deutschen Meisterschaften“ in Hamburg wurde sie mit dieser Leistung Vizemeisterin.

Ihren ersten großen internationalen Erfolg feierte Franziska van Almsick im März 1992 beim Sprint-Weltcup-Finale in Palma de Mallorca, wo sie über 100 Meter Freistil mit 55,03 Sekunden siegte. Bei dem nationalen Titelkämpfen schaffte sie 1992 Platz 2 über 100 Meter Freistil und wurde „Deutsche Meisterin“ über 200 Meter Freistil und über 100 Meter Schmetterling.

Der kometenhafte Aufstieg von Franziska van Almsick setzte sich bei den „Olympischen Spielen 1992“ in Barcelona fort. Die fröhlich-kesse 14-Jährige beteiligte sich an sechs Disziplinen und gewann dabei insgesamt vier Medaillen: Bronze in 100 Meter Freistil, Silber über 200 Meter Freistil, Silber in der 4x100 Meter Lagen- und Bronze in der 100 Meter Freistilstaffel.

Mit den Medaillengewinnen bei der Olympiade in Spanien ist für Franziska van Almsick das wahrgeworden, was sie Mitte 1991 befürchtet hatte, als sie sagte: „Ich grause mich davor, eines Tages groß rauszukommen“. Denn nun war sie für die deutsche Öffentlichkeit und die Medien über Nacht ein Star.

Bei der Jugend-Europameisterschaft in Leeds (Großbritannien) im August 1992 gewann Franziska van Almsick sechs Goldmedaillen. Im November 1992 holte sie bei der Sprint-Europameisterschaft in Eespo (Finnland) drei Mal Gold. 1992 engagierten die Eltern von Franziska van Almsick den Hamburger Sportjournalisten Werner Köster als Manager. Er beschaffte Franziska Werbe- und Spon- sorenverträge mit einem Gesamtvolumen von angeblich etwa 17 Millionen Mark.

Anfang 1993 folgten drei Weltbestleistungen Franziskas beim Weltcup“ in Peking und Shanghai (China). Außerdem wurde sie GesamtweltcupSiegerin im Freistil-Sprint und fünffache Siegerin bei den „Deutschen Meisterschaften“ in Potsdam.

Bei den Europameisterschaften 1993 in Sheffield (Großbritannien) gewann Franziska van Almsick sechs Mal Gold und eine Silbermedaille. Damit trat sie in die Fußstapfen des deutschen Schwimmers Michael Groß, der bei der „EM 1985“ in Sofia ebenfalls sechs Titel holte. 1993 erschien auch ihre Biographie „Franziska van Almsick Superstar“ und wählte man sie zur „Sportlerin des Jahres“ in Deutschland, Europa und der Welt.

1994 holte Franziska van Almsick vier Titel bei den „Deutschen Meisterschaften“ in Hannover. Bei den Weltmeisterschaften in Rom 1994 stieg sie vier Mal aufs Treppchen. Kurios war ihr Sieg auf ihrer Lieblingsstrecke über 200 Meter Freistil, wo sie als Vorlaufneunte eigentlich ausschied, erst durch den Verzicht von Dagmar Hase in den Endlauf gelangte und dann mit 1:56,78 Minuten einen neuen Weltrekord schwamm.

1995 wurde Franziska zum vierten Mal in Folge Deutsche Mannschaftsmeisterin mit dem „Sportclub („SC“) Berlin“. Im selben Jahr gewann sie auch vier Titel bei den „Deutschen Meisterschaften“ und fünf Mal Gold bei den Europameisterschaften in Wien, womit sie zur erfolgreichsten „EM“-Schwimmerin aller Zeiten aufstieg. Sportlich und privat lief für Franziska nicht immer alles optimal. Als sie bei den „EM 1995“ das 200-Meter-Freistil-Finale überraschend verpasste, warf man ihr vor, sie habe den Kopf für den Sport nicht frei und müsse ihre Lebenseinstellung überdenken. Nach einem Zeitungsinterview wurde eine Bemerkung von ihr über den „Zweiten Weltkrieg“ und den Diktator Adolf Hitler missverstanden. Beim gemeinsamen Urlaub nach den „EM“ erkrankte ihr zehn Jahre älterer Freund, Steffen Zesner, schwer und wäre fast gestorben. Bei der „Deutschen Meisterschaft 1996“ in Braunschweig mussten sich die Schwimmerinnen und Schwimmer auch für die „Olympischen Spiele 1996“ in Atlanta (Georgia) qualifizieren. Als Franziska bei den Wettbewerben über 400 und 100 Meter verlor, klatschten Zuschauer schadenfroh. Doch sie konnte sich durch einen Sieg in ihrer Paradedisziplin 200 Meter Freistil einen Einzelstart in Atlanta erkämpfen.

Die 18-jährige Franziska van Almsick wollte im Sommer 1996 in Atlanta ihren Traum vom olympischen Gold verwirklichen, den sie 1992 als 14-Jährige in Barcelona nur knapp verpasst hatte. Bereits auf dem Weg durch die mit 15.000 Zuschauern besetzte Halle fühlte sie jedoch, dass sie nicht gewinnen konnte: „Als ich ins Wasser sprang, war ich schon erledigt. Ich wäre am liebsten stehen geblieben und gar nicht geschwommen.“ Ihre Ahnungen trogen nicht: Sie wurde hinter Claudia Poll aus Costa Rica „nur“ Zweite.

Mitte November 1996 erklärte Franziska van Almsick zur Freude ihrer Fans, sie wolle bei den „Olympischen Spielen 2000“ in Sydney ihren Traum vom olympischen Gold erfüllen. Kurz danach wurde ihr die Doppelbelastung durch Schule und Training zuviel, sie verließ die Schule, trennte sich von ihrem Trainer Dieter Lindemann und verpflichtete Gerd Eßer, der früher ihren Freund Steffen Zesner trainiert hatte.

Im Juni 1997 erlitt Franziska van Almsick nach einem Sturz mit dem Motorrad ihrer Mutter eine komplizierte Verletzung der linken Hand. Danach musste sie 14 Wochen lang ihr Training unterbrechen, was für sie das Aus bei der „Deutschen Meisterschaft“ in München im Juli und bei der Europameisterschaft in Sevilla (Spanien) im August bedeutete. Bei der Weltmeisterschaft in Perth (Australien) kämpfte sich Franziska van Almsick bereits wieder an die Spitze der Schwimmerinnen heran. 1998 hatte sie bei der „Deutschen Meisterschaft“ in Hamburg bereits wieder ihre alte Form erreicht: Sie gewann in allen drei Disziplinen und schaffte in ihrer Paradedisziplin wieder den Anschluss an die Weltspitze.

Mit einem Debakel endeten für Franziska van Almsick die „Deutschen Schwimm-Meisterschaften 1999“ in Leipzig, bei denen sie in ihrer Paradedisziplin über 200 Meter Freistil im Vorlauf mit 2:04,75 Sekunden nur den neunten Platz erreichte. Dies bedeutete für diese Strecke die Nichtteilnahme bei der Europameisterschaft im Juli in Istanbul, bei der Franziska nach fast zweijähriger Krise (Motivationsprobleme und dem erwähnten Handbruch) international wieder Anschluss gewinnen wollte.

Beim Auftakt der 24. Europameisterschaften am 26. Juli 1999 in Istanbul (Türkei) gewann Franziska van Almsick mit der deutschen Frauenstaffel eine Goldmedaille über 4x100 Meter Freistil. Am Tag darauf erkämpfte sie mit der Frauenstaffel eine weitere Goldmedaille über 4x200 Meter Freistil. Damit war sie 13-fache Europameisterin und zusammen mit dem deutschen Schwimmer Michael Groß auf dem Kontinent am erfolgreichsten.

Die Teilnahme an den „Olympischen Sommerspielen 2000“ in Sydney gestaltete sich für Franziska van Almsick zu einer „Woche der Tränen“. Sie hatte vier Chancen auf eine Goldmedaille, gewann aber nur eine Bronzemedaille mit der 4x200 Meter-Staffel. Die Zeitung „Welt am Sonntag“ schrieb über sie, sie habe sich in Sydney fast eine Woche lang mutlos, ratlos, (fast) wortlos und irgendwie hadernd mit sich und der bösen Welt gezeigt. Von der Berliner Boulevard-Zeitung „B.Z“ wurde als „Franzi van Speck“ verspottet.

Nach den Enttäuschungen in Australien dachte Franziska van Almsick ernsthaft an Rücktritt vom Schwimmsport. Doch Ende November 2000 kündigte sie die Fortsetzung ihrer großen sportlichen Karriere an. Die Presse mutmaßte, Franziska sei durch ihre Liebe zu dem Magdeburger Handball-Nationalspieler Stefan Kretzschmar beflügelt worden. Mit Kretschmar war sie von 2000 bis 2004 liiert.

Am 6. Februar 2001 berichteten Zeitungen, Franziska van Almsick habe ein neues berufliches Kapitel aufgeschlagen und sich als Chefin einer Agentur selbstständig gemacht, die sich um ihre geschäftlichen und sportlichen Aktivitäten kümmere. Gleichzeitig beendete sie ihre mehr als achtjährige Zusammenarbeit mit ihrem Manager Werner Köster. Auch bei den „Olympischen Spielen 2004“ in Athen konnte Franziska van Almsick keine Goldmedaille gewinnen. Damals beendete sie mit zwei Bronzemedaillen (mit der 4x200-Meter-Freistilstaffel (mit neuem Europarekord) und der 4x100 Meter-Lagenstaffel) und Rang 5 über 200 Meter Freistil ihre sportliche Karriere.

Während ihrer Sportkarriere beteiligte sich Franzsika van Almsick an Fotoshootings. Zum Beispiel posierte sie zwei Mal für das Männermagazin „Maxim“ in Badebekleidung und Unterwäsche. 2004 erschien ihre Autobiografie „Aufgetaucht“.

2005 lernte Franziska van Almsick den Unternehmer Jürgen B. Harder kennen, der ihr Lebensgefährte wurde und mit dem sie in Heidelberg lebt. Das Paar bekam 2006 und 2013 jeweils einen Sohn. An den Schwimmweltmeisterschaften 2005 in Montreal, den Schwimm- europameisterschaften 2006 in Budapest, den Schwimmwelt- meisterschaften 2007 in Melbourne, den „Olympischen Spielen 2008“ in Peking und den „Olympischen Spielen 2012“ in London nahm Franziska van Almsick als Co-Moderatorin für die „ARD“ teil. 2006 kommentierte sie kurze Zeit für „RTL“ die „Formel 1“. Die vielseitige Franziska van Almsick fungierte ab 1. Dezember 2008 als Stellvertreterin des neuen Vorstandsvorsitzenden der „Deutschen Sporthilfe“, Werner E. Klatten. Am 1. April 2010 wechselte sie in den Aufsichtsrat der „Deutschen Sporthilfe“. Seit einigen Jahren wirkt sie als Botschafterin für die „Sky Stiftung“.

Auch im 21. Jahrhundert wurden Franziska van Almsick zahlreiche Auszeichnungen zuteil: „Europäische Schwimmerin des Jahres“ 2002, „Sportlerin des Jahres in Deutschland“ 2002, „Woman of the year“ (Sport) 2002, „Goldene Henne“ („Comeback des Jahres“) 2002. 2010 nahm man sie in die „Ruhmeshalle des internationalen Schwimmsports“ („International Swiming Hall of Fame“) auf.

Jacqueline Auriol

Sie durchbrach als erste Frau die Schallmauer

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ie erste Frau der Welt, die schneller als der Schall flog, war die französische Pilotin Jacqueline Auriol (1917-2000), geborene

Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet. Sie stellte einige Weltrekorde auf, war mehrfach „die schnellste Frau der Welt“ und galt international als eine der besten Pilotinnen.

Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet wurde am 5. November 1917 in Challans Vendée als Tochter eines Holzhändlers geboren. Sie besuchte die Institution „Blanche-de-Castille“ in Nantes sowie die Pariser Schulen „Notre-Dame-de-Sion“ und „École du Louvre“. Im Februar 1938 heiratete die 20-Jährige Paul Auriol (1918-1992), den Sohn des späteren Präsidenten der französischen Republik, Vincent Auriol (1884- 1966). Aus dieser Ehe gingen 1938 der Sohn Jean-Claude und 1941 der Sohn Jean-Paul hervor.

1947 begegnete die 29-Jährige bei einem Diner im Präsidentenpalais dem französischen Flieger Raymonde Guilleaume. Er schwärmte: „Beim Fliegen bleibt alles am Boden zurück. Es gibt nur zwei Dinge dort oben: Leben und Tod“. Seine Worte fielen bei der zweifachen Mutter auf fruchtbaren Boden. Denn die High Society und Repräsen- tationspflichten an der Seite ihres Mannes, der als Sekretär seines Vater arbeitete, füllten sie nicht aus. Die Kinder sind bereits dem Babyalter entwachsen gewesen.

Ihr Gatte, der früher selbst Kampfflieger gewesen war, zeigte sich von der Idee Jacquelines begeistert, der Schwiegervater dagegen weniger.

Als sich zeigte, dass Jacqueline eine große Begabung für die Fliegerei besaß, ließ sie sich auch im Kunstflug ausbilden. Zwischen 1948 und 1954 erwarb sie sechs verschiedene Pilotenscheine für sämtliche Flugzeugtypen, auch für Segelflugzeuge. Aufgrund ihres fliegerischen Könnens konnte sie bald als Einfliegerin und Testpilotin arbeiten. Im Juli 1949 startete Jacqueline Auriol als einzige Frau unter 20 männlichen Kunstfliegern. Nach diesem Auftritt als tollkühne Luftakrobatin verlieh man ihr den Spitznamen „La Lionne“ („die Löwin“). Eine Woche später stürzte Jacqueline als Co-Pilotin in einem Wasserflugzeug in die Seine. Sie überlebte das Unglück, erlitt aber schwere Gesichtsverletzungen. Danach musste sie eine Stahlmaske tragen, monatelang flüssig ernährt werden und fast anderthalb Jahre in Kliniken verbringen. Selbst ihre eigenen Kinder erkannten sie nicht mehr. Um sich von den Unfallfolgen abzulenken, studierte die ans Bett gefesselte und entstellte Jacqueline Auriol eifrig Aeronautik, Algebra und Trigonometrie. In den USA gelang es Schönheitschirurgen, innerhalb von drei Jahren mit 22 Eingriffen das ehedem liebreizende und photogene Gesicht wiederherzustellen. Später erzählte Jacqueline, sie sei sich zwölf Jahre lang beim Blick in den Spiegel fremd vorgekommen.

Gleich nach ihrer letzten Operation in den USA absolvierte Jacqueline Auriol ihr Diplom als Hubschrauberpilotin. Nach ihrer Gesundung wollte sie den von der amerikanischen Fliegerin Jacqueline Cochran 1906-1980), einer Freundin von ihr, gehaltenen Geschwindig- keitsrekord für Frauen brechen. Dieses Vorhaben gelang ihr am 13. Mai 1951 auf dem Flugplatz Villacoublay bei Paris mit einem „Vampire“-Düsenjäger: Mit 818,181 km/h wurde sie die „schnellste Frau der Welt“.

Der amerikanische Präsident Harry Spencer Truman (1884-1972) verlieh Jacqueline Auriol im November 1952 im „Weißen Haus“ in Washington die „Internationale Hermon-Trophäe“ für hervorragende fliegerische Leistungen. Zwei Monate vorher hatte sie in Frankreich aus gleichem Anlass das „Kreuz der Ehrenlegion“ erhalten. Im Dezember 1952 glückte Jacqueline Auriol ein neuer Weltrekord für Frauen: Mit einer „Mistral 76“ erreichte sie zwischen Avignon und Istres über 100 Kilometer Flugstrecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 856 km/h. Damals wurde Jacqueline Auriol und Jacqueline Cochran abwechselnd der Ehrentitel „schnellste Frau der Welt“ verliehen.

Im August 1953 durchbrach Jacqueline Auriol mit einem Düsenjäger des Tpys „Mystère“ die Schallmauer (Mach 1): Sie erreichte 1195 km/ h. Ein neuer Geschwindigkeits-Weltrekord für Frauen folgte im Juli 1955: Nun überbot Jacqeline Auriol mit einem Düsenjäger vom Typ „Mystère IV“ mit 1200 km/h den Rekord von Jacqueline Cochran. Mitte der 1950-er Jahre besaß der Titel „schnellste Frau der Welt“ nur noch repräsentative Bedeutung. Denn vom 1. Juli 1955 bis Anfang 1956 hatte der „Internationale Luftsportverband“ den GeschwindigkeitsWeltrekordtitel für Frauen abgeschafft.

Im August 1959 übertraf Jacqueline Auriol ihre eigene Bestleistung vom Juli 1955 deutlich: Sie schaffte mit einem Düsenjäger vom Typ „Mirage III“ eine Rekordgeschwindigkeit von 2150 km/h. Der Flug fand über dem Flughafen Istres statt. Drei Jahre später, am 22. Juni 1962, brach Jacqueline mit einem neuen französischen Düsenjäger, dem „Mistral III“, mit 1849 km/h erneut den internationalen Schnelligkeitsrekord für Frauen über eine Stre-cke von 100 Kilometern. Mit einer „Mirage III-R“, glückte Jacqueline Auriol am 14. Juni 1963 in Istres ein neuer Rekord. Dabei erreichte sie 2038,7 km/h. 1964 gelang ihr ein weiterer Rekord.

Nach ihrem folgenschweren Absturz vom Juli 1949 absolvierte Jacqueline Auriol unfallfrei noch mehr als 4000 Flugstunden. Sie rauchte und lachte gerne und war auf ihren ältesten Sohn stolz, der bereits im Alter von 17 Jahren seinen Pilotenschein erworben hat. Die „Süddeutsche Zeitung“ bescheinigte ihr nach einem Auftritt beim „Internationalen Flugtag 1956“ in München-Riem, in ihren Augen liege jener Blick, der manchmal aus fernen Weiten zurückzukehren scheine, der Blick der besessenen Fliegerin.

Die „schnellste Frau der Welt“ starb am Abend des 11. Februar 2000 im Alter von 82 Jahren in ihrer Pariser Wohnung.

Die Biografien der Fliegerinnen Jacqueline Auriol, Elly Beinhorn, Jacqueline Cochran, Amelia Earhart und Hanna Reitsch stehen auch in meinen Taschenbüchern „Superfrauen 4 - Wirtschaft und Verkehr“ sowie „Königinnen der Lüfte“.

Cilly Aussem

Deutschlands

erste Wimbledon-Siegerin

A

ls erste deutsche Tennisspielerin von Weltklasse gilt die Sportlerin Cilly Aussem (1909-1963). Ihr gelang 1931 der größte Erfolg ihrer sportlichen Karriere: Damals triumphierte Cilly auf dem „heiligen Rasen“ von Wimbledon (Großbritannien) im Finale. Sie war die erste Wimbledon-Siegerin des „Deutschen Tennis-Bundes“ („DTB“) und sechs Mal „Deutsche Meisterin“. Man nannte sie „Herzkönigin“, „Tennisprinzessin“ und „Ballettänzerin“.

In Wimbledon werden seit 1877 alljährlich die „All England Championships“ ausgetragen. Dabei handelt es sich um ein inter- nationales Tennisturnier, das zusammen mit den Wettbewerben von Melbourne, Paris und New York City zu den vier Grand-Slam-Turnieren gehört. Wimbledon war früher eine selbstständige Stadt, bevor es 1965 dem südwestlichen Londoner Stadtbezirk zugeschlagen wurde.

Cilly Aussem erblickte am 4. April 1909 in Köln das Licht der Welt. Mit 14 Jahren kehrte sie aus einer Pension am Genfer See in ihre Geburtsstadt am Rhein zurück und lernte neben Englisch, Französisch, Italienisch, Musik und Kunstgeschichte auch Tanzen und Tennisspielen. Als Erste wurde die Mutter Helen Aussem auf Cillys sportliches Talent aufmerksam. Sie vertraute sie zunächst dem damaligen Profi- Weltmeister Roman Najuch (1893-1967) bei „Rot-Weiß-Köln“ an. Der Kölner Tennislehrer, Willy Hannemann, brachte der jungen Cilly jene flache Vorhand bei, die damals genauso berühmt und gefürchtet war wie später der Vorhand-Cross von Steffi Graf.

1925 wurde die 16-jährige Cilly Aussem in Erfurt erstmals „Deutsche Juniorenmeisterin“ und lag in der deutschen Rangliste auf Platz 6. Ein Jahr später - 1926 - schlug sie Ilse Friedleben (1893-1962) im Match um die „Deutsche Meisterschaft“ und wurde an der Seite von Hans Moldenhauer (1901-1930) „Deutsche Meisterin im Mixed“. Als die schlanke und grazile Cilly dem Leistungsstress körperlich und seelisch nicht mehr gewachsen schien, bat ihre attraktive und ehrgeizige Mutter den Amerikaner William Tatum Tilden (1893-1953), den damals weltbesten Tennisspieler, genannt „Mister Tennis“ oder „Big Bill“, um Hilfe. Sie fragte ihn vermutlich bei einer legendären Begegnung an der Riviera, wie aus ihrer Tochter eine wirkliche Meisterin werden könne, und „Big Bill“ antwortete ihr unverblümt: „Indem Sie, gnädige Frau, den nächsten Zug nach Deutschland nehmen“.

Die kleine, fröhliche und liebenswerte Cilly Aussem mit den wunderschönen braunen Augen kam auch ohne ihre Mutter gut zurecht. William Tatum Tilden schaffte es, Cilly zur Weltklasse zu führen. Ihre Qualitäten waren eine harte Vorhand, ein mehr platzierter als scharfer Aufschlag, eine angeschnittene Rückhand, eine Vorliebe für Stoppbälle, ihre Präzision, ihr Laufpensum und ihr starker Siegeswille.

Neun Jahre nach dem Ersten Weltkrieg traten 1927 bei den Tennisturnieren in Paris und Wimbledon erstmals wieder Deutsche an. In Paris siegte die noch weitgehend unbekannte Cilly Aussem sensationell über die griechische Ranglistenerste Contostavlos, aber in Wimbledon verlor sie gegen Englands Hoffnung, Betty Nuthall (1911- 1983).

Ebenfalls 1927 zog Cilly Aussem in das Haus der Baronin Giza Barathy am Starnberger See (Oberbayern), die später ihre Pflegemutter wurde. 1927, 1930 und 1931 erkämpfte Cilly Aussem für „Rot-Weiß Köln“ erneut die „Deutsche Meisterschaft“. Zeitweise bereiteten der laufstarken Spielerin ihre empfindlichen Füße gesundheitliche Probleme.

1928 stand Cilly Aussem erstmals in der deutschen Rangliste auf Platz 1. Sie bezwang viele Spitzenspielerinnen des Auslandes wie die Französin Simone Mathieu (1908-1980), die Spanierin Lily de Álvarez (1905- 1998), die nach ihrer Heirat Comtesse de la Valdéne hieß, die Britin Phoebe Watson-Holcroft (1864-1918), die Tennisspielerin Petery- Varady und die Kanadierin Elizabeth „Bunny“ Ryan (1892-1979). Entscheidend für die weitere Entwicklung Cilly Aussems erwies sich das Jahr 1930. Damals gewann sie im Mixed mit dem erwähnten Amerikaner William Tatum Tilden alle Turniere an der Riviera. In Paris wurde sie - ebenfalls mit Tilden - gegen die damals besten Paare Elizabeth Ryan/Jean Borotra und Eileen Bennet/Henri Cochet „Meisterin von Frankreich“. Im Einzel der „Französischen Meisterschaft“ erreichte sie in Paris durch einen Sieg gegen die Weltmeisterin, die Amerikanerin Helen Jacobs (1908-1997), das Halbfinale.

In Wimbledon kam Cilly Aussem 1930 ebenfalls ins Halbfinale, wo sie gegen die Kanadierin Elizabeth Ryan so unglücklich stürzte, dass sie mit dem Kopf aufschlug, ohnmächtig liegen blieb und hinausgetragen wurde. Um ihre Gesundheit war es auch sonst nicht zum allerbesten bestellt. Ihre empfindlichen Augen zwangen sie häufig, die Zeit vor Tennisspielen in einem dunklen Zimmer zu verbringen.

Das „kölsche Mädchen“ Cilly Aussem bildete zusammen mit Hilde Krahwinkel-Sperling (1908-1981), Marie-Luise (Marlies) Horn und später mit Irmgard Rost (1909-1970) eine deutsche Damenmannschaft, die sämtliche Länderspiele gewann und sogar das starke britische Team besiegte. 1930 nahm Cilly bereits Platz 2 der Weltrangliste ein. 1931 feierte Cilly Aussem ihre größten sportlichen Triumphe. In Paris wurde sie im Endspiel gegen die Britin Betty Nuthall „Französische Meisterin“ und in Hamburg „Deutsche Meisterin“. Bei der inoffiziellen Weltmeisterschaft in Wimbledon siegte sie am 3. Juli 1931 mit 7:5, 7:5 gegen ihre Landsmännin Hilde Krahwinkel-Sperling aus Essen. Ein solches rein deutsches Finale gab es bei den Damen bis heute nicht mehr. In der Weltrangliste lag damals nur noch die Amerikanerin Helen Wills-Moody (1905-1998), später Mrs. Roakers, genannt „Miss Pokerface“ oder „Königin Helen“, vor Cilly Aussem. Nach dem Triumph von Wimbledon lobte Cillys Mixed-Partner Tilden: „Ich kenne keine andere Weltklassesportlerin, die ähnlich sympathisch ist. Das ist ein junger Mensch, den man einfach gerne haben muss“. Der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer (1876-1967) schickte ein Telegramm mit den Worten: „Cilly, ganz Köln gratuliert zum großen Sieg. Ihre Heimatstadt ist stolz auf Sie“. Eine ausländische Zeitung jubelte: „Die Deutschen haben einen weiblichen Tennis-Nurmi, ein bildhübsches, junges Mädchen, dessen Lauftechnik und dessen Siegeswille einmalig sind“.

Auch 1931 stand Cilly Aussem hinter Helen Wills-Moody auf Platz 2 der Weltrangliste. In jenem Jahr unternahm die 22-Jährige mit ihrer Klubkameradin Irmgard Rost eine Südamerika-Tournee, von der sie nach Siegen in Argentinien und Brasilien mit einer schweren Leberkrankheit zurückkehrte und eine Blinddarmoperation vornehmen lassen musste, die sie weiter schwächte. Es folgte eine lange Erholungspause, nach der Cilly auf ein Comeback hoffte.

Doch beim Comeback 1933 erreichte Cilly Aussem ihre frühere Höchstform nicht mehr. Sie verlor gegen die Tennisspielerinnen Hewitt, Rosemberg, die Britin Margaret Scriven und die Französin Simone Mathieu und besiegte nur Hilde Krahwinkel-Sperling, Elizabeth Ryan und Mary Heely. 1934 erkämpfte sie noch einmal Platz 9 der Weltrangliste. 1935 unterlag sie Helen Jacobs in Wimbledon und feierte sie Abschied vom Tennis.

1935 lernte Cilly Aussem beim Skilauf auf der Kreuzeck-Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen (Oberbayern) den italienischen Grafen Fermo Murari dalla Corte Brà kennen und lieben. Am 11. März 1936 heirateten die beiden in München. Anschließend spielte Cilly, die nun Gräfin Cäcilie Editha Murari dalla Corte Brà hieß, aus gesundheitlichen Gründen nur noch privat Tennis. Zusammen mit ihrem Mann, der eine diplomatische Mission hatte, lebte sie zwei Jahre lang in Italienisch-Somaliland, wo sie sich ein Leiden zuzog, von dem sie sich nie mehr ganz erholte.

Die letzten zweieinhalb Jahrzehnte ihres Lebens hielt sich Cilly Aussem auf dem gräflichen Ruhesitz in Portofino an der italienischen Riviera auf. Gelegentlich kam sie noch als Zuschauerin zu einem Tennisturnier. Am 22. März 1963 starb sie im Alter von 53 Jahren nach einer Leberoperation. Beim Kölner „THC Stadion Rotweiß“ in Müngersdorf, wo Cilly Aussems sportliche Karriere begann, wird das Andenken an die erste deutsche Wimbledonsiegerin noch heute hochgehalten: Im Kaminzimmer des Klubhauses hängt ein 1932 in Öl gemaltes Porträt von Cilly, das der Maler Leo Freiherr von König (1871-1944) geschaffen hat.

Der Weltranglistenspieler und Schriftsteller Roderich Menzel schrieb über Cilly Aussem: „Überall, wo sie das Raquet schwang und wo ihr bezauberndes Lächeln die Herzen der Zuschauer erwärmte, hat sie, ohne es zu wissen, Schülerinnen und Jüngerinnen für den Tennissport gewonnen. Wenn wir uns ihrer erinnern, so sprechen wir mit Liebe von ihr und sagen mit Stolz: Sie war unsere Meisterin“.

Die Deutsche Bundespost erinnerte am 5. Mai 1988 an Cilly Aussem: Sie brachte in der Postwertzeichen-Dauerserie „Frauen der deutschen Geschichte“ eine 20-Pfennig-Briefmarke mit dem Porträt der Tennisspielerin heraus.

Petra Behle (Petra Schaaf)

Die beste

Biatholon-Sportlerin

A

ls erfolgreichste Biathlon-Sportlerin der Welt gilt die Deutsche Petra Behle: Sie wurde - teilweise unter ihrem Mädchennamen Petra Schaaf - insgesamt neun Mal Weltmeisterin, Olympiasiegerin in Nagano und zwei Mal Olympiazweite. Ihr erster Ehemann Jochen Behle, der beste deutsche Langläufer, glaubte, so schnell werde wohl keine andere seine Gattin im Biathlon überflügeln.

Biathlon ist ein Skilanglauf, bei dem unterwegs an Schießständen Schüs- se abgegeben werden. Die Strecken sind unterschiedlich lang: Im Sprint geht es bei den Frauen über 7,5 Kilometer und bei den Männern über 10 Kilometer, im Einzellauf bei den Frauen über 15 Kilometer und bei den Männern über 20 Kilometer. Bei letzterer Strecke werden bei den Frauen zwischen Kilometer 3 und 12 und bei den Männern zwischen Kilometer 4 und 18 an vier Schießständen jeweils fünf Schüsse abgege- ben.

Petra Schaaf kam am 5. Januar 1969 in Offenbach am Main (Hessen) zur Welt. Zusammen mit fünf Geschwistern wuchs sie in ihrer Ge- burtsstadt auf. Von 1976 bis 1985 wohnte die Familie Schaaf in Mitten- wald (Oberbayern), wo die Eltern eine Gastwirtschaft eröffneten. Dort kam Petra erstmals mit dem Skilanglauf in Berührung, von dem sie bald begeistert war.

Als Petra Schaaf 1985 mit ihrer Familie nach Aschaffenburg (Unter- franken) umzog, wo sie in der Schule gerne Handball spielte, schien es mit dem Skilanglauf vorbei zu sein. Doch durch den Tipp ihres Mittenwalder Trainers Axel Böhm kam sie im Mai 1986 ins „UplandGymnasium“ in Willingen (Sauerland), wo sie Schule und Leistungssport unter einen Hut bringen konnte.

In Willingen wurde Petra Schaaf von der Trainerin Renate Schinze an den Biathlon-Sport herangeführt. Ihre ersten Erfolgserlebnisse hatte Petra 1987 beim Weltcup in Antholz (Südtirol), wo sie den zehnten Platz erreichte, und 1988 in Ruhpolding (Oberbayern), wo sie zwei zweite Plätze erkämpfte.

Im Gesamtweltcup lag Petra Schaaf 1987 bereits auf Platz 11. Bei der „Weltmeisterschaft („WM“) 1988“ in Chamonix (Frankreich) gewann sie im Sprint eine Goldmedaille. Die 19-Jährige war die jüngste deutsche Weltmeisterin im Biathlon. In der jungen Sportart Biathlon kürt man erst seit 1984 Weltmeisterinnen. 1989 wurde Petra Fünfte der „Junioren-WM“ und bei der „WM“ in Feistritz (Kärnten) im 15- Kilometer-Rennen Weltmeisterin, als sie bei 20 Schüssen nur zwei Mal das Ziel verfehlte.

Im Weltcup kam Petra Schaaf 1988 auf Platz 13. 1989 bestand sie ihr Abitur mit der respektablen Durchschnittsnote 1,7. Bei der „WM 1990“ in Minsk wurde sie über 15 Kilometer Dritte, mit dem Team des „Deutschen Skiverbandes“ („DSV“) Zweite und im Weltcup Elfte. Damals erklärte sie: „Wenn du nichts machst außer Sport und da Misserfolg hast, ist das Leben ein Misserfolg“.

Bei der „WM 1991“ in Lahti (Finnland) mischte Petra Schaaf wieder ganz oben mit. Mit zweieinhalb Minuten Vorsprung vor der Nächstplatzierten gewann sie zum dritten Mal Gold. Im Weltcup drang sie 1991 auf Platz sechs vor. 1992 konnte sie sich bei der Team-WM in Nowossibirsk (Sibirien) über ihren vierten Weltmeistertitel im „DSV“-Aufgebot freuen.

Im Winter 1992/1993 erkämpfte Petra Schaaf in Slowenien ihren zweiten Weltcupsieg. Bei der „WM“ in Borovetz (Bulgarien) holte sie über 15 Kilometer ihren vierten Einzeltitel. Wegen einer Knieverletzung schaffte sie 1993 lediglich Platz 5.

Im Juli 1994 heiratete Petra Schaaf den Sportler Jochen Behle und beschloss mit ihm, die sportliche Karriere fortzusetzen. In Badgastein (Österreich) feierte Petra Behle im Winter 1994/1995 ihren ersten Weltcupsieg über 15 Kilometer.

1995 erreichte Petra Behle bei der „WM“ in Antholz den 16. Platz über 15 Kilometer und Gold mit der DSV-Staffel, Silber mit der Mannschaft, im Weltcup landete sie auf Platz 10. Im Winter 1995/ 1996 holte sie bei der „WM“ in Ruhpolding je einen Titel im Mannschaftsrennen und in der Staffel. Danach siegte sie beim Weltcup in Slowenien im Sprint und kam in der Gesamtwertung auf Platz 3. Im Weltcup 1996/1997 in Lillehammer (Norwegen) errang Petra Behle im Sprint ihren fünften Sieg. In Ruhpolding folgte der fünfte Weltcupsieg im Sprint. Bei der WM in Osrblie (Slowakei) erreichte sie zwei neunte Plätze im Sprint und Verfolgung, gewann aber den Titel im Staffelrennen. Nach dem Sprintsieg in Nowossibirsk lag sie in der Gesamtwertung auf Platz 4.

Die 1,77 Meter große und 67 Kilogramm schwere Biathletin ist nach eigener Aussage „von Haus aus ein sehr heimischer Typ“. Deshalb bedauert sie es ein wenig, im Winter wegen ihres Sports jeweils fast vier Monate von ihrem Mann getrennt leben zu müssen und nur per Handy von ihm zu hören. Im Mai 1997 erhielt sie in der „Universitäts- klinik Freiburg/Breisgau“ einen Herzkatheder, nachdem sie im Winter zuvor zwei Mal ohne erkenntlichen Grund Herzrasen bekam.

Bei den „Olympischen Winterspielen 1998“ in Nagano (Japan) sicherte die 29-Jährige mit einem beherzten Lauf auf der Schlussrunde die Goldmedaille in der Staffel. „Schöner kann man nicht abtreten. Ich kann’s nicht fassen. Das geht mir brutal nahe“, schluchzte sie nach ihrem letzten olympischen Auftritt. Bei drei „Olympischen Spielen“ hatte sie keine Einzelmedaille gewinnen können.

Im April 1999 trennte sich Petra Behle von ihrem ersten Ehemann Jochen Behle. Nach der Trennung bleib sie ihrem geschiedenen Ehemann weiterhin freundschaftlich verbunden und trug weiterhin seinen Familiennamen Behle.

Ehrenamtlich fungiert Petra Behle seit 2001 als Schirmherrin der „Tour der Hoffnung“. Bei dieser Prominentenradtour werden alljährlich Spenden zu Gunsten krebs- und leukämiekranker Kinder gesam- melt.

Im Oktober 2003 absolvierte Petra Behle an der „European Business School“ in Oestrich-Winkel erfolgreich eine Ausbildung zur Sportökonomin. Während dieses Studiums lernte sie Gerhard Buhlmann kennen, der ihr die Chance bot, in seiner Sportmarketing-Agentur „Businessmeetssports“ (Fürstenfeldbruck) erste Erfahrungen auf diesem Gebiet zu sammeln.

Am 30. Januar 2009 heiratete Petra Behle zum zweiten Mal. Ihren Ehemann, den Zahnarzt Dr. Mathias Rinn, hatte sie 2002 kennen gelernt, als er ihr eine Spende für die „Tour der Hoffnung“ übergab. Das Ehepaar wohnt in Biebertal im hessischen Landkreis Gießen.

Von 1998 bis 2007 betätigte sich Petra Behle beim „Zweiten Deutschen Fernsehen“ („ZDF“) als Biathlonexpertin. Gemeinsam mit Christa Haas und ab der Wintersaison 2006/2007 mit Norbert König moderierte sie die Live-Übertragungen der Wettbewerbe. Dabei lernte sie einiges hinsichtlich Auftritt und freie Rede.

Nach dem altersbedingten Rückzuges ihres Geschäftspartners Gerhard Buhlmann aus dem operativen Geschäft wechselte Petra Behle im Oktober 2012 zusammen mit von ihr betreuten Sportlern als freie Mitarbeiterin zum Team von „Triceps“, der Partneragentur des „Deutschen Skiverbandes“. Aufgabe von „Triceps“ ist die Schaffung von sinnvollen und damit erfolgreichen Verbindungen zwischen Athleten und Sponsoren, aber auch Vereinen, Verbänden und Events.

Petra Behle ist Mitglied des „NOK“ und Aktivensprecherin in der „Landessportkonferenz Hessen“ sowie Mitglied im Gutachterausschuss der „Deutschen Sporthilfe“.

Hobbys von Petra Behle sind - außer gelegentlichem Wintersport in Willingen - Laufen, Radfahren und Golf. Der im Sternkreiszeichen Steinbock geborenen Sportlerin werden Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, Widerstandsfähigkeit und Zuverlässigkeit nachgesagt.

Elly Beinhorn

Deutschlands

Meisterfliegerin

Z

u den berühmtesten Fliegerinnen der Welt gehört die deutsche Pilotin Elly Beinhorn. Während ihres legendenumwobenen Lebens erlebte sie die sportlichen Anfänge der Fliegerei mit und prägte sie. Ihr guter Ruf beruht auf zahlreichen fliegerischen Meisterleistungen. Daneben schrieb sie auch Bücher und arbeitete für Funk und Fernsehen, testete Autos, fotografierte Afrikasafaris und hielt Vorträge über Autos und Verkehrsprobleme.

Elly Beinhorn kam am 30. Mai 1907 als Tochter des Kaufmanns Henry Beinhorn in Hannover zur Welt. In ihrem Geburtsort besuchte sie drei Jahre lang die Stadttöchterschule und anschließend das Schillerlyceum bis zur ersten Klasse. Nach einem Vortrag des deutschen Flugpioniers Hermann Köhl (1888-1938), der am 12./13. April 1928 in einer einmotorigen „Junkers W33“ als erster den Nordatlantik von Osten nach Westen überquerte, begeisterte sie sich für die Fliegerei.

Im Frühjahr 1929 erwarb Elly Beinhorn auf der Sportfliegerschule der „Deutschen Luftfahrt AG“ in Berlin-Staaken zunächst den Sport- fliegerschein und kurz darauf den Kunstflugschein an der Fliegerschule Würzburg (Bayern). Später machte sie noch den A1-Schein für Seeflug, den B1-Schein und ließ sich im Blindflug ausbilden. Einer ihrer Fluglehrer meinte scherzhaft, von ihm aus könne sie nach Afrika fliegen und sich da in der Luft austoben, was sie später wirklich tat.

Das deutsche Fliegeridol Ernst Udet (1896-1941) warnte die junge Pilotin: „Liebes Kind, wenn du so weitermachst, fällst du bald anständig auf die Schnauze“. Wenige Wochen später - im Juni 1929 - blieb nach einem Absturz von ihrem ersten kleinen Flugzeug nur noch ein Trümmerhaufen übrig. Ihr Telegramm an Ernst Udet wurde berühmt: „Vorausgesagter Bruch hat planmäßig stattgefunden“ . Erstes großes Aufsehen erregte Elly Beinhorn im Januar 1931 durch ihren Alleinflug nach Afrika mit einem Flugzeug der Firma Klemm mit 60 PS starkem „Argus“-Motor. Damals erreichte sie beim Hinflug über eine Strecke von 7000 Kilometern ihr Ziel Bolama im heutigen Guinea-Bissau innerhalb von 70 Flugstunden Während des Rückflugs musste sie wegen eines Ölrohrbruchs notlanden und konnte Timbuktu (Mali) erst nach einem schätzungsweise 50 Kilometer langen, viertägigen Fußmarsch durch die Wüste erreichen.

Am 4. Dezember 1931 unternahm Elly Beinhorn - wieder mit ihrem Flugzeug der Firma Klemm - einen Weltflug über Vorderasien, Kalkutta, den Himalaja, Bangkok, Bali bis nach Port Darwin in Australien, wo sie am 19. März 1932 landete. Danach überquerte sie per Schiff den Stillen Ozean, startete in Panama zum Flug über die Kordilleren und traf am 23. Juli 1932 nach dem insgesamt rund 31.000 Kilometer langen Flug und drei Notlandungen in Buenos Aires (Argentinien) ein.

Reichspräsident Paul Hindenburg (1847-1934) überreichte Elly Beinhorn Anfang April 1933 als Anerkennung für ihre fliegerischen Leistungen den „Hindenburg-Pokal“. Im Sommer 1933 flog sie in die ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika und 1934/1935 durch Mittel- und Südamerika.

Eine weitere Spitzenleistung gelang Elly Beinhorn am 13. August 1935. Damals wagte sie mit der weltberühmten Messerschmitt Me 108 „Taifun“ innerhalb eines Tages einen Flug von Gleiwitz (Ober- schlesien) über Skutari am Bosporus nach Berlin. Dabei legte sie insgesamt mehr als 3570 Kilometer innerhalb von dreizehneinhalb Stunden zurück.

Am 13. Juli 1936 heiratete Elly Beinhorn den deutschen Automobil- rennfahrer und mehrfachen Grand-Prix-Sieger Bernd Rosemeyer (1909- 1938). Die 13 wurde kurz darauf für den jungen Mann zur Glückszahl: Er gewann 13 Tage nach der Hochzeit den „Großen Preis von Deutschland“. Elly stellte bald danach mit einem Flug von Berlin über Damas- kus, Kairo, Athen, Budapest und zurück nach Berlin einen neuen Rekord auf. Aus der Ehe mit Rosemeyer ging 1937 der Sohn Bernd hervor. Am 28. Januar 1938, kurz vor zwölf Uhr mittags, fuhr Bernd Rosemeyer bei Weltrekordversuchen auf der Autobahn A 5 von Frankfurt am Main nach Darmstadt bei Mörfelden mit Tempo 450 in den Tod. Sein Auto- Union-Bolide war bei Kilometer 9,2 - heute Autobahnkilometer 508 von einer Orkanbö erfasst und von der Fahrbahn geworfen worden. Rosemeyers Konkurrent, der deutsche Rennfahrer Rudolf Caracciola (1901-1959), hatte am frühen Morgen desselben Tages „nur“ 432 km/ h geschafft.

Mit Elly Beinhorn trauerte damals ganz Deutschland um den verunglückten Bernd Rosemeyer, der so etwas wie der Michael Schumacher („Schumi“) jener Zeit war. Noch Jahrzehnte später erklärte Elly Beinhorn immer wieder über ihre Zeit an der Seite von Rosemeyer: „Es waren die schönsten und tiefsten Jahre meines Lebens“. 1939 unternahm Elly Beinhorn eine mehrmonatige Flugreise nach Indien, Burma, Thailand und Iran. 1942 ehelichte sie den Industriekaufmann Dr. Karl Wittmann (1904-1976). Aus dieser Verbindung stammt die 1942 geborene Tochter Steffi. Einige Jahre nach Kriegsende erfolgte die Trennung.

Nach dem „Zweiten Weltkrieg“ gab es für alle deutschen Staatsbürger und somit auch für Elly Beinhorn - ein Flugverbot. Dank der Einladung eines französischen Segelfliegerlagers konnte sie erstmals wieder einen Segelflug unternehmen. 1951 erwarb sie in der Schweiz ihren Flugschein und flog als Reporterin allein nach Nordafrika, Finnland und in andere Länder.

1956 wurde Elly Beinhorn beim Deutschlandflug Siegerin der Klasse 3 und zweite im Gesamtklassement. 1957 erhielt sie wieder den Kunstflugschein. 1959 nahm sie erfolgreich am transkontinentalen Frauenluftrennen in den USA teil und bekam eine Goldmedaille im europäischen Sternflug. 1963 siegte sie in der internationalen Damenklasse beim Alpen-Sternflug. In der Folgezeit beteiligte sie sich erfolgreich an Sportflugwettbewerben und unternahm privat Sport-, Überland- und Fotoflüge.

Die bekanntesten Bücher Elly Beinhorns heißen „Ein Mädchen fliegt allein“ (1932), „Mein Mann, der Rennfahrer“ (1938, Neuauflage 1987), „Ich fliege um die Welt“ (1952), „Madlen wird Stewardess“ (1954), „Ein Mädchen und 5 Kontinente“ (1956), „... so waren diese Flieger“ (1966) und „Alleinflug“ (1979). Davon war „Mein Mann, der Rennfahrer“ mit einer Gesamtauflage von 300.000 Exemplaren am erfolgreichsten. In ihrem Buch „Fünf Zimmer höchstens“ schilderte sie humorvoll die Nöte eines privaten Bauherren.

Im Alter von 72 Jahren gab Elly Beinhorn 1979 nach schätzungsweise 5500 Flugstunden ihren Pilotenschein zurück. Sie meinte: „Da war es ja an der Zeit. Aber bis dahin bin ich 51 Jahre mit Anstand geflogen, ohne Probleme. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören unter anderem die „Goldene Nadel“ des „Aero-Clubs Deutschland“ (1953), das „Goldene Abzeichen“ des „Bayerischen Luftsportverbandes“ (1970), die „Pionierkette der Windrose“ (1975) und die Ehrenmitgliedschaft des „Aero-Clubs Deutschland“.

Trotz ihrer fliegerischen Pioniertaten ist Elly Beinhorn immer bescheiden geblieben. Sie wehrte sich gegen alle Versuche, als Heldin abgestempelt zu werden. „Es gibt heute so viele tüchtige Fliegerinnen, die genau so viel und noch mehr können, als ich einst gekonnt habe“, erklärte sie. „Nur hatte ich das große Glück, in einer Zeit fliegen zu dürfen, als das wirklich noch ein Abenteuer war.“

Elly Beinhorns Sohn Bernd aus der ersten Ehe mit Rosemeyer wurde später Orthopädieprofessor. Ihre Tochter Steffi aus der zweiten Ehe wählte den Beruf einer Krankengymnastin. Als Elly Beinhorn ihren 85. Geburtstag feierte, strahlte sie über einen ihrer Enkel: „Es gibt heute schon einen dritten Bernd Rosemeyer“.

Elly Beinhorn ist am 28. November 2007 in Ottobrunn im Alter von 100 Jahren gestorben. Die Trauerfeier fand am 1. Dezember 2007 in München statt. Ihre letzte Ruhe fand sie in Berlin auf dem Waldfriedhof Dahlem neben ihrem ersten Ehemann Bernd Rosemeyer.

Jacqueline Cochran

Die „schnellste Frau

der Welt“

Z

u den bekanntesten und kühnsten Fliegerinnen Amerikas gehörte Jacqueline Cochran (1906-1980), geborene Pittman, verheiratete Odlum. Die aus einfachen Verhältnissen stammende Pilotin stellte insgesamt 58 Flugrekorde auf und galt bis zu ihrem Tod als „schnellste Frau der Welt“. Außerdem wählte man sie als erste Frau zur Präsidentin der „Fédération Aeronautique Internationale“ („FAI“).

Jacqueline Cochran kam am 11. Mai 1906 in Muscogee (Florida) als jüngstes von fünf Kindern einer sehr armen Familie zur Welt. Nach ihrer Geburt hieß sie eigentlich Bessie Lee Pittman. Ihr Vater war der Maschinenschlosser Ira Pittman, ihre Mutter dessen Ehefrau Maria Pittman, geborene Grant.

Am 13. November 1920 heiratete die schwangere Jacqueline Cochran in Blakely (Georgia) den jungen Flugzeugmechaniker Robert Cochran, der am Marinestützpunkt Pensacola (Florida) arbeitete. Drei Monate später brachte sie am 21. Februar 1921 den Sohn Robert Cochran junior zur Welt. Das junge Paar zog nach Miami und lebte dort vier Jahre lang bis zur Scheidung.

Danach zog Jacqueline Cochran nach DeFuniak Springs (Florida), wo ihre Eltern damals lebten. Ihr kleiner Sohn Robert starb im Alter von fünf Jahren auf tragische Weise, als seine Kleidung beim Spielen auf einem Hinterhof plötzlich Feuer fing und niemand dabei war, der ihm helfen konnte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 178 Seiten

Details

Titel
Superfrauen 12 - Sport
Autor
Jahr
2001
Seiten
178
Katalognummer
V304728
ISBN (eBook)
9783668028722
ISBN (Buch)
9783668028739
Dateigröße
894 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sportlerinnen, Biografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2001, Superfrauen 12 - Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304728

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Titel: Superfrauen 12 - Sport



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