Das Mönchtum in Äthiopien. Auf den Spuren des Löwen von Juda und der Königin von Saba


Seminararbeit, 2015

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkung (Forschungsfragen und Methodik)

2 Einleitung

3 Gründergestalten der mönchischen Lebensweise im Osten
3.1 Antonius der Einsiedler (Antonius der Große)
3.2 Athanasius von Alexandrien (Athanasius der Große)
3.3 Pachomius
3.4 Basilius der Große (Basilius von Caesarea)

4 Die Christianisierung im axumitischen Reich und das Mönchtum

5 Die Institution des Klosters in Äthiopien

6 Däbrä Damo als Beispiel für eine äthiopische Klosteranlage

7 Motive für den Eintritt in den Mönchsstand
7.1 Kinderoblaten
7.2 Rechtsbrecher
7.3 Eheleute

Literaturverzeichnis

1 Vorbemerkung (Forschungsfragen und Methodik)

Die Forschungsfragen der vorliegenden Arbeit zielen auf das Mönchtum in Äthiopien. Darin eingeschlossen ist einmal die Frage nach dem Ursprung oder nach der Herkunft des äthiopischen Mönchtums. Von daher müssen die historischen Voraussetzungen des geographischen Raumes, der heute die Bezeichnung Äthiopien trägt, und dessen Beziehungen zu benachbarten Kulturräumen geklärt werden.

Die andere Frage, der nachzugehen ist, richtet sich darauf, welche Rolle das Mönchtum und die Institution des Klosters in der äthiopischen Gesellschaft und in der äthiopischen Kirche in der Vergangenheit gespielt haben und heute noch spielen. Da wir bestimmte Vorstellungen von „Mönchtum“ haben, diese aber weithin vom „westlichen“ Mönchtum abgeleitet sind, wird es hilfreich und dem Verständnis dienlich sein, Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten zwischen dem uns vermeintlich Vertrauten und dem noch unbekannten Phänomen, dem diese Untersuchung gilt, herauszuarbeiten.

Vom methodischen Gesichtspunkt aus betrachtet, handelt es sich um eine reine Literaturarbeit, bestehend aus Literaturrecherche und Auswertung der gefundenen Literatur in Hinblick auf die Forschungsfragen. Bei der Sichtung der Literatur wurde deutlich, dass es zwar Spezialliteratur zu Fragen des äthiopischen Christentums und der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche gibt, die äthiopische Kirchengeschichte indessen in den eingesehenen Lehr- und Handbüchern der Kirchengeschichte zweifelsohne jenseits des Horizonts der Wahrnehmung ihren Platz findet.

In der freien Enzyklopädie Wikipedia finden wir den folgenden Hinweis: „Aufgrund der komplizierten Umschrift aus dem Amharischen kann die Schreibweise äthiopischer Eigennamen in verschiedenen Publikationen unterschiedlich sein.“[1] Diese Beobachtung entfaltete sich auch im Falle der Beschäftigung mit der für die vorliegende Seminararbeit herangezogenen (vorwiegend wissenschaftlichen) Literatur, und erzwang eine Grundsatzentscheidung.

Ausgehend von der Überlegung, dass die Thematik der Arbeit nicht dem Gebiet der philologischen Äthiopistik entnommen wurde, und es nicht um die Transkription fremdsprachiger Quellen ging, erschien es dem Verfasser dieses papers zulässig, von der Bemühung um Einheitlichkeit Abstand zu nehmen, und die äthiopischen Eigennamen so zu schreiben, wie sie in der jeweiligen Quelle vorgefunden wurden.

Bei der Lektüre der vorliegenden Arbeit besteht daher die Möglichkeit, auf identische Namen in unterschiedlicher Schreibweise zu stoßen. Derartige Divergenzen können indessen auch positiv gewendet und als Widerschein des in der Literatur existierenden Formenreichtums wahrgenommen werden. Immerhin schien es dem Verfasser ratsam, in der Vorbemerkung auf diesen Umstand aufmerksam zu machen.

2 Einleitung

Das Mönchtum stellt eine zentrale Erscheinung der äthiopischen Kirche dar. Diese Feststellung lässt sich schon aufgrund der Vielzahl der Mönche, die jedem Besucher des Landes in die Augen fallen, rechtfertigen. Bedauerlicherweise liegen genaue Zahlen im Bezug auf die äthiopische Kirche nicht vor. Dass es sich „in Relation um weit mehr Mönche als in der Westkirche handelt, ist augenscheinlich“.[2]

Man kann die äthiopische Kirche daher als eine Mönchskirche bezeichnen. Die Mönche haben in ihr eine zentrale Bedeutung und prägen das Bild dieser Kirche. Gemeinsam mit den verheirateten Priestern und mit der Hilfe von vorwiegend sehr jungen Diakonen und älteren Debterat feiern sie „die stundenlang dauernde Liturgie“.[3]

Das Amt des Debtera (Ge'ez\Tigrinya\Amharisch: ደብተራ ; Plural, Ge'ez\Tigrinya: debterat, Amharisch: debtrawoch) ist ein für die äthiopische Kirche charakteristisches Amt. Die Debterat, die in der Regel keine Weihe erhalten und in der kirchlichen Hierarchie nicht aufsteigen können, sind für die Kirchenmusik und den rituellen Ablauf des Gottesdienstes zuständig. Ihre Ausbildung dauert bis zu 40 Jahre. Während dieser Zeit lernen sie das gesamte Korpus geistlicher Hymnen auswendig. Sie kennen auch die Regeln der äthiopischen Kirchenmusik und der Notenschrift.[4]

Äthiopische Christinnen und Christen - nach Schätzungen des Patriarchats in Addis Abeba über 32 Millionen - haben oft eine enge Verbindung zur Liturgie. „Traditionelle Gläubige leben geradezu für die Liturgie. Neben den vielen Mönchen sind davon auch die verheirateten Priester und ihre Familien einbezogen, […] in früheren Zeiten manchmal so weitgehend, dass die Erwirtschaftung des Lebensunterhalts zugunsten der Liturgie in den Hintergrund geriet.“[5]

Ein weiteres Charakteristikum der äthiopischen Kirche ist das einer Nationalkirche. Im Wesentlichen gehören ihr nur Äthiopier an. Ihre Selbstbezeichnung lautet: Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche (Amharisch: የኢትዮጵያ ኦርቶዶክስ ተዋሕዶ ቤተ ክርስትያን) - „Tewahedo bedeutet ‚Vereinigung‘ und bezieht sich auf die Verbindung der göttlichen und menschlichen Naturen in Christus.“[6]

Die Wurzeln des orientalischen Mönchtums liegen „deutlich im Osten des römischen Reiches, wobei Ägypten, Syrien, aber auch Kappadokien eine wichtige Rolle zukam, wo mit einer Vielzahl von asketischen Lebensformen experimentiert wurde.“[7] Anachoreten, Eremiten oder Einsiedler, Inklusen, Reklusen oder Klausner begegnen als Bezeichnungen für Vertreter einer sehr strengen christlichen Askese, die sich aus familiären und anderen menschlichen Beziehungen zurückzogen, um „in einem Leben der Enthaltsamkeit, der Buße und des Gebets Gott zu suchen.“[8]

Anders als in der Westkirche, deren Mönchtum auf Benedikt von Nursia (480-547) zurückgeht, gibt es im Mönchtum der orientalischen Kirchen keine Orden. Vielmehr unterstehen die ostkirchlichen Klöster der Jurisdiktion des Ortsbischofs, was eine Vielfalt an monastischen Lebensstilen mit sich bringt. Dabei fühlen sich alle äthiopischen Klöster grundsätzlich der Regel des Pachomius verpflichtet, darüber hinaus gibt es aber eine Menge regionaler Besonderheiten und Unterschiede.[9]

3 Gründergestalten der mönchischen Lebensweise im Osten

Besonders fromme Gläubige hielten schon frühzeitig Ausschau nach alternativen Formen des christlichen Lebens. So zogen sich einzelne Männer und Frauen ab der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts in die ägyptische Wüste zurück, um nach dem Vorbild Jesu (vgl. Mk 1,12-13; Mt 4,4-11; Lk 4,1-13) Gott in der Einsamkeit und unter Entbehrungen zu erfahren. Für diese religiös motivierten Wüstenbewohner sind die Bezeichnungen Eremiten oder Anachoreten geläufig.[10]

Mit der Entstehung des Mönchtums sind vor allem die Namen von Persönlichkeiten des 4. Jahrhunderts verbunden: Antonius der Einsiedler, Pachomius, Athanasius von Alexandrien und Basilius der Große. Der zuletzt genannte bezog die Mahnung des Paulus, dass „die Liebe nicht ihren Vorteil sucht“ (1 Kor 13,5), auf die Eremiten.[11]

3.1 Antonius der Einsiedler (Antonius der Große)

Antonius der Große (Άγιος Αντώνιος ο Μέγας) gilt als der Patriarch des orientalischen Mönchtums. Über sein Leben berichtet der Kirchenvater Athanasius (Βίος και Πολιτεία Πατρός Αντωνίου oder Vita Antonii, um 356 geschrieben). Antonius, geboren um 251, stammt aus Koma in Mittelägypten aus christlicher, wohlhabender Familie. Unter dem Eindruck von Mt 19,21 erlebte er eine Bekehrung zum asketischen Dasein und fühlte sich bald zu den Anachoreten am Rande der thebaischen Wüste hingezogen. Die Einsiedler nahmen ihn auf und unterwiesen ihn in Askese und Gebet. Die fromme Legende weiß, dass er - nach anfänglichen schnellen Fortschritten - von schrecklichen Versuchungen geplagt wurde. Jahrelang soll er gegen die Anfechtungen des Teufels gekämpft haben.[12]

Durch diese Stilisierung in der Lebensbeschreibung des Athanasius - der asketische Anachoret in der Einsamkeit und im Kampf mit den Dämonen, so wie Jesus in der Wüste - wurde Antonius zum „Vater des Mönchtums“. Die unter seinem Namen überlieferte Sammlung von Aussprüchen (ἀποφθέγματα τῶν ἁγίων γερόντων / ἀποφθέγματα τῶν πατέρων / τὸ γεροντικόν) stammt von seinen Schülern.[13]

Wenngleich Antonius nicht der erste Mönch war, so war er doch die „geschichtlich zuerst greifbare und in ihrer Wirkung bedeutendste Gestalt unter den Wüstenvätern.“[14] Anachoreten wie Antonius brechen aus dem normalen Lebensraum aus, trennen sich von ihrer Gemeinde und verlagern das asketische Leben in die Wüste. Sie bleiben aber auch dort nicht in völliger Isolierung, „sondern kommen zum gemeinsamen Gottesdienst zusammen und suchen Erfahrungsaustausch und Führung durch schon Bewährte.“[15]

[...]


[1] Vorlage:Hinweis Amharisch. URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Vorlage:Hinweis_Amharisch [Abruf: 06. Juni 2015].

[2] Proksch, Brigitte, Mönchtum in Äthiopien - Einflüsse und Wechselwirkungen mit dem Judentum und Islam, in: Petrus Bsteh – Brigitte Proksch (Hgg.), Das Charisma des Ursprungs und die Religionen. Das Werden christlicher Orden im Kontext der Religionen, Münster 2011 (= Spiritualität im Dialog, Band 3), 13 Fn. 2.

[3] Ebda., 14.

[4] Hildemann, Katrin – Fitzenreiter, Martin, Äthiopien, 4., komplett aktualisierte und erweiterte Auflage, Bielefeld 2007, 157.

[5] Proksch, Mönchtum, 14.

[6] Ebda.

[7] Potz, Richard – Synek, Eva, Orthodoxes Kirchenrecht, Eine Einführung, Freistadt 2007 (= H. Kalb – R. Potz – B. Schinkele (Hgg.) Kirche und Recht, Band 25), 283.

[8] Heim, Manfred, Einführung in die Kirchengeschichte, München 2000, 51.

[9] Merten, Kai, Das äthiopisch-orthodoxe Christentum. Ein Versuch zu verstehen, Berlin 2012 (= Studien zur Orientalischen Kirchengeschichte, Band 44), 191.

[10] Jung, Martin, Kirchengeschichte, Tübingen 2014, 49.

[11] Harenberg, Lexikon der Religionen, Die Religionen und Glaubensgemeinschaften der Welt. Ihre Bedeutung in Alltag, Geschichte und Gesellschaft, Dortmund 2002, 26.

[12] Melchers, Erna (unter Mitarbeit von Hans Melchers), Das Jahr der Heiligen. Geschichte und Legende, München 1965, 43f.

[13] Frank, Lexikon des Mönchtums und der Orden, Stuttgart 2013, 55.

[14] Holtz, Leonard, Geschichte des christlichen Ordenslebens, Düsseldorf 2006, 46.

[15] Ebda., 47.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Das Mönchtum in Äthiopien. Auf den Spuren des Löwen von Juda und der Königin von Saba
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Historische Theologie)
Veranstaltung
Seminar im WiSe 2014/15
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
21
Katalognummer
V303679
ISBN (eBook)
9783668020856
ISBN (Buch)
9783668020863
Dateigröße
575 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mönchtum, äthiopien, spuren, löwen, juda, königin, saba
Arbeit zitieren
Mag. Siegfried Höfinger (Autor:in), 2015, Das Mönchtum in Äthiopien. Auf den Spuren des Löwen von Juda und der Königin von Saba, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303679

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