Hochsensibilität. Eine weitere Schubladisierung oder Hilfe zum besseren Verständnis von Kindern in der Grundschule?


Bachelorarbeit, 2014

66 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition des Begriffs

3. Stand der Forschung
3.1 Geschichtlicher Hintergrund
3.1.1 Temperamentsforschung
3.1.2 Carl Gustav Jung (1875 – 1961)
3.1.3 Iwan Pawlow (1849 - 1936)
3.1.4 Alice Miller (1923 – 2010)
3.1.5 Jerome Kagan (geb. 1929)
3.2 Aktuelle Forschungen
3.2.1 Elaine Aron
3.2.2 Lena Blumentritt (geb. 1984)
3.3 Fazit

4. Leitfragen

5. Darstellung des Phänomens
5.1 Arbeit des Zentralnervensystems
5.1.1 Wahrnehmung im Gehirn
5.1.2 Verhaltensaktivierungs- und Verhaltenshemmsystem
5.1.3 Einteilung von Menschen nach der Reizverarbeitung im Gehirn
5.2 Entstehen von Hochsensibilität
5.3 Persönlichkeitsmerkmale von HSM
5.3.1 Sinneswahrnehmungen
5.3.2 Überreizbarkeit
5.3.3 Schüchternheit
5.3.4 Introversion versus Extraversion
5.3.5 Innenwelt, Intuition

6. Hochsensible Kinder in der Grundschule
6.1 Gründe für eine besonderen Umgang mit hochsensiblen
6.2 Diagnose von Hochsensibilität bei Kindern
6.3 Wesenszüge von hochsensiblen Kindern
6.4 Bedürfnisse hochsensibler Kinder und Strategien für den
6.4.1 Hilfreiche Maßnahmen um den Lernerfolg hochsensibler Kinder zu erhöhen
6.4.2 Hochsensible Kinder im sozialen Kontext der Klasse
6.5 Hochsensibilität und Hochbegabung
6.6 Hochsensibilität und ADS

7. Einstellungen und Vorurteile im Bezug auf Hochsensibilität
7.1 Gründe für Vorurteile, Einstellungen und Stereotype
7.2 Erwartungen und ihr Einfluss auf unsere Wahrnehmung
7.3 Einstellungen, Entstehung und Veränderung
7.3.1 Entstehen von Einstellungen
7.3.2 Änderung von negativen Einstellungen
7.4 Gesellschaft und Hochsensibilität
7.5 Förderliche Aufklärungsarbeit
7.5.1 Eltern
7.5.2 Hochsensible Kinder
7.5.3 Klasse
7.5.4 Kollegen

8. Resümee

9. Quellenverzeichnis

10. Anhang

1. Einleitung

Das Thema „Hochsensibilität“ oder „high sensory-processing sensitivity“ scheint momentan im wissenschaftlichen Diskurs sehr präsent zu sein. Durch Aron und Aron wurde das Thema 1997 erstmals wissenschaftlich publik gemacht (vgl. Blumentritt, 2012, S. 167). Man findet eine Reihe von populärwissenschaftlicher Literatur dazu, die Anzahl wissenschaftlich anerkannter Studien hält sich in Grenzen. Trotzdem kann eine stetig zunehmende Präsenz des Themas beobachtet werden. Zahlreiche Einträge im World Wide Web, Coaches, Psychologen und Heilpraktiker, die spezielle Angebote für Hochsensible haben und Vereine, die um das Verbreiten des Themas bemüht sind, sind zu beobachten.

Als ich durch einen Vortrag zum ersten Mal von Hochsensibilität hörte, war das für mich, als ob mir jemand aus meinem Leben erzählen würde. Ich sah plötzlich Ereignisse meines Lebens und besonders Kindheitserlebnisse in einem ganz anderen Licht. Der Schatten des „Ich bin nicht normal.“ – Gedankens verschwand mit einem Mal. Für mich war klar, dass ich mit meinen Erfahrungen vielen Menschen helfen könnte, vor allem den Kindern, die mir einmal anvertraut werden. Trotzdem sehe ich auch die Gefahren, die eine mangelnde Kommunikation bewirken kann. Wichtig erscheint mir ein sehr sensibles Vorgehen, um nicht genau das zu erreichen, was ich vermeiden will, nämlich eine Stigmatisierung und das Eintreten sich selbst erfüllender Prophezeiungen. In dieser Arbeit werde ich Strategien für den Umgang mit hochsensiblen Kindern und für eine gelungene Aufklärungsarbeit mit Hilfe von Literatur recherchieren. Außerdem werde ich beleuchten, wie wir sorgsam und positiv mit Vorurteilen, Einstellungen und Stereotypen in Zusammenhang mit Hochsensibilität umgehen können. Hauptsächlich wird mit Publikationen von Elain Aron gearbeitet, da sie als Erste zum Thema „high sensory-processing sensitivity“ geforscht hat und sehr viele andere Autoren und Autorinnen sich auf sie beziehen. Zur Abrundung werden auch populärwissenschaftliche Publikationen mit einbezogen, da auch hier wertvolle Hinweise für den Umgang mit Kindern gefunden werden können, die allerdings zum großen Teil (noch) nicht wissenschaftlich belegt sind. Außerdem bringe ich eigene Erfahrungen und Erlebnisse mit ein.

2. Definition des Begriffs

Menschen reagieren auf ein und denselben Reiz mit unterschiedlichem Erregungsniveau des Nervensystems. Hochsensibilität bedeutet, dass Menschen, aber auch Tiere (hier ist das Phänomen ebenfalls bereits erforscht) bestimmten Reizen, wie visuellen, akustischen oder körperlichen Reizen gegenüber sehr offen sind. Aron gibt an, dass 15-20 % der Lebewesen hochsensibel sind. Es handelt sich dabei um ein zum großen Teil vererbtes Phänomen (vgl. Aron E. N., 2013, S. 30).

Verwendung der Termini

Aron verwendet den Begriff high sensitivity, der in der deutschen Übersetzung als hochsensibel angeführt wird. In der Literatur findet man Begriffe, wie zart besaitet (Parlow, 2003), Menschen mit dünner Haut (Sellin, 2011), Hypersensibilität (Brackmann, 2012), Hochempfindlichkeit (Parlow, 2003), HSM als Abkürzung für hochsensible Menschen (Aron E. N., 2013), HSP als Abkürzung für hochsensitive Personen und HSK für hochsensitive Kinder (Trappmann-Korr, 2010).

Trappmann-Korr (2010, S. 27-28) führt an, dass die Übersetzung von highly sensitive ins Deutsch nicht korrekt ist. Sie meint, es gibt im Englischen sowohl den Begriff sensitivity, als auch den Begriff sensibility, wobei die Begriffe in ihrer Bedeutung zu unterscheiden sind. Sensibilität bedeutet gemeinhin besonders empfindsam zu sein. High sensory – processing sensitivity oder kurz high sensitivity wird mit „menschliche Sensitivität für sensorische Verarbeitungsprozesse“ (Trappmann-Korr, 2010, S. 27) übersetzt. Ich entscheide mich hier, den Begriff Hochsensibilität zu verwenden, da er sowohl in der Mehrheit der Literatur, als auch bei diversen Vereinen und in Internetforen verwendet wird und sich somit schon eingebürgert hat. Weiters wird auch die Abkürzung HSM für hochsensible Menschen und HSK für hochsensible Kinder verwendet.

3. Stand der Forschung

Dieses Kapitel soll die Hintergründe der Forschungsarbeit bezüglich Hochsensibilität beleuchten. Wichtige Persönlichkeiten und ihre Arbeit im Bereich der Forschung werden kurz vorgestellt. Außerdem wird ein zeitlicher Überblick gegeben.

3.1 Geschichtlicher Hintergrund

Nachfolgend wird versucht, geschichtliche Bezüge zur Forschung im Bereich Hochsensibilität herzustellen. Ausgehend von der Temperamentsforschung, werden anschließend die Arbeiten einzelner Wissenschaftler, die im Bereich der Psychologie, Psychotherapie und Verhaltensforschung tätig waren oder sind und sich mit Faktoren beschäftigten, die auch für die Hochsensibilität eine Rolle spielen, näher betrachtet.

3.1.1 Temperamentsforschung

Der Versuch, Menschen in Typen einzuteilen ist schon seit den Anfängen des Denkens praktiziert worden. Bereits in der Bibel finden sich Beschreibungen von Charaktertypen (vgl. Zentner, 1998, S. 14-15). Laut Brockhaus (2001, S. 607) stammt die älteste Temperamentenlehre vom griechischen Arzt und Philosophen Hippokrates. Zentner (vgl. Zentner, 1998, S. 17-18) führt Galenus an, der sich als Erster mit dem Temperament des Kindes auseinandersetzte. Er sprach von Unterschieden in der Aktivität oder in der Offenheit und kam zu dem Schluss, „daß (sic!) die Natur der Seele nicht für alle gleich ist“ (Diamond, 1974 übersetzt und zit. n. Zentner, 1998, S. 18). Heute wird Temperament folgendermaßen definiert: Es ist ein „Sammelbegriff für die charakteristische Art und Weise, wie ein Mensch mit seiner Umwelt in Beziehung tritt. Das Temperament eines Menschen wird als Eigenschaft seiner Persönlichkeit betrachtet.“ (Brockhaus, 2001, S. 607).

Erste wissenschaftliche Forschungen gab es Ende des 19. Jahrhunderts einhergehend mit der Emanzipierung der wissenschaftlichen Psychologie, wobei die Suche nach geeigneten Forschungsmethoden eine wesentliche Rolle spielte. Erste systematische Untersuchungen erfolgten um die Jahrhundertwende (vgl. Zentner, 1998, S. 22-24).

3.1.2 Carl Gustav Jung (1875 – 1961)

studierte Medizin in Basel und arbeitete anschließend als Assistent an der psychiatrischen Klinik Burghölzli. Er fand Gefallen an der Psychoanalyse und knüpfte Kontakt zu Freud. 1936 erhielt er das Ehrendoktorat in Harvard und 1945 in Genf. Er gründete in Zürich 1948 das C.G. Jung-Institut (Brumlik, 1993, S. 164-165).

Jung definierte „einen Persönlichkeitstyp, der sich der Welt nicht vorbehaltlos zuwendet, sondern dazu neigt, sich eher nach innen zu wenden.“ (Parlow, 2003, S. 51). Er traf die Unterscheidung „introvertiert“ und „extrovertiert“. Er geht auch davon aus, dass diese Wesensmerkmale angeboren sind: „In derselben Familie ist das eine Kind introvertiert, das andere extravertiert.“ (Jung, 1960, S. 358). Der angeborene Typ kann sich nur unter „abnormen Einstellungen bei Müttern“ (Jung, 1960, S. 360) als Anpassungsleistung ändern. Aron wurde in ihrer Forschung stark von Jung beeinflusst. Sie schreibt er sei der einzige Tiefenpsychologe, der explizit auf Sensibilität eingegangen ist. Jung glaubte im Gegensatz zu Freud, der die Ursache von Neurosen ausschließlich in bestürzenden sexuellen Erfahrungen sah, dass die ererbte Sensibilität in Kombination mit einer seelischen Erschütterung, die nicht zwingend eine Sexuelle sein muss, zu Neurosen führt. Sensible Menschen ohne Traumaerfahrung weisen auch keine solche auf (vgl. Aron E. N., 2013, S. 71-72).

3.1.3 Iwan Pawlow (1849 - 1936)

war russischer Pharmakologe und Physiologe, der die Grundlagen für die Verhaltensforschung legte und den Zusammenhang von Reiz und Reaktion erforschte. 1904 erhielt er einen Nobelpreis in Physiologie und Medizin (vgl. Weiland, 2014).

In der Forschung mit Hunden konnte Pawlow Unterschiede in der Schnelligkeit der Ausbildung bedingter Reflexe feststellen. Er führte das nicht auf Konstitution, sondern auf die Beschaffenheit des Zentralnervensystems zurück. Er ordnete ihm unterschiedliche Grade von Stärke zu, was er über die Fähigkeit, langandauernde oder kurze, intensive Stimulationen auszuhalten, ohne in die Erschöpfung zu gehen, definierte. Darauf baute er eine Temperamentstypologie auf. Er unterschied zwei Typen, einen mit schwachem und einen mit starkem Nervensystem (vgl. Zentner, 1998, S. 26-27).

Pawlow beschäftigte sich unter anderem auch mit der Empfindlichkeit. Er konnte einen Punkt finden, an dem der Mensch sich bei Überstimulation vor weiteren Reizen abschottet. Diesen nannte er „transmarginale Hemmung“. Er testete Menschen auf Lärmempfindlichkeit. Dabei beobachtete er, ab welcher Dezibel-Höhe die Testpersonen in eine Schutzstellung (Hände über den Ohren und Kopf zwischen den Knien) gingen. Er konnte zwei deutliche Gruppen ausmachen: 15-20 % erreichten den Punkt der transmarginalen Hemmung sehr schnell, 85 % erst wesentlich später. Pawlow schloss daraus, dass sich das Nervensystem der ersten Gruppe deutlich von dem der zweiten Gruppe unterscheidet, mit der Begründung, dass es keinen fließenden Übergang zwischen den Gruppen gab. Er fand auch weitere Gemeinsamkeiten in dieser Gruppe und glaubte, dass die Eigenschaft vererbt sei (vgl. Parlow, 2003, S. 53-54).

Kritisch sollte man bei Pawlow die wertende Haltung sehen. Er bezeichnete den Typ mit schwachem Nervensystem als „verkrüppelten Lebenstyp“ und „vital defekt“ (Zentner, 1998, S. 32). Er meinte, der Typ sei am häufigsten unter Neurotikern und brauche spezielle Bedingungen um psychisch gesund aufzuwachsen. Nachfolger Pawlows distanzierten sich jedoch von seiner Meinung und kehrten auch die Vorteile, wie vermehrte Sinnesempfindlichkeit hervor (vgl. Zentner, 1998, S. 32).

3.1.4 Alice Miller (1923 – 2010)

war Doktorin der Philosophie, Psychologie und Soziologie, außerdem Kindheitsforscherin. Seit 1980 war sie ausschließlich als Autorin tätig und gab ihre Praxis und Lehrtätigkeit in der Psycho- analyse auf (vgl. Miller, Alice Miller, 2014).

Sie schreibt im „Drama des begabten Kindes“ (Miller, 1983) über die Entstehung von Narzissmus bedingt durch eine Kindheit, in der das Kind sein wahres Selbst unterdrückt, um die Liebe durch die Bezugsperson nicht zu gefährden. Sie führt an, dass Kinder intuitiv die Bedürfnisse der Eltern erspüren und sich derer anpassen. Als Folge bilden sie ein „ganz besonderes Sensorium für unbewußte (sic!) Signale der Bedürfnisse des Anderen aus.“ (Miller, 1983, S. 24). Sie spricht von „überaus aufmerksamen, wachen und sensiblen Kinder(n)“ (Miller, 1983, S. 25), die als Erwachsene in der Lage sind, konfliktfreie Erlebnisse ihrer Kindheit zu erzählen, die darauf schließen lassen, dass sie zu „differenzierten Gefühlen besonders befähigt sind.“ (Miller, 1983, S. 25). Sollte ein derart begabtes Kind in einer gesunden Umgebung groß geworden sein, d. h. mit Eltern, die es verstanden und wertschätzten, schließt Miller (1983, S. 42-43), dass diese das „Sensorium für den anderen“ weniger stark entwickelt haben, als die „narzißtisch (sic!) gebrauchten“ Kinder.

Ich denke, dass es wichtig ist, den zeitlichen Hintergrund der Entstehung des Buches zu berücksichtigen. Die „narzisstischen“ Eltern, die Miller beschreibt, sind die Menschen der Kriegsgeneration, die selber zum großen Teil durch den Krieg traumatisiert wurden. Das Buch zeigt sehr deutlich, wie Menschen durch negative Erfahrungen sensible Antennen entwickeln können und die möglichen negativen Auswirkungen einer hohen Sensibilität.

3.1.5 Jerome Kagan (geb. 1929)

war seit 1964 Professor für Entwicklungspsychologie an der Harvard Universitiy. Er hat mehrere Preise verliehen be-kommen und mehrere Veröffentlichungen zum Thema Kinderpsychologie getätigt (vgl. Kagan, 2001, S. Klappentext).

Kagan (2001, S. 99-107) unterscheidet verschiedene Tempe-ramentseigenschaften, d.h. dass Kinder von Geburt an eine Neigung zu bestimmten Stimmungen haben und unterschiedlich auf Menschen reagieren. Durch Erfahrungen können diese Eigenschaften verändert werden. Er führt an, dass Gehemmtheit gegenüber Unbekanntem und furchtloses Erkunden sich von allen untersuchten Eigenschaften vom ersten Geburtstag bis in die späte Kindheit hin erhalten. Kagan ordnet den „gehemmten Kindern“ Adjektive wie „zurückhaltend, aufmerksam und sanft“ (Kagan, 2001, S. 101) zu, den ungehemmten Kindern „unbefangen, energisch und impulsiv“ (Kagan, 2001, S. 101). Auffällig ist eine erhöhte Herzfrequenz bei einer größeren Anzahl der gehemmten Kinder, als der Ungehemmten, wenn sie verschiedenen Reizen ausgesetzt werden (Klänge, Bilder, Geschichten). Daraus folgerte er, dass diese Kinder sich leichter erregen lassen, was bereits in den ersten Lebensmonaten auftritt. Mit einer Langzeitstudie konnte er bestätigen, dass die Eigenschaft sich bis ins Erwachsenenalter erhält, auch wenn sich das äußerliche Verhalten des Kindes verändern lässt. „Die ursprüngliche Tendenz, dem Unbekannten gehemmt beziehungsweise ungehemmt zu begegnen könnte eine der wenigen Verhaltens-dispositionen sein, die sich bei Kindern erhalten, weil sie wahrscheinlich zum Teil in der Biologie des Kindes verankert ist.“ (Scarr, 1969 zit. n. Kagan, 2001, S. 104). Am Beginn dieser Langzeitstudie stand eine Untersuchung mit Säuglingen, denen Stimmen und Geräusche platzender Luftballons vorgespielt wurden. Sie wurden auch anderen Reizen ausgesetzt. Ca. 20 % schrien laut und strampelten heftig, 40 % blieben ruhig und gelassen und 40 % lagen im Mittelfeld. Kagan prognostizierte, dass die 20 % sich wahrscheinlich zu stillen Teenagern entwickeln werden (vgl. Cain, 2011, S. 156). Seine Hypothese stellte er auf, weil er glaubte, dass der Mandelkern - die emotionale Schalttafel des Gehirns, die Reize empfängt und die Reaktion darauf steuert, wobei seine Hauptaufgabe darin besteht, Bedrohungen wahrzunehmen und darauf zu reagieren - bei unterschiedlichen Menschen unter-schiedliche Erregungsstufen aufweist (vgl. Cain, 2011, S. 159-162).

Kagan kam außerdem zu der Erkenntnis – nachdem er auch eine Reihe be-sonderer Details, wie eine kältere Stirnpartie auf der rechten Kopfseite, was auf eine höhere Hirnaktivität in der rechten Gehirnhälfte hinweist, nachweisen konnte -dass Personen mit „gehemmtem“ Wesen „eine besondere Spezies“ sind (vgl. Aron E. N., 2013, S. 60).

3.2 Aktuelle Forschungen

Grundlegend für diese Arbeit sind aktuelle Forschungsergebnisse, vor allem die von Elaine Aron. Die Forschungen zu diesem Thema sind noch sehr jung und noch voll im Gange. Nachfolgend werden Elaine Aron und ihre Arbeit vorgestellt, ebenso eine deutsche Psychologin und Erziehungswissenschaftlerin, Lena Blumentritt, die in ihrer Studie die Thesen von Aron überprüfte.

3.2.1 Elaine Aron

ist Universitätsprofessorin, Psychologin, Psychotherapeutin und Romanschriftstellerin (vgl. Aron E. N., 2013, S. 15). Sie graduierte an der University of California und ist in New York und San Francisco als Psychotherapeutin tätig (vgl. Aron E. , 2014).

Abbildung 5: Elaine Aron

Aron und Aron (1997, zit. n. Blumentritt, 2012, S. 27) konnte mit ihrer Forschungsarbeit zeigen, dass Hochsensibilität (high sensory-processing sensitivity) von Introversion und Neurotizismus zu unterscheiden ist und „als eigenständiger, mit anderen Termini unverwechselbarer Persönlichkeitsteil angesehen werden kann.“ (Blumentritt, 2012, S. 27). Möglicherweise gibt es aber eine Überschneidung von Hochsensibilität und Neurotizismus, weil hochsensible Kinder mit schwieriger Kindheit zu Depressionen, Schüchternheit und Ängsten neigen (vgl. Aron 2010, zit. n. Blumentritt, 2012, S. 27). Aron und Aron zeigten auch auf, dass Hochsensibilität unabhängig ist von Introversion. Sie nehmen an, dass 30 % der HSM extravertiert sind (vgl. Aron 2009, zit. n. Blumentritt, 2012, S. 27).

Aron weist auch darauf hin, dass am Beginn der Forschung im Bezug auf Temperamentsunterschiede, Menschen zuerst in aktive und passive Individuen eingeteilt wurden, wobei es für die Wissenschaft schwer war, die Passiven zu beschreiben. Sie denkt, dass es keine Beweise gibt, dass Ängstlichkeit, Schüchternheit oder eine negative Grundhaltung angeboren sind, weil das einen „fatalen Defekt bei einer sozialen Spezies wie der unseren“ (Aron E. N., 2011, S. 34-35) bedeuten würde. Es gibt sehr wohl auch schüchterne, ängstliche und gehemmte Menschen, die nicht hochsensibel sind. Das ist aber nicht genetisch bedingt. Sie kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Termini, die Kagan in seiner Forschungsarbeit verwendet. Es handelt sich dabei um die Begriffe „Schüchternheit“, „Hemmung“ und „Ängstlichkeit“ bei Kindern (vgl. Aron E. N., 2013, S. 58-59). Aron (2011, S. 35) weist ausdrücklich auf die Wichtigkeit der Verwendung der richtigen Bezeichnung hin, weil es zum Ausdruck bringt, wie wir unsere Kinder beurteilen. Sie beschäftigt sich sehr stark, im Vergleich mit Miller und Kagan auch mit den positiven Eigenschaften Hochsensibler.

3.2.2 Lena Blumentritt (geb. 1984)

studierte Erziehungswissenschaft und Psychologie an der Universität Bielefeld und diplomierte mit einer empirisch-quantitativen Studie zum Thema „High sensory-processing sensitivity“ (vgl. Blumentritt, 2012, S. Klappentext).

Sie untersuchte die Verteilung von high sensory-processing sensitivity innerhalb der deutschen Bevölkerung am Beispiel Studierender der Universität Bielefeld und nahm an, 15-20 % weisen das Merkmal auf (vgl. Blumentritt, 2012, S. 71). Verwendet wurde als Messinstrument ein von Aron und Aron übersetzter und adaptierter Fragebogen (vgl. Blumentritt, 2012, S. 65-67), der als Online Fragebogen konzipiert wurde (vgl. Blumentritt, 2012, S. 75). 1410 Fragebögen flossen in die Auswertung ein (vgl. Blumentritt, 2012, S. 82). Blumentritt (2012, S. 90-95) konnte die Untersuchungen von Aron und Aron, die eine Gruppe mit 25 % als „high sensory-processing sensitivity“ ausmachen konnten, nicht bestätigen. Sie beschreibt eine kontinuierliche Verteilung und unterstützt damit Alex Bertrams These, dass es „eher ein Kontinuum mit vielen Abstufungen ist“ (Lassahn 2010, zit. n. Blumentritt, 2012, S. 95).

3.3 Fazit

Michael Jack, Präsident des Informations- und Forschungsverbunds Hoch-sensibilität e.V. (IFHS) erläutert, dass Hochsensibilität wissenschaftlich noch nicht anerkannt ist, jedoch auf Grund mehrerer zitierfähiger Studien wissenschaftlich diskutiert wird (vgl. Mohr, 2009).

Alex Bertrams ist der Meinung, dass „die Frage, ob Hochsensibilität ein homogenes Konstrukt ist oder sich aus Komponenten zusammensetzt“ (Bertrams, 2013) noch nicht eindeutig wissenschaftlich geklärt ist. Er wünscht sich zusätzliche Forschungen vor allem mit zusätzlichen Methoden. Es gibt noch sehr wenige Studien, aufbauend auf die qualitativ hochwertige wissenschaftliche Arbeit von Aron und Aron, die jedoch vorrangig die negativen Aspekte der Hochsensibilität erforscht haben. Außerdem gibt es in populär-wissenschaftlicher Literatur Behauptungen, die noch nicht empirisch belegt sind (vgl. Bertrams, 2013).

Unabhängig davon, ob es nun das Phänomen „Hochsensibilität“ als Merkmal einer klar zu differenzierenden Gruppe gibt, die in etwa 15-25 % der Gesamtbevölkerung ausmacht, oder ob Sensibilität kontinuierlich verteilt ist, untersuche ich mit Hilfe von Literatur eine wesentlich über dem Durchschnitt liegenende Sensibilität, wobei ich sowohl Literatur zum spezifischen Phänomen „high sensory-processing sensitivity“, als auch allgemeine Literatur zum Thema Sensibilität verwende.

4. Leitfragen

In Annahme, dass es verschiedene Formen der Sensibilität gibt, möglicherweise das spezifische Phänomen der Hochsensibilität, welche unterschiedliche Bedürfnisse hervorrufen, wurden Leitfragen für diese Arbeit entwickelt, die ein zielgerichtetes und strukturiertes Arbeiten fördern sollen.

- Welche Möglichkeiten hat eine Lehrkraft auf die Bedürfnisse hochsensibler Kinder einzugehen, sowohl auf der Beziehungsebene, als auch auf der Lernebene?
- Wie kann ich als Lehrkraft den Kindern und Eltern, eventuell auch Kollegen das Phänomen vermitteln, ohne eine Stigmatisierung zu bewirken?
- Wie entstehen überhaupt Vorurteile, Einstellungen und Stereotype bestimmten Menschen oder Gruppen gegenüber?

5. Darstellung des Phänomens

In diesem Kapitel wird das Phänomen Hochsensibilität näher beleuchtet. Ausgehend von einem Einblick in die Reizverarbeitung im Gehirn, werden Entstehungsfaktoren von Hochsensibilität und Persönlichkeitsmerkmale von HSM erläutert.

5.1 Arbeit des Zentralnervensystems

Als Grundlage für das weitere Verständnis dient ein Exkurs in die Funktionsweise der Reizverarbeitung im Gehirn, die bei hochsensiblen Menschen eine zentrale Rolle spielt und die Abweichung von der Norm bewirkt.

5.1.1 Wahrnehmung im Gehirn

Wahrnehmung bedeutet „den Prozess der Informationsaufnahme aus Umwelt- und Körperreizen (äußere und innere Wahrnehmung) und der Weiterleitung, Koordination und Verarbeitung dieser Reize im Gehirn. […] Der Prozess der Wahrnehmung umfasst also einen objektiven Teil – die Aufnahme und Verarbeitung eines Reizes über die Sinnesorgane und die Rezeptoren bis zur Weiterleitung ans Gehirn – und einen subjektiven Teil – die Verarbeitung der Sinneseindrücke zu Empfindungen du individuell verschieden bewerteten Wahrnehmung.“ (Zimmer, 2012, S. 30). Nachdem Reize von den Sinnesorganen aufgenommen worden sind, werden sie ins Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) weitergeleitet, wo sie geordnet und gespeichert werden. Befehle für eine Reaktion kommen auch von dort. Es ist also „Steuerungs- und Überwachungsinstanz für unser gesamtes Lernen und Verhalten“ (Zimmer, 2012, S. 31). Im Gehirn, d.h. im Hirnstamm befindet sich auch die Formatio reticularis (eine netzförmige Nervenmasse). Sie verknüpft die eingehenden Reizinformationen miteinander und steuert die Aktivität der Großhirnrinde. Der Wachheitszustand und Grad der Aufmerksamkeit wird so geregelt. Sie hat auch die Möglichkeit, Reize zu hemmen oder zu verstärken, bzw. bestimmte Reize durch Hemmung anderer hervorzuheben. Das schützt das Gehirn vor Reizüberflutung (vgl. Kesper und Hottinger, 2007 zit. n. Zimmer, 2012, S. 34).

5.1.2 Verhaltensaktivierungs- und Verhaltenshemmsystem

„Eine Reihe von Wissenschaftlern glaubt, dass es im Gehirn zwei Systeme gibt und dass das das (sic!) Verhältnis beider zueinander eng mit Sensibilität verknüpft ist.“ (Nelson, o. E. zit. n. Aron E. N., 2013, S. 61). Das Verhaltensaktivierungssystem sorgt dafür, dass wir uns auf die Dinge zubewegen und wissbegierig, unerschrocken und impulsiv handeln. Die Aktivierung von äußerem Verhalten hemmt inneres Verhalten und umgekehrt (vgl. Trappmann-Korr, 2010, S. 111). Das Verhaltenshemmsystem bewirkt, dass wir vorsichtig, wachsam und aufmerksam sind. Es nimmt Reize wahr und vergleicht sie mit früheren Erlebnissen (vgl. Aron E. N., 2013, S. 61-62). Aron plädiert auch dafür, dass die negativ besetzte Bezeichnung „Verhaltenshemmsystem“ durch „Achtsamkeitssystem“ ersetzt wird. Pfeifer (2012, S. 43) erläutert dazu: „Das BIS (Behavioral inhibitory system) bewahrt den Menschen davor, sich gedankenlos in Gefahr zu begeben.“

Trappmann-Korr (2010, S. 113-114) unterscheidet darauf basierend zwei Gruppen von Menschen: Menschen mit größerem Anteil des Verhaltensaktivierungs-systems bezeichnet sie als „Handler“ und Menschen mit einem größeren Anteil des Verhaltenshemmsystems als „Denker“. Hochsensible Menschen gehören zum größten Teil in die Gruppe der Denker. Ihre Reizoffenheit verstärkt diese Verhaltenstendenz noch.

5.1.3 Einteilung von Menschen nach der Reizverarbeitung im Gehirn

Dunn erläutert, dass Reizschwellen die Basis für die Verarbeitung von Reizen im Gehirn sind. Je nach Höhe dieser Schwellen, werden Reize verschieden schnell wahrgenommen. Menschen mit niedrigen Reizschwellen sind aufmerksamer und nehmen Reize schnell wahr, Menschen mit hoher Reizschwelle brauchen mehr Anreize, um zu reagieren. Weiters unterscheidet Dunn die Reaktion auf Reize: Personen mit aktiver Selbstregulierung versuchen den Sinnesreiz zu steuern, Menschen mit passiver Selbstregulierung warten ab und reagieren erst später. In der Folge teilt er Menschen in vier Typen ein:

Reizsucher: hohe Reizschwelle, aktive Selbstregulierung

Man erkennt sie daran, dass sie Stimm- und Mund-Geräusche von sich geben (z.B. summen, pfeifen), gerne Lightshows oder Feuerwerke ansehen, andere berühren, wenn sie mit ihnen sprechen, Extremsportarten betreiben, starke Parfüms benützen, scharfe Speisen lieben, usw.

Nichtsensoren: hohe Reizschwelle, passive Selbstregulierung

Diese Personen sind umgänglich und unkompliziert, fühlen sich durch Unter-brechungen nicht gestört, wirken aber manchmal ungeschickt, z.B. tragen sie Kleidung verdreht oder schief am Körper.

Reizvermeider: niedrige Reizschwelle, aktive Selbstregulierung

Wenn mehrere Menschen sich in einem Raum sammeln, neigen sie dazu, diesen zu verlassen. Sie haben gerne Tag und Nacht die Jalousien unten, ihr Arbeitsplatz ist sauber und karg eingerichtet, sie bevorzugen einen wenig umfangreichen Speiseplan, usw.

Sensoren: niedrige Reizschwelle, passive Selbstregulierung

Diese Personen sind dadurch erkennbar, dass sie durch Geräusche abgelenkt werden, nicht in lauter Umgebung arbeiten können, immer die gleichen Gerichte in Restaurants wählen, reisekrank werden, usw (vgl. Dunn, 2010, S. 33-46).

5.2 Entstehen von Hochsensibilität

Aron (2013, S. 39-40) gibt an, dass Hochsensibilität meistens vererbt (vgl. Daniels und Plomin, 1988 zit. n. Aron E. N., 2013, S. 40), also genetisch bedingt ist, was durch Zwillingsstudien (Untersuchung eineiiger Zwillinge, die getrennt aufwuchsen) belegt ist. Es gibt aber auch Ausnahmen. Es kommt vor, dass Kinder durch Traumata, wie eine frühe Trennung von der Mutter (vgl. Higley und Suomi, 1989 zit. n. Aron E. N., 2013, S. 40) oder durch eine hohe Stressbelastung hochsensibel werden. Kinder mit älteren Geschwistern sind häufiger betroffen (vgl. Kagan, 1988 zit. n. Aron E. N., 2013, S. 40). Es ist aber auch möglich, dass Hochsensibilität verschwindet oder durch Sozialisation minimiert wird. Der evolutionstheoretische Hintergrund für das Entstehen von Hochsensibilität wird von Aron (vgl. Aron E. N., 2011, S. 37-38) so erklärt: Es gibt angeborene Temperamentsunterschiede sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren. Das Vorhandensein beider Strategien, die vorsichtige, aufmerksame, sensible und die riskante, mutige erhöht die Chancen einer Art, zu überleben. Aron bringt ein Beispiel aus dem Tierreich. Zwei Rehe sind am Rande einer Lichtung mit besonders nahrhaftem Gras. Das eine Reh wartet, um sicher zu gehen, dass kein Raubtier lauert. Das andere beginnt sofort mit der Futteraufnahme. Wenn das erste Reh recht hat, wird das zweite getötet. Wenn nicht, wird das erste irgendwann verhungern. Auch bei Tieren wie Fruchtfliegen oder dem Sonnen-barsch wurden beide Temperamentsmerkmale nachgewiesen.

5.3 Persönlichkeitsmerkmale von HSM

Die Gruppe der HSM ist eine sehr heterogene Gruppe. Trappmann-Korr (2010, S. 31-32) meint dazu, dass es unter ihnen sowohl schüchterne, ängstliche, zurückhaltende, aber auch „tough“ wirkende Individuen gibt. Um eine bessere Vorstellung zu bekommen, vergleicht sie die Intensität von Intellekt, Reizoffenheit und Sensibilität mit einem Schieberegler, der zwar bei HSM mehr in Richtung Maximalstellung verschoben ist, aber unterschiedlich weit. Die folgenden Beschreibungen von Persönlichkeitsmerkmalen können je nach Individuum unterschiedlich stark oder auch gar nicht vorhanden sein.

5.3.1 Sinneswahrnehmungen

Auditive Wahrnehmung

Die große Lärmempfindlichkeit ist ein erheblicher Faktor im Leben hochsensibler Menschen. Sehr viele von ihnen leiden darunter (vgl. Pfeifer, 2012, S. 20-21). Empfindliche Menschen können Geräusche hören, die andere nicht wahrnehmen, wie z.B. den Motor des Kühlschranks (vgl. Dunn, 2010, S. 27). „Man muss davon ausgehen, daß (sic!) hochsensible Patienten dieser Art unter einer ständigen „Lärmbelästigung“ leben und in der Tat ist es so, daß (sic!) bei besonders hörempfindlichen sensiblen Persönlichkeiten Unruhe, Gereiztheit, Nachlassen der Aufmerksamkeit, Verminderung der Leistungsfähigkeit, gelegentliche Angstgefühle in der Form beobachtet werden, wie wir es sonst aus den gründlichen Untersuchungen der Arbeitsmedizin und Arbeitspsychologie kennen.“(Lehmann, 1961 zit. n. Klages, 1991, S. 35).

Oflaktorische und Gustatorische Wahrnehmung

Bei HSM ist der Geruchs- und Geschmacksinn bis zu tausendmal feiner ausgeprägt. Durch Gerüche entstehen innere Bilder und damit einhergehend Gefühle. Dies kann sowohl positiv, als auch negativ bewertet werden (vgl. Pfeifer, 2012, S. 22-24). Klages (1991, S. 27-29) führt an, dass sensible Menschen von einer Überempfindlichkeit gegenüber Gerüchen berichten und die Vorstellungsfähigkeit von Gerüchen besonders ausgeprägt ist.

Optische Wahrnehmung

HSM berichten oft von einem „heftigen Erleben von Farben und Formen“, das starke Assoziationen auslösen kann. Auch eine Lichtüberempfindlichkeit kann vorkommen (vgl. Pfeifer, 2012, S. 24-25). Dunn (2010, S. 26) bestätigt das und erläutert, dass sensible Menschen sich von starken Kontrasten und ungewohnten Mustern behelligt fühlen können. Auch Klages (1991, S. 38-39) berichtet von Überempfindlichkeiten gegenüber optischen Reizen, wie bestimmten Farben und hoher Farbintensität, welche als lästig und unangenehm beschrieben werden.

Taktile Wahrnehmung

Berührungen können von HSM sehr intensiv erlebt werden. Das kann durchaus positiv wahrgenommen werden, aber sie können auch sehr berührungsempfindlich reagieren (vgl. Pfeifer, 2012, S. 25-26). Menschen beschreiben z. B. Zugluft als unangenehm, die Nähe von Menschen und Berührungen als ekelig, leichte Berührungen z. B. von Tieren als sehr stark, schwere Kleidung oder Pelz als abstoßend (vgl. Klages, 1991, S. 42).

Schmerz

HSM empfinden möglicherweise Schmerzen stärker. Sie brauchen dadurch sehr viel Energie. Dazu kommt, dass die Einstellung auf Medikamente schwieriger ist, weil oft niedrigere Dosen genügen, um den gleichen Effekt zu erzielen, wie bei anderen Patienten (vgl. Pfeifer, 2012, S. 30).

5.3.2 Überreizbarkeit

Um den Begriff der Überreizbarkeit besser einordnen zu können beginne ich mit der Definition von Reiz: „Eine Stimulation (ein Reiz) kann alles sein, was das Nervensystem wachrüttelt, seine Aufmerksamkeit fordert und die Nerven dazu bewegt, elektrische Signale zu senden. Normalerweise denken wir bei einem Reiz an etwas, das von außen kommt, aber natürlich kann er auch aus unserem Körper kommen (wie zum Beispiel verursacht durch Schmerzen, Muskelanspannung, Hunger, Durst oder sexuelle Bedürfnisse). Genauso kann er auch durch Erinnerungen, Vorstellungen, Gedanken oder Absichten ausgelöst werden.“ (Aron E. N., 2013, S. 32-33).

Eine negative Auswirkung der Hochsensibilität ist eine rasche Überreizbarkeit. Man findet in der Literatur auch Begriffe wie Überstimulierung, Überstimulation, Überregung, Überreiztheit und Reizüberflutung, was bedeutet, dass eine gewisse Anzahl an Reizen verarbeitet wurde und wird und das dem Menschen zu viel wurde. Bei Hochsensiblen ist der Grad schneller erreicht.

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Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Hochsensibilität. Eine weitere Schubladisierung oder Hilfe zum besseren Verständnis von Kindern in der Grundschule?
Hochschule
Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Autor
Jahr
2014
Seiten
66
Katalognummer
V303572
ISBN (eBook)
9783668020221
ISBN (Buch)
9783668020238
Dateigröße
896 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hochsensibilität, Hochsensitivität, Hochsensible Kinder, Hochsensitive Kinder, Vorurteile, Schubladendenken
Arbeit zitieren
Elisabeth Furtner (Autor:in), 2014, Hochsensibilität. Eine weitere Schubladisierung oder Hilfe zum besseren Verständnis von Kindern in der Grundschule?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303572

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