Domainrecht: Namens- und Kennzeichenschutz deutscher Hochschulen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

50 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhalt

Abkurzungsverzeichnis

Rechtssicherheit fur Hochschulnamen im Internet

A. Aufbau und Bedeutung des Internets
I. Geschichte und Entwicklung des Internets
1. ARPANet und Internet
2. Entwicklung und Bedeutung
II. Aufbau des Internets
1. Domainnamen und Zieladressen
2. Aufbau einer Domain nach dem Domain Names System
a) Top Level Domain (TLD)
i) Geographische TLD
ii) Generische TLD
iii) Quasigenerische TLD
b) Second Level Domain (SLD)
3. Registrierung und Vergabe von Domainnamen

B. Namens- und Kennzeichenschutz deutscher Hochschulen
I. Namensrecht des § 12 BGB
1. Namensschutz deutscher Hochschulen
2. Namensrechtsverletzung
a) Domain und Namensfunktion
b) Namensleugnung
c) NamensanmaBung
i) Gebrauch des Namens
ii) Unbefugtheit
iii) Interessenverletzung
II. Kennzeichenrecht
1. Hochschulnamen als schutzwurdige Kennzeichen
2. Handeln im geschaftlichen Verkehr
3. Kennzeichenrechtsverletzung
a) Domain und Kennzeichnungsfunktion
b) Unbefugte Benutzung im geschaftlichen Verkehr
c) Verwechslungsschutz
i) Zeichenahnlichkeit/-identitat
ii) Branchennahe
iii) Kennzeichenkraft
III. Rechtsfolgen einer Namens- oder Kennzeichenrechtsverletzung
1. Unterlassung
2. Beseitigung
3. Schadensersatz
4. Ubertragung der Domain
IV. Internationaler Gerichtsstand und Streitschlichtungsverfahren
1. Ortliche Zustandigkeit
2. Anwendbares Recht
3. Sachliche Zustandigkeit
4. Alternative Schlichtungsmethoden
a) Zustandigkeit
b) Voraussetzungen einer Klageerhebung
c) Mogliche Entscheidungen

C. Ausblick- keine hochschulvorbehaltene TLDs in Deutschland Quellenverzeichnis I. Literatur

II. Internet- Quellen

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Rechtssicherheit fur Hochschulnamen im Internet

Das Internet hat in den letzten Jahren zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen und sich so zu einem Markplatz fur den nationalen und internationalen Informations- und Wirtschaftsverkehr entwickelt. Diese rasante Entwicklung hat jedoch eine Reihe neuer Rechtsprobleme mit sich gebracht, die in der Literatur und Rechtsprechung unter den Bezeichnungen „Online-Recht“1 „Internetrecht“2 oder „Multimediarecht“3 diskutiert werden.4

Eines dieser Themen, das aufgrund seiner praktischen Auswirkungen besonders bedeutsam geworden ist, ist der Namens- und Kennzeichenschutz der §§ 12 BGB, 14, 15 MarkenG gegen die Verwendung eines fremden Namens als eine oder in einer Internetadresse. Bislang gibt es jedoch keine eigenstandige Rechtsmaterie zur Beurteilung der so genannten Domainrechtstreitigkeiten.5 Daher wurden anfangs Befurchtungen laut, das derzeitige Rechtssystem sei nicht in der Lage, dieser neuen Erscheinungsform eine adaquate Rechtssicherheit zu gewahrleisten.6 Und in der Tat konnte durch den Ruckgriff auf zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Rechtsgrundlagen in der Rechtsprechung beobachtet werden, dass innerhalb der deutschen Gerichte teilweise keine einheitliche Meinung bezuglich bestimmter Problemstellungen des Domainrechts existiert hat . 7 Inzwischen ist jedoch eine gewisse Gelassenheit auf diesem Gebiet eingetreten, da sich die Rechtsprechung zunehmend gefestigt hat.

Deutsche Hochschulen prasentieren sich seit geraumer Zeit verstarkt im Internet unter einer eigenen Internetadresse, um dort fur sich zu werben oder kostenlose Informationen fur Studierende bereit zu stellen. Daher ist die Befassung mit den Domainnamen deutscher Hochschulen von besonderer Bedeutung. Bei einigen deutschen Hochschulen besteht offensichtlich noch ein Aufklarungsbedarf8 hinsichtlich ihrer Namens- und Kennzeichenrechte im Internet, denn es kam nicht zu Rechtssicherheit fur Hochschulnamen im Internet selten vor, dass sich hinter einer vermeintlichen „Uni-Domain“9 nicht die dazugehorige Hochschule verborgen hat, sondern ein unberechtigter Dritter sich unter dieser attraktiven Domain prasentiert hat.10 Bedeutet diese Tatsache, dass die Uni-Domains der Allgemeinheit zur Verfugung stehen, da sie nicht genugend geschutzt sind?

Das Ziel dieses Projektberichtes wird darin liegen, den Namens- und Kennzeichenschutz deutscher Hochschulen gegen eine unbefugte Nutzung einer ihrem Namen ahnlichen Domain zu untersuchen, um die obige Frage zu klaren. Das Domainrecht stellt eine Querschnittsmaterie der zur Anwendung geeigneten Rechtsgebiete dar. Aus diesem Grund werden sich Anspruche auf Herausgabe der Domain, Unterlassung der Nutzung oder gar auf Schadensersatz bei einer Namens- oder Kenzeichenrechtsverletzung aus dem Burgerlichen Gesetzbuch (BGB) und dem Markengesetz (MarkenG) ergeben.

Um den Namens- und Kennzeichenschutz einer deutschen Hochschule so effektiv wie moglich herauszuarbeiten, ist es unumganglich, dem Leser in Kapitel A einen Uberblick uber den Aufbau des Internets zu geben, um einerseits die Bedeutung einer Domain zu unterstreichen und andererseits die notwendige technische Basis der weiteren Problemstellungen bezuglich der Domainrechtsstreitigkeiten zu liefern.

Im Hauptteil dieser Arbeit (Kapitel B) steht der Namens- und Kennzeichenschutz im Zentrum der Betrachtung. Hierbei wird erlautert werden, inwiefern und unter welcher Voraussetzung das Namens- und Kennzeichenrecht einer Hochschule verletzt werden kann. Nach dieser Ausfuhrung werden die daraus resultierenden Rechtsfolgen dargestellt. Der Schluss dieses Kapitels wird sich mit der gerichtlichen und gesetzlichen Zustandigkeit von Domainrechtsstreitigkeiten mit internationalem Bezug und mit alternativen Schlichtungsmethoden auseinandersetzen.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie Handlungsempfehlungen fur zukunftige Domainanmelder und Hochschulen werden im Schlusskapitel C dargestellt.

A. Aufbau und Bedeutung des Internets

Da eine korrekte juristische Beurteilung der Domainrechtsstreitigkeiten in gewissem MaBe auch technische Kenntnisse voraussetzt, wird im folgenden Kapitel ein kurzer Uberblick uber die Geschichte und Entwicklung des Internets sowie uber dessen Aufbau gegeben. Insbesondere der Aufbau einer Internetdomain wird die grundlegende Basis fur die weitere Auseinandersetzung mit Domainrechts- streitigkeiten darstellen.

I. Geschichte und Entwicklung des Internets

1. ARPANet und Internet

Die Anfange des Internets liegen bereits uber 40 Jahre zuruck. Der Meilenstein fur die Entwicklung des Internets wurde zu Zeiten des Wettrustens wahrend des Kalten Krieges gelegt. Als Reaktion auf den so genannten "Sputnik-Schock"11 entwickelten die USA 1969 das erste dezentrale Netzwerk, genannt ARPANet, welches als Vorganger des Internets verstanden werden kann. 12 Dieses Netzwerk war weniger anfallig als das zuvor durch das Militar genutzte sternformige Netzwerk. Anfang der 70er Jahre wurde das ARPANet zusatzlich von einigen an der Forschung dieses Netzwerkes beteiligten Universitaten im zivilen Bereich genutzt, um deren Arbeit und Koordination zu beschleunigen. In dieser Zeit entstanden das erste E-Mail Programm und das Datentransferprotokoll, welche die Attraktivitat des Netzwerkes weiter erhohten. Nach der Einfuhrung eines mehrgliedrigen, hierarchischen strukturierten Domainnamen-Systems wurden 1984 alle im ARPANet verwendeten Rechnernamen mit der TLD „.arpa“ versehen. Im selben Jahr folgten weitere TLD wie z.B. „.gov“, „.edu“, „.mil“ und „.net“. Die Attraktivitat und die Nutzer erhohten sich zunehmend, so dass dieses Netzwerk fur das Militar unbrauchbar wurde und sich der militarische Bereich zum MILNET abspaltete. 1986 entwickelte sich aus dem ARPANet das NSFNet, welche von nun an von allen amerikanischen Universitaten genutzt werden konnte. Dieses Netzwerk, welches auf Basis des ARPANets basierte, entwickelte sich zu einem wegweisenden Forschungsnetzwerk und wurde 1990 der Allgemeinheit zuganglich gemacht. Mit diesem Schritt wurde der Grundstein fur die weltweite Entwicklung des Internets gelegt. Ein Jahr spater wurde das Hypertextsystem, auch WWW genannt, entwickelt. Diese Entwicklung revolutionierte das Internet und machte es zu dem Medium, welches wir heute nutzen. Denn erst dieses Hypertextsystem hat die Darstellung graphischer Oberflachen, multimedialer Prasentationen und Hyperlinks ermoglicht. Seit 1993 sturmte das WWW mit einer Wachstumsrate von 341.634 % 13 in dem Jahr das Internet. Durch weitere Entwicklungen, wie Browserprogramme14, Suchmaschinen, DSL und E- Commerce wurde das Internet zunehmend anwenderfreundlich und hat seitdem einen revolutionaren Zuwachs an Nutzern erlangt. Aus anfanglichen militarischen Beweggrunden und vielen weiteren Entwicklungen ist das Medium Internet, mit seinem wichtigsten Dienst dem WWW, entstanden, das aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken ist.15

2. Entwicklung und Bedeutung

Seitdem das Internet der Allgemeinheit zuganglich gemacht wurde, wachst die Anzahl der Internetnutzer und Domainanmeldungen im Sekundentakt. Waren 1995 noch 16 Millionen Menschen weltweit online, so sind es heute uber 600 Millionen Nutzer. Auch die Registrierung der Domainnamen wachst ebenso wie in Deutschland auch weltweit unuberschaubar schnell. Im Januar 1995 haben weit weniger als 100.000 Domainnamen unter dem Top Level Domain (TLD) „.de“ existiert und im Januar dieses Jahres ist die 7.000.000ste Domain in Deutschland registriert worden16. Die Nutzer dieser Domains sind so unterschiedlich wie ihre Anwendungs- moglichkeiten. Im Internet prasentieren sich Unternehmen, aber auch Privatpersonen zu unterschiedlichen Zwecken, wie z.B. in einem Online-Shop, auf einer einfachen Homepage oder per Nutzung einer E-Mail. Auf diese Weise hat sich das Internet in den letzten Jahren zu einem Markplatz fur den nationalen und internationalen Informations- und Wirtschaftsverkehr entwickelt. Speziell aus okonomischer Sicht hat das Internet, wie kein anderes Medium, die Gesellschaft revolutioniert. Mittlerweile hangen der Wert und das Ansehen eines Unternehmens neben seinem Ruf in der „Offline-Welt“ zunehmend auch von seiner Prasentation im Internet ab. Eine eigene Website gilt heutzutage als eine Voraussetzung fur ein modernes und innovatives Unternehmen. Aber auch Privatnutzer verwenden das Internet als das Medium um Informationen einzuholen. Aus diesem Grund ist es fur Unternehmen aber auch fur staatliche Einrichtungen essentiell wichtig, sich auf einer attraktiven Homepage unter einem eindrucksvollen Namen zu prasentieren.

II. Aufbau des Internets

Im folgenden Abschnitt wird sowohl der Aufbau des Internets und einer Internetdomain, als auch die Vergabestruktur einer Internetdomain erlautert. Speziell der Aufbau einer Internetdomain und deren Vergabecharakter sind fur die Behandlung der Domainrechtsstreitigkeiten unumganglich.17

1. Domainnamen und Zieladressen

Das Internet ist ein globales Netzwerk bei dem mehrere Rechner grenzuberschreitend miteinander kommunizieren konnen. Sollen zwei Computer miteinander kommunizieren, so mussen sie den anderen jeweils eindeutig identifizieren konnen. Diese eindeutige Erkennung wird erreicht, indem jedem an das Internet angeschlossenen Computer eine numerische Zieladresse, oder auch IP-Adresse, zugewiesen wird. Diese Zieladresse setzt sich aus vier Bytes zusammen, und wird ihrer Lesbarkeit halber in vier Zahlengruppen, die jeweils mit einem Punkt voneinander getrennt sind, im Dezimalzahlensystem ausgewiesen. Eine solche Zieladresse ist fur den Rechner eindeutig und somit auch auffindbar. Da es jedoch vielen Internetnutzern schwer fallt, sich eine derartig lange Ziffernfolge zu merken, ist dem IPA-System 1984 das Domain-Name-System (DNS) zur Seite gestellt worden, um das Internet anwenderfreundlicher zu gestalten. Bei der Verwendung dieses Systems wandelt der Computer die eingegebene Domain durch Zugriff auf eine entsprechende Datenbank in die dazugehorige IP-Adresse um. Diese entsprechende Datenbank des Domain Name Service 18 wird in Deutschland von der DENIC e.G. verwaltet. Eine solche Domain konnte z.B.: „uni-oldenburg.de“, mit ihrer dazugehorigen IP-Adresse 131.188.3.67, lauten.19 Da die Zuordnung der Domain zu einem bestimmten Rechner eindeutig sein muss, ist es nicht moglich, einer Domain mehrere IP-Adressen zuzuordnen. Hieraus ergibt sich die wichtige Konsequenz, dass jede Domain weltweit nur ein einziges Mal vergeben werden kann. Aufgrund der Bedeutung einer eingangigen Internetadresse und der gleichzeitigen Knappheit an Domainnamen, ist es nicht verwunderlich, dass im Internet nach wie vor eine „Goldgraberstimmung“20 nach originellen Domainnamen herrscht. Aufgrund der Begrenztheit und Einzigartigkeit einer Domain resultieren Rechtsstreitigkeiten des Domainrechts. Konnen in der „Offline-Welt“ verschiedene Personen denselben Namen friedlich nebeneinander tragen, ist dies in der „Welt der Bits und Bytes“ nicht moglich.

2. Aufbau einer Domain nach dem Domain Name System

Eine Domain ist nach dem DNS durch ihre in verschiedene Ebenen aufgeteilte, Struktur gekennzeichnet. Diese verschiedenen Ebenen, oder auch Level genannt, sind jeweils durch einen Punkt voneinander getrennt. Um die Struktur einer Domain hierarchisch gliedern zu konnen, muss sie von rechts nach links gelesen werden.21 Am Ende der Domain steht die Top Level Domain (TLD) wie z.B.: „.de“, „.com“ oder „.net“. Direkt vor der TLD steht die Second Level Domain und danach die Third Level Domain, welche beide unter Beachtung der Registrierungsrichtlinien weitestgehend frei gewahlt werden konnen. Da die verschiedenen Level einer Domain bei der Untersuchung von Domainstreitigkeiten von groBer Bedeutung sind, werden in der weiteren Ausfuhrung die verschiedenen Level einer Domain, TLD und SLD, ausfuhrlich dargestellt.22

a) Top Level Domain (TLD)

Es gibt zwei verschiedene Arten von Top Level Domains, die so genannten generischen und geographischen TLDs. Eine Top Level Domain ist nicht frei wahlbar und es existieren zurzeit lediglich 239 verschiedene TLDs. 23

i) Geographische TLD Eine TLD, welche sich auf den Staat, in dem die jeweilige Domain angemeldet worden ist, bezieht, wird als geographische oder auch Country Code TLD (ccTLD) bezeichnet. Bei der Registrierung einer auslandischen TLD ist es i.d.R. nicht notwendig, dass der Anmelder seinen Geschaftssitz oder gar seinen Wohnsitz in dem jeweiligen Land hat. Die am weitesten verbreitete geographische TLD ist die TLD „.de“, die fur Deutschland steht. Einige Beispiele fur weitere geographische TLDs sind „.at“ fur Osterreich, „.uk“ fur das Vereinigte Konigreich „.ru“ fur Russland und „.fr“ fur Frankreich.

ii) Generische TLD Eine generische TLD, auch generic TLD (gTLD) genannt, enthalt Angaben daruber, mit welchem Inhalt ein Internetnutzer bei dem Besuch einer Homepage rechnen kann. Fur kommerzielle Anbieter stellt die generische TLD „.com“ die am weitesten verbreitete TLD dar. Weitere, haufig genutzte gTLDs sind „.net“ und „.org“, welche in der Regel neben „.com“ dem allgemeinen Publikum offen stehen.

iii) Quasigenerische TLD Neben einer TLD, welche man eindeutig als generische oder geographische kategorisieren kann, gibt es einige wenige Ausnahmen, die bei dem Publikum bezuglich ihrer Einordnung zu Verwirrungen fuhren konnen 24 So erscheint beispielsweise die TLD „.tv“ fur die Mehrheit der Internetnutzer als eine Domain, hinter der sich eindeutig Inhalte bezuglich eines Fernsehangebotes verbergen mussten, also generischer Art ist. Jedoch ist diese TLD eine geographische TLD, die fur den kleinen Inselstaat Tuvalu steht. Ahnliche Verwirrungen kann die TLD „.ag“ auslosen, da gerade ein deutsches Publikum unter dieser Abkurzung nicht die karibischen Staaten Antigua und Barbuda sondern eine Aktiengesellschaft vermutet.

b) Second Level Domain (SLD)

Neben einer TLD besteht eine Domain zusatzlich aus einer Second Level Domain (SLD), die den eigentlichen Kern eines Domainnamens bildet. Eine SLD kann unter Berucksichtigung der Registrierungsrichtlinien25 frei gewahlt werden. Zu den Registrierungsrichtlinien gehort unter anderem, dass in einer SLD aufgrund eines patentrechtlichen Streits keinerlei Autokennzeichen benutzt werden durfen und dass sie nicht ausschlieBlich aus Zahlen bestehen darf.26 Eine SLD muss mindestens aus 3, aber hochstens aus 63 Zeichen bestehen. Da die TLD nicht frei wahlbar und begrenzt vorhanden sind, stellt die SLD den wahren Gestaltungsraum einer Domain dar. Ahnlich wie bei Telefonnummern, bei denen jede Telefonnummer i.V.m. einer bestimmten Vorwahl nur einmal vergeben werden kann, darf auch dieselbe SLD unterhalb derselben TLD nur ein einziges Mal existieren. Da ein Internetnutzer bei der Navigation im Internet haufig nach dem „Try-and-Error-Verfahren“ einfach den Namen oder ein Akronym des gesuchten Unternehmens oder der gesuchten Privatperson als Domainnamen eingibt, ist es fur Unternehmen und Privatpersonen von besonderem Interesse, sich auf einer Homepage unter einem Domainnamen zu prasentieren, der leicht zu erschlieBen ist. Domainnamen gelten dann haufig als „griffig“ und haben einen hohen Wiedererkennungswert, wenn Namen, Marken oder Unternehmensbezeichnungen wie z.B.: „shell“, „uni-oldenburg“ oder „borisbecker“ in einer SLD registriert werden. Aus dieser Erkenntnis erscheint es nun nachvollziehbar, dass viele Unternehmen, aber auch Privatleute vor Gericht gezogen sind, um das Recht an einer „lausigen Adresse“ einzuklagen. Wurde niemand daran denken, seine „Rechte“ an einer Telefonnummer einzuklagen, so scheint einer Domain, insbesondere der SLD, in der Online-Welt der Stellenwert eines „virtuellen Goldes“27 gleichzukommen.

3. Registrierung und Vergabe von Domainnamen

Mit der Registrierung einer Domain erhalt der Inhaber gegen ein Entgelt eine monopolahnliche Alleinstellung an dieser Domain. Ein geregeltes Vergabeverfahren von Domainnamen unter Berucksichtigung gesetzlicher Vorschriften existiert bislang nicht, und staatlichen Institutionen kommt hierbei lediglich eine Aufsichtsfunktion zu.

Auf internationaler Ebene ist die Internet Corporation for Assignment Institution (ICANN)28 verantwortlich fur die wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem „Domain-Name-System“29. Die ICANN stellt so zusagen die wegweisende Institution fur die weltweite Domainvergabe dar, sie hat jedoch die praktisch verwaltenden Aufgaben an verschiedene Organisationen weitergeleitet. Diese Organisationen haben wiederum die Zustandigkeit fur die Vergabe innerstaatlicher Domainnamen an nationale Network Information Center (NICs) ubergeben. Eine dieser Organisationen, welche fur die Vergabe der TLD „.de“ zustandig ist, ist das Deutsche Network Information Center (DENIC e.G.)30, mit ihrem Sitz in Frankfurt/Main.

Die Domainvergabe erfolgt durch Einhaltung der Registrierungsrichtlinien und unter Anwendung des einfachen „first come, first served“ Prinzips. Die DENIC e.G. verlangt bei der Registrierung einer Domain einzig allein, dass der Anmelder sowohl einen technischen (tech-c), als auch einen administrativen (admin-c) Ansprechpartner angibt. In den meisten Fallen erfolgt die Anmeldung einer Domain jedoch nicht direkt durch den Inhaber bei der Registrierstelle sondern uber einen Internet Service Provider (ISP). Diese ISP konnen entweder durch eine Mitgliedschaft bei der DENIC e.G oder durch Mengenrabatt gunstigere Konditionen als bei einer Direktregistrierung anbieten. Die Anmeldung einer Domain uber einen ISP bietet zusatzlich den Vorteil, dass teilweise weitere Leistungen, wie z.B. ein zusatzlicher Speicherplatz, zur Verfugung gestellt werden. Wird die Domain jedoch durch einen ISP angemeldet, so ist zusatzlich noch der Name des zukunftigen Domaininhabers anzugeben

Oftmals diskutierte Fragestellungen zum Thema Domainrecht sind die generelle Haftung der DENIC e.G. oder der ISP bei der Registrierung einer rechtswidrigen Domain und inwiefern die DENIC e.G. allgemeinen Prufungspflichten bezuglich der Zulassigkeit einer Domain unterliegt.31 Diese generelle Haftung und die Prufungspflichten der Registrierstellen hat der BGH in seinem Urteil zum Fall „ambiente.de“32 verneint. Laut dieses BGH-Urteils besteht lediglich dann eine Haftungspflicht der DENIC e.G., wenn ein RechtsverstoB derart offenkundig ist, dass die Registrierstellen diesen ohne wesentlichen Aufwand hatten feststellen konnen 33 Die generelle Haftungspflicht der DENIC e.G. ist vom BGH aus dem Grund ausgeschlossen worden, da unter dieser Bedingung die Effizienz und Funktionsfahigkeit der Registrierstellen gefahrdet gewesen waren. Eine Haftungsinanspruchnahme uber §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 2 BGB scheidet somit fur die DENIC e.G. aus. Erfolgt die Registrierung uber einen ISP, so ist von deren Haftung ebenso nicht auszugehen, da die Uberprufung einer eventuellen Rechtswidrigkeit der Domain i.d.R nicht zum Gegenstand des Vertrages zwischen dem Domaininhaber und dem Provider zahlt.34

Bei diesem Vergabecharakter von Domainnamen handelt es sich um einen groBen „Streitherd“ der Domainrechtsstreitigkeiten, da er es einer Person ermoglicht, eine Domain zu registrieren, mit deren Name er in keinerlei Verbindung steht.

[...]


1 So auch Stromer, Online-Recht.

2 Vgl. Koch, Internet-Recht.

3 Vgl. Hoeren/ Sieber, Handbuch Multimediarecht.

4 Grundlegend zum Domainrecht ist Viefhues, Kennzeichenrecht.

5 Die Einfuhrung einer eigenstandigen Rechtsmaterie zum Thema Domainrecht ist auch nicht vorgesehen

6 Die ersten Rechtsfalle zum Thema Domainrecht traten 1996 auf, und wurden durch teilweise kontrare Ansichten der Gerichte gepragt. In dieser Zeit entstanden auch Befurchtungen und eine Forderung fur eine eigenstandige Rechtsmaterie zur Beurteilung von Namenskollisionen im Internet.

7 Bei Schuster, MMR Beilage 5/2003, S. 32-34 findet sich eine ausfuhrliche Liste von Rechtsprechungen und Literatur, die wiederum in die verschiedenen Gebiete des Domainrechts, wie z.B. Namensrecht, Kennzeichenrecht und Domain-Grabbing unterteilt sind. Diese Ubersicht bietet sich als eine Art Urteilsubersicht zum Thema Domainrecht an.

8 Diese Aussage bezieht sich insbesondere auf die Universitat Gottingen, welche es versaumten sich die beiden Domains „universitaet-goettingen.de“ und „uni-gottingen.de“ zu sichern.

9 Vgl. < http://www.universitaet-goettingen.de - und < http://www.uni-gottingen.de -.

10 Zu diesem Thema ist auf einen interessanten Fall, der sich im April 2003 zugetragen hat, hinzuweisen. Damals hatte sich die OS3 GmbH aus Osnabruck uber 150 Uni-Domains gesichert mit der Begrundung, man wolle diese vor illegalen Sexanbietern schutzen. Seitdem hat man nichts mehr von diesem Fall gehort, so dass davon auszugehen ist, dass die Firma die besagten Adressen an den Provider zuruckgegeben hat. Einen Artikel zu diesem Thema findet man bei Dingeldey, Domain- Recht Online Magazin 4/2003.

11 Unter dem so genannten „Sputnik-Schock“ versteht man die durch den Start des sowjetischen Satelliten Sputnik am 4. Oktober 1957 ausgelosten Ereignisse im Westen, insbesondere in den USA. Sputnik bewies, dass die Sowjetunion im Besitz von Interkontinentalraketen war und die USA mit Atombomben hatte beschieBen konnen.

12 Die ersten Plane fur das ARPANet entstanden bereits 1966, die Umsetzung erfolgte jedoch erst 1969.

13 Vgl. < http://www.michaelkaul.de/Geschichte/geschichte.html -.

14 Das erste Netscape- Browserprogramm wurde 1993 entwickelt.

15 Eine ausfuhrlich chronologische Auflistung aller Ereignisse und Entwicklungen in der Geschichte des Internets findet man bei Kaul, Die Geschichte des Internets, unter < http:// www.michaelkaul.de/ Geschichte/geschichte.html -.

16 Ein aktueller Domainzahler der Denic e.G ist zu finden unter < http://www.denic.de/de/domains/ statistiken/index.html -. Am 7.4.2004 waren schon 7.479.136 „de- Domains“ registriert. Und taglich kommen bis zu 4500 neue Anmeldungen hinzu.

17 Diese Darstellung wird sich auf die Zusammenfassung der fur den bearbeiteten Fall wichtigsten Elemente beschranken. Dem Unkundigen ist eine Vertiefung anhand folgender Publikationen angeraten: Bettinger, GRUR Int. 1997, S. 402 ff. und Volker/Weidert, WRP 1997, S. 652-663.

18 Siehe Stromer, Online Recht, S. 56 ff.

19 Die Begriffe Domain, Domainnamen und Internetdomain durfen nicht mit einer Uniform Ressource Locator (URL) verwechselt werden. Eine URL gibt den Pfad einer Datei an, welche auf einem bestimmten Rechner zu finden ist. Eine Domain ist somit nur ein Teil einer URL. So ist z.B: http://www.uni-oldenburg.de/inhalt eine URL, wobei der Domainname lediglich „uni-oldenburg.de“ lautet.

20 Vgl. Stromer, Online Recht, S. 51.

21 Vgl. Erdelt, JurPC Web-Dok. 241/2001.

22 Die SLD und TLD stellen die, fur die behandelte Thematik, wichtigsten Level einer Domain dar. Aus diesem Grund wird im weiteren Verlauf nicht auf weitere Levels wie z.B. Third Level Domain eingegangen.

23 Nach der ISO-Norm 3166 festgelegt.

24 Interessante Urteile zu dieser Thematic stellen das LG Hamburg, Urt. v. 2/09/2003 (Az. 312 O 271/03), JurPC Web-Dok. 263/2003 - „tipp.ag“ und das Hanseatische OLG, Beschl. v. 27.8.2002 (Az. 3 W 78/02), JurPC Web-Dok. 308/2002 - „verona.tv“ dar. Fur eine Auseinandersetzung mit dem Fall „tipp.ag“ siehe Himmelsbach, JurPC Web-Dok. 268/2003.

25 Zu den Registrierungsrichtlinien i.S.d. § V der Bedingungen der DENIC e.G. gehort weiter, dass die SLD nur aus Zahlen, Buchstaben und Bindestrichen bestehen darf. Eine Domain darf weder mit einem Bindestrich beginnen noch enden. Eine Ubersicht der Registrierungsbedingungen der DENIC e.G. ist unter der Adresse < http://www.denic.de/de/richtlinien.html - zu finden. Seit Anfang dieses Jahres existieren so genannte „de- Umlautdomains“. Fur eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema siehe Hitzelberger, Domain-Recht Online Magazin 9/2003.

26 Siehe hierzu LG Frankfurt/Main K&R 2001, 38 - „01051.de“. Bestehende Domainnamen, die Autokennzeichen benutzen, durfen jedoch weiterhin bestehen bleiben.

27 Rieder, Domain-Recht Online Magazin 9/2000.

28 Vgl. < http://www.icann.org. -.

29 Zur Organisationsstruktur und den Funktionen der ICANN siehe Hanloser, JurPC Web-Dok. 158/2000.

30 Vgl. < http://www.denic.de -.

31 Siehe Seifert, Das Recht der Domainnamen, S. 42, 47-55, Bettinger/Freytag, CR 1999, S. 29 (30), Dingeldey, Domain-Recht Online Magazin 3/2001 fur eine tiefgrundige Auseinandersetzung mit der Haftung der Registrierstellen.

32 BGH NJW 2001, 3265 ff. - „ambiente.de“.

33 Vgl. auch (Ls.) BGH, Urt. v. 17.05.2001 (Az. I ZR 251/99), JurPC Web-Dok. 220/2001 = BGH NJW 2001, 3265 ff. - „ambiente.de“. Vergleichbare Urteile ergaben sich beim LG Magdeburg, Urt. v. 18.6.1999 (Az. 36 O 11/99), JurPC Web-Dok. 41/2000 - „foris.de“ und OLG Dresden, Urt. v. 28.11.2000 (Az. 14 U 2486/00), JurPC Web-Dok. 98/2001 - „kurt-biedenkopf.de“.

34 Siehe zur Provider- Haftung Seifert, Das Recht der Domainnamen, S. 270 ff.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Domainrecht: Namens- und Kennzeichenschutz deutscher Hochschulen
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Veranstaltung
Internet- und E-Commerce Recht
Note
1.3
Autor
Jahr
2004
Seiten
50
Katalognummer
V30351
ISBN (eBook)
9783638316279
ISBN (Buch)
9783638703284
Dateigröße
1363 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Domainrecht, Namens-, Kennzeichenschutz, Hochschulen, Internet-, E-Commerce, Recht
Arbeit zitieren
Sebastian Jurczyk (Autor:in), 2004, Domainrecht: Namens- und Kennzeichenschutz deutscher Hochschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30351

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