Diagnose und Förderung orthographischer Kompetenzen anhand der Hamburger Schreibprobe


Seminararbeit, 2014

20 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen der deutschen Orthographie
2.1 Phonem-Graphem-Korrespondenz
2.2 Die Getrennt- und Zusammenschreibung
2.3 Die Groß- und Kleinschreibung
2.4 Die Interpunktion
2.5 Zusammenfassung der Problemfelder des Deutschen

3. Zur Relevanz von Diagnostik im Rechtschreibunterricht

4. Die Hamburger Schreibprobe
4.1 Durchführung und Auswertung der HSP
4.2 Förderung anhand der HSP
4.3 Kritische Einordnung der HSP

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Beherrschen der korrekten Schreibweise von Wörtern der deutschen Sprache, also der sichere Umgang mit dem System der Rechtschreibung bzw. der Orthographie zählt zu den grundlegenden zu erlernenden Aspekten für Schülerinnen und Schüler im Fach Deutsch während der gesamten Schullaufbahn. Der schulische Schrifterwerb wirkt sich demnach beispielsweise unmittelbar auf einfache kommunikative Prozesse mittels Schrift (z.B. Brief, E-Mail o.Ä.) oder das spätere Berufsleben aus. Hinsichtlich der Orthographie ist hierbei zu sagen, dass „die Orthografie [festlegt], was ‚richtig‘ ist. Die Orthografie ist eine willkürliche Normierung, es wird festgelegt, wie ‚richtig‘ geschrieben wird.“[1] Demnach ist es bei dem Erlernen der Orthographie unerlässlich, die Allgemeingültigkeit des Systems der Rechtschreibung anzuerkennen und die entsprechenden Regelungen zu verinnerlichen, damit ein solches System überhaupt funktionieren kann.

Das Erlernen dieses komplexen Schriftsystems des Deutschen baut im Allgemeinen und vereinfacht auf vier Stufen auf, der Phonem-Graphem-Korrespondenz, der silbischen, der syntaktischen und der morphologischen Schreibung. Hinzu kommen Wörter, die nicht diesen Regeln unterliegen, deren Schreibung an Fremdsprachen angelehnt ist, die aus sprachgeschichtlichen Gründen anders geschrieben werden oder Eigennamen sind. Hinsichtlich dieses Aufbaus ergeben sich diverse Problemfelder des Deutschen, die Schülerinnen und Schülern den Aufbau von orthographischen Kompetenzen erschweren und entsprechende Probleme hervorrufen können, welche im Folgenden unter anderem zunächst einmal im Hinblick auf die möglichen Schwierigkeiten genauer erläutert werden sollen.

Um etwaigen Problemen beim Erlernen der korrekten Schreibung von Wörtern einzelner Schüler entgegenzuwirken und den Aufbau orthographischer Kompetenzen zu fördern, wurden spezielle Testverfahren entwickelt, die zunächst einmal den Zweck der Diagnose der Rechtschreibleistung von Schülerinnen und Schülern erfüllen, um anschließend eine darauf aufbauende individuelle Förderung zu ermöglichen. Eines dieser Konzepte, welches im Schulalltag vielfach seine Anwendung findet, ist die durch den Psychologen und Erziehungswissenschaftler Peter May entwickelte Hamburger Schreibprobe[2], welche „ein Gesamtkonzept zur Diagnose des Rechtschreiblernens in der Schule bildet“[3] und weiterhin eine „sichere Grundlage für die Planung von Fördermaßnahmen“[4] darstellt.

Die Hauptaufgabe dieser Seminararbeit mit dem Titel „Diagnose und Förderung orthographischer Kompetenzen am Beispiel der Hamburger Schreibprobe (HSP)“ wird es nach den Ausführungen bezüglich der Problemfelder der deutschen Orthographie sein, zunächst die Bedeutung einer Diagnostik von Rechtschreibkompetenzen herauszustellen, um anschließend das Konzept der HSP inklusive der allgemeinen Konzeption, der verfolgten Ziele, der Durchführung, der Auswertung und der gebotenen Fördermaßnahmen grundlegend zu charakterisieren. Anschließend wird die Konzeption der HSP kritisch analysiert, um die Frage zu beantworten, wie weit sämtliche möglichen Problemfelder der deutschen Orthographie durch dieses Verfahren abgedeckt bzw. abgefragt werden. In diesem Zusammenhang soll deutlich werden, was der Einsatz der HSP leisten kann und wo mögliche Nachteile liegen, besonders auch in Bezug auf den Einsatz in der schulischen Praxis.

2. Grundlagen der deutschen Orthographie

Der Aufbau der deutschen Orthographie unterliegt, wie bereits einleitend erwähnt, im Allgemeinen vier Prinzipien, dem phonographischen Prinzip (Phonem-Graphem-Zuordnung), dem silbischen Prinzip, dem morphologischen Prinzip und dem syntaktischen Prinzip (Großschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung und Zeichensetzung), welche im Folgenden genauer erläutert werden sollen.

2.1 Phonem-Graphem-Korrespondenz

Um nun weiterführend die elementaren Aspekte der deutschen Orthographie zu veranschaulichen um auf mögliche Problemfelder des Deutschen für die Lerner der deutschen Rechtschreibung hinzuweisen, ist zunächst einmal zu sagen, dass die deutsche Schrift, welche eine alphabetische Schrift ist, im Wesentlichen lautbezogen ist, jedoch „auch nicht ein bloßes Abbild des Lautlichen [ist] […].“[5] Demnach ist stets zu berücksichtigen, dass es sowohl ein System des Sprachlichen, als auch ein System des Lautlichen gibt, welche „sowohl voneinander getrennt […] als auch aufeinander bezogen“[6] gesehen werden können. Insofern lässt sich für das Deutsche ein entsprechender Phonem- und ein Graphembestand festmachen. Unter einem Graphem bzw. mehreren Graphemen versteht man die „kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten in der geschrieben Sprache“[7], analog hierzu sind Phoneme als die „kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten in der gesprochenen Sprache“[8] anzusehen. Zwischen Phonemen und Graphemen besteht eine gewisse Korrespondenz, „eine reguläre Zuordnung von (abstrakten) Lauten zu Buchstaben, […]“[9], welche der Germanist Jakob Ossner in seinem Grundlagenwerk zur deutschen Orthographie wie folgt beschreibt:

Der Ausdruck Graphem-Phonem-Beziehung (manchmal auch Graphem-Phonem-Korrespondenz – GPK) besagt, dass Grapheme der schriftlichen Sprache Phonemen der Lautsprache auf eine im Einzelnen zu beschreibende Weise zugeordnet werden.[10]

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass „auf der Grundlage der Gliederung des Redestroms in phonologische Wörter und diese in Silben […] Phonemen Grapheme zugeordnet [werden].[11] Diese Annahme ist die Grundlage für das Erlernen einer Orthographie, welche auf einer Phonem-Graphem-Beziehung beruht, wie es die deutsche Orthographie tut.[12]

Bei der Produktion von Texten ist dabei jedoch nicht davon auszugehen, dass ein Wort stets so geschrieben wird, wie es gesprochen wird, schließlich beziehen sich die „lautlichen Einheiten der Sprache [nur] bis zu einem gewissen Grad systematisch auf die Schriftzeichen […].“[13] Anhand dieses Zitates wird deutlich, dass es gewisse Regeln geben muss, die die Verschriftlichung gesprochener Sprache festlegen, schließlich gibt es in der deutschen Sprache mehr Laute als zugehörige Buchstaben, was gleichzeitig bedeutet, dass nicht jedem Laut ein Buchstabe zukommen kann.[14] Besondere Schwierigkeiten können bezüglich der Laut-Buchstaben-Beziehung bei solchen Schülerinnen und Schülern hervorgerufen werden, bei denen Deutsch nicht die Muttersprache ist, wobei zu sagen ist, dass dieses Feld der Orthographie generell einige Schwierigkeiten für den Lerner oder die Lernerin bedeutet. Eine besondere Herausforderung stellt dieses Feld jedoch nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch an die Lehrkraft, schließlich ist eine Diagnostik der begangenen Fehler in diesem Bereich für eine entsprechende Förderung besonders wichtig.[15]

2.2 Die Getrennt- und Zusammenschreibung

Neben der Korrespondenz von Graphem und Morphem gibt es weitere mögliche Problemfelder, die für Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten beim Verwenden der korrekten Schriftsprache hervorrufen können, so auch die Getrennt- und Zusammenschreibung einzelner Wörter. Hierbei ist zunächst unklar, was überhaupt als einzelnes Wort gelten kann, wobei die eindeutige Klärung dieser Frage auch mit der übergeordneten Satzgrammatik zusammenhängt.[16] Zunächst ist zu sagen, dass Wortzwischenräume als eine visuelle Trennung einzelner Wörter innerhalb von Texten dienen, sie grenzen die Wörter also erkennbar voneinander ab. Dabei stellt sich nun aber die Frage, welche Wörter sich zu zusammengefassten Wörtern (z.B. Haustür oder Hochhaus) vereinen lassen.[17] Ein Beispiel für Wörter, die zusammengeschrieben werden sind Komposita. Komposita bestehen aus zwei Stämmen, die auch für sich genommen eigenständig innerhalb eines Satzes stehen können.[18]

Hinsichtlich der Getrennt- und Zusammenschreibung von Wörtern spricht der Linguist Peter Eisenberg von einer „syntaktischen als auch [von] eine[r] morphologische[n] Seite“[19], wobei es sich bei der syntaktischen Seite um ein Relationsprinzip und bei der morphologischen Seite um ein Wortbildungsprinzip handelt.[20] Die Zusammenschreibungen von Wörtern nach dem Wortbildungsprinzip definiert Eisenberg hierbei als „Verbindungen aus zwei oder mehr[eren] Stämmen […], wenn sie aufgrund einer Wortbildung miteinander verbunden sind.“[21] Neben diesem morphologischen Prinzip der Getrennt- und Zusammenschreibung von Wörtern, welches sich auf die Wortgrammatik beruft, zielt das Relationsprinzip auf die Satzgrammatik, so sind „Einheiten, die syntaktisch nicht analysierbar sind, das heißt insbesondere, die nicht in syntaktischer Relation zu anderen Einheiten im Satz stehen, […] Bestandteile von Wörtern“[22], was letztlich zur Zusammenschreibung dieser Einheiten führt.[23]

Alleine diese in Grundzügen angeschnittenen Aspekte bezüglich der Getrennt- und Zusammenschreibung von Wörtern machen deutlich, dass es durchaus verschiedene Ansätze gibt, die versuchen dieses Feld der Orthographie zu erfassen. Ossner spricht deshalb von einem der „schwierigsten Gebiete[…] der Orthographie“[24] und führt fort, dass „in vielen Fällen kein abschließendes Urteil für eine Schreibung möglich ist.“[25] Für Schülerinnen und Schüler bedeutet dieser Umstand, dass im Verlauf der Schullaufbahn diverse Grammatische Felder erlernt werden müssen, angefangen mit der einfachen Schreibung lexikalischer Wörter im Anfangsunterricht bis zur morphologischen Bildung oder syntaktischen Relationen von Wörtern am Ende der Sekundarstufe I.[26]

2.3 Die Groß- und Kleinschreibung

In der schriftlichen Sprache gibt es ein weiteres Merkmal, welches für die mündliche Sprache keinerlei Bedeutung hat, nämlich „große Buchstaben als markierte Varianten zu kleinen Buchstaben am Wortanfang (und gelegentlich im Wortinneren nach dem Bindestrich).“[27] Für den Leser eines Textes können diese Großschreibungen offensichtliche Anzeichen für

- den Satzanfang, das erste Wort einer Überschrift, z.B. Haushoher Sieg,
- ein Substantiv, Substantivierungen: andere Wortarten in der Funktion eines Substantivs, z.B. das Auf und Ab,
- einen Eigennamen, z.B. der Schiefe Turm von Pisa,
- eine besondere feste Fügung, z.B. Königliche Hoheit,
- das Anredepronomen Sie, fakultativ Du in Briefen[28]

sein. Zusammenfassen lassen sich sämtliche dieser Aspekte unter der (1) Anfangsgroßschreibung, der (2) grammatischen Großschreibung, der (3) lexikalischen Großschreibung und den (4) Anredepronomen.[29] Die Anfangsgroßschreibung sagt demnach aus, dass das erste Wort eines Satzes stets groß geschrieben wird, was auch für die wörtliche Rede oder Gliederungsangaben gilt. Darüber hinaus werden Überschriften, Werktitel, Bezeichnungen oder Anschriften, Anreden und Grußformeln ebenfalls groß geschrieben.[30] Hinsichtlich der grammatischen Großschreibung ist vereinfacht zu sagen, dass sämtliche Substantive, andere Wortarten, die „wie ein Substantiv gebraucht werden“[31] und Wörter, auf die sich ein Artikel oder ein Attribut beziehen, groß geschrieben werden.[32] Unter die dritte Gruppe von Wörtern, die groß geschrieben werden, also die lexikalischen Großschreibungen, fallen „Personennamen; geografische und geografisch-politische Namen; Eigennamen von Objekten unterschiedlicher Klassen, […] [und] Eigennamen von Institutionen, Organisationen und Einrichtungen, Zeitungen u.a.“[33]

[...]


[1] Fuhrhop, Nanna: Orthografie. 3. Aufl. Heidelberg: Winter 2009, S. 1.

[2] Im Folgenden vielfach durch HSP abgekürzt.

[3] May, Peter: HSP 1-9. Diagnose orthographischer Kompetenz: zur Erfassung der grundlegenden Rechtschreibstrategien mit der Hamburger Schreibprobe. 6. Aufl. Hamburg: Verlag für pädagogische Medien 2002, S. 7.

[4] May: HSP, S. 7.

[5] Fuhrhop: Orthografie, S. 6.

[6] Ebd., S. 6.

[7] Ebd., S. 6.

[8] Ebd., S. 6.

[9] Augst, Gerhard & Dehn, Mechtild: Rechtschreibung und Rechtschreibunterricht. Eine Einführung für Studierende und Lehrende aller Schulformen. 5. Aufl. Seelze: Friedrich Verlag GmbH 2013, S. 85.

[10] Ossner, Jakob: Orthographie. System und Didaktik. Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh 2010, S. 135.

[11] Ossner: Orthographie, S. 112.

[12] Vgl. ebd., S. 133+134.

[13] Lindauer, Thomas & Schmellentin, Claudia: Studienbuch Rechtschreibdidaktik. Die wichtigen Regeln im Unterricht. Zürich: Orell Füssli Verlag AG 2008, S. 61.

[14] Vgl. Lindauer: Studienbuch Rechtschreibdidaktik, S. 62.

[15] Vgl. Ossner: Orthographie, S. 134.

[16] Vgl. Eisenberg, Peter: Das Wort. Grundriss der deutschen Grammatik. 4. Aufl. Weimar: Verlag J.B. Metzler Stuttgart 2013, S. 317.

[17] Vgl. Augst: Rechtschreibung, S. 125.

[18] Vgl. Eisenberg: Das Wort, S. 317.

[19] Ebd., S. 317.

[20] Vgl. ebd., S. 317 + 318.

[21] Ebd., S. 318.

[22] Ebd., S. 318.

[23] Vgl. ebd., S. 318.

[24] Ossner: Orthographie, S. 167.

[25] Ebd., S. 167.

[26] Ebd., S. 171.

[27] Augst: Rechtschreibung, S. 145.

[28] Ebd., S. 145.

[29] Vgl. ebd., S. 145.

[30] Vgl. ebd., S. 146 + 147.

[31] Ebd. S. 153.

[32] Vgl. ebd., S. 153.

[33] Ebd., S. 155.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Diagnose und Förderung orthographischer Kompetenzen anhand der Hamburger Schreibprobe
Hochschule
Universität Paderborn
Autor
Jahr
2014
Seiten
20
Katalognummer
V303363
ISBN (eBook)
9783668017269
ISBN (Buch)
9783668017276
Dateigröße
610 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
diagnose, förderung, kompetenzen, hamburger, schreibprobe
Arbeit zitieren
Tobias Wolf (Autor:in), 2014, Diagnose und Förderung orthographischer Kompetenzen anhand der Hamburger Schreibprobe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303363

Kommentare

  • Tobias Wolf am 30.9.2015

    Sie wurde mit einer 1,7 benotet.

  • Gast am 29.9.2015

    Und wie wurde die Hausarbeit benotet?

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