Evaluation der Evaluation von Train-the-Trainer-e-Learning-Seminaren auf der Basis der Operativen Lerntheorie am Beispiel des Kurses [e-Moderationskurs]


Wissenschaftliche Studie, 2003

60 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Ziele und Schwerpunkte der vorliegenden Metaevaluation

2 Methodik
2.1 Evaluationsmethodik
2.1.1 Was ist Evaluation?
2.1.2 Dem Kurs zugrundeliegende Evaluationsmethoden
2.2 Operative Lerntheorie
2.2.1 Die Operative Lerntheorie als Methode
2.2.1.1 Lernen
2.2.1.2 Kompetenzen
2.3 Gutekriterien
2.3.1 Didaktische Nutzlichkeit
2.3.2 Objektivitat
2.3.3 Reliabilitat
2.3.4 Validitat
2.4 Beurteilung der verwendeten Evaluationswerkzeuge
2.4.1 Beobachtung
2.4.2 Fragebogenauswertung
2.4.3 Materialanalyse
2.4.4 Test

3 Ziele des Kurses [e-Moderationskurs]

4 Reflexion auf die im Kurs [e-Moderationskurs] verwendeten didaktischen Methoden
4.1 Cognitive Apprenticeship
4.2 Computer Supported Collaborative Learning (CSCL)

5 Reflexion auf die Starken und Schwachen des Kurses [e-Moderationskurs]
5.1 Erreichbarkeit und tatsachliches Erreichen der Kursziele (allgemeine Ziele und Wochenziele)
5.1.1 Erreichbarkeit und tatsachliches Erreichen der allgemeinen Ziele
5.1.2 Erreichen der Wochenziele
5.1.3 Diskussion: ist eine Erweiterung der Kursziele des Kurses [e-Moderationskurs] um Ziele im Bereich methodisch-didaktischer Kompetenzen erforderlich?
5.2 Unterrichtsmethoden und Lernstrategien im [e- Moderationskurs]
5.3 Inhalt des Kurses [e-Moderationskurs]

6 Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Empfehlungen fur die Konzeption des Kurses [e- Moderationskurs]

7 Alternative Evaluationsverfahren

8 Allgemeine Merkmale von Evaluationen von formativ-prozessualen Evaluationen von Bildungsma&nahmen im e-Learning-Bereich

9 Literaturverzeichnis

0 Einleitung

In der vorliegenden Arbeit wird eine Evaluation (= „Kurzevaluation") evaluiert, die von mir im Juli 2003 zu dem Train the Trainer-Seminar „[e-Moderationskurs]“, das von April bis Juli 2003 als Learning-Kurs stattfand, angefertigt wurde. Die Kurzevaluation, die hier nicht mitgeliefert wird, ist deshalb „kurz", weil mit dem Auftraggeber fur ihre Erstellung lediglich 2 Arbeitstage vereinbart waren. In der vorliegenden Arbeit geht es hauptsachlich darum, die Kurzevaluation im nachhi- nein methodisch abzusichern und hinsichtlich ihrer Aussagekraft zu bewerten. Primares Ziel hierbei ist jedoch nicht die Vollstandigkeit der Darlegungen, son- dern das Herausarbeiten wichtiger Verbesserungsvorschlage fur das Seminar [e- Moderationskurs]. In Kap. 7 schlieBlich werden in Form eines Ausblicks alternati­ve und erganzende Werkzeuge und Verfahren vorgestellt, die zur Evaluation des [e-Moderationskurses] ebenfalls infrage gekommen waren. Zudem werden zum Schluss der Arbeit Themenbereiche genannt, die in einer Metaevaluation im Be- reich von Train the Trainer-e-Learning-Seminaren berucksichtigt werden sollten (s. Kap. 8).

Die Anhange, von denen im Verlauf der Arbeit die Rede ist, wurden an der Universitat in einer separaten Mappe eingereicht und sind nicht digital ver- fugbar. Die Verweise auf die Anhange konnen und sollten deshalb vom Le- ser in dieser fur die Publikation anonymisierten Fassung ubergangen werden. Wichtige Zusammenhange, um derentwillen die vorliegende Arbeit veroffentlicht wird, werden davon nicht beruhrt.

Das Seminar „[e-Moderationskurs]“, an dem ich selbst aktiv teilgenommen habe, dauerte mehrere Wochen und diente der Ausbildung von Moderatoren fur e- Learning-Schulungen (= e-Moderatoren). Es umfasste als lernorganisatorischen Teil sechs eineinhalbstundige Live-Sitzungen, in denen sich ca. 20 Teilnehmer aus Deutschland und zwei weiteren europaischen Landern von unterschiedlichen Standorten aus in das Internet einwahlten und sich auf einer Lernplattform zu fest vereinbarten Terminen in regelmaBigen Abstanden von 1-2 Wochen im virtuellen Seminar trafen. In den Live-Lektionen fand das eigentliche, durch den Kursleiter koordinierte Lerngeschehen statt. Die Lernplattform ermoglichte - uber an alle Teilnehmer ausgeteilte Headsets - synchrone verbale Kommunikation, d.h. je- weils nur eine Person konnte zu einem Zeitpunkt sprechen und gehort werden. Die Sprechrechte wurden situativ durch den Kursleiter der Reihe nach an dieje- nigen vergeben, die sich jeweils zuvor gemeldet (= virtuell die Hand gehoben) hatten. Die Lernplattform gestattete zudem u.a. die Presentation von Kursmateri- alien durch den Seminarleiter und - nach entsprechender Rechtevergabe durch den Kursleiter - auch durch die Kursteilnehmer uber eine virtuelle Tafel (White­board). Alle verfugbaren Presentations- sowie Kommunikations- und Kollaborati- onsmoglichkeiten sollten von den Kursteilnehmern in einer Reihe von virtuellen Gruppenarbeiten, die neben den Live-Sitzungen den Hauptbestandteil des Semi­nars bildeten, an den Tagen zwischen den Live-Lektionen in Eigenregie durch die Lernenden erlernt und eingeubt werden. Neben elektronischen Meetings (= virtuellen Live-Meetings) im Rahmen der Gruppenarbeiten konnten an den Ta­gen, an denen keine Live-Sitzungen stattfanden, auf einer zweiten Plattform vor- konfigurierte virtuelle Foren zur Ablage gemeinsamer Dokumente, unterschiedliche Dienste der Lernplattform wie Mailing, Mailing mit dem Tutor und Chat, zahlreiche elektronische Materialien zum Selbststudium und sonstige Funktionen verwendet werden. Das gesamte Lernpensum wurde, untergliedert in Pflichtteile und optionale Teile, im Vorfeld des Seminars bekanntgegeben (s. den Lernpfad in Anhang A). Die Live-Lektionen wurden neben einer kurzen Einfuh- rung in das Kursthema, der Erleuterung der Grundstruktur des Kurses und dem regelme&igen Erinnern des Lernstandes nahezu ausschlieBlich zur Gruppenbil- dung fur die Gruppenarbeiten und zur Besprechung allgemeiner Probleme ver- wendet.

AbschlieBend wurde der [e-Moderationskurs] mittels einer Fragebogenumfrage unter Berucksichtigung aller als Kursteilnehmer zur Verfugung stehenden Kurs- materialien und Lernresultate von mir evaluiert. Der Fragebogen, der zur Schlussbefragung der Kurzevaluation verwendet wurde, befindet sich in Anhang B, die dem Kunden gelieferte Kurzevaluation, die im folgenden auch als „Frage- bogenauswertung", „ursprungliche Evaluation" oder „Ausgangsevaluation" be- zeichnet wird, in Anhang C.

Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist, im Rahmen der Evaluation der Kurzeva­luation auf den Stellenwert der Kurzevaluation zu reflektieren, sie im nachhinein besser methodisch zu fundieren und Alternativen zum Bestehenden aufzuzeigen. Hierzu wurde insbesondere der methodische Teil der ursprunglichen Evaluation ausgearbeitet und theoretisch abgesichert. Auf die im Kurs [e-Moderationskurs] verwendeten Lehr- und Lernmaterialien und auf die Lernleistungen der Kursteil­nehmer wird in der vorliegenden Arbeit nur so weit eingegangen, wie es zur Be- wertung des gewehlten Evaluationsverfahrens und zum Verstendnis des Gesamtzusammenhangs erforderlich ist. In die vorliegende Seminararbeit flie- Ben, wie schon in die ursprungliche Evaluation, eigene Seminarerfahrungen und alle mir zuganglichen Kursmaterialien (Lehrmaterialien, Lernleistungen etc.) des [e-Moderationskurs]-Trainings als zusatzliche Informationen mit ein.

Die vorliegende Arbeit kann als praxisgestutzter Leitfaden fur Personen dienen, die in der Erwachsenenbildung selbst Kurse evaluieren und durchfuhren oder Metaevaluationen im Bereich der Aus- und Weiterbildung durch e-Learning erstellen. Zudem kann diese Untersuchung Lernenden Aufschluss daruber ge- ben, auf welche Qualitatsmerkmale und Probleme bei der Konzeption und Durch- fuhrung von e-Learning-Seminaren allgemein zu achten ist.

1 Ziele und Schwerpunkte der vorliegenden Meta-evaluation

Vom Auftraggeber erhielt ich als Vorgabe fur die Kurz- bzw. Ausgangsevaluation (s. Anhang C) einen Fragebogen und eine Kurzevaluation aus dem vorherigen Kursdurchlauf (beides hier nicht mitgeliefert) mit dem Auftrag, eine Evaluation fur den neu startenden Kurs durchzufuhren. Beiden Dokumenten war implizit zu ent- nehmen, dass fur den Auftraggeber in der Evaluation zum vorigen Kurs schwer- punktmaBig folgende Aspekte von besonderer Bedeutung waren:

- Beurteilung der Qualitat und Angemessenheit der allgemeinen Ziele und Wochenziele
- Beurteilung der Koharenz zwischen dem tatsachlich Gelernten und den Kurszielen
- Beurteilung des Kursinhaltes und der Qualitat der Lernmaterialien
- Beurteilung der im Kurs verwendeten Methoden
- Beurteilung der verwendeten Medien
- Beurteilung der Eignung der im Seminar praktizierten Form des virtuellen Lernens zum Lernen der Moderation von Kursen in virtuellen interaktiven Lernszenarien (= e-Moderation)?

Um eine moglichst grobe Vergleichbarkeit der von den Auftraggebern im Rah- men des vorigen Kursdurchlaufs erstellten Kurzevaluation mit der von mir zu erstellenden Kurzevaluation (s. Anhang C) zu gewahrleisten, habe ich die oben- genannten Aspekte auch in meinem - gegenuber dem Ausgangsfragebogen stark erweiterten und uberarbeiteten - Fragebogen (s. Anhang B) sowie in der Kurzevaluation (s. Anhang C) und der vorliegenden Untersuchung zu den zentra- len Fragestellungen gemacht.

In der vorliegenden Arbeit geht es darum, methodisch fundierter als in der Aus-gangsevaluation (s. Anhang C) das im Seminar [e-Moderationskurs] Erreichbare und nicht Erreichbare sowie das tatsachlich Erreichte und Nicht-Erreichte aufzu- zeigen. Dabei wird insbesondere auf inhaltliche und methodische Problemstellen des Kurses [e-Moderationskurs] und auf methodische Probleme bei der Erstel- lung der Kurzvaluation reflektiert. Ziel ist, die bestehende Kurskonzeption abzusi- chern und ggf. zusatzliche Optimierungsvorschlage fur Folgeseminare abzulei- ten. Die Ableitung von Verbesserungsmoglichkeiten an einzelnen Stellen des Kurses [e-Moderationskurs] spielt hingegen nach wie vor keine Rolle.

2 Methodik

In diesem Kapitel wird dargestellt, welche methodischen Voraussetzungen der vorliegenden Metaevaluation zugrunde liegen. Dies betrifft zum einen, als forma- lem Rahmen, die Evaluationsmethode (s. Kap.2.1.1 und Kap. 2.1.2) und zum anderen, fur die Analyse des im Kurs [e-Moderationskurs] Erreichbaren, die zugrundeliegende Lemtheorie, die die Aussagen zum Kompetenzerwerb fur die [e-Moderationskurs] wissenschaftlich fundiert (s. Kap. 2.2) und uberhaupt erst eine theoretische Gewichtung der jeweiligen Annahmen und somit Evaluation ermoglicht. (SCHLOTFELDT 1997-2001,2) 2.1 Evaluationsmethodik 2.1.1 Was ist Evaluation?

Da die Herkunft des Begriffs ..Evaluation" unsicher ist und der Begriff in den ver- schiedenen Lebensbereichen ganz unterschiedlich verwendet wird (JELITTO 2000, 3; s. unterschiedliche Ableitungen und zahlreiche Definitionen unter http://www.evaluieren.de/evaluat.ion/defini.htm), liegt dieser Arbeit die sehr weite, alle Spezialbedeutungen unfassende Definition von BAUMGARTNER zugrunde, nach der unter Evaluation „alle Aktivitaten und/oder Ergebnisse zu verstehen [sind], die die Bedeutung, Verwendbar- keit, (Geld-) Wert, Wichtigkeit, ZweckmaUigkeit, [...] einer Sache beurteilen bzw. bewerten. Nur dieses weit gefaUte Verstandnis von Evaluation kann sowohl die Charakteristika beson- derer Evaluationsfelder berucksichtigen als auch einen adaquaten Beitrag zur Theoriebil- dung leisten." (BAUMGARTNER 1999, 71; zit. aus: JELITTO 2000, 3; s. http://www.evaluie- ren.de/evaluat.ion/defini.htm)

Nach JELITTO werden die Begriffe .judgement" und .assessment" (Beurteilung, bewertende Analyse, Bewertung), experience utilization (Erfahrungsauswertung), achievement test (Leistungsvergleich), test (Test), quality measurement, quality securing, quality judgement, quality control (Qualitatsmessung, Qualitatssiche- rung, Qualitatsbeurteilung, Qualitatskontrolle), determination of the value (Wert- bestimmung) oftmals synonym oder - mit Bedeutungsverschiebungen und unterschiedlichen Konnotationen - partiell synonym zum Begriff ..Evaluation" ver- wendet. (JELITTO 2000, 3; vgl. http://www.evaluieren.de/evaluat.ion/definiti.htm#- synonyme)

Evaluationen konnen zur Bewertung, als Planungshilfe und zur Optimierung ein- gesetzt werden. (JELITTO 2001, 3) In unterschiedlichen Phasen eines Projektes konnen verschiedene Evaluationsphasen durchlaufen werden, z.B. (1) Status- Quo-Evaluation (Ziel: Verschaffung eines Uberblicks uber vorhandenes Material und Wissen), (2) Analog-komparative Evaluation (= Analyse vergleichbarer Soft-ware, auch aus anderen Bereichen, mit dem Ziel des Herausarbeitens brauchba- rer Eigenschaften), (3) Front-End-Evaluation (Absatzmarktprufung mit Methoden der Marktforschung, Literaturauswertung hinsichtlich des theoretischen Hinter- grundes des Lernens mit neuen Medien, Zielentwicklung, Wahl der zugrundelie- genden Lerntheorie etc.), (4) formative Evaluation (s. Kap. 2.1.2), (5) Remedial Evaluation (= Prototype Testing vor Ort), (6) summative Evaluation (s. Kap. 2.1.2), (7) Folge-Evaluation (s. Kap. 7) , (8) fortlaufende Evaluation (= Suchen von Verbesserungsmoglichkeiten fur die jeweils nachste Nutzung der entwickel- ten Software bzw. des entwickelten Kurses durch fortlaufende Beobachtungen) und (9) zeitunabhangige Evaluation (= Evaluation einer Software bzw. eines Kur¬ses durch andere Personen zu beliebigen Zeitpunkten) (vgl. JELITTO 2002, 3 und 5).

Evaluationsbestrebungen sind in der Regel politisch oder wirtschaftlich motiviert. Sie dienten in der Vergangenheit u.a. der Reformierung des Bildungswesens, des Stadtebaus, des Gesundheitswesens, des Sozialwesens und der Arbeits- welt. (LUBBERT 1999, 2 f.) Einen Uberblick uber gangige Evaluationsmodelle im Bereich hypermedialer Lernsysteme geben [REISCHMANN 2003], [FRICKE 1997, 407 ff.], [JELITTO 2001, 3 ff.; http://www.evaluieren.de/evaluat.ion/methoden.htm], [SCHLOTFELDT 1997-2001], [ABELS/DIECKMANN/KOSTER/SCHNEIDER 1999, 3 ff.], [JELITTO 1998-2003], [BLOCK 2003, 2 f.], [LUBBERT 1999] und [BLUMSTENGEL 2003].

2.1.2 Dem Kurs zugrundeliegende Evaluationsmethoden

Die vorliegenden Ausfuhrungen zur Evaluationsmethodik basieren hauptsachlich auf BLUMSTENGEL, die bei der Evaluation von hypermedialen Lernsystemen in

Anlehnung an [REINMANN/MANDEL/PRENZEL 1994, 82 ff.] drei Phasen unterschei- det, auf die ich im folgenden in diesem Kapitel naher eingehe:

- (1) Evaluationsplanung (Vorbereitungphase),
- (2) formative Evaluation und
- (3) summative Evaluation.

Das Gesamtziel von Evaluationen im Bildungsbereich ist in der Regel die Beant- wortung der Frage, ob und ggf. auf welcher Ebene Lernen und Lehren verbessert wird. Mogliche Nutzenkatego- rien sind beispielsweise der Umfang bzw. die Nachhaltigkeit erworbenen Wissens, die Lern- geschwindigkeit oder die Motivation der Lernenden. Diese konnen dann den entstandenen Kosten gegenubergestellt werden. EvaluationsmaUnahmen dienen so der Qualitatssiche- rung“ hypermedialer Lernsysteme. (BLUMSTENGEL 1998, 1)

(1) Jede Evaluationsplanung umfasst eine Bedarfsanalyse sowie die Festlegung grundlegender Lernziele und messbarer Erfolgskriterien. Die Lernziele, die fur den Kurs [e-Moderationskurs] verbindlich waren, habe ich dem Lernpfad des Kurses (s. Anhang A) entnommen und in Kap. 3 zusammengefasst. Sie sind un- konkret und vage. Die Ziele der vorliegenden Evaluation sind in Kap. 1 dieser Arbeit dargestellt. Sie wurden von mir in dieser Ausrichtung frei gewahlt. Auf den Bedarf der Teilnehmer, der zu Beginn des Kurses von den Kursleitern im Rah- men einer Bedarfsanalyse mundlich und schriftlich (s. Anhang E, Blatt 2) ermittelt wurde, wurde im Verlauf des Kurses [e-Moderationskurs] nicht eingegangen. Daruber hinaus wurden keine Erfolgskriterien festgelegt.

(2) Formative Evaluationen dienen der Beurteilung und ggf. schrittweisen Ver- besserung der jeweiligen MaUnahme mit dem Ziel der Beseitigung von Schwach- stellen. Sie werden in der Regel vorab durchgefuhrt oder begleiten die Entwicklung von Systemen. Dadurch kann das Risiko eines totalen Misserfolgs eines Gesamtsystems (z.B. einer Hard- oder Softwarelosung) oder einer Bil- dungsmaUnahme eingeschrankt werden. Formative Analysen konnen, wie im vorliegenden Fall, auch ex ante, also nach Beendigung der SchulungsmaUnah- me, vorgenommen werden, indem das Lernarrangement erst zum Schluss auf seine didaktischen Qualitaten hin analysiert wird, um Verbesserungen fur Folge- kurse zu erreichen. Formative Analysen zeigen auf, nach welchen Kriterien ein Produkt gepruft wird. (REISCHMANN 2003, 80) Im Falle des Kurses [e- Moderationskurs] sind diese Kriterien die in Kap. 1 genannten Evaluationsziele.

Formative Evaluation umfasst sowohl Qualitatsanalyse als auch Wirkungsanaly- se. (BLUMSTENGEL 1998, 2) Qualitatsanalysen konnen bei der Evaluation von Lernprogrammen z.B. die Ergonomie und Programmoberflachen (Benutzer- freundlichkeit, Ubersichtlichkeit, Navigationskonzepte etc.), den Inhalt (Verstand- lichkeit, Vollstandigkeit, Relevanz fur das Erreichen der Lernziele etc.) oder die didaktische Gestaltung (curriculare Einbindung, padagogisches Design, z.B. Feedbackformen, Hilfestellungen und Fragetechniken, Gestaltungstechniken etc.) zum Gegenstand haben (ebenda).

Im Rahmen von formativen Evaluationen vorgenommene Wirkungsanalysen fin- den in der Regel z.B. mittels Fallstudien oder Einzelbefragungen statt. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf der Beobachtung des Lernprozesses (ebenda).

In der vorliegenden Analyse wurde der gesamte Verlauf der Schulung, in der die Seminarteilnehmer haufig zur Reflexion und zum schriftlichen Festhalten von Reflexionsprozessen in den virtuellen Foren und zum Fuhren eines personlichen Lern-Dokumentationsbuchs aufgefordert wurden, von mir beobachtet. Da zudem das gesamte virtuelle Seminar, d.h. alle Live-Lektionen, aufgezeichnet wurde und mittels Downloads frei verfugbar war, hatten auch die Reaktionen der Teilnehmer in den Live-Lektionen im nachhinein noch genauer von mir ausgewertet werden konnen.

(3) Im Rahmen der summativen Evaluation wird die gesamte MaBnahme ab- schlieBend auf ihre padagogische Effizienz hin beurteilt. Die Effizienz wird an den jeweiligen Zielstellungen der MaBnahme gemessen. "Anhand von Ziel- und Qua- litatskriterien, auf der Grundlage von moglichst objektiven und quantitativen Da- ten, durch wissenschaftlich fundierte und vergleichende Untersuchungen soll letztendlich das Ergebnis, der Erfolg oder der Nutzen von MaBnahmen bewertet werden." (JONS 1992, 280 f.; zit. aus: BLUMSTENGEL 1998, 2) In der Wirkungsana- lyse summativer Evaluationen liegt der Schwerpunkt auf dem Treffen primar quantitativer Aussagen, z.B. in abschlieBenden Produktbewertungen durch Verbraucherschutzorganisationen (vgl. SCHLOTFELDT 1997-2001, 5). Summative Evaluationen mussen, um wissenschaftlich zu sein, mit reprasentativen Stichpro- ben oder mit einer hinreichend groBen Gesamtzielgruppe durchgefuhrt werden. (BLUMSTENGEL 1998, 3).

Schlussfolgerungen: In der vorliegenden Analyse werden hauptsachlich analy- tisch auf der Basis der Operativen Lerntheorie (s. Kap. 2.2) wissenschaftlich fun- dierte Aussagen daruber gemacht, ob anhand der Kursvorgaben im Kurs [e- Moderationskurs] diejenigen Kompetenzen erworben werden konnen, die gemafc der gegebenen Lernziele gelernt werden sollen. Neben der Operativen Lerntheo- rie als Methode sind auch die Untersuchungsziele und -hypothesen der vorlie- genden Metaevaluation klar gegeben (s. Kap. 1). Dieser Teil der Evaluation, in dem das Lernbare untersucht wird, ist formativ, weil analytische Produktverbes- serungen zu jedem Zeitpunkt vorgenommen werden konnen. Am sinnvollsten ware es gewesen, die Kompetenzanalyse ganz zu Beginn der Kursentwicklung durchzufuhren, weil dann bereits in diesem Kursdurchlauf genau definierte Er- folgskriterien zur Verfugung gestanden hatten. Da im vorliegenden Fall im analy- tischen Teil Kompetenzen analysiert werden und Kompetenzen Prozesse darstellen, ist dieser Teil der Evaluation zugleich auch prozessual. Entsprechend kann diese Evaluationsphase auch als Prozess-Evaluation bezeichnet werden: „Process evaluation means analyzing a process (like leading a course)". (JELITTO 2000, 3) Untersucht werden in diesem Fall allerdings innere, neuropsychische Prozesse (s. Kap. 2.2.1).

Die ex post-Uberprufung des tatsachlich Gelernten mittels Fragebogenanalyse und Auswertung der Lernergebnisse ist demgegenuber summativ. Die summati- ve Evaluation, die hier der Ermittlung des tatsachlich Gelernten dient, ist in der vorliegenden Arbeit gegenuber der formativen Analyse, hier: der Uberprufung des Lernbaren, nachrangig. Sie dient lediglich dazu, die Validitat der wichtigsten Aussagen der formalen Analyse zu stutzen. Diese Schwerpunktsetzung liegt vor allem darin begrundet, dass aufgrund der niedrigen Teilnehmerzahl keine statis- tisch signifikanten Daten erhoben werden konnten. Es ist also nicht Ziel dieser Arbeit, die analytischen Aussagen der formativ-prozessualen Analyse auf empiri- schem Weg wissenschaftlich zu uberprufen.

2.2 Operative Lerntheorie

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die Kompetenz der e-Moderation im Rahmen des im [e-Moderationskurs] gegebenen Lernarrangements erworben werden kann, erfordert eine prazise Definition der Begriffe „Lernen" und „Kompe- tenz". Diese Begriffe werden im folgenden auf der Grundlage der Operativen Lerntheorie GRZESIKS (s. GRZESIK 2002) erlautert. Zuvor wird begrundet, weshalb sich gerade die Operative Lerntheorie als methodische Fundament der Analyse des im [e-Moderationskurs] Lernbaren eignet.

2.2.1 Die Operative Lerntheorie als Methode

Die Operative Lerntheorie GRZESIKS eignet sich aus folgenden Grunden beson- ders gut als Grundlage fur die in dieser Studie durchgefuhrte Analyse des im Kurs [e-Moderationskurs] Lernbaren (vgl. GRZESIK 2002, 535-539):

- Die Operative Lerntheorie stellt einen praxisnahen Ansatz zur Beschrei- bung aller Arten von Lernprozessen dar und eignet sich dadurch in be- sonderem MaBe als theoretisches Fundament fur die Beschreibung derjenigen Lernprozesse, die beim Lernen im Kurs [e-Moderationskurs] stattfinden sollen und tatsachlich stattfinden.
- Es gibt bislang noch keine Untersuchungen zum Erwerb von-Moderator- Kompetenz, die unmittelbar an den aktuellen Forschungsstand im Bereich der Neurobiologie und der Psychologie anschlieBt. Die Operative Lern-theorie ermoglicht es erstmals, auch den Grundmechanismus des Er- werbs von [e-Moderationskurs]-Kompetenz systemisch auf der Basis des Zusammenwirkens aller zentralen Hauptfunktionen des menschlichen Gehirns zu verstehen (vgl. GRZESIK 2002) und den Erwerb von e- Modarator-Kompetenz als das Stattfinden spezifischer neuropsychischer Prozesse zu bestimmen.
- In der Operativen Lerntheorie werden neuronale und psychische Prozes¬se untersucht, die auf empirischem Weg wissenschaftlich uberprufbar sind. Diese Prozesse konnen sowohl mit Hilfe biologischer als auch psy- chologischer Termini beschrieben werden, da diese beiden Betrach- tungsebenen simultan miteinander korrelieren: wahrend der Psychologie „nur das auBere Verhalten als intersubjektiv beobachtbare Erkenntnis- quelle zur Verfugung" steht, eroffnet die Neurobiologie einen „Zugang zu der materiellen neuronalen Realitat" auf der morphologischen, physikali- schen und chemischen Ebene, der die „psychischen Konstrukte zugeord- net werden konnen". (GRZESIK 2002, 393) Ich ubernehme fur die vorliegende Untersuchung diesen „methodischen Dualismus" GRZESIKS (GRZESIK 2002, 388), da er es ermoglicht, den Kompetenzerwerb so zu
beschreiben, dass sich der Erklarungswert der neurobiologischen und der psychologischen Befunde nicht nur gegenseitig stutzt, sondern durch Komplementaritat und Strukturaquivalenzen zwischen den Befunden fur neuronale und psychische Prozesse sogar „betrachtlich erweiter[t]“. (GRZESIK 2002, 393 f.)
- Gegenstand der Operativen Lerntheorie sind Lernprozesse als tatsachlich auftretende, empirisch-wissenschaftlich uberprufbare neuronale und psy-chische Veranderungen. So erfullt die Operative Lerntheorie alle Voraus- setzungen der Wissenschaftlichkeit. sie ist eine „elaborierte Theorie von der Genese des Menschen nach den EntwicklungsgesetzmaRigkeiten des [neurologischen und - d. Verf.] psychischen Systems" (GRZESIK 1998, 243), deren Wissenschaftlichkeit durch Objektivitat (= intersubjekti- ve Uberprufbarkeit), Reliabilitat (= Wiederholbarkeit der Resultate) und Validitat (= Vergleichbarkeit der Ergebnisse bei Anwendung unterschiedli- cher Methoden auf dasselbe Phanomen) gewahrleistet ist. (GRZESIK 2002, 389)
- Die Operative Lerntheorie integriert alle Teiltheorien des Lernens, ohne deren Reduktionismus zu teilen. Sie ist selbst insofern eine Teiltheorie des Lernens, als die Integration von Befunden aus der Neurologie und Psychologie nur einen Teilaspekt vom Gesamtbereich des menschlichen Lernens erfasst. (GRZESIK 2002, 386) Da innerhalb dieses gegebenen Rahmens alle Arten neuropsychischer Prozesse beschrieben werden konnen, ist die Operative Lerntheorie in bezug auf die Darstellung von Lernprozessen innerhalb des neuropsychischen Gesamtzusammenhangs des Lernens und somit auch hinsichtlich der Teilkompetenzen, die als Voraussetzung fur [e-Moderationskurs]-Kompetenz notwendig erworben werden mussen (deren genaue Analyse jedoch einer anderen Arbeit vor- behalten bleiben muss), nicht reduktionistisch.
- Die Operative Lerntheorie ist prinzipiell fur wissenschaftliche Weiterent- wicklungen offen.

[...]

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Details

Titel
Evaluation der Evaluation von Train-the-Trainer-e-Learning-Seminaren auf der Basis der Operativen Lerntheorie am Beispiel des Kurses [e-Moderationskurs]
Hochschule
Universität zu Köln  (Pädagogisches Seminar)
Veranstaltung
Oberseminar Pädagogische Psychologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
60
Katalognummer
V30331
ISBN (eBook)
9783638316149
ISBN (Buch)
9783656068860
Dateigröße
571 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der vorliegenden Studie wird eine Kurzevaluation evaluiert, die von mir 2003 für eine Firma zu dem (anonymisierten) Train the Trainer-e-Learning-Seminar "e-Moderationskurs" angefertigt wurde. In diesem Kurs ging es um die Ausbildung von Moderatoren für e-Learning-Kurse. Die Oberseminararbeit zeigt, wie Metaevaluationen im e-Learningbereich kompetenzorientiert auf der Basis des didaktischen Konstruktivismus und der Operativen Lerntheorie nach Grzesik durchgeführt werden können.
Schlagworte
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Arbeit zitieren
Ilona Hündgen (Autor:in), 2003, Evaluation der Evaluation von Train-the-Trainer-e-Learning-Seminaren auf der Basis der Operativen Lerntheorie am Beispiel des Kurses [e-Moderationskurs], München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30331

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