Gerichtsinterne Mediation. Möglichkeiten und Grenzen des Tätigwerdens des Richters als Mediator und des Mediators als Richter im Zivilprozess


Examensarbeit, 2012

49 Seiten, Note: 8,5


Leseprobe


Inhalt

A. )Einleitung:

B. )Begriffsklärung:
I. ) Der Richter:
II. )Mediation und Mediator:
1. ) Die Mediation:
2. ) Der Mediator:

C. )Die rechtlichen Rahmenbedingungen:
I. )Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des gesetzlichen Richters:
1. ) Art. 92 GG Rechtsprechende Gewalt:
2. ) Regelungen des Deutschen Richtergesetzes:
3. ) Ergebnis:

D. ) Die Einbindung der gerichtsinternen Mediation in die Zivilgerichtsbarkeit:
I. ) Verfahrensvoraussetzungen:
1. ) Im Regelfall:
2. ) gerichtsnahe bzw. gerichtsinterne Mediation:

E. ) Die Prozessmaximen:
I. ) Die Dispositionsmaxime:
II. ) Der Beibringungsgrundsatz:
III. ) Der Grundsatz der Mündlichkeit:
IV. ) Der Grundsatz der Unmittelbarkeit:
V. ) Der Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens:
VI. ) Rechtliches Gehör:
1. ) Informationsrecht:
2. ) Äußerungsrecht:
3. ) Berücksichtigungspflichten:
4. )Einbindung der Rechte und Pflichten:
VII. ) Beschleunigungsgrundsatz:
Vili.) Fazit:
IX.) Einzelfragen durch Ausstrahlung der Prozessmaximen:
1. ) Vertraulichkeit:
a.) Protokollierungspflicht
2. ) Ergebnis:

F. )Die Durchführung der gerichtsinternen Mediation:
I.) Rechtsnatur des erzielten Ergebnisses:

G. )Weiche Faktoren in der gerichtsinternen Mediation:
I. ) Personelle Faktoren:
1. ) Ausbildung der Richtermediatoren:
2. ) Auftreten der Richtermediatoren:
3. )§3 MediationsG-E - Tätigkeitsbeschränkungen:
II. ) Strukturelle Faktoren:
1. ) Umgebung:
2. ) Der Zeitrahmen:
3. ) Auswahl der Fälle:

H. ) Zusammenfassung:
I. )Grundsätzliche Anmerkungen:
II. ) konkrete Fragestellungen:
1. )Richterliche Tätigkeit:
2. ) Verfahrensleitsätze:
3. )Vertraulichkeit:
4. ) Weiche Faktoren:
III. )Gesamtergebnis:

Literaturverzeichnis:

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Musielak, Hans-Joachim: GrundkursZP O; München,10.Auflage,2010.

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Musielak, Hans-Joachim: ZPO-Kommentar; München, 9.Auflage, 2012.

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zitiert als: Zuck in NJW 2005.

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. )Einleitung:

Seitdem im Jahr 2002 in Niedersachsen m it dem sog. Gotting er Modellder bundesweit erste Modellv ersuch zur geri chtsinternen Mediation gestartet wurde[1],ist die Anzahl ähnlicher Projekte in den übrigen Bundesländern im Laufe der darauffolgenden Jahre stetig gewachsen, sodassbisherinfastjedem Bundesland[2] einderart gearteter Modellversuch stattgefunden hat.

Die Gründe dafür, warum die Mediation in verhältnismäßig kurzer Zeit eine solche Bedeutung innerhalb der Dritten Gewalt gewonnen hat, sind vielfältiger Art. Zum einen haben sich die politisch verantwortlichen Personen erhofft , durch die, vergleichsweise ungewöhnliche[3], Etablierung der Mediation als staatlich angebotenes konsensuales Verf ahren die Rechtsprechung zu entlasten[4], und dem auch in diesem Bereich stärker gewordenen Druck ökonomisch sinnvoll zu agie ren zu begegnen, zum anderen um die Mediation gegenüber dem Bürgerbekannter zu m achen[5] [6], und somit auch die außergerichtliche Mediation zu stärken[7].

Obwohl die Etablierung der geri chtsinternen Mediation in den letzten Jahren durch verschiedene Institutionen gefördert wurde, so z.B. durchdieimJahr2008vom europäischenGesetzgeber erlassene Richtlinie 2008/52/EG[8], sind aus verschiedenen Gründen zentrale Fragen, welche die konkrete Anwendung der gerichtsinternen Mediation, betr effen, im wissenschaftlichen und politischen Diskurs weitgehend unbeantwortet geblieben.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, welche Möglichkeiten die gerichtsinte rne Mediation, im Rahmen der existierenden und der durch den Bundesgesetzgeber angestrebten Rechtslage, den beteiligten Rieh tem[9] bietet und welche Grenzen den Richtermediatoren Mediation anhand der norm ativen gegenwärtigen und zu erwarte nden Regelungen auferlegt sind. Nach der Untersuchun g dieser ,,h arten“ Fakten soll auß erdem darauf eingegangen werden, inwieweit Um stände; wie Mediationsausbildung, ministerielle Ziel- und Zeitvorgaben, räumliche Bedingungen usw. es den Richterm ediatoren überhaupt ermöglichen, die an sie gest ellten hohen Anforderungen zu erfüllen.

B. )Begriffsklärung:

Zu Beginn soll kurz dargelegt werden, was unter den Begriffen Richter, Mediation und Mediator zu verstehen ist, also was die wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Funktionen ist.

I. ) Der Richter:

Grundsätzlich muss begrifflich unterschieden werden zwischen den ehrenamtlichen Richtern und den Berufsrich tern, § 1 DRiG. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den Richterm ediatoren um Berufsrichter handelt, soll im Verlauf der Arbeit auch nur auf diese eingegangen werden.

Zu Beginn kann festgestellt werden , dass der Begriff des Richters nicht gesetzlich geregelt ist. Allerdings hat de r Gesetzgeber im Grundgesetz einige W esensmerkmale des Richteram tes geregelt, Art. 97, 98 GG[10]. Demnach sind die Berufsrichter persönlich und sachlich unabhängig[11], dies bedeutet, dass die Richter nur an das Gesetz gebunden sind, und an keinerlei Einflussnahmen und Weisungen von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter gebunden sind[12].

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass R ichter persönlich und sachlich unabhäng ige Personen sind, deren vom Staat übertragene Kernaufgabe es ist, anhand der bestehenden Rechtsnormen[13], über, in Form von Rechtsstreitigkeiten, auftretende Konflikte zu entscheiden[14].

II.)Mediation und Mediator:

Nachdem der Begriff des Richters geklärt w orden ist, soll nun nachfolgend auch das Begriffs paar Mediation und Mediator erläutert werden.

1.) Die Mediation:

Eine allgemeingültige Definition des Begr iffes „Mediation“ ist nicht vorhanden. Dem Grunde nach kann Mediation als strukturiertes konsensuales Konfliktbearbeitungsverfahren bezeichnet werden, bei dem der Mediator die Rolle des Vermittlers einnimmt, und die Konfliktparteien bei der Problem bearbeitung unterstützt[15].Im Rahmen des Um setzungsverfahrens der Mediationsrichtlinie ins nationale Recht wurde die vom europäischen Gesetzgeber in Art. 3 a RL 2008/52/EG verwendete Erklärung, durch den nationa len Gesetzgeber verändert. Nach § 1 Abs. 1S.1 MediationsG-E der Entwürfe des Bundesjustizministeriums[16] und der Bundesregierung[17] ist die Mediation einvertraulichesVerfahren,beidemParteienm it der Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben. Darüberhinaus besteht Einigkeit darüber, dass zu den wesentlichen Elementen der Mediation auch bestimm te, in den Entwürfen teilweise nicht genannte, Verfahrensprinzipien gehören.

2. ) Der Mediator:

Der Mediator ist derMittler zwischen denKonf liktparteien. Der Begriff Mediator ist gegenwär tig nicht rechtlich geschützt, allerdings lassen sich in einigen Berufsordnungen Regelungen dazu finden[18].In den Gesetzesentwürfen wird der Mediator in§l Abs. 2MediationsG-E als unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis beschrieben, welche die Aufgabe hat, die Parteien durch die Mediation zu führen.

C. )Die rechtlichen Rahmenbedingungen:

Um im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu klären, innerhalb welcher Möglichkeiten und G renzen der Richtermediator bei einer zivilprozessualen gerichtsinternen Mediation tätig werden kann, muss zuerst auf die grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen eingegangen werden. Diese ergeben sich aus dem Deutschen Richtergesetz und der Zivilprozessordnung. Aufgrund dervölkerrechtl ichen Verpflichtungdes Bundesgesetzgebers die „EU-Richtlinie über bestimm te Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen“ um zusetzen und der damit einhergehenden Änderungen in denjeweiligen Prozessordnungen, soll nachfolgend auch auf die Auswirkungen dieser Änderungen eingegangen werden.

I.)Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden des gesetzlichen Richters:

Zunächst einmal soll an dieser Stelle erläutert werden, inwiefern es die Rechtsordnung es den Richtern ge stattet, als Richtermediatoren aufzutreten und zu handeln. Zu diesem Zweck m uss geklärt werden, was unter dem in Ar t. 92 GG bez eichneten Begriff „rechtsprechende Gewalt“ zu ve rstehen ist, denn davon ist es abhängig, ob die gerichtsinternen Mediation als richterliche Rechtsprechung im Sinne von Art. 92 GG und § 4 DR iG zu verstehen ist.

1.) Art. 92 GG Rechtsprechende Gewalt:

Gemäß Art. 92 GG ist den gesetzlichen Richtern die Wahrnehmung der Rechtsprechenden Gewalt anvertraut. Daher ist fraglich, ob die Tätigkeit des Richters als Richtermediator auch als W ahrnehmung der Rechtsprechenden Gewalt zu verstehen ist. Der Begrif f „Rechtsprechende Gewalt“ ist m ehrdeutig zu verstehen, daher ist dies näher zu erläutern.

a. ) im formellen Sinn:

Rechtsprechung im formellen Sinn bedeutet, die Ausübung der hoheitlichen Befugnisse, welche den Richtern durch das Grundgesetz zugewiesen wurde[19]. Das Grundgesetz und die das Zivilverfahren maßgeblich bestimmende Zivilprozessordnung beinhalten keine Norm en, die den Richtern eindeutig die Möglichkeit einräumen, mediativ tätig zu werden.

Gleichzeitig bedeutet das Wort „Rechtsprechung“ in der Außenwahrnehmung das Vollziehen eines hoheitlichen Aktes durch den Richter, von einem hoheitlichen Akt[20] kann aber in einem Verfahren das dem Grundsatz der Freiwilligkeit, und damit auch der HerrschaftderParteienübe r dasVerfahren,einenhöheren Stellenwert einräumt, als dies die D ispositionsmaxime bereits tut, nicht ernsthaft gesprochen werden. Vor allem deshalb nicht, weil die Richtermediatoren in der Mediation nicht dazu befugt sind eine endgültige Entscheidung herbeizu führen. Insofern nehm en die Richtermediatoren keine Aufgaben der Rechtsprechu ng im formellen Sinn war.

b. ) im materiellen Sinne:

Der materielle Rechtsprechungsbegriff besagt, dass Rechtsprechung im Sinne des Grun dgesetzes dann vorliegt, wenn die Gerichte Aufgaben wahrnehm en, die ihnen einfachgesetzlich zugewiesen sind, oder um Sachen dieden Gerichten verfassungsrechtlich vorbehaltensind[21]. Esmüsste demnach eine einfachgesetzliche Regelung vorlie gen, deren Inhalt nach es den Gerichten ermöglicht, in ihrem Aufgabenbereich gerichtsinterne Mediationen anzubieten.Einesolc he Regelungistjedenfallsfür den Bereich der Zivilgericht sbarkeit nicht bekannt. Ein verfassungsrechtlicher Vorbehalt, der eine solche Aufgabe ausschließlich den staatlichen Spru chkörpern, also den Gerichten, vorschreibt, kann auch ausgeschlossen werden, da auch in einem Rechtstaat eine, das Rech t nicht berücksichtigende, einvernehmliche Konfliktbeilegung grundsätzlich einer rechtlich geprägten gerichtlichen Entscheidung vorzuziehen ist[22].

c. ) im funktionellen Sinn:

Rechtsprechung im funktionellen Sinne bedeutet, die letztverbindliche Klärung der Rechtslag e in einem Streitf all im Rahmen besondersgeregelterVerfahren[23]. DieM ediation, welche an den Gerichten durchgeführt wi rd, bemüht sich zw ar eine vorhandene Streitfrage zu klären, allerdings wird versucht dies dadurch zu erreichen, indem zwischen den Parteien ein Interessenausgleich hergestellt wird. Im Rahmen der gerichtsinternen Mediation wird dabei regelm äßig nicht auf die Rechtslage eingegangen[24]. Insofern bedeutet dies, dass die Richtermediatoren im Rahmen der Media tion kein Recht im funktionellen Sinn sprechen.

d. ) Ergebnis:

Die vorliegendenVariantendes Rechtsprechungsbegriffes sind ihrem Wesen nach nicht dazu geeignet, um die gerichtsinterne Mediation als Teil der Rechtsprechung zu qualifizieren. Die gerichtsinterne Mediation ist folglich kein Teil der Rechtsprechung und ist somit auch nicht originäre Aufgabe der Richterschaft i.S.v. Art. 92 GG.

2.) Regelungen des Deutschen Richtergesetzes:

Neben der Aufgabezuweisung durch das Grundgesetz bestehen im Rahmen des DRiG weitere, d ie Aufgaben der Berufsrich ter betreffende Regelungen.Infolgedessen ist es möglich, dass die Tätigkeit als Richterm ediator der Richterschaft aufgrund einer Sonderzuweisung aus § 4DRiG aufgetragen wird.

a. ) § 4 Abs.1I DRiG:

Nach § 4 DRiG ist es den Rich tern gestattet, weitere Aufgaben wahrzunehmen. Aus § 4 Abs. 1 DRiG geht hervor, dass es den Richtern nicht erlaubt ist, neben den Aufgaben der Rechtsprechung auch Aufgaben der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt wahrzunehmen. Die Tätigke it als Richtermediator ist keine originäre Aufgabe der Legislative bz w. der Exekutive, daher ist es grundsätzlich mit dem richterlichen Dienstrecht vereinbar, wenn ein Berufsrichter als Richtermediator agiert.

b. ) § 4 Abs.2 DRiG:

Weiterhin ist in§4 Abs. 2DRiG abschließend geregelt, in welchen Ausnahmefallen Berufsrichter dennoch tätig werden d ürfen[25]. Fraglich ist, inwieweit es m öglich erscheint, die Tätigk eit als Richtermediator insbesondere in die unter § 4 Abs. 2 Nr. 1,2 DRiG aufgeführten Aufgaben zu subsumieren. Die in§4 Abs. 2 Nr. 3-5 DRiG, scheiden allein schon au fgrund der dort genannten, eng umrissenen Tätigkeiten, als Aufgabenzuweisung für die gerichtsinterne Mediation aus.

aa.)§ 4 Abs. 2 Nr. 1Aufgaben der Gerichtsverwaltung:

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG ist es zulässig, wenn Richter Aufgaben der Gerichtsve rwaltung wahrnehmen. Zur Gerichtsverwaltung gehören di e von den Gerichten selbst wahrgenommenen Aufgaben der Am tshilfe, des Haushalts- und Kassenwesens, des Dienstrechts der Richter und der anderen Angehörigen des Gerichts[26]. Die gerichtsinteme Mediation soll als neu hinzugekommenes Betätigung sfeld auch zum Gebiet der Gerichtsverwaltung gehören[27]. Dies wird damit begründet, dass die Mediation dem Richteramt inhaltlich näher steht, als bspw. einem Referat der ni cht-richterlichen Gerichtsverwaltung[28]. Inwieweit diese Einordnung zutreffend ist, ist fraglich, da alle zuvor genannten Aufgaben den gem einsamen Zweck haben, die Voraussetzungen für den ordnungsgem äßen Betriebsablauf innerhalb der Gerichte zu schaffen[29]. Die gerichtsinterne Mediation ist für das Erreichen dieses Ziels nicht erforderlich, insofern wäre es unzutreffend diese als Gerichtsverwaltung i.S.d. § 4 Abs. 2 Nr. 1 DRiG zu kategorisieren.

Insofern stellt § 4 Abs.2 Nr. 1 DRiG keine ausreichende Legitimationsgrundlage für die T ätigkeit der Richtermediatoren dar.

bb.)§ 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG Andere Aufgaben aufgrund eines Gesetzes:

§ 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG gibt dem Gesetzgeber die Möglichkeit für die Berufsrichter weitere Ausnahmen gesetzlich zu regeln.

Um die gerich tsinterne Mediation als durch den Gesetzgeber erteilte Aufgabe wahrnehm en zu dürfen, m üssten durch den Bundes- oder Landesgesetzgeber entsprechende Regelungen erlassen worden sein[30]. TeilweisewirddieAuffassungvertreten, dass die richterliche Mediation nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG zulässig ist, da sie in eine m besonderen N äheverhältnis zur originären richterlichenAufgabe derRechtsprechung steht[31], und durch Sie der Grundsatz der Gewalte nteilung nicht verletzt wird.

Als Beispiel für eine solche Regelung kann i m folgenden §2 Abs. 2der durch den Justizsenator der Freien H ansestadt Bremen erlassenen Mediationsordnung ge lten, wobei auch diese bei strenggenommener Beachtung des W ortlautes keine ausreichend e gesetzliche Grundlage darstellt.

Insgesamt ist auch die Zuweisung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 DRiG wenig überzeugend.Letztlich scheinen auch die politischen Entscheidungsträger wenig davon zu halten, den Richtern die gerichtsinterne Mediation auf Grundlage dieser Norm spezialgesetzlich zuzuweisen, da von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit durch den Gesetzgeber, m it Ausnahme der oben genannten Norm, kein Gebrauch gemacht wurde.

c. ) Richterliche Aufgabe eigener Art:

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass eine konkrete Aufgabenzuweisung aus de m DRiG bisher nicht existent ist, und die Tätigkeit als Rich termediator gegenwärtig eine Aufgabe su i generis darstellt[32].

3. ) Ergebnis:

Im Ergebnis sprechen einige Fa kten für die zuletzt genannte Variante. Durch eine Anerkennung der gerichtsinternen Mediation als Aufgabe eigener Art, und durch Schaffung einer Rechtsgrundlage die dieser Erke nntnis in ausreichendem Maße Rechnung trägt, könnte sichergestellt werden, das tatsächlich nur die Richter sich als Mediatoren betätigen, die dazu auch bereit sind, und somit dem Grundsatz der Fr eiwilligkeit auch auf der Vermittlerseite ausreichend Beachtung findet[33].

Zudem würde durch eine dera rtige Aufgabenzuweisung die rechtliche Stellung der Richtersch aft verbessert, da dadurch die zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin bestehenden dienstrechtlichen Unsicherheiten b eseitigt werden würden. Ein weiterer Grund, der für die Neuschaffung einer solchen Norm spricht, ist, dass die Richterm ediatoren mangels einer geeigneten Aufgabezuweisung faktisch als P rivatpersonen auftreten und im Schadensfall auch als solche ha ften müssten. Durch eine klare Aufgabenzuweisung würdeje nach Ausgestaltung der Norm, der Anwendungsbereich von§ 839Abs.l,2B GB wiedereröffnet werden.

D. ) Die Einbindung der gerichtsinternen Mediation in die Zivilgerichtsbarkeit:

Im Folgenden soll erläutert we rden, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine Mediation durch einen Richtermediator geleitet werden kann.

I.) Verfahrensvoraussetzungen:

Bei denVerfahrensvoraussetzungenm uss unterschiedenw erden, um welche Art der Mediation es sich im konkreten Fall handelt.

1. ) Im Regelfall:

Für gewöhnlich ex istieren für die, im Regelfall außergerichtlich stattfindende, Mediation bis auf die bereits in den Grundprinzipien festgelegten Regelungen keine weiteren zwingend einzuhaltenden Verfahrensvoraussetzungen.

2. ) gerichtsnahe bzw. gerichtsinterne Mediation:

Anders als bei der außergerichtlichen Mediation ist es erforderlich, dass zwingende Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sind, bevor eine Mediation in Angrif f genommen werden kann. Diese Voraussetzungen ergeben sich aus der Natur der gerichtsinternen Mediation. Bevor diese im Rahmen der gegenwärtig angewandten Rechtsgrundlage durchgeführt werd en kann, ist es erforderlich, dass zumindest eine der a m Konflikt beteiligten Parteien ordnungsgemäß eine, im Rahmen der Zivilprozessordnung, zulässige Klage erhoben hat.

[...]


[1] Böttger/Hupfeld in ZKM 2004, S. 158.

[2] Sarhanin JZ 2008, S. 285.

[3] 2Hess in ZZP 2011, S. 138.

[4] Hoffmann-Riem inFS Blankenburg S. 649.

[5] Althammerin JZ 2006, S. 69.

[6] Trossen in ZRP 2012,S.23.

[7] 2Bercher/Engelin JZ 2010, S. 227.

[8] Im weiteren Verlauf auch als Mediationsrichtlinie bezeichnet.

[9] Sämtliche Personenbezeichnungen erfassen Frauen und Männer gleichermaßen; lediglich aus s prachlichen Gründen wird in dieser Arbeit allein die maskuline Form verwendet.

[10] Maurer Staatsrecht §19 Rn. 1.

[11] Maurer Staatsrecht §19 Rn. 17.

[12] Bernhard in DRiZ, 1981, S. 367 ff.

[13] Staats, DRiG-Kommentar § 25 Rdn. 8.

[14] Mohr in Pitschas/ Walther S. 182.

[15] Besemer S. 14.

[16] http://gesetzgebung,beck.de/sites/gesetzgebung,beck.de/files/RefE Mediations gesetz 20100803.pdf Zeitpunkt des letzten Zugriffs: 29.07.2012 um 11:49 Uhr.

[17] http://gesetzgebung.beck.de/sites/gesetzgebung.beck.de/files/RegE- Mediationsgesetz.pdf Zeitpunkt des letzten Zugriffs: 29.07.2012 um 11:50 Uhr.

[18] Spindler in DVBL 2008, S. 1018.

[19] Hillgruber in Maunz/Dürig, Art. 92 Rn. 33.

[20] 'Kaminski in Spektrum der Mediation 2010, S. 42.

[21] 11 Detterbeck in Sachs GG-Kommentar Art. 92 Rn. 22.

[22] BVerfG Urteil vom 13.06.2007 - 1 BvR 1351/01.

[23] BVerfG Urteil vom 05.12.2000 - 2 BvF 1/00.

[24] Prüttingin ZZP 2011, S. 166 f.

[25] Schmidt-Räntsch DRiG-Kommentar § 4 Rdn. 14.

[26] Schmidt-Räntsch DRiG-Kommentar § 4 Rdn. 16.

[27] Klose ZKM 2005, S. 147.

[28] Walther in Pitschas/Walther S.21.

[29] v. Bargen Gerichtsinterne Mediation S.261.

[30] ZPO-Kommission des DRB S.5. http://www.drb.de/cms/fileadmin/docs/rechtspolitik mediation 0911.pdf. [ZeitpunktdesZugriffs 12.06.2012 13:14Uhr].

[31] Wimmer/Wimmer inNJW 2007, S. 3244.

[32] Prütting in ZZP 2011, S. 167.

[33] Reichling in DRiZ 2010, S. 44f.

Ende der Leseprobe aus 49 Seiten

Details

Titel
Gerichtsinterne Mediation. Möglichkeiten und Grenzen des Tätigwerdens des Richters als Mediator und des Mediators als Richter im Zivilprozess
Hochschule
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Note
8,5
Autor
Jahr
2012
Seiten
49
Katalognummer
V303127
ISBN (eBook)
9783668015425
ISBN (Buch)
9783668015432
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediation, ADR, Gerichtsinterne Mediation, Gerichtliche Mediation, Zivilrecht, Zivilprozessrecht, Mediationsgesetz, Gesetzentwurd, Deutsches Richtergesetz, Verfahrensrecht, Außegerichtliche Streibeilegung, Institutionalisierung von Mediation, Verfassungsrecht
Arbeit zitieren
Michael Meißner (Autor:in), 2012, Gerichtsinterne Mediation. Möglichkeiten und Grenzen des Tätigwerdens des Richters als Mediator und des Mediators als Richter im Zivilprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303127

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