Das psychische Trauma und und die Posttraumatische Belastungsstörung. Gibt es eine Prädisposition?


Ausarbeitung, 2015

12 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Psychotraumatologie

3. Verlauf eines Psychotraumas

4. Die Posttraumatische Belastungsstörung

5. Inheritance of the effects of early trauma in mice

6. Smaller hippocampal volume predicts pathologic vulnerability to psychological trauma

7. Fazit: Gibt es eine Prädisposition für PTBS?

Literaturliste

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bereiche der Psychotraumatologie; (Hausmann 2006: 16)

Abbildung 2: Verlauf einer Traumatisierung nach (Maercker 2001), (Hausmann 2006) und (Weidringer 2006)

Abbildung 3: Wiederkehrendes Trauma nach (Rüegg 2009: 6–7)

Abbildung 4: Symptome der PTBS nach (Zimbardo, Gerrig und Graf 2004: 570; Das Erste 23.02.2011, ICD-10-GM und Gerngroß 2014)

Abbildung 5: Größe und Anzahl der micro-RNA nach (Gapp u.a. 2014)

1. Einleitung

Soldaten*innen kehren aus dem Krieg heim und manche bringen etwas mit. Ein Kind weint und schreit und klammert sich an Fremde fest – etwas begleitet es auf Schritt und Tritt. Da ist auch die Flüchtlingsfamilie, zwei Erwachsene, zwei Kinder. Alle haben Grausames erlebt, doch während die anderen scheinbar weitermachen können, ist der Sohn untypisch schreckhaft geworden. Er schläft kaum noch und gibt sich völlig gleichgültig. Sie alle haben ein Trauma erlebt, ein seelische Wunde, die sie nicht loslässt.

Das Thema Trauma und Traumatisierung ist derzeit sehr aktuell und auch in den Medien enttabuisiert worden. Gerade wie oben erwähnt, heimkehrende Soldaten*innen waren in den Medien präsent. Der Soldat Johannes Clair schrieb in seinem Buch „Vier Tage im November“ über seinen Kampfeinsatz in Afghanistan und seinen schweren Weg hin zum Eingeständnis, dass er unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Seine andauernde Todesangst begleitet ihn durch seinen Einsatz. Wie er selbst berichtet, war ihm bewusst, dass er in diesem Einsatz sterben könnte. Auch dass er auf Menschen schießen und töten muss, war ihm klar. Doch, so berichtet er, vorbereitet darauf war er dennoch nicht. Seine Gedanken kreisen noch heute ständig um seinen Einsatz, er ist schreckhaft geworden, hält sich stets verteidigungsbereit und kann seither nachts nicht mehr durchschlafen. Clair berichtet auch, wie er sich heute von der Gesellschaft im Stich gelassen fühlt. (Meyer 10. Dezember 2013)

In der Sozialen Arbeit haben wir es häufig mit Klient*innen zu tun, die ein Trauma erlebt haben und eventuell noch immer unten den Folgen leiden. Nicht nur unter Soldat*innen, sondern auch in der Flüchtlingshilfe gibt es viele Erwachsene und Kinder, die dem Krieg, Folter und Misshandlungen ausgesetzt waren, deren Leben in ständiger Gefahr war und die sich nun in der Fremde unter Fremden eingefunden haben. Sie haben Traumata erlebt. Auch Sozialarbeiter*innen in Jugendhilfeeinrichtungen werden Kindern und Jugendlichen begegnen, die Misshandlungen oder Missbrauch erlebt haben. Im Bereich der stationären Unterbringung muss man davon ausgehen, dass jedes dort lebende Kind auf die ein oder andere Weise eine traumatische Erfahrung gemacht hat. Es kann viele Gründe haben, wieso Kinder dort untergebracht werden, doch meist geht es um Kindeswohlgefährdung. Das bedeutet, dass das Kind so starken physischen und/ oder psychischen Misshandlungen ausgesetzt war – und dies meist von denjenigen, die eigentlich für den Schutz des Kindes verantwortlich sind. Dies sind stark traumatisierende Erfahrungen. Aber nicht jedes Kind, das solchen einmaligen oder andauernden Misshandlungen ausgesetzt war, entwickelt eine Belastungsstörung im klinischen Sinne. (Friedrich o.J.)

Dies gilt im Übrigen auch für alle anderen Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben. Selbst bei ähnlicher oder gar derselben Form der Traumatisierung (man denke hierbei an Naturkatastrophen oder den Terroranschlag auf das World Trade Center) entwickeln manche eine Posttraumatische Belastungsstörung im klinischen Sinne und andere nicht.

Doch wie kommt es dazu? Das Umfeld und die eigene Persönlichkeit spielen eine große Rolle, die Ressourcen, auf die der/ die Betroffene zurückgreifen kann und das soziale Umfeld. Aber gibt es auch eine Prädisposition für diese Krankheit? Mit dieser Frage beschäftigt sich diese Ausarbeitung.

Im ersten Teil werde ich die Posttraumatische Belastungsstörung als Krankheitsbild beschreiben. Hierfür ist zunächst die Entstehung eines Traumas und der Verlauf eines Psychotraumas beschrieben. Anschließend wird die Posttraumatische Belastungsstörung näher untersucht. Der zweite Teil stellt zwei Studien zur möglichen Prädisposition vor und bearbeitet die o.g. Frage, ob eine Prädisposition gegeben sein kann.

Im abschließenden Fazit sind die Ergebnisse der Studien zusammengefasst sowie ein Ausblick auf aktuelle Forschungen gegeben.

2. Die Psychotraumatologie

Um auf die Entstehung eines Psychotraumas eingehen zu können, muss nun zunächst der Begriff definiert werden. Das Psychotrauma steht in Abgrenzung zur chirurgischen Traumatologie. Der Begriff Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Wunde“. Von einem Psychotrauma spricht man also wörtlich von einer „seelischen Wunde“. „Die Begriffe Traumatisierung, traumatisches Ereignis oder Trauma werden sowohl im Alltag als auch in der Fachsprache geradezu inflationär gebraucht. Häufig werden negative und belastende Ereignisse fast automatisch und reflexhaft mit einer „traumatischen“ Erfahrung gleichgesetzt (Gerngroß 2014: 2)“. Doch nicht jedes einschneidende Ereignis, ja nicht einmal jedes lebensverändernde Ereignis ist ein Trauma. Eine Trennung oder der Verlust eines geliebten Menschen ist nicht unbedingt das Trauma. Hierbei sollte das Ereignis und das Erlebnis nicht miteinander vermischt werden (Gerngroß 2014: 2). Von einem Psychotrauma[1] ist in folgendem die Rede, wenn ein Ereignis potenziell zu einer Traumatisierung führen kann. Dagegen steht das belastende Ereignis. Ob nun zum Beispiel ein Mensch das Erleben von Gewalt als belastendes Ereignis sieht, oder eben als traumatisches Ereignis wahrnimmt, ist individuell verschieden. Wie in der Einleitung bereits beschrieben, reagiert nicht jeder Mensch gleich auf das Erlebte.

Die Psychotraumatologie befasst sich mit der „allgemeine[n] Lehre psychischen Traumafolgen (Maercker 2001: 12) (Hausmann 2006: 16)“. Die Psychotraumatologie ist in verschiedene Bereiche gegliedert. So beschäftigt sie sich im Bereich der Forschung unter anderem mit der Klassifikation und Diagnostik, sowie der Wirksamkeitsforschung. In der Praxis ist sie ebenfalls mit der Akuthilfe bis hin zur Psychohygiene beschäftigt. Nachfolgend eine kurze Übersicht der Bereiche der Psychotraumatologie:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Verlauf eines Psychotraumas

Erlebt ein Mensch ein traumatisches Ereignis, durchläuft er meist mehrere Phasen, bis es zu einer möglichen Traumatisierung kommt. Nachfolgend werden diese Stufen vorgestellt und anschließend in einem Schaubild (Abbildung 2) zusammengefasst. Hierzu unterscheiden sich zunächst zwei verschiedene Typen der Traumatisierung Unterscheiden.

Typ I: Den Typus I kennzeichnet meist ein einmaliges, kurzfristiges Ereignis mit einem klaren Beginn und Ende. Die Einzelheiten des Ereignisses prägen sich oft stark ein. Beispiele für ein solches Ereignis sind Raubüberfälle, Verkehrsunfälle oder Katastrophen. Auch die überlebenden Opfer des Terroranschlags auf das World Trade Center fallen hier unten den Typ I der Traumatisierung.

Typ II: Der Typus II der Traumatisierung beschreibt andauernde und über einen längeren Zeitraum geschehene (mehrere) Traumata. Opfer versuchen meist, die Geschehnisse auf irgendeine Weise erträglicher zu machen. Diese emotionalen, gedanklichen oder handlungsorientierten Anpassungsprozesse geschehen oft Unbewusst und stellen sich nach und nach ein. Beispiele für Opfer der Traumatisierung des Typus II sind Soldat*innen oder Flüchtlinge, die andauernden Kriegshandlungen oder Folter ausgesetzt waren. Auch Kinder, die häufige Missbrauchssituationen durchlebt haben, zählen hierzu.

(Hausmann 2006: 43)

In Folgendem beziehe ich mich auf den Verlauf des Traumas nach Typ I.

Lilly sitzt im ersten Waggon der U-Bahn, als diese abrupt abbremst. Sie spürt, wie die Bahn über ein Hindernis hinwegrollt, sie hört einen langen Schrei, dann kommt der Zug zum Stehen. Im Abteil ist es plötzlich still. Niemand rührt sich, keine*r sagt ein Wort. Auch der Schrei ist nicht mehr zu hören. Als die Rettungskräfte eintreffen und der Fahrer seine Kabine verlässt, nimmt Lilly den leeren, starren Blick des Mannes wahr. (Das Erste 23.02.2011: 1:05 - 1:56)

Das oben geschilderte ist das traumatische Ereignis. Dies wird nach einer Traumatisierung nach Typ I klassifiziert, da es sich um ein einmaliges, plötzlich auftretendes Ereignis handelt. Lilly[2] berichtet sehr detailliert über das Ereignis, über das Gehörte und Empfundene während des Erlebten. Dies ist nach Hausmann, klinischer Psychologe am Krankenhaus Schwarzach, charakteristisch für diesen Typ der Traumatisierung. Im nachfolgenden Schaubild (Abbildung 2) ist dies als Ereignis bezeichnet und meint dabei ein traumatisches Ereignis.

Auf dieses traumatische Ereignis folgt eine Akutphase. Diese dauert oft etwa 1-2 Tage an und schließt sich direkt an das Ereignis. (Abbildung 2) Die erste Reaktion auf ein solches Ereignis bedeutet keine „Krankheit“ im klinischen Sinne. Menschen reagieren mit Wut, Trauer oder anderen körperlichen oder seelischen Stressreaktionen auf das Ereignis, abhängig von ihrem Lebensalter, ihrer Lebenseinstellung und auch kulturell oder religionsabhängig. (Weidringer 2006: 39–40)

Lilly war eiskalt, sie hatte kalte Hände, konnte sich kaum bewegen. Sie war bleich und hatte Probleme, das geschehene in Worte zu fassen. Sie erinnerte sich nur an den Schrei und dass die Bahn etwas überrollt hatte. Sie realisierte erst später, dass es ein Mensch war. „Jemand hat sich umgebracht!“ sagt sie zu ihrer Mutter. (Das Erste 23.02.2011: 2:20 - 2:35)

Nach der beschriebenen Akutphase verblasst ein schockierendes Ereignis in der Regel nach und nach. Eine Stressreaktion beschreibt zum Beispiel ein Gefühl der Hilflosigkeit, ein vorübergehendes Abstumpfen von Emotionen. Auch Schlaflosigkeit oder Ein- und Durchschlafprobleme sind in der Anfangsphase zwar eine Reaktion auf hohen Stress, aber dennoch noch nicht als Krankheit einzustufen. Diese Formen der Reaktion auf belastende Ereignisse sind wichtig und hilfreich, sichern in manchen Fällen gar das Überleben.

Zu dieser in (Abbildung 2) als Posttraumatische Belastungsreaktion bezeichneten Phase gehören unterschiedliche körperliche und psychische Reaktionen. Betroffene zeigen eine erhöhte Alarmbereitschaft, dies schlägt sich in einem erhöhten Puls nieder, aber auch Bluthochdruck, starkes Schwitzen, Übelkeit oder das Gefühl der starken Erschöpfung sind Teil körperlicher Stressreaktionen. Emotional sind Betroffene oft von Schuldgefühlen geplagt. Eine generelle Überforderung oder ein anhaltendes Hilflosigkeitsgefühl sind ebenfalls Teil der emotionalen Stressreaktion. Auch im Bereich des Verhaltens können Veränderungen auftreten. So sind unter anderem Regression in kindliche Verhaltensmuster oder ein plötzliches Verlangen nach religiöser oder ritueller Zugehörigkeit typische Verhaltensmuster. Auch ungewohnte Aggressivität oder Passivität sind möglich. (Weidringer 2006: 41–42) Diese Posttraumatischen Stressreaktionen können zwischen sechs und acht Wochen andauern.

Der Übergang zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung[3] (Abbildung 2) ist meist fließend. Wenn die oben genannten Stressreaktionen nicht mehr abklingen und auch lange nach dem traumatischen Ereignis noch anhalten, belasten sie oft auch den Alltag und hindern den Betroffenen. Dies kann sich auf Beruf, Beziehung und Familie gleichermaßen Belastend auswirken, wie auch auf die persönliche Lebensqualität. Das Krankheitsbild der PTBS werde ich im Folgenden näher erläutern. Einige Symptome der PTBS können auch chronisch werden und eine andauernde Persönlichkeitsveränderung nach sich ziehen.

Nachfolgend die Abbildung 2, die den Verlauf von einem traumatischen Ereignis bis hin zu einer andauernden Persönlichkeitsveränderung darstellt. Die Übergänge sind fließend und der gezeigte Verlauf folgt nicht zwingend auf ein traumatisches Erlebnis. Vielmehr stellt dies diejenige Ausnahme dar, in der ein einschneidendes Erlebnis tatsächlich zu einem Trauma wird. Außerdem kann ein*e Betroffene*r es schaffen, durch persönliche Ressourcen und eine gute Versorgung aus dem gezeigten Verlauf ausbrechen.

[...]


[1] In Folgendem auch abgekürzt als Trauma

[2] Der Name ist aus dem Fernsehbericht übernommen und wurde geändert.

[3] In Folgendem auch kurz PTBS

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Das psychische Trauma und und die Posttraumatische Belastungsstörung. Gibt es eine Prädisposition?
Hochschule
Evangelische Hochschule Ludwigsburg (ehem. Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg; Standort Ludwigsburg)
Note
1
Autor
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V302997
ISBN (eBook)
9783668074040
ISBN (Buch)
9783668074057
Dateigröße
675 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Psychologie, Entwicklungspsychologie, Trauma, Prädisposition, Traumatisierung, Traumata, Genetische Veranlagung, psychisches Trauma, PTBS, Posttraumatische Belastungströrung, Psychotraumatologie, Psychotrauma
Arbeit zitieren
Patricia Stopp (Autor:in), 2015, Das psychische Trauma und und die Posttraumatische Belastungsstörung. Gibt es eine Prädisposition?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302997

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