Raumfahrt in modernen Filmen vor dem physikalischen Hintergrund


Facharbeit (Schule), 2014

34 Seiten, Note: 1,0 (15 Punkte)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Temporärer Lebensraum Erde

2 Raumfahrtmissionen zur Suche unseres Ursprungs in Filmen
2.1 „Europa Report“ – Jupitermond als Lebensraum
2.1.1 Analyse der interplanetaren Reise
2.1.2 Projektion auf heutige Technologien
2.1.3 Fazit
2.2 „Mission to Mars“ – Leben auf dem Nachbarplaneten?
2.2.1 Analyse der interplanetaren Reise
2.2.2 „Mission to Mars“ aus physikalischem Blickwinkel
2.2.3 Fazit

3 Lebensraum Weltall im Film – Science oder Fiction?
3.1 „Sunshine“ – Die erloschene Sonne anzünden
3.1.1 Der Hitzeschild – Extreme treffen aufeinander
3.1.2 Manövrieren einer Raumstation mit der Masse einer ganzen Stadt in den Erdorbit
3.1.3 Fazit
3.2 „Elysium“ – Künstliche Atmosphäre in einer Raumtation
3.2.1 Weiterentwicklung der Idee aus „2001: Odyssee im Weltraum“
3.2.2 Sinnvoll oder nur futuristische Vision?
3.2.3 Fazit

4 Interstellare Reisen in Filmen
4.1 „Pitch Black – Planet der Finsternis“ – Exotischer Exoplanet mit drei Sonnen
4.1.1 Bewohnbare Planeten außerhalb unseres Sonnensystems
4.1.2 Tag und Nacht – Nicht so einfach bei drei Sonnen
4.2 „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ – Interstellare Reise zu alternativem Lebensraum
4.2.1 Vergleich mit heutigen Antriebstechnologien
4.2.2 Antimaterie-Antrieb – Die perfekte Lösung
4.2.3 Fazit

5 Gesamtfazit und Ausblick auf den Kinostart von „Interstellar“

6 Quellenverzeichnis

7 Anhänge

Bedienungsanleitung für die Computersimulation

Quellcode

1 Temporärer Lebensraum Erde

Die Erde, unser Lebensraum, wurde nicht für die Ewigkeit geschaffen. Unsere Sonne dehnt sich mit zunehmendem Alter aus, sodass in 1,9 Milliarden Jahren die Durchschnittstemperatur auf der Erde auf insgesamt 100°C angestiegen ist.[1] Die Menschheit wird zu diesem Zeitpunkt längst ausgestorben sein. Nicht durch die Sonne, sondern durch eine sehr wahrscheinlich noch vorher eingetretene Katastrophe, ein Meteoriteneinschlag, ein kurzfristiges Ausfallen des Erdmagnetfeldes bei dessen regelmäßiger Umpolung alle zehntausend Jahre oder der weltweite Nuklearkrieg. Durch Technologie und gute Manieren lässt sich unser Aussterben nur geringfügig hinauszögern. Trotzdem bleibt die von der Sonne gesetzte Deadline – im wörtlichen Sinne gemeint.

Es gibt für uns zwar kein größeres Problem, doch sind 1,9 Milliarden Jahre eine unvorstellbar lange Zeit, so viel Zeit, dass sich heutzutage kaum jemand darüber Gedanken macht. Und in etwa einer Milliarde Jahren haben wir immer noch genug Zeit, nur, dass wir dann schon mächtig ins Schwitzen kommen werden, da die Durchschnittstemperatur zu diesem Zeitpunkt schon auf kritische 30°C angestiegen ist.1 An den Polkappen kühle 10°C, am Äquator kuschelig warme 50°C im Schatten.

Es gibt nur eine einzige Lösung: Wir müssen irgendwann hier weg. Wir müssen einen anderen geeigneten Exoplaneten – so bezeichnet man Planeten anderer Sonnensysteme – finden, und noch viel wichtiger, wir müssen wissen, wie wir diesen erreichen können, möglichst ohne Jahrtausende auf einem Raumschiff verbringen zu müssen.

Im Laufe der letzten Jahre finden sich dieses und ähnliche Themen sowie mögliche Lösungsansätze vermehrt in Science-Fiction Filmen. Und darum soll es in dieser Arbeit gehen.

2 Raumfahrtmissionen zur Suche unseres Ursprungs in Filmen

Beginnen wir mit einer kleinen wissenschaftlichen Expedition. Bevor wir lernen, wohin wir gehen werden, sollten wir zunächst wissen, woher wir überhaupt kommen. Ist die Erde der einzige Ort im Universum, an dem es Leben gibt, oder gibt es irgendwo da draußen Gleichgesinnte? Vielleicht sogar noch auf einem anderen Himmelskörper in unserem Sonnensystem?

2.1 „Europa Report“ – Jupitermond als Lebensraum

Dieser Frage geht der Film „Europa Report“ nach. Benannt nach „Europa“, einem der vier großen Jupitermonde, handelt er von einer bemannten Expedition dort hin, auf der so einiges schief geht. Europa ist eine Eiswelt, unter deren Oberfläche sich ein Ozean befindet. Ein Ozean aus Wasser, der Grundlage für Leben. Magnetfeldmessungen der Raumsonde Galileo, die Jupiter und seine Monde 14 Jahre lang[2] erkundete, ergaben, dass sich unter Europas Eiskruste eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit, vermutlich Salzwasser, befinden muss.[3]

2.1.1 Analyse der interplanetaren Reise

Eine Reise im Weltraum ist wesentlich komplexer als die Reise in den Urlaub. Man ist unterwegs im dreidimensionalen Raum, es gibt weder oben noch unten. Dazu kommt, dass sich sowohl Startpunkt als auch Zielpunkt stetig bewegen und man nie den direkten Weg nehmen kann. Man ist den Keplerschen Gesetzen unterworfen und demnach gezwungen, sich auf Parabel-, Hyperbel- oder Ellipsenbahnen zu bewegen. Außerdem gilt es, Treibstoff zu sparen, denn je mehr Treibstoff man benötigt, desto mehr Treibstoff braucht man, um den Treibstoff zu beschleunigen.

Um Treibstoff zu sparen, gibt es in der Raumfahrt einen Trick: das Slingshot- oder auch Swing-by-Manöver. Dabei nähert sich ein Raumschiff einem Himmelskörper an, um an diesem eine Hyperbel- oder Parabelbahn durchzuführen. Aufgrund der Eigenbewegung des Himmelskörpers um sein Zentralgestirn findet ein Impulsaustausch statt. Dabei wird das Raumschiff beschleunigt und der Himmelskörper gebremst (oder anders herum). Da der Himmelskörper im Vergleich zum Raumschiff sehr schwer ist, erfährt er keine messbare Geschwindigkeitsänderung. Auf diese Weise kann ein Raumschiff ohne Treibstoffaufwand Bewegungsenergie aufnehmen oder abgeben.[4]

Im Film sieht die Reise so aus: Eine Trägerrakete befördert Landekapsel und Crew von Kalifornien aus in einen Erdorbit. Die Landekapsel dockt dort an das Orbitalmodul an, das vorher im Erdorbit zusammengebaut und stationiert wurde. Durch eine Triebwerkszündung wird in einer elliptischen Bahn der Mond erreicht, an dem ein Slingshot-Manöver stattfindet. Das Raumschiff befindet sich nun in einer elliptischen Umlaufbahn um die Sonne, die die Umlaufbahn des Mars kreuzt. Nach sechs Monaten findet ein weiteres Slingshot-Manöver am Mars statt, sodass das Raumschiff schnell genug ist, um die Umlaufbahn des Jupiters zu erreichen. Nach insgesamt 20 Monaten bremst das Raumschiff durch eine Triebwerkszündung in eine Umlaufbahn um Jupiter ein. Durch erneuten Einsatz der Triebwerke wird eine Umlaufbahn um Europa erreicht. Dort koppelt sich die Landekapsel vom Orbitalmodul ab und bremst, bis eine parabelförmige Bahn auf die Oberfläche des Mondes erreicht ist. Das Orbitalmodul bleibt weiterhin in der Umlaufbahn. Durch stetiges Bremsen wird die Landekapsel kontinuierlich verlangsamt. Schließlich landet die Crew 22 Monate nach Start der Mission auf Europa – 100 Meter vom geplanten Zielgebiet entfernt.

So weit, so gut. Bis hierhin sieht die Mission so aus technischer Sicht machbar aus. Der Aufwand wäre zwar enorm, da man anstatt einer unbemannten zwei-Tonnen-Raumsonde, wie es Galileo war, eine ganze Raumstation, die sechs Menschen beherbergt, zum Jupiter schickt. Dazu kommt, dass ursprünglich eine Rückreise eingeplant war, was die benötigte Treibstoffmenge und somit das Gewicht des Raumschiffs vervielfachen würde. Dennoch halte ich die Mission lediglich für eine Frage des Budgets.

2.1.2 Projektion auf heutige Technologien

Teile dieser Mission finden sich in realen und bereits durchgeführten Raumfahrtmissionen wieder. Der Start und das Docking-Manöver im Erdorbit sind ein Standardverfahren, wenn alle sechs Monate drei neue Astronauten mit einer russischen Soyuz-Trägerrakete auf die ISS, die Internationale Raumstation, gebracht werden.[5] Ähnlich wie das Orbitalmodul im Film wurde die ISS im Orbit innerhalb von 13 Jahren Stück für Stück zusammengebaut[6], denn keine Trägerrakete konnte die 419 Tonnen schwere Raumstation auf einmal transportieren[7].

Ein Slingshot-Manöver am Mond wurde bei der bemannten Mission Apollo 13 eingesetzt, um die Besatzung der nach einer Explosion eines Sauerstofftanks defekten Raumfähre zur Erde zurück zu bringen.[8]

Die Umlaufbahnen anderer Planeten wurden bisher nur mit unbemannten Raumsonden erreicht, die nach ihrer Missionszeit entweder kontrolliert zum Absturz gebracht wurden (Galileo)[9] oder das Sonnensystem verließen (Voyager 1 und 2)[10].

Bei der Landung auf Europa wird im Film ähnlich vorgegangen wie bei den Mondlandungen der Apollo Missionen. Zunächst wird die Landekapsel vom Orbitalmodul getrennt, sodass nur die leichtere Landekapsel landen und später wieder starten muss. Der Erdmond und auch Europa haben keine Atmosphäre, sodass keine Hitzeschilde und Fallschirme zum Einsatz kommen können. Stattdessen wird die Landekapsel auf dem Sinkflug durch die Triebwerke kontinuierlich abgebremst, bis sie schließlich auf der Oberfläche aufsetzt.[11] Mit einem Radius von 1561 Kilometern ist Europa sogar etwas kleiner als der Erdmond.[12] Die Landung sollte also kein Problem darstellen.

2.1.3 Fazit

Der Film „Europa Report“ ist auf physikalischer Ebene äußerst realitätsnah. Das Budget der Mission würde sich schätzungsweise auf die doppelten bis dreifachen Kosten der ISS, dem aufwendigsten Bauwerk in der Geschichte der Menschheit, belaufen, und befindet sich daher in einem machbaren, aber eher unrentablen Rahmen. Dennoch ist fraglich, ob solch eine riskante Mission bemannt stattfinden sollte, denn ich halte die im Film genannten Argumente dafür bei Weitem nicht ausschlaggebend genug.

2.2 „Mission to Mars“ – Leben auf dem Nachbarplaneten?

Wird das Thema „Extraterrestrisches Leben im Sonnensystem“ genannt, so denkt jeder erst einmal an den Mars. Doch der Mars ist eine karge Einöde. Bei einer Durchschnittstemperatur von -55°C und einer dünnen Atmosphäre mit einem Druck von 0,006 Bar bestehend aus 95% Kohlenstoffdioxid[13] stellt sich die Frage, ob ein Mensch ohne Raumanzug zuerst erfrieren, ersticken oder seine Körperflüssigkeiten zu kochen beginnen würden. Trotzdem kann immer noch nicht ausgeschlossen werden, dass der Mars schon immer so lebensfeindlich war.

Der Film „Mission to Mars“ handelt von den ersten beiden bemannten Raumfahrtmissionen zu unserem Nachbarplaneten und basiert auf der wissenschaftlichen Annahme, dass das Leben ursprünglich dort entstand und primitive Lebensformen durch einen Marsmeteoriten, einen Gesteinsbrocken von dessen Oberfläche, der durch einen Kometeneinschlag ins Weltall geschleudert wurde, auf die Erde kamen. Im Film wird lediglich der Marsmeteorit durch ein außerirdisches Raumschiff ersetzt.

2.2.1 Analyse der interplanetaren Reise

Nachdem sich bei der ersten Mission auf dem Mars ein Unfall ereignete, wurde eine zweite Rettungsmission losgeschickt. Ein Raumschiff, ähnlich aufgebaut wie das Raumschiff aus dem Film „Europa Report“, startet aus der Erdumlaufbahn zum Mars. Genauere Einzelheiten dazu werden nicht gezeigt. Beim Mars angekommen muss eine Triebwerkszündung durchgeführt werden, um eine Umlaufbahn um diesen zu erreichen. Es kommt jedoch zu einem Zwischenfall: das Schiff wird von einem Schauer von Kleinstmeteoriten beschädigt. Ein Loch in der Treibstoffleitung bleibt unbemerkt, und der austretende Treibstoff, flüssiges Knallgas (eine hochexplosive Mischung aus Wasserstoff und Sauerstoff), vereist sofort, einige Brocken brechen ab und schweben hinter das Triebwerk. Das Triebwerk wird gezündet, und die Brocken explodieren und zerstören den hinteren Teil des Schiffs.

Die vierköpfige Crew entscheidet sich nun dafür, das Schiff in ihren Raumanzügen zu verlassen und mit den Steuerdüsen der Anzüge und einer Harpune das Orbitalmodul der ersten Mission, das gerade zufällig einige hundert Meter entfernt vorbei fliegt, zu erreichen. Drei der Astronauten sind zusammengekettet und halten die Harpune, der vierte, Commander Woody, beschleunigt mit dem Seilende der Harpune zum Orbitalmodul hin. Er prallt dort hart auf und hängt schnell den Haken des Seils ein, schafft es aber nicht, sich selbst festzuhalten. Die anderen drei ziehen sich zum Orbitalmodul hin. Ihr Kamerad ist bereits außer Reichweite. Weil sie trotzdem versuchen, ihn zurückzuholen, öffnet er den Helm seines Raumanzuges und stirbt sofort.

2.2.2 „Mission to Mars“ aus physikalischem Blickwinkel

Nun zur Physik. Der austretende Treibstoff gefriert nicht, weil es im Weltraum so kalt ist (siehe Kapitel 3.1.1). Der Weltraum ist Vakuum, es gibt also kein Medium, an das so schnell Wärmeenergie abgegeben werden kann. Vielleicht ist der Grund für das Gefrieren folgender: Knallgas ist bei Normalbedingungen ein Gas. Damit man es in größeren Mengen transportieren kann, wird es verflüssigt. Es steht dabei unter sehr hohem Druck. Wird nun schlagartig der Druck des flüssigen Knallgases verringert, beispielsweise durch ein Leitungsleck, kühlt es sehr schnell ab. Das kann man gut beobachten, indem man bei einem Feuerzeug das Ventil aufdreht, sodass das Gas schnell entweichen kann. Zwar wird es kalt, doch gefriert das entweichende Gas nicht. Es gefriert auch nicht im Vakuum. Hier wurde ganz klar getrickst. Zur Explosion des Triebwerks könnte es aber trotzdem kommen, wenn sich das im Weltraum verteilte Knallgas bis zum Leitungsleck hin entzündet und es in der Leitung zu einer Rückzündung kommt. Der Druck der Reaktion würde die Leitung sprengen.

Der Flug von der Erde zum Mars ist ein sogenannter Hohmann-Transfer[14] und enthält zwei wesentliche Triebwerkszündungen. Durch die erste beschleunigt das Raumschiff um Δv (siehe Abbildung 6) und verlässt so seine erdähnliche Umlaufbahn um die Sonne (1). Über einen elliptischen Halbbogen (2) gelangt das Raumschiff zur Marsumlaufbahn (3). Dann muss das Schiff noch durch eine zweite Triebwerkszündung um Δv’ beschleunigen, sonst würde es in der elliptischen Umlaufbahn um die Sonne bleiben (gestrichelt) beziehungsweise auf dem Mars abstürzen. Aufgrund der Explosion kann die zweite Triebwerkszündung nicht stattfinden. Die Astronauten im Film führen diese Beschleunigung mit den Steuerdüsen ihrer Raumanzüge durch. Zur ungefähren Berechnung von Δv’ nehmen wir an, dass sich Erde und Mars auf perfekten Kreisbahnen bewegen.

Die Geschwindigkeit, mit der das Raumschiff die Apoapsis, den von der Sonne am weitesten entfernten Punkt, der elliptischen Umlaufbahn (Nummer 2 in Abbildung 6) erreicht, lässt sich mit folgender Formel[15] berechnen: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist der Abstand der Erde und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten der des Mars von der Sonne. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die Gravitationskonstante und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die Masse der Sonne.[16] Die große Halbachse Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist der Mittelwert der großen Halbachsen von Erde und Mars und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist die aktuelle Entfernung des Raumschiffs von der Sonne.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Mars kreist mit einer mittleren Geschwindigkeit16 von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten um die Sonne. Die Geschwindigkeitsänderung, die die Crew mithilfe ihrer Raumanzüge bewältigen muss, beträgt also Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Das entspricht einer Geschwindigkeit von fast 9500 km/h. Mithilfe der Steuerdüsen ihrer Raumanzüge müssen die Astronauten also in wenigen Minuten ungefähr die vierfache Höchstgeschwindigkeit eines Kampfjets erreichen, um zum Orbitalmodul der ersten Marsmission zu gelangen. Ich halte das für unmöglich.

2.2.3 Fazit

Bei dem Film „Mission to Mars“ wurden an einigen nicht unrelevanten Stellen die Gesetze der Physik missachtet. Trotzdem sollte man diesen Klassiker kennen, denn es sind bereits erste bemannte Missionen zum Mars in Planung.

3 Lebensraum Weltall im Film – Science oder Fiction?

Gerade bei der bemannten Raumfahrt ist das Design des Raumschiffs von wesentlicher Bedeutung. Ein Raumschiff oder eine Raumstation muss in erster Linie den Zweck der Mission erfüllen, doch auch an genügend Komfort für die Besatzung soll es nicht mangeln. In diesem Kapitel sollen exemplarisch jeweils ein großes Raumschiff und eine große Raumstation auf physikalische Besonderheiten hin genauer untersucht werden.

3.1 „Sunshine“ – Die erloschene Sonne anzünden

Das 2007 erschienene Science-Fiction-Drama „Sunshine“ erzählt die Geschichte der Crew der Icarus II, die mit einer nuklearen Bombe der „Masse Manhattans“ die Wasserstofffusion der erloschen Sonne neu entfachen muss. Die Menschheit kann dem solaren Winter auf der Erde nicht mehr lange standhalten und schickt nun, nachdem die Mission Icarus I durch ungeklärte Gründe scheiterte, ein zweites und letztes Raumschiff mit dem gesamten restlichen spaltbaren Material der Erde direkt in die Sonne. Icarus II hat nun die Aufgabe, mit der Megabombe eine hochelliptische Umlaufbahn um die Sonne zu erreichen, an der Periapsis, dem der Sonne am nächsten Punkt der Bahn, die Bombe abzukoppeln, durch Zündung der Boosterraketen in die Korona zu lenken und schließlich zur Erde zurückzukehren.

3.1.1 Der Hitzeschild – Extreme treffen aufeinander

Die Station (siehe Abbildung 7) ist aufgebaut wie folgt: Ganz vorne sitzt der gewaltige Primär-Hitzeschild, der die restliche Station sowie die Bombe von der intensiven Sonnenstrahlung in derer unmittelbaren Nähe abschirmt. Gleich dahinter befinden sich die nukleare Bombe sowie die Booster. Dieser vordere Teil lässt sich abkoppeln. Dahinter ist der kleinere Sekundär-Hitzeschild, der die Station nach dem Abkoppeln der Bombe schützt. Die eigentliche Station ist eine lange und schmale Kette mit einigen rotierenden Bauteilen, die beispielsweise den Sauerstoffgarten beherbergen. Am hinteren Ende ist das Haupttriebwerk zu finden, welches Bahnänderungen und Bahnkorrekturen ausführt. Die Station hat somit etwa die Form eines Pilzes.

Das schwierigste Element der Konstruktion des Raumschiffs ist wohl der Hitzeschild. Wärmemanagement ist bei Raumschiffen eine hochkomplexe Sache. Im Weltraum kann überschüssige Wärme nicht so einfach abgegeben werden – die einzige Möglichkeit ist über Infrarotstrahlung, und das dauert. Wenn mehr Wärme aufgenommen wird als abgegeben, wird es für die Besatzung schnell ungemütlich. Bei Raumfahrtmissionen jenseits der Erdumlaufbahn ist das weniger ein Problem. Wenn es zu kalt ist, kann man heizen, beispielsweise mit der Zerfallsenergie einer Radionuklidbatterie. Aber bei zu großer Hitze, gerade in der näheren Umgebung der Sonne, ist die beste Möglichkeit der Kühlung, die Wärme gar nicht erst herein zu lassen, sondern zu reflektieren.

Ich werde nun abschätzen, ob die Station ohne Überhitzung die Sonne erreichen kann. Dazu versuche ich zunächst abzuschätzen, wie stark die Sonne im Film geschwächt ist.

Zu Beginn des Films (02:16) wird ein Raum im Primär-Hitzeschild gezeigt, der über einen einstellbaren Filter einen Bruchteil des Sonnenlichts durchlassen kann. Von diesem Raum aus kann die Besatzung der Icarus II die Sonne beobachten. Aus einer Entfernung zur Sonne von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten entsprechen im Film circa 2% des Sonnenlichts direktem Sonnenschein auf der Erde mit einer Bestrahlungsstärke von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[17]

Also bekommt die Icarus II bei geschwächter Sonne folgende Bestrahlungsstärke ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bestrahlungsstärke, die normalerweise im Abstand von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten von der Sonne vorherrscht, berechnet man, indem man annimmt, dass die gesamte Leuchtkraft der Sonne17 Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten auf die Oberfläche einer Kugel mit diesem Radius verteilt ist:[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das ergibt jedoch keinen Sinn, da die Bestrahlungsstärke der normalen und ungeschwächten Sonne Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten nur einem Bruchteil von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten entspricht. Im Film wäre die Sonnenstrahlung also wesentlich intensiver als normal. Die im Film genannte Prozentzahl stimmt demnach nicht, sodass ich den Grad der Schwächung der Sonne nicht abschätzen kann und für weitere Rechnungen annehmen werde, dass die Sonne „ganz normal“ ist.

Ich werde nun berechnen, wie intensiv die Sonnenstrahlung im Abstand von einem Sonnenradius17 (Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) von der Sonnenoberfläche ist. Ungefähr bei dieser Entfernung wird die Bombe abgekoppelt und darf heißer werden als sonst, da sie dann nicht mehr die Crew beherbergen muss. Außerdem zerberstet der Hitzeschild so wie so beim Eintritt in die Sonnenoberfläche. Ich verwende dazu wieder obige Formel18:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Film müssen einige Elemente des Hitzeschildes repariert werden. An dieser Stelle (33:05) nennen zwei Astronauten, die sich am Rand des Schildes befinden, eine Distanz von 300 Metern zu den defekten Spiegeln, die sich in der Nähe des Randes befinden. Somit kann ich den Durchmesser des Hitzeschildes auf circa 5 Kilometer abschätzen.

Der Primär-Hitzeschild der Icarus II hat also den Radius Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Damit kommt am Raumschiff folgende Leistung an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nehmen wir an, die Spiegel des Hitzeschildes haben einen Reflexionsgrad von 99,9%. Die Icarus II nimmt also nur ein Tausendstel der ankommenden Strahlung auf:

[...]


[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Sonne#Hauptreihenstern (Stand: 29.06.2014)

[2] http://solarsystem.nasa.gov/galileo/ (Stand: 13.08.2014)

[3] https://solarsystem.nasa.gov/europa/evidence.cfm (Stand: 13.08.2014)

[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Swing-by (Stand: 13.08.2014)

[5] http://www.nasa.gov/mission_pages/station/structure/elements/soyuz/index.html#.U-xXKfl_uPw (Stand: 14.08.2014)

[6] http://www.esa.int/Our_Activities/Human_Spaceflight/International_Space_Station/About_the_International

_Space_Station (Stand: 14.08.2014)

[7] http://www.nasa.gov/mission_pages/station/main/onthestation/facts_and_figures.html#.U-xTyvl_uPw (Stand: 14.08.2014)

[8] http://de.wikipedia.org/wiki/Apollo_13#Der_Unfall (Stand: 14.08.2014)

[9] http://solarsystem.nasa.gov/galileo/ (Stand: 14.08.2014)

[10] http://voyager.jpl.nasa.gov/ (Stand: 14.08.2014)

[11] https://www.youtube.com/watch?v=E96EPhqT-ds&feature=youtube_gdata (Stand: 14.08.2014)

[12] http://solarsystem.nasa.gov/planets/profile.cfm?Object=Jup_Europa (Stand: 14.08.2014)

[13] http://de.wikipedia.org/wiki/Mars_(Planet) (Stand: 24.08.2014)

[14] http://de.wikipedia.org/wiki/Hohmann-Transfer (Stand: 19.08.2014)

[15] [1], S. 14

[16] [1], S. 42; S. 47-48

[17] [1], S. 47

[18] [1], S. 16

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Raumfahrt in modernen Filmen vor dem physikalischen Hintergrund
Note
1,0 (15 Punkte)
Autor
Jahr
2014
Seiten
34
Katalognummer
V302700
ISBN (eBook)
9783668031111
ISBN (Buch)
9783668031128
Dateigröße
899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Raumfahrt, Physik, Astrophysik, Astronomie, Film, Europa Report, Mission to Mars, Sunshine, Elysium, Pitch Black, Avatar, Raumschiffe, Orbitaltransfer, Hitzemanagement, Atmosphäre, Raumstation, interstellar, Antriebe, Gravitation, Gravitationsantrieb, Antimaterie, n-Körper-Simulation
Arbeit zitieren
Moritz Lehmann (Autor:in), 2014, Raumfahrt in modernen Filmen vor dem physikalischen Hintergrund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302700

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