Time Perspective and Financial Decision Making. Eignung des zeitlichen Weltblicks zur Vorhersage risikoreichen Verhaltens


Studienarbeit, 2013

33 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Abbildungs-und Tabellenverzeichnis

2. Zusammenfassung
2.1 Zusammenfassung deutsche Version
2.2 Englische Version

3. Einleitung

4. Methode

5. Ergebnisse
5.1 Standarddeskriptivtabelle
5.2 Statistische Analysen

6. Diskussion der Ergebnisse

7. Literaturverzeichnis

8 Anhang

1. Abbildungs-und Tabellenverzeichnis

Tabelle I: Means, Standard Deviations, Skewness, Kurtosis, Reliabilities, and Correlations among Variables

Balkendiagramm I: Anzahl der gewählten Optionen 1 und 2 des Risikoverhaltens

2. Zusammenfassung

2.1 Zusammenfassung deutsche Version

Forschungsziel:

Das Forschungsprojekt „Time perspective and financial decision making“ befasst sich mit dem zeitlichen Weitblick und den finanziellen Entscheidungen von Individuen. Die vorliegende Studie untersucht den Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Weitblick und dem Risikoverhalten, unter Kontrolle materialistischen Denkens. Diese Korrelationen unterlagen bereits in Teilaspekten umfangreichen Untersuchungen, so dass der Stand der wissenschaftlichen Forschung referiert wird. Diese Studie behandelt alle drei Variablen unter der Berücksichtigung von Alter und Geschlecht der Befragten.

Methodik:

An der zufallsbasierten Umfrage nahmen 274 Personen teil, die gebeten wurden einen Fragebogen auszufüllen. Die Einzelergebnisse wurden original, 1:1, in einer Datei zusammengefasst. Der zeitliche Weitblick, das Risikoverhalten und das materielle Denken der Probanden wurde aus den Antworten, die zu diesen Variablen eine Beziehung haben, bestimmt und mit statistischen Analysen geprüft.

Ergebnisse:

Mithilfe der Korrelationsanalyse konnte ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und dem zeitlichen Weitblick festgestellt werden, sowie ein sehr geringer, signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter und dem materialistischen Denken. Des Weiteren lässt sich eine sehr schwache, signifikante Korrelation zwischen dem Geschlecht und dem Risikoverhalten ermitteln. Männer sind laut dieser Studie risikobereiter als Frauen. Der zeitliche Weitblick und das materialistische Denken weisen eine geringe, negative Korrelation auf, die signifikant ist. Zwischen dem zeitlichen Weitblick und der Risikobereitschaft kann keine auf Signifikanz beruhende Aussage getroffen werden. Das materialistische Denken hat keinen Einfluss auf diese Korrelation.

Fazit

In einer weiteren Ausarbeitung des Forschungsvorhabens sollte der zeitliche Weitblick der Personen differenzierter festgestellt werden. Auch das Risikoverhalten wird nur anhand einer Nominalskala erfasst und sollte mit einer Intervallskala differenziert betrachtet werden. Das materialistische Denken sollte um die Faktoren Erfolg und Glück erweitert werden.

Schlüsselbegriffe: zeitlicher Weitblick, Risikoverhalten, materialistisches Denken, Alter, Geschlecht

2.2 Englische Version

Objectives:

The mentioned research project deals with the time perspective and financial decision making of people. The present study focuses on the effect of time perspective on risk behavior under control of materialistic thinking. These correlations where already subject of interest in partial aspects, therefore the current status of scientific research is being reviewed. The study incorporates all three variables under concern of age and gender of the participants.

Methods:

274 individuals took part in a random-based survey and were asked to fulfill a questionnaire. The single results have been transferred originally, one per one, into a file. Time perspective, risk behavior and materialistic thinking have been specified out of the responses which are related to these variables and verified by statistical analysis.

Results:

A significant correlation between the age of the participants and their time perspective could be determined as well as a very little but significant relationship between age and materialistic thinking. Additionally a very weak but significant correlation, between gender and risk behavior has been observed. Following this study male participants tend to have more risk propensity than female ones. Time perspective and materialistic thinking show a small but significant negative correlation. In respect of time perspective and risk propensity there is no basis for a sound statement based on significance. Materialistic thinking has no influence onto this correlation.

Conclusion:

A further refinement of the research project should differentiate future time perspective of individuals. Risk behavior as well is only registered as a nominal scale und should be refined by an interval scale. Materialistic thinking should be enhanced by the factors success and happiness.

Keywords: Future time perspective, risk behavior, materialistic thinking, age, gender

3. Einleitung

In den letzten Jahren ist das Thema Armut im Alter in den Fokus von politischen und wissenschaftlichen Diskussionen gerückt. Viele Studien befassen sich derzeit mit der Frage, inwieweit die Individuen finanziell auf die Ruhestandszeit vorbereitet sind. Vor allem in den Ländern, in denen das Einkommen im Ruhestand stark von der privaten Vorsorge abhängt, wie z.B. in den Vereinigten Staaten von Amerika, gibt es umfangreiche Forschungsarbeiten dazu, welche Variablen das Planungsverhalten der Betroffenen beeinflussen. Auch in Deutschland wird in den kommenden Jahren eine große Zahl der Bevölkerung in den Ruhestand gehen. Die Zeitspanne des Ruhestandes wird sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung verlängern. Laut dem Deutschen Ärzteblatt betrug die Lebenserwartung der 1980 geborenen Männer 70 Jahre, die der Frauen 76,5 Jahre. Im Jahre 2000 betrug die Lebenserwartung der Männer 75 Jahre, die der Frauen 81 Jahre. Von einem weiteren Anstieg wird ausgegangen (Weiland, Rapp, Klenk, & Keil, 2006).

Die Planungen für den Ruhestand umfassen finanzielle, physische und psychosoziale Aspekte, die weitgehend davon bestimmt werden, wie intensiv sich der Einzelne im Vorhinein damit befasst hat (Kim & Moen, 2001). Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen der Ruhestandsvorbereitung und der Zufriedenheit unter den Rentnern (Elder & Rudolph, 1999). Zusätzlich hat sich die Finanzkrise 2009 auf das Vertrauen der amerikanischen Bevölkerung in Investitionen ausgewirkt. Seitdem treten Zweifel auf, ob sie im Rentenalter genügend Geld zur Verfügung haben werden. Der Retirement Confidence Survey berichtet einen 16-Punkte Rückgang im Vertrauen der Amerikaner auf ihre materiellen Ressourcen im Ruhestand (Helman, Copeland, & VanDerhei, 2009).

Das offensichtliche Problem des Ruhestandes, in erster Linie in den angelsächsischen Ländern, lässt sich in folgender Fragestellung unabhängig von länderspezifischen Gegebenheiten generalisieren: wie lässt sich das Ausmaß des zeitlichen Weitblicks einer Person bestimmen und welche Variablen beeinflussen diesen Weitblick? In welchem Zusammenhang steht dieser zeitliche Weitblick zur Risikobereitschaft oder zur Abneigung Risiken einzugehen?

Die in dieser Arbeit den Fragestellungen unterlegten Variablen sind das Alter und das Geschlecht.

Zeitlicher Weitblick

In englischsprachigen Studien wird der zeitliche Weitblick als „Future Orientation“ oder „Future Time Perspective“ bezeichnet. „Future Orientation“ bezieht kognitive - und Gefühlsaspekte aus der Sicht einer Person auf seine Zukunft mit ein. „Future Time Perspective“, der enger gefasste Begriff, bezieht sich ausschließlich auf die kognitiven Aspekte (Trommsdorff, Lamm, & Schmidt, 1976).

Die klassischen ökonomischen Theorien, die das Planungsverhalten der Individuen auf unveränderliche Charaktereigenschaften, wie etwa einen Mangel an Selbstkontrolle, zurückführen (Thaler & Shefrin, 1981), das Planungsverhalten mit einer Theorie der Lebensphasen verbinden (Ellen, Wiener, & Fitzgerald, 2012) oder eine Korrelation zum Bildungsstand herstellen, werden ergänzt durch die Theorie des Selbst in der Zukunft, der „Future Self Theory“. Das Selbst in der Zukunft kann als hoffnungsvoll oder negativ angesehen werden. Es unterteilt sich in die finanzielle, physische und die soziale Ebene (Ellen, Wiener, & Fitzgerald, 2012). Die zentrale Hypothese sagt aus, dass die Fähigkeit, sich die Zukunft detailliert vorzustellen zu weniger Akzeptanz eines finanziellen Abschlags führt. Die Bereitschaft einen finanziellen Abschlag hinzunehmen wird in der englischsprachigen Literatur als „delay discounting“ bezeichnet. Diese Akzeptanz ist in den Forschungen, insbesondere in den USA, zentral. Es wird ermittelt, warum Individuen bereit sind zugunsten eines gegenwärtigen auf einen zukünftigen Nutzen meist in Form von Geld zu verzichten. Dies ist in der dortigen Diskussion wichtig, da es die finanzielle private Vorsorge für den Ruhestand betrifft (Teuscher, Mitchell, 2011).

Wallace (1956) entwickelte den „Future Event Test“ (FET). Die „Future Orientation“ wird dadurch gemessen, dass die Probanden 10 Ereignisse benennen sollen, die in ihrem weiteren Leben eintreten können. Diese Ereignisse sind mit dem voraussichtlichen Alter des Eintritts zu verbinden. Die Anzahl der Jahre zwischen dem aktuellen Alter der Befragten und dem am weitesten entfernten Ereignis bestimmt die Ausdehnung des Zeithorizonts (Wallace, 1956). Um die „Future Orientation“ eines Individuums noch genauer zu bestimmen wurden neben der Ausdehnung zwei weitere abhängige Variablen eingeführt. Zum einen die Dichte, d.h. die Anzahl der Ereignisse, deren Eintritt eine Person in den verschiedenen Lebensphasen erwartet oder befürchtet. Zum anderen die affektive Haltung, also Optimismus als positiver Unterschied in der Bewertung von Gegenwart und Zukunft und Pessimismus als negative Sicht der Zukunft. Eine weitere unabhängige Variable, die internale-externale Kontrolle, bestimmt den Glauben einer Person, die Ereignisse selbst steuern zu können (internal) oder die Auffassung, dass diese durch externe Kräfte bestimmt werden (external) (Trommsdorff, Lamm, & Schmidt, 1976).

Diese Variablen werden des Weiteren mit zusätzlichen Kriterien in Verbindung gebracht. Diese sind beispielsweise das Alter und das Geschlecht. Beim Alter ergeben sich unterschiedliche Gruppierungen, je nach Lebensphase. Der Eintritt in ein Be- schäftigungsverhältnis scheint die „Future Orientation“ stark zu beeinflussen und je näher man zum Ende der Berufstätigkeit kommt, desto klarer ist der zeitliche Weitblick. Die „Future Time Perspective“ ist eng verknüpft mit dem Alter (Carstensen & Lang, 1996), aber dieser Weitblick reduziert sich im hohen Alter, da sich die verbleibende Lebenszeit verkürzt (Fingerman & Perlmutter, 1995).

Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich im sehr hohen Alter der zeitliche Weitblick nicht linear sondern eher asymptotisch verkürzt gibt es einen Zusammenhang zwischen zunehmenden Alter und zeitlichen Weitblick. Darauf aufbauend stellt diese Studie folgende Hypothese auf:

Hypothese 1 (H1): Je älter eine Person ist, desto kürzer ist ihr zeitlicher Weitblick.

In einer Längsschnittstudie mit Jugendlichen stellte sich heraus, dass junge Männer eine umfassendere „Future Orientation“ besitzen als junge Frauen (Trommsdorff, Lamm, & Schmidt, 1979). Im Gegensatz dazu berichten weitere Studien, dass Männer stärker gegenwartsorientiert sind als Frauen und Frauen zukunftsorientierter denken (Zimbardo, 1997).

Konzeptionell wird die Zeitperspektive und die damit verbundenen psychologischen Einstellungen in einen Zeitrahmen gesetzt, der aus der Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart besteht. Gegenwartsorientierte Individuen tendieren dazu, in ihrer Entscheidungsfindung auf unmittelbare Reize zu reagieren. Die Entscheidungen zukunftsorientierter Personen hingegen berücksichtigen die Konsequenzen eines zukünftigen Szenarios. Vergangenheitsorientierte Personen neigen dazu ihre Entscheidungen zu treffen, indem sie rekonstruierte Vergangenheiten wieder aufrufen (Zimbardo, 1997).

Zusätzlich wurden zum Verhältnis Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft affektive Sichtweisen in einer speziellen Skala, das „Zimbardo Time Perspective Inventory“ (ZTPI), eingeführt. Die Skalen Vergangenheit-negativ, Gegenwart-hedonistisch, zukunftsorientiert, Vergangenheit-positiv, Gegenwart-fatalistisch repräsentieren die Überzeugungen, Präferenzen und Werte von Erfahrungen, die über die reine Zeitschiene und demographische Faktoren hinausgehen. Vergangenheit-negativ spiegelt eine generelle Ablehnung der eigenen Vergangenheit wider. Gegenwart-hedonistisch ist die Hinwendung zu aktuellen Genüssen, ohne sich dabei um die zukünftigen Konsequenzen zu kümmern. Zukunftsorientiert bedeutet das Streben nach zukünftigen Zielen und Belohnungen. Der Faktor Vergangenheit-positiv reflektiert eine gefühlsbetonte, warme Haltung gegenüber der Vergangenheit. Gegenwart-fatalistisch bezeichnet eine hilflose und hoffnungslose Einstellung zum gegenwärtigen Leben, die auch eine verminderte Kontrolle über die Geschehen in der Zukunft beinhaltet (Zimbardo, 1997).

Um das Verhalten der Individuen zwischen kurzfristigen und langfristigen Optionen zu unterscheiden, differenziert man nach der Bildhaftigkeit, Lebendigkeit und dem Detailreichtum zukünftiger Ereignisse. In der Regel werden weit in der Zukunft liegende Ereignisse abstrakter erlebt als Ereignisse in nächster Zukunft (Liu & Aaker, 2007).

Materialistisches Denken

Materialistisches Denken bezeichnete ursprünglich die philosophische Vorstellung, dass nichts existiert ausser Materie und ihre Bewegungen (Lange, 1925). Im zeitgemäßen Gebrauch bezieht sich Materialismus auf die Hingabe zu materiellen Bedürfnissen und Wünschen und gleichzeitig die Vernachlässigung von spirituellen Angelegenheiten (Richins, & Dawson, 1992). Im deutschen Duden wird Materialismus als „ materielle, auf Besitz und Gewinn bedachte Einstellung dem Leben gegenüber“ definiert. Belk (1984) definiert Materialismus anhand der Bedeutung, die ein Konsument den weltlichen Besitztümern beimisst (Belk, 1984). Daun (1983) dagegen beschreibt Materialismus als einen Lebensstil, in dem ein hohes Maß an materiellem Konsum das Ziel darstellt und dieses Ziel mit darauf gerichteten Plänen verwirklicht wird (Daun, 1983).

Es gibt eine Reihe von Messungen in der Literatur die versuchen, materialistisches Denken zu erfassen. Ein Beispiel hierfür ist die Messung von Belk (1984). In seiner Arbeit untersuchte er die theoretischen Verknüpfungen zwischen spezifischen Persönlichkeitsmerkmalen und Materialismus und nutzte psychometrische Prinzipien, um seine Messungen zu entwickeln (Belk, 1984). Auch Richins (1992) entwickelte Methoden, auf deren Basis der Materialismus in dem hier verwendeten Forschungsprojekt gemessen wird. Die Struktur der Messung unterteilt sich in die Faktoren Erfolg, Zentralität und Glück. Der Faktor Erfolg steht für das eigene Besitztum als Indikator für den Erfolg im Leben. Zentralität betrifft im Allgemeinen die Wichtigkeit von Anschaffungen und Besitztümern, der Faktor Glück beschreibt inwieweit Personen Besitztümer brauchen, um glücklich zu sein (Richins, Dawson, 1992). In dem Forschungsprojekt „ Time Perspective and financial decision making“ wird das materialistische Denken der Probanden nur anhand des Faktors Zentralität erfasst.

Die zentrale Fragestellung ist nun, ob das materialististische Denken signifikant mit dem zeitlichen Weitblick und dem Risikoverhalten der Befragten korreliert und wenn ja, wie groß dieser Einfluss auf diese zwei Variablen ist.

Risikoverhalten

In der Risikoforschung besteht Übereinstimmung darüber, dass das Risikoverhalten eine unter mehreren Erwägungen in den Entscheidungsalternativen ist. Es beeinflusst den subjektiven Wert einer Entscheidung für das Individuum. Im Kern bedeutet Risikoverhalten auch die Bereitschaft einen Verlust hinzunehmen. Diese Verluste müssen signifikant sein und ihr Eintreten muss ungewiss sein (Yates, 1992). Das Risikoverhalten kann in verschiedenen Kontexten gesehen werden. Einmal werden Individuen untersucht, die ein akutes Risikoverhalten ausüben, z.B. Drogensüchtige, pathologische Spieler, Kriminelle, Autofahrer, die sich im Straßenverkehr riskant verhalten oder auch Personen, die sich einem sexuellen Risiko, beispielsweise durch eine HIV-Infektion, aussetzen. Der untersuchte Zusammenhang bezieht sich auf die Frage, inwieweit diese erhöhte Risikobereitschaft mit einer eher gegenwartsbezogenen oder eher zukunftsorientierten Zeitperspektive in Verbindung gebracht werden kann. So haben etwa Auto- und Motorradfahrer, die selbstberichtetes Risikoverhalten an den Tag legen, eine deutlich geringer ausgeprägte Zukunftsorientierung. Diese geringe Neigung zeigen sie auch dann, wenn Aggressivität, Impulsivität und Sensationsgier als Variablen ausgenommen werden (Zimbardo, 1997).

Eine zweite, mehr allgemeine Dimension des Risikoverhaltens, bezieht sich auf materielle oder finanzielle Aspekte. Mit dieser Erweiterungen werden zwei Begriffe eingeführt: die Risikoablehnung, also die graduelle Abneigung einer Person, überhaupt ein Risiko einzugehen, sowie die Risikotoleranz. Der Begriff Risikotoleranz beschreibt die Bereitschaft einer Person, ein gewisses Risiko zu akzeptieren bis hin zur gänzlichen Ablehnung. Damit scheint die Riskotoleranz die inverse Auffassung der Risikoablehnung zu sein, aber die Risikotoleranz bezieht andere Faktoren wie Markterwartungen oder Lebensphasenumstände mit ein (Yao, Gutter, & Sherman, 2005).

Wie beim zukünftigen Zeithorizont wurde das Risikoverhalten auch mit psychologischen Dispositionen begründet. Persönlichkeitspsychologen haben sich auf die individuellen Unterschiede im Risikoverhalten konzentriert (Lopes, 1987). Die Entscheidungsträger werden nach ihren Neigungen in Risikovermeider und Risikosuchende eingeteilt, mit unterschiedlicher Ausprägung der Bereitschaft ein Risiko einzugehen (Teng, 2001). Diese charakterliche Disposition kann sich jedoch verändern, je nachdem in welchem Kontext die zu treffende Entscheidung steht. In Gewinnsituationen werden sichere Gewinne den riskanten Optionen vorgezogen, in Verlustlagen erhöht sich die Tendenz zum Risiko (Thaler, & Johnson, 1990). Es gibt daher eine „Ausblickstheorie“, die besagt, dass Individuen zukünftigen Gewinn oder Verlust mit einem Status quo vergleichen und dann das Ergebnis gewichten, wobei die stärkere Motivation immer auf der Ablehnung eines Verlustes zielt (Teng, 2001). Mit dieser „Ausblickstheorie“ ergibt sich eine zeitliche Dimension, die auch Unterscheidungen zwischen kurz- und langzeitigem Risikoverhalten ermöglicht. Kurzzeitige Risikobereitschaft ist stärker geprägt von impulsivem Verlangen, etwa dem Wunsch sofort zu konsumieren. Langzeitiges Verhalten besitzt eine starke Übereinstimmung mit einem ausgeprägten zukünftigen Zeithorizont, vor allem in Hinsicht auf finanzielle Aspekte (Zimbardo, & Boyd, 1999). Da langfristig materiell gesicherte Zukunfts- und Zeitvorstellungen teilweise den Verzicht auf einen gegenwärtigen Konsum bedeuten, spielt die regulatorische Selbstkontrolle eine große Rolle (Howlett, Kees, & Kemp 2008).

Es ergibt sich damit eine mögliche Abhängigkeit der Risikobereitschaft vom zeitlichen Weitblick. Daher wird in dieser Studie die Hypothese geprüft:

Hypothese 2 (H2): Je stärker der zeitliche Weitblick einer Person ausgeprägt ist, desto weniger risikobereit ist diese.

Wie in der Diskussion der „Future Time Perspektive“ finden sich vor allem in amerikanischen Studien Bezüge zu der Frage, wie die Individuen für ihren Ruhestand vorsorgen. Dabei wird eine Variable eingeführt, die das Haushaltseinkommen als mitbestimmend für die Möglichkeit sieht, auf gegenwärtigen Konsum zu verzichten und Anteile des Einkommens zu sparen. Eine umfangreiche Datenbasis dazu lieferte 1989 der „Survey of Consumer Finances“ (SCF), der von der Notenbank der Vereinigten Staaten gesponsert wurde. Die Umfrage enthält Angaben zu Vermögen und Schulden US-amerikanischer Haushalte mit einer Reihe von Variablen wie Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Ausbildung, Familienstand und Beschäftigungsstatus (Schooley, & Worden 1996).

Diese Studie bildet die Datenbasis für eine Reihe weiterer Untersuchungen wie Gender-, Alter-, Bildungs- oder Ethnozugehörigkeit. Wie bereits erwähnt, haben Frauen eine längere Lebenserwartung als Männer, aber geringeres Einkommen und weniger Wohlstand, was zu einer höheren Risikoablehnung führt (Bajtelsmit, & Bernasek, 1999). Männer orientieren sich eher an der Gegenwart und sind bereit mehr Risiken einzugehen als Frauen, diese hingegen sind zukunftsorientierter (Zimbardo, 1997). Ebenso bestimmt letztlich die materielle Basis unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in den USA die Bereitschaft zur Vorsorge. Die verringerten Möglichkeiten führen in bestimmten ethnischen Gruppen zu geringerer Risikotoleranz (Yao, Gutter, & Hanna, 2005).

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Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Time Perspective and Financial Decision Making. Eignung des zeitlichen Weltblicks zur Vorhersage risikoreichen Verhaltens
Hochschule
Hochschule für angewandtes Management GmbH
Note
1,0
Jahr
2013
Seiten
33
Katalognummer
V302673
ISBN (eBook)
9783668014084
ISBN (Buch)
9783668014091
Dateigröße
649 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Statistik
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Time Perspective and Financial Decision Making. Eignung des zeitlichen Weltblicks zur Vorhersage risikoreichen Verhaltens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302673

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