Lieder in neuen Lehrwerken - Zum Umgang mit Musik im Deutsch als Fremdsprachenunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

22 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Umgang mit Liedern im fremdsprachlichen Landeskundeunterricht

3. Der Umgang mit Liedern in TANGRAM
3.1. Zielgruppe und Prüfungsorientierung
3.2. Umfang
3.3. Umgang mit Liedern – allgemein
3.3.1. Quantität, Zielsetzung und Authenzität der Lieder und Gedichte
3.3.2. Inhaltliche und sprachliche Integration der Lieder in die Lektionen
3.3.4. Didaktische Umsetzung – allgemein
3.4. Didaktische Umsetzung eines Liedes

4. Schluss

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Seit der kommunikativen Wende in den 70/80er Jahren geht es im Fremdsprachenunterricht nicht mehr nur um die Vermittlung von Regelwerken, Strukturen und Vokabeln. Die kommunikative Kompetenz des Lerners galt nun als wichtigstes Ziel im Fremdsprachenunterricht, welches den Lerner befähigen soll, sich in realen fremdsprachlichen Situationen adäquat verhalten zu können. Die sprachliche Korrektheit wurde jetzt um die Verhaltensebene erweitert: Der Lerner soll befähigt werden, sich im fremdsprachlichen Kontext nicht nur sprachlich angemessen zu agieren, sondern auch im Umgang mit der fremden Kultur und deren Mitgliedern erfolgreich zu interagieren.

So sind auch Kenntnisse und Fähigkeiten im sozio-kulturellen Bereich vonnöten, die besonders durch den Landeskundeunterricht, als wichtigen, nicht mehr vom sprachbezogenen Unterricht getrennt zu sehenden Bestandteil vermittelt werden können. Diese sozio-kulturelle Komponente beinhaltet funktionale Kenntnisse, Informationen über das Alltagsleben, eine Erweiterung des geistigen Horizontes als auch einen „Vergleich der Gebräuche und Auffassungen der eigenen und der fremden Kultur mit dem Ziel, die eigene (und fremde) Kultur als eine unter mehreren möglichen „Entwürfen“ zu begreifen“[1]. Die Vermittlung von historisch fundiertem Kulturwissen, das Entwicklungszusammenhänge beschreibt und somit erklärend wirkt, geschieht am Besten durch zeitgeschichtliche Dokumente, die Entwicklungszusammenhänge dokumentieren und verdeutlichen.

Musik, als Ausdruck des Zeitgeistes einer bestimmten Epoche und als Dokument des Gedankengutes einzelner Personen oder auch Gruppen eignet sich besonders gut für diese Zwecke. Es gibt die Wahrnehmung konkreter Personen bzw. Personengruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine bestimmte Gegebenheit wieder und stellt somit authentisch kulturelle Zusammenhänge dar.

Diese Arbeit untersucht das Lehrwerk TANGRAM in Hinblick auf den quantitativen und qualitativen Umgang mit Liedern im Fremdsprachenunterricht. Nach einer kurzen Vorstellung des Lehrwerkes folgt im ersten Schritt eine Analyse der didaktischen Umsetzung des Liedmaterials. Das Hauptaugenmerk liegt dabei neben der Untersuchung nach Quantität, Zielsetzung, Authenzität der Lieder und der inhaltlichen und sprachlichen Integration der Lieder in die Lehrwerkslektionen auf der Gestaltung und Strukturierung der Aufgaben im Hinblick auf das didaktische Drei-Phasen-Modell der Unterrichtsgestaltung mit Liedern. Im zweiten Schritt wird ein konkreter Didaktisierungsvorschlag des Lehrwerkes zu einem Lied vorgestellt. Ziel dieser Arbeit ist in diesem Sinne das Vorstellen des Lehrwerkes in Bezug auf den Umgang mit Liedern im allgemeinen als auch im speziellen. Dem vorausgehend wird überblicksartig umrissen, welches Potential Liedern im Fremdsprachenunterricht inne liegt und welche sprachlernbezogenen Prozesse bei dem Lerner durch den Einsatz von Liedern ausgelöst werden können.

2. Zum Umgang mit Liedern im fremdsprachlichen Landeskundeunterricht

Die Frage aus didaktischer Sicht lautet: Was ist Musik im Fremdsprachenunterricht und was kann man damit erreichen: Musik stellt „eine eigenständige Form von Interaktion, Kommunikation dar, die durch ihr typisches ‚Zeichensystem’/’Sprache’ beim Rezipienten auf Verständigung zielt [...]“[2]. Das große Potential, dass es dabei bietet, ist die Mannigfaltigkeit der Interpretationsmöglichkeiten. So ist ein Lied zwar mit konkreten Absichten und Hintergründen verfasst, doch lassen die eigenen Erfahrungen und die Kreativität der Rezipienten eine Vielzahl von Wahrnehmungs- und Verstehensmöglichkeiten zu. In diesem Sinne kann Musik, als erlebte Landeskunde, den Unterricht nicht nur attraktiver und abwechslungsreicher, sondern auch lernerzentrierter gestalten.

Das besondere Potential der Musik liegt in der emotionalen Kraft, die von ihr ausgeht. Musikalische Stimuli erweisen sich bei dem Lerner als Auslöser von Emotionen, Stimmungen und Gefühlen. Somit können sie ästhetische und angenehme Gefühle der Lerner ansprechen und eine positive Ein-Stimmung und Einstellung auf den Lernprozess hervorrufen.[3] Konkreter formuliert löst Musik Imaginationen aus, welche durch das Konzept der Visualisierung vor dem inneren Auge genutzt werden kann: „Kunst kann im Lerner individuelle Prozesse der Bild-, Musik- und Sprachverarbeitung induzieren und im Endeffekt meist subjektiv-kreative Sprachproduktionsprozesse bewirken. [...] Prozess und Produkt sind Komplement sprachlichen Erfahrens und Handelns.“[4] Deutlich wird, dass Musik und sprachbezogener Unterricht keine zwei voneinander trennbare Disziplinen sind, denn der Umgang mit Musik löst individuelle Sprachleistungen aus und kann laut Quast somit Spracherwerbs-, Sprachrezeptions- und Sprachproduktionsprozesse effektivieren[5].

Nun besteht die Frage, wie sich dieser Prozess beim Lerner vollzieht. Ausgangspunkt der emotionalen und kognitiven Verarbeitung von Musik ist die persönliche Wahrnehmung: „Wahrnehmung ist ein kreativ verlaufender Sinngebungsprozess, bei dem die Wirklichkeit konstituiert wird – es entsteht eine subjektive Wirklichkeit im Kopf des Wahrnehmenden. Wir sehen bzw. hören nicht das, was vorhanden ist, sondern unsere Vorstellung davon.“[6] Die Art und Weise, welche Vorstellungen, welche Imagination der Lerner von einem bestimmten Aspekt hat, hängt zum einen von den Wissensstrukturen des Wahrnehmenden ab, das heißt von der Art und Weise, wie kognitive Schemata, Frames und mentale Modelle in seinem Gehirn repräsentiert sind. Zum anderen ist es abhängig von dem sogenannten ‚Perceptual Set’, dem Zusammenwirken von Einstellungen, Erwartungen, Aufmerksamkeit, Instruktion, kultureller Orientierung, Emotionen usw.[7].

Ist die Wahrnehmung noch ein Prozess, der sich an den eigenkulturellen Vorraussetzungen des Lerners orientiert, so muss die anschließende Bedeutungszuweisung Einblicke in die fremdkulturelle Lebenswelt bieten: So werden nun in der Interpretationsphase erste individuelle Hypothesen gebildet. Didaktisches Ziel dieser Phase ist auf weiterführendem Weg, die Fähigkeit zur Verständigung zwischen Mitgliedern verschiedener Kulturkreise zu entwickeln und zu fördern[8], um „fremde Lebenswelten und Verhaltensweisen besser zu verstehen und ‚Brücken der Verständigung’ zu bauen[9]

In diesem Bereich kommt dem Erfahrungslernen eine ganz entscheidende Rolle zu: Es ist eben nicht mehr, wie in der traditionellen Landeskunde, die kognitive Wissensvermittlung, der das Hauptaugenmerk geschenkt wird, sondern die Aushandlung ‚kultureller Parameter’: „Das Selbststudium des Fremden ausgehend von der eigenen Erfahrung und Kultur – der Interdependenz von Land, Leuten und Sprache sowie der mit dem Lernprozess verbundene Erwerb von Einstellungen, Werten und die Entwicklung von Verständnis für die andere Kultur“ muss bewusst betont werden, um dem Lerner „Einsichten in viele unterschiedliche Facetten der Zielkultur“ zu vermitteln, sein kulturelles Bewusstsein zu schärfen und ihm Gelegenheit zum „Erkennen, Hinterfragen und zum Abbau von existierenden Klischees und Vorurteilen“ zu geben.[10]

Diese Auslegung des erfahrungsorientierten Lernens hat starke Auswirkungen auf das Rollenverständnis von Lehrer und Lerner. Besonders der interkulturell ausgerichtete Landeskundeunterricht bedarf einer lernerzentrierten Ausrichtung. Angefangen von der Auswahl der Themen, die für den Lerner interessant und motivierend sein müssen, konzentriert sich die Arbeit auf fremdkulturellen Gegebenheiten und die damit verbundene Aushandlung von interkulturellen Situationen mehr den je an die Erfahrungen und Lebenswelten des Lerners. In Verbindung mit dem bereits beschriebenen Erfahrungslernen lässt sich konstatieren, dass Lernen immer aktive Arbeit der Lernsubjekte ist: „Im Vordergrund des Unterrichts steht nicht mehr die Lehrerin oder der Lehrer, sondern der Gegenstand. Er ist der gemeinsame Bezugspunkt der Beteiligten; an ihm oder mit ihm machen die Schülerinnen und Schüler eigene Erfahrungen.“[11] Im Sinne eines eigenverantwortlichen und explorativen Lernens muss der schülerorientierte Unterricht „zu Formen praktischen Lernens – ‚learning by doing’ – [anleiten], wobei die Unterrichtsinhalte und Themen so gehalten sein sollen, dass sie das Erlernen der fremden Sprache zu einem Bedürfnis machen“[12] Der Lehrer im Gegenzug agiert nicht als Kontrolleur, sondern eher als Monitor und Berater, der die Lerner unterstützt sich selbst zu orientieren und Zusammenhänge und Bedeutungen zu verstehen.[13] Er „hilft, moderiert, gibt Anregungen, bietet zusätzliche Materialien an, schlägt Arbeitsaufgaben vor, hilft bei der Bewältigung von Gruppenprozessen, bleibt aber letztendlich im Hintergrund“[14].

[...]


[1] Wicke, R.: Grenzüberschreitungen – Der Einsatz von Musik, Fotos und Kustbildern im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht in Schule und Fortbildung. München 2000. S. 18

[2] Blell, Gabriele: Vom literarischen Text zum Bild und zum Musikstück oder umgekehrt: Literarisierte Bilder und Musikstücke zur Förderung der Prozessorientierung im Fremdsprachenunterricht. S. 162 In: Glienow, W.; Hellwig, K.H. (Hrsg.): Interkulturelle Kommunikation und prozeßorientierte Medienpraxis im Fremdsprachenunterricht: Grundlagen, Realisierung, Wirksamkeit. Seelze 1994

[3] vgl. Quast, Ulrike: Zur Rolle und zu ausgewählten Verwendungsmöglichkeiten von Musik im Fremdsprachenunterricht. S. 108 In: Blell, G.; Hellwig, K.H. (Hrsg.): Bildende Kunst und Musik im Fremdsprachenunterricht. Frankfurt/Main 1996.

[4] Blell/Hellwig zitiert in Grätz, R.: Kunst und Musik im Deutschunterricht. In: Fremdsprache Deutsch, 2/1997. 17 Kunst und Musik im Deutschunterricht. S. 5

[5] vgl. Quast: 107

[6] Bachmann u.a. 1995: 114 in Grätz: 6

[7] vgl. Vorlesung: Dr. Barbara Biechele: Modelle des Lehrens und Lernens. SS 1999

[8] vgl. Wi>

[9] Wicke, Ermst-Rainer: Kontakte knüpfen, Fernstudienprojekt zur Fern- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und DaF, Fernstudieneinheit 8. 1994. S. 14. In: Wi>

[10] Wi>

[11] Wi>

[12] Wi>

[13] vgl. Wi>

[14] Wicke: 8

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Lieder in neuen Lehrwerken - Zum Umgang mit Musik im Deutsch als Fremdsprachenunterricht
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Deutsch als Fremdsprache)
Veranstaltung
Auswahl und Einsatz von Liedern im kulturkundlichen Fremdsprachenunterricht
Note
1,3
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V30236
ISBN (eBook)
9783638315401
Dateigröße
2250 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zum Umgang mit Liedern allgemein und speziell im Lehrwerk 'Tangram' - inklusive eines eigenen Didaktisierungsvorschlages
Schlagworte
Lieder, Lehrwerken, Umgang, Musik, Deutsch, Fremdsprachenunterricht, Auswahl, Einsatz, Liedern, Fremdsprachenunterricht
Arbeit zitieren
Anonym, 2004, Lieder in neuen Lehrwerken - Zum Umgang mit Musik im Deutsch als Fremdsprachenunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30236

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