Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg. Sprachstandsdiagnose mit HASE und SETK 3-5


Hausarbeit, 2012

19 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Schulfähigkeit

3. Die Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg
3.1 Die zweischrittige Neukonzeption
3.2 Sprachstandsdiagnose

4. HASE
4.1 Konzeption
4.2 Aufgabenbereiche
4.3 Normierung, Gütekriterien und kritische Werte

5. SETK 3-5
5.1 Konzeption
5.2 Aufgabenbereiche
5.3 Normierung und Gütekriterien

6. Zur Notwendigkeit der Einschulungsuntersuchung

7. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Für jedes Kind ist der Eintritt in die Schule eine große Herausforderung – ein neuer Lebensabschnitt beginnt nun, welcher „gewichtige Veränderungen im gewohnten Tagesrhythmus und in der äußeren Lebensgestaltung“[1] mit sich bringt. Das Neue ist einerseits verbunden mit großen Erwartungen, Neugierde und Vorfreude; andererseits zugleich mit einer gewissen Unsicherheit. Viele Eltern fragen sich: Ist mein Kind den Anforderungen der Schule gewachsen? Wird die Schule mein Kind überfordern? Wäre es nicht besser, noch ein Jahr mit der Einschulung zu warten?

Die richtige Entscheidung über die Schulfähigkeit eines Kindes ist von großer Bedeutung, denn bei Fehlentscheidungen können schwerwiegende Probleme eintreten. Daher ist es wichtig, schon vor Schuleintritt festzustellen, „ob ein schulpflichtiges Kind den Anforderungen der Schule gewachsen ist“[2]. Im Folgenden wird zunächst auf den Begriff der Schulfähigkeit und daraufhin auf die neukonzipierte Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg eingegangen. Im weiteren Verlauf wird deren Sprachstandsdiagnose, nämlich das Sprachscreening HASE und der Sprachentwicklungstest SETK 3-5, dargestellt. Abschließend wird erörtert, ob eine Einschulungsuntersuchung überhaupt notwendig ist und ob die Testverfahren HASE und SETK 3-5 für die Anwendung in der Einschulungsuntersuchung geeignet sind.

2. Schulfähigkeit

Damit die „Bewältigung schulischer Anforderungen des Anfangsunterrichts“[3] erfolgreich gelingt, muss ein Kind eine Menge an Fähigkeiten und Fertigkeiten mit in die Schule bringen. Dabei sind nicht nur Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten oder der Umgang mit Mengen von Bedeutung, sondern auch die motorische Entwicklung und die sozialen Kompetenzen. Ob ein Kind schulfähig ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab; unter anderem die vorschulischen Lernerfahrungen, der physische und psychische Entwicklungsstand des Kindes, die Qualität der Anregungen durch die Kindertageseinrichtung, aber auch die neue Schule beispielsweise hinsichtlich den Leistungsanforderungen und der Lehrerpersönlichkeit. Schulfähigkeit ist somit eine „gemeinsame Aufgabe aller an der Erziehung und Bildung des Kindes Beteiligten. Das sind Familie, Kindergarten, Schule, das Kind selbst und weitere Bildungsumwelten, die das Kind umgeben“[4].

Schon seit geraumer Zeit wird über die Schulvorbereitung im Kindergarten debattiert. Da sich Vorläuferfertigkeiten für die Schule bereits im Kindesalter entwickeln, ist es wichtig, schon früh die Voraussetzungen für die Schulfähigkeit zu schaffen. Zu dieser Erkenntnis gelangte man auch nach der Erschütterung durch PISA; man schenkte nun Bildung und Erziehung mehr Aufmerksamkeit und versuchte, „bessere Startchancen für den Schulanfang zu schaffen […] und die Förderung aller Kinder früher und effektiver einsetzen zu lassen“[5]. Es geht dabei nicht darum, im Kindergarten schulische Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben oder Rechnen zu erlernen, sondern um die Förderung der Fähigkeiten, welche für die weitere Entwicklung der Kinder grundlegend sind, denn „das Ausmaß, in dem entsprechende Kenntnisse frühkindlich erworben werden, [hat] auch Folgen für den späteren Schulerfolg“[6].

3. Die Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg

3.1 Die zweischrittige Neukonzeption

Bis vor einigen Jahren fanden in Baden-Württemberg Schuleingangsuntersuchungen erst kurz vor Schuleintritt statt. Man wurde sich jedoch der Wichtigkeit bewusst, „viele frühzeitig erkannte Leistungsversager durch entsprechende Maßnahmen so weit […] [zu fördern], daß eine altersgemäße Einschulung möglich sein wird“[7]. Infolgedessen wird nun seit einiger Zeit die Einschulungsuntersuchung schon ca. eineinhalb Jahre vor dem Einschulungstermin durchgeführt. „Ziel ist, die Chancen aller Kinder auf einen gelungenen Schulstart zu verbessern“[8].

Die Teilnahme an der neukonzipierten zweischrittigen Einschulungsuntersuchung ist für alle Kinder in Baden-Württemberg verpflichtend.[9] Sowohl gesundheitliche Einschränkungen als auch mögliche Entwicklungsrückstände des Kindes sollen frühzeitig erkannt werden, sodass rechtzeitig entsprechende Interventionen eingeleitet werden können. Für die Durchführung der Einschulungsuntersuchung ist der „Kinder- und Jugendärztliche Dienst der Gesundheitsämter“[10] zuständig.

Im Schritt 1 wird 24 – 15 Monate vor dem offiziellen Einschulungstermin bei allen Kindern ein etwa 45-minütiges Entwicklungsscreening, auch Basisuntersuchung genannt, in der Kindertageseinrichtung durchgeführt. Dabei werden vor allem sprachliche, auditive, visuelle und motorische Fähigkeiten, aber auch das allgemeine Verhalten, der Impfstatus, die durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen, Größe und Gewicht untersucht. Bei erheblichen Auffälligkeiten bzw. Hinweisen auf Entwicklungsdefizite findet eine ergänzende ärztliche Nachuntersuchung statt.

Schritt 2 findet etwa drei Monate vor der geplanten Einschulung statt und „dient der Abklärung der Schulreife aus medizinischer Sicht“[11]. Die Gesundheit ist zweifelsohne eine wesentliche Voraussetzung für den Schulbesuch; daher werden die Ergebnisse aus Schritt 1, die Einschätzung der Kooperationslehrer und eine aktualisierte Entwicklungsdokumentation durch die Erzieherinnen („Erzieherinnenfragebogen“) insbesondere hinsichtlich „gesundheitliche[r] Einschränkungen im Blick auf den zukünftigen Schulbesuch“[12] beurteilt. Bestehen Zweifel an der Schulfähigkeit des Kindes findet nochmals eine schulärztliche Untersuchung statt. Diese ist für Kinder, welche keine Einrichtung besuchen, verpflichtend.

Abschließend werden die Kinder in „intensiver Förderbedarf“, „Förderbedarf“ und „kein Förderbedarf“ bzw. „ohne Befund“ eingeteilt. Dieser Unterteilung entsprechend wird über eine Einschulung, Zurückstellung oder sonstige pädagogische Fördermaßnahmen entschieden.

3.2 Sprachstandsdiagnose

Ein systematischer Schriftspracherwerb beginnt in der Regel erst mit Schuleintritt, dennoch entwickeln sich Vorläuferfertigkeiten bereits lange Zeit vorher. Aus diesem Grunde wird „den frühen sprachlichen Fähigkeiten […] eine große Bedeutung für den erfolgreichen Erwerb der Schriftsprache beigemessen“[13]. Da eine Sprachentwicklungsstörung eine äußerst große Gefahr für Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten darstellt und somit den schulischen Erfolg reduzieren bzw. erschweren kann, wurden „Sprachstandsfeststellungsverfahren eingeführt, in der Hoffnung durch frühzeitiges Feststellen sprachlicher Probleme die Grundlage dafür zu schaffen, dass in der pädagogischen Praxis der Kindertageseinrichtung diese bereits vor der Einschulung bearbeitet und aufgebaut werden“[14]. Bei der neukonzipierten Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg wird in der Basisuntersuchung bei allen Kindern das Sprachscreening HASE durchgeführt. Werden dabei Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung festgestellt, findet in der Folge eine zusätzliche Sprachstandsdiagnose mit SETK 3-5 statt.

4. HASE

4.1 Konzeption

Unter HASE versteht man das sogenannte Heidelberger Auditive Screening in der Einschulungsuntersuchung. Es ist für die Früherkennung von Störungen in der Lesekompetenz und in der Rechtschreibung von Prof. Dr. Hermann Schöler und Dr. Dipl. Psych. Monika Brunner entwickelt worden und wird derzeit flächendeckend in der neukonzipierten Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg genutzt. Das Screening prüft wesentliche Fertigkeiten für den Spracherwerb - darunter fallen insbesondere „das Sprachgedächtnis, die Fähigkeit, Laute richtig zu unterscheiden sowie Regeln für den Aufbau der Sprache“[15].

4.2 Aufgabenbereiche

Das Heidelberger Auditive Screening in der Einschulungsuntersuchung enthält vier verschiedene Aufgabenbereiche mit jeweils bis zu zehn einzelnen Items, welche als „reliable und valide Indikatoren für die allgemeine Sprachleistungsfähigkeit sowie für Bereiche der phonologischen Schleife des Arbeitsgedächtnisses“[16] gelten:

(1) NS: Nachsprechen von Sätzen
(2) WZ: Wiedergabe von Zahlenfolgen
(3) EW: Erkennen von Wortfamilien
(4) NK: Nachsprechen von Kunstwörtern[17]

Beim Untertest (1) muss das Kind verschiedene Sätze möglichst fehlerfrei nachsprechen. Dabei nimmt sowohl die Satzlänge als auch der Komplexitätsgrad der grammatikalischen Struktur zu. NS beinhaltet zehn Sätze, „von denen jeweils zwei Sätze Varianten einer Struktur sind“[18], so zum Beispiel Aufgabe 1a „Tina singt“; Aufgabe 1b „Peter rennt“[19]. Bei korrekter Reproduktion der Variante a wird Variante b übersprungen und es wird sogleich zur Variante a des nächst schwereren Items übergegangen. Beim Untertest Nachsprechen von Sätzen wird die sprachliche Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Sprachproduktion und der Erschließung sprachlicher Äußerungen überprüft.

Bei der Aufgabenstellung (2), der Wiedergabe von Zahlenfolgen, soll sich das Kind eine Serie von Ziffern merken und diese anschließend in der richtigen Reihenfolge aufsagen. Dabei steigt die Länge der Ziffernfolge von zwei bis sechs an. Es werden nur einsilbige Zahlen, also „1“ bis „6“ und „8“ bis „10“, vorgegeben; die „7“ bleibt aufgrund ihrer Zweisilbigkeit und der damit verbundenen höheren Komplexität unbeachtet.[20] Auch WZ folgt in der Durchführung dem obigen Schema: Variante b wird nur dann ausgeführt, wenn Variante a falsch wiedergegeben wurde. Durch die unmittelbare Wiedergabe von Zahlenfolgen „wird die auditiv-serielle sprachunspezifische Kurzzeitbehaltensleistung“[21] erfasst.

Das Erkennen von Wortfamilien bildet den dritten Untertest. Dem Kind werden drei ähnlich klingende Wörter vorgegeben, zum Beispiel „Haus – Hans – Häuser“[22]. Es gilt nun herauszufinden, welcher der genannten Begriffe einer anderen Wortfamilie angehört bzw. welche zwei Wörter den gleichen Wortstamm besitzen. Die semantische Strukturerfassung der Sprache ist u. a. eine wichtige Bedingung für eine korrekte Rechtschreibung. Daher ist es von großer Bedeutung, mit EW die Fähigkeit „vom Klang eines Wortes zu abstrahieren und trotz ähnlicher Klanggestalt nach semantischer Zusammengehörigkeit zu kategorisieren“[23] zu erfassen.

[...]


[1] Nickel (1976), S.14.

[2] Amelang / Zielinski (1997), S. 248.

[3] Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2012), S. 5.

[4] Reichenbach / Lücking 2007, S.20.

[5] Bründel (2005), S. 11.

[6] Leu / Diller / Rauschenbach (2010), S. 11 f.

[7] Gutjahr u.a. (1977), S.27.

[8] Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren (2010).

[9] Vgl. § 91 SchG.

[10] Rux (2012), S. 293.

[11] Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren (2010).

[12] Ebd.

[13] Hasselhorn / Schneider (2011), S.3.

[14] Ebd.

[15] Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren (2010).

[16] Testzentrale (2009), S. 126.

[17] Vgl. Schöler / Brunner (2008), S. 14.

[18] Ebd.

[19] Vgl. ebd., S. 19.

[20] Vgl. ebd., S. 15.

[21] Schöler / Brunner (2008), S. 14.

[22] Roos / Schöler / Treutlein (2007), S. 5.

[23] Schöler / Brunner (2008), S. 15.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg. Sprachstandsdiagnose mit HASE und SETK 3-5
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Sprachliche Bildung und Förderung im Kindergarten
Note
1,0
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V302001
ISBN (eBook)
9783668007314
ISBN (Buch)
9783668007321
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einschulung, Einschulungsuntersuchung, Baden-Württemberg, Sprachstandsdiagnose, HASE, SETK
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Einschulungsuntersuchung in Baden-Württemberg. Sprachstandsdiagnose mit HASE und SETK 3-5, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302001

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