Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Rentenversicherung und daraus resultierende Schlussfolgerungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage


Diplomarbeit, 2015

54 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ziel der Arbeit
1.2. Gang der Untersuchung

2. Der demografische Wandel und die Veränderung der Finanzierungsgrundlagen für die Rentenversicherungen in Deutschland
2.1. Der demografische Wandel und die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur
2.2. Das Rentenversicherungssystem
2.2.1. Entwicklung des Rentenversicherungssystems
2.2.2. Aufbau des 3-Säulen-Modells der Alterssicherung
2.2.2.1. Die erste Säule
2.2.2.2. Die zweite Säule
2.2.2.3. Die dritte Säule
2.3. Umlageverfahren vs. Kapitaldeckungsverfahren in Bezug auf den demografischen Wandel

3. Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Versicherungswirtschaft mit Schwerpunkt auf die private Rentenversicherung
3.1. Probleme der privaten Rentenversicherung
3.1.1. Alterung von Kunden unter Betrachtung des Langlebigkeitsrisikos und der veränderten Kundenbedürfnisse
3.1.2. Alterung der Mitarbeiter und der daraus resultierende Fachkräftemangel
3.2. Chancen der privaten Rentenversicherung

4. Lösungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage der privaten Rentenversicherung
4.1. Stärkungen der Öffentlichkeitsarbeit
4.2. Erwerbstätigenpotenziale steigern
4.2.1. Mütter und Arbeitslose
4.2.2. Kritik am langen Bildungsweg in Deutschland
4.3. Flexible Regelaltersgrenzen schaffen
4.4. Migrationen als Ausgleich zum Fachkräftemangel

5. Zusammenfassung

I. Anhang

II. Anhang

III. Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

I. Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland, 1910, 1950, 2010 und 2060

II. Abbildung 2 Entwicklung der TFR (zusammengefasste Geburtenziffer) von 1960–2009 für ausgewählte europäische Länder

III. Abbildung 3 Zu- und Fortzüge über die Außengrenzen Deutschlands, 1991-2010

IV. Abbildung 4 Das Rentenversicherungssystem in Deutschland anhand eines 3-Säulen-Modells

V. Abbildung 5 Das angestrebte Rentenversicherungssystem in Deutschland anhand eines 3-Schicht-Modells

VI. Abbildung 6 Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Versicherungswirtschaft

VII. Abbildung 7 Die drei Grundformen der Bevölkerungsstruktur

Tabellenverzeichnis

I. Tabelle 1 Übersicht ausgewählter Varianten der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung

II. Tabelle 2 Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland nach Varianten der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung, 2010-2060 (in 1.000)

III. Tabelle 3 Vergleich Riester- und Rürup-Rente

IV. Tabelle 4 Private Rentenversicherung

V. Tabelle 5 Produkte der fondgebundenen privaten Rentenversicherung in Risikoklassen eingeteilt

VI. Tabelle 6 Vergleich der konventionellen- und fondgebundenen privaten Rentenversicherung

VII. Tabelle 7 wichtige demografische Kennzahlen

1. Einleitung

Aufgrund des demografischen Wandels ist die gesetzliche Rentenversicherung als alleinige finanzielle Absicherung über das deutsche Rentensicherungssystem für die Zeit nach der Erwerbsphase nicht mehr ausreichend. Wegen der vom Staat mehrfach verabschiedeten und durchgeführten Rentenreformen droht immer mehr Menschen die Altersarmut. Um dies zu vermeiden ist es unumgänglich, sich als Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer zusätzlichen Altersvorsorge (betriebliche- und private Altersvorsorge) abzusichern. Jedoch ist nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung vom Wandel der Bevölkerungsstruktur betroffen, sondern auch die private Altersabsicherung.

1.1. Ziel der Arbeit

Aufgrund des demografischen Wandels werden einige Herausforderungen auf die Versicherungsunternehmen zukommen. Sie unterliegen sogar einer Doppelbelastung. Zum einen auf der Seite der Kunden und zum anderen auf der Unternehmensseite. Es wird immer weniger, jedoch vergleichsweise immer ältere Kunden geben. Des Weiteren werden die Unternehmen dem Fachkräftemangel ausgesetzt sein. Der demografische Wandel beeinflusst das Kapitaldeckungsverfahren der privaten Rentenversicherung jedoch anders als das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung. Um die verschiedenen Auswirkungen zu untersuchen werden beide, auf dessen „Demografietauglichkeit“, verglichen und Rückschlüsse auf die private Rentenversicherung gezogen.

Die zentrale Frage dieser Arbeit ist: Wie ist es für die Versicherer möglich, eine solide Finanzgrundlage für die private Rentenversicherung unter den voranschreitenden Veränderungen des demografischen Wandels zu schaffen? Dabei werden die Probleme der privaten Rentenversicherung erörtert und resultierende Chancen und Möglichkeiten am sich ändernden Versicherungsmarkt abgeleitet.

1.2. Gang der Untersuchung

Der demografische Wandel rückt immer mehr in den Fokus politischer Themen. Aufgrund dessen wird die zukünftige Wirtschaftsentwicklung Deutschlands stark beeinflusst sein. Der Autor untersucht die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Rentenversicherung und leitet Schlussfolgerungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage ab.

Im zweiten Kapitel dieser Arbeit werden die theoretischen Grundlagen erläutert. Erster Schwerpunkt ist der demografische Wandel Deutschlands. Anschließend wird das Renten­versicherungssystem Deutschlands beschrieben. Der Fokus liegt bei der privaten Renten­versicherung. Mit dieser Grundlage wird das Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren in Bezug auf den demografischen Wandel verglichen und bildet den Abschluss des zweiten Kapitels.

Das dritte Kapitel beschreibt die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Versicherungswirtschaft. Hierbei werden zwei Perspektiven betrachtet. Zum einen die Auswirkungen auf der Kundenseite und zum anderen die der Unternehmensseite. Anschließend wird der Autor eine Problem- und Chancenbetrachtung durchführen und im vierten Kapitel Lösungsansätze zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage aufzeigen. Diese werden anhand von vier gewählten Beispielen mit Hilfe von Wirkungsketten beschreiben. Unter dem fünften Punkt dieser Arbeit bildet der Autor ein zusammenfassendes Schlusswort seiner Untersuchungen und Erkenntnisse.

2. Der demografische Wandel und die Veränderung der Finanzierungsgrundlagen für die Rentenversicherungen in Deutschland

Dieses Kapitel beschreibt den demografischen Wandel und den Aufbau des Renten­versicherungssystems in Deutschland auf der Grundlage des 3-Säulen-Modells. Schwerpunkt des Rentenversicherungssystems bildet die private Rentenversicherung. Abschließen wird das Umlage- und Kapitaldeckungsverfahrens bezogen auf den demografischen Wandel verglichen.

2.1. Der demografische Wandel und die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur

Unter dem Begriff Demografie wird die Wissenschaft einer Population (Bevölkerung innerhalb geografischer Grenzen) verstanden. Der demografische Wandel beschreibt somit eine Bevölkerungsentwicklung.

Der Begriff Bevölkerungsentwicklung bezeichnet einen dynamischen Prozess mit variierenden Geschwindigkeiten und Richtungen (z. B. die ethnische Zusammensetzung, die Altersstruktur und Geburtenziffern, die Bildung und räumliche Verteilung einer Bevölkerung etc.) ohne einen optimalen Zielzustand.[1]

Beim demografischen Wandel werden im Wesentlichen drei verschiedene Bereiche einer Population untersucht, die Fertilität (Geburtenrate), die Mortalität (Sterberate) und die Migration (Zu- und Ab­wanderungen eines Landes). Die Betrachtung der drei Hauptfaktoren zeigt wie eine Population strukturiert ist und sich im laufe der Zeit ändert. Das Thema des demografischen Wandels tritt bei den entwickelten Ländern immer mehr in den politischen Fokus,[2] so auch in Deutschland.

Wie hat sich die Bevölkerung Deutschlands in den letzten Jahrzehnten verändert? Deutschland zeichnet sich durch einen kontinuierlichen Rückgang der Fertilität aus. Die Gesamtzahl der Bevölkerung verringert sich seit dem Jahr 2003 stetig, gegensätzlich steigt jedoch die Zahl der Älteren kontinuierlich seit 1972 im Verhältnis zu den Neugeborenen an. Die Altersstruktur verschiebt sich somit gravierend, wie in der folgenden Grafik abgebildet.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Abbildung 1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland, 1910, 1950, 2010 und 2060[4]

In der Abbildung 1 sind drei Grafiken des Altersaufbaus der Bevölkerung Deutschlands der Jahre 1910,1950 und 2010/2060 abgebildet. Alle drei verlaufen nach der gleichen Achsen­einteilung, indem die X-Achse die Bevölkerungszahl in 1.000 beschreibt, links davon die Män­ner und rechts die Frauen abbildet. Die Y-Achse bildet jeweils das Lebensalter der Population Deutschlands ab.

Nach Friedrich Burgdörfer (* 24. April 1890; † 18. November 1967, deutscher Bevölkerungs­wissenschaftler) sind drei Grundformen der Bevölkerungsstruktur bekannt geworden. Die „Py­ramide, Glocke und Urne als Symbol des Altersaufbaus“[5] Eine Abbildung ist hierzu im I. Anhang unter „Abbildung 7 Die drei Grundformen der Bevölkerungsstruktur“ dargestellt.

In der Abbildung 1 ist der Altersaufbau der Bevölkerung Deutschlands von 1910 noch eindeutig mit der Form einer Pyramide vergleichbar. Die Pyramide ist das Symbol eines wachsenden jungen Volkes. Die absolute Zahl der Geburten nahm in Deutschland zu dieser Zeit noch jährlich zu. 1950 hat sich die Altersstruktur bereits gewandelt und gleicht nun der Form einer Glocke. Diese Form beschreibt die Stagnation der Geburtenzahl, dementsprechend stagniert auch die Bevölkerungszahl Deutschlands. 2010 ist die Bevölkerung Deutschlands bereits ein überaltertes Volk. Die Altersstruktur gleicht der Form einer Urne. 2060 (dargestellt durch einen blauen Graphen) setzt sich dieser Prozess der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung weiter fort.[6]

Die Geburtenziffer, auch Total Fertility Rate (TFR) genannt, bestimmt entscheidend das Wachs­tum oder die Verringerung einer Bevölkerung und ist eine Beschreibungsgröße der Fertilität. Mit der TFR werden alle Geburten eines Kalenderjahres aller Frauen im Alter von 15-49Jahren, also kohortenspezifisch (Kohorten= Gruppierungen, in der Bevölkerungswissenschaft z.B. Geburtsjahrgänge) betrachtet. Im Jahr 2010 lag die TFR in Deutschland bei 1,39 Kindern je Frau (akt. Stand von 2013, TFR Deutschlands: 1,42[7] ). Jedoch sollte sie für den Generationenersatz, das heißt für den Erhalt der Bevölkerungszahl, bei 2,1 Kindern je Frau liegen. In Abbildung 3 ist die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland (ehemals BRD und DDR zusammengefasst) im jeweiligen Kalenderjahr von 1960-2010 im Vergleich mit ausgewählten europäischen Ländern abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Abbildung 2 Entwicklung der TFR (zusammengefasste Geburtenziffer) von 1960–2009 für ausgewählte europäische Länder[8]

Wie zu erkennen ist seit dem „Babyboom“ der 60er-Jahre die Zahl der Geburten je Frau dras­tisch gesunken. Im Jahr 1965 lag die TFR in Deutschland bei ca. 2,5, im Jahr 1975 bereits bei etwa 1,5 und im Jahr 1985 auf einem Tief von ca. 1,3. Es ist zu beachten, dass Deutschland als einheitliches Land betrachtet wird und nicht nach der Einteilung in die ehemalige BRD und DDR. Im internationalen Vergleich ausgewählter europäischer Länder ist zu erkennen, dass Deutschland seit Mitte der 80er Jahre zu den Ländern mit einer geringen Fertilität gehört. Im Durchschnitt liegt die TFR der Europäischen Union (EU) bei 1,6 (Letzter aktueller Stand von 2008). Ausschlaggebend für die Geburtenzahlen sind unter anderem die Lebensformen (Unterschied der Geburtenzahlen bei verheirateten und nicht verheirateten, außerdem gibt es immer mehr alleinerziehende Personen) und dem Bildungsstand. Frauen mit einem höheren Bildungsstand haben keine bzw. weniger Kinder, da die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schwer zu bewerkstelligen ist. Diese Frauen entscheiden sich meist für die Karrierelaufbahn anstatt für die Planung einer Familie. Das liegt auch daran, dass die Arbeitswelt noch sehr stark von männlichen Lebensmustern gekennzeichnet ist und Beruf und Familie erschwert zu vereinbaren sind. Außerdem scheut es den Frauen vor Einkommensausfällen oder der Ver­schlechterung ihrer sozialen Stellung.[9]

Konträr zum Rückgang der Geburtenzahlen steigt die Lebenserwartung der in Deutschland lebenden Bevölkerung. (Diese Entwicklung ist in allen entwickelten Staaten zu beobachten.) Aufgrund des Rückgangs der Säuglingssterblichkeit (seit ca. 1850-Anfang 1900), der immer ,,[besseren] Arbeitsbedingungen, [der] Fortschritte in der medizinischen Versorgung [und der verbesserten] Hygiene und Ernährung [...]"[10] steigt die Lebenserwartung ,,kontinuierlich um knapp drei Monate pro Jahr"[11] an. Aus der Forschung geht hervor, dass die Lebenserwartung keine in den genetischen Anlagen eines Menschen festgelegte Größe, sondern ein auf die Lebensumstände zurückzuführendes Ergebnis ist. Die Menschen leben länger in einem gesund­heitlich guten Zustand und der Alterungsprozess setzt später und nicht, wie teils angenommen, verlangsamt ein.[12]

Eine vollständige statistische Beschreibung der Mortalität einer Bevölkerung wird mit einer Sterbetafel beschrieben. „Auf der Grundlage von beobachteten Sterbefällen wird die Ent­wicklung einer konstruierten (Sterbetafel-)Bevölkerung in ihrem gesamten Lebenszyklus dar­gestellt und veranschaulicht. Daraus lassen sich Aussagen über die Sterbeverhältnisse in den verschiedenen Altersgruppen treffen. Eine Sterbetafel liefert verschiedene logisch abgeleitete und interpretierbare Parameter zur Beschreibung der Mortalität.“[13] Zu unterscheiden sind zwei Arten von Sterbetafeln. Zum einen die Generationstafel (Längsschnitttafel), die die Mortalitätsverhältnisse von einem Geburtsjahrgang darstellt, und zum anderen die Periodentafel (Querschnittstafel), die die Mortalitätsverhältnisse altersspezifisch über einen Beobachtungszeitraum der noch lebenden Geburtenjahrgänge untersucht und aufzeigt.

Die Sterbetafeln finden Ihre Anwendung in der Versicherungsbranche. Diese können ihre Prämienkalkulation der Lebensversicherungen (und somit der Rentenversicherungen) anhand der dargestellten mittleren Lebenserwartung der Antragssteller oder Versicherten als Grundlage ihrer Berechnungen nutzen.[14] Dem II. Anhang dieser Arbeit ist zur Veranschaulichung eine Sterbetafel hinzugefügt.

Ein weiterer wichtiger Faktor des demografischen Wandels ist die Migration, das heißt die Zu- und Ab­wanderungen einer Bevölkerung. ,,Deutschland hat in seiner jüngsten Geschichte alle denkbaren Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden Migration erlebt: Aus-, Ein- und Transitwanderungen, Arbeitswanderungen ebenso wie Flucht- und Zuwanderungen- sowohl von Deutschen als auch von Aus­ländern."[15]. Nach dem 2. Weltkrieg war Deutschland bereits eines der beliebtesten Einwanderungsländer in Europa. In den Jahren zwischen 1950-1970 basiert der Großteil der Zuwanderungen auf Arbeitsmigranten. Die Jahre von 1970-1990 sind hauptsächlich durch die Zuwanderung der Familienangehörigen dieser Arbeitsmigranten gekennzeichnet.

Die Zuwanderungen ab den 90er Jahren haben verschiedene Motive. Zu nennen sind z. B. Arbeitsmigranten wie z. B. Saisonarbeiter, aber auch Asylsuchende oder Flüchtlinge, ebenso auch deutschstämmige Aussiedler, die nach Deutschland zurückkehren. Die Abwanderungen sind durch das Fort­ziehen der Ausländer (ab den 70er Jahren um die 490.000 bis im Jahr 2000 sogar 540.000) und die Auswanderung der Deutschen (zum Vergleich in den 70er-Jahren waren es jährlich in etwa 50.000 ab 2000 bereits um die 140.000) gekennzeichnet. Über die Hälfte der Deutschen Auswanderer sind Wissenschaftler oder Führungskräfte, jedoch liegt die Rückwanderungsquote der Führungskräfte bei etwa 33,3 %, die der Wissenschaftler sogar bei 85 %.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

III. Abbildung 3 Zu- und Fortzüge über die Außengrenzen Deutschlands, 1991-2010[16]

In der Grafik sind die Fort- und Zuzüge Deutscher und Ausländer mit dem jeweiligen Wande­rungssaldo in den Jahren zwischen 1991-2010 dargestellt. Insgesamt ist in dieser Zeit ein Wanderungszuwachs um etwa 4,3 Millionen Menschen festzustellen. In den Jahren 2008 und 2009 tritt ein negatives Wanderungssaldo auf. Aufgrund der Einführung der Steuer­identifikationsnummer wurden in diesen Jahren die Melderegister bereinigt, jedoch konnte dies nicht quantitativ erfasst werden. Somit ist fraglich, ob das entstandene Negativsaldo den reellen Gegebenheiten entspricht. In den Jahren von 2000 -2007 entspricht der durch­schnittliche Wanderungsüberschuss von 128.000 der deutschen Personen dem Wanderungs­saldo der ab 2010 auch wieder zu verzeichnen ist.

Beispiel zur Berechnung des Wanderungssaldos aus der Grafik aus dem Jahr 2010:

154.000 Wanderungsüberschuss von Ausländern (Zuzüge Ausländer-Fortzüge Ausländer)
- 26.000 Abwanderungen deutscher Bürger (Fortzüge Deutscher-Zuzüge Deutscher)
-128.000 Wanderungssaldo

Das Wanderungssaldo Deutschlands ist in Bezug auf den Bildungsstand in etwa ausgewogen. Das heißt es gibt weder einen besonderen Gewinn noch einen besonderen Verlust von hoch­qualifizierten Migranten, auch ,,brain gain" genannt.[17]

Die Situation unter dem demografischen Wandel in Deutschland lässt sich zusammengefasst wie folgt darstellen. Es ist zu erwarten, dass sich die Geburtenzahlen weiterhin reduzieren werden. Trotz der hohen Lebenserwartung wird die Gesamtzahl der Bevölkerung sinken. Des Weiteren verändert sich die Altersstruktur erheblich, d. h. das Verhältnis von Alt zu Jung ver­schiebt sich. Ebenso wird sich die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter verringern und älter.

Aufgrund dieser Situation ist es wichtig, dass sich Deutschland an den demografischen Wandel anpasst. Um mögliche Auswirkungen der Entwicklung zu betrachten wurde vom Statistischen Bundesamt eine quantitative Vorausrechnung der Bevölkerung bis 2060 erstellt. (12. koordi­nierte Bevölkerungsvorausrechnung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Tabelle 1 Übersicht ausgewählter Varianten der 12. Koordinierten Bevölkerungs­vorausrechnung[18]

Mit den in der Tabelle 1 dargestellten, ausgewählten Annahmen ist die weitere Entwicklung Deutschlands nach dem heutigen Stand des demografischen Wandels dargestellt.

In Bezug auf die Geburtenhäufigkeit werden drei Annahmen unterstellt. Die erste Annahme geht von einer Fortsetzung des bisherigen Trends bis 2020 aus (Geburtenziffer bei ca. 1,4). Weiterhin steigt das Gebäralter der Frauen im Durchschnitt um 1,6 Jahre. Das Geburten­verhältnis von 2021-2060 bleibt gleich. Man spricht von einer „mittleren Bevölkerung“. In der zweiten Annahme wird von einer Zunahme der Geburtenziffer bis 2025 auf etwa 1,6 aus­gegangen. Das Gebäralter der Frauen steigt um 1,1 Jahre, die Geburten bleiben zwischen 2026 und 2060 ebenso konstant. Hierbei handelt es sich um eine „relativ junge Bevölkerung“. Mit einem Rückgang der Geburtenrate auf 1,2 Kinder je Frau bis 2060 wird in der dritten Annahme ausgegangen, die Zunahme des Gebäralters steigt im Durchschnitt auf 2,0 Jahre. Man spricht auch von einer „relativ alten Bevölkerung“.

In Bezug auf die Lebenserwartung wird von zwei Annahmen ausgegangen. Erstens von der Basisannahme, mit welcher die Lebenserwartung der Jungen um 8 Jahre und die der Mädchen um 7 Jahre kontinuierlich bei der Geburt bis 2060 steigt. Die zweite Annahme geht von einem stärkeren Anstieg der Lebenserwartung, bei Jungen um 11 Jahre, bei Mädchen um 9 Jahre bei der Geburt bis 2060 aus.

Zwei Annahmen werden ebenso in Bezug auf das Wanderungssaldo getroffen. In der ersten Annahme steigt der Wanderungssaldo jährlich auf 100 000 Personen bis 2014 und bleibt auf diesem Niveau konstant. In der zweiten Annahme steigt es auf jährlich 200 000 Personen bis zum Jahr 2020 und bleibt dann weiterhin konstant. Somit entsteht ein Korridor. In diesem wird sich voraussichtlich der tatsächliche Wanderungssaldo, wahrscheinlich stark schwankend, befinden.[19]

In der Tabelle 2: „Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland nach Varianten der 12. Ko­ordinierten Bevölkerungsvorausrechnung, 2010-2060 (in 1.000)“[20] wird die Bevölkerungszahl unter den genannten Szenarien dargestellt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. Tabelle 2 Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland nach Varianten der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung, 2010-2060 (in 1.000)[21]

Beispielsweise kann von einer Bevölkerungszahl von 70.120.000 Personen Deutschlands im Jahr 2060 ausgegangen werden, wenn die Geburtenrate bei 1,4 beständig bleibt und der Wanderungssaldo bei 200 000 ab dem Jahr 2020 liegt.[22] Anhand dieser Erkenntnisse muss sich Deutschland in vielerlei Hinsicht dem demografischen Wandel anpassen. Wie das in Bezug zur Rentenversicherung, fokussiert auf die private Rentenversicherung, funktionieren kann ist weiteres Thema dieser Arbeit.

2.2. Das Rentenversicherungssystem

Das Rentenversicherungssystem in Deutschland ist in einem 3-Säulen-Modell dargestellt. Die gesetzliche Rentenversicherung bildet die erste Säule, die betriebliche Altersvorsorge bildet die zweite- und die private Rentenversicherung bildet die dritte Säule. Der geschichtliche Aspekt im folgenden Absatz bildet einen kurzen Einblick in die Entstehung des Rentenversicherungssystems. Anschließend wird auf die jeweiligen Säulen des Rentenversicherungssystems kurz und prägnant eingegangen. Die dritte Säule wird tiefgründiger erläutert.

2.2.1. Entwicklung des Rentenversicherungssystems

Durch den Reichskanzler Otto von Bismarck (Fürst Otto Leopold von Bismarck-Schönhausen *1.4.1815, †30.07.1898) und Kaiser Wilhelm II[23] (Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen *27.01.1959, †04.06.1941) wurde 1889 durch den Beschluss der Sozialversicherung die gesetzliche Rentenversicherung (gemeinsam mit weiteren Sozialversicherungen) eingeführt. Die Renten wurden zu dieser Zeit mit einem Alter von 70 Jahren ausgezahlt und waren nur für Arbeiter (bis zu einer gewissen Einkommensobergrenze) und Angestellte (mit geringem Verdienst) bestimmt. Somit blieb die Altersabsicherung größtenteils weiter eine Aufgabe der Familie. 1891 wurde „die [gesetzliche] Rentenversicherung faktisch eingeführt“[24]. Die Hinterbliebenenrente wurde 1911 eingeführt, ebenso wurden dann auch Angestellte, neben den bereits involvierten Arbeitern, in die gesetzliche Rentenversicherung mit einbezogen. Das Renteneintrittsalter wurde 1916 auf 65 Jahre reduziert. Dies hatte zur Folge, dass sich die Zahl der Rentenempfänger verdoppelt hat. Dadurch kam es, auch durch den Beginn des ersten Weltkriegs, zu einer finanziellen Kriese der gesetzlichen Rentenversicherung.

„Trotz der mehrfachen, dramatischen Veränderungen in der politischen Führung Deutschlands nach dem ersten Weltkrieg blieb die Rentenpolitik in der NS- und Nachkriegszeit erstaunlich konstant.“[25] 1933 wurde die gesetzliche Rentenversicherung u. a. mit dem Lohnabzugsverfahren und durch die Krankenversicherung der Rentner ergänzt. Die Grundzüge der gesetzlichen Rentenversicherung blieben weiterhin konstant. Von 1957 bis 1989 wurde der Beitragssatz über einen Festbeitrag eingezahlt. Ab 1957 wurde mit einer großen Rentenreform die An-passung des Beitragssatzes an die Lohnentwicklung mit 14 % eingeführt und somit die Beitragssätze dynamisiert. Damit konnte der gewohnte Lebensstandard auch im Alter in etwa erhalten bleiben. Auch eine Vorform des Umlageverfahrens wurde eingeführt und somit kaum noch Kapital angespart. Durch diese Reform stiegen die Renten um 2/3 an. 1968 wurde das, auch heute noch bestehende, Umlageverfahren eingeführt. Das bedeutet es werden keine Renten mehr angespart, sondern direkt von den Beitragszahlern (AN und AG) und Steuerzuschüssen des Staates an die Rentner ausgezahlt. Der Beitragssatz hat sich ebenso auf 15 % erhöht. Das zu dieser Zeit eingeführte Umlageverfahren stellt bis heute, aufgrund der Änderung der Bevölkerungsstruktur, ein immer größeres Problem der Finanzierung dar. Somit musste die gesetzliche Rentenversicherung seit den 70er Jahren durch beschlossene Reformen (Leistungskürzungen und steigende Beitragssätze) an die demografische Situation angepasst werden. 1972 wurde das Rentenalter jedoch auf 63 Jahre zurückgesetzt und der Beitragssatz betrug 17 %. 1977 verschlechterte sich die Finanzlage weiter. Der Beitragssatz betrug 1977 bereits 18 % und stieg bis 1986 weiter an. Um das Rentensystem und seine Finanzierbarkeit zu sichern trat 1992 eine tiefgreifende Rentenreform in kraft, die das Rentenalter auf 65 Jahre anhob und die Renten, statt weiter an den Bruttolöhnen, nun den Nettolöhnen angepasst wurden. Der Beitragssatz betrug zu der Zeit 17,7 %. Mit der Rentenreform von 2001/2002 beschloss die Bundesregierung eine weitere Absenkung des Rentenniveaus, der Beitragssatz stieg auf über 19 %. Des Weiteren werden die betriebliche Altersvorsorge und die private Rentenversicherung durch den Staat gefördert. Sie sollen eine weitere wichtige Rolle in der Alters-sicherung einnehmen. 2006 wurde mit einer der größten Rentenreformen das Rentenalter bis 2029 auf 67 Jahre schrittweise angehoben.[26]

2.2.2. Aufbau des 3-Säulen-Modells der Alterssicherung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

IV. Abbildung 4 Das Rentenversicherungssystem in Deutschland anhand eines 3-Säulen-Modells

2.2.2.1. Die erste Säule

Die erste Säule des Rentenversicherungssystems ist die staatliche Alterssicherung. Zuzuordnen sind dieser ersten Säule: „[…]die gesetzliche Rentenversicherung, die Alterssicherung der Landwirte, die soziale Alterssicherung der freien Berufe sowie die soziale Sicherung der Beamten […]“.[27] Wobei in dieser Arbeit ausschließlich auf die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung der ersten Säule des Rentenversicherungssystems kurz eingegangen wird.

Die grundlegende Idee der gesetzlichen Rentenversicherung ist es, durch eine vom Staat ein­gerichtete Institution eine finanzielle Absicherung durch Zahlung von Renten zu schaffen. Dies geschieht beim Austritt aus dem Erwerbsalter, bei Invalidität und beim Tod eines Ernährers. Fi­nanziert wird die gesetzliche Rentenversicherung über Steuerzuschüsse vom Staat und eingezahlte Beiträge von Erwerbstätigen. Die einzuzahlenden Rentenbeiträge bemessen sich dabei mit einem einheitlichen Prozentsatz (aktuell 2014 18,9 % der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte, die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 5.950 Euro/Monat in West- und 5.000 Euro/Monat in Ost­deutschland) an der Höhe des Bruttoeinkommens. Dabei gelten 45 Versicherungsjahre als ein “erfülltes‘‘ Arbeitsleben. Allerdings kann es bei niedrigem Einkommen, bei einer Teilzeitbeschäftigung oder bei kurzzeitigen Beschäftigungen zu einer geringen Höhe der Rente und damit zur Altersarmut kommen. Die gesetzliche Rentenversicherung verläuft nach dem Äquivalenz- und dem Solidaritätsprinzip und stellt keine Pflichtversicherung (Volks- und Bürgerversicherung) der gesamten Bevölkerung dar. Pflichtversichert sind jedoch, über die Arbeiter und Angestellten hinaus, die Wehr- und Zivildienstleistenden, Personen im Freiwilligendienst, Empfänger von Lohnersatzleistungen und Arbeitslosengeld II, Bezieher von Krankengeld, Mütter oder Väter in der Elternzeit, private Pflegepersonen und bestimmte Gruppen selbstständig Gewerbetreibender wie z. B.: Handwerker, Künstler, Hausgewerbetreibende, Heim-arbeiterinnen, Publizisten und auch arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Ebenso besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung.

[...]


[1] vgl.: (Schneider, 2013)

[2] vgl.: (Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., 2003-2014)

[3] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[4] vgl.:(Bundesministerium des Innern, 2011)

[5] Zitat: (Burgdörfer, 1932) S.113, Z1

[6] vgl.: (Burgdörfer, 1932)

[7] vgl.: (IndexMundi, 2013)

[8] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[9] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[10] Zitat: (Bundesministerium des Innern, 2011)S 21, Zeile 7-8

[11] Zitat: (Bundesministerium des Innern, 2011) S21, Zeile 2-3

[12] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[13] ZITAT: (Springer Gabler|Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 1956) Stichwort: Sterbetafel, online im Internet

[14] vgl.: (Springer Gabler|Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 1956) Stichwort: Sterbetafel, online im Internet

[15] Zitat: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[16] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[17] vgl. (Bundesministerium des Innern, 2011)

[18] vgl.:(Statistische Bundsamt, 2009)

[19] vgl.: (Statistische Bundsamt, 2009)

[20] vgl.: (Statistische Bundsamt, 2009)

[21] vgl.:(Statistische Bundsamt, 2009)

[22] vgl.: (Bundesministerium des Innern, 2011)

[23] Der geschichtliche Hintergrund wird im weiteren Text ausschließlich auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland bezogen, da sich das heutige Rentenversicherungssystem im Kern auf das der ehemaligen BRD bezieht. Die DDR hatte zu dessen Zeiten ein anderes System, welches nicht mehr vorhanden ist. Mit der Rentenreform von 1992 wurden die Renten der DDR in das System der Bundesrepublik Deutschland überführt.

[24] Zitat: (ihr-rentenplan.de, 2003-2010), Z.15-16

[25] Zitat: (ihr-rentenplan.de, 2003-2010), Z.1-2

[26] vgl.: (ihr-rentenplan.de, 2003-2010)

[27] Zitat: (Springer Gabler|Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 1956) Stichwort: Alterssicherung, online im Internet, Zeile 2-4

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Rentenversicherung und daraus resultierende Schlussfolgerungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
54
Katalognummer
V301753
ISBN (eBook)
9783668000728
ISBN (Buch)
9783668000735
Dateigröße
1505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
demografischer Wandel, private Rentenversicherung, Finanzgrundlage, Auswirkungen
Arbeit zitieren
Katja Rothe (Autor:in), 2015, Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Rentenversicherung und daraus resultierende Schlussfolgerungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301753

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Auswirkungen des demografischen Wandels auf die private Rentenversicherung und daraus resultierende Schlussfolgerungen zur Sicherung einer soliden Finanzgrundlage



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden