Zusammenfassung des Buchs "Bevölkerungsgeographie" von Jürgen Bähr


Zusammenfassung, 2015

52 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Grundfragen der Bevölkerungsforschung
1.2 Entwicklung, Inhalt und Stellung der Bevölkerungsgeographie
1.3 Datengrundlagen bevölkerungsgeographischer Untersuchungen

2. Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsstruktur
2.1 Methoden der Analyse und Darstellung
2.1.1 Grundbegriffe und Definitionen
2.1.2 Kartographische Darstellungsformen
2.1.3 Statistische Arbeitstechniken und Kennwerte
2.2 Grundzüge und Regelhaftigkeiten räumlicher Bevölkerungsverteilungen
2.2.1 Horizontale und vertikale Differenzierung von Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsdichte über die Erde
2.2.2 Bestimmungsgründe kleinräumiger Bevölkerungsverteilungen
2.3 Städtische und ländliche Bevölkerung
2.3.1 Die Verstädterung der Erde
2.3.2 Die jüngere Bevölkerungsentwicklung in den Ballungsräumen hoch industrialisierter Staaten
2.3.3 Struktur und Veränderung innerstädtischer Bevölkerungsdichten
2.4 Gliederung der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter und Familien- und Haushaltsstruktur
2.4.1 Gliederungsprinzipien und Überblick im Weltmaßstab
2.4.2 Regionale Unterschiede und Konzentrationserscheinungen
2.4.3 Die Differenzierung innerhalb großstädtischer Agglomerationen
2.5 Bevölkerungszusammensetzung nach wirtschaftlichen und sozialen Merkmalen
2.5.1 Regionalisierung der Erde nach der Erwerbsstruktur und dem Entwicklungsstand der Länder
2.5.2 Der sozialökologische Ansatz als Beispiel für eine kleinräumige Analyse der Bevölkerungsstruktur
2.6 Rassisch-ethnischer und kultureller Pluralismus
2.6.1 Die großen Rassenkreise, Sprachgruppen, Religionen und Kulturreligionen
2.6.2 Beispiele regionaler und lokaler Überlagerungen und Segregationserscheinungen

3. Räumliche Aspekte der natürlichen Bevölkerungsbewegung
3.1 Statistische Maße zur Kennzeichnung der natürlichen Bevölkerungsbewegung
3.1.1 Möglichkeiten der Mortalitätsmessung
3.1.2 Heiratsraten und Fertilitätsmaße
3.1.3 Maße zur kombinierten Erfassung von Mortalität und Fertilität
3.2 Mortalität
3.2.1 Internationale Kontraste
3.2.2 Ablauf und Bestimmungsgründer des Sterblichkeitsrückgangs in Europa
3.2.3 Interregionale Sterblichkeitsunterschiede
3.3 Heirat und Fertilität
3.3.1 Vergleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
3.3.2 Erklärungsansätze zum Heiratsverhalten und zur Fertilitätstransformation
3.3.3 Die jüngere Entwicklung der Fertilität in der Bundesrepublik Deutschland
3.3.4 Regionale Fertilitätsunterschiede
3.4 Bevölkerungswachstum
3.4.1 Hauptphasen in der Entwicklung der Weltbevölkerung
3.4.2 Der demographische Transformationsprozess in raumzeitlicher Differenzierung
3.5 Tendenzen zukünftiger Bevölkerungsentwicklung
3.5.1 Das Problem der Tragfähigkeit der Erde
3.5.2 Bevölkerungsvorausschätzungen nach Großräumen
3.5.3 Die Bedeutung nationaler und regionaler Bevölkerungsprognosen

4. Bevölkerungsumverteilungen durch Wanderungen
4.1 Statistische Erfassung und Typisierung von Migrationen
4.1.1 Definition und Abgrenzung des Begriffs Wanderung
4.1.2 Maßzahlen zur Charakterisierung von Wanderungen
4.1.3 Typisierungsversuche von Wanderungen
4.2 Ansätze zur modellhaften Beschreibung und Erklärung von Wanderungsvorgänge
4.2.1 Distanz- und Gravitationsmodelle
4.2.2 Regressionsanalytische Modelle
4.2.3 Verhaltensorientierte Modelle
4.2.4 Constraints-Modelle
4.3 Internationale Wanderungen
4.3.1 Auswanderungen nach Übersee im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
4.3.2 Übersicht der grenzüberschreitenden Wanderungen der Gegenwart
4.3.3 Ausländerwanderungen in die Industriestaaten Mittel- und Westeuropas
4.4 Binnenwanderungen
4.4.1 Ausmaß und Bedeutung von Binnenwanderungen im Zeitalter der Industrialisierung
4.4.2 Bestimmungsgründe und Auslesewirkungen interregionaler Wanderungen in hoch entwickelten Staaten
4.4.3 Landflucht in den Staaten der Dritten Welt
4.5 Innerstädtische und intraregionale Wanderungsbewegungen
4.5.1 Umzugsverhalten ausgewählter Bevölkerungsgruppen in Verdichtungsräumen von Industriestaaten
4.5.2 Beispiele intraurbaner Wanderungen in Entwicklungsländern

1. Einleitung

1.1 Grundfragen der Bevölkerungsforschung

- 1973: Gründung des „Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung“
- Häufig diskutierte, zentrale Themenkreise der Bevölkerungsforschung
- Die Bevölkerung ist ungleich über die Erde verteilt; Dichtezentren stehen dünn besiedelten, unerschlossenen Gebieten gegenüber’; in Teilräumen leben so viele Menschen, dass man von Überbevölkerung sprechen kann und verstärkt die Frage nach der Tragfähigkeit der verschiedenen menschlichen Lebensräume stellt
- Die ungleiche Verteilung wird durch die Verstädterung verstärkt; in hoch entwickelten Länder geht sie zurück, in der dritten Welt wird sie zum Problem
- Kleinräumige Segregationen; unterschiedliche Bevölkerungszusammensetzung; Jugendlichkeit in Entwicklungsländern, Überalterung in Industriestaaten
- Rasches Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern; Stagnation und Rückgang in Industriestaaten
- Auf regionaler Ebene werden Bevölkerungszahl und Bevölkerungszunahme durch Wanderungsvorgänge bestimmt;

1.2 Entwicklung, Inhalt und Stellung der Bevölkerungsgeographie

- in Länder- und Reisebeschreibungen früherer Jahrhunderte lassen sich zahlreiche Hinweise auf die Bevölkerungszahl und die Bevölkerungszusammensetzung einzelner Regionen finden
- Friedrich Ratzel: Begründer einer wissenschaftlichen Anthropogeographie legte ein erstes theoretisches und methodisches Grundgerüst der Bevölkerungsgeographie
- Trotz anthropogener Betrachtungsweise ergaben sich keine unmittelbaren Impulse für die weitere Ausformung der Bevölkerungsgeographie, weil man sich in erster Linie den kulturlandschaftlichen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten zuwandte
- die Tragfähigkeit bzw. Bonitierung der Erde ist ein weiteres Problem, das sich in diesen thematischen Rahmen einordnen lässt
- ein sozialökologisches Konzept und das inzwischen entwickelte methodische Instrumentarium wurde erst nach dem 2. Weltkrieg aufgegriffen und in die Geographie integriert
- Schöller warf die Frage auf, ob die allseitige Erforschung des Wandergeschehens nicht die zentrale Aufgabe einer dynamisch verstandenen Bevölkerungsgeographie sein könnte

- Bevölkerungsgeographie ist die Beschreibung, räumlicher Bevölkerungsverteilungen und –strukturen und die Erklärung dieser Verteilungsmuster

1.3 Datengrundlagen bevölkerungsgeographischer Untersuchungen

- für Bevölkerungsgeographen ist nicht nur eine weit reichende sachliche Aufschlüsselung des Materials wichtig, sie sind darüber hinaus auch auf eine möglichst differenzierte räumliche Unterteilung angewiesen
- zwei Hauptgruppen von Datenzusammenstellungen lassen sich unterscheiden:
- Die Statistik des Bevölkerungsstandes: Es wird die Bevölkerung in ihrer Zahl, Zusammensetzung und räumlichen Verteilung für einen Stichtag festgestellt
- Die Statistik der Bevölkerungsbewegungen: Es werden die Bevölkerungsversänderungen durch Geburten, Sterbefälle und Wanderungen registriert
- erstere lässt sich aus Volkszählungen entnehmen
- Fortschreibung als weitere Möglichkeit; dabei gewinnt man die aktuelle Bevölkerungszahl eines Gebietes dadurch, dass zu dem im Zensus ausgewiesenen Bestand die Zahl der Geborenen und Zugezogenen addiert und die Zahl der Gestorbenen und Weggezogenen subtrahiert wird
- Mikrozensus: Stichprobenerhebung, mit der in regelmäßigen Abständen ein Teil der Bevölkerung erneut befragt wird

2. Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsstruktur

2.1 Methoden der Analyse und Darstellung

2.1.1 Grundbegriffe und Definitionen

- unter Bevölkerung kann man sowohl ein weit gefasstes Begriffsspektrum, da den gesamten Entwicklungsprozess einer Bevölkerung in Raum und Zeit anspricht, als auch eine sehr viel engere statistische Begriffsdefinition verstehen
- in statistischem Sinne bedeutet Bevölkerung die Summe der Einwohner eines Gebietes zu einem bestimmten Zeitpunkt
- Ermittlung:
- De iure Methode: Wohnbevölkerung
- De facto Methode: ortsanwesende Bevölkerung (auch Touristen) è Verfälschung
- sehr wichtiges Anliegen der Bevölkerungsgeographie ist die Beschreibung und Erklärung der räumlichen Bevölkerungsverteilung und –dichte
- vier Grundformen räumlicher Bevölkerungsverteilung:
- gleichmäßige Dispersion
- zufällige Dispersion
- zentralisierte Konzentration
- dezentralisierte Konzentration
- Bevölkerungsdichte:
- Arithmetische Dichte: Zahl der Einwohner pro Fläche
- Arealitätsziffer: Fläche durch Zahl der dort wohnenden Personen
- Proximalität (Abstandsziffer): in m
- vor der Berechnung von Dichtemaßen müssen drei Fragen geklärt werden:
- Welche räumlichen Einheiten sollen als Bezugsbasis diesen?
- Sollen bestimmte Teilflächen eines Gebietes bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben?
- Sollen die Kennwerte für die Gesamtbevölkerung oder einzelne Teilgruppen ermittelt werden?
- density: Zahl der Personen bezogen auf eine bestimmte Flächeneinheit
- crowding: Dichte innerhalb einer Wohnung bzw. pro Wohnraum
- Overcrowding: wenn mehr als zwei Personen auf einen Wohnraum entfallen
- mit external und internal density wird zum einen Bezug genommen auf den Raum, der außerhalb der Wohnung zur Verfügung steht, zum anderen auf die Wohnungsgröße selbst
- von crowding sollte man nur sprechen, wenn man die Dichte als unerwünscht und unangenehm empfindet
- Bevölkerungsstruktur spricht den inneren Aufbau eines als komplexe Einheit gegebenen Beziehungsgefüges oder System an
- zur Kennzeichnung der Bevölkerungsstruktur gehört die Aufgliederung einer Bevölkerung nach einzelnen Attributen und die Analyse der zwischen ihnen bestehenden Relationen
- Charakterisierungsmerkmale der Bevölkerungsstruktur:
- Demographische Merkmale
- Wirtschaftliche und soziale Merkmale
- Ethnisch-rassische und kulturelle Merkmale
- unter den demographischen Merkmalen nehmen Geschlecht und Alter als fundamentale, unveränderliche Gliederungsmerkmale einer Bevölkerung eine Sonderstellung ein („natürliche demographische Merkmale“)
- Rasse oder Hautfarbe sind „sozio-demographische Merkmale“
- in der Statistik sind nur die in einem Haushalt zusammenlebenden Familien verstanden
- Kernfamilie, erweiterte Familie, vollständige Familie, unvollständige Familie
- Untergliederung der Haushalte in Ein- und Mehrpersonenhaushalte; Untergliederung derer wiederum in Haushaltstypen, z.B. Ein- und Mehrgenerationenhaushalte
- mit sozio-ökonomischen Merkmalen sind Statistiken zur Erwerbstätigkeit, zur Beschäftigung nach Wirtschaftszweigen, zur Stellung im Beruf und zum Bildungsstand gemeint
- Gliederung in vier Wirtschaftssektoren
- hinsichtlich der Beteiligung am Erwerbsleben unterscheidet man zwischen den zwei großen Gruppen der „Erwerbspersonen“ und der „Nicht-Erwerbspersonen“
- Erwerbspersonen sind Erwerbstätige, Erwerbslose und diejenigen, die erstmalig einen Arbeitsplatz suchen
- Anteil der Erwerbspersonen an der Gesamtbevölkerung ergibt die „ Erwerbsquote
- die Quote wird von der Sexualproportion der Bevölkerung sowie vom Anteil der noch nicht oder nicht mehr für eine Erwerbstätigkeit in Frage kommenden Personen beeinflusst
- die Erwerbstätigkeit wird nicht immer am Wohnort ausgeführt, man muss auf eine Pendlerstatistik zurückgreifen
- hinsichtlich der Stellung im Beruf wird zwischen Selbstständigen, mithelfenden Familienangehörigen, Angestellten und Arbeitern unterschieden
- für eine sozio-ökonomische Gliederung der Bevölkerung können ergänzend Statistiken zum Schulbesuch und zum Ausbildungsniveau benutzt werden
- zu den ethnisch-rassischen und kulturellen Merkmalen zählen Angaben zur Staatsangehörigkeit, zur Konfession sowie zur völkischen und sprachlichen Gliederung einer Bevölkerung

2.1.2 Kartographische Darstellungsformen

- Bevölkerungskarten geben Auskunft über Verteilung, Dichte, Strukturen sowie die dauernden oder vorübergehenden räumlichen Veränderungen der Bevölkerungszahlen und –schichtungen
- einerseits können Bevölkerungskarten analysiert, interpretiert und miteinander verglichen werden, um daraus zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, zum anderen ist es vielfach sinnvoll, die Ergebnisse bevölkerungsgeographischer Untersuchungen durch die Verwendung von Karten und Diagrammen zu veranschaulichen
- Erarbeitung von Bevölkerungskarten mit der absoluten oder relativen Methode
- Absolute Methode dient der Erfassung von Bevölkerungszahlen nach ihrer Verbreitung in absoluten Mengen, d.h. die Zahlen werden auf keine anderen Größen bezogen
- Relative Methode setzt die Bevölkerung zu den Flächenangaben in Beziehung
- Bevölkerungskarten in absoluter Darstellung basieren auf der „Punktmethode“, die entweder in reiner oder in abgewandelter Form zur Anwendung kommt (Punktstreuungskarten)
- ein Punkt repräsentiert eine bestimmte Anzahl von Menschen und wird möglichst lagerichtig in die Karte eingetragen
- Karten der Bevölkerungsdichte sind älter als Karten der Bevölkerungsverteilung
- Bevölkerungsdichtekarten geben nach Wilhelmy die Anzahl der Bewohner pro Flächeneinheit als Durchschnittswert und zusammengefasst in Dichtestufen für kleinere oder größere Einheiten wider
- Beziehungen zwischen Fläche und Bevölkerung können auch durch Diagramme oder Kartogramme veranschaulicht werden
- ein „Flächen-Bevölkerungs-Diagramm“ entsteht, indem man auf der x-Achse die Einwohnerzahlen und auf der y-Achse die entsprechenden Flächen jeweils in logarithmischen Maßstab anträgt
- bei „isodemischen Karten“ werden die einzelnen Teilräume des Untersuchungsgebietes nicht maßstabsgetreu entsprechend ihrer Fläche, sondern proportional zu ihren Einwohnerzahlen gezeichnet; eine Flächeneinheit auf der Karte entspricht danach einer bestimmten Bevölkerungszahl

2.1.3 Statistische Arbeitstechniken und Kennwerte

- Kennziffern, die zur Charakterisierung der räumlichen Bevölkerungsverteilung dienen können:
- Konzentrationsmaße
- Nearest neighbour-Maße (Nächst-Nachbar-Analyse)
- Zentrographische Maße (Lageparameter)
- Potenzialberechnungen
- Lorenzkurve beschreibt die Bevölkerungsverteilung
- Index of dissimilarity (ID) stellt die maximale Differenz zwischen den kumulierten Prozentwerten X und Y oder, geometrisch gesprochen, die maximale vertikale Distanz zwischen der Diagonalen und der Lorenzkurve dar
- sowohl die Lorenzkurve als auch der Index of dissimilarity können zur Kennzeichnung von räumlichen Segregationserscheinungen herangezogen werden
- Nearest-neighour-Maße basieren auf der Messung von Distanzen zwischen verschiedenen Wohnstandorten (Punkten)
- mit Hilfe von Nearest-neighbour-Techniken sind insbesondere Siedlungsverteilungen untersucht worden
- zentrographische Maßzahlen können für ein beliebiges Untersuchungsgebiet einen Punkt angeben, der die Bevölkerung des Raumes gleichsam repräsentiert
- der von Norden nach Süden gerichtete Gradient der Potenzialveränderungen in der alten Bundesrepublik von 1970 bis 1987 ist wesentlich durch die Nord-Süd-Wanderung aufgrund der günstigeren ökonomischen Lage im Süden bedingt
- ehemalige DDR weist bei deutlich abnehmenden Potenzialwerten ein stärker zentral-peripheres Muster auf
- mit der Wiedervereinigung verändert sich das Bild
- Nordost-Pommern und Sachsen verlieren auch weiterhin an Potenzial, während die Gebiete westlich der ehemaligen Grenzen sowie der Großraum Berlin eine zunehmende Lagegunst verzeichnen
- zwischen 1994 und 1998 verstärken sich die Ungleichheiten
- Sachsen, Thüringen und der Berliner Raum verzeichnen die größten Verluste

2.2 Grundzüge und Regelhaftigkeiten räumlicher Bevölkerungsverteilungen

2.2.1 Horizontale und vertikale Differenzierung von Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsdichte über die Erde

- ca. 50% der Weltbevölkerung lebt auf nur 5% der Erdoberfläche
- auf 50-60% der Fläche wohnen nur 5% der Bevölkerung
- Dichtekonzentrationen treten in Ostasien sowie im tropischen und randtropischen Südasien, aber auch in Europa und im östlichen Anglo-Amerika auf
- Südhemisphere hat nur einen Anteil von 10% an der Weltbevölkerung
- von der Gesamtbevölkerung leben 60% in Asien, 14% in Afrika und 12% in Europa
- höchster Dichtewert in Asien mit 100 Ew/km² (weltweites Mittelmaß: 47 Ew/km²)
- 75% der Menschen konzentrieren sich auf 23 Staaten mit jeweils mehr as 50 Mio. Einwohner; China, als bevölkerungsreichstes Land der Erde, beherbergt mehr als 1/5 der Weltbevölkerung; China und Indien 37%
- Tropische Landwechselwirtschaft hat geringe Einwohnerdichte, aber eine ausreichende Ernährung der Bevölkerung ist oft nicht gewährleistet
- im Norden Skandinaviens erschwert die geringe Zahl dort lebender Menschen die Sicherstellung befriedigender Lebensumstände, da die Errichtung und Unterhaltung einer ausreichenden Infrastruktur nur durch umfangreiche staatliche Hilfen möglich ist
- zur Erklärung unterschiedlicher Bevölkerungsdichten müssen verschiedene Ursachen herangezogen werden; physisch-geographische Tatbestände, wie Höhenlage, Klima und Böden reichen allein kaum aus
- ihr Einfluss ist zwar in einzelnen menschlichen Lebensräumen größer als in anderen, immer treten jedoch demographische, historisch-kulturelle, soziale, wirtschaftliche und politische Bestimmungsgründe hinzu, die sich zu einem komplizierten Beziehungsgeflecht zusammenfügen, sodass es meist schwierig ist, die Wirkung eines bestimmten Faktors zu isolieren
- dennoch gibt es eine Reihe von Regelhaftigkeiten:
- nicht die gesamte Erdoberfläche gehört zum Siedlungs- und Lebensraum; Ozeane, Wüsten, immerfeuchte Tropen und festländische Bereiche sind ausgeschlossen
- Ökumene: die vom Mensch bewohnten Gebiete
- Vollökumene: ständig bewohnte Gebiete
- Anökumene: völlig unbewohnte Zonen
- Sub- oder Semiökumene: wenig breiter Grenzsaum, in dem es nur zeitweilig bewohnte Siedlungsplätze gibt
- Periökumene: Siedlungsinseln in Anökumenen
- 50% der Landoberfläche zählt zu Vollökumenen, 40% zu Subökumenen und etwas mehr als 10% zur absoluten Anökumene
- Ökumene und Anökumene lassen sich in Außen- und Innengrenzen unterscheiden
- Außengrenzen sind beispielsweise Küsten- oder Polargrenzen und Innengrenzen können Höhen- oder Trockengrenzen sein
- Keine naturgesetzliche Abhängigkeit, da durch technischen Fortschritt die Grenzen verschiebbar sind
- neben den Eiskappen der Arktis und Antarktis sind auch weite Tundrengebiete in Asien und Nordamerika und im borealen Nadelwald unbewohnt; Dauersiedlungen liegen, wenn überhaupt, entlang der Flussläufe
- außerordentliche Bevölkerungskonzentration in Teilen der südostasiatischen Tropen ist als Ergebnis besonders günstiger Umstände (z.B. natürliche Düngung der Böden durch vulkanische Aschenregen) zu werten
- Verteilung der Weltbevölkerung auf einzelne Klimazonen
- auf dem Idealkontinent gibt es eine ausgeprägte Konzentration der Menschen auf einem schmalen Küstenstreifen
- um 1950: in einem Küstenstreifen von 50 km Breite und damit auf 12% der Fläche der bewohnten Erde leben 28% und in einem Küstenabstand von 200 km sogar mehr als die Hälfte der Menschen
- unterschiedliche Bevölkerungsverteilung auf der Ost- und Westseite der Kontinente: besonders deutlich wird dies im Bereich der großen Trockengürtel in Höhe der Wendekreise; im Westen reichen hier die Wüsten bis an das Meer heran und die Küsten sind mit Ausnahme einzelner Hafenplätze völlig unbewohnt; auf nahezu gleicher geographischer Breite leben im Osten die mit am dichtesten bevölkerten Gebiete der Erde
- vertikale Dimension: mehr oder weniger kontinuierliche Abnahme der durchschnittlichen Bevölkerungsdichte mit der Höhe: 644m in Südamerika, Anden bis 5.000 m (Ausnahme)
- Bewertung vom Menschen als Grundlage für Gunsträume: ehemals negativ eingeschätzte Sachverhalte können heute als positiv angesehen werden und umgekehrt

- die Verteilung der Bevölkerung über die Erde und innerhalb einzelner Lebensräume kann man folglich nur verstehen und erklären, wenn man neben den physisch-geographischen Ausstattungsmerkmalen und den daraus wenigstens z.T. ableitbaren materiellen Kulturleistungen die historische Dimension berücksichtigt und den sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand einbezieht

2.2.2 Bestimmungsgründe kleinräumiger Bevölkerungsverteilungen

- betrachtet man die Bevölkerungsverteilung nicht nur in weltweiter Perspektive, sondern analysiert sie zusätzlich auf nationaler oder regionaler Ebene, so steigt die Zahl möglicher Einflussgrößen eher noch an, und eine Erklärung der sich ergebenden Raummuster wird damit schwieriger
- Bevölkerungsverteilung in Sambia: Bevölkerung verteilt sich sehr ungleich, Land ist dünn besiedelt; Menschen leben entlang der Eisenbahnlinien, doch auch hier ist die Konzentration unterschiedlich hoch
- Hohe Dichtewerte in Ost und Nord; hat keine physio-geographischen Gründe; siedlungsleere Regionen decken sich mit dem Vorkommen der Tsetsefliege
- Besonders enge Verknüpfung zwischen der Bevölkerungsdichte und der wirtschaftlichen Raumstruktur; in ländlichen Gebieten treten immer dann höhere Dichtewerte auf, wenn die traditionelle Landwechselwirtschaft durch intensivere Landnutzungsformen abgelöst werden oder aber durch Viehhaltung und Fischfang ergänzt wird
- Starke Bevölkerungskonzentration an Standorten des Bergbaus sowie der sekundären und tertiären Aktivitäten
- Regressions- und korrelationsanalytische Untersuchung von Robinson und Bryson: wollten einen Zusammenhang herstellen zwischen der ländlichen Bevölkerungsdichte im Farmgebiet von Nebraska und der durchschnittlichen Niederschlagshöhe
- die Regressionsgleichung ermöglicht es, für eine beliebig vorgegebene Regenmenge eine erwartete Bevölkerungsdichte zu bestimmen
- statistische Analysen leisten nur dann einen Beitrag zur Lösung des Problems, wenn auf die von der Ursache zur Wirkung führenden Prozesse eingegangen wird
- weiteres Bespiel: Bergflucht in den 50er und 60er Jahren: Mezzadri flohen aus den Apenninen in die Stadt

2.3 Städtische und ländliche Bevölkerung

2.3.1 Die Verstädterung der Erde

- erste städtische Siedlungen entstanden von über 5.000 Jahren im vorderen Orient
- sie unterschieden sich von dorfbäuerlichen und nomadischen Niederlassungen durch ihre differenziertere Bebauung und die vergleichsweise größere Bedeutung sekundärer und tertiärer Aktivitäten
- spätere Städte im Indusgebiet, im mediterranen Europa und in China
- Städte zählten selten mehr als 5.000-10.000 Einwohner; vorwiegend Landbevölkerung
- von den Städten ausgehende Überformung ihres Umlandes
- heute: städtisch-industrielle Lebens-, Wirtschafts- und Wohnformen haben sich mehr und mehr auch auf dem Lande durchgesetzt; verflochtenes Stadt-Land-Kontinuum
- Verstädterung: Vermehrung, Ausdehnung oder Vergrößerung von Städten nach Zahl, Fläche oder Einwohnern sowohl absolut als auch im Verhältnis zur ländlichen Bevölkerung
- Urbanisierung: Ausbreitung und Verstärkung städtischer Lebens-, Wirtschafts- und Verhaltensweisen
- Verstädterung kann aufgefasst werden als:
- Demographischer Zustand: Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung eines Landes
- Demographischer Prozess: Wachstum der Stadtbevölkerung eines Landes
- Prozess der Verdichtung des Städtenetzes: Erhöhung der Zahl der Städte innerhalb eines Landes
- schwere Definitionsfindung von Stadt: am häufigsten wird Stadt mit Hilfe der Mindesteinwohnerzahl definiert, doch auch hier schwanken die verwendeten Werte sehr
- weltweit gibt es eine sehr unterschiedlich starke Verstädterungsquote
- Nord- und Lateinamerika sowie Europa weisen die höchsten Verstädterungsquoten auf
- Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung ist nicht in den Industrieländern mit ihrer hohen Verstädterungsquote hoch, sondern in den Entwicklungsländern
- eine besonders dynamische Entwicklung weisen die Städte mit mehr als 1 Mio. Einwohnern auf (Metropolen)
- im Jahr 2005 gab es 430 Metropolen, 1975 nur 195; bei diesem anhaltenden Trend ist damit zu rechnen, dass in naher Zukunft mehr als 20% der Weltbevölkerung in Millionenstädten leben werden
- Megastadt ab 5 Mio. Einwohner
- 20 Megastädte aktuell, nehmen 5% der Weltbevölkerung auf
- die meisten Megastädte liegen in der Dritten Welt
- Probleme des raschen Städtewachstums in der Dritten Welt: Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt, menschenunwürdige Wohnbedingungen in den randstädtischen Hüttenvierteln, mangelhafte Infrastrukturausstattung, unzureichende öffentliche Verkehrsmittel und zunehmende Umweltverschmutzung
- Weltweiter Verstädterungsprozess nahm seinen Ausgangspunkt im nordwestlichen Europa und war eng mit der Industrialisierung des 19. und beginnenden 20. Jh. verknüpft
- Städtische Bevölkerung nahm vor allem in den Bereichen schnell zu, in denen die Industrialisierung spät einsetzte
- Zunahme des Verstädterungsgrade im zeitlichen Verlauf wird idealtypisch durch eine S-förmige Kurve charakterisiert
Beispiel: England Wales; Beginn 19. Jh. nimmt der Anteil der städtischen Bevölkerung langsam zu, ab 1825 sehr schnell auf 50%; darauf gab es erste Zeichen einer Trendwende, nach 1900 etwa gleich bleibend; zu diesem Zeitpunkt waren die Dritte-Welt-Länder noch am Anfang dieser Entwicklung; aber auch 2003 betrug der Verstädterungsgrad noch 40% und befand sich damit auf dem Stand der Industrieländer 1925
è Phase der Zunahme der Stadtbevölkerung scheint umso kürzer, je später sie einsetzt
- Städte werden als „Innovationszentren“ und „Motor einer Modernisierung“ aufgefasst
- Zunahme der städtischen Bevölkerung lässt sich auf drei Ursachengruppen zurückführen:
- Neugründung von Städten oder eine Umklassifizierung bisher als „rural“ eingestufter Siedlungen nach Überschreiten einer bestimmten Einwohnerzahl
- Natürliches Bevölkerungswachstum
- Land-Stadt gerichtete Wanderungsbewegung, z.T. auch grenzüberschreitende Zuwanderungen
- Neugründungen und Umklassifizierungen haben vergleichsweise wenig Einfluss; Geburtenüberschüsse in Entwicklungsländern spielen eine größere Rolle
- in Entwicklungsländern machen die Wanderungsgewinne selten mehr als 50% des städtischen Wachstums aus; Wachstum liegt meist daran, dass die Sterberate unter der Geburtenrate liegt
- doppelte Schwierigkeit in den Entwicklungsländern: Zahl der auf dem Land und von einer landwirtschaftlichen Tätigkeit lebenden Menschen nimmt immer noch schnell zu und die Ernährungsbasis der dort wohnenden Familien wird dadurch weiter eingeschränkt
- Hyperurbanization/Overurbanization: Ungleichgewicht zwischen dem Verstädterungsgrad eines Landes und seiner wirtschaftlichen bzw. industriellen Entwicklung
- Verstädterungsquote und Bruttosozialprodukt pro Kopf als Indikatoren der Verstädterung
- es besteht ein Zusammenhang zwischen Verstädterungsgrad und wirtschaftlicher Entwicklung
- Bedeutung einer Stadt kann an ihrer Bevölkerungszahl und an ihrem „Rang“ innerhalb des Städtesystems gemessen werden
- Beziehung zwischen Einwohnerzahl und Rangplatz lässt sich anschaulich mit Hilfe eines rank-size -Diagramms zum Ausdruck bringen
- Auerbachs Konzentrationsgesetz: das Produkt aus Rangplatz und Bevölkerungszahl bleibt für die Städte eines Landes ziemlich konstant und schwankt nur geringfügig um einen Mittelwert
- das Produkt aus Rangplatz und Bevölkerungszahl entspricht gerade der Einwohnerzahl der rangersten Stadt
- zwei wichtige Folgerungen:
- die Steigung der Geraden stimmt meist mit dem Wert 1 überein; q-Werte über 1 deuten auf eine Dominanz der Metropole(n) hin, q-Werte unter 1 stehen für eine relative Überrepräsentation der Städte mittlerer Größenordnung
- einzelne Stadtgruppen und dabei insbesondere die großen Agglomerationen, vielfach aber auch die kleinsten Siedlungen, weichen z.T. erheblich von der „idealen Geraden“ ab, sodass man die rank-size-rule nur mit Vorbehalt als eine allgemein gültige Regel ansprechen kann
- bevölkerungsmäßiges Übergewicht der größten Städte eines Landes wird als primacy bezeichnet und lässt sich quantitativ durch den index of primacy erfassen (Jefferson)
- index of primacy lässt sich als Quotient aus der Einwohnerzahl der größten und zweitgrößten Stadt definieren (im Normalfall Index von 2 bei einer Steigung von -1)
- Primate City: wenn der errechnete Wert darüber liegt, wenn die Einwohnerzahl der größten Stadt eines Landes die der zweitgrößten um ein Vielfaches übertrifft
- eine Primatverteilung ist auch dann gegeben, wenn zwei oder drei „führende Städte“ auftreten und anschließend ein erheblicher Abfall der Einwohnerzahlen auftritt
- Berry unterschied drei Typen der Ranggrößenverteilung:
- Primate-Gruppe mit einer ausgeprägten Dominanz der größten Städte
- Rank-size-Gruppe mit einem gut an die Regressionsgerade angepassten Verteilungsbild
- Eine dazwischen liegende mittlere Gruppe mit nur leichtem Übergewicht der rangersten Städte
- eine Primatverteilung haben Länder wie Chile, Frankreich oder Thailand, in die mittlere Gruppe sind Schweden, Kolumbien oder Iran einzuordnen und ein log-normales Muster ist für die USA, Deutschland oder Indonesien kennzeichnend

2.3.2 Die jüngere Bevölkerungsentwicklung in den Ballungsräumen hoch industrialisierter Staaten

- um Verstädterung im zeitlichen Verlauf hoch industrialisierter Staaten genauer nachzugehen, muss man sich auf umfassende Agglomerationsräume einschließlich ihres Umlandes beziehen
- als Abgrenzungskriterien werde strukturelle Gesichtspunkte und funktionale Verflechtungen herangezogen
- parallel zur räumlichen Erweiterung der Stadt hat sich eine Umverteilung und Dekonzentration von Bevölkerung und Produktion, Verwaltung und Handel vollzogen
- spätindustrielle Phase der Stadtentwicklung wird mit dem Begriff Suburbanisierung umschrieben: Einsetzen des räumlichen Wachstums der Verdichtungsräume und die Redistribution der Bevölkerung (urban sprawl) in Deutschland in den 50ern
- Suburbanisierungsprozess schwächt sich in der Gegenwart ab bzw. wird von einer gegenläufigen Entwicklung überlagert
- die Bevölkerungszunahme im Umland gleicht die –abnahme im Umland nicht mehr aus
- regional ist eine gewisse Wiederaufwertung der Kernstadt, verbunden mit einem erneuten Bevölkerungsanstieg bzw. einer Abschwächung des Bevölkerungsverlustes, festzustellen
- Phasengliederung des Verstädterungsprozess nach Gibbs:
- In der Frühphase städtischer Entwicklung wächst die ländliche Bevölkerung noch schneller als die städtische
- Bedingt durch Stadt-Land gerichtete Migration treten erste Konzentrationserscheinungen auf, und die Zuwachsrate der städtischen Bevölkerung übertrifft die ländliche
- Ländliche Bevölkerung nimmt nicht nur relativ, sondern auch in absoluten Zahlen ab; Gründe: beschleunigte Abwanderung, insbesondere junger Menschen, und dadurch gegebene rückläufige Geburtenrate
- Einwohnerzahlen kleinerer Städte gehen ebenfalls zurück, da die Abwanderung jetzt auch auf Orte dieser Größengruppen übergreift und diese zugleich als Folge der Bevölkerungsverluste auf dem Land wichtige Funktionen der Umlandversorgung verlieren
- Konzentrationsprozess kommt zum Stillstand, denn Verbesserungen im Transport- und Kommunikationssystem ermöglichen eine gleichmäßigere Bevölkerungsverteilung; Wanderungsbewegungen sind jetzt von den hoch verdichteten Räumen in weniger dicht besiedelte Zonen gerichtet
- Modell der differential urbanization von Geyer und Kontuly differenziert die jüngere Entwicklungsphase weiter aus; betrachtet werden Bevölkerungsveränderungen bzw. Wanderungsbilanzen von drei städtischen Hierarchiestufen der Städte
- während der Urbanisierungsphase sind die Wanderungsbewegungen hauptsächlich auf die großen Agglomerationen gerichtet, die dadurch an Einwohnern zunehmen
- Phase der polarization reversal: mittelgroße Städte und nicht länger Ballungszentren die höchsten Wanderungsgewinne aufweisen
- Phase der counterurbanization: Ballungsumkehr; nun sind die stärksten Migrationsströme auf kleine Städte gerichtet, mittelgroße Städte weisen rückläufige Wanderungsgewinne, große Städte sogar eine negative Wanderungsbilanz auf
- Rural renaissance:
- Sandortverlagerungen von Industrieunternehmen und tertiären Einrichtungen
- Zunehmende Mobilität alter Menschen
- Wachsende Bedeutung der Umweltqualität für das Wanderungsverhalten
- seit den 80ern hat sich das Wachstum nichtmetropolitaner Gebiete abgeschwächt; große Verdichtungsräume erlebten Wachstumsschub
- international counterurbanization: Wanderungen in den ländlichen Raum eines anderen Landes
- Beispiel der Bundesrepublik Deutschland: Agglomerationsräume blieben im Hinblick auf ihre Bevölkerungsentwicklung hinter den anderen Gebietstypen zurück; Veränderungen in strukturstarken und –schwachen, altindustrialisierten Räumen der alten Länder höchst unterschiedlich waren, Durchschnittswerte haben nur begrenzte Aussagekraft;
- im Laufe des Verstädterungsprozess ändert sich nicht nur die großräumige Bevölkerungsverteilung, sondern diese wird begleitet von kleinräumigen Verschiebungen innerhalb der einzelnen Gebietskategorien
- in Verdichtungsräumen von Industrieländern, differenziert nach Kernstadt und Umland, gliedert sich der räumliche Zyklus in:
- Urbanisierungsphase: Bevölkerungswachstum in der Kernstadt größer als im Umland
- Suburbanisierungsphase: Bevölkerungswachstum im Umland größer als in der Kernstadt
- Desuburbanisierungsphase: Bevölkerungsabnahme im Verdichtungsraum als Ganzem
- Reurbanisierungsphase: relative/absolute Bevölkerungszunahme in der Kernstadt
- Urbanisierung und Reurbanisierung sind durch Zentralisierungsprozesse bestimmt; Suburbanisierung und Desuburbanisierung sind durch Dezentralisierungsprozesse bestimmt
- counterurbanization schließt die über die Grenzen der Verdichtungsräume hinausgreifende Suburbanisierung (Exurbanisierung) mit ein
- Beleg für Reurbanisierung ist, dass einzelne Kernstädte wieder in den Agglomerationsräumen an Bevölkerung zunehmen bzw. sich der Einwohnerverlust abschwächt
- von Revitalisierung kann nicht gesprochen werden, da die Kernstädte als Ganzes in aller Regel negative Bilanzen für das natürliche Wachstum und die Binnenwanderungen aufweisen

2.3.3 Struktur und Veränderung innerstädtischer Bevölkerungsdichten

- Kern-Rand-Gefälle als wichtigstes Merkmal städtischer Siedlungen
- Bevölkerungsdichte zeigt regelhafte Veränderungen vom Stadtzentrum zur Peripherie; in den zentral gelegenen Stadtteilen am Rande der City werden die höchsten Dichtewerte erreicht
- nach Analyse des Dichtegradienten in 20 verschiedenen Städten kam Clark zu drei wichtigen Ergebnissen:
- Regressionsansätze mit dem Logarithmus der Bevölkerungsdichte als abhängiger und der Distanz als unabhängiger Variablen zeigen für alle untersuchten Beispiele und Zeiträume eine gute Anpassung an empirisch festgestellten Werten
- Kompaktheit einer Stadt hängt ceteris paribus von ihrer Größe ab; kleine Städte sind kompakter als größere
- Dichtegradient verändert sich im zeitlichen Längsschnitt; in den meisten Städten geht eine Bevölkerungszunahme mit abnehmender Kompaktheit einher
- Clark: Standort in einer Stadt sind durch zwei „Güter“ zu charakterisieren, durch die Fläche und durch ihre Lage
- wenn Zentralität die erstrebenswerteste Lageeingenschaft ist mit der sich die höchsten Bodenpreise realisieren lässt, so ergibt sich eine zonal angeordnete Flächenstruktur und eine Abnahme der Bodenpreise von innen nach außen
- Intensität der Flächennutzung wird zur Peripherie hin zurückgehen und in zentralen Stadtteilen sind hohe, in randlichen Lagen niedrige Wohndichten zu erwarten
- Regel gilt nicht für das unmittelbare Stadtzentrum, da hier die Wohnnutzung im Wettbewerb mit anderen Formen der Bodennutzung unterlegen ist
è Dichtewerte sind in diesem Bereich sehr niedrig und die Dichte-Distanz-Kurven weisen im Zentrum einen ausgeprägten „Krater“ auf
- Zeitliche Wandel verlaufen nicht in allen Kulturräumen gleichartig
- Westliche und nicht-westliche Städte unterscheiden sich in zwei Punkten:
- In westlichen Städten nimmt die zentrale Dichte im zeitlichen Verlauf zunächst zu, danach geht sie zurück (deconcentration); in nicht-westlichen Städten ist ein stetiger Anstieg des Parameters d0 zu beobachten (overcrowding)
- Der Dichtegradient und damit die Kompaktheit zeigt in westlichen Städten eine abnehmende Tendenz (suburbanization oder decompaction), während sie in nicht-westlichen Städten im zeitlichen Schnitt weitgehend konstant bleibt (urban expansion without suburbanization)
- dieser Gegensatz resultiert aus den unterschiedlichen räumlichen Verhaltensmuster der höher- und niederrangigen sozio-ökonomischen Gruppen
- in vorindustriellen Städten blieb die Zahl der reichen Familien verhältnismäßig gering und diese strebten möglichst zentral gelegene Wohnstandorte an à mangels unzureichender Transportmittel konnten auch die unteren Sozialschichten nur begrenzt in entlegenere Stadtviertel ausweichenà starke Nachfrage nach zentrumsnahen Wohnungen à Bevölkerungskonzentration in den zentralen Stadtbereichen stieg à Städte wuchsen nur langsam nach außen
- westliche Welt: während der Industrialisierung nahmen in den Städte die wohlhabenden und mobilen Bevölkerungsschichten nach ihrer absoluten Zahl und ihres relativen Anteils zu
- aufgrund verbesserter Verkehrssysteme bevorzugten diese Gruppen Wohnstandorte mit hohem Flächenverbrauch an der Peripherie der Städte und bewirkten so eine rasche Ausweitung der bebauten Fläche und eine Abnahme des Dichtegradienten
- neben räumlichen unterschieden lassen sich auch beträchtliche Abweichungen der Dichte-Distanz-Beziehung zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen nachweisen

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Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Zusammenfassung des Buchs "Bevölkerungsgeographie" von Jürgen Bähr
Autor
Jahr
2015
Seiten
52
Katalognummer
V301722
ISBN (eBook)
9783668008298
ISBN (Buch)
9783668008304
Dateigröße
584 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zusammenfassung, buchs, bevölkerungsgeographie, jürgen, bähr
Arbeit zitieren
Martin Eder (Autor:in), 2015, Zusammenfassung des Buchs "Bevölkerungsgeographie" von Jürgen Bähr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301722

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