Kolumbien und die FARC. Eine Analyse der Motivation der FARC von ihrer Gründung bis zur Gegenwart


Hausarbeit, 2012

26 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretischer Diskurs zur Motivation bewaffneter Gruppen
2.1. Ökonomischer Ansatz: Collier und die Greed-Theorie
2.2. Politischer Ansatz: Schlichte und die Grievance-Theorie
2.3. Zusammenfassung der Greed- und Grievance-Indikatoren

3. Konfliktgeschichte
3.1. Gründung und Anfänge der FARC (1964 - 1980)
3.2. Aufstieg und Konsolidierung der FARC (1980 - 2002)
3.3. Schwächung und Reputationsverlust der FARC (2002 - 2013)

4. Analyse
4.1. Deutung der zentralen Indikatoren, der Kommunikation und Stabilität
4.2. Deutung des Indikator „Interaktion“

5. Kritische Anmerkungen zu den Theorien

6. Fazit

Literatur

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Vergleich der Motivation der FARC nach Phasen & den zentralen Indikatoren Schlichtes/ Colliers

Abb. 2: Interne Motivation und strukturelle Gründe der aktuellen Friedensverhandlungen

1. Einleitung

Der Konflikt zwischen den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC1 ) und der kolum- bianischen Regierung dauert bereits seit fast fünf Jahrzehnten an. Offiziell gründete sich die FARC als Guerillatruppe im Jahr 1964. Bis heute gilt sie als die älteste und stärkste Rebel- lenorganisation2 Kolumbiens, was sie als Gegenstand von Konfliktanalysen besonders inte- ressant werden lässt. Ebenfalls ist die FARC interessant, da im Laufe ihrer Existenz zahlrei- che Friedensverhandlungen zwischen Vertretern der FARC und der Regierung stattfanden. Ein erster Friedensversuch wurde Mitte der 1980er Jahre unternommen. Nachdem dieser scheiterte, folgten Anfang und Ende der 1990er Jahre weitere Verhandlungen. Der jüngste Friedensdialog begann im November 2012. Das Ergebnis ist bisher offen3 und wird von der Zivilbevölkerung mit skeptischer Hoffnung verfolgt.

Zur Analyse des bewaffneten, innerstaatlichen Konflikts ist ein Blick auf die Motivation der FARC sinnvoll, da diese viel über dessen Prolongation und Herausforderungen bei der Beilegung verrät. Der Begriff Motivation wird dabei als das Streben von Personen oder Personengruppen nach Zielen oder Objekten verstanden. In der motivationalen Konflikt- analyse sind dabei zwei Autoren maßgeblich: Paul Collier mit seinem ökonomischen Ansatz einer greed-gestützten Motivationstheorie und Klaus Schlichte mit seiner Theorie des Shadow of Violence und der politischen Unzufriedenheit bewaffneter Akteure. Ihre Erklä- rungsansätze verhalten sich oppositionär zueinander, denn während Collier eine Kosten- Nutzen-Rechnung aufstellt, stützt Schlichte seine Annahmen auf sozialwissenschaftlich- politische Überlegungen.

Im Rahmen dieser Arbeit werden die Theorien von Collier und Schlichte als Grundlage für die Analyse der Motivation der FARC genutzt. Die erste, zentrale Forschungsfrage lautet dabei: Warum kämpft die FARC? Kämpft sie im Sinne von Collier aufgrund einer ökonomi- schen Agenda oder, wie Schlichte erklärt, aufgrund politischer Unzufriedenheit? Unter die- sem Fokus soll auch der aktuelle Friedensdialog betrachtet werden, die zweite Forschungs- frage lautet daher: Was bedeuten die derzeitigen Verhandlungen für die Motivation der FARC?

Im folgenden Kapitel (2) werden zunächst die theoretischen Ansätze von Paul Collier und Klaus Schlichte detailliert dargestellt. Im nächsten Abschnitt (3) folgt die Konfliktgeschichte der FARC unter analyserelevanten Aspekten, wozu auch die Interaktionen zwischen der Regierung und der FARC gehören. Im vierten Kapitel (4) findet eine geschichtsgebundene Analyse der zentralen Indikatoren und Interaktionen statt. Da bei beiden Autoren der Begriff der Motivation offen gehalten ist, werden bei der Analyse sowohl gruppeninterne als auch externe, gesellschaftlich-politisch-ökonomische Motivationsanreize berücksichtigt. Im fünften Kapitel (5) folgen Kritikpunkte und Hinweise auf Schwachstellen zu den theoretischen Überlegungen der Autoren. Im sechsten und letzten Kapitel (6) erfolgt das Fazit.

2. Theoretischer Diskurs zur Motivation bewaffneter Gruppen

Im wissenschaftlichen Diskurs über die Motivation bewaffneter Gruppen haben sich in den letzten Jahren zwei Pole herausgebildet: Auf der einen Seite stehen die wirtschaftlichen und auf der anderen Seite die politischen Ansätze. Die wirtschaftlichen Theorien kamen erst mit Ende des Kalten Krieges ins Gespräch, mit dem Wegfall der ideologischen Zweiteilung der Welt, der Verbreitung des Kapitalismus, freien Handels und verstärktem Profitstreben. Während sich Aufstände zuvor entlang einer binären Weltordnung definieren ließen, sind die Erklärungen mit dem Fall des Eisernen Vorhangs komplexer geworden.

2.1. Ökonomischer Ansatz: Collier und die Greed-Theorie

Paul Collier geht in seinen Studien zur Erfassung der Ursachen, warum Rebellionen entstehen und sich Personen entschließen bewaffneten Widerstand zu leisten, davon aus, dass sich dies anhand eines wirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Kalküls beschreiben lässt. Er sieht den Faktor Gier und die persönliche Bereicherung dabei als Hauptansporn für Personen, sich in die Gefahr eines bewaffneten Konfliktes zu begeben und das wahre Ziel von Rebellionen in der Ausbeutung von Ressourcen, die durch bewaffnete Gruppen besteuert oder direkt auf dem Weltmarkt vertrieben werden können (vgl. Collier 2000).

Collier hat zur Bestätigung seiner Theorie verschiedene empirische Studien durchgeführt und zu beweisen versucht, dass allein die Gier einen Einfluss auf das Ausbrechen einer Rebellion hat. Als Indikatoren für Greed erhob er die Höhe des Rohstoffexportes einer Nation, die Proportion von Männern zwischen 15 und 24 Jahren4 sowie den Bildungsstand. Er konnte zwischen den drei Variablen und der Konfliktwahrscheinlichkeit in einer Region einen signifikanten statistischen Zusammenhang feststellen und schlussfolgerte, dass eine hohe Anzahl von jungen Männern bei einer geringen schulischen Bildung und einem hohen Vorkommen von abbaubaren Rohstoffen5 einen bewaffneten Konflikt aus Motiven der Profitgier sehr wahrscheinlich werden lassen (vgl. Collier 2000: 93f.).

Das Vorkommen von Grievance untersuchte er anhand der Variablen: ethnischer bzw. religi- öser „Hass“6, Einkommensdisparität, Mangel an politischen Freiheitsrechten und der Inkompetenz von Regierungen7. Collier kam bei der Untersuchung dieser Variablen zu dem Ergebnis, dass es bei einer hohen gesellschaftlichen Fragmentierung nur schwer möglich ist, Personen zu mobilisieren und diese Gesellschaften in der Regel sogar friedlicher sind als andere. Zudem betonte Collier, dass repressive Systeme und etablierte Demokratien stabiler sind als junge, nicht gesellschaftlich-verankerte Demokratien und lediglich der ökonomische Auf- oder Abschwung Einfluss auf das Konfliktpotenzial besitzen, nicht aber die Ungleichheit in einer Gesellschaft an sich (vgl. Collier 2000: 95f.).

Auf diesen Argumenten begründet Collier seine These, dass Grievance als Motivationsmo- ment für bewaffnete Konflikte auszuschließen ist. Dass dennoch viele bewaffnete Gruppen auf eine Grievance-Rhetorik8 zurückgreifen, erklärt er damit, dass sie mittels des politischen Diskurses versuchen, externe Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft zu ge- winnen. Zudem dient dies dazu, neue Mitglieder zu rekrutieren und den internen Gruppenzu- sammenhalt zu stärken. Sie erfüllt in dem Sinne eine Art Propaganda-Funktion, auf welche auch greed-motivierte Gruppen nicht verzichten können. Dies gilt insbesondere, da durch das Anwachsen der bewaffneten Gruppe der Profit für den Einzelnen schrumpft (vgl. Collier 2000: 92).

Als Unterstützung für sein Argument, dass Gier die zentrale Antriebsfeder für Aufstände ist, zieht Collier das Free-Rider-Problem heran. Nach diesem argumentiert er, dass bevor sich eine Person zu einem bewaffneten, politisch-motivierten Aufstand hinreißen lässt, welcher stets mit einem persönlichen Risiko verbunden ist, zunächst gerne anderen die Verantwor- tung für den Kampf zugeschoben wird. Dahinter steht die Hoffnung, ohne eigenen Einsatz von den Ergebnissen der Revolution profitieren zu können. Dies gilt insbesondere, da kleine, politisch-motivierte Revolutionen riskant sind, da sie kaum eine Chance haben, einen syste- mischen Wechsel herbeizuführen und mit einem hohen Risiko der Bestrafung einhergehen. Hingegen steigert die Aussicht auf einen ökonomischen Gewinn, welcher sofort gezahlt wird und nicht erst nach Ende des Konflikts, die Bereitschaft der Einzelnen Gefahren einzugehen (vgl. Collier 2000: 99).

Collier begründet die Stabilität von bewaffneten Konflikten damit, dass gewisse Personengruppen von der illegalen Ressourcenausbeutung profitieren und sie in einem Zustand des Friedens ihre Einkommensquellen verlieren würden. Somit kann ein Konflikt nur beigelegt werden, wenn der Frieden ökonomisch rentabler wird als der bewaffnete Konflikt.

2.2. Politischer Ansatz: Schlichte und die Grievance-Theorie

Klaus Schlichtes Argumentation beruht im Gegensatz zu Collier auf einer politisch- sozialwissenschaftlichen Sicht. Anders als bei zu Collier sieht er bewaffnete Gruppen zum einen als State Builder und zum anderen behauptet er, dass sie ohne ein politisches Pro- gramm einen Legitimationsmangel besitzen, der letztlich zur Auflösung der Gruppe führt (vgl. Schlichte 2009: 17). Zwar räumt Schlichte ein, dass das Fehlschlagen eines bewaffneten Aufstandes auch am Scheitern des Aufbaus interner Organisationsstrukturen liegen kann, dennoch sieht er in dem Legitimationsmangel die weitaus größere Gefahr (vgl. Schlichte 2009: 20).

Für Schlichtes Argumentation ist wichtig, dass er bewaffnete Gruppen als Figurationen im Sinne von Norbert Elias versteht. Diese sind weniger strukturiert als Kollektive und operieren in kleinen, sozialen Settings. Figurationen lassen sich als Ensembles von wechselseitig abhängigen Individuen verstehen, wobei sich deren Beziehungen oft asymmetrisch gestalten und stets Machtverhältnisse wiederspiegeln (vgl. Schlichte 2009: 17). Die Begriffe Macht und Herrschaft, welche an Max Weber anknüpfen, sind weitere wichtige Termini in der Argumen- tation Schlichtes. Unter Macht ist dabei die Wahrscheinlichkeit zu verstehen, dass ein Akteur in einer sozialen Beziehung in der Lage ist, seinen Willen gegen den Widerstand von Ande- ren durchzusetzen. Herrschaft stellt unterdessen die institutionalisierte Form von Macht dar und beschreibt nach Weber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Befehl innerhalb eines spezifi- schen Kontextes von einer bestehenden Gruppe von Personen befolgt wird.

Die Macht bewaffneter Gruppen beruht zum Zeitpunkt der Erhebung zunächst auf der unmit- telbaren Ausübung von Gewalt, über welche die asymmetrische Beziehung gegenüber der Bevölkerung, anderen bewaffneten Gruppen oder dem Staat aufrechterhalten wird. Auf Dauer betrachtet gefährdet die Ausübung von Macht durch Gewaltanwendung jedoch das Fortbestehen einer Gruppe, da Gewalt viele negative Effekte mit sich bringt und der Legiti- mation schadet. Schlichte bezeichnet diese negativen Effekte als den Shadow of Violence. Erst wenn dieser Schatten der Gewalt mittels der Transformation einer instabilen Machtbasis in die institutionalisierte Form der Herrschaft überwunden werden kann, kann eine bewaffne- te Gruppe ihre Ziele verwirklichen und dauerhaft bestehen. Daher ist es für bewaffnete Gruppen wichtig, ihre Macht in Herrschaft und anerkannte Regeln umzuwandeln (vgl. Schlichte 2009: 19ff.).

Es kommt somit auf die Fähigkeit einer bewaffneten Gruppe an, eine neue, zunächst noch prekäre Ordnung zu errichten und die Kriegsführung zu beenden (vgl. Schlichte 2009: 87; 95). Anschließend muss die bewaffnete Gruppe Organisationsfähigkeit beweisen, indem sie beispielsweise ein Steuersystem einführt und beginnt öffentliche Dienstleistungen zu finan- zieren. In einem nächsten Schritt sollte sie gesellschaftliche Partizipationsformen erzeugen und somit erreichen, dass Personen Zeit, Arbeit und Geld in das neue System investieren und Teil der neuen Ordnung werden. Erst dadurch kann ein äquivalentes, staatliches System über die Unterstützung der Bevölkerung entstehen und bewaffnete Gruppen zu State Builders werden (vgl. Schlichte 2009: 96f; 179ff.). Dabei ist zu beachten, dass diese Mechanismen der Basislegitimation keineswegs automatisch ablaufen und stets stoppen oder zurückfallen können und daher verteidigt werden müssen.

Eine Strategie, die bewaffnete Gruppen zur Überwindung des Shadow of Violence und zur Sicherung von Legitimität nutzen, ist die Herstellung von Transparenz mittels Versammlungen und Medien, in welchen sie über ihre Aktivitäten und ihr politisches Programm informieren. Bewaffnete Gruppe richten sich dabei meist an ein dreifaches Publikum: das interne, das lokale und das internationale Publikum (vgl. Schlichte 2009: 86f.).

Intern wird kommuniziert, um den Gruppenzusammenhalt zu erhalten. Dies geschieht des Öfteren auch über interne Meetings und Kongresse. Die politischen Programme dienen dabei - wie auch bei Collier erwähnt - der Rekrutierung neuer Mitglieder. Deren Mobilisierung erfolgt über identitätsstiftende, ideologische oder religiöse Erzählungen. Auf lokaler Ebene sind bewaffnete Gruppen darum bemüht, die Unterstützung und Akzeptanz der Bevölkerung zu gewinnen. Das politische Programm dient dabei zum einen einer Positionierung im politischen Spektrum der Parteien und zum anderen zur Einbettung der Bestrebungen in die Vergangenheit und Gegenwart. Über diese Einbettung wird eine Erzählung generiert, die Identifikationspunkte für die Bevölkerung bereitstellt und verhindert, dass der Aufstand als Bruch mit der Geschichte wahrgenommen wird.

Die internationale Ebene sprechen bewaffnete Gruppen an, um für externe Unterstützung zu werben und die Unparteilichkeit von Nachbarstaaten und mächtigen Nationen, die weltpoli- tisch eine große Rolle spielen, zu erreichen. Die bewaffneten Gruppen stehen hierbei insbe- sondere vor der Aufgabe, ihre politischen Programme zu rechtfertigen und zu zeigen, dass sich diese mit internationalen Normen und Werten im Einklang befinden (vgl. Schlichte 2009: 87ff; 102f.).

Ein Problem dieser Geschichten beschreibt Schlichte im charismatischen Zyklus. Dieser umreißt den Zerfall von Ideen: Ein mobilisierendes Programm hat bis zum Zeitpunkt der siegreichen Revolution lediglich den Charakter von Versprechungen und erst mit dem Sieg muss sich eine bewaffnete Gruppe als State Builder beweisen. Ist die Bevölkerung unzufrieden, kann dies den Neubeginn anderer politischer Programme darstellen, da die regierende Gruppe an Legitimität verliert. Der charismatische Lebenszyklus von politischen Programmen ist daher begrenzt (vgl. Schlichte 2009: 105).

Schlichte führt somit - im Gegensatz zu Collier - langlebige Konflikte auf eine starke Motiva- tion zum politischen Umsturz zurück. Den Faktor der Profitgier sieht er vielmehr als Gefahr für den Erfolg eines bewaffneten Konflikts an, da diese einer bewaffneten Gruppe die Legiti- mation und Unterstützung durch die Bevölkerung raubt, ohne die sie auf Dauer nicht beste- hen kann.

2.3. Zusammenfassung der Greed- und Grievance-Indikatoren

Im Folgenden sollen die Theorien von Collier und Schlichte in Hinsicht auf ihre zentralen Indikatoren sowie auf die Rolle von Stabilität und Kommunikation von Zielen zusammengefasst werden. Zudem werden generelle Überlegungen zu der Bedeutung der Motivation für die Interaktion zwischen bewaffneten Gruppen und Regierungen dargestellt, welche sich auf Schlichte zurückführen lassen.

Zentrale Indikatoren

Nach Collier bieten sich für die Analyse der Motivation bewaffneter Gruppen drei entscheidende Indikatoren an, welche er in mathematischen Formeln fasst. Treffen diese drei Faktoren zusammen, ist die Wahrscheinlichkeit eines greed-motivierten Konfliktes besonders hoch.

(1) Eine hohe Anzahl von Männern, die sich der Gruppe anschließen.
(2) Eine eher geringe Bildung dieser Personen.
(3) Die Erzielung ökonomischer Gewinne durch die Gruppe über die illegale Besteuerung oder Direktvertrieb von Rohstoffen auf dem Weltmarkt.

Die von Schlichte angeführten Indikatoren weisen komplexere Zusammenhänge auf, da sie in interdependente Wirkungsketten eingegliedert sind. Im Wesentlichen lassen sich zwei Indizien herauskristallisieren:

(1) Die bewaffnete Gruppe möchte die bestehenden politischen Verhältnisse verändern. Sichtbar wird dies durch das Vorhandensein eines politischen Programmes.

(2) Die bewaffnete Gruppe ist um die Transformation von Macht in Herrschaft bemüht, was durch Maßnahmen des State Building erkennbar wird.

Konfliktstabilität

Laut Collier sind bewaffnete Konflikte stabil, wenn sie gewissen Personengruppen Profit verschaffen und sich eine für sie rentable Kriegsökonomie entwickelt. Die Profiteure unter- nehmen alles, um diesen Zustand zu verlängern und ihre Einkommensquellen zu wahren.

Für Schlichte gilt die Prolongation eines bewaffneten Aufstandes als Zeichen für eine starke politische Motivation der Gruppe, während Profitgier das Fortbestehen einer bewaffneten Gruppe nach Schlichte gefährdet. Die Gruppe muss ihre mittels Gewaltanwendung errunge- ne Macht in eine institutionalisierte Form der Herrschaft umwandeln, da sonst ein Legitimati- onsverlust (Shadow of Violence) einsetzt und das Ende des Aufstandes besiegelt.

Kommunikation von Zielen

Nach Collier täuschen Greed-Akteure politische Ziele vor, da sie ihnen Vorteile verschaffen. Sie dienen der Gruppe, um neue Mitglieder zu rekrutieren oder um externe Unterstützung zu gewinnen. Weiterhin beschreibt Collier die Rhetorik als unverzichtbares Element für den Gruppenzusammenhalt, da mit ihrem Anwachsen der Profit für den Einzelnen schrumpft.

[...]


1 Spanisch: Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia - Ejército del Pueblo; In den 1980er Jahren nahm die FARC den Namenszusatz EP an, welcher so viel wie Volksarmee bedeutet (vgl. Schrefler 2003: 7). Im Folgenden werden die Kürzel FARC und FARC -EP synonym verwendet.

2 Neben der FARC existieren weitere bewaffnete Gruppen wie die linksgerichtete Nationale Befreiungsarmee (ELN) und die rechten, paramilitärischen Truppen der Vereinigten Bürgerwehren Kolumbiens (AUC).

3 Beim ersten Verhandlungspunkt, der Frage um Landverteilungen, konnte eine Einigung erzielt werden, was als wegweisend von zahlreichen Experten für den weiteren Verhandlungserfolg eingeschätzt wird (vgl. FAZ 26.05.2013).

4 Männer dieser Altersgruppe sind nach Collier die Hauptkriegsführenden und am leichtesten zur Teilnahme an bewaffneten Konflikten zu mobilisieren, insbesondere wenn alternative Einkommensmöglichkeiten fehlen.

5 Nach Collier ist in Regionen mit vielen Rohstoffen und einem hohen Rohstoffexport die Wahrscheinlichkeit von bewaffneten Konflikten vier Mal höher als in Ländern ohne Rohstoffe.

6 Dahinter steht die Vermutung, dass sich in hoch fragmentierten Gesellschaften die ökonomische und soziale Ungleichheit zu Lasten von einer Ethnie oder Religion gestaltet.

7 Regierungen wird meist die Schuld an einer Misere gegeben und sie wird für gewöhnlich verantwortlich für deren Lösung gemacht.

8 Eine solche Rhetorik der politischen Unzufriedenheit kann auf Erzählungen über den ethnischen Hass, die ökonomische Ungleichheit, einen Mangel an Rechten oder die Inkompetenz der Regierungen aufgebaut sein.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Kolumbien und die FARC. Eine Analyse der Motivation der FARC von ihrer Gründung bis zur Gegenwart
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1.0
Autor
Jahr
2012
Seiten
26
Katalognummer
V301449
ISBN (eBook)
9783956875625
ISBN (Buch)
9783668004818
Dateigröße
776 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
FARC, Kolumbien, Frieden, Motivation, Bewaffnete Gruppen, Schlichte, Collier
Arbeit zitieren
Bianka Bülow (Autor:in), 2012, Kolumbien und die FARC. Eine Analyse der Motivation der FARC von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301449

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