Sedationspause bei volatilen Narkotika anhand des AnaConDa Systems


Diplomarbeit, 2015

25 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Hinführung zum Thema
1.2. Fragestellung
1.3. Ziel der Arbeit
1.4. Eingrenzung

2. Hauptteil
2.1. Analgosedation intensivmedizinischer Patienten
2.1.1. AnaConDa® (Anaestehtic Conserving Device)
2.1.2. Wirkung volatiler Anästhetika mit dem AnaConDa® System
2.1.3. Vorteile und Nachteile Inhalativer Sedation
2.2. Voraussetzungen Sedationsstopp (mit AnaConDa®)
2.2.1. Der erste Versuch
2.2.2 Erfahrungswerte AnaConDaY 2010/2012
2.3 Aufwachversuch zur Vorbereitung zum Weaning
2.4 Aufwachversuch zur neurologischen Beurteilung

3. Diskussion

4. Schlussfolgerung

5. Reflexion

Literaturverzeichnis

Anhang

Aufbau des AnaConDa®-Systems

Neurologisches Monitoring

Protokoll Weaning

Protokoll Sedation

1. Einleitung

1.1. Hinführung zum Thema

Der Sedationsstopp wurde in den letzten Monaten wieder vermehrt in Fachzeitschriften und auf Kongressen diskutiert. Die Wichtigkeit und Durchführung dieser Massnahme ist mittlerweile unumstritten. Vielmehr stehen die Substanzen (Wirkung und Kombination) und deren Handhabung im Fokus. Zur gängigsten Applikation der Analgosedation (intravenös) gibt es mittlerweile eine gute Datenlage und genaue Empfehlungen, wie diese zu pausieren sind. Inhalative Sedationsmöglichkeiten sind bisher nur aus der Anästhesie bekannt. In den letzten 10 Jahren haben diese Verfahren aber zunehmend Einzug in die Behandlung von Patienten auf Intensivstationen in ganz Europa gefunden. Nach anfänglicher Skepsis und mangels intensivmedizinischer Zulassung (Off-Label-Use), scheint sich diese Behandlungsoption aber mittlerweile als echte Alternative für bestimmte Indikationen zu etablieren.

Die AnaConDa® ist das erste und bisher einzige System, welches eine inhalative Sedierung ausserhalb des OP’s ermöglicht (Bösel & Steiner, 2010). Seitdem hat sich die Anwendung des AnaConDa®-Systems zur inhalativen Sedation mit Isofluran und Sevofluran (…) deutlich weiterentwickelt. Richtungsweisend ist auch die Aufnahme dieser alternativen Inhalationssedierung in die S3-Leitlinie zur Sedierung der DIVI und DGAI von 2010 (Bösel & Steiner, 2010).

Ein weiteres gutes Argument liefert Prof. Weber (2012) „ Während der inhalativen Sedierung können wir Patienten permanent aufwecken, das ist etwas anderes als die schwer zu unterbrechende intravenöse Sedierung. Mit dem Gas wird praktisch ein permanenter Wake up-Call mit Spontanatmungsversuchen induziert “.

Auch an meinem Arbeitsplatz wird vermehrt auf die inhalative Sedation zurückgegriffen. Der Sedationsstopp bei Verwendung der inhalativen Sedationstechnik steht bei uns konzeptionell noch in Ausarbeitung. Diese Diplomarbeit soll diese Bemühungen komplettieren und abschliessen.

1.2. Fragestellung

Was gilt es zu beachten bei der Durchführung der Sedationspause bei volatilen Anästhetika? Bezugnehmend auf die Eignung der AnaConDa® zum Sedationsstopp, zum Zeitpunkt, zum Weaningprozess und zur neurologischen Beurteilung.

1.3. Ziel der Arbeit

Die Sedationspause und deren korrekte Durchführung ist ein wichtiger Bestandteil im Weaningprozess von beatmeten Patienten. Diese Diplomarbeit dient als Grundlage zur Erweiterung des Sedationskonzeptes mit inhalativen Anästhetika und später zur innerbetrieblichen Fortbildung aller Mitarbeiter der Intensivstation am Kantonsspital Baselland, Standort Liestal. Sie richtet sich an das Fachpflegepersonal, setzt somit Fachtermini voraus und soll den Umgang mit der inhalativen Sedationstechnik im täglichen Einsatz erleichtern.

1.4. Eingrenzung

Mit dieser Diplomarbeit verfolge ich nicht das Ziel, allgemein auf den Sedationsstopp einzugehen, sondern die Besonderheiten der inhalativen Technik in den Vordergrund zu stellen.

Aus diesem Grund kann nicht automatisch und unreflektiert z.B. auf intravenös geltende Richtlinien Bezug genommen werden. Auf etwaige andere Sedationstechniken wird nicht im Speziellen eingegangen, sondern sie dienen lediglich zum Vergleich.

Off-Label-Use: Auszug aus der einzigen im deutschsprachigen Raum gültigen S3-Leitlinie, der DIVI und DGAI, „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement“, B.II.3.2.9, Volatile Anästhetika von 2010 (S.110). „ Inhalationsanästhetika sind zur Anwendung im Rahmen einer Anästhesie zugelassen. Eine zeitliche Beschränkung der Anwendungsdauer wird nicht angegeben. Allerdings ist die inhalative Sedierung von Intensivpatienten als eine andere Indikation anzusehen; der Einsatz volatiler Anästhetika zur Sedierung stellt einen „off-label-use“ dar. (Fachinformation). Daraus folgt: Hämodynamik, Beatmungsparameter, sowie Leber- und Nierenwerte sollten engmaschig überwacht werden. Die Indikation zur Sedierung sollte täglich überprüft werden“.

Die Verwendung der männlichen Form schließt zugunsten der Lesefreundlichkeit das weibliche Geschlecht mit ein.

2. Hauptteil

2.1. Analgosedation intensivmedizinischer Patienten

Sedierung und ausreichende Analgesie sind wesentliche Bestandteile intensivmedizinischer Behandlungsstrategien. Sie nehmen grossen Einfluss auf den Verlauf und das Überleben unserer Patienten. Die Übersedierung wird häufig assoziiert mit einer erhöhten Pneumonie-Inzidenz infolge längerer Beatmungsdauern, höheren und vermeidbaren Kosten und einer höheren Mortalitätsrate (Braune & Kluge, 2010). Konzepte der Analgosedierung sind aufgrund der verschiedenen einzelnen Therapieziele (Analgesie, Sedierung, Anxiolyse) sehr komplex und gehören heutzutage zum Standardrepertoire einer intensivmedizinischen Behand­lung. Sowohl die pharmakologische Entwicklung kurzwirksamer und damit gut steuerbarer Substanzen auf der einen Seite, als auch die Kenntnis über den Zusammenhang zwischen Analgosedierung und Outcome aus wissen­schaftlichen Studien, haben zu einem deutlichen Wandel in den Prämissen der Analgosedierung geführt. Lag das Hauptaugenmerk bisher vorwiegend auf einer tiefen Sedierung der Patienten, ist es doch nunmehr die Dominanz der Analgesie, die durch eine bedarfsadaptierte Sedierung ergänzt werden kann (…). Gestützt wird dieser Paradigmenwech­sel dadurch, dass in klinischen Studien (Whipple et al., 1995) 70 % der Patienten den Schmerz als unangenehmste Erinnerung angaben, wenngleich das medizinische Personal eine adäquate Schmerztherapie eingeschätzt hat (Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.2).

(…) in der konkreten klinischen Situation gibt es bei diffe­renzierter Betrachtungswei­se jedoch noch weitere medizinische Gründe, die eine tiefe Analgosedierung als Teil einer Therapiestra­tegie rechtfertigen (schwere Sepsis, Akutphase des Polytrau­ma, Brandverletzte, Burst Suppression zur Neuropro­tektion und ICP-Reduktion etc.). In diesen Fällen ist die regelmäßige Überprüfung der Sedierungstiefe sinn­voll, zum Beispiel mittels klinischen Sedierungsscores, apparativer Diag­nostik (...) oder tägliche Sedierungspausen (Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.2-3).

In Anbetracht dessen und den vielfältigen ungewollten Nebenwirkungen unter Analgosedierung im klinischen Alltag - wie beispielsweise zunehmen­de Toleranz-entwicklung, unzureichende Sedierungsqualität bei Applikation von Medikamenten-kombinationen (Polypragmatismus), Magen-Darm-Immotilität, Entwicklung einer Entzugssymptomatik, kognitive Defizite - ist die Suche nach einem idealen Sedierungskonzept noch nicht abgeschlossen (Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.3). „ Die Narkosegase kommen dem idealen Sedativum nahe “ (Schmid, 2010).

Die ideale Analgosedation umfasst:

- Eine gute Steuerbarkeit, die individuelle Anpassung mit schnellem Wirkeintritt und schnellem Abbau nach Beendigung
- Eine kalkulierbare Vorhersagbarkeit der Wirkung
- Eine Organ-unabhängige Elimination
- Keine Kumulation aktiver Metabolite, keine Enzyminduktion
- Eine geringe bis fehlende Beeinträchtigung der Organfunktion, insbesondere des kardiopulmonalen Systems des Magen-Darm-Traktes
- Eine möglichst geringe Interaktion mit anderen Medikamenten
- (Keine Histaminfreisetzung)
- Keine Abhängigkeitsentwicklung bei Langzeitanwendung

(Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.3).

Basierend auf dem zeitlichen Verlauf der Erkrankung wird zwischen einer Intensivmedizinischen Stabilisierungsphase und einer Entwöhnungsphase unter­schieden. In der Akutphase steht in der Regel die Stabilisierung des Pa­tienten im Vordergrund. Eine aktive Mitarbeit des Patienten ist nicht immer notwendig. Die Entwöhnungsphase dagegen erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten zur Respirator-Entwöhnung oder auch zur Physiotherapie. Hier treten vor allem die Analgesie und die psychovegetative Abschirmung (Anxi­olyse) in den Vordergrund (Sedana Medical, Handbuch für den klinischen Einsatz, S.3-4).

2.1.1. AnaConDa® (Anaestehtic Conserving Device)

Das AnaConDa®-System, ein Akronym für „Anaesthetic Conserving Device”, ist ein Medizinprodukt, welches die Applikation volatiler Anästhetika erlaubt. Es wird mit handelsüblichen Respiratoren – ohne Kreisteil, Atemkalk und Narkosemittelverdampfern – verwendet und wie ein Bakterien-/Virenfilter zwischen Y-Stück und Endotrachealtubus konnektiert. Zusätzlich wird ein Perfusor, ein Narkosegasmonitor und eine Anästhesiegaselimination benötigt. Das Herzstück der AnaConDa® beinhaltet einen Evaporator (Narko­segasverdampfer) und einen Narkosegas-Reflektor (Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.6).

2.1.2. Wirkung volatiler Anästhetika mit dem AnaConDa® System

Patienten die über einen Trachealtubus oder Tracheostoma beatmet werden, können (…) auch inhalativ sediert werden (S3-Leitlinie “Analgesie, Sedierung und Delirmanagement“, 2010). Die Anwendung der Inhalationsnarkotika unterliegt den spezifischen physi­kalischen Gesetzmäßigkeiten der Aufnahme, Verteilung und Elimination. Die Aufnahme der Inhalationsnarkotika setzt prinzipiell deren gasförmigen Ag­gregatzustand voraus, wobei die Substanzen bei Raumtemperatur zunächst in einem flüssigen Zustand vorliegen und dann bei Anwendung in einen gasförmigen (volatilen) Zustand übergehen können (Sedana Medical, AnaConDa® Handbuch für den klinischen Einsatz, S.4).

Das AnaConDa®-System wird über einen Perfusor befüllt, der den Miniaturverdampfer, mit flüssigem Inhalationsanästhetikum versorgt. Ein sparsamer Einsatz wird durch ein spezielles System erreicht. Etwa 90% des ausgeatmeten Anästhetikums werden rezykliert und bei der nächsten Inspiration wieder zurückgeführt. Bei erhöhten Minutenvolumina, hoher Fraktion der inspiratorischen Sauerstoffzufuhr und pneumatischer Inhalation am Respirator sinkt die inspirierte Konzentration des volatilen Anästhetikums. Pressen gegen den Respirator und beissen auf den Tubus verhindern die Applikation der Narkosegase. „ In Extremfällen können die Patienten aufwachen “ (Weber, 2010).

Zu den Einsatzmöglichkeiten inhalativer Anästhetika auf der Intensivstation zählen u.a:

- Patienten mit Sedierungsproblemen unterschiedlichster Ätiologie
- Drogen/Alkoholabusus
- Bronchoobstruktive Lungenerkrankungen
- Status Epilepticus
- Status Asthmaticus

(S3 Leitlinie der DGAI, B.II.3.2.9, Volatile Anästhetika, S.114)

CAVE: Bei genetischer Prädisposition zu maligner Hyperthermie dürfen volatile Anästhetika (z.B. Isofluran, Sevofluran, Desfluran) nicht eingesetzt werden. (Fallbericht Sevofluran) (Otsuka et al., 1991).

2.1.3. Vorteile und Nachteile Inhalativer Sedation

Vorteile

Die Inhalative Sedierung ist besser steuerbar als intravenöse Sedierungsregimes, d.h. sie erlaubt eine raschere Anpassung der gewünschten Sedierungstiefe. So fanden Kong et al. (1989) heraus, dass die Sedierungstiefe unter Isofluransedierung häufiger im Zielbereich lag als unter Midazolam-Sedierung. Die korrekte Applikationstechnik wird über die end-tidale Konzentration gemessen und kann helfen eine Übersedierung frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Auch die Aufwachzeiten sind deutlich kürzer. In sieben randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) konnten deutlich kürzere Aufwachzeiten nach inhalativer versus intravenöser Sedierung gezeigt werden (Kong, Willatts & Prys-Roberts, 1989; Spencer & Willatts, 1992; Bedi et al., 2003; Meiser et al., 2003; Sackey et al., 2004; Hanafy, 2005; Röhm et al., 2008). Auch war die Spannweite der Aufwachzeiten nach inhalativer Sedierung wesentlich enger, so dass die Patienten in einem engeren Zeitfenster aufwachten und z.B. extubiert werden konnten. Auch die kognitiven Funktionen haben sich nachweislich rascher erholt. Die Patienten waren früher orientiert und in der Lage, ihre Situation zu begreifen (Kong, Willatts & Prys-Roberts, 1989; Spencer & Willatts, 1992; Meiser et al., 2003).

Nachteile

Wirkliche Nachteile sind nicht zu nennen, einzig die aufwändige und ungewohnte Applikation. Die Notwendigkeit des Einsatzes von teuren und sperrigen Anästhesiebeatmungsgeräten mit Kreisteil, Verdampfer, Atemkalk, Anästhesiegasvaporatoren sowie eingeschränkten Beatmungsmöglichkeiten und limitierter Flowgenerierung stand bislang einer breiten Anwendung entgegen. Inzwischen steht ein Applikationssystem für volatile Anästhetika zur Verfügung (AnaConDa®, Sedana Medical, Geretsried), welches zusammen mit normalen Intensivrespiratoren eingesetzt werden kann. Solange die Reflektionskapazität von 10 ml dampfförmigem Anästhetikum pro Atemhub, also z.B. 1 Vol-% in 1000 ml oder 2 Vol-% in 500 ml Tidalvolumen, nicht überschritten wird, werden 90 % der Anästhetikamoleküle reflektiert (Meiser et al., 2009). Die Effizienz des Systems entspricht dann derjenigen eines Anästhesiegerätes, welches mit einem Frischgasfluss von etwa 1 L/min betrieben wird. Bei höheren expiratorischen Konzentrationen oder Volumina, wie sie auf der Intensivstation nicht wünschenswert sind, wird das System vergleichsweise ineffizient. Die Handhabung des Systems wurde in mehreren Studien evaluiert und nach Unterweisung der Mitarbeiter und Beachtung mehrerer Besonderheiten, als sicher eingestuft (Sackey et al., 2004; Röhm et al., 2008). In Übersichtsarbeiten werden die Handhabung des Systems, sowie wichtige, zu beachtende Tricks und Fallen beschrieben (Meiser & Laubenthal, 2005; Meiser et al., 2006).

2.2. Voraussetzungen Sedationsstopp (mit AnaConDa®)

Um eine erste Sedationspause einleiten und durchführen zu können, müssen grundsätzliche Überlegungen angestellt werden und gewisse Voraussetzungen sollten geschaffen sein, um ein bestmögliches Resultat zu erzielen. Die im Folgenden aufgeführten Punkte besitzen noch keine ausreichende Evidenz, sind aber aus der aktuellen Literatur klar als Empfehlungen anzuerkennen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Sedationspause bei volatilen Narkotika anhand des AnaConDa Systems
Note
2.0
Autor
Jahr
2015
Seiten
25
Katalognummer
V301321
ISBN (eBook)
9783956877421
ISBN (Buch)
9783668004016
Dateigröße
1066 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sedationspause, narkotika, anaconda, systems
Arbeit zitieren
Michael Schwald (Autor:in), 2015, Sedationspause bei volatilen Narkotika anhand des AnaConDa Systems, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301321

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