Europaskeptizismus von "linken" und "rechten" Parteien


Hausarbeit, 2015

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Weicher und harter Europaskeptizismus.

3. Links-Rechts-Schema.

4. Linke und rechte Fraktionen im Europäischen Parlament..

5. Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Europaskeptizismus von links und rechts
5.1 Gemeinsamkeiten
5.2 Unterschiede
5.2.1 Linker Europaskeptizismus
5.2.2 Rechter Europaskeptizismus

6. Anhang

Abbildung 1: Links-Rechts-Schema in Hufeisenform

Abbildung 2: Ideologische Konfliktlinien auf EU-Ebene

Abbildung 3: Sitzverteilung im Europäischen Parlament nach Fraktionen

Abbildung 4: Fraktionen im Europaparlament 2009 und 2014

Abbildung 5: Rechte Europaskeptiker im Europäischen Parlament nach Fraktionen und Grad der Ablehnung

Abbildung 6: Linke Europaskeptiker im Europäischen Parlament nach Fraktionen und Grad der Ablehnung

7. Abkürzungsverzeichnis

Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Der europäische Integrationsprozess habe sich im vergangenen Jahrzehnt aufgrund eines verbreiteten Europaskeptizismus signifikant verlangsamt.1 Der Europaskeptizismus ersetze spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise zunehmend die bisherige stille Zustimmung der Bevölkerung zum europäischen Integrationsprozess2, so haben in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 diejenigen Parteien rasanten Zuspruch erhalten, die europaskeptische Einstellungen vertreten und sich für eine stärkere Renationalisierung Europas aussprechen.3

Die europaskeptischen Parteien seien äußerst heterogen und bilden ein breites Spektrum von linksaußen bis hin zu rechtsaußen ab,4 wobei der Europaskeptizismus vor allem bei Parteien an den politischen Rändern zu finden ist.5 Das populistische und extreme Agieren von linken und rechten Randparteien sei dabei ein essenzieller Aspekt im Prozess der Ausbreitung des Europaskeptizismus.6

Das Aufkommen des Europaskeptizismus wirke sich auch auf das bestehende Parteiensystem aus,7 weil die harten Forderungen und die Wahlerfolge dieser Randparteien die etablierten Parteien in Bezug auf nationale Politik und Europapolitik massiv unter Druck setzen.8 In Folge dessen, übernehmen die etablierten Parteien in zunehmendem Maße Teile der europaskeptischen Positionen.9 Insofern stelle die Ausbreitung des Europaskeptizismus eine bedrohliche Entwicklung für die Europäische Union dar.

Es kann zwischen rechten und linken politischen Kräften und zwischen gemäßigten und harten europaskeptischen Parteien unterschieden werden.10

Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Eindruck über die europaskeptischen linken und rechten Parteien bzw. Parteigruppen und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf ihren formulierten Europaskeptizismus verschaffen.

Hierzu wird zunächst kurz der Begriff „Europaskeptizismus“ erläutert, um anschließend zu erörtern, was unter „linken“ und „rechten“ politischen Parteien und Einstellungen zu verstehen ist, um im Anschluss die Kräfteverhältnisse der entsprechenden linken und rechten europaskeptischen Parteien und Parteigruppen im aktuellen Europäischen Parlament aufzuzeigen.

2. Weicher und harter Europaskeptizismus

Die europäische Parteienlandschaft könne entlang des Grades der Ablehnung des europäischen Integrationsprozesses differenziert werden.11

Paul Taggart und Aleks Szczerbiak haben zur Abstufung und Differenzierung euroskeptischer Einstellungen in politischen Parteiensystemen ein Konzept entwickelt, das die Ablehnung der europäischen Integration in harten und weichen Europaskeptizismus unterscheidet. Weicher Europaskeptizismus meint, dass eine politische Partei mit den allgemeinen Grundsätzen und Gegebenheiten der europäischen Integration übereinstimmt und die europäische Idee grundsätzlich unterstützt. Die eigentliche Kritik bezieht sich somit nur auf bestimmte Politikfelder der EU oder spezifische europapolitische Themen. Harter Europaskeptizismus hingegen impliziert eine prinzipielle Abneigung und Ablehnung gegenüber der europäischen Idee und des europäischen Integrationsprozesses.12

Bei der Einstufung der europäischen Parteien in weiche und harte Europa-Skeptiker werden die Parteien zumeist anhand ihrer Parteiprogramme oder aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu EU-kritischen Gruppierungen im Europäischen Parlament den entsprechenden Kategorien zugeordnet.13 Die Übergänge zwischen weichem und hartem Europaskeptizismus sind dabei fließend14, weshalb es bei der Einordnung einer Partei hinsichtlich ihres Grades der Ablehnung der Europäischen Union unterschiedliche Auffassungen geben kann.

Neben diesen unterschiedlichen Graden der Ablehnung biete sich eine weitere Differenzierung zwischen dem rechten und dem linken politischen Spektrum an.15

Nachfolgend wird der allgemeine Versuch unternommen, Parteien innerhalb des politischen Spektrums anhand von gängigen Interpretationen in das Links-Rechts-Schema zuzuordnen.

3. Links-Rechts-Schema

Politische Parteien und Einstellungen entstehen nach Lipset und Rokkan entlang von langfristigen Konfliktlinien (cleavages).16 Diese politischen Einstellungen werden simplifizierend als rechts oder links bezeichnet.17 Die Unterscheidung sei auf die Sitzordnung der französischen Nationalversammlung 1789 zurückzuführen.18 Die heutige Verwendung der Begriffe sei teils verwirrend19 und wird nicht übereinstimmend klar formuliert.

Nach Norberto Bobbio steht „Links“ für die Überzeugung, dass Menschen grundsätzlich gleich sind und Strukturen sozialer Ungleichheit mit guten Gründen legitimiert werden müssen. „Rechts“ hingegen sei die umgekehrte Auffassung, dass Menschen grundsätzlich ungleich sind. Hier stehen Versuche struktureller „Gleichmacherei“ – wie etwa im Wohlfahrtsstaat – unter Legitimationsdruck.20

Ähnlich habe es auch Seymour M. Lipset in einer immer noch repräsentativen21 Definition aus dem Jahr 1954 formuliert: „By left we shall mean advocating social change in the direction of greater equality - political, economic, or social; by right we shall mean supporting a traditional, more or less hierarchical order, and opposing social change toward greater equality“22

Zudem wurden die inhaltlichen Definitionen des Links-Rechts-Schemas teilweise um die Unterscheidungen zwischen progressiv und konservativ, zwischen Kollektivismus und Individualismus und zwischen Sozialismus und Kapitalismus erweitert.23

Aufgrund der Vielzahl an Parteien erfolgte an den Rändern des politischen Spektrums eine zusätzliche Abstufung mittels der Attribute radikal und extrem, wobei extrem weiter von der Mitte entfernt ist, als radikal.

Die Verortung einer Partei im Links-Rechts-Schema geschehe zum einen mittels einer inhaltlichen Analyse der programmatischen Aussagen der Partei und zum anderen durch Einschätzungen der Wähler.24 Für diese sei das Links-Rechts-Schema immer noch ein passender Orientierungsrahmen zur Positionierung der Parteien im politischen Raum und zentrale Entscheidungshilfe für Wahlabsichten.25

Visualisiert könne das politische Spektrum in Form eines Hufeisens dargestellt werden, dessen Ränder einander entfernt und benachbart zugleich sind. (Abbildung 1) Diese Darstellung soll der Tatsache Rechnung tragen, dass sich die beiden Ränder bei der Bewertung politischer Phänomene näher sind, als es der Rand zur Mitte ist.26 Das Hufeisenschema und die damit verbundene eindimensionale Einordnung politischer Positionen in links und rechts wird oft kritisiert27 und es wird bisweilen sogar für seine Abschaffung plädiert28, weil es die politische Landschaft zu stark vereinfacht abbilde und weil seit der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eine Reihe politischer Gruppierungen entstanden seien, die nicht ohne Weiteres in dem Links-Rechts-Schema einzuordnen seien. Zudem existiere auch die These, dass die Politik auf EU-Ebene zweidimensional entlang des klassischen Links-Rechts-Konfliks, der von der Sozialdemokratie bis zum Marktliberalismus reicht, und entlang eines Nationalstaatlich-Supranationalen-Konflikts, der von der Unterstützung der Restauration der nationalstaatlichen Autonomie bis zur Unterstützung weitergehender europäischer Integration reicht.29 (Abbildung 2)

Aber auch diese Hypothese werde kritisiert, weil es die gegenwärtige Ausprägung des Diskurses über den europäischen Integrationsprozess noch nicht erlaube von einer neuen politischen Konfliktlinie zu sprechen.30 Deshalb ist nachfolgend in dieser Arbeit das eindimensionale Links-Rechts-Schema als Grundlage für die Verortung von politischen Parteien und Gruppen zugrunde gelegt worden.

Wie erwähnt finden sich europaskeptische Positionen zwar quer durch das gesamte politische Spektrum, aber vor allen Dingen bei den politischen Randparteien von links und rechts. Verallgemeinernd formuliert gilt: Je weiter außen eine Partei am Rand des politischen Spektrums agiert, desto skeptischer ist ihre Haltung zum europäischen Integrationsprozess.31 Aus diesem Grund sind lediglich die linken und rechten Randparteien des Europäischen Parlaments Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen.

4. Linke und rechte Europaskeptiker im Europäischen Parlament

Die Abbildung 3 zeigt die aktuelle (Stand: 01.07.2014) Sitzverteilung im Europäischen Parlament nach Fraktionen.

Die Fraktionsbildung erfolgt vornehmlich nach ideologischen Standpunkten. Daher lassen sich die Fraktionen des Europäischen Parlaments und ihre Parteien auch entlang einer Links-Rechts-Achse abbilden, was im Wesentlichen auch ihrer Sitzordnung im Parlament entspricht.32 Die Bildung zu einer gemeinsamen Fraktion im Europäischen Parlament hat für die politischen Parteien zahlreiche Anreize, die mit dem Fraktionsstatus verbunden sind, so etwa die Beantragung von Debatten, die Festlegung von Themen, die Verteilung von Redezeiten, die Vertretung in den Präsidien der parlamentarischen Ausschüsse, die Beteiligung an der Konferenz der Präsidenten, und vor allem finanzielle Mittel sowie die Vergabe von Büros und Sekretariatskräften.33 Insoweit extensiviert die Bildung einer Fraktion den politischen Einfluss im Parlament.

34 Im Europäischen Parlament sind die europaskeptischen Parteien vor allem in den folgenden drei Fraktionen vertreten und im Übrigen fraktionslos:

– GUE/NGL: Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke
– EKR: Europäische Konservative und Reformer
– EFDD: Europa der Freiheit und der direkten Demokratie

Die europaskeptischen Parteien des linken Spektrums haben sich im europäischen Parlament größtenteils zu der Fraktion GUE/NGL zusammengeschlossen.35 Ausnahmen bilden lediglich die linksextreme Kommunistische Partei Griechenlands die sich mit ihren zwei Mandaten keiner Fraktion angeschlossen hat und die Fünf-Sterne-Bewegung aus Italien, die auch dem linken Spektrum zugerechnet wird36 und sich mit ihren 17 Mandaten der Fraktion EFDD angeschlossen hat. Die GUE/NGL ist die fünftstärkste Fraktion im Europäischen Parlament.

Die Verhältnisse des rechten Rands des politischen Spektrums im europäischen Parlament sind insgesamt erheblich unübersichtlicher als auf der linken Seite. Dies zeigt sich schon daran, dass sie keine gemeinsame Fraktion im Europaparlament bilden.37 Die als europaskeptisch charakterisierten rechten Randparteien verteilen sich auf die Fraktionen EKR und EFDD und sind ansonsten wesentlicher Teil der Gruppe der Fraktionslosen.38

Bei der Europawahl 2014 konnten die linken und rechten Randparteien deutliche Zuwächse verbuchen. Diese Zugewinne sind vor allem zu Lasten der Christdemokraten (EVP) und Liberalen (ALDE) und zu kleineren Teilen zu Lasten der Grünen (Grüne/EFA) und der Sozialdemokraten (S&D) ergangen. (Abbildung 4) Insoweit lässt sich eine Gewichtsverlagerung innerhalb des linken und rechten Spektrums, weg von der Mitte, hin zu den äußeren Rändern des politischen Spektrums konstatieren.

In den Abbildungen 5 und 6 sind die europaskeptischen Randparteien von links und rechts im Europäischen Parlament nach Fraktionen und Grad der Ablehnung des europäischen Integrationsprozesses sortiert. Bei der Einschätzung ihrer Haltung zur Europäischen Union wurde die Sortierung nach weichen und harten Europa-Skeptikern von Bertoncini und Koenig39 übernommen.

Die Wahlerfolge der rechten europaskpetischen Parteien konzentrierten sich vor allem auf eine Gruppe west- und nordeuropäischer „Nettozahlerländer“40, in denen die betreffenden Parteien vor allem das Solidaritätsprinzip innerhalb der EU kritisieren.41 Im Vereinigten Königreich, Frankreich und Dänemark stellten sie bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2014 die stärksten politischen Kräfte im Land. (Abbildung 5)

In Anbetracht ihrer Fragmentierung und Isolation durch die anderen Parteien können die rechten Europa-Skeptiker nur begrenzt Einfluss im Parlament entfalten. Aufgrund dessen, dass sie zu einem großen Teil fraktionslos agieren, können sie eben nicht so sehr an den beschriebenen parlamentarischen Ressourcen partizipieren.42

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Europaskeptizismus von "linken" und "rechten" Parteien
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
23
Katalognummer
V301309
ISBN (eBook)
9783656974581
ISBN (Buch)
9783656974598
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
europaskeptizismus, parteien, Topic_Parteien
Arbeit zitieren
Florian Lünsmann (Autor:in), 2015, Europaskeptizismus von "linken" und "rechten" Parteien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301309

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