Die zivile Folgenutzung von Konversionsflächen in Stadtgebieten. Das Marine-Flieger-Geschwader 5 in Kiel

Eine wirtschaftliche Bewertung


Bachelorarbeit, 2012

46 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konversion
2.1 Definition
2.2 Prozess
2.3 Liegenschaftskonversion

3. Wirtschaftliche Bewertung von Konzepten zur Nutzung von Konversionsgebieten
3.1 Das Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau: Bestandsaufnahme
3.2 Bestehende Nachnutzungskonzepte
3.3 Wirtschaftliche Bewertung.
3.3.1 Erwerbskosten.
3.3.2 Folgekosten.
3.3.3 Förderungsmöglichkeiten
3.3.4 Wohnwirtschaftliche Nachnutzung.
3.3.5 Gewerbliche Nachnutzung
3.3.6 Touristische Nachnutzung
3.3.7 Mischnutzung

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 - Eigene Darstellung in Anlehnung an BICC (1997 S. 24 ff.)

Abb. 2 - Luftbild des MFG 5 - Areals: http://www.kiwi-kiel.de/uploads/pics/MFG5_kl_01.JPG

Abb. 3 - Kaufpreisermittlung - Eigene tabellarische Darstellung

Abb. 4 - Bevölkerungsentwicklung der Stadt Kiel - Aus: Prognose (2012 S. 10)

Abb. 5 - Bevölkerungsentwicklung der Kieler Stadtteile - Aus: Prognose (2012 S. 15)

Abb. 6 - Bevölkerungsentwicklung Kiel Holtenau - Aus: Prognose (2012 S. 49)

Abb. 7 - Wohnungsmarktprognose für Kiel bis 2020 - Aus: Wohnungsmarktkonzept (2007 S. 5)

Abb. 8 - Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte der LH Kiel - Aus: Kieler Zahlen (2011 S. 65)

Abb. 9 - Ein- und Auspendlersituation in/aus Kiel - Aus: Kieler Zahlen (2011 S. 67)

1. Einleitung

Im Zuge der Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland, dem damit verbundenen Abzug der alliierten Besatzungsmächte, der eingeleiteten Umstrukturierung der Bundeswehr ab 2010 und die Zuwendung neuer Aufgabengebiete in Verbindung mit Standortschließungen und Umsiedlungen werden große militärische Flächen frei. Die zivile Folgenutzung dieser sogenannten Konversionsflächen, die mittels Liegenschaftsübergang in die Zuständigkeit der Länder, Kommunen oder Investoren fallen, ermöglicht gerade in städtischen Gebieten Chan- cen für neu entstehende Gewerbe-, Industrie- oder Wohnflächen. Bestehende Militärflächen, ob städtisch oder ländlich gelegen, schaffen sowohl Arbeitsplätze und Wohnraumbedarf für Militärangehörige, als auch Spillover-Effekte für die Zivilbevölkerung. Nach Abzug des Mili- tärs werden diese positiven Spillover-Effekte wegfallen. Ein durchdachtes nachhaltiges Flä- chenmanagement sowie die Durchführung des Konversionsprozesses stellen die Gemeinden vor planerische Herausforderungen, damit der Prozess mit positiven Folgen umgesetzt werden kann.

Im Umfang dieser Bachelorarbeit werden nach einer einleitenden, generellen Beschreibung von Konversionsprozessen vorliegende Konzepte zur Folgenutzung am Beispiel des Marine- Flieger-Geschwader 5 in Kiel (im Folgenden: MFG 5) dargestellt. Nach Beschreibung der Örtlichkeiten und baulichen Restriktionen werden durch Darlegung der Wirtschafts- und Be- völkerungsdaten der Landeshauptstadt Kiel die Potentiale ermittelt und in einen wirtschaftli- chen Zusammenhang gebracht. Obwohl eine Mischnutzung der Fläche von der Planungsin- stanz vorgegeben ist, werden in der Folge die verschiedenen Teilbereiche dieser Mischnut- zung einer separaten wirtschaftlichen Prüfung unterzogen. Im Fazit werden die Ergebnisse der wirtschaftlichen Bewertung dargestellt und weitere Forschungsfelder aufgezeigt.

2. Konversion

Aufgrund der vielfältigen Bedeutungen des Begriffs der Konversion wird in diesem Kapitel einleitend eine Unterscheidung des raumplanerischen und militärischen Sprachgebrauchs vor- genommen. Es folgt eine Darstellung der Abschnitte eines Konversionsprozesses mit an- schließendem Schwerpunkt der Konversion einer durch militärische Vornutzung geprägten Liegenschaft.

2.1 Definition

Die Literaturrecherche lässt auf verschiedene Deutungsmöglichkeiten für den Begriff der Konversion schließen. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen Wort „conversio“ = Um- wandlung, Veränderung, Umwälzung ab1. Je nach Zusammenhang beschreibt der Begriff Konversion heutzutage eine Vielzahl von Umwandlungen oder Umkehrungen in Bereichen des Finanzwesens, der Naturwissenschaften oder der Medizin. Hinzu kommen Bedeutungen in Bereichen der Religionswissenschaft, der Rechtswissenschaften und der freien Wirtschaft. Diese versteht Konversion im Produktionszusammenhang beispielsweise als Umstellung des Produktionsprogramms eines Unternehmens auf andere Güter. Butterwegge (1994 S. 148) prägt in dem vergleichsweise jungen Feld der Konversionsforschung den Satz: „Die Konver- sion leidet nach wie vor unter erheblicher Begriffskonfusion“. Das Bonn International Center für Conversion (BICC), welches als Institution Abrüstungsprozesse begleitet, bezeichnet die klassische Konversion als „die Umwidmung von Militäretats, den Umbau der Rüstungsin- dustrie, die Schließung von Standorten und die Demobilisierung von Soldaten“ (Internetquel- le: http://www.tg73.de/bicc.html).

Der Konversionsbegriff ist in der Raumplanung nicht nur auf ehemalige militärische Liegen- schaften beschränkt. Diese These bestätigt der Geschäftsführer der IBA Hamburg GmbH2, Uli Hellweg, während einer Podiumsdiskussion am 24.09.2012 zu dem Thema „Die Zukunft am Wasser - Neue Ideen zur Entwicklung der Stadt an der Förde“ in der Kunsthalle Kiel. Er zielt in der Begriffsverwendung von Konversion nicht allgemein auf Flächen mit militärischem Bezug ab, sondern geht bei Konversionsgebieten von einer monofunktionalen Vornutzung aus, die im Prozess aufgebrochen wird. Gettmann (1993 S. 3) greift die raumplanerische oder städtebauliche Sicht auf und spezifiziert diese Definition um die militärische Komponente. Militärische Konversion wird von ihm als „Umwandlung ehemals militärischer Ressourcen für zivile Zwecke bezeichnet“. Zusammenfassend und im Hinblick auf die weitere Verwen- dung im Kontext dieser Arbeit lässt sich der Begriff Konversion wie folgt definieren: Konver- sion ist ein Prozess, welcher alle notwendigen und über einen langen Zeitraum durchzufüh- renden Abläufe charakterisiert, mit dem Ziel die bestmögliche Umwandlung von Liegenschaf- ten herbeizuführen, die je nach Auffassung entweder einer militärischen, gewerblichen oder industriellen monofunktionalen Vornutzung unterlagen.

Im Rahmen dieser Arbeit wird die Konversion von ehemaligen militärischen Liegenschaften beleuchtet.

Nach den ersten Veröffentlichungen der geplanten Standortreduzierungen nach der bundes- deutschen Vereinigung können laut Franke (2006 S. 11 ff.) zwei Konversionsperioden unter- schieden werden. Die erste Periode ist durch die Konversion von attraktiven zentralen Liegen- schaften in Mittel- und Oberzentren gekennzeichnet. Diesen Prozess unterstützte die gestiege- ne Flächennachfrage nach Wohn- und Gewerbefläche in den durch die Ost-West-Wanderung betroffenen Gebieten. Von der anschließenden zweiten Konversionsperiode sind viele ländli- che sowie Klein- und Unterzentren betroffen. Einen Gegenpol zur oben beschriebenen aktuel- len Konversionsperiode der Unter- und Mittelzentren stellt aufgrund ihrer zentralen Stadt- und Wasserlage die im weiteren Kontext der Arbeit untersuchte Liegenschaft des MFG 5 dar.

Uli Hellweg beschreibt am 24.09.2012 die Chancen von wassernahen Flächen aufgrund ihrer attraktiven Lage. Die „Waterfrontentwicklung“ als Resultat der zurückgehenden Suburbani- sierung in Verbindung mit unmittelbar am Wasser gelegenen Gebieten bietet hierbei die große Chance für eine erfolgreiche Konversion. Diese Brach- oder Konversionsflächen sind seiner Meinung nach die Zukunft der Stadtentwicklung. Hellweg sieht die allgemeinen Probleme mit Konversionsflächen zum einen in der Isolation der Flächen durch Barrieren wie etwa Straßen oder geographischen Gegebenheiten. Zudem erschweren die monofunktionale Vornutzung, komplizierte Eigentumsverhältnisse sowie mögliche Kontamination eine mögliche zivile Nachnutzung.

Bevor eine wirtschaftliche Bewertung vorgenommen wird, stellt der folgende Teil den Ablauf und die Beteiligten eines Konversionsprozesses dar.

2.2 Prozess

Ein Konversionsprozess beginnt weit vor Abzug des Militärs und lässt sich kaum in ein festes Schema einordnen. Ein Musterablauf ist aufgrund der jeweils einzigartigen örtlichen Gege- benheiten und der verschiedenen Bebauungsarten nicht zu erstellen. Dennoch finden sich grundsätzliche planerische Abläufe, die den einzelnen Konversionsprozessen gemein sind. So lassen sich Konversionsprozesse nach einer Studie des BICC zur Nachnutzung vormals mili- tärisch genutzter Liegenschaften (1997 S. 24 ff) allgemein in drei aufeinander folgende Pha- sen einteilen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 - Eigene Darstellung in Anlehnung an BICC (1997 S. 24 ff.)

Nach Beschlussfassung des Bundesverteidigungsministeriums mit der Ankündigung der Auf- gabe der militärischen Nutzung eines Gebiets werden in der ersten, als Orientierungsphase bezeichneten Phase, trotz Geheimhaltungsstufe erste Informationen an die Zivilbevölkerung gegeben. Die lokale Politik setzt sich oft für einen Verbleib des Standortes ein, da die Ver- bundenheit der Bevölkerung zu dem militärischen Stützpunkt zum Tragen kommt und die Angst vor negativen wirtschaftlichen Folgen der Standortschließung vorherrscht. Ziel der Orientierungsphase ist ein grundsätzlicher Konsens für die weitere Vorgehensweise. Hierfür werden durch Kooperation und Kommunikation die relevanten Akteure im Rahmen von Kon- ferenzen oder ähnlichem zusammengeführt.

Im Folgenden wird verwaltungsintern, aber auch durch die Beauftragung von externen Städ- teplanungsinstituten, an Konzepten für die zivile Nachnutzung gearbeitet. Man spricht daher von der Konzeptionierungsphase. Hervorzuheben ist hierbei die Vorläufigkeit dieser Planun- gen, da ein Liegenschaftsübergang zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden hat. Konkre- te Planungen können erst anschließend ausgearbeitet werden. Mit der endgültigen Aufgabe der militärischen Nutzung und der folgenden Veräußerung des ehemals militärischen Gebie- tes, welches sich im Besitz des Bundes befindet und erst noch durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) veräußert werden muss, schließt die Konzeptionierungsphase und die Realisierungsphase kann beginnen.

Nach der Freigabe, also dem Zeitpunkt der Auflösung der militärischen Nutzung und der Än- derung des rechtlichen Charakters der Liegenschaftsfläche, folgt der Übergang vom Fachpla- nungsrecht des Bundes gemäß § 37 Baugesetzbuch (BauGB) zur Planungshoheit der Kom- mune oder des nachfolgenden Eigentümers. Die BImA, die nach Beendigung der militäri- schen Nutzung bereits Eigentümer der Fläche ist, beendet in der Regel zu diesem Zeitpunkt auch das Mietverhältnis mit der Bundeswehr. Die Veräußerung stellt einen außerordentlich schwierigen und langwierigen Prozess dar. In der Regel liegen die Preisvorstellungen des Staates und der Kaufinteressenten weit auseinander (BICC 1997 S. 30). Schließlich gehen mit dem notariell bekundeten Kaufvertrag die Rechte und Pflichten, die mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbunden sind, von der BImA an den Käufer über. Die Realisierungsphase, sprich die konkrete Umsetzung der Nutzungskonzepte nach Erschließung und Vermarktung der ehemaligen militärisch genutzten Liegenschaft, kann beginnen.

Die Orientierungsphase wie auch die Konzeptionierungsphase können, wie auch am Beispiel des MFG 5 - Areals zu sehen, sehr lange Zeit in Anspruch nehmen, obwohl keinerlei Be- schlüsse realisiert werden. Die wichtige Einbeziehung der Bevölkerung lässt sich an diesem Beispiel gut darstellen. In der Vergangenheit wurden bereits Infoveranstaltungen in den an- grenzenden Stadtteilen Holtenau und Friedrichsort/Pries abgehalten. Bürgermeister Todeskino berichtet am 24.09.2012 von bisher geringem Bürgerinteresse in diesem Stadium der Konver- sion. Bei dieser Veranstaltung zeigte sich, vermutlich aufgrund der bereits fortgeschrittenen Konzeptionierung, indes ein größeres Interesse der Bevölkerung. Grund dafür mag aber auch eine stärkere Sensibilisierung der Kieler Bevölkerung für Stadtentwicklung sein (als Beispiele seien hier die Stadtregionalbahn und die Innenstadtumgestaltung zu nennen). Die frühzeitige Information und Einbindung der Bürger sind wichtige Bestandteile der Planung und Umset- zung von Konversionsvorhaben, die oftmals weitreichende Veränderungen in den Kommunen auslösen. Um die Konversion als Chance für die Gemeinde und somit auch zur Sicherung bzw. Verbesserung der Lebensqualität und des Umfeldes der Bürger zu nutzen, müssen die ortsplanerischen Überlegungen auch von der Öffentlichkeit mitgetragen werden. Vielfältige Möglichkeiten der erweiterten Einbindung der Bürger, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen und von einer kontinuierlichen und umfassenden Information über Dialog- und Diskussionsverfahren bis hin zur Kooperation und aktiven Mitwirkung am Planungsprozess reichen, stehen zur Verfügung. Eine erweiterte Öffentlichkeitsbeteiligung kann zur Akzeptanz und Identifikation mit dem Projekt beitragen, Transparenz der Verfahren und Nachvollzieh- barkeit der Entscheidungen schaffen, daneben Konflikte im Vorfeld erkennen und bereinigen. Schließlich ermöglichen die Berücksichtigung der Belange der Bürger und die Einbeziehung ihrer speziellen Ortskenntnisse in der Regel dauerhaftere Ergebnisse und eine umfassendere Projektbetrachtung.

In der Betrachtung zeigt sich, dass es nach dem Abzug des Militärs zum Teil eines langen Zeitraumes bedarf, bis Flächennutzungs- und Bebauungsplan für die Liegenschaft geschaffen werden. Die Zeit des Stillstandes bietet nach einem Leitfaden für nachhaltiges Konversions- management der REFINA3 (2011 S. 106 ff.) Möglichkeiten für eine eventuelle Zwischennut- zung bestehender Gegebenheiten. Die Zwischennutzung, sollte sie sich im Rahmen der späte- ren Nutzungspläne bewegen, kann, wie Uli Hellweg am 24.09.2012 bestätigt, ein wichtiger Impulsgeber für den Konversionsprozess und die spätere Ansiedlung sein. Neben der Redu- zierung der laufenden Kosten für Still- und Leerstand dient die Zwischennutzung auch zur Erhaltung der baulichen Anlagen. Eine „grüne“ Zwischenlösung als landwirtschaftliche Flä- che oder Naherholungsgebiet kann, lediglich mit einem geringen Kostenaufwand verbunden, ebenfalls die Öffnung einer Liegenschaft unterstützen und auch für Akzeptanz in der Bevöl- kerung sorgen, bevor es zu einem konkreten Liegenschaftsübergang oder zur Verwirklichung und Umsetzung der Planungsideen und Konzepte kommt. Eine weitere Möglichkeit, Kosten durch Stillstand zu vermeiden, bietet die schrittweise Aufgabe einer militärischen Liegen- schaft. Verluste an Bausubstanz und Verwahrlosungserscheinungen können so durch Nach- nutzung und die daraus resultierende Pflege und Instandhaltung vermieden werden. Eine schrittweise Umwandlung stellt jedoch die Ausnahme dar, denn Flächen werden von der BI- mA bevorzugt im Ganzen vertrieben. Gegen die schrittweise Aufgabe spricht zusätzlich, dass sich gleichzeitige zivile und militärische Nutzung aus sicherheitspolitischen Gründen selten in Einklang bringen lassen.

2.3 Liegenschaftskonversion

Nachfolgend wird der Schwerpunkt auf den Ablauf der Liegenschaftskonversion gelegt, wel- cher innerhalb der weiteren Bearbeitung in dieser Arbeit von Bedeutung ist. Vertreten durch die BImA werden die Interessen der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der schnellen und attraktiven Vermarktung der Fläche zu einem marktüblichen Preis gewahrt. Das jeweilige Bundesland hat bei der Konversion eine gewisse Intermediärsfunktion inne. Es berät die Kommunen hinsichtlich der Finanzierung und Förderung von notwendigen Untersuchungen und Konzepten. Beispielsweise beauftragt das Bundesland die landeseigene Wirtschaftsförde- rung, um Konzepte und Strategien für eine nachhaltige Umstrukturierung zu finden. Die ver- waltende Kommune formuliert im Rahmen ihrer Planungshoheit mit umliegenden Gemeinden die Ziele der Stadtentwicklung. Sie erwirbt die Liegenschaft durch Kredite des Landes oder durch Förderung, um die weitere konkrete Planung nach Beendigung der militärischen Nut- zung zu beaufsichtigen und in Auftrag zu geben. Eine eventuelle Veräußerung des Gebietes an einen Investor, private Haushalte oder Gewerbetreibende stellt eine weitere Option der BImA dar. Üblicherweise schafft die Gemeinde die Baurechte, der Eigentümer veräußert die Grundstücke und private Investoren sind für die tatsächliche Nutzung zuständig. Oftmals wird hiervon aber abgewichen und die Gemeinde selbst übernimmt die Vermarktung, nachdem sie die Grundstücke erworben hat. Aufgrund der Großflächigkeit und der damit einhergehenden finanziellen Belastung sind ihr hierbei zumeist Grenzen gesetzt.

Bundeseigene Grundstücke dürfen nach § 63 Abs. 3 Bundeshaushaltsordnung (BHO) grund- sätzlich nur zum vollen Verkehrswert verkauft werden. Dieser wird durch eine öffentliche Ausschreibung des Bundes ermittelt. Für eine Ermittlung des Verkehrswertes von Konversi- onsflächen werden, wie in der privaten Immobilienwirtschaft üblich, einerseits der Grund und Boden, der Zustand des Grundstücks, die vorhandene Bebauung, die Lage, die Beschaffen- heit, die Umweltverhältnisse sowie die Verkehrsverhältnisse bewertet und in Relation zu den Umweltfaktoren, wie Wirtschaftssituation und Entwicklungen am Ort, gesetzt. Diese Ver- kehrswertermittlung ist in § 194 BHO geregelt. Mögliche Verbilligungen oder Rabatte auf den Kaufpreis bis zu 50 % des Verkehrswertes gewährt der Bund beim Erwerb einer Liegen- schaft nur aufgrund von konkreten Nachnutzungsplänen hinsichtlich sozialer Zwecke. Aufge- führt werden der soziale Wohnungsbau ebenso wie Studentenwohnungen und die Nachnut- zung in Form von Abfallbeseitigung oder Abwasseranlagen. Kaufpreisreduzierungen dieser Art sind an eine genaue Prüfung gebunden und benötigen eine genaue Nachnutzungskonzep- tion anhand von Bebauungsplänen (Danielzyk 1996 S. 72 ff.).

Als Käufer einer Liegenschaft können auch Unternehmen und Einzelpersonen auftreten. Vo- raussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die Ziele der Folgenutzung im Rahmen einer von der kommunalen Verwaltung aufgestellten oder vorgesehenen Bauleitplanung bewegen. Ebenso die Veräußerung der Liegenschaft an eine Entwicklungsgesellschaft, welche die Grundstücke zunächst erschließt und anschließend zu einem höheren Preis an die tatsächlichen Nutzer ver- äußert, ist denkbar. Entwicklungsgesellschaften sind dabei nicht hauptsächlich als private Gesellschaften anzusehen, sondern befinden sich häufig im Teilbesitz des Landes oder einer Kommune.

Die zügige Anschlussnutzung ist neben dem finanziellen Aspekt eine der Hauptbestrebungen der BImA. Generell können, wie durch die REFINA (2011 S. 110 ff.) dargestellt, drei Model- le unterschieden werden. Die erste Möglichkeit stellt dabei die Veräußerung nach Marktan- bietung an einen Investor dar. Die Abstimmung mit der Gemeinde betreffend der Nutzungs- vorstellungen ist hierbei essentiell. Ein Verkauf der Liegenschaft ohne Klärung der rechtli- chen Nutzungsmöglichkeiten, welche durch Pläne der Gemeinde geschaffen werden, liegt nicht im Interesse eines potentiellen Käufers. Ein Gesamtflächenverkauf wird hierbei bevor- zugt, um einheitliche Lösungen umzusetzen. Ein Verkauf in Teilen ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Die zweite Variante ist die Entwicklung der Konversionsfläche gemeinsam mit der Kommune unter der Eigentümerschaft des Bundes. Erst im Anschluss an die Entwicklung wird die Flä- che dann veräußert. Weitgehend entwickelte oder erschlossene Flächen wecken ein größeres Interesse für potentielle Investoren. Somit resultiert für die BImA ein wirtschaftlicher Vorteil, den Grundstückswert durch Infrastrukturschaffung oder andere Maßnahmen der Erschließung zu erhöhen, um einen Käufer zu finden. Grundsätzlich sind detaillierte Voruntersuchungen zu tätigen, um sicher zu stellen, dass in diesen Fällen eine Refinanzierung des Kostenanteils der BImA durch entsprechende spätere Verwertungserlöse erzielt wird. Unter der Voraussetzung eines übergeordneten öffentlichen Interesses an diesem Vorhaben besteht die Möglichkeit, zusätzliche Fördermittel aus unterschiedlichen Programmen zu erhalten (REFINA 2011 S. 112).

Die dritte Variante stellt der Direktverkauf an eine Gebietskörperschaft dar. Anwendung findet diese, wenn eine Kommune oder das Land Eigenbedarf für größere Anteile oder Objekte der Liegenschaft anmeldet, um beispielsweise Selbstverwaltungsaufgaben oder -institutionen dort anzusiedeln. Sind diese Bedingungen erfüllt, kann die BImA auf Basis einer Wertermittlung direkt an diese Gebietskörperschaft verkaufen, ohne die Liegenschaft vorher auf dem offenen Immobilienmarkt anzubieten (REFINA 2011 S. 112).

Zusammenfassend formuliert, verkauft die BImA die Liegenschaften nur zum vollen Ver- kehrswert nach § 63 Abs. 3 BHO. Die Grundstücke werden in der Regel am offenen Immobi- lienmarkt angeboten und vertrieben. Dies ist an kein formelles Ausschreibungsverfahren ge- bunden. Somit behält die BImA die Entscheidungshoheit darüber, wer den Zuschlag erhält und zu welchen Bedingungen veräußert wird. Der Verkehrswert ist dabei unter anderem vom bestehenden Baurecht abhängig. Da oftmals ein Verkauf vor der konkreten Planungsphase erfolgt, können planungsrechtliche Wertsteigerungen mittels Nachzahlungsverpflichtungen ausgeglichen werden. In Einzelfällen können jedoch auch Zahlungserleichterungen, wie eine Stundung des Kaufpreises oder eine Ratenzahlung, eingeräumt werden.

3. Wirtschaftliche Bewertung von Konzepten zur Nutzung von Konversionsgebieten

In Kapitel 2 wurden die grundlegenden Abläufe einer militärischen Konversion dargelegt. Das folgende Kapitel beginnt mit einer Darstellung einer ehemaligen Militärliegenschaft, um anschließend die bereits bestehenden Konzepte der ortsansässigen Verwaltung aufzuzeigen. Darauf folgend wird eine wirtschaftliche Bewertung der einzelnen Teilnutzungsgebiete der Konzepte vorgenommen.

3.1 Das Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau: Bestandsaufnahme

Die durchgehende militärische Nutzung des MFG 5 - Areals seit 1920 wird im Zwischenbe- richt des Stadtplanungsamtes zu vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 141 BauGB darge- stellt (im Folgenden: Zwischenbericht 2012). Baubeginn der Festung Fort Holtenau war im Jahre 1870 im Bereich des heutigen Flughafens. Anschließend begann die militärische Nut- zung mit dem Ziel der Verteidigung der Kieler Förde. Das ehemals moorige Unterland wurde 1889 von der Marine fast vollständig erworben. Während des Baus des Kaiser-Wilhelm- Kanals ab 1895 (heute Nord-Ostsee-Kanal) wurde ein Teil des Aushubs auf dem Unterland abgeladen und dieser somit trocken gelegt. 1913 errichtete die Marine eine Seeflugstation am Ufer der Förde. Diese wurde 1914 Zentralstation der deutschen Marineflieger. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die alliierten Streitkräfte den Marineflughafen Kiel-Holtenau zer- störten, wechselte die Liegenschaft in den Besitz der britischen Truppen, welche später grund- legende Infrastrukturen schafften. 1960 ging die Liegenschaft wieder in den Besitz der Bun- desrepublik Deutschland über. Durch den Bund wurde 2004 ein im Süden gelegener Teil des Unterlandes aus der militärischen Nutzung ausgegliedert und an einen Investor verkauft, um das luxuriöse Wohnungsbauprojekt „Fördeterrassen“, welches unmittelbar an den Tonnenhof grenzt, zu realisieren. Das Projekt steht zurzeit kurz vor der Vollendung. Zum Zeitpunkt der Besichtigung des MFG 5 -Geländes durch den Verfasser am 17.10.2012 ist der Umzug der Hubschrauberstaffel an den neuen Standort in Nordholtz (Niedersachsen) fast abgeschlossen. Laut Auskunft von Frau Obermaat Bastisch sind derzeit noch 80 Militärangehörige vor Ort. Zurzeit wird militärisches Gerät und Mobiliar entfernt und an andere Standorte gebracht oder eingelagert. Die militärische Nutzung endet jedoch erst mit dem geplanten Übergang der Lie- genschaft im Jahr 2014. Die Stadt Kiel hat den Konversionsprozess direkt nach offizieller Bekanntgabe der militärischen Auflösungsabsicht eingeleitet und durch Beschluss der Rats- versammlung aus dem Februar 20114 einleitende Untersuchungen im Rahmen des integrierten Stadtentwicklungskonzept Kiel (INSEKK) in Auftrag gegeben (Zwischenbericht 2012 S. 1).

Das Gelände des MFG 5 befindet sich in ca. 6,5 km Luftlinie nördlich der Kieler Altstadt zwischen den Stadtteilen Kiel-Holtenau im Süden und Kiel-Friedrichsort/Pries im Norden. Trotz der Distanz zum Kieler Stadtzentrum, hinter der Barriere des Nord-Ostsee-Kanals, kann hier aufgrund der Anordnung Kiels um die Kieler Förde herum von einer zentrumsnahen Stadtlage gesprochen werden. Westlich des MFG 5 - Areals, etwas höher gelegen, schließt sich direkt an eine bewaldete Böschung der Flughafen Kiel an. Die Zukunft des Flughafen Kiels ist aktuell noch offen. Der Zwischenbericht (2012) geht von einem Verbleib aus. Auch diese Arbeit steht unter der Prämisse des Fortbestandes. Eine mögliche Entwicklung der Flä- che in einen „Airpark“ wird im Folgenden nur kurz erwähnt, da diesbezüglich keine Pla- nungssicherheit besteht. Auf der östlichen Wasserseite begrenzt eine Hafenkante die Liegen- schaft. Zusätzlich zu einer im süd-westlichen Teil gelegenen Kleingartenkolonie befindet sich ein ebenfalls nicht zugängliches Areal, der Tonnenhof (2,3 Hektar (ha)) inklusive der dazuge- hörigen Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Der Tonnenhof gehört nicht zur militärischen Liegenschaft. Das betrachtete MFG 5 - Gebiet umfasst insgesamt ca. 125,5 ha, wobei hiervon alleine 45 ha die Wasserfläche der Innenförde sowie des Plüschowhafens darstellen und 19 ha Waldflächen enthalten sind (Zwischenbericht 2012 S. 3). Die Wasserlage der Liegenschaft an der Kieler Innenförde nördlich der Ein- und Ausfahrt des Nord-Ostsee-Kanals und direkt an dem stark befahrenem Fahrwasser (Seeschifffahrtsstraße) der Kieler Förde ist für eine eventu- elle Verwendung als Standortfaktor hervorzuheben. Die Liegenschaft des MFG 5 befindet sich im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Die Fläche des Kleingartenvereins sowie ein Grundstück am Schusterkrug und der Bereich des westlichen Ufers des Plüschowhafens befinden sich im Eigentum der Landeshauptstadt Kiel. Als Resultat der Besichtigung am 17.10.2012 kann festgestellt werden, dass Topografie und Baugrund, eine Hanglage oder Ter- rassierung keine Bauhindernisse darstellen. Die Begehung des Areals mit Frau Obermaat Bastisch zeigt die bautechnische Eignung für Folgenutzungen in jeglicher Hinsicht. Das Ge- lände des Unterlandes ist absolut ebenerdig, trocken und in einem gepflegten Zustand. Der Verbleib des Flughafens stellt die einzige Beschränkung durch die daraus resultierende ma- ximale Bebauungshöhe in der Einflugschneise und eventuelle Lärmbelästigungen durch star- tende und landende Flugzeuge dar. Innerhalb der Einflugschneise darf die Bauhöhe 40 Meter übern NN nicht überschreiten, auch die Masthöhe von Segelbooten im angrenzenden Hafen darf 45 Meter nicht überschreiten (Zwischenbericht 2012 S. 31). Befürchtungen, der verblei- bende Flughafen Kiel würde durch Fluglärm eine Wohnnutzung beeinträchtigen, Freizeitnut- zung erschweren oder hochwertiges Gewerbe unmöglich machen, werden in einem Schallschutzgutachten der BeSB GmbH5 zur Machbarkeit von Wohngebietsausweisungen am Verkehrslandeplatz Kiel-Holtenau aus 2011 entkräftet. Da keine divergierenden Gutachten vorliegen, wird in der folgenden Bearbeitung des Themas von der Korrektheit ausgegangen (Zwischenbericht 2012 S. 20).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 - Luftbild des MFG 5 - Areals: http://www.kiwi-kiel.de/uploads/pics/MFG5_kl_01.JPG

Für alle der über hundert Baulichkeiten, darunter Kasernen, Verwaltungsbauten, Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Flugzeughallen usw. wurde für die Ermittlung von Nachnutzungspoten- tialen ein Gebäudekataster auf der Grundlage einer Begehung erstellt. Dabei wurde ein Bedarf an energetischen Sanierungen und Brandschutzmaßnahmen festgestellt, die bei einer zivilen Nachnutzung der Gebäude die Kosten enorm beeinflussen würden (Zwischenbericht 2011 S. 30). Die Aussage von Frau Obermaat Bastisch und der Eindruck des Verfassers bestätigen diesen Eindruck.

[...]


1 Pons: Fremdwörterbuch Lat. - Dt. 1. Auflage 2012.

2 Die internationale Bauausstelltung in Hamburg thematisiert das Zusammenwachsen des nördlichen und südlichen Teils von Hamburg. Unter dem Slogan „Sprung über die Elbe“ liegt der Fokus auf den Elbinseln und den Stadtteilen Veddel, Wilhelmsburg und Harburg.

3 REFINA = Forschung für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und ein nachhaltiges Flächenmanagement. Die REFINA ist ein Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung.

4 Drucksache 0783/2010.

5 Die BeSB GmbH Berlin ist ein unabhängiges Ingenieurbüro mit dem Schwerpunkt Schalltechnik.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Die zivile Folgenutzung von Konversionsflächen in Stadtgebieten. Das Marine-Flieger-Geschwader 5 in Kiel
Untertitel
Eine wirtschaftliche Bewertung
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Volkswirtschaftslehre)
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
46
Katalognummer
V300975
ISBN (eBook)
9783668016088
ISBN (Buch)
9783668016095
Dateigröße
1126 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
folgenutzung, konversionsflächen, stadtgebieten, marine-flieger-geschwader, kiel, eine, bewertung
Arbeit zitieren
Moritz Mahler (Autor:in), 2012, Die zivile Folgenutzung von Konversionsflächen in Stadtgebieten. Das Marine-Flieger-Geschwader 5 in Kiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300975

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