Theoretische Grundlagen des Consulting in der Reiseindustrie

Im Spannungsfeld zwischen Generalisierung und Spezialisierung der Beratungsleistung


Akademische Arbeit, 2014

52 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

DARSTELLUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.1 Consulting
2.1.1 Begriffliche Definition und Abgrenzung
2.1.2 Beratungskonzeption
2.1.3 Beratungsmotive
2.1.4 Beratungsprozess
2.1.5 Geschäftsfelddefinition – Bestimmung der Beratungsfelder
2.1.5.1 Klassische Beratungsfelder
2.1.5.1.1 Strategieberatung
2.1.5.1.2 Organisations- und Prozessberatung
2.1.5.1.3 IT- und Technologieberatung
2.1.5.1.4 Human-Resources-Beratung
2.1.6 Ausrichtung der Beratungsleistung
2.1.6.1 Generalisten
2.1.6.2 Spezialisten
2.1.6.2.1 Spezialisierung nach Funktionen
2.1.6.2.2 Spezialisierung nach Branchen
2.1.6.2.3 Spezialisierung nach Unternehmensgröße
2.1.6.3 Alternative: Inhouse Consulting
2.2 Reiseindustrie
2.2.1 Definition
2.2.2 Exkurs: Betriebswirtschaftliche Aspekte des Tourismus
2.2.3 Die touristische Wertschöpfungskette
2.3 Erfolgsfaktoren
2.3.1 Definition und Arten von Erfolgsfaktoren
2.3.2 Erfolgsfaktoren des Consulting

3. FAZIT UND AUSBLICK

ANHANG

LITERATURVERZEICHNIS UND WEITERFÜHRENDE LITERATUR

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

DARSTELLUNGSVERZEICHNIS

Darstellung 1: Die Beratungskonzeption

Darstellung 2: Phasen eines idealtypischen Beratungsprozesses

Darstellung 3: Klassifikation des Unternehmensberatungsmarktes

Darstellung 4: Die Tourismuswirtschaft (im engeren und weiteren Sinn)

Darstellung 5: Wertschöpfungskette nach Porter im touristischen Phasenmodell

Darstellung 6: Die Wertschöpfungskette der Reiseindustrie und deren Umfeld.

1. EINLEITUNG

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstand die Idee, Unternehmen zu beraten. So gründete Arthur D. Little im Jahr 1886 die erste Unternehmensberatung in Cambridge, Massachusetts. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts erfasste die USA die erste große Beratungswelle, als viele Unternehmensberatungen entstanden. Nach dem zweiten Weltkrieg dehnten sie ihre Aktivitäten auch nach Europa aus. Mittlerweile sind Unternehmensberatungen weltweit in über 350 definierten Tätigkeitsfeldern aktiv, wobei die klassische Strategie- und Organisations-beratung einen Hauptanteil sowie den in der Öffentlichkeit am stärksten wahrgenommenen Teil hält. Die IT-Beratung, die oftmals mit weiteren Dienstleistungen wie zum Beispiel Outsourcing verbunden ist, und die Personal- und Human-Resources-Beratung stellen weitere wichtige Bereiche der Unternehmens-beratung dar. Die Beratungsbranche ist mit einem Gesamtumsatz von 34 Milliarden Euro in Deutschland, der von rund 148.000 Beratern erzielt wurde, nicht nur zahlenmäßig ein bedeutender Wirtschafsfaktor – ihr Einfluss strahlt in alle Branchen.1

Der Markt für Beratungsleistungen hat sich in dem vergangenen Jahrzehnt derart rasant entwickelt, dass Consultants die Unternehmensleitung nicht mehr nur kategorisch strategisch konzeptionell beraten, sondern auch bei der Implementierung der Entscheidungen bis hin zum Betrieb bestimmter Services begleiten. Die Berater werden dadurch zunehmend in den Arbeitsalltag der Kunden integriert. Überdies gibt es im Unternehmensalltag immer wieder Situationen, in denen Berater mit Spezial-wissen in einem eng abgegrenzten Kompetenzbereich oder aufgrund von Personal-knappheit für eine spezielle Aufgabe auf Zeit konsultiert werden; diese Vorgehens-weise stellt für die Auftrag erteilenden Unternehmen eine kostengünstigere Alternative als eine dauerhafte Aufstockung der eigenen Kapazitäten dar. Die Inanspruchnahme von externen Beratungsdienstleistungen hat sich so in den letzten Jahren auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen erhöht. Der Einsatz erfolgt hier allerdings tendenziell selektiver, allein schon bedingt durch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel. Zusammenfassend gehen die Berührungsängste mit Consultants in vielen Unternehmen verloren. Heute umfasst das Angebot der Beratungsunternehmen die gesamte Spannbreite vom Kleinbetrieb über die öffentliche Hand bis hin zu weltweit agierenden Konzernen, das Beratungskonzept wird individuell an den Kunden angepasst. Das gesamte Spektrum an Beratungs-leistungen kann jedoch nur von wenigen Anbietern komplett abgedeckt werden, einzelne Beratungen setzen vielmehr lokale respektive leistungsbezogene Schwer-punkte.2

Gleichzeitig sind auch die Anforderungen an die Qualität der Beratungsprojekte und an den messbaren Erfolg von Beratungsdienstleistungen gestiegen. Vor allem größere Kundenunternehmen haben die Beschaffung von Beratungsleistungen professionalisiert und orientieren sich immer mehr an objektiven Auswahlkriterien. Darüber hinaus wird der Wettbewerbsdruck auf die Beratungsunternehmen noch zusätzlich durch die Institutionalisierung des Inhouse Consulting in diesen Unternehmen erhöht. Die Beratungsanbieter müssen sich infolgedessen ebenso stärker professionalisieren und die Erfolgsfaktoren des Beratungsgeschäftes wie beispielsweise die Entwicklung von Gestaltungskonzepten für die strategische Ausrichtung, die Professionalisierung von Marketing und Vertrieb et cetera oder die qualitätsorientierte Leistungserstellung beherrschen.3

Die Reiseindustrie ist ihrerseits eine Querschnittsbranche, in der die Unternehmen nach wie vor von zahlreichen strategischen Optionen und branchentypischen Wachstumsraten profitieren, obgleich sich die Branche in einem Wandel befindet und vor großen Herausforderungen steht. Auf der einen Seite eröffnen Deregulierung, Konsolidierung und Privatisierung neue Möglichkeiten für Wachstum und Kooperationen mit anderen Marktteilnehmern, andererseits steigt zeitgleich der Anspruch an operative Qualität und Rentabilität der Unternehmen. Anbieter von Verkehrsleistungen, wie zum Beispiel Flug- und Eisenbahngesellschaften oder Schifffahrtsunternehmen, sind mit verschiedenen Geschäftsmodellen konfrontiert, wobei die wesentlichen Erfolgsfaktoren jener Geschäftsmodelle häufig im Wider-spruch zueinander stehen. Um als Unternehmen in einem solchen Umfeld Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbern erzielen zu können, müssen diese vielfältigen Herausforderungen gemeistert werden. Nicht selten ist dies auch mit radikalen Veränderungen verbunden, damit das Unternehmen überlebensfähig bleibt und danach wieder schrittweise zu Wachstum und wirtschaftlichem Erfolg gelangen kann.4

Zunächst wird der umfassende Bereich des Consulting begrifflich definiert und abgegrenzt. Überdies werden die Beratungskonzeption, die Beratungsmotive und der Beratungsprozess skizziert. Außerdem erfolgen eine Bestimmung der Beratungs-felder sowie die Deskription der verschiedenen Ausrichtungen von Beratungs-leistungen. Anschließend wird die Reiseindustrie definiert und die touristische Wertschöpfungskette veranschaulicht – derweil werden auch betriebswirtschaftliche Aspekte des Tourismus in einem Exkurs erörtert. Letztlich erfolgt noch eine präzise Abgrenzung des Begriffes „Erfolgsfaktor“ sowie eine Darlegung der Erfolgsfaktoren im Consulting.

2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Untersuchungsgegenstände der zugrunde liegenden Arbeit betrachtet.

2.1 Consulting

2.1.1 Begriffliche Definition und Abgrenzung

Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffes Consulting existiert bedingt durch die Vielfalt der Beratungsinhalte und -methoden sowie die kontinuierliche Aus-dehnung der Beratungsbedürfnisse weder in der Literatur noch in der Unternehmens-praxis. Vielmehr wird eine einheitliche begriffliche Abgrenzung seit Jahren kontrovers diskutiert.5

Laut Deelmann/Petmecky ist Consulting, neben Beratung et cetera, eine Ausprägung des Begriffskontextes „Unternehmensberatung“, der nicht geschützt ist und demnach frei interpretiert werden kann.6 So beschreibt Lippold Consulting zunächst sehr allgemein als „ die externe Unterstützung zur erfolgreichen Bewältigung des Wandels “.7 Im Vergleich dazu ist der Definitionsansatz von Reineke/Bock schon ein wenig präziser. Sie definieren Consulting als die individuelle Analyse und Lösung von Problemstellungen, bei der eine Interaktion zwischen externen, unabhängigen Personen (Einzelberatern) oder Beratungsorganisationen und einem ratsuchenden Klienten stattfindet.8

Eine umfassende Definition des Consultings scheint aufgrund der unzähligen Facetten der Aktivitäten von Unternehmensberatungen eher schwierig. Gleichwohl lassen sich zur definitorischen Eingrenzung eine Reihe von Eckpunkten festhalten, wie beispielsweise die Art der Tätigkeit (individuelle oder höherwertige professionelle Dienstleistung gegen Entgelt), das Ziel der Tätigkeit (Fähigkeit des Kunden zur Lösung des vorliegenden Problems verbessern) oder die Dauer der Tätigkeit (zeitlich befristete Dienstleistung).9 Unter Berücksichtigung weiterer konstitutiver Merkmale und in Anlehnung an Fink und Nissen fasst Lippold den Begriff der Unternehmens-beratung letztlich als „ eine eigenverantwortlich, zeitlich befristet, auftragsindividuell und zumeist gegen Entgelt erbrachte professionelle Dienstleistung, die sich an Unternehmen/Organisationen mit dem Ziel richtet, Problemstellungen zu identifizieren und zu analysieren und/oder Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, um den Kunden bei der Planung, Erarbeitung und Umsetzung von Problemlösungen zu unterstützen “.10 Diese, auf einem transitiven und reflexiven Beratungs-verständnis11 beruhende Definition des Consultings wird hier als adäquateste Abgrenzung dieses Begriffes angesehen und stellt die Grundlage für die weiteren Ausführungen dar.

Unternehmensberatung als spezielle Form von Dienstleistungen

Die Unternehmensberatung wird formal dem Dienstleistungssektor zugeordnet. Inhaltlich weist das Tätigkeitsfeld des Consultings allerdings einige Besonderheiten auf, die im Vergleich zu anderen Dienstleistungsbereichen einzigartig sind. Der Dienstleistungsbegriff dient hier in erster Linie zur Abgrenzung von Sachleistungen (Produkten).12

Unternehmensberatungsdienstleistungen sind professionelle Dienstleistungen13, die alle Kriterien14 einer Dienstleistung aufweisen und spezielle Anforderungen an die Dienstleistungserbringer stellen. Die Erbringung der Beratungsleistung erfolgt im Rahmen eines interaktiven, problemlösungsbezogenen und auftragsindividuellen Beratungsprozesses von qualifizierten Personen, welche die Mitarbeiter des Unternehmens des Klienten mit einbeziehen.15 Die Summe der Eigenschaften Externalität, Unabhängigkeit, Neutralität, Professionalität und spezielle Kompetenzen sind kennzeichnend für dieses „People Business“, das Unternehmen durch von außen zur Verfügung gestelltes Know-how bei ihrem permanenten Streben nach Perfektion unterstützt.16

2.1.2 Beratungskonzeption

Im Rahmen des Consultings werden Unternehmen oder Organisationen in einer bestimmten Phase von Unternehmensberatern begleitet, die Entscheidungen oder die Umsetzung von Maßnahmen verbleiben nahezu ausschließlich in der Verantwortung der Klienten.17 Heutzutage trifft die Nichteinbeziehung der Umsetzungsphase allerdings nur noch eingeschränkt zu (siehe Kapitel 2.1.4).

Jede Problemlösung beruht bewusst oder unbewusst auf einer Beratungskonzeption (siehe Darstellung 1), die letztendlich an die Aufgabenstellung und die Erwartungs-haltung des Klienten angepasst wird. Dieser umfassende, gedankliche Entwurf beinhaltet die Beratungsphilosophie, das Leistungsangebot und die Beratungs-strategie der beratenden Organisation beziehungsweise eines Beraters (engl. Consultant).18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 1 : Die Beratungskonzeption

(Quelle: Reineke/Bock (2007), S. 73)

Die generellen Zielvorstellungen sowie Wert- und Verhaltensmuster des Beraters bilden die Beratungsphilosophie. Typischerweise geht es hierbei häufig um die Vermeidung von Abhängigkeitsverhältnissen zu dem Klienten, um die Berater-neutralität zu wahren. Das Leistungsspektrum wird sowohl durch die das Angebot abdeckenden betriebswirtschaftlichen Funktionen als auch durch den Spezialisierungsgrad der Leistungen (siehe Kapitel 2.1.6) gekennzeichnet. Die Synthese aus der Beratungsmethode, die das eingesetzte quantitativ beziehungs-weise qualitativ angelegte Instrumentarium kennzeichnet, und dem Beratungsstil, der sich in erster Linie in dem kommunikativen Dialog zwischen Berater und Klient ausdrückt, ist die Beratungsstrategie. Die Beraterrolle wird während des Einsatzes durch die Beratungsphilosophie des Consultants sowie die vorhandene Problem-stellung in der Klientorganisation und die Erwartungshaltung des Klienten gegenüber dem Berater geprägt.19 Denkbare Rollen wären zum Beispiel als „ mental adventurer “, „ strategic navigator “ oder „ system architect “.20

2.1.3 Beratungsmotive

Im Zuge der Zusammenarbeit zwischen Klienten- und Beratersystem soll ein gegen-seitiger Mehrwert geschaffen werden. Entscheidend ist hierbei insbesondere der individuelle Wert, den ein Kunde dieser Beratungsleistung beimisst. Dieser Wert erhält seine Prägung maßgeblich durch die Bedürfnisse, Erwartungen und Anforderungen in dem Klientensystem. Für die Beauftragung von Unternehmens-beratungsdienstleistungen wurden im Rahmen diverser Untersuchungen21 die folgenden Motive identifiziert:

- Fehlendes Know-how: Zu lösende Probleme übersteigen die Fachkenntnis respektive die Fähigkeit der Problemlösung des Klientensystems;
- Ideenmangel: Prozesse der Ideenfindung und Produktentwicklung sollen herbei-geführt und navigiert werden;
- Fehlende Kapazitäten: Dem Unternehmen mangelt es an notwendigen Ressourcen, den gewünschten Soll-Zustand auf Eigeninitiative zu erlangen;
- Durchsetzung von Maßnahmen: Grundsätzlich wollen Berater und Klienten das Bestmögliche für das Unternehmen im Sinne einer ethisch verantwortungsvollen Grundhaltung erreichen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Auftraggeber auch im persönlichen Interesse handeln und mitunter Berater zur Verstärkung ihrer eigenen Reputation als auch zur Rechtfertigung einer Entscheidung beauftragen;
- Psychologische Motive (Scham, Angst): Der Berater-Klienten-Interaktion liegen zwei wesentliche Gefühle zugrunde – Angst und Scham, die selten direkt ausgesprochen werden. Ziel ist es, Vertrauen aufzubauen und diese Gefühle von Angst und Scham im Rahmen der Beziehung Berater-Klient möglichst schnell besprechen zu können;
- Wunsch nach einer externen Sichtweise: Berater sollen häufig die Rolle eines neutralen Gesprächspartners einnehmen. Wenn Berater die vorliegenden Lösungen für im Unternehmen bereits getroffene Entscheidungen unter dem Vorwand von Objektivität und Neutralität kommunizieren sollen, wird es allerdings kritisch;
- Gefahr im Verzug: Manchmal werden Berater erst zu Rate gezogen, wenn das Unternehmen mit einem konkreten Problem konfrontiert wird, das einen starken Umsatzrückgang und fehlende liquide Mittel herbeiführt. In dieser Hinsicht geht es hierbei eher um eine Krisenberatung mit dem Ziel von rasch umsetzbarer Problemlösungen und kurzfristigen Erfolgswirkungen. Insbesondere im Falle von Liquiditätsengpässen, die zu einer Gefährdung der Kreditrückzahlung, der Notwendigkeit neuer Kredite oder einer Insolvenzgefahr führen könnten, empfehlen die Banken die Beauftragung eines Unternehmensberaters.22

Die eindeutige Zuordnung eines Beratungserfolges oder -misserfolges auf Seiten des Beraters oder des Klienten wird durch die Vielschichtigkeit der Motive und die Herausforderung einer schnellen und eindeutigen Identifizierung derselben in der Praxis schwierig. Für eine erfolgreiche Abwicklung des Beratungsprojektes ist es unvermeidlich, Informationen, Erwartungen und Leistungen des Klienten miteinzu-beziehen und sich nicht nur auf die Fähigkeiten und Kompetenzen des Beraters zu verlassen. Basierend auf dem Prinzip der Mitverantwortung sind sowohl der Berater als auch der Klient durch die Festlegung und gegenseitige Artikulation der Motive, Rollen et cetera für die Entstehung einer ausgewogenen Verantwortung für die Beratungsergebnisse zuständig.23

2.1.4 Beratungsprozess

Beratungsprojekte umfassen immer wieder mehrere, aufeinander aufbauende und technologisch unterschiedliche Phasen. In Theorie und Praxis existiert eine Vielzahl von Phasenmodellen, die diskutiert und angewendet werden. Letztendlich unterscheiden sich diese im Wesentlichen in der Anzahl der Prozessphasen, weniger in Bezug auf den Inhalt.24

Ein idealtypischer Beratungsprozess besteht aus vier Prozessphasen (Akquisition, Analyse, Problemlösung und Implementierung) mit jeweils zwei Prozessschritten. Bei dem skizzierten Modellansatz in der nachfolgenden Darstellung 2 wird die Akquisitionsphase bereits mit zum Beratungsprozess gezählt, obwohl deren Aktivitäten in der Regel nicht berechnet werden können.25 Am Anfang des Beratungsprozesses wissen die Consultants im Regelfall nicht, wie die Organisation ihre bestimmte Herausforderung präzise meistern kann. Zunächst erfolgt dazu eine Analyse der spezifischen Situation in einem konkreten Beratungsfall. Die Dauer der Analysephase variiert je nach Komplexität des Beratungsfalles und Größe des Unternehmens. Erst im Anschluss daran erfolgt die Ausarbeitung von Konzepten und gegebenenfalls, nachdem gemeinsam mit dem Unternehmen eine Entscheidung getroffen wurde, eine Begleitung der Umsetzung. Berater sollten dabei unbedingt alle Bereiche eines Unternehmens bei ihren Überlegungen und Maßnahmen berücksichtigen. Als eine professionelle Dienstleistung erfordert der Beratungs-prozess eine neutrale und möglichst breite Sicht auf das Unternehmen sowie die konkrete Problemstellung.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 2: Phasen eines idealtypischen Beratungsprozesses

(Quelle: Lippold (2013), S. 29)

Das skizzierte Prozessmodell in Darstellung 2 bietet dem Kundenunternehmen ebenso die zusätzliche Option, das Beratungsunternehmen nach dem Abschluss einer Phase zu wechseln oder das Projekt ganz zu beenden. In der Praxis hat dies zur Folge, dass viele der so definierten Beratungsprojekte naturgemäß schon nach der Akquisition enden, da kein Auftrag an das Beratungsunternehmen erteilt wird. Dass ein Projekt bereits nach der Analysephase beendet wird, kommt durchaus auch innerhalb der fakturierten Phase vor. Deutlich öfter endet ein Beratungsprojekt allerdings erst nach Abschluss der Problemlösungsphase. Somit ist es durchaus üblich, dass Kundenunternehmen für ihr Beratungsprojekt erst eine Management-beratung für den strategischen Teil und im Anschluss eine Umsetzungsberatung für die Realisierung beauftragen. Namhafte Strategie- und Managementberatungen versuchen daher, diesem „hybriden“ Verhalten bei der Vergabe von Projekten durch die Aufnahme einer Umsetzungsberatung in ihr Beratungsportfolio entgegenzu-wirken. Gleichermaßen erweitern größere IT-Beratungsgesellschaften ihr Portfolio mit einem verstärkten Angebot an strategischer Beratung.27

2.1.5 Geschäftsfelddefinition – Bestimmung der Beratungsfelder

Um das Geschäftsfeld genauer zu definieren, gibt es auch hier verschiedene Ansätze.28 Reineke unterteilt Consulting beispielsweise in die drei Teilbereiche Unternehmensberatung, Inhouse Consulting und Beratung, die als Nebenleistung oder Service im Geschäftsverkehr erfolgt. Unternehmensberatung bezieht sich hierbei speziell auf den Organisationstyp Unternehmung, die innerhalb einer Organisation erbrachten Leistungen zählen wiederum zum Inhouse Consulting respektive der internen Beratung.29

Laut Abell lassen sich die Geschäftsfelder durch die drei Dimensionen Customer Functions (Funktionsbereiche/Probleme), Customer Groups (Branchen/Kunden-segmente) und Alternative Technologies (Technologien) abbilden. Dieses Modell wurde von Hill auf die Unternehmensberatung übertragen, der die drei Dimensionen wie folgt interpretiert: Funktionen/Probleme stehen für die unterschiedlichen Kunden-bedürfnisse, Kundensegmente für Branchen beziehungsweise Unternehmenstypen und Technologien für die spezifischen Methoden der Analyse und Prognose.30

Die folgende, auf den drei Dimensionen von Abell aufbauende Einteilung erscheint aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit sowie der realen Bedeutung der unterschiedlichen Geschäftsfelder dagegen zweckmäßiger:31

- Funktionsorientiert: Managementberatung, HR-Beratung, Marketingberatung …
- Branchenorientiert: Bankenberatung, Healthcare-Beratung, Automotive-Beratung …
- Querschnittsorientiert: IT- und Organisationsberatung, Innovationsberatung …
- Kundengrößenorientiert: Beratung für Konzerne/Großunternehmen, KMUs …

Eine solche, durchaus schlüssige Einteilung der Beratungsbranche konnte sich bisher allerdings nicht durchsetzen.32

2.1.5.1 Klassische Beratungsfelder

Nach Fink hat sich in der Praxis eine „klassische“ Dreiteilung des Unternehmens-beratungsmarktes etabliert:33

Darstellung 3 : Klassifikation des Unternehmensberatungsmarktes

(Eigene Darstellung in Anlehnung an Fink (2009), S. 3 ff.)

Diese Untergliederung des breiten Spektrums der Unternehmensberatungs-dienstleistung zwischen den Segmenten Managementberatung mit den Subsegmenten Strategie-, Organisations- und Transformationsberatung, IT-Beratung sowie Personalberatung entspricht größtenteils auch der Einteilung des Beratungs-marktes durch den Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V., wobei dieser die Subsegmente der Managementberatung von Fink in zwei übergeordnete Segmente klassifiziert. Der BDU unterteilt den Beratungsmarkt so in vier „klassische“ Beratungsfelder: Strategieberatung, Organisations- und Prozess-beratung, IT-Beratung sowie Human-Resources-Beratung. Softwareentwicklung/ Systemintegration, Outsourcing und Personalberatung (Executive Search) werden gesondert zu beratungsnahen Dienstleistungen gezählt.34 Im Folgenden werden diese vier Beratungsfelder – zur Konkretisierung der Beratungsdienstleistung als solche – nun näher vorgestellt.

[...]

1 Vgl. Hartenstein et al. (2013), S. 3; Lippold (2013), S. IX; BDU e.V.(2014), S. 11.

2 Vgl. Hartenstein et al. (2013), S. 3 f.; Diederich (2014); Dunker (2014); Seeger (2014); Stille (2014).

3 Vgl. Niedereichholz/Niedereichholz (2006), S. 9–12; Schnieder (2012), S. 27 f.; Lippold (2013), S. IX.

4 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) (2012), S. 8; McKinsey (2014); The Boston Consulting Group (2014).

5 Zur Problematik und Uneinheitlichkeit der Begriffsdefinition vgl. exemplarisch Elfgen/Klaile (1987), S. 21–31; Hoffmann (1991), S. 36–40; Wohlgemuth (1995), S. 15; Lünendonk/Streicher (2005), S. 207; Nissen (2007), S. 3–11; Fink (2009), S. 3; Niedereichholz (2010a), S. 1 f.; Deelmann (2012), S. 12; Lippold (2013), S. 6 ff.; Oxford University Press (2014).

6 Vgl. Deelmann/Petmecky (2012), S. 158.

7 Lippold (2013), S. 6.

8 Vgl. Reineke/Bock (2007), S. 72.

9 Vgl. Lippold (2013), S. 6.

10 Lippold (2013), S. 6. Vgl. ebenfalls Nissen (2007), S. 3 sowie Fink (2009), S. 3.

11 Das transitive Beratungsverständnis beruht auf der Erteilung eines Ratschlags, das heißt der Berater unter-stützt seinen Kunden mit Sachverstand und fachlichem Rat in einer Problemsituation. Grundlegend ist hierbei die Asymmetrie der Information, die Ungleichverteilung des Wissens zwischen den beteiligten Klienten und Beratern. Das reflexive Beratungsverständnis hebt die partnerschaftliche Beziehung zwischen den interagierenden Personen hervor und beabsichtigt die Unterstützung und Wiederherstellungskompetenz des Kunden, wobei die eigentliche Problemlösung bei ihm verbleibt. Vgl. Lippold (2013), S. 7.

12 Vgl. Niedereichholz/Niedereichholz (2008), S. 37 f.; Lippold (2013), S. 7.

13 Dienstleistungen sind „unter Einsatz externer Produktionsfaktoren für den fremden Bedarf produzierte immaterielle Wirtschaftsgüter“. Maleri/Frietzsche (2008), S. 5.

14 Charakteristisch für Dienstleistungen ist die Vermarktung von Leistungsversprechen, die Integration von internen und externen Produktionsfaktoren im Prozess der Leistungserstellung, das Uno-Actu-Prinzip („ die Simultanität von Produktion und Übertragung in zeitlicher und/oder räumlicher Hinsicht “, Maleri/Frietzsche (2008), S. 53), die Immaterialität und Intangibilität der Leistung sowie die Produktion für den fremden Bedarf. Vgl. Nissen (2007), S. 6 ff.; Maleri/Frietzsche (2008), S. 16–23, 271–273; Bruhn (2014).

15 Vgl. Jeschke (2004), S. 18; Student (2006); Lippold (2013), S. 12.

16 Für nähere Ausführungen zu diesen fünf Eigenschaften vgl. Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 5–9.

17 Vgl. Elfgen/Klaile (1987), S. 7–13.

18 Vgl. Reineke/Bock (2007), S. 72 f.; Reineke (2013b), S. 42 f.

19 Vgl. exemplarisch Reineke/Bock (2007), S. 72 f.; Niedereichholz (2010a), S. 6 f.; Reineke (2013b), S. 42f.; Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 24–28.

20 Für nähere Ausführungen zu den denkbaren Rollen vgl. Niedereichholz (2010a), S. 6 f.

21 Für weitere Informationen vgl. exemplarisch Däfler/Rexhausen (1999), S. 21 f.; Kailer/Scheff (2000), S. 55; Schwarz (2008), S. 37 ff.

22 Vgl. Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 38 f.

23 Vgl. Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 38 f.

24 Vgl. Lippold (2013), S. 28 ff.

25 Vgl. Lippold (2013), S. 28 ff.

26 Vgl. Niedereichholz (2010a), S. 8 f.; Lippold (2013), S. 7; Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 3 ff., 9.

27 Vgl. Lippold (2013), S. 28 ff.

28 Vgl. exemplarisch Nissen (2007), S. 3–6; Reineke/Bock (2007), S. 72; Fink (2009) S. 3; Deelmann/ Petmecky (2012), S. 160; Lippold (2013), S. 141 ff.; Ennsfellner/Bodenstein/Herget (2014), S. 20–24.

29 Vgl. Reineke (2013b), S. 40 f.

30 Vgl. Abell (1980), S. 30; Hill (1980), S. 178.

31 Vgl. Lippold (2013), S. 141 f.

32 Vgl. Lippold (2013), S. 142.

33 Vgl. Fink (2009), S. 3 ff.

34 Vgl. Fink (2009), S. 3 ff.; Lippold (2013), S 53 ff.; BDU e.V. (2014), S. 4. Diese Einteilung des Beratungsmarktes in vier „klassische“ Beratungsfelder zeigt inhaltlich gesehen jedoch eine wesentliche Schwäche auf, da hier lediglich Human Resources als eines von vielen funktionalen Beratungs-feldern, neben zum Beispiel Marketing, Pricing et cetera, aufgeführt wird. Vgl. Lippold (2013), S. 49.


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Details

Titel
Theoretische Grundlagen des Consulting in der Reiseindustrie
Untertitel
Im Spannungsfeld zwischen Generalisierung und Spezialisierung der Beratungsleistung
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
52
Katalognummer
V300898
ISBN (eBook)
9783656969297
ISBN (Buch)
9783656972068
Dateigröße
978 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
consulting, reiseindustrie, theoretische, grundlagen
Arbeit zitieren
Vivian Bigalke (Autor:in), 2014, Theoretische Grundlagen des Consulting in der Reiseindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300898

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