Kritische Auseinandersetzung mit dem Text „Meaning and Reference“ von Hilary Putnam


Referat (Ausarbeitung), 2012

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Inhalte des Referats
Zwei Annahmen der Bedeutungstheorie
Sind Bedeutungen im Kopf?
Eine soziolinguistische Hypothese
Indexikalität und Rigidität
Fazit

Kritische Auseinandersetzung

Schlusswort

Quellenverzeichnis

Einleitung

Diese Referatsausarbeitung befasst sich mit dem Text „Meaning and Reference“ von Hilary Putnam, welcher aus seinem Aufsatz „The Meaning of Meaning“ entnommen ist.[1]

Im Folgenden werde ich mich zuerst nur auf die Inhalte des Referats, d.h. auf den zu behandelten Text, beziehen, damit sich der Leser einen Überblick über Putnams Ideen verschaffen kann. Die direkte Bezugnahme auf seine Thesen halte ich hier nicht für sinnvoll, da diese das Verständnis des Lesers im Bezug auf die Verknüpfung der Thesen stören könnte. Ich werde mich also im Anschluss an die Ausführungen der Referatsinhalte kritisch mit den Thesen auseinandersetzen.

Inhalte des Referats

Zwei Annahmen der Bedeutungstheorie

In der Bedeutungstheorie bestehen zwei Annahmen über „Bedeutung“, die nebeneinander nicht bestehen können.

Die klassische Position, die z. B. von John Locke vertreten wird, geht von der Annahme aus, dass der psychische Zustand die Bedeutung eines Ausdrucks bestimmt.[2] Laut dieser internalistischen Theorie kenne ich beispielsweise die Bedeutung des Ausdrucks „Baum“ lediglich, weil ich in einem bestimmten psychischen Zustand bin. Ich verbinde gewisse identifizierende Kriterien mit dem Ausdruck „Baum“, wodurch sich die Bedeutung von „Baum“ ergibt.

Putnam hingegen will diese Theorie widerlegen und an der zweiten, externalistischen These festhalten. Hiernach bestimmt die Bedeutung eines Ausdrucks seine Extension. Putnam will in seinem Aufsatz zeigen, dass das was beispielsweise der Ausdruck „Baum“ bezeichnet, von externen Faktoren abhängt und die Extension des Ausdrucks „Baum“ genannt wird.

Sind Bedeutungen im Kopf?

Im ersten Teil seines Aufsatzes beschäftigt sich Putnam mit der Frage, ob Bedeutungen im Kopf sind, d. h. er hinterfragt die These, dass der psychische Zustand eines Menschen die Bedeutung eines Ausdrucks bestimmt, kritisch. Die Widerlegung dieser These veranschaulicht er anhand verschiedener Beispiele, von denen das bekannteste das „Zwillingserde-Beispiel“ ist.

In diesem Gedankenexperiment geht man davon aus, dass es neben der Erde noch eine Zwillingserde gibt, die der Erde in all ihren Eigenschaften gleicht. Zur Verdeutlichung kann man sich sogar vorstellen, dass auf der Zwillingserde von jedem ein Doppelgänger existiert, der seinem Pendant auf der Erde exakt gleicht und sogar dieselben Gedanken hat, also immer im selben psychischen Zustand ist. Der einzige Unterschied dieser beiden Erden besteht in dem Ausdruck „Wasser“: Auf der Erde gilt die chemische Zusammensetzung H2O als „Wasser“, wohingegen die chemische Zusammensetzung von „Wasser“ auf der Zwillingserde eine andere, sehr lange Formel ist, welche mit der Abkürzung XYZ gekennzeichnet ist. Die Eigenschaften von Wasser sind allerdings dieselben (flüssig, farblos, man kann es trinken, es ist in Flüssen und Seen enthalten,…). Man stelle sich weiterhin vor, dass jemand namens Oskar(1) auf der Erde lebt und einen identischen Zwilling auf der Zwillingserde, Oskar(2) hat. Die beiden würden sich nun gegenseitig mit einem Raumschiff besuchen und bei ihrer Rückkehr berichten, dass es dort wo sie waren „Wasser“ gibt. Nun kann man das Gedankenexperiment einmal vor der Wissenschaft der Chemie und einmal danach durchführen. Besuchen sich Oskar(1) und Oskar(2) im Jahre 1750, bevor die Chemie entwickelt war, so werden sie aufgrund verschiedener Identifikationskriterien davon ausgehen, dass „Wasser“ auf der Erde und auf der Zwillingserde dasselbe ist. Im Jahre 1970 allerdings, als man bereits Kenntnisse von der Chemie hatte, hätte Oskar(1) berichtet, dass auf der Zwillingserde XYZ als „Wasser“ gilt, sowie Oskar(2) berichtet hätte, dass auf der Erde H2O als „Wasser“ gilt. Putnam schließt hieraus, dass Oskar(1) und Oskar(2) das Wort „Wasser“ unterschiedlich verstehen und es deshalb auch mit unterschiedlichen Bedeutungen gebrauchen (dies übrigens auch schon im Jahre 1750, obwohl sie da noch nicht von den unterschiedlichen Bedeutungen wissen können). Für die Referenztheorie heißt dies, dass Oskar(1) und Oskar(2) die Referenz von „Wasser“ im Jahre 1750 nicht kannten und lediglich den Stereotyp[3] erfassen konnten. Somit war es ihnen nur möglich mithilfe eines Paradigmas ostensiv die Referenz des Ausdrucks „Wasser“ anzudeuten.[4] Obwohl Oskar(1) und Oskar(2) sich also im selben psychischen Zustand befanden, hatten sie eine andere Auffassung von „Wasser“.

Genau aus diesem Grund kommt Putnam zu dem Fazit, dass Bedeutungen eben nicht im Kopf sind. Wesentlich für die Bedeutung ist, was die durch den Begriff bezeichnete Flüssigkeit wirklich ist.

Zur Unterstützung seines Fazits, führt Putnam ein weiteres Gedankenexperiment aus. Hierbei gehe man wieder von der Erde und einer Zwillingserde mit ihren Bewohnern Oskar(1) und Oskar(2) aus. Auf der Erde werden Pfannen und Töpfe herkömmlicherweise aus Aluminium und nur in ganz seltenen Fällen aus Molybdän hergestellt. Auf der Zwillingserde ist dies genau umgekehrt, allerdings wird dort Aluminium als „Molybdän“ bezeichnet und umgekehrt. Obwohl Molybdän das wertvollere Metall ist, können nur Experten den Unterschied zwischen einer Pfanne aus Aluminium und einer aus Molybdän feststellen und erkennen. Besuchen sich nun Oskar(1) und Oskar(2) und reden dabei über Töpfe und Pfannen aus „Aluminium“, so gebrauchen sie den Ausdruck mit unterschiedlichen Bedeutungen. Dies geschieht wieder ohne deren Wissen, da sie Aluminium nicht von Molybdän unterscheiden können und deshalb nicht wissen, dass die Töpfe und Pfannen, die sie auf der Zwillingserde mit „Aluminium“ bezeichnen aus Molybdän sind. Auch in diesem Gedankenexperiment zeigt sich, dass unterschiedliche Bedeutungen bei denselben psychischen Zuständen verwendet werden. Der psychische Zustand kann also nicht die Bedeutung eines Ausdrucks bestimmen.

Um der Kritik zu entgehen, dass diese Gedankenexperimente der Sciene-Fiction entspringen und somit wenig über die Realität aussagen, entwickelt Putnam noch ein weiteres Gedankenexperiment, welches non-fictional ist. Putnam sagt von sich selbst, dass er Ulmen nicht von Buchen unterscheiden kann. Trotzdem ist aber die Extension von „Ulme“ in seinem Idiolekt dieselbe wie in der jedes anderen, nämlich die Menge aller Ulmen. Genauso ist es auch mit der Extension von „Buche“. Obwohl also Putnams Begriffe von „Ulme“ und „Buche“ sich nicht unterscheiden, unterscheiden sich aber die Extension von „Ulme“ und die Extension von „Buche“. Wer nach diesen Ausführungen immer noch nicht erkennt, dass Bedeutungen nicht im Kopf sind, solle das Gedankenexperiment mithilfe der Zwillingserde erweitern. Man nimmt an, dass man auf der Erde Buchen als „Buche“ und Ulmen als „Ulme“ bezeichnet. Auf der Zwillingserde allerdings bezeichnet man Ulmen als „Buchen“ und umgekehrt. Wenn nun Oskar(1) und Oskar(2), genau wie Putnam, Ulmen nicht von Buchen unterscheiden können, so würden sie beispielsweise über „Ulmen“ reden, wobei Oskar(1) auch wirklich Ulmen meint aber Oskar(2) eigentlich Buchen meint.

Bedeutung ist also nichts Psychisches und nicht in den Köpfen der Sprecher zu finden. Hieraus folgt automatisch, dass sich die Extension eines Ausdrucks nicht verändert, da sie den Sprechern nicht kognitiv zugänglich ist.

Eine soziolinguistische Hypothese

Bei der Entwicklung der letzten beiden Beispiele (Aluminium-Molybdän und Ulmen-Buchen), ist Putnam darauf aufmerksam geworden, dass diese eng mit einer sprachlichen Tatsache, die er „sprachliche Arbeitsteilung“ nennt, verknüpft sind. Laut Putnam verwenden wir oft Wörter, wie z. B. „Aluminium“, die wir nicht genau identifizieren/definieren, sie aber trotzdem problemlos im Sprachgebrauch nutzen können. Er veranschaulicht diese Hypothese am Beispiel von „Gold“:

In einer Gesellschaft gibt es Menschen die goldenen Schmuck tragen, sowie Menschen die diesen Schmuck verkaufen. Es gibt außerdem Menschen, die mit Gold handeln und welche die den Zusammenhang zur Währung diskutieren. Wieder andere haben die Aufgabe, Gold als solches zu identifizieren. Obwohl also eigentlich nur letztere die wirkliche Bedeutung von „Gold“ kennen, können alle anderen Mitglieder der Gesellschaft den Begriff „Gold“ genauso gut verwenden. Sie verlassen sich dabei ganz einfach auf die sprachliche Arbeitsteilung, bei der es eine bestimmte Teilklasse von Sprechern gibt, die feststellen können, ob etwas wirklich Gold ist.

Putnam spricht in seinen weiteren Ausführungen außerdem davon, dass dieser sprachlichen Arbeitsteilung eine nicht-sprachliche Arbeitsteilung vorrausgeht. Er zieht hier wieder das Beispiel von „Wasser“ im Jahre 1750 heran, als noch niemand „Wasser“ als solches sicher identifizieren konnte und es somit noch keine sprachliche Arbeitsteilung gab. Außerdem erwähnt er kurz, dass es auch Wörter gibt bei denen es diese überhaupt nicht gibt, wie z.B. bei dem Begriff „Stuhl“. Allerdings geht er darauf nicht weiter ein.

Anhand dieser Argumentation erstellt Putnam die Hypothese von der universellen sprachlichen Arbeitsteilung, nach der es eine bestimmte Zusammenarbeit zwischen den Sprechern, die einen Ausdruck verwenden und denen, die die Extension dieses Ausdrucks sowie Methoden, die Extension festzustellen, kennen.[5]

Auch aus diesen Überlegungen schließt Putnam, dass die Bedeutung eines Ausdrucks nicht vom psychischen Zustand des Sprechers bestimmt wird. Er möchte an dieser Stelle betonen, dass nicht derjenige, der die Bedeutung eines Ausdrucks mit all den dazugehörigen notwendigen und hinreichenden Kriterien kennt, die Extension auch gleichzeitig festlegt. Es ist vielmehr der soziologische Status der gesamten Sprachgemeinschaft, durch den die Extension festgelegt wird.

Indexikalität und Rigidität

Putnam geht im Folgenden noch einmal näher auf das Zwillingserde-Beispiel ein, da dieses, wie schon erwähnt, nicht die sprachliche Arbeitsteilung betrifft.

Zum besseren Verständnis erläutere ich kurz die von Putnam gewählte Überschrift. Den Begriff der Rigidität verwendet Putnam in Anlehnung an Kripke[6], der die Theorie der starren Designatoren einführte. Rigidität kann man mit Starrheit übersetzen und bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Bezeichnung, die sich – einmal festgelegt – auf dieselbe Entität in jeder möglichen Welt bezieht.[7] Indexikalität meint die Abhängigkeit vieler Ausdrücke, von der Umgebung in der sie gelernt wurden. Hierbei handelt es sich um Pronomen oder Adverbien wie z.B. „ich“, „dies“, „heute“ oder „hier“.[8]

Putnam möchte nun anhand des Zwillingserde-Beispiels die Verknüpfung von Indexikalität und Rigidität veranschaulichen. Man stelle sich vor, es gebe im Jahre 1750 zwei mögliche Welten, W1 und W2, von denen W1 die aktuelle Welt ist, in der wir leben. In beiden Welten zeigt nun jemand auf ein Glas mit einer Flüssigkeit und sagt: „Dies ist Wasser“. Es steht allerdings fest, dass in W1 diese Flüssigkeit aus H2O besteht, während sie in W2 aus XYZ besteht. Putnam stellt nun zwei mögliche Thesen auf, von denen er jedoch sofort die zweite These als die einzig logische und richtige bestimmt.

(1) „Wasser“ ist weltenrelativ, aber konstant in seiner Bedeutung. „Wasser“ hat somit in beiden Welten die gleiche Bedeutung, ist aber in W1 H2O und in W2 XYZ.
(2) Wasser ist in allen Welten H2O, aber „Wasser“ hat in W1 und W2 nicht die gleiche Bedeutung.[9]

Da Wasser also in jeder möglichen Welt die Bedeutung von H2O habe, sei „Wasser“ ein starrer Designator. Dies gelte übrigens auch für alle anderen Wörter natürlicher Arten.

Putnam verdeutlicht diese Theorie noch einmal anhand der cross-world-relation, die er kurz anschneidet. Wenn jemand in W1 150 cm groß ist und jemand in W2 auch, kann man sagen, dass derjenige in W1 dieselbe Größe hat, wie derjenige in W2. Dieses Verhältnis „selbe Größe wie“ könne man nun auch auf Wasser beziehen. Zeige also jemand im Jahre 1750 in W1 auf ein Glas mit einer Flüssigkeit und sagt „Dies ist Wasser“ und dasselbe tut jemand in W2, so kann man von dem Verhältnis „selbe Flüssigkeit wie“ ausgehen. Der jeweilige Sprecher gebraucht das Wort „Wasser“ in seiner Bedeutung und gemäß seiner Referenz.

[...]


[1] Ich habe mit folgender Ausgabe gearbeitet: Putnam, Hilary: Die Bedeutung von "Bedeutung" (The Meaning of "Meaning"). 2. Auflage. Klostermann, Frankfurt am Main 1990

[2] vgl.: Locke, John: Versuch über den menschlichen Verstand, Drittes Buch, 2.2

[3] Die Eigenschaften von Wasser (flüssig, farblos, man kann es trinken, es ist in Flüssen und Seen enthalten,…)

[4] Paradigma (griechisch): Beispiel, Muster, Vorbild, Modell

[5] Every linguistic community exemplifies the sort of division of linguistic labor just described; that is, it possesses at least some terms whose associated “criteria” are known only to a subset of the speakers who acquire the terms, and whose use by the other speakers depends upon a structured cooperation between them and the speakers in the relevant subsets. (Putnam S. 76)

[6] Saul Aaron Kripke: *1940, us-amerikanischer Philosoph und Logiker

[7] Kripke calls a designator ‘‘rigid“ (in a given sentence) if (in that sentence) it refers to the same individual in every possible world in which the designator designates. (Putnam S.78)

[8] vgl.: http://plato.stanford.edu/entries/indexicals/ (Zugriff am 18.03.2012)

[9] vgl. Putnam, S. 77

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Kritische Auseinandersetzung mit dem Text „Meaning and Reference“ von Hilary Putnam
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Aufbaumodul Theoretische Philosophie - Bedeutungstheorie
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
13
Katalognummer
V300711
ISBN (eBook)
9783656970521
ISBN (Buch)
9783656970538
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Meaning and Reference, Bedeutungstheorie, Indexikalität, Rigidität
Arbeit zitieren
Liza Springub (Autor:in), 2012, Kritische Auseinandersetzung mit dem Text „Meaning and Reference“ von Hilary Putnam, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300711

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