Glück und seine Bedingungen. Ein interkultureller Vergleich der Philippinen und Deutschlands


Bachelorarbeit, 2013

163 Seiten, Note: 1,0 (mit Auszeichnung)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Verzeichnis der Tabellen im Text

1 Einleitung: Glück und dessen Bedeutung

2 Theorie: Facetten des Glücks
2.1 Was ist Glück und Glücksforschung?
2.1.1 Glücklich sein: ein Vergleich zwischen Deutschland und den Philippinen
2.2 Modelle und Studien über das Glück
2.2.1 Modelle und Studien über das Glück: a better theory of well-being
2.2.2 Modelle und Studien über das Glück: Glückssteigerungswissenschaft
2.3 Fragestellungen und Hypothese zum Glück

3 Methode: Die Messung von Glück und den Lebensbereichen
3.1 Messinstrumente, Stichproben und Datenerhebungen
3.1.1 Messinstrument
3.1.2 Stichprobe
3.1.3 Ablauf der Untersuchung
3.2 Item- und Skalenanalysen
3.2.1 Methodeneinführung
3.2.2 Skala über soziodemografische Faktoren, Gesundheit, Glück der sozialen Nahbeziehungen und Tätigkeiten sowie Religiosität
3.2.3 Oxford-Glücksfragebogen
3.2.4 Trait Emotional-Intelligence Questionnaire – Short Form
3.2.5 Ten Item Personality Inventory
3.2.6 Life-Orientation-Test Revised
3.2.7 Integrativ-eklektische Skala der Glückskorrelate
3.2.8 Zusammenfassung der Skalenbildung
3.3 Gütekriterien
3.3.1 Objektivität
3.3.2 Reliabilität
3.3.3 Validität

4 Ergebnisse: Was macht glücklich?
4.1 Deskriptive Analyse: Überprüfung der Fragestellungen und Hypothese
4.2 Kulturunspezifische Ergebnisse
4.2.1 Die gemessenen Glückskorrelate korrelieren signifikant positiv mit dem Glücksniveau.
4.3 Kulturspezifische Ergebnisse
4.3.1 Unterschiede im subjektiven Wohlbefinden zwischen den Philippinen und Deutschland
4.3.2 Unterschiede der Glückskorrelate auf das subjektive Wohlbefinden zwischen den Philippinen und Deutschland
5 Zusammenfassung und Diskussion
5.1 Untersuchungsmodell und Untersuchungsmethode
5.2 Diskussion der Ergebnisse
5.2.1 Das Rahmenmodell und länderspezifische Ergebnisse
5.2.2 Weiterführende Erklärungen
5.2.3 Geschlechtsspezifische Unterschiede
5.3 Kritik
5.3.1 Messinstrument
5.3.2 Stichprobe
5.3.3 Untersuchungsmodell

6 Ableitung für Theorie und Praxis

7 Literatur

Danksagung

Einen Dank möchte ich an dieser Stelle an die folgenden Personen richten, welche die Anfertigung dieser Bachelorarbeit unterstützt haben und ohne die ein solches Vorhaben nicht möglich gewesen wäre:

Meinem Betreuer, Unterstützer und Mentor Dr. Markus Müller, durch seine fachlich exzellente Hilfestellungen und sein menschliches Einfühlungsvermögen wurde mir der Weg dazu geebnet, über meine Grenzen hinaus zu denken. Ich danke von Herzen für die verständnisvolle und moralische Unterstützung. Sie hat mich glücklicher gemacht.

Lota A. Teh, Dekanin der Psychologie der Ateneo de Manila University, welche bei der Übersetzung, kulturellen Adaption und Verteilung des Fragebogens half. Ein freudiges und tiefes Interesse an mir als Austauschstudenten hat die Zeit auf den Philippinen für mich enorm bereichert und glücklicher gemacht.

Meinen inspirierenden Gesprächspartnern Denise Bittner, Berit Brummerloh, Michael Werner und Dr. Birgit Wellie sowie Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel danke ich für die hilfreichen Ideen und Anregungen.

Jedem einzelnen philippinischen und deutschen Studierenden, welcher an dieser Studie teilgenommen hat, danke ich. Sie haben es mir ermöglicht mehr über das Glück des Menschen zu verstehen.

Zuletzt danke ich meinen Eltern und besten Freunden für ihre Hilfe in jeglicher Hinsicht. Sie haben mich in der langen Phase der Datenerhebung, Auswertung und des Schreibens ganz nach dem Grundsatz: Wer bedingungslos liebt, der ist und bleibt glücklich, unterstützt.

Zusammenfassung

Mit welchen Faktoren Glück zusammenhängt, wird von verschiedenen Modellen erklärt. In dieser Studie wurden ausgewählte Faktoren aus verschiedensten Bereichen, die in der Vergangenheit bereits auf einen Zusammenhang mit Glück hin untersucht wurden, zwecks eines Vergleichs zwischen den Philippinen und Deutschland getestet. Zudem ist in beiden Nationen das Ausmaß an Glück untersucht worden. Daraufhin wurde ein Modell erstellt, welches die Ergebnisse zusammenfasst. Die Analysen ergaben, dass die deutsche Stichprobe signifikant glücklicher ist als die philippinische und kulturunabhängig Emotionale Intelligenz am stärksten mit Glück zusammenhängt.

„Stellen Sie sich vor, Sie selbst wären das Glück. Würden Sie dann gerne bei sich vorbeikommen? (…) Die Perspektive umzudrehen überrascht. Automatisch fällt uns vieles ein, was wir tun können, um dem Glück eine Freude zu machen, damit es eher zu uns kommt. Und in welchen Ecken unseres Lebens wir besser noch aufräumen, für den Fall, dass das Glück über Nacht bleiben will ...“

(Eckart von Hirschhausen)

Anhang A – Fragebögen

Anhang B - Tabllen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung I: Glücksniveau bei verheirateten und unverheirateten Alterskohorten (National Opinion Research Center, 1999)

Abbildung II: Einkommen und Lebensglück (Easterlin, 2001)

Abbildung III: Zusammenfassung der erfragten Zusammenhänge zwischen Lebensbereichen und dem Glücksniveau

Abbildung IV: Modell zur Darstellung der Bedeutung der angenommenen Glückskorrelate auf das Glücksniveau unter Berücksichtigung der länderspezifischen Unterschiede

Abbildung V: Nach Ländern geordnete Altersverteilung der Stichprobe

Abbildung VI: Modell zur Erklärung der kulturunabhängigen und kulturabhängigen Zusammenhänge zwischen Glück und den untersuchten Glückskorrelaten durch die Korrelationskoeffizienten sowie des – durch die lineare Regressionsanalyse gemessenen – länderspezifischen Glücksniveauunterschieds

Abbildung VII: Betrachtung des Glücksniveaus in Abhängigkeit des Geschlechts und Herkunft

Verzeichnis der Tabellen im Text

Tabelle 3-1: Verteilung der Probanden nach Geschlecht und Ländern

Tabelle 4-13: Schrittweise multiple Regression des philippinischen subjektiven Wohlbefindens auf das komplette Prädiktorenset

Tabelle B- 1: Item und Skalenanalyse der Skala zum Ausmasß des Glaubens- (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 2: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 3: Item und Skalenanalyse der Skala zum Universitäre Erfahrungen- (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 4: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 5: Item und Skalenanalyse des Oxford-Glücksfragebogen (N = 106; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 6: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 7: Item und Skalenanalyse des Oxford-Happiness Questionnaire (N = 106; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 8: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 9: Item und Skalenanalyse des Trait Emotional-Intelligence Questionnaire Short Form (N = 106; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 10: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 11: Item und Skalenanalyse der Skala Ten Item Personality Inventory- Extraversion (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 12: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 13: Item und Skalenanalyse der Skala Ten Item Personality Inventory- Gewissenhaftigkeit (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 14: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 15: Item und Skalenanalyse der Skala Ten Item Personality Inventory- Neurotizismus (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 16: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 17: Item und Skalenanalyse der Skala Ten Item Personality Inventory- Offenheit (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 18: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 19: Item und Skalenanalyse der Skala Ten Item Personality Inventory- Verträglichkeit(N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 20: Zusammenfassung der Skalenbildung

Tabelle B- 21: Item und Skalenanalyse der Skala Life Orientation Test Revised- (N = 204; Extraktionskriterium: Faktorenzahl = 1).

Tabelle B- 22: Zusammenfassung der Skalenbildung

1 Einleitung: Glück und dessen Bedeutung

Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Wenn wir die Wahl hätten, unserem neugeborenen Kind einen Wunsch zu erfüllen und wir könnten uns zwischen den Eigenschaften intelligent, reich, berühmt oder einfach glücklich entscheiden – würde die Mehrheit der Befragten mit Letzteres wählen (Bucher,2009).

Das Streben nach Glück ist tief in uns allen verankert, es ist eine „Sehnsucht, die nicht altert“ (Marcuse, 1996, S.11). Schlummert diese natürliche Nähe zwar noch in uns, so ist sie heute doch gleichzeitig häufig fremd geworden.

„Soll die menschliche Evolution weitergehen, müssen wir auf die eine oder andere Weise lernen, uns an unserem Leben intensiver zu freuen. (...) Wegzukommen von der irrigen, aber im Westen so gängigen Meinung, dass der Mensch seine Lebensziele am zuverlässigsten und überzeugendsten in materiellen Begriffen ausdrücken sollte – das liegt mir sehr am Herzen“ (Csíkszentmihályi, 2006, S.3).

Wie finden wir also zurück zum Glück? Im Jahr 2000 wurde von Martin Seligmann die Positive Psychologie begründet, dabei geht es darum, innerhalb der Befindlichkeitsskala nicht Schäden zu begrenzen und von minus acht zu minus zwei zu kommen, sondern vielmehr darum, wie der Mensch von plus zwei zu plus fünf verbessern können. (Seligmann, 2005). Die Glücksforschung ist Teil der Positiven Psychologie und soll, da sie das natürlichste Verlangen des Menschen erforscht, einen gesellschaftlichen, politischen und damit auch individuellen Paradigmenwechsel einläuten. Nobelpreisträger Joseph Stiglitz sagte nach der UNO-Konferenz 2009, das Bruttoinlandsproduktes (BIP) würde das Ziel verfehlen, die Faktoren zu erfassen, die im Leben der Menschen Bedeutung haben und zu ihrem Glück beitragen (Stiglitz, Sen & Fitoussi, 2010). Als Reaktion darauf wurde im deutschen Bundestag eine Enquete-Kommission eingerichtet, die unter anderem daran arbeitet, geeignete ganzheitliche Indikatoren des Glücks zur Ergänzung des BIP zu entwickeln.

Dies sind nur ausgewählte Beispiele, dass die Glücksforschung ein exploratives Instrument zukünftiger individueller und gesellschaftlicher Entwicklungen sowie sozialpsychologischer Forschung sein kann. Die Fragen, die sich aus der genannten Relevanz ergibt und dieser Arbeit zugrunde liegt, ist: Welche Bedingungen, Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften hängen mit Glück zusammen und was sind konkrete Ansatzpunkte, um eine positive Wende im Glücksempfinden zu erreichen?

Zur Beantwortung dieser Fragen könnte die Glückssteigerungswissenschaft nach Fordyce (2000) dienen. Innerhalb dieses Ansatzes werden Bedingungen und Eigenschaften eines glücklichen Lebens beschrieben und zusammengefasst, um Glück verstehbarer zu gestalten und es im besten Fall zu vermehren. In der vorliegenden Arbeit soll anhand genau dieses Ansatzes zum einen herausgefunden werden, welche Lebensbereiche interkulturell zwischen den Philippinen und Deutschland besonders stark mit Glück zusammenhängen und zum anderen, inwiefern sich das Glücksniveau beider Länder voneinander unterscheidet.

Die Philippinen wurden ausgewählt, da es kaum wissenschaftliche Veröffentlichung über die Glücksbedingungen vor Ort gibt und ein natürliches Interesse daran bestehen sollte, festzustellen, inwiefern das katastrophenanfälligste Land der Erde, die Philippinen, sein Glücksniveau bewahrt (Centre for Research on the Epidemiology of Disasters, 2013). Deshalb erfolgt ein länderspezifischer Vergleich von Glückskorrelaten anhand des Ansatzes der Glückssteigerungswissenschaft. Doch ist eine klare Definition von Lebensbereichen und Glücksniveaus vor einer vertieften Auseinandersetzung mit einem länderspezifischen Glücksvergleich notwendig. Besonders um die folgenden Ausführungen besser nachzuvollziehen.

Der Begriff des Glücksniveaus umfasst im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe Glückslevel, Glück und subjektives Wohlbefinden. Diese Begriffe können im Folgenden als Synonyme betrachtet werden. Operationalisiert werden diese Begriffe durch eine Messung der Ausprägung des Glückswertes mittels des Oxford-Glücksfragebogens (Hills & Argyle, 2002; Lewis, Francis & Zibertz, 2002).

Unter Glückskorrelaten sind die Konstrukte zu verstehen, welche innerhalb dieser Studie, aber auch darüber hinaus schon einmal auf einen Zusammenhang mit Glück hin überprüft wurden. Synonym zu dem Glückskorrelat werden die Begriffe Lebensbereich, Zusammenhangsbereiche, Bereiche, Konstrukte und Variablen verwendet (Argyle, 2001; Shaver, 1987; Furnham, 2003).

Die vorliegende Arbeit richtet sich an folgenden Punkten aus: Einer Begriffsklärung vom Glück zwischen den Philippinen und Deutschland, Modellen für Glück sowie das Messvorgehen für Glück und seine Bedingungen. Diese Struktur wird von einer Hinführung zum Thema zu Beginn der Arbeit und einer Zusammenfassung der Ergebnisse sowie Diskussion und Ableitungen für die Praxis am Ende der Arbeit eingerahmt.

Eine Einführung in die Glückthematik wird innerhalb der Einleitung vorgenommen. Anschließend beinhaltet der Theorieteil eine allgemeine Begriffsklärung des Glücks und der Glücksforschung. Darüber hinaus wird das Verständnis des Glücksbegriffs in Deutschland, den Philippinen sowie zwischen beiden Ländern anhand von wissenschaftlichen Studien verdeutlicht. Aufbauend auf diesen Definitionen werden einige Theorien des Glücks angerissen: „a better theory of well-being“ von Easterlin (2003a) und der untersuchte Ansatz, die Glückssteigerungswissenschaft ( Fordyce, 2003) werden daraufhin ausführlicher beschrieben. Auf der Grundlage der Glückssteigerungswissenschaft und der darin enthaltenen Glückstsrategien werden die Fragestellungen und Hypothese der vorliegenden Arbeit abgeleitet.

Der darauffolgende empirische Abschnitt teilt sich auf in einen Methodik- und einen Ergebnisabschnitt. Der Methodikteil enthält Erklärungen zur Durchführung dieser Studie, zur Stichprobe sowie zu den Messinstrumenten und ihren partiellen Limitierungen. Weiterhin ist die Erläuterung des exakten statistischen Vorgehens Teil des Methodik Abschnitts. Im Ergebnisteil werden kulturunabhängige sowie kulturabhängige Ergebnisse vorgestellt. Daraufhin werden die Fragestellungen und Hypothese unter der Hinzunahme der statistischen Verfahren analysiert. Innerhalb des Ergebnisteils werden ebenfalls die Kennwerte der Skalen: Skala über Soziodemografische Faktoren, Gesundheit, soziale Nahbeziehungen und Tätigkeiten sowie Religiosität, Oxford-Glücksfragebogen, Trait Emotionale Intelligence Questionnaire – Short Form, Ten-Item Personality Inventory, Optimismus Skala sowie der integrativ-eklektischen Skala der Glückkorrelate angegeben und länderspezifisch gegenübergestellt.

Dem empirischen Teil folgen Diskussion und Zusammenfassung, welche eine genauere Betrachtung der Ergebnisse enthalten und sich zudem kritisch mit der Studie auseinandersetzen. Aus diesen Punkten folgt ein Ausblick auf mögliche weitere Untersuchungen, welche zum einen auf den Ergebnissen aufbauen und zum anderen die genannten Kritikpunkte ausbessern könnten. Abschließend wird die Relevanz dieser Untersuchung und seiner Ergebnisse für die Praxis herausgestellt.

2 Theorie: Facetten des Glücks

2.1 Was ist Glück und Glücksforschung?

In der Frage, wie man jene moralischen Fähigkeiten oder Tugenden erkennen könne, in denen wir uns üben sollen, um Glück zu erfahren, empfiehlt Aristoteles eine allgemeine und grundlegende Regel: Suche die Mitte, suche das rechte Maß am Leben“(Klakowski, 200, S. 40).

Die Wurzeln nach der Frage des Glücks und der Glücksforschung können bis in die antike Philosophie zu Aristoteles, der Glück als „das höchste Gut“ beschrieb, zurückverfolgt werden (Aristoteles, 1952). Das Streben nach Glück ist bereits in den ersten schriftlichen Aufzeichnungen der Menschen zu finden und sollte daher als essenzieller Bestandteil des menschlichen Verhaltens und Erlebens betrachtet werden. Doch muss auch gefragt werden, wie wichtig dem Menschen das Glück ist, welches so tief in diesem verankert zu sein scheint. In verschiedenen Ländern wurden Studierende befragt, was für sie am wichtigsten im Leben sei. Die Befragten erhielten eine Skala von 1 (völlig unwichtig) bis 9 (sehr wichtig). Den höchsten Wert belegte das Glück mit einem Mittelwert von 8, damit lag es noch vor Liebe und Gesundheit, welche jeweils bei einem Mittelwert von 7.9 liegen (Myers, 1999, S. 374-391). Menschen schätzen was ihnen guttut. Glück fördert stabile soziale Beziehungen und häufige Sozialkontakte, reifere Copingstrategien (Aspinwall, 1998, S. 1-32), ein stärkeres Immunsystem (Stone, 1994, S. 440-446) und eine längere Lebensdauer (Røysamb, 2003, S. 1136-1146). Glückliche Menschen verursachen seltener Verkehrsunfälle (Kirkcaldy & Furnham, 2000, S. 97-104), arbeiten effizienter und sind im Beruf erfolgreicher (Staw, Sutton & Pelled, 1995, S. 51-71). Sie sind aktiver (Burger & Caldwell, 2000, S. 51-64), hilfsbereiter und altruistischer (Csíkszentmihályi & Patton, 1997, S. 167-1990), kooperativer (Lu & Argyle, 1991, S. 1019-1030) und werden von ihren Angehörigen und Freunden als Menschen voller Energie wahrgenommen (Schimnack, 2004, S. 1062-1075), nehmen sich selbst auch energetischer wahr und erfahren so auch häufiger Flow-Erlebnisse (Csíkszentmihályi, 1996).

Aufgrund dieser positiven Effekte des Glücks auf den Menschen ist Glück nicht nur individualpsychologisch, sondern auch sozialpsychologisch von enormer Bedeutung. Beispielsweise hat die britische Regierung eine Strategiegruppe eingesetzt, um die Ziele ihrer Politik mehr auf glückspsychologische Erkenntnisse auszurichten (Strategy Unit, 2012) – in Südasien existiert ein Binnenstaat namens Bhutan, welcher sein „Bruttonationalglück als Alternative zum Bruttoinlandsprodukt“ (Ischinger, 2012) misst. Am 2. April 2012 luden die Vereinten Nationen in New York zu einem Spitzentreffen mit Bhutans führenden Politikern ein, auf dem ein neuer Weg zu einer Wirtschaftsordnung geebnet werden sollte, welche sich nicht am bloßen Wirtschaftswachstum, sondern auch am Wohlbefinden der Menschen orientiert (Ischinger, 2012). Glück ist die Maxime des Lebens, nicht das Wachstum ist die Leitlinie für politische Entscheidungen Bhutans. Interessant ist hier, dass Bhutan als Entwicklungsland, aber voranschreitendes Beispiel für die praktische Umsetzung der Glücksforschung die Welt auf den Pfad des Glücks bringen soll.

Doch trotz des enormen politischen Potenzials und der Chance des Glücks als Grundlage für eine Neuausrichtung der Gesellschaft wurde in der modernen Psychologie zum Thema Glück zwanzigmal weniger publiziert als beispielsweise über Depressionen (Myers, 2000).

„Auch wenn Glück also in Ländern wie Deutschland und den USA auf unterschiedliche Weise definiert, angestrebt und ausgedrückt wird, ist die Sehnsucht nach einem erfüllten, glücklichen Leben genauso universal wie viele der Zutaten, die das Glück ermöglichen“ (Lyubomirsky, 2007, S.14).

Um einer Klärung des Glücksbegriffs näherzukommen, kann davon ausgegangen werden, dass es interkulturell und universal verstanden wird. Eine weitere entscheidende Verständnishilfe könnte das Subjekt im Kontext Glück sein. Laut Freedman (1978) ist Glück ein Wort, das niemand so richtig definieren kann, aber dessen Bedeutung jeder zu kennen glaubt. Hier wird deutlich, auf welch enorm unterschiedlichen Wegen das Streben nach Glück umgesetzt wird, wie es aber trotzdem einen Konsens, ein grundlegendes Verständnis über die Existenz und Qualität von Glückserleben zu geben scheint. Eine endgültige und universelle Definition erweist sich demnach als schwierig. Durch diese Schwierigkeit wurde die Forschung motiviert, das generelle Verständnis von Glück zu klären und zu einer differenzierten Vorstellung zu gelangen. Hierzu wurden beispielsweise Studierende und Bedienstete der Universität München gebeten, sich in eine Situation zu versetzen, in der sie besonders glücklich waren, um danach zu beschreiben, wie sie sich gefühlt haben. Nach einer ersten Befragung wurden 12 Kategorien ermittelt (Hoffmann, 1981, S. 516-532). Glück kann nach dieser Studie in „qualitativen Beziehungen, als schöpferische Kraft, Öffnung der Sinne, in der Erotik, als Ruhe und Entspannung, in spontanem Ausdruck überfließender Energie, Ekstase, in der Beziehung zur Transzendenz, als Trance, als Enthobenheit aus der Zeit, als Bejahung von Leben und als positiver Selbstwert“ (Hoffmann, 1981, S. 532) erlebt werden. Inhaltlich überlappen sich einige Begrifflichkeiten, doch zeigt dies, wie viele verschiedene Arten des Glücks erlebt werden können. Es ist auch zu berücksichtigen, dass in unterschiedlichen Lebensphasen auch unterschiedliche Kategorien und Valenzen des Glücks empfunden werden.

Als zusammenfassendes Konstrukt, um Glück zu operationalisieren, könnte das Konzept des „subjektiven Wohlbefindens“ herangezogen werden (Diener, Suh & Oishi, 1997, S. 25). Das subjektive Wohlbefinden besteht aus drei Komponenten, nämlich der globalen oder länger anhaltenden Lebenszufriedenheit, der häufigen positiven und seltenen negativen Affekte (Diener, Suh & Oishi, 1997, S. 25-41).

Nun stellt sich die Frage, wie die Forschung über das Glück oder das subjektive Wohlbefinden genau vorgeht und zu welchen Erkenntnissen sie bereits gekommen ist. Das Wort Glück ist auch innerhalb der Glücksforschung aufgrund seines Facettenreichtums ein vielseitig verwendeter Begriff geblieben. Die in der Vergangenheit diskursbestimmenden traditionsreichen Philosophien des Glücks melden sich zwar nach wie vor zu Wort, doch die Gewichte haben sich verschoben.

Grundlage sind psychologische Befragungen, Erhebungen und Interviews. Sie haben Einzug in den heutigen Glücks-Diskurs gefunden. Die empirische Glücksforschung ist hier von enormer Bedeutung, da nicht alles, was Menschen über das Glück zu wissen glauben, auch genau das ist, was sie wirklich glücklich macht. Sie rekonstruiert, was Menschen unter Glück verstehen. Genau dies drückt Eckart von Hirschhausen etwas überspitzt, aber mit wissenschaftlichem Unterbau in seinem Werk „Glück kommt selten allein …“ aus:

„Eigentlich wissen wir schon viel übers Glück. Gleichzeitig widersprechen die Ergebnisse der Glücksforschung oft unseren intuitiven Annahmen: Schönheit macht traurig und lange Öffnungszeiten unzufrieden. Viele alte Freunde machen glücklicher als Familie und Kinder. Und die Jugend ist nicht die schönste Zeit.“(Hirschhausen, 2009, S. 11).

Glücksforschung ist die Erforschung der Bedingungen, unter denen sich Menschen als glücklich bezeichnen und/oder glücklich sind und die nicht unbedingt mit dem übereinstimmen, was sie intuitiv auch als glücklich machend bezeichnen. Die Wissenschaft vom Glück hat also einen humanistischen Anspruch und möchte zur Maximierung des menschlichen Glücks beitragen (Bellebaum, 2002).

Ob Glück angeboren oder beeinflussbar ist und was von dem Verhalten und Erleben eines glücklichen Menschen gelernt werden kann sowie welche Bedingungen förderlich oder hinderlich für ein glückliches Leben sind, sind Fragen mit denen sich die Glücksforschung befasst. Kurz gesagt geht es darum, ob Glück durch die Erkenntnisse der Glücksforschung tatsächlich erlernt werden kann.

2.1.1 Glücklich sein: ein Vergleich zwischen Deutschland und den Philippinen

Nachdem das Glück mit besonderem Augenmerk auf die Glücksforschung kurz beleuchtet wurde, werden im Folgenden Vorstellungen von Glück in Deutschland und auf den Philippinen beschrieben und anschließend die Gemeinsamkeiten und Unterschiede detailliert herausgearbeitet. Als Einstieg dient folgendes Beispiel:

Die Begegnung mit jungen philippinischen Straßenkindern, denen ich eine Süßigkeit geschenkt habe und die sich sehr darüber freuten, hat mich sehr inspiriert. Als ich ihnen dann eine zweite gegeben habe, schenkten die meisten es einem anderen Kind weiter, trotz ihrer großen Freude. Als ich Gleiches bei deutschen Kindern ausprobierte, aßen sie die erste Süßigkeit auch selbst, die zweite hingegen steckten sie sich in die Hosentasche.

Großzügigkeit, wie sie von vielen religiös orientierten Kulturen gewünscht wird, fördert Glück, zeigten Konow und Earley (2007). Glücksförderndes Verhalten lässt sich also auch unter widrigsten Umständen in kleinen Handlungen finden.

2.1.1.1 Glück in Deutschland

„Doch ach, schon mit der Morgensonne

Verengt der Abschied mir das Herz;

In deinem Auge welcher Schmerz!

Ich ging, du standst und sahst zu Erden,

und sahst mir nach mit nassem Blick:

Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!

Und lieben, Götter, welch ein Glück. (Goethe, 1977)

So beschrieb Goethe das Glück, welches er, nachdem er sich mit 80 Jahren verliebte, empfand. Im Folgenden wird das gegenwärtige Glück des Deutschen wie es von der Glücksforschung verstanden wird, näher beleuchtet.

Der Psychologe Wlodarek-Küppers versuchte 1989 in Deutschland, über einfühlsame Gespräche mit Probanden herauszufinden, was Glück meint und was dieses hervorruft. Er befragte hierfür 25 Männer und 25 Frauen. Dabei stieß er auf mehrere Komponenten von Glück: Glück kann als körperliche Komponente verstanden werden, als Kontrast zum Unglück, als Fähigkeit sich von seiner Vergangenheit loszulösen, wenn diese negativ gewesen ist, sich an seine jüngeren Jahre besonders intensiv zu erinnern – falls diese schön waren –, und die Möglichkeit, in seiner Arbeit Erfüllung zu finden. Ebenso führen materielle Glücksfaktoren zum Glück oder geben das wieder, was laut Wlodarek-Küppers (1987) Befragung als Glück empfunden wird.

Das Demoskopische Institut Allensbach führte 2003 eine Glückstudie durch, indem 1200 Bundesbürger erst qualitativ und dann quantitativ untersucht wurden. Dabei wurde gefragt, wie Glück ganz allgemein aufgefasst wird. Die Vielzahl der Antworten wurde in sieben Kategorien zusammengefasst. Zu 50 Prozent waren die eigene Gesundheit und die der nahestehenden Personen wichtig, 34 Prozent der Antworten zur Glücksvorstellung erreichte die Zufriedenheit, 33 Prozent fanden eine intakte Familie und ein harmonisches Familienleben relevant, zu 19 Prozent spielen finanzielle Absicherung und gutes Einkommen eine Rolle, unerwartete positive Erlebnisse erreichen 10 Prozent ebenso wie wohlwollende Menschen und Freunde, abschließend erreichte die Liebe nur 4 Prozent der Antworten. Die in der Studie gegebenen Antworten können nur eingeschränkte Geltung beanspruchen, da nicht explizit nach Glücksfaktoren gefragt wurde. Bei Änderung der Fragestellung wäre daher eine möglicherweise unterschiedliche Antwortstruktur zu erwarten gewesen (Demoskopisches Institut Allensbach, 2003).

Das Demoskopische Institut Allensbach hat basierend auf der zuvor skizierten Studie einen Glückatlas erstellt, um die gesellschaftlichen Ursachen für Glück in Deutschland näher zu beleuchten, und ist zu der überspitzten Aussage gekommen: Wer in Hamburg wohnt, verheiratet und berufstätig ist, über 50 Jahre alt und von sonnigem Gemüt, ist sehr wahrscheinlich auch glücklich. Die erwähnten Faktoren wie Ort, Familienstand, Arbeitsverhältnis und das Alter sind entscheidende Merkmale, die Einfluss auf das Glück der Deutschen haben (Raffelhüschen & Schöppner, 2012).

2.1.1.2 Glück auf den Philippinen

“I have long been looking for a home and a family, and the Philippines is the only place I have lived where people honestly seem to understand how important their families are. (…) You have many problems here, I understand that. Americans worry about having new cars, Filipinos worry about having enough food to eat. That’s an enormous difference. But do not envy us, because we should learn something from you. What I see is that even when your hands are empty, your hearts remain full.” (Harwell, 2013, S. )

Aus diesem Extrakt des Briefes „Love letter to Filipinos“ (Harwell, 2013), der sehr starke, positive Resonanz in den philippinischen Medien wie auch der Bevölkerung fand, sprechen einige der zentralen Aspekte, welche die Philippiner trotz widriger Bedingungen glücklich sein lassen. Familiäre Unterstützung als gelebte, erste Priorität, Armut zu überwinden, und tiefer Zusammenhalt scheinen von hoher Bedeutung für das philippinische Glück zu sein.

Der von der Universität Michigan veröffentlichte World Values Survey (2009) misst subjektives Wohlbefinden. Die Philippinen erlangten die höchste Platzierung unter allen Ländern Asiens (World Value Survey, 2004). Es scheint widersprüchlich, dass die Philippinen, obwohl es ein sehr armes Land ist und politische Konflikte, Korruption und Umweltzerstörung herrschen, bei den im Folgenden genannten Studien ein mit Industriestaaten vergleichbares Glücksniveau aufweisen.

Laut dem Zentrum für die Erforschung und Epidemiologie von Katastrophen sind die Philippinen das für Katastrophen anfälligste Land der Erde. Dennoch sahen acht von zehn Philippiner dem kommenden Jahr optimistisch entgegen (Centre for Research on the Epidemiology of Disasters, 2010).

ACNielsen, ein internationales Marktforschungsinstitut, belegt in einer Studie, dass die Philippiner ihre persönliche Sicherheit, ihren ökonomischen Status sowie ihre Gesundheit allgemein als mittelmäßig bis schlecht bezeichneten. Diese widrigen Umstände machen es den Philippinern allerdings nicht unmöglich, sich glücklich zu fühlen. Subjektives Wohlbefinden wird nämlich eher über soziale Strukturen und den Zusammenhalt der Familie definiert (AC Nielson, 2009). Philippiner n wird eine hohe Resilienz und Selbstversorgung zugesprochen. In Amerika sind die Philippiner beispielsweise die Gruppe Migranten, welche die wenigsten Sozialhilfeleistungen der Regierung in Anspruch nimmt (Robles, 2005). Familiäre Netzwerke stützen eher als der Staat, ist das Credo der Philippiner.

Der vom „Philippines' National Statistical Coordination Board“, einer Politik betreibenden und koordinierenden Agentur für statistische Angelegenheiten der Philippinen, im Jahr 2009 erdachte und angewandte Philippine Gross National Happiness Index, ist ein alternatives Messinstrument, um das gesellschaftliche Voranschreiten und Glück zu messen (Virola & Jessamyn, 2009). Grundlage dieses Messinstruments ist die Ansicht, dass wirtschaftlicher Fortschritt nicht gleichzusetzen ist mit Glück, sondern der gesellschaftliche Fortschritt das Glück der Philippiner messbar machen kann. Resultate sind, dass Familie und Gesundheit die zwei Haupteinflussfaktoren für subjektives Wohlbefinden darstellen. Weitere wichtige Einflussfaktoren sind Religion/Spiritualität, Bildung und Einkommen sowie finanzielle Sicherheit. Die Befragten sind glücklich mit der Familie, Religion, Freunden, dem Liebesleben und der Gesundheit, weniger glücklich sind sie mit der Regierung, der Politik an sich und der Wirtschaft (Virola & Jessamyn, 2009). Diesen 2009 entstandenen Ergebnissen ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Philippinen im Jahr 2012 den stärksten Anstieg an Depressionen in Südostasien aufwiesen (Panela, 2012).

Es lässt sich also sagen, dass die Philippinen kontroverse Ergebnisse hinsichtlich ihres Glücksniveaus aufweisen. Als jüngster Beleg hierfür kann das Abschneiden der Philippinen als das drittglücklichste Land Asiens gelten. Dies wurde durch eine Studie des Gupta und Eden Strategy Institute (2013) durch den Happiness Index nachgewiesen. Entscheidende Faktoren sind laut der Studie auf der einen Seite der Familienzusammenhalt, die katholische Grundhaltung, das Beste in allem zu sehen und die von Kindheit an gelehrte Einstellung, den Schwächeren zu unterstützen. Auf der anderen Seite werden die Philippinen beim World Happiness Report (2012) kontinuierlich im letzten Drittel der glücklichen Nationen genannt.

2.1.1.3 Glück: ein Vergleich zwischen den Philippinen und Deutschland

Ein Ländervergleich hinsichtlich des Glücksniveaus zwischen Deutschland und den Philippinen dient zum besseren Verständnis nicht nur zweier Länder, sondern auch der Kulturen und der jeweiligen Auffassung von Glück. Deutschland und die Philippinen werden zuerst anhand verschiedener länderspezifischer Kategorien dargestellt. Anschließend folgt ein Vergleich beider Länder über das Ausmaß an Glück mit Berücksichtigung des jeweiligen Messinstruments. Ziel ist es, den Entwicklungsstand des Glückslevels zu skizzieren.

Die Fläche Deutschlands beträgt 357.121 km2 (Statistisches Bundesamt) und die der Philippinen 299.764 km2. Die Einwohnerzahl Deutschlands liegt bei 82.314.900 und der Philippinen bei 92.337.852 (Statistisches Bundesamt 2011). Folglich liegt die Bevölkerungsdichte in Deutschland bei 231 und auf den Philippinen bei 308 Einwohnern pro km². Der Human Development Index ist ein Wohlstandindikator der Vereinten Nationen, Deutschland gehört zu den Ländern mit sehr hoher struktureller Entwicklung, die Philippinen hingegen zu den Nationen mit mittlerem menschlichen Entwicklungsstand (United Nations Development Programme, 2013). Diese Kennwerte geben einen ersten Eindruck über die Unterschiedlichkeit beider Länder.

Im Großen und Ganzen nimmt Deutschland im internationalen Vergleich laut Planet Happiness Index, der die zu erwartenden glücklichen Lebensjahre beschreibt, eine gehobene Mittelposition mit Platz 46 von 151 befragten Nationen ein (Abdallah, Michaelson, Shah, 2012). Hier muss einschränkend gesagt werden, dass der Glücklevel durch den ökologischen Fußabdruck dividiert wird. Somit wird nicht direkt angegeben, wie glücklich ein Land ist, sondern vielmehr, wie sehr es in die Umwelt eingreifen muss, um das erreichte Glücksniveau zu erlangen. Die Philippinen schneiden bei diesem Ranking mit Platz 25 im Vergleich zu Deutschland mit einem verbesserten Planet Happiness Index ab. Grund für dieses Ergebnis ist, dass die Philippinen im Gegensatz zu Deutschland kaum in die Umwelt eingreifen, um einen vergleichbaren Glückszustand zu erreichen. Der Eingriff in die Umwelt, gemessen durch den ökologischen Fußabdruck, wird erhoben, da dieser ein starker Prädiktor für weiterhin glücksunterstützende Bedingungen in der Zukunft ist (Saamah, 2012) Falls der Eingriff eines Landes in die Umwelt keine Berücksichtigung finden soll und ausschließlich das Glücksniveau entscheidend ist, wird dies mit dem Happy Life Expectancy-Index wiedergegeben. Die Platzierung Deutschlands steigt dadurch auf Rang 23 von diesmal 149 befragten Ländern, die Philippinen fallen mit ihrer Platzierung ab und erlangen nur Platz 70 (Veenhoven, 2013). Besonders interessant hierbei ist, dass Deutsche sich als glücklicher einschätzen als Philippiner, für dieses Glück aber zu einem unvergleichbar höheren Wert in die Umwelt eingreifen müssen. „Politische Freiheit, starke soziale Netzwerke und die Abwesenheit von Korruption“ (Helliwell, Layard & Sachs, 2012) werden als Glücksindikatoren genannt.

Politische Freiheit und Abwesenheit von Korruption sind von Deutschen besonders nach den Ereignissen des Zweiten Weltkriegs betonte Werte, welche von der philippinischen Bevölkerung als bei sich häufig nicht vorhanden gesehen werden. Diese Sichtweisen können einen Teil der unterschiedlichen Ergebnisse erklären. Dass Deutschland selbst nur einen Mittelfeldplatz einnimmt, könnte laut World Happiness Report (Helliwell, J., Layard, R., Sachs, J.,2013) daran liegen, dass ein gewisser Grad an materieller Sättigung eine Art übersteigertes Konsumverhalten entstehen lässt, welches die Abwesenheit von Glück nach sich ziehen könnte. Faktoren wie Erwerbstätigkeit und ein sicherer Job, welcher gewichtiger ist als ein hohes Einkommen, Ehe und Religion, erhöhen das Glück. Der Glaube spielt in ärmeren Ländern vor allem eine auffangende und Hoffnung gebende Rolle. Auch stehen eher materialistisch orientierte Menschen in der Kategorie Glück den Freiwilligen und Ehrenamtlichen nach. Hier wird nochmal deutlich, dass Altruismus, Vertrauen und gegenseitige Unterstützung Wege zum Glück darstellen.

Kurz gesagt liegt die Vermutung nahe, dass die Verbindung zu anderen Menschen das ist, was die Philippiner unter widrigen Umständen ein gewisses Glücksniveau aufrechterhalten lässt und gleichzeitig Deutschland von einer Nation mit exzellentem Glücksniveau unterscheidet. Ergänzend sind politische Freiheit, Abwesenheit von Korruption und wirtschaftliche Sicherheit, genau das, was den Philippiner das Erreichen eines höheren Glückslevels erschwert und Deutschland seines aufrechterhalten lässt. Hier liegt großes Potenzial für gegenseitiges Lernen.

Ein letztes, die erwähnten Studien klärendes Ergebnis ist jenes der Gallup World Poll Umfrage, welche als die wichtigste internationale Umfrage in der Glücksforschung anerkannt ist. Jährlich geben dabei 150.000 Befragte auf einer Skala von 1 bis 10 an, wie zufrieden sie mit ihrem gesamten Leben sind. Deutschland erlangt hier Platz 20, die Philippinen Platz 38 von 55 befragten Ländern. Interessant ist, dass die Philippinen, wenn die „Net Happiness“ (Reicheld, 2003) betrachtet wird, den vierten Platz belegen, Deutschland sich hingegen auf Platz 38 einfindet. Net Happines ist ein von Fred Reicheld (2003) kreiertes Konstrukt, welches Glück in der Wirtschaft als entscheidenden Faktor für nachhaltiges Handeln bewusster machen soll. Es zeigt das Maß an Loyalität, welche ein Menschen zu dem Netzwerk aus Angehörigen, Freunden und Bekannten um ihn herum zeigt, und zudem, wie intensiv danach gestrebt wird, andere Menschen glücklich zu machen. Auch hier wird nochmal bestätigt, dass die Philippiner einen hohen Grad an Kollektivismus aufweisen, aber unter einem Mangel an materiellen Gütern leiden. Deutschland weist hinsichtlich kollektivistischer Einstellungen einen Mangelzustand auf und im materiellen Bereich einen Überschuss. Dieses gegensätzliche Bild unterstreicht weiterhin den möglichen Vorteil eines Austausches zwischen beiden Nationen (Gallup International, 2012).

Glück bleibt und wird zunehmend ein zukunftsveränderndes Thema, welches einen Anspruch auf einen interkulturell wirksamen wirtschaftlichen und politischen Paradigmenwechsel durch die bereits fundierte Forschung erheben darf. Individuell sind Glück und Zufriedenheit bereits präsente Inhalte, wie an der Fülle der Ratgeber-Literatur zu sehen ist. Wann die Erkenntnisse der Glücksforschung und das Verlangen nach subjektivem Wohlbefinden gewichtige politische und wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen, ist ein Forschungszweig von enormer Bedeutung (Seiderer, 2012). Trotzdem ist der aktuelle Forschungsstand lückenhaft:

„Über das Thema Glück wird tendenziell eher in wohlhabenden Ländern diskutiert. Man dürfe aber nicht vergessen: Es gibt Menschen, die knallharte Existenzprobleme haben, für die eine solche Debatte eher eine Luxusdiskussion sein mag“ (Bergheim, 2012, zitiert nach Seiderer 2012, S. 1).

In der von Bergheim beschriebenen eingeschränkten Bedeutung einer Glücksdiskussion für eher wohlhabendere Nationen ist eine besondere Relevanz für den interkulturellen Vergleich zwischen Deutschland und den Philippinen enthalten, da Deutschland im Gegensatz zu den Philippinen ein signifikant wohlhabenderes Land ist (Donges, 2004).

2.2 Modelle und Studien über das Glück

Nachdem das Glück und dessen Bedingungen aus deutscher, philippinischer und vergleichender Sicht erläutert wurden, werden im Folgenden Theorien und Studien zur gegenwärtigen Glücksforschung vorgestellt. In einem ersten Schritt wird auf einige bewährte Theorien eingegangen. Die in der gegenwärtigen Forschung am stärksten verfolgten Theorien werden in einem zweiten Schritt näher beleuchtet (Easterlin, 2003b). Zum einen sind dies die Theorie über das subjektive Wohlbefinden von Easterlin (2003a) und zum anderen die Glückssteigerungswissenschaft (Fordyce, 2003). Der letztgenannte dient als theoretischer Rahmen dieser Studie, da er es ermöglicht eine Reihe an Regeln und Strategien die mit Glück zusammenhängen auf zu zeigen und dadurch besonders breit aufgestellt ist, sowie einen umfassenden Wirkungsanspruch enthält.

Zwar ist eine einheitliche Theorie das Ziel jeder Wissenschaftsdisziplin. Die Realität ist jedoch komplexer, als eine einheitliche Theorie sie abbilden könnte. Deshalb werden Theorien häufig multiperspektivisch entworfen, um der variantenreichen Wirklichkeit näherzukommen und angemessene Aussagen treffen zu können; dies gilt auch für die Glücksforschung.

Eine systematische Erfassung der Wirklichkeit durch die philosophische Glücksforschung konnte bisher keinen umfassenden Einblick in und Ausblick über das Glück geben. Philosophen wie Aristoteles, Epikur, Seneca oder Schopenhauer sowie Nietzsche erarbeiteten Definitionen und Anleitungen für das Glück, doch die heutigen Wissenschaften erheben den Anspruch, dem Menschen praktischere Lebensführungen zu eröffnen, welche empirisch ermittelt werden. Naturwissenschaftler, Sozialwissenschaftler und Psychologen streben nach einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit, um die variantenreiche Wirklichkeit des Glücks zu erforschen (Thierbach, 2010)

Bevor darauf eingegangen wird, ist hervorzuheben, dass der Glücksforschung eine einheitliche Theorie fehlt. Es wird vom Pionier der Psychologie des Glücks, Michael Argyle (2001), sogar so weit gegangen und gesagt, dass der Glücksforschung keine Theorie vorausgeht. Er meint damit, dass Glück als Erscheinung beobachtet wird, ohne eine Theorie über sein Zustandekommen aufzustellen. In den folgenden Jahren sind jedoch einige Versuche angestellt worden, Glück experimentell greifbarer zu machen.

Aus der Kybernetik entstammt die Theorie der „optimalen Belastung“ von Herbert Laszlo (2008), nach der Glück entsteht, wenn ein Lebewesen genau in dem Ausmaß seiner individuellen Belastbarkeitsgrenze beansprucht wird und die Belastung nicht darüber oder darunter liegt.

Innerhalb der Soziologie gehen die umfangreichsten Arbeiten zur Glücksforschung von Veenhoven (2013) aus. Er betreibt eine Datenbank, die alle Veröffentlichungen zum Thema Glück sammelt. Diese Datensammlung sowie weitere Langzeitstudien haben zu post hoc aufgestellten Theorien über das Zustandekommen von Glück geführt. Zwei der theoretisch hervorgegangenen Überlegungen sind, dass soziale Einbindung glücklicher macht und der Anstieg des Lebensstandards Glück nicht unbedingt erhöht (Veenhoven, 2013).

Wirtschaftswissenschaftler verfolgen die Herangehensweise des „More is better“-Ansatzes (Hollander, 2001). Er enthält die Hauptimplikation, dass höherer Wohlstand glücklicher macht. Dieses Axiom kann beispielsweise als Grundlage des wachstumsorientierten Handelns im politischen oder wirtschaftlichen Rahmen betrachtet werden.

Daneben gibt es den regelorientierten Zugang der Glückssteigerungswissenschaft sowie die „Set-Point-Theorie“ (Costa, 1987; Cummins, 2003; Lykken & Tellegen, 1996; Myers, 1992.; Argyle, 1999; Lucas, 2002), die beide der Sozialpsychologie entstammen.

In folgenden Ausführungen wird sich auf die drei letztgenannten Theorien, da sie als häufigsten genannten Theorien der gegenwärtigen Glücksforschung gesehen werden, konzentriert. Dabei wird der „More is better“-Ansatz sowie die Set-Point-Theorie anhand von Unterschieden und Gemeinsamkeiten innerhalb einer integrativen Theorienentwicklung von Richard A. Easterlin in seinem Werk „Buliding a Better Theory of Well-being“ (Easterlin, 2003a) vereint und vorgestellt.

2.2.1 Modelle und Studien über das Glück: a better theory of well-being

Die Theorie über das subjektive Wohlbefinden von Easterlin (2003a) gründet auf zwei theoretischen Zugängen zum Glück, zum einen auf der Set-Point-Theorie und zum anderen auf dem „More is better“-Ansatz.

Die Set-Point-Theorie ist eine Erklärung für individuelle Glücksdifferenzen, die von der Disposition des jeweiligen Menschen abhängen. Die Disposition kann demnach als Grundlinie der Stimmung bezeichnet werden, durch die wiederum das Kontinuum des Glückslevels bestimmt wird. Es kann Schwankungen um die Basislinie durch das aktuell empfundene Glück geben, doch auf lange Sicht kehrt der Glückszustand zur Grundlinie des empfundenen Glücks zurück. Es wird davon ausgegangen, dass die Basis genetisch determiniert ist und Schwankungen bis zu 80 Prozent ebenfalls genetisch erklärbar sind (Haidt, 2009; Bruni, 2006, S. 169). Schwächen dieser Theorie sind, dass sie nur domänenspezifisch nachweisbar ist, aber einen universellen Anspruch erhebt. Ereignisse im nicht finanziellen Sektor wie beispielsweise Heirat, Scheidung oder Behinderungen nach einem Unfall haben einen langanhaltenden Effekt auf das subjektive Wohlbefinden und rufen keine sich wieder einpendelnde Oszillation zum Fixpunkt des Glücks hervor, welcher durch die Struktur der Persönlichkeit und die genetische Disposition festgelegt ist (Easterline, 2003a). An der Grafik in Abbildung I über den Zusammenhang zwischen Glück und Heirat ist die nachhaltig positive Konnexion zwischen beidem nachzuvollziehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung I: Glücksniveau bei verheirateten und unverheirateten Alterskohorten (National Opinion Research Center, 1999)

Gegenargumente für die Set-Point-Theorie wie der Anstieg des Glücksniveaus nach einer Heirat liegen im nicht-finanziellen Sektor. Dieser Sektor wirkt sich nämlich nachhaltig auf das Glücksniveaus aus und adaptiert sich nicht an einem Glücks-Set-Point.

Die Belege für die Set-Point Theorie sind zumeist im finanziellen Sektor zu finden. Gesteigertes Einkommen, mehr Besitz und Erreichen von Wünschen sind beispielsweise äußerst adaptiv hinsichtlich des individuellen Glückslevels und bewirken keine nachwirkende positive oder negative Abweichung des Glücksniveaus (vgl. Easterlin, 2003b).

Der „More is better“-Ansatz besagt, dass mehr Einkommen und damit auch gesteigerter Wohlstand größeres Glück hervorruft. Auch diese Behauptung wird von Easterlin (2003a) als nicht universell zutreffend deklariert. Wenn das Einkommen sowie der Besitz steigen, gibt es zwar einen kurzzeitigen Effekt auf das subjektive Wohlbefinden, ein länger währender Effekt ist jedoch nicht zu finden.

Obschon sich die materiellen Lebensbedingungen in den letzten sechs Jahrzehnten in einer einmaligen Weise verbesserten, wurden die Menschen nicht glücklicher. Die Annahme vieler Personen, sie wären glücklicher, wenn sie mehr Geld hätten, erfüllt sich also nicht zwangsläufig (Baucells & Sarin, 2007; Kahneman, 2006; Stutz & Mintzer ,2006). Ein Grund hierfür ist die hedonistische Tretmühle nach Brickman und Campbell (1971), die eine Tendenz beschreibt, zu dem jeweiligen individuellen Glückslevel nach positiven und negativen Ereignissen im materiellen Sektor zurückzukehren.

Ein weiterer Punkt gegen die universale Auswirkung in allen Lebensbereichen des „More is better“-Ansatzes auf das Glücksniveau ist, dass durch soziale Vergleiche ein Anstieg im Einkommen, Besitz oder anderen finanziellen Gütern sich für das Subjekt nicht mehr als ein solcher anfühlt, da die Vergleichskohorte meist ebenfalls ähnlich gesteigerte finanzielle Güter erreicht. Als letzter Grund ist das Easterlin-Paradoxon anzuführen. Easterlin hat 30 Umfragen aus 19 Ländern im Zeitraum von 1946 bis 2000 durchgeführt, welche besagen, dass beispielsweise bei Amerikanern trotz gesteigerten Wohlstands kein Zuwachs an subjektivem Glück nachzuweisen ist, wie an dem Schaubild in Abbildung 2 nachvollzogen werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung II: Einkommen und Lebensglück (Easterlin, 2001)

Das relative Einkommen und der relative Wohlstand scheinen somit bessere Prädiktoren für subjektives Wohlbefinden zu sein als die Absolutheit beider Faktoren, da Menschen, laut Festingers Theorie des sozialen Vergleichs, die meisten Informationen über sich selbst über den Vergleich mit anderen gewinnen (Festinger, 1954). Einschränkend für diesen Befund könnte sein, dass sehr arme Menschen weniger glücklich sind und es daher eine gewisse Untergrenze zu geben scheint, unter dem einen bestimmten Glückslevel nicht mehr erreicht werden kann. In den Dritte-Welt-Ländern wie Indien hängen Einkommen und Wohlbefinden mit einem Korrelationskoeffizienten von .45 zusammen (Biswas-Diener & Diener, 2001, S. 329-352). Auch in Nationen wie den USA ist der Zusammenhang von Einkommen und Wohlbefinden gegeben. US-Amerikaner mit weniger als 10.000 Dollar sind zu 23 Prozent „nicht so glücklich“ und jene, die ein jährliches Einkommen von über 75.000 Dollar haben, nur zu sechs Prozent (Diener & Biswas-Diener, 2002, S.119-169). Nach Abdeckung der finanziellen Grundbedürfnisse, bis zu der das Glücksniveau steigt, beginnt dann das subjektiven Wohlbefinden abzuflachen.

Auf Basis der Set-Point-Theorie und des „More is better“-Ansatz hat Easterlin (2003a) schließlich eine integrative Theorie entworfen, welche besagt, dass Adaptation an das Glücksniveau und soziale Vergleiche hinsichtlich des Besitzes mehr in finanziellen, materiellen Domänen des Lebens wirken als in nicht finanziellen, immateriellen. Dieser nachgewiesene Zustand führt häufig insofern zu einer Wahrnehmungsverzerrung insofern, als Adaptation und soziale Vergleiche intuitiv nicht im finanziellen Sektor vermutet werden. Dadurch entsteht eine unangemessene Aufteilung der Lebenszeit hinsichtlich einer größtmöglichen Erlangung von Glück. Es wird durchschnittlich mehr Zeit im finanziellen Sektor verbracht, um Einkommen und Besitz zu steigern als mit sozialen Kontakten, Gesundheit und als sinnvoll wahrgenommenen Tätigkeiten, kurz in der nicht finanziellen Domäne. Da aber wie bereits erwähnt der nicht finanzielle Bereich deutlichere Auswirkungen auf das subjektive Wohlbefinden haben kann, gilt es laut diesem Ansatz, die individuellen Präferenzbereiche zu den nicht finanziellen Domänen im Leben zu verschieben.

2.2.2 Modelle und Studien über das Glück: Glückssteigerungswissenschaft

„Wenn Du wie glückliche Menschen sein kannst, dann kannst auch Du glücklich sein“ (Fordyce, 2000), gilt als Leitsatz der Glücksteigerungswissenschaft, welche den regelorientierten Ansatzes der Glückssteigerungswissenschaft zugeordnet werden kann. Aus Glückserlebnissen und deren Begleitumständen allgemeine Regeln abzuleiten, nach denen Menschen glücklich werden können, sowie subjektiv eingeschätztes Glück nachhaltig zu erhöhen, steht im Zentrum der Glückssteigerungswissenschaft (Fordyce, 1977). Dies wird dadurch erreicht, Glück als Ziel des Lernprozesses zum subjektiven Wohlbefinden auszugeben. Im Rahmen dieser Theorie wird mehr induktiv als theoriegeleitet vorgegangen. Es wird geschaut, was Menschen glücklich macht, und anschließend wird anhand dessen ein Regelwerk für ein glückliches Leben erstellt. Doch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich möglich ist, das Glück von Menschen zu steigern, indem diese sich kognitiv damit beschäftigen. Gemäß Fordyce (1983, S. 498) gilt Folgendes „[W]er Glück versteht, hat die beste Chance, dieses auch zu erlangen!“ Dem würde Mayring (1991) entgegenhalten, das „das isolierte Drehen an der Glücksschraube“ nicht ausreichend sei und eine grundlegendere Veränderung erlernt werden sollte. Genau dieses Vorgehen verfolgen die Vertreter der Positiven Psychologie und sind daher von den Glückssteigerungswissenschaftlern an dieser Stelle abzugrenzen. Positive Psychologen geben ebenfalls Regeln für ein glückliches Leben aus, diese zielen aber eher auf ein gelingendes Leben ab. Das Erreichen von Glück wird als Nebenprodukt dieses gelingenden Lebens betrachtet und nicht als Ziel.

Das theoretische Vorgehen innerhalb der vorliegenden Studie beruht auf der Glückssteigerungswissenschaft, da die Untersuchung von Faktoren und Bedingungen, welche mit Glück zusammenhängen und es somit verstehbarer machen, das Ziel der Untersuchung darstellen. Die theoretische Beleuchtung erfolgt somit durch die Darlegung von auf Glück bezogenen Studienergebnissen, welche als regelbasiertes Grundgerüst verstanden werden sollte.

Um die glücksfördernden Faktoren und Bedingungen zumindest näherungsweise zu ermitteln, enthält der Fragebogen drei unterschiedliche Teile. In Teil I geht es um soziodemografische Faktoren wie Gesundheit, soziale Nahbeziehungen und Tätigkeiten sowie Religiosität und erstreckt sich von der ersten Frage nach dem Alter, bis zur Frage nach der Zufriedenheit im Hauptfach, Item_24.3. Teil II ermittelt das Glücksniveau und Persönlichkeitsdimensionen. Dieser Abschnitt reicht von Item _25.1.1 bis zu Item_28.10 oder der Frage nach dem Grad der Zustimmung zum Satz „Ich fühle mich glücklich“ bis zum Item „Alles in allem erwarte ich, dass mir mehr gute als schlechte Dinge widerfahren“. Teil III soll einen variantenreichen Überblick der gegenwärtigen Forschungsfelder der mit Glück korrelierenden Bereiche im Leben erfragen. Von Item _29.1 bis Item_29.18, von der Frage „Im Vergleich zu anderen Menschen meines Alters ist meiner Familie…“ bis „Mein Glaube ist…“ reicht dieser Abschnitt. Die folgenden Untersuchungsergebnisse dienen als theoretische Unterfütterung der Fragen- und der Konstruktwahl innerhalb des Fragebogens.

Soziodemografische Faktoren sind: Das Geschlecht, zu dem widersprüchliche Ergebnisse existieren, die ausgewogen entweder Männer oder Frauen als glücklicher beschreiben (Haring,Stock & Okun, 1984; Røysamb, 2002, 217; Inglehart, 1990; Marks & Flemming, 1999; Hartog & Oosterbeek,1998; Seidlitz & Diener, 1998). Verheiratete oder in einer Beziehung Befindliche sind glücklicher, dies wird konsistent aus Studien auf allen Kontinenten belegt (Argyle 2001; Hornung, 2000; Myers, 1999; Waite, 1995; Inglehart, 1990; Veroff, Douvan & Kulka, 1993, Weick, 2004, S. 543). Uneinheitliche Ergebnisse liegen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Bildungsgrad und Glück vor. Auch wenn die Zusammenhänge jeweils Signifikanzen erreichen, sind sie mit nur einer geringen Zahl an Prozenten erklärter Varianz nicht überzubewerten (Argyle, 1999, S.355). Zudem ist Bildung stark mit anderen Variablen konfundiert (Alain, 1980, S.123). Aufgrund der Vielfalt an Forschungsbeiträgen gilt es auch, den Bildungsgrad als möglichen Faktor für Glück abzufragen.

Der Wohnort wurde im Salzburger Survey zum Kindheitsglück untersucht: Kinder, die auf Bauernhöfen leben und aufwachsen (10 Prozent) empfinden gleiches Glück wie Kinder in Dörfern oder in der Stadt (Bucher, 2001, S.153; Helson, 1964, Frederick & Loewenstein, 1999). Hier gilt es nachzuvollziehen, ob die Ergebnisse auf die in einer Metropole lebende philippinische Stichprobe aus Manila und die in einer Kleinstand (Eichstätt) lebende deutsche Stichprobe übertragbar sind. Auch die empfundene Lautstärke ist in Bezug auf die unterschiedliche Umgebung relevant. Brereton, Clinch und Ferreira (2008) behaupten in einer in Irland durchgeführten repräsentativen Studie, dass räumliche Faktoren einen signifikanten Einfluss auf das Wohlbefinden haben. Auch nach Kontrolle von Variablen wie Lebensform, Kindern und Einkommen stellte sich heraus: Personen, die in ruhigeren Gegenden leben, schätzen sich als glücklicher ein, ebenfalls jene, die es nicht weit zur Küste haben. Glücksmindernd hingegen sind vier Faktoren, die Entfernung zu städtischem Milieu, die Nähe zu Flughäfen, Müllhalden, Verbrennungsanlagen und Fabriken. Die genetische Ausstattung des Menschen scheint noch immer auf ein Leben auf Wiesen und in Wäldern zugeschnitten – nicht umsonst werden solche Räume zur Erholung aufgesucht.

Wie sich das Klima auf das Glück auswirkt, untersuchten Rehdanz und Maddison (2005) anhand von Daten aus 67 Ländern. In Ländern, in denen im kältesten Monat die Durchschnittstemperatur relativ hoch ist, sind die Menschen glücklicher. Auch hier ist eine weitere Untersuchung aufgrund des unterschiedlichen Klimas möglich.

Wenn sozialer Vergleich kontrolliert wird, ist der Effekt des Einkommens auf die subjektive Zufriedenheit deutlich geringer (Ferrer-i-Carbonell, 2004). Allerdings existieren Grenzen, ab denen Einkommen erheblichen Einfluss auf das Glück hat. Es stellte sich als glücksmindernd heraus, wenn das Haushaltseinkommen unter 1.500 Euro liegt. In den höheren Einkommensgruppen blieb die Quote der sehr Glücklichen konstant (Bucher, 2008).

Neben den soziodemografischen Faktoren werden einige Rahmenfaktoren der Gesundheit erfragt, welche Einfluss auf das Glück haben. Zum einen wird der Body-Mass-Index, der angibt, ob ein Über-, Normal- oder Untergewicht vorliegt, ermittelt. Übergewicht korreliert negativ mit Glück und begünstigt das Auftreten von Depressionen enorm (Oswald & Powdthavee, 2007). Überdies wirken soziale Normen: Vollschlanke Frauen in den USA erreichen das gleiche Glücksniveau wie Übergewichtige. In Russland aber sind übergewichtige Personen zumeist auch wohlhabender und glücklicher als die Durchschnittsbevölkerung (Graham, 2008). Auch hier ist der interkulturelle Aufklärungsbedarf von besonderer Bedeutung.

Daten aus Dänemark besagen: Wer gar nicht oder pro Tag allenfalls bis zehn Zigaretten rauchte, war gleich glücklich; wer bis zu zwanzig Zigaretten konsumierte, erreichte auf einer Zehn-Punkte-Glücksskala einen um einen halben Punkt verringerten Mittelwert. Am wenigsten glücklich waren die schweren Raucher, wobei die Studie die Gründe wie gesundheitliche Beeinträchtigungen oder massiv empfundener Stress offen lässt (Veenhoven, 2003).

Dänen schätzten ihr Leben am glücklichsten ein, wenn sie in der letzten Woche zwischen drei und acht Alkoholika konsumiert hatten. Abstinenzler und regelmäßige Alkoholkonsumentenwaren gleich glücklich. Im internationalen Vergleich zeigte sich kein Zusammenhang zwischen dem auf einer vierstufigen Skala eingeschätzten Lebensglück und Alkoholkonsum: Türken, die pro Jahr nicht einmal einen Liter reinen Alkohol konsumieren, erreichten einen Mittelwert von 3,2, Dänen mit zehn Liter pro Jahr, bei Kontrolle aller weiteren Einflussfaktoren, genau den gleichen (Veenhoven, 2003). Hier ist herauszuheben, ob die vorliegenden Ergebnisse hinsichtlich des Zigaretten- und Alkoholkonsums interkulturell, bei der zugrunde liegenden Stichprobe ebenfalls in diesem Verhältnis bestätigt werden können. Blutdruck ist ein guter Maßstab für die Gesundheit und Befindlichkeit. Es besteht ein signifikant negativer Einfluss von Hypertonie auf Glück (Blanchflower & Oswald, 2008).

Der nächste Faktor sind soziale Nahbeziehungen, sie werden im Fragebogen des Verfassers unter anderem durch sexuelle Aktivität operationalisiert. Schumacher, Laubach und Brähler (1995) befragten 3047 Deutsche nach ihrer subjektiven Zufriedenheit und fanden, dass Ehe und Sexualität am zweitstärksten mit Glück korrelieren. Dieser besonders hohe Zusammenhang darf in der vorliegenden Untersuchung ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Der nächste Faktor sind Freunde. Nicht nur Fragebogenuntersuchungen, sondern auch Studien mit der Erlebnisstichproben-Methode, die die aktuelle – und nicht die erinnerte – Befindlichkeit erhebt, wiesen Freunde als enorm beglückend aus (Larson, 1990). Über alle Altersgruppen hinweg (von 13 bis 85 Jahre) waren Versuchsteilnehmer bei Freunden am glücklichsten, die 70- bis 85-Jährigen sogar am meisten, sodann in der Familie und am wenigsten wenn sie allein waren (Csíkszentmihályi & Wong 1991; Requena, 2005; Camfield, Choudhury & Devine, 2006). Laut repräsentativer US-Daten sind Menschen zu 26 Prozent sehr glücklich, wenn sie weniger als fünf enge Freunde haben, zu 38 Prozent bei mehr als fünf Freunden (Myers, 2000, S. 62).

Tätigkeiten, die glücksfördernd sind, ist das nächste abgefragte Element innerhalb des ersten Teils der Studie. Es werden folgende Faktoren abgefragt:

Körperliche Aktivität: Freizeitsportler sind geringfügig glücklicher, aber erleben vor allem intensives körperliches Wohlbefinden (Argyle, 1998). Der glückssteigernde Faktor und die Depressions-Präventionsmaßnahme Sport findet also auch in der vorliegenden Studie einen Platz.

Deyell (2007) würdigt ehrenamtliche Tätigkeit als „tugendhafte Freizeit“, die enorme Gratifikationen in sich trägt, so dass sogar von der „Glücksdroge Helper’ s High“ gesprochen wurde (Baur & Schmid-Bode, 2000, S. 79). Ein weiterer Beleg für den positiven Effekt des ehrenamtlichen Engagements ist, dass Personen mit körperlicher Beeinträchtigung schneller genesen, wenn sie sich während der Rehabilitation für andere einsetzen können (Balandin, 2007). Ehrenamtliche tendieren dazu, ihre Mitmenschen, denen sie helfen, als besonders positiv wahrzunehmen, was positiv auf sie zurückwirkt und ihr Selbstwertgefühl steigert, welches signifikant mit Glück korreliert. Freiwilliges Engagement für andere oder anderes ist vorzügliche Selbsttranszendenz. Die Fähigkeit, vom eigenen Ego abzusehen, ist eine der stärksten Prophylaxen hinsichtlich Depression und Prädiktoren für langfristiges Glück (Ellermann & Reed, 2001). Deshalb kann eine Überprüfung des freiwilligen Engagements besonders ertragreich hinsichtlich des Glückslevels der vorliegenden Stichprobe sein.

In der „Ersten Welt“ verfügten Menschen noch nie über so viele freie Stunden, in denen sie intrinsisch motiviert, oft enthusiastisch, ihren Steckenpferden nachgehen, was ihrer Identitätsfindung und der Entwicklung ihres Selbst enorm förderlich sein kann (Kleiber ,1999). Um 1830 arbeitete ein Mann durchschnittlich 72 Stunden in der Woche, fast doppelt so lang wie heute (Argyle 2001, S. 111). Die Zufriedenheit in der Freizeit fühlen, färbt gemäß einer Studie von Lu und Hu (2005) zu r =.50 signifikant auf das Lebensglück ab. Eine Faktorenanalyse über die Freizeit und ihre Korrelation mit Glück zeigte: Auf den ersten Faktor fielen die Kategorien „Gespräche“ ,„Familie“ und „Freunde“, auf den zweiten „Literatur“ ,„Entspannung“ und „Kultur“. Signifikant korrelieren auch die Kategorien „Natur“ und „Sport“. Auch diese Glückssteigerungsstrategien entsprechen wie die von den anderen erwähnten Studien weitgehend gut gesicherten glückspsychologischen Erkenntnissen (Schmidt & Trainor, 2001). Zudem bestimmt die Universitären Erfahrungen einen Großteil der Lebenszeit der betrachteten studentischen Stichprobe und werden deshalb als möglicher Faktor erhoben (Klar & Giladi, 1999).

Religiosität ist der letzte Faktor des ersten Fragebogenteils und wird durch Fragen zu folgenden Befunden erfragt:

Glaube an ein Leben nach dem Tod: Zu den kontraintuitiven Befunden rechnet Ferris (2002), dass Menschen, die an ein Leben nach dem Tod glauben, nicht glücklicher sind. Dies ist insofern als überraschend zu werten, als die Funktion der Religion darin besteht, sinnstiftend bezüglich der großen Transzendenz zu sein bzw. dem Individuum die Illusion von Unvergänglichkeit zu vermitteln. Gegensätzliche Studien führen denn auch zum Ergebnis, dass Menschen, die an ein Weiterleben glauben, optimistischer, zuversichtlicher, glücklicher und seltener hoffnungslos sind (Gesser, 1987; Shmotkin, 2005). Auch diese nicht ganz eindeutigen Ergebnisse bedürfen einer weiteren Fragestellung. Es wird davon ausgegangen, dass bei Vorliegen eines Glaubens an ein Leben nach dem Tod das Glücksempfinden größer ist.

Religion und Glaube: Ob protestantisch, katholisch, jüdisch, muslimisch, buddhistisch, hinduistisch oder atheistisch – die Befragten waren gleich glücklich. Eine Differenzierung lässt sich hingegen feststellen, wenn der Effekt des Gottesdienstbesuchs untersucht wurde: Personen, die wöchentlich Glaubenshäuser besuchen, sind am glücklichsten, jene, die „nie“ gehen, am wenigsten (Ferris, 2002; Hayo 2007). In einer repräsentativen Studie in Ungarn fand Lelkes (2002) heraus, dass die Kirchgänger glücklicher, mit ihrem Leben zufriedener sind und weniger zu materialistisch orientierten Einstellungen tendieren. Insgesamt hat Religiosität, operationalisiert als Gottesdienstbesuch und Gottesglaube, das Potenzial, Menschen glücklicher zu machen und sie davor zu bewahren, in depressive Verstimmungen abzugleiten, was Koenig, McCullough und Larson (2001, 118- ) in dutzenden Studien nachwiesen. Durch das Glückspotenzial wurde eine Skala zum Glauben in den Fragebogen aufgenommen.

In Teil 2 wird die Persönlichkeit auf die Größenordnung des Zusammenhangs mit Glück in der zugrunde liegenden Stichprobe überprüft. Das Glücksniveau wurde mit dem Oxford-Glücksfragebogen von Argyle und Hills (2002) ermittelt. Die Größenordnung des Zusammenhangs in den zugrunde liegenden Stichproben wurde durch folgende Konstrukte in Teil 2 erfragt:

Emotionale Intelligenz beeinflusst Glück stärker als die Big Five die aus Extraversion, Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Offenheit für Erfahrungen besten und von Costa und McCrae entworfen wurden (Borkenau & Ostendorf ,1993). Chamorro-Premuzic, Bennett und Furnham (2007) erhoben bei 112 Studentinnen und Studenten Glück durch das Oxford-Glücksinventar, die Big Five und emotionale Intelligenz. Letztere sagt Glück am verlässlichsten voraus (r =.54), wohingegen Extraversion nur zu r =.21 korreliert. Zum gleichen Ergebnis gelangte Furnham (2003): Emotionale Intelligenz, definiert als die Fähigkeit, authentisch in seinen Emotionen zu sein und sie in der Weise zu regulieren, dass das Wohlbefinden gefördert wird, erklärt 50 Prozent des subjektiv eingeschätzten Glücks; die Big Five hingegen, obschon für sich allein gerechnet signifikant, wirken sich gemäß der multiplen Regressionsanalyse nur zufällig aus. Die gleichzeitige Untersuchung der Big Five und der Emotionalen Intelligenz, somit eine Replikation der Studie von Chmorro-Premzic et al. (2003), findet ebenfalls innerhalb der durchgeführten Studie statt. Die Big Five werden untersucht, da Extraversion positiv mit Glück korreliert, Neurotizismus dagegen negativ. Dies wurde oft bestätigt. In ihrer Metaanalyse überprüften DeNeve und Cooper (1998) die Effekte von 137 Persönlichkeitseigenschaften auf das subjektive Wohlbefinden und stellten fest, dass dieses durch Extraversion am stärksten begünstigt wird, neurotische Charakterzüge ihm am abträglichsten sind. Francis (1999) ließ 461 Studierende einen Fragebogen ausfüllen, der das Oxford-Glücksinventar sowie die Kurzfassung des revidierten Eysenck-Persönlichkeits-Inventars enthielt (Eysenck, Eysenck & Barrett, 1985; Amelang & Bartussek, 2001, 364- ). Glück korreliert erwartungsgemäß positiv mit Extraversion (r =.40), negativ mit Neurotizismus (r =.-44). Hayes und Joseph (2003) fanden zusätzlich einen Zusammenhang mit Gewissenhaftigkeit (r =.28): Wer gründlich arbeitet, organisiert ist und bis zum Ende durchhält, scheint glücklicher zu sein. Offenheit für neue Erfahrungen befördert Glück nicht, ebenfalls nicht Verträglichkeit. Andere Studien fanden jedoch, dass die Fähigkeit, zu verzeihen – Bestandteil von „Verträglichkeit“ – das Wohlbefinden hebt (Thoresen, Harris & Luskin, 2000; Lawler-Row & Piferi, 2006). Wiederholt wurden signifikante Korrelationen zwischen „Verträglichkeit“ und Glück nachgewiesen, so von Furnham und Cheng (1997; r =.39); auch die Metaanalyse von DeNeve und Cooper (1998) stellte einen glücksfördernden Effekt eines angenehmen und freundlichen Wesens fest. Francis (1998) bestätigten die geschilderten Zusammenhänge abermals. So tut sich hier ein besonderes Erfahrungsfeld für weitere Untersuchungen auf.

In kollektivistischen Kulturen wie den Philippinen schätzen sich Menschen als weniger glücklich ein, sodass zu fragen ist, wie Persönlichkeitseigenschaften und Glück dort zusammenhängen. Furnham und Cheng (1999) befragten je 100 Personen in China, Japan und Großbritannien mit dem Oxford-Glücksinventar. Erwartungsgemäß verzeichneten die Briten höhere Glückswerte (M = 149) als die Chinesen (M =141) und Japaner (M =138). Als geprüft wurde, wie sich Extraversion und Neurotizismus auf Glück auswirken, zeigten sich in allen drei Ländern vergleichbare Zusammenhänge. Die stärksten waren bei Extraversion zu finden, es erhöht Glück, Neurotizismus hingegen reduziert es.

Optimismus wurde durch Maruta (2000) untersucht. Es wurde gefragt, was aus 1145 Amerikanern wurde, die zwischen 1962 und 1965 das Minnesota-Persönlichkeitsinventar ausgefüllt hatten, das auch Optimismus gemessen hat, eines der stärksten Korrelate von Glück (Seligman, 2005). Von den Optimisten waren zwischenzeitlich 40 Prozent weniger verstorben. Gemäß der Metaanalyse von Veenhoven (2008) leben optimistische Personen zwischen sieben und zehn Jahren länger; der Effekt von Glück auf die Gesundheit sei damit vergleichbar, ob jemand raucht oder nicht.

In Teil 3 wird innerhalb einer Übersicht nach folgenden glückssteigernden Korrelaten gefragt: Je stärker subjektiver Wohlstand, (Diener & Biswas- Diener, 2002, S. 123), je größer das Ausmaß subjektiv empfundener Gesundheit, (House, Landis & Umberson, 1988), je zentraler Liebe gegenüber finanziellem Antrieb als zentrales Verhaltensmotiv (Diener & Oishi, 2004), je ungestörter der Schlaf (Gidlöf & Gunnarsson et al., 2004), je größer das Umweltbewusstsein (Kellert & Wilson, 1993) , je ausgeprägter die gefühlte Freiheit innerhalb der politischen Landschaft (Ingelhart & Klingelmann, 2000) und je wichtiger die Familie ist (Shulruf, Hattie & Dixon, 2003), desto wahrscheinlicher liegt ein überdurchschnittliches Glücksniveau vor. Gleiches gilt für das Ausmaß an Verliebtheit und Abwesenheit von Liebeskummer (Brizendine, 2007, S. 112; Brizendine, 2005, S. 125), die Tendenz zur Vergebung (Witvliet, Ludwig & Vander Laan, 2001), die Zufriedenheit in der Freizeit (Argyle, Lu, 1990, S.11) und eine konservative Glaubenseinstellung (Ferris, 2002) sowie den Grad an Natürlichkeit in der Arbeitsumgebung (Ferrer-i-Carbonell & Gowdy, 2007, S. 510). Als Übersicht der dargelegten Ergebnisse dient Abbildung 3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung III: Zusammenfassung der erfragten Zusammenhänge zwischen Lebensbereichen und dem Glücksniveau

Die erwähnten Glückskorrelate sowie soziodemografische Faktoren, Gesundheit, Glück der sozialen Nahbeziehungen und Tätigkeiten, Religiosität und Persönlichkeitseigenschaften werden als Glückskorrelate insgesamt sowie der Philippiner und Deutschen zusammengefasst und in dem in Abbildung IV dargestellten Modell zu dem Glücksniveau der Philippiner, jenes der Deutschen und jenes beider Länder in Beziehung gesetzt. Die Pfeile geben die Einflussrichtung einer Variablen auf die andere an. Zudem gibt es Wechselwirkungen zwischen den Variablen, die durch Pfeile, die in zwei Richtungen zeigen, gekennzeichnet sind.

Die Pfeilanordnung visualisiert bei den Doppel-Pfeilen auf der linken Seite des Modells die Richtung der Fragestellung, dass sich die angenommenen Glückskorrelate in den gemessenen Lebensbereichen zwischen Philippiner und Deutschen unterscheiden. Der Doppel-Pfeil auf der rechten Seite beschreibt die Hypothese, dass sich das Glückniveau philippinischer Studenten von dem deutscher signifikant unterscheidet. Der schwarze Pfeil, welcher die Felder Glückskorrelate insgesamt und Glücksniveau insgesamt verbindet, bildet die angenommene überdurchschnittlich positive Wirkung der Glückskorrelate auf das Glücksniveau ab und stellt damit die kulturunabhängige Hypothese da.

Bei diesem Erklärungsmodell sollte darauf hingewiesen werden, dass komplexe Zusammenhänge zwischen Verhalten, Lebensbereichen und damit auch den Glückskorrelaten bewusst vernachlässigt werden und zudem in den Glückskorrelaten enthaltene Konstrukte nicht als eigenständig erfasst werden, sondern unter dem Begriff Glückskorrelate zusammengefasst wurden.

Abbildung IV: Modell zur Darstellung der Bedeutung der angenommenen Glückskorrelate auf das Glücksniveau unter Berücksichtigung der länderspezifischen Unterschiede

In dem regelbasierten Zugang der Glückssteigerungswissenschaft ist es das Ziel, aus Begleitumständen allgemeine Regeln abzuleiten, nach denen Menschen glücklich werden können. Die einzelnen Zusammenhänge aus Abbildung 4 werden als Hypothese in Abschnitt 2.6 formuliert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 163 Seiten

Details

Titel
Glück und seine Bedingungen. Ein interkultureller Vergleich der Philippinen und Deutschlands
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt  (Sozial- und Organisationspsychologie)
Note
1,0 (mit Auszeichnung)
Autor
Jahr
2013
Seiten
163
Katalognummer
V300521
ISBN (eBook)
9783656967408
ISBN (Buch)
9783656967415
Dateigröße
2057 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die vorliegende Arbeit wurde von der Katholischen Universität ausgezeichnet, mit der Note 1,0 bewertet und für den Wissenschaftspreis 2014 nominiert.
Schlagworte
glück, bedingungen, vergleich, philippinen, deutschlands
Arbeit zitieren
Arne P. Wegner (Autor:in), 2013, Glück und seine Bedingungen. Ein interkultureller Vergleich der Philippinen und Deutschlands, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300521

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