Verfall der deutschen Sprachinsel des Pennsylvaniadeutschen in den Vereinigten Staaten von Amerika

Eine Analyse von Lehnwörtern der Zeitung "Hiwwe wie Driwwe"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

28 Seiten, Note: 1,3

Thomas Gantner (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Historische Darstellung amischer Immigration in die Vereinigten Staaten von Amerika

3. Sprachinseln
3.1. Entwicklung von Sprachinseln
3.2. Sprachinseltot

4. Das Pennsylvaniadeutsche
4.1. Entwicklung der Varietät des Pennsylvaniadeutschen
4.2. Variation des Pennsylvaniadeutschen
4.3. Spracherhalt oder Sprachtot des Pennsylvaniadeutschen im 20. und 21. Jahrhundert

5. Analyse englischer Lehnwörter im Pennsylvaniadeutschen der Zeitung Hiwwe wie Driwwe
5.1. Entlehnungstypen
5.2. Verben
5.3. Adjektive und Adverbien
5.4. Substantive
5.5. Zukunftsaussichten

6. Schluss

7. Bibliographie

1. Einleitung

Die Sprecher des Pennsylvaniadeutsch erhalten über mehrere Jahrhunderte eine Varietät des Pfälzischen Dialekts in Sprachinseln der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Varietät entwickelte sich nach einer Auswanderungswelle deutschsprachiger Migranten im 18. und 19. Jahrhundert. Der Großteil dieser sind vor allem Amische und Mennoniten, die bis heute den Dialekt bewahren und nur eine bestimmte Anzahl von Lehngut in das Lexikon des Pennsylvaniadeutschen integrieren. Die Möglichkeit des Spracherhalts ist vor allem durch kulturelle und religiöse Werte gegeben, die die Nutzung technischer Mittel, wie Hilfsmittel für die Landwirtschaft, Telefone, Fernsehgeräte sowie eine Internetverbindung, untersagt.

In dieser Arbeit möchte ich aufzeigen, inwiefern die Erhaltung der Sprachvariation des Pennsylvaniadeutschen im 20. Jahrhundert möglich ist und ob diese resistent ist gegenüber der überlagernden Sprache, dem Englischen. Zur Verdeutlichung dessen werde verschiedene Artikel der Zeitung Hiwwe wie Driwwe, die einzige Zeitung, welche in der Varietät des Pennsylvaniadeutschen veröffentlicht wird, auf lexikalische Phänomene untersuchen, die vom Englischen als Entlehnungen in das Vokabular des Pennsylvaniadeutschen übernommen worden sind. Hierbei untersuche ich zwei verschiedene Exemplare, eines aus dem Jahr 1998 sowie ein weiteres aus dem Jahr 2000. Primär will ich untersuchen, inwieweit Lehnwörter in aktuellem Pennsylvaniadeutschem Schriftgut vorhanden sind und ebenso darstellen, ob eine erhöhte Anzahl von Lehnwörtern innerhalb von zwei Jahren erkennbar ist. Weiterhin stellt sich die Frage, inwiefern es möglich ist, eine Sprachinsel über mehrere Jahrhunderte beizubehalten. Es soll ebenso thematisiert werden, ob der vermehrt auftretende Sprachkontakt im 20. Jahrhundert und die zunehmend integrierten Entlehnungen aus dem Englischen zu einem Sprachtot des Pennsylvaniadeutschen führen können oder ob eine starke Assimilierung an das Englische bereits stattgefunden hat.

2. Historische Darstellung amischer Immigration in die Vereinigten Staaten von Amerika

Die deutsche Siedlungsgeschichte von Deutschsprachigen im kolonialen Pennsylvania kann in drei Phasen unterteilt werden. Zwischen 1683 und 1710 wurde der Ort Germantown gegründet und besiedelt, der im Jahr 1854 Stadtbezirk von Philadelphia wurde. Schweizer Mennoniten bevölkerten die Region bis zum Ende der ersten Phase. Die zweite Phase kann von 1710 bis 1727 angesetzt werden, in der keine große deutsche Migrationswelle zu erkennen ist, jedoch die Möglichkeit der garantierten Glaubensfreiheit in Pennsylvania die Amischen Gemeinden erreichte. Zwischen 1727 und 1775 siedelten Amische vor allem im Süden von Pennsylvania im Lancaster County. Die größte deutschsprachige Siedlung war 1737 in Northkill im Norden Pennsylvanias. Das Übersiedeln nach Lancaster County, in den Süden Pennsylvanias war besonders durch das Vorhandensein von besserem Farmland motiviert. Aber die Amischen siedelten ebenso in das westliche Somerset. Nachdem die Erschließung des Mittleren Westens begann, siedelten ebenso die Amischen des Ortes Somerset mit. Die Siedler aus Lancaster County beteiligten sich allerdings nicht an der Expansion. „Those who moved to the Lancaster area in the late 1700s found an agricultural paradise and most never left.“[1] Der Stammbaum der Nordamerikanischen Amischen wurde mit dem unterschiedlichen Siedeln in zwei Äste geteilt. Sicher kann gesagt sein, dass beide ähnliche Sprachvarietäten benutzten.

Eine zweite Einwanderungswelle von Amischen fand zwischen 1815 und 1860 statt, wobei die Varietät des PG[2] sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bereit entwickelt hatte.[3]

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts siedelten Amerikaner in Richtung Westen, da der Grundstückspreis im Osten aufgrund der hohen Siedleranzahl stark gestiegen war. Die Amischen ließen sich ebenfalls in Staaten, die westlich von Pennsylvania gelegen waren, nieder. Im Jahr 1809 erreichten einige Siedler innerhalb der westlichen Expansion Holmes County in Ohio, wo es heute eine der größten amischen Siedlungen im Mittleren Westen gibt. Auffällig ist, dass Amische des Raums Lancaster sesshaft blieben und nicht an der westlichen Expansion teilnahmen.[4]

3. Sprachinseln

3.1. Entwicklung von Sprachinseln

William Keel, Professor für deutsche Sprachwissenschaften an der Universität Kansas, definiert Sprachinseln als eine Sprachgemeinschaft, die sich außerhalb ihres linguistisches Heimatlandes befindet und dadurch charakterisiert ist, Sprachkontakt mit anderen Sprachen zu führen. Er weist ebenso darauf hin, dass der sprachliche Einfluss zweier Sprachen von der Sprache mit dem höheren Prestige, oder der Sprache, die in einer Region numerisch dominant ist, ausgeht. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Superstraten. Als Franken sich im 4. und 5. Jahrhundert n.Chr. in der römischen Provinz Gallien niederließen und sich zur herrschenden Oberschicht entwickelten, übten sie sprachlich keinen Einfluss aus, da das Latein ein weitaus höheres Prestige hatte und sie ebenso numerisch unterlegen waren. Substrate sind, um die Definition zu vervollständigen, die Auflösung der Ursprungssprache innerhalb eines Gebiets durch eine überdachende Sprache.[5]

Klaus Mattheier, Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg, stellt eine weitaus umfangreichere Definition zu Sprachinseln dar:

„Danach ist eine Sprachinsel eine als Sprachminderheit von ihrem Sprachmutterland geographisch getrennte und durch eine sprachliche/ ethnisch differente Kontaktgesellschaft umschlossene und/ oder überdachte Kommunikationsgemeinschaft, die sich von der Kontaktgesellschaft durch eine Reihe von der Sonderheit der Sprachinselbewohner begründenden objektiven Faktoren abgrenzt bzw. abgegrenzt wird, die eine besondere soziopsychische Sprachinseldisposition oder Sprachinselmentalität entstehen lassen, die ihrerseits wiederum die Ursache für eine verhinderte oder verzögerte sprachlich-kulturelle Assimilation an die Kontaktgesellschaft darstellt.“[6]

Weiterhin ist es wichtig darzustellen, dass zwei miteinander sprachlich verwandte Sprachinseln, die sich geographisch an zwei unterschiedlichen Orten befinden, nicht als dieselbe bezeichnet werden können.[7] Sie ist somit keine Kommunikationsgemeinschaft und ist ebenso von unterschiedlichen äußeren Einflüssen beeinflusst. Ebenso erläutert Mattheier, dass Sprachinseln entweder durch Immigration oder durch das Verweilen einer Gemeinschaft an einem bestimmten Ort entstehen, sodass sie dort als indigene Minderheit zu bezeichnen sind.[8]

Der Lebenslauf einer Sprachinsel kann folgendermaßen gegliedert werden. In der Bildungsphase kommt es zur Migration, in der Menschen aus einem bestimmten Gebiet oder verschiedenen Gebieten ihr Land verlassen. Die Migration kann aufgrund von verschiedenen Differenzen in Bezug auf das Sozio-Ökonomische, das Konfessionell-Weltanschauliche sowie das Ethnisch-Nationale stattfinden. Die Bildungsphase einer Sprachinsel kann als abgeschlossen bezeichnet werden, wenn Nachzüge in großem Ausmaß aufhören oder für einen längeren Zeitraum unterbrochen werden, sodass die Sprachinsel sich in ihren Strukturen entwickelt hat. Im Anschluss an die Bildungsphase beginnt die Konsolidierungsphase, in der die Menschen, die aus verschiedenen Regionen stammen und dementsprechend voneinander abweichende Varietäten der gleichen Sprache sprechen, aneinander angleichen. Neben der sprachlichen Findung ist es ebenso von Bedeutung eine eigene Identität zu entwickeln. Daran anschließend folgt die Stabilitätsphase, in der der Kontakt mit der Umgebung bezüglich ihrer Kultur und ihrer Sprache als stabil angesehen werden kann. Hier kommt es lediglich zu geringen Sprachverlusten. Die Möglichkeit besteht allerdings auch, dass sich eine Sprachinsel ausbreitet. Ein Beispiel für eine solche Ausbreitung ist etwa das Afrikaans, welches sich von einer anfänglichen niederländischen Sprachinsel bis hin zu einer Nationalsprache entwickeln konnte. Ein Verlauf, der zum Sprachtod führt, ist das Erreichen der Assimilationsphase, in der Sprachinseln die Isolation zur anderen Kultur und Sprache nicht aufrechterhalten können und sich an die Zielkultur- und Sprache anpassen. Kulturelle Werte werden noch oft nach dem Verfall der Sprachinsel beibehalten. Auffällig ist auch das Erschaffen von Touristenattraktionen, die das Leben der Gemeinde rekonstruiert.[9]

Mattheier deutet die Besonderheit von Sprachinseln an, indem er sagt, dass der Assimilationsprozess nicht “normal” verläuft und durch verschiedene Faktoren verlängert und aufgehalten wird.

3.2. Sprachinseltot

Interessant ist das Erforschen des Prozesses, in dem die sprachliche Varietät einer Sprachinsel abgelegt und von der überdachenden Sprache ersetzt wird. Es wird zwischen Sprachtot und Sprachverlust unterschieden. Unter Sprachverlust versteht man die Auflösung einer Sprache aus dem Kompetenzbereich eines einzelnen Sprechers. Unter dem Sprachtot, der in diesem Kapitel primär untersucht werden soll, ist das Phänomen des vollständigen Wegfalls einer Sprachvarietät zu verstehen, welche lediglich in schriftlichen Handschriften verfügbar ist.[10]

Zu einem Sprachinseltot kommt es dann, wenn sich eine Sprachinselgemeinschaft in die neue Kontaktgesellschaft eingliedert. Dies kann zwanghaft oder aber auch freiwillig geschehen. Ein Sprachinseltot deutscher Sprachen kann nur dann erfolgen, wenn sich die Migrationsentwicklungen auf einen ländlichen Raum beschränkt haben, da sich städtische Sprachvarianten des Deutschen im Ausland durch alltäglichen Sprachkontakt schnell auflösen und die Anpassung an die Sprache und Kultur der neuen Gesellschaft innerhalb von wenigen Generationen erfolgt.[11]

Der Prozess der Sprachtods erfolgt auf unterschiedliche Art und Weise. Der plötzliche Tod einer Sprache, auch als „sudden death“ bezeichnet, geht einher mit dem Aussterben einer ethnischen Gruppe, welche vor allem durch Völkermord zu Stande kommt. Ein weiterer Typ von Sprachtot ist der von Campbell, amerikanischer Linguist an der Universität in Manoa, Hawaii, beschriebene “radical death”.[12] Minderheiten geben ihre Sprache durch politischen Druck auf, der von der Mehrheitsgesellschaft ausgeübt wird. Dieser Druck wurde auch auf Deutsche während des 1. und 2. Weltkriegs ausgeübt, die sich in städtischen Siedlungsräumen der USA aufhielten.

Als Deutscher versuchte man seine Herkunft zu verbergen und assimilierte sich somit während dieser Zeit verstärkt an die amerikanische Kultur.[13] Fraglich ist, ob davon auch die Pennsylvaniadeutschen betroffen waren, welche zwar von den Medien und der Außenwelt größtenteils ausgegrenzt waren, aber einige durch ihre Nähe zur Stadt Kontakt nicht vermeiden konnten und bilingual waren. Zu einem Sprachtot führten die beiden Weltkriege definitiv nicht bei, allerdings ist anzunehmen, dass die Bewohner der Sprachinseln besonders in dieser Zeit Bilingualismus entwickelten. Als ein normaler Prozess des Sprachtods ist aber weder der „sudden death“ noch der „radical death“ zu bezeichnen. Ein Sprachtod erfolgt in der Regel auf natürliche Weise, in dem eine allmähliche Sprachverschiebung zu beobachten ist, die unterschiedlich intensiv erfolgen kann. Campbell nutzt hierfür den Begriff „gradual death“[14]. Der Prozess erfolgt in der Regel in drei Phasen. Die erste Phase zeichnet sich durch Monolingualismus der gesamten Gruppe aus. Die zweite Phase ist charakteristisch für den Bilingualismus, welcher unterschiedlich weit ausgedehnt sein kann, wobei sich die überdachende Sprache in die Muttersprache einlagert und phonologische und lexikalische Elemente entlehnt werden.

Zu beobachten ist, dass besonders syntaktische Strukturen als letzte linguistische Einheit übernommen werden.[15] Sobald es keine “regelmäßig auftretenden Sprechsituationen”[16] mehr gibt, ist der Sprachtod prognostizierbar, denn es gibt lediglich ältere Sprecher, sogenannte „semi-speaker“[17], die Sprachkenntnisse besitzen, aber nicht in dieser mit der jüngeren Generation kommunizieren können.

Mark Louden, sagt, dass sie einem weitaus schnellerem Prozess der Akkulturation unterliegen sowie das solche städtischen Sprachinseln im 19. Jahrhundert durchaus existiert haben, heutzutage allerdings kaum zu finden sind und eine Assimilierung an die Zielkultur- und Sprache in einer nicht greifbaren Geschwindigkeit von statten geht.[18] Dies ist besonders von der Größe der Einwanderungsgruppe und deren Altersstruktur abhängig. Mattheier beschreibt diesen Generationenprozess wie folgt. In der ersten Generation, der Migrationsgeneration, werden lediglich bestimmte Wörter nicht verwendet und neue Wörter aus der Kontaktsprache entlehnt, die für den Kontakt, zum Beispiel im Handelswesen vorteilhaft sind. In der zweiten Generation bekommt es als Vorbild der Muttersprache ein reduziertes Sprachmodell geboten, und lernt in der Regel selbst die überdachende Sprache der Gesellschaft als zweite Muttersprache. Die erste Muttersprache wird normalerweise ausschließlich in der Familie und innerhalb der größeren Sprechergemeinde verwendet. Mattheier spricht vom Phänomen der „doppelten Reduktion“[19], was nachfolgend beim Übergang in eine neue Generation einsetzt. Dieser beschriebene Prozess kann als grobes Muster angewandt werden, wobei die Voraussetzung dafür ein beständiger Sprachkontakt ist, sodass die zweite Generation nicht in Schulen unterrichtet werden, in denen die eigene Muttersprache als Medium fungiert.

Sprachinseln, die weitaus längere Stabilitätsphasen aufweisen als der Normaltyp sind neben denen in Pennsylvania, um die es in der dieser Arbeit geht, auch Russland, Ungarn und ältere Sprachinseln wie etwa Siebenbürgen.

4. Das Pennsylvaniadeutsche

4.1. Entwicklung der Varietät des Pennsylvaniadeutschen

Die Sprachvarietät des PG entstand im 18. Jahrhundert in Folge einer Migrationswelle von Südwestdeutschen, besonders aus der Pfalz. Die Varietät ähnelt stark dem Dialektgebrauch in der Vorderpfalz. Unter diesen befanden sich die sectarians, darunter Mitglieder der Old Order Mennonite und der Old Order Amish community, und die nonsectarians, wozu Sprecher des PG gehören, die gewöhnlich lutherisch waren. Sectarians sind gewöhnlich sehr stark konfessionsgebunden und lassen mit ihren konservativen Ansichten keine Veränderung ihrer Lebensweise und Religion zu. Das fällt ebenso dem Sprachverhalten der beiden Gruppen zu. Während nonsectarians die Assimilierungsphase zum größten Teil erreicht haben, ist auffällig, dass sectarians heutzutage das PG und Englisch gleichermaßen fließend beherrschen.[20]

Bei den konservativen Mennoniten und Amischen ist der Erhalt der Muttersprache über mehrere Jahrhunderte durch die „konfessionelle Bindung“[21] und den gesellschaftlichen Konsequenzen, die mit diesen einhergehen, bereits festgelegt, welche durch das Leben in sehr ländlichen Räumen verstärkt wird. „For spiritual reasons sectarians have chosen to remain apart from the social mainstream [and] live almost exclusively in rural areas.”[22]

Die Entwicklung des Pennsylvaniadeutschen nimmt seinen Anfang in der deutschen Pfalz. Die Emigration dieser wurde besonders durch die politische Situation im Südwesten geprägt. Im Anschluss an den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) waren die Lebensumstände besonders durch religiösen Zwang und hohe Steuern geprägt, sodass eine Emigration einen Ausweg darstellte. Mark L. Louden, Professor für germanistische Linguistik an der Universtiät in Madison, Wisconsin, verdeutlicht, dass in den amerikanischen Siedlungsgebieten im 18. Jahrhundert linguistische Mischungen herrschten, dass sich allerdings bereits 1780 eine relativ einheitliche Mundart herausgebildet hatte.[23] Diese Mischung wurde vor allem von den pfälzischen Siedlern stark beeinflusst, da diese in numerischer Anzahl dominant gegenüber anderen deutschen Siedlern waren, die einen anderen Dialekt benutzten. Salikoko Mufwene, Professor am Institut für Linguistik an der Universität in Chicago, benennt dieses Phänomen als den „founder effect“.[24] Nach 1750 immigrierte eine weitaus heterogenere Gruppe von Siedlern aus dem deutschsprachigen Raum, die zum Beispiel aus dem Elsass, aus der Schweiz sowie aus Württemberg kamen. Diese Siedler, die teilweise einen stark abweichenden Dialekt sprachen, mussten sich somit aufgrund ihrer quantitativen Unterlegenheit gegenüber Pfälzern in Pennsylvania an die sprachlichen Gegebenheiten anpassen. Inwiefern Interaktion zwischen den unterschiedlichen Sprechergruppen deutschsprachiger Dialekte stattgefunden hat, kann nicht exakt konstruiert werden. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass nicht primär die Sprache, sondern vielmehr der religiöse Hintergrund verschiedener deutschsprachiger Siedler eine Barriere schuf. Auffällig ist, dass besonders Mennoniten und Amische gemeinsam siedelten. Standarddeutsche Varietäten hatten nur einen sehr limitierten Einfluss auf die Entwicklung des Pennsylvaniadeutschen, da es sich erst im 19. Jahrhundert als gesprochene Standardsprache in Deutschland entwickelte.[25]

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das frühe Besiedeln Germantowns in Pennsylvania zum Großteil durch Pfälzer erfolgte, wobei auch unter den Mennoniten einige Siedler mit holländischem Hintergrund immigriert sind. Siedler mit schweizerischer Herkunft haben zumeist erst in der Pfalz, Baden oder Württemberg gesiedelt bevor sie nach Amerika emigriert sind.

„After living in the Palatine for a generation or more and with some intermarriage with local people, these Swiss settlers who arrived in colonial Pennsylvania were already well acquainted with the Palatinate dialect of the majority of their fellow immigrants.“[26]

1775 sind ungefähr 80000 deutschsprachige Siedler nach Pennsylvania immigriert, wobei mit einem natürlichen Wachstum von 25% zu rechnen ist. Somit machen 110000 ein Drittel der Gesamtbevölkerung Pennsylvanias aus.[27]

Die Bezeichnung ‚Pennsylvania German‘ trifft mittlerweile nicht mehr auf die geographische Beschaffenheit der Sprachvariation zu, da sich die Pennsylvaniadeutschen seit der Immigration in die Vereinigten Staaten der USA in verschiedenen Staaten niedergelassen haben. Dazu gehören neben Pennsylvania auch Staaten wie Indiana, Ohio, Iowa, Wisconsin sowie andere US-Staaten des Mittleren Westens.

[...]


[1] Hartman Keiser, Steven: The Origin and Maintenance of Dialect Differentiation in Midwestern Pennsylvania German. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 119.

[2] Das Pennsylvaniadeutsche wird in der englischsprachigen Literatur als Pennsylvania German bezeichnet und mit PG abgekürzt.

[3] Louden, Mark L.: An Eighteenth-Century View of Pennsylvania German and its speakers, S. 71-72. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 69.

[4] Hartman Keiser, Steven: Pennsylvania German in the American Midwest. Publication of the American Dialect Society. Nr. 96. Duke University Press. Durham 2012, S. 18.

[5] Keel, William D.: Introduction: Global Perspectives of German Language Varieties. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 7-8.

[6] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 16.

[7] Ebd., S. 17.

[8] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 17.

[9] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 27-29.

[10] Ebd., S. 18f.

[11] Ebd., S. 13.

[12] Campbell, Lyle, und Muntzel, Martha C: The Structural Consequences of Language Death. In: Dorian, Nancy (Hrsg.): Investigating Obsolescence: Studies in Language Contraction and Death, Cambridge: Cambridge University Press, S. 184.

[13] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 19.

[14] Campbell, Lyle, und Muntzel, Martha C: The Structural Consequences of Language Death. In: Dorian, Nancy (Hrsg.): Investigating Obsolescence: Studies in Language Contraction and Death, Cambridge: Cambridge University Press, S. 184.

[15] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 20.

[16] Ebd., S. 25.

[17] Ebd., S. 25.

[18] Louden, Mark L.: The Development of Pennsylvania German Linguistics Within the Context of German Dialectology and Linguistic Theory. In: Seifert, Lester: A Word Atlas of Pennsylvania German, hrsg. Louden, Mark L., Martin, Howard et. al. University of Wisconsin Press: Madison 2001, S. 10.

[19] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 22.

[20] Louden, Mark L.: An Eighteenth-Century View of Pennsylvania German and its speakers. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 69.

[21] Mattheier, Klaus J.: Sprachinseltot: Überlegungen zur Entwicklungsdynamik von Sprachinseln. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 27.

[22] Louden, Mark L.: An Eighteenth-Century View of Pennsylvania German and its speakers. In: Keel, William D.; Mattheier, Klaus J. (Hrsg.): German language varieties worldwide: Internal and external perspectives./ Deutsche Sprachinseln weltweit: Interne und externe Perspektiven. Peter Lang: Frankfurt am Main 2003, S. 80.

[23] Louden, Mark L.: Grundzüge der Pennsylvaniadeutschen Satzstruktur. In: Eggers, E. et al.: Moderne Dialekte, neue Dialektologie. Akten des 1. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen. Franz Steiner Verlag: Stuttgart 2003, S. 253.

[24] Mufwene, Salikoko: The Founder Principle in Creole Genesis. Diachronica. International Journal of Historical Linguistics 13.1. John Benjamin Publishing Company: Philadelphia, S. 83-134.

[25] Hartman Keiser, Steven: Pennsylvania German in the American Midwest. Publication of the American Dialect Society. Nr. 96. Duke University Press: Durham 2012, S. 13-14.

[26] Hartman Keiser, Steven: Pennsylvania German in the American Midwest. Publication of the American Dialect Society. Nr. 96. Duke University Press: Durham 2012, S. 9.

[27] Ebd., S. 11.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Verfall der deutschen Sprachinsel des Pennsylvaniadeutschen in den Vereinigten Staaten von Amerika
Untertitel
Eine Analyse von Lehnwörtern der Zeitung "Hiwwe wie Driwwe"
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Soziolinguistik des Deutschen
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
28
Katalognummer
V300321
ISBN (eBook)
9783656966722
ISBN (Buch)
9783656966739
Dateigröße
582 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachinsel, Deutsch, Vereinigte Staaten, Pennsylvania, Pennsylvaniadeutsch, Lehnwörter, Sprachtot, Immigration, Linguistik, Soziolinguistik, Spracherhalt, Entlehnung, Verben, Adjektive, Adverben, Substantive, Lexikon, Germantown, Lancaster, Amisch, Siedler, settler, Amish, Sprachminderheit, Sprachmutterland, Kommunikationsgemeinschaft
Arbeit zitieren
Thomas Gantner (Autor:in), 2014, Verfall der deutschen Sprachinsel des Pennsylvaniadeutschen in den Vereinigten Staaten von Amerika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300321

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