Entwurf einer Konstruktion und Messplanes zur Untersuchung von Flussturbinen in einem Umlaufkanal


Bachelorarbeit, 2014

102 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Zusammenfassung

1 Einleitung

2 Stand der Technik
2.1 Funktionsweise einer frei umströmten Flussturbine
2.1.1 Umwandlung von kinetischer in mechanische Energie
2.1.2 Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie
2.2 Kommerzielle Anbieter von Flussturbinen
2.3 Vor- und Nachteile gegenüber anderen Energieträgern
2.4 Umweltauswirkungen
2.5 Zukunftspotential

3 Dokumentation von Freifahrtversuchen
3.1 Versuchsumstände
3.2 Versuchsablauf
3.3 Versuchsauswertung
3.3.1 Auswertung der Messdaten der WILO-Turbinen
3.3.2 Auswertung der Messdaten der KSB-Turbine

4 Planung und Entwurf von Messungen im Umlaufkanal
4.1 Konstruktionen zur Fixierung der Flussturbinen
4.1.1 Beschreibung
4.1.2 Berechnung der angreifenden Kräfte
4.1.3 Ergebnisse der SolidWorks-Simulationen
4.2 Vorbereitung der Messungen
4.2.1 Versuchsumstände
4.2.2 Versuchsablauf
4.2.3 Versuchsauswertung

5 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit werden Leistungsmessungen mit axial durchströmten Flussturbinen im Umlauftank der TU Berlin vorbereitet.

[1]. Derer Erde ist ungleichmäßig verteilt. In den westlichen Industriestaaten ist der Pro-Kopf-Verbrauch um ein Vielfaches höher als in weniger wohlhabenden Ländern. Wenn in der Zukunft durch den steigenden Lebensstandard alle Menschen auf der Erde die gleiche Energienachfrage wie z.B. ein US-Amerikaner entwickeln, steigt der Weltenergiebedarf auf mehr als das Vierfache[2].

Der rasant wachsende Bedarf an Energie stellt eine enorme Herausforderung für die Menschheit dar. Heute wird der mit weitem Abstand größte Anteil (81 %) der weltweiten elektrischen Energie aus fossilen Energieträgern gewonnen[3]. Bekanntlich neigen sich deren Reserven in absehbarer Zeit dem Ende zu. Bei Wasser besteht dieses Risiko hingegen nicht. Solange die Strahlung der Sonne auf die Erde trifft, verdunstet das Wasser und steigt in die Atmosphäre, wo es kondensiert und als Niederschlag wieder auf die Erde zurückfällt. Der natürliche Wasserkreislauf schließt sich. Geht der Regen nicht über dem Meer, sondern über dem Festland nieder, sammelt sich das Wasser mittelbar in Flüssen. Durch die Höhenunterschiede ergibt sich ein großes Potential an Wasserkraft. Nach Kohle (41 %) und Öl/Gas (27 %) steht sie heute mit rund 16 % weltweit an dritter Stelle bei der Erzeugung von elektrischer Energie[3]. Das Wasserkraftreservoir ist jedoch bei weitem noch nicht ausgeschöpft; weltweit werden derzeit nur ca. 35 % der Potentiale genutzt[4].

Bisher verwenden Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung die potentielle Energie des Wassers. Dazu benötigen sie einen Damm, der das Wasser aufstaut, was allerdings erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt nach sich zieht. Häufig ist der Neubau einer klassischen Wasserkraftanlage daher nicht sinnvoll und # vor allem in den hochentwickelten Industriestaaten # nicht genehmigungsfähig. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels durch die hohen und ständig wachsenden Treibhausgasemissionen kann auf einen Ausbau der Nutzung der Wasserkraft jedoch nicht verzichtet werden. Es wird daher weltweit an Strömungsturbinen geforscht, die die kinetische Energie von Flüssen ohne Aufstau nutzen # sogenannte hydrokinetische Turbinen. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Forschung an dieser neuartigen Technologie leisten.

Zunächst wird die Funktionsweise der Kleinkraftwerke erläutert. Es werden außerdem bereits auf dem Markt verfügbare Anlagen vorgestellt. Die Stärken und Schwächen der neuartigen Technologie werden analysiert und auf dieser Basis ihr Zukunftspotential abgeschätzt. Flussturbinen können entlegene Regionen, die keinen Zugang zur öffentlichen Stromversorgung haben, mit sauberer Energie versorgen. Zur Energieerzeugung in großem Umfang für die Industrienationen sind sie nicht geeignet.

Im weiteren Verlauf der Arbeit werden Freifahrtversuche, die mit drei Flussturbinen auf dem Elbe-Havel-Kanal durchgeführt wurden, dokumentiert und ausgewertet. Bei den Versuchen kamen zwei mantellose Turbinen mit zwei bzw. drei Schaufelblättern und eine ummantelte Anlage mit drei Schaufeln zum Einsatz. Die Leistungsausbeute der mantellosen Turbinen blieb hinter den Erwartungen zurück, was vorrangig auf den Versuchsaufbau zurückzuführen ist. Die Messergebnisse der ummantelten Turbine lagen nahe an den theoretisch erreichbaren Werten.

Im Umlauftank der TU Berlin werden Messungen mit den gleichen Turbinen vorbereitet. Zu diesem Zweck werden zwei Konstruktionen erarbeitet, die der Fixierung der verschiedenen Anlagen in der Messtrecke des UT2 dienen. Entsprechende Fertigungszeichnungen sowie eine Montageanleitung sind im Anhang der Arbeit zu finden. Außerdem wird ein Messplan erstellt, aus dem die zu erfassenden Daten entnommen werden können. Der Plan gewährleistet eine möglichst genaue Untersuchung des Verhaltens der Anlage. Die Auswertung der Versuchsdaten wird so vorbereitet, dass sie anschaulich dargestellt und mit den Messwerten der Freifahrtversuche verglichen werden können.

1 Einleitung

Der Weltenergiebedarf steigt mit der wachsenden Erdbevölkerung und dem raschen Fortschritt der Entwicklungs- und Schwellenländer täglich. Nach einer Prognose des !"5 um ein Drittel gestiegen sein

2 Stand der Technik

2.1 Funktionsweise einer frei umströmten Flussturbine

Die Idee der frei umströmten Flussturbine ist es, die in Flüssen enthaltene kinetische Energie zu nutzen. Im Gegensatz zu herkömmlicher Wasserkraft, bei der die potentielle Energie des Wassers genutzt wird, ist bei der Flussturbine keine Querverbauung im Gewässer nötig. Zur Umwandlung der kinetischen Energie in mechanische Energie gibt es verschiedene Ansätze. Sogenannte schwimmende Mühlen nutzen die Flussströmung durch Wasserräder, die auf oder an einem Schwimmkörper fixiert sind (Abbildung 2.1). Derartige Anlagen erzielen jedoch einen Gesamtwirkungsgrad von nur max. 30 %[5].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Schwimmende Mühle

(Quelle:[35] )

Außerdem kann die freie Strömung durch eine Turbine mit vertikaler Achse, zum Beispiel durch einen Darrieus-Rotor (Abbildung 2.2), genutzt werden. Anlagen dieses Typs besitzen allerdings sehr geringe Anfangsdrehmomente und benötigen daher externe Startmechanismen zur Stromproduktion[6].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Darrieus-Rotor

(Quelle:[6] )

Die Forschung und die kommerziellen Hersteller von Flussturbinen haben sich im Wesentlichen auf die horizontalachsigen Anlagen fokussiert. Auch in der vorliegenden Arbeit wird lediglich auf dieses Konzept zur Flussenergienutzung eingegangen. Die kinetische Energie wird wie in Windkraftanlagen direkt zum Antrieb des axial durchströmten Turbinenlaufrades verwendet und so in mechanische Energie umgewandelt. Meist befindet sich das Laufrad innerhalb einer Ummantelung, um die Leistungsausbeute zu erhöhen (Abbildung 2.3). Durch einen Generator, der über eine Welle mit dem Rotor verbunden ist, wird die mechanische schließlich in elektrische Energie transformiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Axiale Strömungsturbine mit Ummantelung

(Quelle:[35] )

2.1.1 Umwandlung von kinetischer in mechanische Energie

Unter der Voraussetzung, dass die Anlage vollständig eingetaucht ist, und unter Vernachlässigung des Grenzschicht- und Welleneinflusses im Fluss soll die theoretische Leistung einer Flussturbine bestimmt werden. Es wird außerdem angenommen, dass das Wasser inkompressibel ist und sich die Turbine in einem unendlichen Raum befindet.

Die kinetische Energie des Wassers

womit sich für die Leistung ergibt:

mit der Fließgeschwindigkeit ist gegeben durch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für den Massenstrom gilt mit der Dichte des Wassers und der durchströmten Fläche :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dies führt zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Turbine kann allerdings nur einen Teil der Energie aus dem Wasser entnehmen, da die Energieabgabe eine Verringerung der Fließgeschwindigkeit und einen Stau verursacht, wodurch das Wasser zu einem Teil um die Rotorfläche herum fließt. Albert Betz und Frederick W. Lanchester haben zur Berücksichtigung dieses Effekts unabhängig voneinander einen Leistungsbeiwert für frei umströmte Turbinen ermittelt[7]. Dieser beträgt im Optimum

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es handelt sich jedoch nicht um eine konstante Größe. Sein Maximum erreicht der

Leistungsbeiwert bei einer Relation von An- zu Abströmgeschwindigkeit von,-.[0]. Bei

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

anderen Geschwindigkeitsverhältnissen nimmt er geringere Werte an, so z.B. für,-.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

den Wert Null, da dem Fluss in diesem Fall keine kinetische Energie entzogen wird.

Der Leistungsbeiwert muss in die Formel zur Berechnung der Turbinenleistung 2 miteinbezogen werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für eine Flussturbine mit dem Durchmesser D ergibt sich die Leistung schließlich zu:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Leistung hängt in zweiter Potenz vom Rotordurchmesser und in dritter Potenz von der Fließgeschwindigkeit des Flusses ab. In der folgenden Grafik (Abbildung 2.4) ist die maximal erreichbare elektrische Leistung (d.h. ()*+) in Abhängigkeit der Strömungsgeschwindigkeit für verschiedene Laufraddurchmesser abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Elektrische Leistung einer Flussturbine in Abhängigkeit der Anströmgeschwindigkeit für verschiedene Laufraddurchmesser

Es wird ersichtlich, dass frühestens ab Strömungsgeschwindigkeiten von 2 m/s nennenswerte Leistungen erreicht werden können. Bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten rotiert das Laufrad zu langsam, wodurch die Asynchronmaschine als Motor arbeitet und der Turbine Strom zugeführt werden muss. Erst ab Strömungsgeschwindigkeiten in der Größenordnung von 2 m/s (abhängig von der individuellen Anlage) ist ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb möglich.

Mit Hilfe einer Ummantelung kann die Turbinenleistung erhöht werden. Der Saugmantel bewirkt einen Druckunterschied am Propeller: Davor herrscht ein höherer Druck als dahinter. Dies liegt zum einen daran, dass die Geschwindigkeit hinter der Turbine durch den Diffusor verringert wird und sich damit eine Druckabsenkung hinter dem Laufrad ergibt[4]. Zum anderen stellt sich am Saugmantelaustritt eine Sogwir $ % Strömungsgeschwindigkeit um den Saugmantel größer ist als die Innenströmung im Diffusoraustrittsquerschnitt. Durch die erreichte Druckdifferenz steht zusätzlich zur kinetischen Energie auch die Druckenergie an der Turbine zur Verfügung, was zu einer Leistungssteigerung führt[4]. Hierbei ist zu beachten, dass die Saugmantelaustrittfläche größer als die Rotorfläche sein muss, da man andernfalls keine Diffusorwirkung erhält. Es würde sich lediglich eine Ejektorwirkung einstellen, mit der eine Leistungssteigerung um bis zu ca. 10% erreicht werden kann. Wesentlich sinnvoller ist es, den Saugmantelaustritt größer zu gestalten, zumal er sich bei beschränkter Wassertiefe unsymmetrisch, also mehr zur Seite, öffnen kann. Auf diese Weise nutzt man eine größere Fläche als jene, die mit

einem frei umströmten Rotor machbar wäre. Werden sowohl Diffusor- als auch Ejektoreffekt miteinander kombiniert, lassen sich mit einer Ummantelung Leistungssteigerungen von 20 bis 40 % erzielen[4]. In der folgenden Grafik sind die beiden Effekte schematisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Schematische Darstellung der Effekte einer Ummantelung

(Quelle:[4] )

Es ist zu beachten, dass durch eine Ummantelung die Querschnittsfläche einer Flussturbine vergrößert wird, was das Risiko einer Verblockung erhöht. In diesem Fall fließt die Strömung - wie um ein Hindernis - um die Turbine herum. Die Strömungsgeschwindigkeit steigt dann in den Bereichen zwischen der Turbine und den Flussufern an und sinkt im mittleren Teil des Flusses. Dieses Risiko kann reduziert werden, indem die Turbine in einen relativ engen Fluss montiert wird, in dem die Strömung nicht ausweichen kann. In engen Flüssen sind jedoch wiederum höhere Boden- und Wandhaftungen zu erwarten, die die Strömungsgeschwindigkeit reduzieren. Es wird ersichtlich, dass noch Forschungsbedarf besteht, um die idealen Dimensionen und Standortbedingungen für Flussturbinen zu ermitteln.

Die Turbinenleistung kann außerdem mit Hilfe eines günstig geformten Ankers erhöht werden. Flussturbinen werden meist mit Ankern und daran befestigten Seilen im Fluss gehalten. Dies bietet gegenüber einer starren Befestigungsstruktur am Flussgrund neben den niedrigeren Kosten auch den Vorteil, dass die Anlage zu Wartungszwecken von den Seilen gelöst und danach relativ einfach wieder fixiert werden kann.

Die Strömungsgeschwindigkeit in Flüssen, welche nach Gleichung (2.6) einen großen Einfluss auf die Leistung einer Flussturbine hat, ist in der Nähe des Flussgrunds aufgrund der Grenzschichtbildung wesentlich geringer als an der Oberfläche. Um der Grenzschichtbildung entgegenzuwirken, wurden in [8] verschiedene Ankerformen entworfen und ihr Einfluss auf die Strömung simuliert. Abbildung 2.6 zeigt den Anker, der den größten positiven Effekt hatte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Anker zur Verringerung der Grenzschichtbildung

(Quelle:[8] )

Durch den Anker konnte die theoretische Leistung um den Faktor 1,33 gesteigert werden. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass die Strömungsgeschwindigkeit nur in der oberen Hälfte des Flusses erhöht wurde; in der unteren Hälfte ist sie dagegen gesunken. Ein solcher Anker ist demnach nur dann sinnvoll, wenn sich die Turbine ausschließlich in der oberflächennahen Hälfte des Flusses befindet.

2.1.2 Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie

Im Folgenden soll beschrieben werden, wie die mechanische Rotationsenergie des Laufrads in elektrische Energie, die ins Versorgungsnetz eingespeist werden kann, umgeformt wird.

In Flussturbinen wird zur Energieumwandlung üblicherweise eine Asynchronmaschine eingesetzt. Die Maschine besteht aus einem feststehenden Teil, dem Ständer (Stator), in dessen Mitte sich ein rotierender Teil, der Läufer (Rotor) befindet (Abb. 2.7)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7: Schematischer Aufbau einer Asynchronmaschine

(Quelle:[9] )

Die Asynchronmaschine kann als Motor und als Generator betrieben werden. Die jeweilige Betriebsart hängt von der Drehzahl des Läufers ab. Grundsätzlich arbeitet eine Asynchronmaschine nach dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion: In einem quer durch ein Magnetfeld bewegten Leiter wird eine Spannung induziert. Befindet sich der Leiter in einem geschlossenen Stromkreis, fließt ein Strom.

Im Ständer wird ein Magnetfeld aufgebaut, das im Luftspalt zwischen Stator und Rotor rotiert. Ein solches Feld wird als Drehfeld bezeichnet. Es entsteht durch drei um 120° räumlich versetzte Spulen, die von einem um ebenfalls 120° zeitlich versetzten Strom (Drehstrom) durchflossen werden[9]. Zum Aufbau des Drehfelds benötigt der Stator demzufolge Strom. Dieser kann im Netzparallelbetrieb dem Netz entnommen, im Inselbetrieb muss er beispielsweise von entsprechend dimensionierten Kondensatoren bereitgestellt werden.

Auf der vom Turbinenlaufrad angetriebenen Welle sitzt der Rotor. Die am häufigsten eingesetzte Bauform heißt Kurzschlussrotor. Er besteht aus Stäben, die über einen Ring kurzgeschlossen sind und einen Käfig bilden. Wird die Asynchronmaschine als Motor betrieben, steht der Läufer zunächst. Da er vom rotierenden Magnetfeld des Stators durchsetzt wird, erfährt er ständig eine Änderung des magnetischen Flusses. Es wird ein Strom induziert. Auf den Rotor wirkt die Lorentzkraft und er beginnt, sich zu drehen. Die Lorentzkraft wirkt jedoch nur, solange der Rotor und das Drehfeld mit unterschiedlichen (asynchronen) Drehzahlen rotieren. Je mehr sich Rotor- und Drehfelddrehzahl annähern, desto kleiner wird die Induktionswirkung, da die relative Flussänderung abnimmt. Wenn die Drehzahlen gleich sind, entfällt die Induktionswirkung ganz[10]. Der Motor hat seinen Namen folglich daher, dass er nur bei asynchronen Drehzahlen ein Drehmoment entwickelt.

Eine Asynchronmaschine arbeitet als Motor, wenn die Rotordrehzahl kleiner als die Drehfelddrehzahl ! ist. Die Drehzahldifferenz, bezogen auf die Ständerfelddrehzahl, wird als Schlupf bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beim Schlupf ( und 6 entwickelt die Maschine kein Drehmoment. Dazwischen nimmt der Drehmomentenverlauf beim sogenannten Kippschlupf ein Maximum an (Abbildung 2.8)[10]. Üblicherweise liegt der Kippschlupf zwischen 2 und 8 %.

Im Generatorbetrieb ist die Drehzahl des mechanisch angetriebenen Läufers höher als die Drehfelddrehzahl, das heißt, der Schlupf ist negativ. Der Läufer erfährt durch die Drehzahldifferenz wieder eine relative Änderung des magnetischen Flusses. Es wird eine Spannung im Läufer induziert, woraufhin ein elektrischer Strom fließt, der durch die transformatorische Wirkung der Asynchronmaschine in den Ständer transformiert wird. Dadurch wird dem Ständer-Drehstromnetz Energie zugeführt, die schließlich ins Versorgungsnetz eingespeist werden kann. Die Drehmomentkennlinie des Motorbetriebs kann am Synchronpunkt gespiegelt werden (Abbildung 2.8). Bis zur Kippdrehzahl gilt: Je (betragsmäßig) größer der Schlupf ist, das heißt je schneller der Rotor mechanisch angetrieben wird, desto größer ist die ins Netz zuführbare Energiemenge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8: Drehmomentencharakteristik einer Asynchronmaschine (Quelle:[10] )

Solange die Rotordrehzahl nicht die Kippdrehzahl überschreitet, kann die Asynchronmaschine ohne elektronische Regelung betrieben werden. Sie passt sich durch Variation des Schlupfes automatisch an eine Rotordrehzahländerung an[10]. Soll sie jedoch in einem größeren Drehzahlbereich arbeiten, wird ein Frequenzumrichter benötigt, um die Frequenz des erzeugten Wechselstroms an die konstante Netzfrequenz anzupassen. Ohne Frequenzumrichter könnte eine Flussturbine nur in einem sehr kleinen Drehzahlbereich arbeiten, was bei stärkeren Strömungen erhebliche dynamische Belastungen auf den Rotor nach sich ziehen würde. Durch die Variation der Rotordrehzahl kann die Flussturbine optimal an die vorliegenden Strömungsverhältnisse angepasst und so die Leistungsausbeute maximiert werden.

Ein Frequenzumrichter besteht aus drei Teilen: einem Gleichrichter, der einen Gleichspannungs-Zwischenkreis speist, und einem aus diesem Zwischenkreis gespeisten Wechselrichter[11]. Diese Zwischenkreis-Umrichter ermöglichen eine vollständige Entkopplung der Generator- und damit der Rotordrehzahl von der Netzfrequenz. Der Generatoranschluss erfolgt an den Klemmen 1, 2 und 3; der Netzanschluss an den Klemmen 4, 5 und 6 (Abbildung 2.9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9: Blockdiagramm eines Frequenzumrichters (Quelle:[10] )

Der Asynchrongenerator erzeugt dreiphasigen Wechselstrom, der seine Richtung mit einer bestimmten Frequenz ändert. Der Gleichrichter besteht im Wesentlichen aus sechs Dioden, die den Strom nur in einer Richtung (von der Anode zur Kathode) durchlassen. Bei Umkehr der Spannungspolarität wird der Stromfluss durch die Dioden gesperrt. Mit ihrer Hilfe wird die Wechsel- in eine pulsierende Gleichspannung umgewandelt[11].

Der Zwischenkreis besteht üblicherweise aus einem Kondensator, in dem die vom Generator erzeugte Energie kurzzeitig gespeichert wird. Die pulsierende Gleichspannung wird auf diese Weise geglättet[11].

Der Wechselrichter besitzt einen komplexen Aufbau aus drei Brückenzweigen, die aus jeweils zwei Transistoren und zwei Dioden bestehen. Durch zyklisches Ein- und Ausschalten der elektronischen Schalter wird aus der Zwischenkreisspannung eine dreiphasige pulsierende Ausgangsspannung gebildet, die den Anforderungen des Stromnetzes hinsichtlich Frequenz, Amplitude und Phasenlage entspricht[11].

2.2 Kommerzielle Anbieter von Flussturbinen

Im Folgenden sollen einige Hersteller von Flussturbinen sowie deren Projekte vorgestellt werden. In dieser Arbeit wird lediglich auf die Anbieter von horizontalachsig durchströmten Turbinen eingegangen, die bereits einen kommerziellen Status erreicht sowie erste Anlagen installiert haben. Die nachfolgenden Ausführungen basieren im Wesentlichen auf Informationen von den Internetauftritten der Firmen und konnten nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

KSB

Der deutsche Pumpenhersteller KSB hat eine Flussturbine mit einer Einlaufdüse und einem Auslaufdiffusor entworfen. Mit Hilfe dieser Ummantelung konnte die Strömungsgeschwindigkeit am Eintritt der Anlage und damit die Leistungsausbeute erhöht werden. Die nachfolgende Grafik zeigt eine schematische Darstellung der Flussturbine:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.10: Flussturbine der Firma KSB

(Quelle:[12] )

Der in Anströmrichtung angebrachte Grobrechen (1) verhindert die Beschädigung des zweischaufligen Turbinenlaufrades durch Treibgut. Vor dem Rotor ist die Eintrittsdüse (2) befestigt. Haltestreben fixieren den Generator (3) im Turbinengehäuse (4). Hinter der Rotorebene befindet sich der große Auslaufdiffusor (5).

Im Jahr 2010 wurden zwei dieser Flussturbinen im Rhein bei St. Goar (Rheinland-Pfalz) installiert (Abbildung 2.11) und an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Sie können bei einem Durchmesser von D = 2,0 m einen Leistungsbereich von ca. 5 bis 50 kW abdecken [12].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.11: Flussturbine der Firma KSB während der Installation im Rhein

(Quelle:[12] )

KSB hat seine Flussturbinen weiterentwickelt und möchte in Uganda die Stromversorgung der ländlichen Bevölkerung verbessern. Im Jahr 2012 wurde ein Vertrag mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit unterzeichnet. Eine Anlage mit einer Leistung von 40 bis 60 kW soll laut Unternehmensangaben ein Dorf mit ca. 2000 Einwohnern mit Strom versorgen können[13].

Smart Hydro Power

Smart Hydro Power ist ein 2010 gegründetes deutsches Unternehmen, das hydrokinetische Kleinst-Wasserkraftwerke entwickelt, produziert und weltweit vertreibt. Die Turbine besteht aus einem dreiblättrigen Rotor, einem Permanentmagnet-Generator, einem Schwimmkörper und einem Diffusor (Abbildung 2.12). Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 2,75 m/s besitzt die Anlage mit einem Rotordurchmesser von 1,0 m eine Nennleistung von 5 kW[14]. Hervorzuheben ist die Kompaktheit der Turbine: Sie besitzt ein Gewicht von nur 360 kg und erfordert einen Fluss mit einer Mindesttiefe von lediglich 1,8 m und 2,0 m Breite. Das erlaubt ihren Einsatz auch in sehr entlegenen Regionen.

Das Unternehmen hat nicht nur die Turbine selbst, sondern auch ein Konzept für deren effizienten Einsatz im Inselbetrieb entwickelt: Das sogenannte Energie-Management- System ermöglicht den Anschluss weiterer Turbinen (oder anderer Energieerzeuger) an das lokale Netz. Das Prinzip der nachgeordneten Verbraucher sorgt dafür, dass bestimmte Verbraucher nur dann Strom beziehen, wenn andere ihn gerade nicht benötigen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Batterien in das Inselnetz miteinzubeziehen, die sich während nutzungsarmen Zeiten aufladen und eine stabile Energiebereitstellung auch dann ermöglichen, wenn der Fluss temporär langsamer fließt.

Das Unternehmen hat bereits einzelne Anlagen am Rhein, in Peru und in Kolumbien vermarkten und installieren können. 2014 erhielt es seinen ersten größeren Auftrag: Nach den erfolgreichen Tests von zwei Flussturbinen in Nigeria konnte Smart Hydro Power einen Vertrag über 13 weitere Turbinen abschließen. Sie sollen dazu beitragen, die ländliche Bevölkerung Nigerias, von der ein großer Teil nicht ans öffentliche Stromnetz angeschlossen ist, mit Energie zu versorgen[14].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.12: Flussturbine der Firma Smart Hydro Power

(Quelle:[14] )

RER Hydro

Das kanadische Unternehmen RER (Renewable Energy Research) Hydro hat sich ebenfalls auf die Entwicklung und Herstellung von Flussturbinen spezialisiert. Im Jahr 2010 wurde

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Flussturbine mit Ummantelung und einem Außendurchmesser von 3,6 m besitzt eine Nennleistung von 250 kW (Abbildung 2.13). Der Prototyp produzierte drei Jahre ohne Unterbrechung Strom, was weltweit bisher der längste erfolgreiche Test einer Flussturbine ist[15]. 2012 ging RER Hydro eine Partnerschaft mit dem weltweit agierenden Konzern Boeing ein, der seitdem die Vermarktung der Turbinen übernimmt. Außerdem wurde 2013 eine Produktionsstätte eröffnet, deren Kosten zu einem großen Teil von der Regierung Québecs getragen wurden. Durch seine starken Partner verfügt RER Hydro über viel Kapital zur raschen Weiterentwicklung seiner Turbinen: 2014 soll ein neues Projekt beginnen, bei dem eine Gruppe von sechs Flussturbinen der nächsten Generation getestet wird. Jede dieser

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wird diese Leistung nur bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 4,5 m/s erreicht und es ist eine Mindestwassertiefe von 6,5 m erforderlich. Flüsse, die diese Bedingungen erfüllen, sind nur selten vorzufinden.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.13: Flussturbine der Firma RER Hydro

(Quelle:[15] )

Clean Current

Clean Current ist ein Hersteller von Fluss- und Tidenturbinen mit Sitz in Kanada. Das Unternehmen hat Flussturbinen mit Durchmessern zwischen 1,5 m und 4,0 m entwickelt. Die Nennleistung beträgt 12 kW für das kleinste und 84 kW für das größte Modell bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 3,0 m/s. Für die Turbinen ist eine Lebensdauer von 25 Jahren vorgesehen und sie sollen dabei nur alle 10 Jahre gewartet werden müssen[16].

2013 wurde in Manitoba (Kanada) eine Flussturbine mit einem Durchmesser von 1,5 m installiert (Abbildung 2.15), die in diesem Jahr (2014) an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden soll. Laut Unternehmensangaben entspricht die Leistung der Anlage den Erwartungen. Die Flussturbine soll ihre Funktionstüchtigkeit unter den widrigen klimatischen Bedingungen Kanadas demonstrieren und dort 12 Monate lang ohne Wartung Energie erzeugen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.14: Abbildung 2.15: Flussturbine der Flussturbine der Firma Clean Current während der Firma Clean Current Installation

(Quelle:[16] ) (Quelle:[16] )

AquaLibre

Das österreichische Unternehmen AquaLibre hat eine Flussturbine mit dem Markennamen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mit einem Rotordurchmesser von 2,5 m, einer Länge von 11,0 m und einem Gewicht von 6400 kg ist sie für größere Flüsse konzipiert[17]. Sie liefert bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 3,3 m/s 70 kW Nennleistung. Laut dem Unternehmen kann

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Cent/kWh[18] ] schon sehr wirtschaftlich betrieben werden [17]. Die Strom-Boje hängt an einer langen Stahlkette und ist mit einem im Flussgrund einbetonierten Stahlankerstab fixiert. Ihre Bauweise gewährleistet, dass sie sich stets in der stärksten Strömung knapp unter der Wasseroberfläche selbstständig ausrichtet.

Ende 2013 hat AquaLibre alle notwendigen behördlichen Genehmigungen erhalten, um mit der Serienproduktion zu beginnen. Das Unternehmen hat bereits Aussicht auf einen ersten Großauftrag: Am Rhein zwischen Assmannshausen und Lorch wird erwägt, mit rund 340 Strom-Bojen ein knappes Drittel des jährlichen Strombedarfs des Rheingau-Taunus-Kreises zu decken[19].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.16: Flussturbine der Firma AquaLibre

(Quelle:[17] )

Hydro Gen

Die Fluss- und Tidenturbinen des französischen Herstellers Hydro Gen befinden sich unterhalb eines bootähnlichen Lastenträgers. Da das Boot lediglich mit Seilen am Meeresgrund verankert wird, fallen die Kosten für die Installation vergleichsweise niedrig aus. Außerdem bietet die Anlage den Vorteil, dass der Rotor binnen einer Minute aus dem Wasser heraus geklappt und vom Boot aus gewartet werden kann (Abbildung 2.17 bis Abbildung 2.19). Das senkt die Unterhaltungskosten laut Unternehmensangaben um das Fünffache. Insgesamt verursachen die Flussturbinen von Hydro Gen nach eigenen Angaben die niedrigsten Kosten pro kWh aller verfügbaren Anlagen am Markt. Eine Turbine mit einer Nennleistung von 15 kW kostet 80 000 @[20]. Da die meisten anderen Hersteller ihre Preise nicht veröffentlichen, kann die Behauptung nicht überprüft werden. Hydro Gen bietet Turbinen mit einem Durchmesser von 3 m, 4 m und 5 m an, die bei Strömungs- geschwindigkeiten zwischen 0,4 und 3,5 m/s eine Leistung zwischen 10 und 100 kW erzielen sollen[20]. Dank der Klappfunktion kann der Rotor rasch ausgetauscht und an die aktuellen Strömungsverhältnisse und die Wassertiefe angepasst werden. Durch die Bauart geht mit der Unsichtbarkeit allerdings ein allgemeiner Vorteil der Flussturbinen verloren. Der 1,90 m hohe Träger ist an der Wasseroberfläche zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.17: Flussturbine der Firma Hydro Gen im Betrieb(Quelle:[20] )

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.18: Flussturbine der Firma Hydro Gen während des Klappvorgangs (Quelle: [20])

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.19: Flussturbine der Firma Hydro Gen im hochgeklappten Zustand (Quelle: [20])

Ibasei

Cappa ist der Markenname eines kommerziell vertriebenen, kompakten Strömungskraftwerks der japanischen Firma Ibasei. Das Laufrad mit einem Durchmesser von 0,38 m ist von einem Diffusor umgeben, der die Geschwindigkeit des Wassers in der Rotorebene erhöht (Abbildung 2.20). So ist die Turbine in der Lage, bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 2 m/s eine Leistung von 250 W zu erzeugen. Fünf Anlagen sollen miteinander gekoppelt unter Berücksichtigung von Kontrollverlusten ca. 1 kW bereitstellen können[21]. Der Hersteller sieht die Einsatzmöglichkeiten seiner Anlage aufgrund seiner Kompaktheit und der schnellen Installation insbesondere als Notfall- Energieversorger, wenn das öffentliche Netz ausfällt, z.B. bei Hochwasser. Außerdem sollen abgelegene Dörfer oder Touristenattraktionen mit einer ausreichenden Anzahl von Flussturbinen ihren Energiebedarf decken können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.20: Flussturbine der Firma Ibasei

(Quelle:[21] )

Ampair

Ampair ist ein Hersteller von Wind- und Wasserturbinen mit Sitz in Großbritannien. Das

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durchmesser beträgt 31,2 cm und das Gewicht 10 kg (Abbildung 2.21)[22]. Die Turbine ist aus rostfreiem Stahl gefertigt und dreifach versiegelt; in dem Gehäuse befindet sich Öl zur Korrosionsvermeidung und zum Druckausgleich bei wechselnden Temperaturen. Diese Merkmale machen das Kleinstkraftwerk äußerst robust und universal (sowohl in Süß- als auch in Salzwasser) einsetzbar. Wird die Anlage in schnell fließende Ströme gesetzt (4 m/s), erzeugt sie eine Leistung von maximal 100 W[22]. Die Mindestwassertiefe beträgt lediglich 40 cm, die Turbine kann demnach auch in kleinen Bächen eingesetzt werden. Außerdem kann sie an Booten montiert werden und so zur Stromversorgung an Bord beitragen. Der Preis der Anlage liegt bei ca. 1400 $.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.21: Flussturbine der Firma Ampair

(Quelle:[22] )

Hydrobee

Das 2013 gegründete Start-up Hydrobee hat die kleinste auf dem weltweiten Markt verfügbare Flussturbine entworfen. Mit ihrem Gewicht von nur 1 lb. (0,454 kg) ist sie sehr leicht zu transportieren (Abbildung 2.22). Wird die Turbine in einen Fluss gesetzt und z.B. mit einem Seil fixiert, lädt sie binnen zwei bis vier Stunden eine herausnehmbare Batterie auf. Danach kann mithilfe der Batterie über den USB-Anschluss beispielsweise ein Mobiltelefon aufgeladen oder Strom für eine LED-Leuchte bereitgestellt werden. Hydrobee eignet sich damit insbesondere als Stromquelle für das Camping in freier Natur. Außerdem soll die kleine Flussturbine Menschen in Entwicklungsländern mit günstiger Energie versorgen, die bislang teure, bereits aufgeladene Batterien kaufen. Der Verkauf von Hydrobee soll noch Ende dieses Jahres (2014) beginnen[23].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.22: Flussturbine der Firma Hydrobee im Fluss

(Quelle:[23] )

2.3 Vor- und Nachteile gegenüber anderen Energieträgern

Nachfolgend sollen die Stärken und Schwächen der jungen Technologie der Flussturbinen gegenüber anderen Formen der Energieerzeugung abgewägt werden.

Zunächst hat die Stromgewinnung aus der kinetischen Energie von Flüssen den entscheidenden Vorteil, dass es sich - im Gegensatz zu Gas, Kohle, Öl oder Uran - um eine regenerative Energiequelle handelt. Die Wasserreserven werden, anders als die der fossilen Energieträger, nicht in absehbarer Zeit erschöpft sein. Außerdem stellen die Strömungskraftwerke eine emissionsfreie Form der Stromerzeugung dar. Ein Beitrag zum rasch fortschreitenden Klimawandel wird somit nicht geleistet.

Flussturbinen haben aber auch gegenüber anderen regenerativen und emissionsfreien Energieträgern wie Wind- und Solarkraft Vorzüge: Sie produzieren ganzjährig eine weitgehend konstante Menge Energie und unterliegen keinen kurzfristigen Schwankungen. Somit eignen sie sich im Gegensatz zu Wind- und Solarkraft zur Deckung der Grundlast. Teure Energiespeicher werden nicht benötigt.

Des Weiteren sind Flussturbinen nach ihrer Installation im Fluss weitestgehend unsichtbar; allenfalls eine unauffällige Halterung oder ein Schwimmkörper ist noch an der Wasseroberfläche zu sehen. Damit gibt es keine ästhetischen Beeinträchtigungen der Landschaft, die bei der Standortwahl für Solar- und insbesondere Windkraftanlagen berücksichtigt werden müssen.

Die Energiegewinnung mittels Strömungskraftwerken erfolgt zudem geräuschlos. Sie können daher direkt in Wohngebieten installiert werden und lange Transportwege für den Strom entfallen.

Allerdings hat der Aufbau unter Wasser auch Nachteile. Die Baumaterialien müssen unterwassertauglich sein. Die Installation der Anlagen in der Strömung von Flüssen ist zudem besonders anspruchsvoll. Weiterhin ist die Wartung der Anlagen - zumindest bei einer starren Befestigung - recht aufwändig, da sie entweder von einem Taucher erreicht oder vom Flussgrund empor befördert werden müssen. Flussturbinen müssen aufgrund ihres einfachen Aufbaus jedoch nur recht selten gewartet werden; der Hersteller Clean Current beabsichtigt beispielsweise einen Wartungstakt von zehn Jahren[16]. Im Gegensatz zu Windkraftanlagen muss bei Flussturbinen die Kavitation berücksichtigt werden; diese kann den Verschleiß der Maschinen erheblich beschleunigen und die Leistungsausbeute verringern. Es gibt noch keine Felduntersuchungen zur Kavitation an Flussturbinen. Erste Abschätzungen, unter anderem in[8], ergaben jedoch, dass der Druck auch an den gefährdeten Stellen (an den Blattspitzen und Blattrückseiten) weit größer als der Dampfdruck des Wasser ist.

Auch gegenüber der herkömmlichen Wasserkraftnutzung haben Flussturbinen Vorteile, da sich der Bau eines Staudamms erübrigt. Daraus resultieren ein geringerer erforderlicher Kapitaleinsatz und eine wesentlich kürzere Bauzeit der Kraftwerke. Weiterhin wird die Schifffahrt durch Flussturbinen nicht beeinträchtigt. Der Bau von neuen Staudämmen ist in hoch entwickelten Ländern auch aufgrund der drastischen Auswirkungen auf die Umwelt inzwischen kaum noch durchsetzbar. Ein Damm bringt eine radikale Veränderung der natürlichen Landschaft mit sich. Vom Fluss transportierte Sedimente, die sich ohne den Damm flussabwärts ablagerten und dort den Boden fruchtbar machten, sinken nun an den Grund des Stausees. Hinter dem Damm verschlechtert sich somit die Qualität der Böden. Nicht zu vergessen ist auch die Gefahr, dass Dämme das Ziel von Terroranschlägen werden könnten. Außerdem werden Fischwanderungen verhindert. Die Tiere gelangen beispielsweise nicht mehr zu ihren Laichplätzen, was ihren Bestand stark dezimiert. Auch die Installation von Flussturbinen bringt Veränderungen der Umwelt mit sich; diese fallen jedoch weitaus geringer aus als bei konventionellen Wasserkraftwerken[2].

Im Vergleich zu Tiden- bzw. Meeresströmungsturbinen lassen sich ebenfalls Vorteile anführen. Da Flussturbinen im Süßwasser installiert werden, müssen sie seltener gewartet werden und haben eine längere Lebensdauer als die Anlagen im Salzwasser. Außerdem besitzen sie einen einfacheren Aufbau als Tidenturbinen, weil sie im Gegensatz zu diesen stets von der gleichen Seite angeströmt werden und daher keine Drehfunktion benötigen.

Auf der anderen Seite haben Flussturbinen einen schwerwiegenden Nachteil gegenüber allen anderen genannten Formen der Energieerzeugung: Ihre sehr bescheidene Leistungsausbeute. Wie in Gleichung (2.6) dargestellt, hängt die Leistung quadratisch vom Rotordurchmesser und kubisch von der Fließgeschwindigkeit des Flusses ab. Der Rotordurchmesser ist durch die Tiefe des Flusses begrenzt. Außerdem kann nicht die gesamte Tiefe des Flusses genutzt werden: Einerseits gibt es in Grundnähe eine Grenzschicht mit niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten aufgrund der Bodenhaftung. Andererseits ist ein Sicherheitsabstand zur Wasseroberfläche zu beachten, um Interaktionen infolge Bootsbetrieb, Wellen, Eisbildung usw. auszuschließen (Abbildung 2.23)[5].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.23: Strömungsgeschwindigkeit über der Wassertiefe am Beispiel eines 10 m tiefen Flusses (Quelle:[4] )

Die Grafik veranschaulicht, dass zum Beispiel für den Betrieb einer Flussturbine mit einem Rotordurchmesser von 4 m eine Wassertiefe von ca. 10 m benötigt wird. Beispielsweise liegt die Fahrrinnentiefe des Rheins, dem größten deutschen Fluss, zwischen 1,90 m und 4,50 m [24]. Das heißt, es können meist nur Turbinen mit recht kleinen Durchmessern installiert werden, zumal sie im Randbereich der Flüsse montiert werden müssen, um die Schifffahrt nicht zu beeinträchtigen.

Ein noch größeres Problem stellen die niedrigen Fließgeschwindigkeiten vieler Flüsse dar. Die Flussturbinen der oben genannten Hersteller benötigen zur Erzielung ihrer Nennleistung Strömungsgeschwindigkeiten zwischen 2,75 m/s und 4,5 m/s (außer den kleinen Modellen von Ibasei, Ampair und Hydrobee). Die Fließgeschwindigkeit des Rheins liegt in Abhängigkeit vom Ort und vom Abfluss zwischen 0,7 m/s und 2,9 m/s[24]. Das heißt, dass die Strömungsgeschwindigkeiten zur Erzielung der Nennleistung im Rhein kaum bzw. gar nicht erreicht werden. Da aber die Geschwindigkeit in dritter Potenz in die Formel zur Berechnung der Leistung einfließt, hat schon eine geringfügige Verringerung dieser eine große Abnahme der Leistung zur Folge. Die Leistungsausbeute liegt also in vielen Fällen weit unter der Nennleistung. Selbst die Nennleistung ist bei den meisten Flussturbinen jedoch gering: Die mit 11 Metern Länge und 5,5 Metern Breite verhältnismäßig große + *-6 $ ' . A! 5[17]. Zum Vergleich: Eine moderne Windkraftanlage der Firma Siemens produziert 2300 kW[25]. Das heißt, dass man theoretisch ca. 33 Strom-Bojen in einem Fluss mit einer Fließgeschwindigkeit von 3,3 m/s installieren müsste, um die gleiche Leistungsausbeute wie bei einer einzigen Windkraftanlage zu erzielen. Dies würde einen erheblich größeren Flächenverbrauch und wegen der vielen individuellen Anlagen auch einen höheren Wartungswand nach sich ziehen. Es ist also fragwürdig, ob 2 % < 5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Prinzipiell sind Strömungskraftwerke den Windkraftanlagen gar überlegen, wie ein

Vergleich der Leistungsdichten zeigt. Die Dichte von Wasser ist (beim Druck 101,3 kPa

und der Temperatur 20 °C) ungefähr 833-mal höher als die von Luft[26]. Die nutzbaren

Fließgeschwindigkeiten werden für die Berechnung zwischen = 1,0 und 3,0 m/s und die

Windgeschwindigkeiten zwischen 7 = Leistungsdichteverhältnis ergibt sich somit zu

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei gleicher Laufradfläche kann also mit einer Flussturbine die 1,63- bis 13,02-fache Leistung wie mit einer Windturbine erzielt werden.

Allerdings kehrt sich dieser Vorteil um, wenn die Rotordurchmesser in den Vergleich miteinbezogen werden. Wie oben bereits ausgeführt, sind die Durchmesser der Flussturbinen durch die (in Deutschland geringen) Flusstiefen begrenzt. Für die Vergleichsrechnung wird ein Durchmesser von = 5 m angenommen. Moderne Windturbinen können dagegen

[...]


[1] Darauf wird in Kapitel 2.3 näher eingegangen.

[2] Eine nähere Betrachtung der Umweltauswirkungen erfolgt in Kapitel 2.4.

Ende der Leseprobe aus 102 Seiten

Details

Titel
Entwurf einer Konstruktion und Messplanes zur Untersuchung von Flussturbinen in einem Umlaufkanal
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Strömungsmechanik und Technische Akustik)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2014
Seiten
102
Katalognummer
V300038
ISBN (eBook)
9783656972495
ISBN (Buch)
9783656972501
Dateigröße
3779 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
entwurf, konstruktion, messplanes, untersuchung, flussturbinen, umlaufkanal
Arbeit zitieren
Stephen Moser (Autor:in)Alexander Bachmann (Autor:in), 2014, Entwurf einer Konstruktion und Messplanes zur Untersuchung von Flussturbinen in einem Umlaufkanal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300038

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