Cyber-Mobbing. Sozialpädagogische Handlungsansätze


Akademische Arbeit, 2010

30 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Sozialpädagogische Handlungsansätze
2.1 Soziale Arbeit an Schulen
2.2 (Online-)Beratung
2.3 Öffentlichkeitsarbeit
2.4 Zusammenfassung

3 Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

1 Einleitung

Nach einer Reise stellte eine Schülerin fest, dass ihre Klassenkameraden[1] nicht mehr mit ihr sprechen wollten und bemüht waren möglichst viel Abstand zu ihr zu halten. Es stellte sich heraus, dass in ihrer Klasse eine SMS mit dem Gerücht kursierte, sie habe sich auf ihrer Reise mit SARS infiziert (Wachs 2009, 30 nach Gianetti und Sargarese 2006).

Ein 15-jähriger kanadischer Jugendlicher filmte sich selbst während er Szenen aus den bekannten Star Wars Filmen nachstellte. Mitschüler veröffentlichten das Video, ohne sein Wissen, auf der Videoplattform Kazaa. Dort avancierte es unter dem Namen „Star Wars Kid“ in kürzester Zeit zu einem der meist angeklickten Videos, über das sich mittlerweile geschätzte 900 Millionen Menschen amüsierten. Der Betroffene musste wegen ständiger Hänseleien und der emotionalen Belastung, unter der er litt, die Schule wechseln und sich in psychiatrische Behandlung begeben (Hillenbrand, 2003; Niemann 2003).

Eine Gruppe Mitschülerinnen verhöhnte Alan über Instant Messaging aufgrund seiner kleinen Größe und forderte ihn auf, Dinge zu tun, die er nicht konnte. Sie behaupteten die Welt wäre ein besserer Ort wenn er Suizid begehen würde. Alan diskutierte das mit ihnen. Die Mädchen dachten es wäre alles ein großer Spaß. An einem Nachmittag holte Alan die Schrotflinte seines Großvaters, lud sie und nahm sich das Leben. Er hatte bis auf folgende Nachricht alles von seinem Computer gelöscht: „Der einzige Weg den Respekt zu bekommen den du verdienst, ist zu sterben.“ (Willard 2007, 1).

Die genannten Beispiele verdeutlichen die Relevanz des Themas und dessen weitgreifende Auswirkungen. Und sie sind keineswegs Einzelfälle, in der Presse häufen sich Berichte über Jugendliche, die Suizid begingen, nachdem sie zuvor Opfer von (Cyber-)Mobbing geworden waren. Daher ist es wichtig, Präventions- und Interventionsstrategien zu entwickeln, um dem Phänomen entgegenzuwirken.

Hier werden mögliche sozialpädagogische Handlungsansätze präventiver und intervenierender Art aufgezeigt. Hierbei werden speziell die Bereiche Sozialarbeit an Schulen, Öffentlichkeitsarbeit sowie (Online-)Beratung betrachtet.

2 Sozialpädagogische Handlungsansätze

Mit den vorangehenden Beispielen wurde bereits die Bedeutung von Cyber-Mobbing hervorgehoben. Das Problem ist erst vor wenigen Jahren in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt und es gibt daher nur wenige Präventions- und Hilfsansätze für Betroffene. Um eine möglichst umfangreiche Prävention von (Cyber-)Bullying zu erreichen, ist es sinnvoll und notwendig, verschiedene Akteure zu berücksichtigen. Eltern, Lehrer, Gesetzesvertreter und natürlich die Jugendlichen selbst spielen wichtige Rollen. Aufgabe der Sozialen Arbeit ist es, sie alle mit einzubeziehen und entsprechende Angebote zu schaffen. Im Folgenden sollen mögliche Handlungsansätze vorgestellt werden, die sich auf die Bereiche Sozialarbeit an Schulen, (Online-)Beratung und Öffentlichkeitsarbeit beziehen.

2.1 Soziale Arbeit an Schulen

Die Schule ist ein wesentlicher Teil der Lebenswelt Jugendlicher. Sie verbringen dort den Großteil ihrer Zeit und lernen meist auch ihre Freunde dort kennen. Traditionelles Mobbing findet im Bereich der Schule statt, vorwiegend in den Pausen oder auf dem Schulweg. Es gibt bereits Ansätze, um traditionellem Mobbing entgegen zu wirken, die im Bereich der Schule ansetzen. Dies macht auch bei Cyber-Mobbing Sinn. Denn viele Jugendliche, die als Täter oder Opfer in herkömmliches Mobbing involviert sind, nehmen diese Rollen auch im Cyberspace ein. Darüber hinaus haben Schulen, neben den Eltern, einen Erziehungsauftrag und somit die Aufgabe, Schüler über die neuen Medien und damit verbundene Gefahren aufzuklären. Dazu gehört auch, ihnen den verantwortungsbewussten Umgang mit diesen zu lehren. Lediglich eine Gebrauchskompetenz zu vermitteln reicht nicht aus, eine entsprechende Medienkompetenz[2] ist notwendig. Außerdem ist es wichtig den Schülern zu verdeutlichen, wie gravierend die Auswirkungen von Cyber-Mobbing auf die Opfer sein können.

Sozialpädagogen können in der Schule die Aufgaben eines Koordinators übernehmen, der alle Präventionsstrategien gegen Cyber-Mobbing und deren Durchführung abstimmt. Oftmals nehmen sie bereits die Aufgabe eines „Anti-Mobbing-Beauftragten“ wahr, daher bietet es sich an, diese Bereiche zu verbinden. Grundsätzlich gibt es keine „Patentlösung“ um Cyber-Mobbing zu verhindern. Allerdings gibt es einige Strategien und Elemente, welche die Grundlage für ein gutes Schulklima, eine Kultur des respektvollen Umgangs miteinander und den offenen Umgang mit dem Thema liefern. Dazu gehört die Bereitschaft, Cyber-Mobbing zu verstehen und darüber zu sprechen. Das bedeutet, dass zu allererst eine gemeinsame Definition von Cyber-Mobbing erarbeitet werden sollte, die von der ganzen Klasse bzw. Schule geteilt wird. Allen Schülern sollten die schwerwiegenden Folgen von Cyber-Mobbing und der Unterschied zu anderen Mobbing-Formen bekannt sein. Sie und ihre Eltern müssen sich beide klar über ihre Verantwortung im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien sein. Auch Sanktionen bei Missbrauch dieser Technologien sollten thematisiert werden. Außerdem sollte klargestellt werden, dass der Sozialpädagoge bzw. die Schule auch bei Cyber-Mobbing außerhalb der Schule als Ansprechpartner zur Verfügung steht und die Betroffenen unterstützt. Dies führt direkt zum zweiten Element, dem Überarbeiten und Überprüfen bereits bestehender Praktiken und Regeln. Oftmals existieren bereits Ansätze, z. B. Gemeinschaftsregeln, die lediglich auf den neuesten Stand gebracht und ergänzt werden müssten. Diese Regeln sowie auch die Sanktionen bei Verstößen gegen diese, sollten zusammen mit den Schülern erarbeitet werden. Denn die Schüler müssen hinter dieser „Lösung“ stehen und daher in den „Problemlösungsprozess“ miteinbezogen werden. Die Bereitschaft sich daran zu halten ist hier wesentlich größer als bei „von oben diktierten“ Anweisungen. Es bietet sich auch an, „Verträge“ mit den Schülern abzuschließen, in denen sie sich verpflichten, die erarbeiteten Bestimmungen einzuhalten. Treten Fälle von Cyberbullying auf, sollten in jedem Fall Aufzeichnungen darüber angefertigt werden. Ebenfalls ein wichtiger Punkt ist, es den Schülern zu erleichtern, über Cyber-Mobbing-Fälle zu sprechen und diese zu melden, sei es als Opfer oder Zuschauer. Die Jugendlichen dürfen nicht das Gefühl haben, allein gelassen oder nicht ernst genommen zu werden. Jemanden von den Erlebnissen zu berichten, kostet viel Überwindung. Daher sollte darauf hingewiesen werden, dass verschiedene Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die sich um jeden Betroffenen mit seinen Problemen kümmern. Unterschiedliche Anlaufstellen zu schaffen ist sinnvoll, da jeder individuell ist und verschiedene Ansprechpartner bevorzugt. Diese Aufgaben können z.B. vom Schulsozialarbeiter, einer Schülervertretung oder von zu sog. „Streitschlichtern“ ausgebildeten Jugendlichen übernommen werden. Auch das Angebot, sich anonym zu melden, bspw. über einen „Kummerkasten“, ist eine Möglichkeit. Durch die diversen Wege ist gewährleistet, dass jeder Betroffene die Alternative auswählen kann, bei der seine persönliche Hemmschwelle am geringsten ist. Neben diesen Aspekten ist auch das Fördern eines sicheren und positiven Umgangs mit Kommunikationstechnologien ein bedeutsames Element. Zum einen können diese Technologien das Lernen intensivieren, da sie flexibles und kreatives Lernen fördern. Zum anderen können Selbstbewusstsein, soziale Kompetenzen und Selbstständigkeit gestärkt werden. Dazu ist es notwendig, den Jugendlichen entsprechende Werte und Normen zu vermitteln. Letzter Grundpfeiler ist eine regelmäßige Evaluation, um die Wirksamkeit der Cyber-Mobbing-Präventionsstrategien und die Aktualität der bestehenden Regeln zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Da bisher noch nicht viele Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Prävention und Reaktionen von Cyber-Mobbing vorliegen, empfiehlt es sich verschiedene Ansätze auszuprobieren und mit solchen zu beginnen, die sich bereits bewährt haben (z.B. das Bullying Präventionsprogramm von Olweus 2006, 69f. oder Streitschlichter-Programme). Ferner können Schüler über ihre (Cyber-)Bullying-erfahrungen sowie die Wirksamkeit der Ansprechpartner befragt werden. Eltern sollten miteinbezogen werden und man sollte sich nach ihren Erfahrungen und ihrer Zufriedenheit erkundigen. Die Ergebnisse und evtl. Veränderungen sollten stets transparent gemacht und der gesamten Schule erläutert werden (Department for children, schools and families 2007, 3).

Seminare/Projekttage/Informationsveranstaltungen

Um die genannten Elemente im Rahmen von Schulsozialarbeit zu verwirklichen, können verschiedene Handlungsansätze gewählt werden. Bspw. indem Projekttage zum Thema oder Informationsveranstaltungen angeboten werden. Diese können sich unterschiedlich gestalten. Es ist auch denkbar, entsprechende Angebote in Zusammenarbeit mit anderen Professionen, bspw. mit Jugendbeamten der Polizei, durchzuführen. Zielgruppen können sowohl Schüler, Lehrer als auch Eltern sein. Einige Elemente sollten Seminare zum Thema beinhalten, bzw. Fragen sollten behandelt werden, die je nach Zielgruppe entsprechend aufbereitet werden müssen. Im Folgenden wird ein Beispiel für ein Seminar mit Jugendlichen (in einer Schulklasse) gegeben. Grundgerüst sind nachstehende Fragen, deren mögliche Bearbeitung im weiteren Verlauf kurz erläutert wird.

1. Was ist Cyber-Mobbing? Wie sieht es aus?
2. Welche Auswirkungen kann es auf die Opfer haben und warum sind diese so gravierend?
3. Was sagt das Gesetz? Welche rechtlichen Konsequenzen kann Cyberbullying haben?
4. Was kann man tun um sich vor Cyber-Mobbing zu schützen? (Prävention)
5. Was für Maßnahmen kann man gegen Cyber-Mobbing ergreifen? (Intervention)
6. An wen kann man sich wenden?

Die genannten Fragen bzw. Punkte könnten bspw. folgendermaßen behandelt werden:

Zu 1.: Um den Schülern zu veranschaulichen was Cyber-Mobbing ist, können verschiedene Beispiele[3] und Szenarien besprochen werden. Sie sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Anschließend kann mit den Jugendlichen zusammen eine Definition von Cyber-Mobbing erarbeitet und mit den Vorschlägen diverser Autoren (Belsey, Hinduja und Patchin, Willard usw.) abgeglichen werden. Um noch einmal einen guten Überblick zu erhalten, können danach die verschiedenen Formen von Cyber-Mobbing und die Kanäle, über die es stattfindet, zusammengefasst (und als Handout verteilt) werden.

Zu 2.: Den Schülern bewusst zu machen, welchen Schaden man jemandem durch Cyber-Mobbing zufügen kann, ist enorm wichtig, um ihre Empathie zu stärken und so antisoziales Verhalten zu reduzieren. Durch die besprochenen Beispiele und die Diskussion wurden die Folgen bereits einführend thematisiert. Mit Hilfe von Videos, die die gravierenden Auswirkungen auf das Leben und Befinden der Opfer behandeln, gelingt es, diese noch greifbarer zu machen. Ein gelungenes Beispiel ist der Film „Let’s Fight It Together“, der von Childnet International produziert wurde und auch mit deutschen Untertiteln erhältlich ist. Darüber hinaus können in diesem Zusammenhang die besonderen Merkmale von Cyber-Mobbing mit eingebracht werden, z.B. die Tatsache, dass die Opfer rund um die Uhr und selbst zu Hause gequält werden können. Diese Eigenschaften machen Cyber-Mobbing besonders grausam und die Folgen so schwerwiegend.

Zu 3.: Unter diesem Punkt sollte darauf eingegangen werden, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist und viele Arten von Cyber-Mobbing unter folgende Straftatbestände fallen: Beleidigungen (§185 StGB), üble Nachrede (§186 StGB), Verleumdungen (§187 StGB). Auch Androhung von Gewalt (§241 StGB) ist verboten. Des Weiteren können je nach Fall die §§ 22 und 23 des Kunsturhebergesetzes greifen, die das Recht am eigenen Bild regeln oder die §§ 131 (Gewaltdarstellungen) und 238 (Nachstellen) des StGB. Weitere relevante Rechtsgebiete sind das Urheberecht, das Datenschutzrecht, das Medienrecht und damit verbunden der Jugendmedienschutzstaatsvertrag sowie das Telekommunikationsrecht. Auch die Schwierigkeit, abzuwägen, ab wann es sich um eine Straftat handelt, sollte angesprochen werden, da die Einschätzung, ob tatsächlich Mobbing vorliegt sehr subjektiv ist und es noch keine gesetzlich festgelegte Definition gibt, sollte angesprochen werden. Außerdem dürfen Persönlichkeitsrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht ohne weiteres eingeschränkt werden. Eine Einschätzung zu Gunsten des einen oder des anderen Rechts (z.B. Meinungsfreiheit vs. üble Nachrede) gestaltet sich oft schwierig.

Zu 4.: Gerade im Zusammenhang mit dem angesprochenen Risikoverhalten Jugendlicher sollten einige Regeln beachtet werden, die zwar nicht zwangsläufig Cyber-Mobbing verhindern können, jedoch die Gefahr, viktimisiert zu werden reduzieren. Zu diesem Thema gibt es einige Internetseiten, die verschiedene Verhaltenstipps geben. Die wichtigsten Regeln lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: „ Schütze deine Privatsphäre“: Den Jugendlichen muss bewusst sein, dass sie viel über sich preisgeben, was andere evtl. gegen sie verwenden könnten. Sie sollten sich gut überlegen, welche Informationen sie veröffentlichen und die „Privatsphäre“-Einstellungen nutzen, die bspw. bei Social Communities angeboten werden. Passwörter sollten nie weitergegeben werden, um Missbrauch zu verhindern. Vor allem Kontaktdaten wie Handynummer oder Adresse sollten nicht öffentlich gemacht werden. „Denk nach bevor du etwas sendest“: Die Schüler sollten sorgfältig abwägen, was und wem sie es senden, da aufgrund der Digitalisierung alles weitergeleitet oder veröffentlicht werden kann. Darüber hinaus sollten sie, wenn sie wütend sind, nicht überstürzt handeln und bspw. jemanden beleidigen. Dies kann zu ähnlichen Reaktionen führen und flame wars oder Racheakte auslösen. Deswegen sollten sich die Jugendlichen die Zeit nehmen, sich zu beruhigen und gegebenenfalls Beruhigungs-Strategien entwickeln (tief durchatmen, Sport etc.). Es ist zudem sinnvoll, sich in den verschiedenen Kommunikationsumgebungen an die Netiquette zu halten. “Google dich selbst“: So lässt sich leicht herausfinden, welche Inhalte im Netz über einen kursieren, bspw. Bilder, auf denen man verlinkt ist. Stößt man auf kompromittierendes Material, sollten die Einstellenden bzw. die Betreiber der Webseite aufgefordert werden, dieses zu entfernen.

Den Jugendlichen sollte auch der genaue Sinn dieser Tipps erläutert werden, damit sie diese nicht nur als bloße Regeln sehen, sondern sie auch verstehen. In diesem Zusammenhang können auch die von Willard beschriebenen Risikofaktoren erläutert werden.

Zu 5.: Prävention allein reicht nicht immer aus. Daher sollten auch Schritte bedacht werden, die Betroffene, die bereits viktimisiert wurden, ergreifen können. Auch hierzu lassen sich einige Tipps im Internet finden. Folgende Reaktionen werden empfohlen: „Ignoriere Beleidigungen oder Sticheleien“: Man sollte auf keinen Fall auf diese eingehen, da sich der Täter dadurch bestätigt fühlt und weiter machen wird. Die meisten Anbieter haben Funktionen eingerichtet, die das Ignorieren und Sperren des Täters ermöglichen, so dass man keine Nachrichten mehr von ihm erhalten kann. Von diesen sollte Gebrauch gemacht werden. Auch Nachrichten von Unbekannten sollten blockiert und wenn möglich, eine Funktion eingerichtet werden, die die Bestätigung eines neuen Kontaktes durch den Nutzer voraussetzt. „Reduziere die Kontaktmöglichkeiten“: Lässt sich der Cyberbully nicht sperren, umgeht die Schutzfunktionen oder hören entsprechende Nachrichten nicht auf, sollte versucht werden, die Kontaktmöglichkeiten zu reduzieren, z.B. durch das Wechseln der E-Mail-Adresse, die Nutzung eines neuen Chatnamens/Chatrooms oder das Ändern der Handynummer. „Führe Tagebuch über Attacken“ und „Sammle Beweise“: Alle Fälle von Cyber-Mobbing sollten aufgezeichnet werden und entsprechende Gespräche, E-Mails etc. gesichert werden, bspw. durch Kopien oder Screenshots. Mit Hilfe dieses Materials können die Vorfälle bewiesen werden. Es bietet gegebenenfalls die Grundlage für rechtliche Schritte und kann helfen, den Täter zu ermitteln, falls dieser unbekannt ist. „Rede darüber“: Die Jugendlichen müssen ermutigt werden, Erwachsene um Hilfe zu bitten, ohne Konsequenzen wie Internetverbot fürchten zu müssen. Ansprechpartner können Eltern, Lehrer, Schulsozialarbeiter oder auch die Polizei sein. Diese können dem Opfer helfen, das weitere Vorgehen zu planen. Die genannten Verhaltensweisen können den Schülern anhand von Rollenspielen näher gebracht werden, in denen sie zunächst als Opfer mit einer Cyberbullying-Situation konfrontiert sind und nun überlegen sollen, was sie dagegen unternehmen würden.

Zu 6.: Unter diesem Punkt sollte noch einmal betont werden, wie wichtig Unterstützung ist und, dass sich die Jugendlichen jederzeit an verschiedene Ansprechpartner wenden können. Außerdem sollte ein Überblick über bestehende Angebote gegeben werden. Einerseits in der Umgebung der Opfer, bspw. „Sprechstunden“ in Jugendzentren, andererseits auch überregional, bspw. das Jugendtelefon (Nummer gegen Kummer) sowie Internetangebote für Betroffene (mobbing.seitenstark.de, mobbingberatung.info etc.). Zudem gibt es Internetauftritte verschiedener Organisationen, die über Cyber-Mobbing informieren und die einen Überblick über die wichtigsten Tipps und Merkmale bieten, z.B. Klicksafe.de. Hier können die Jugendlichen alles noch einmal genauer nachlesen und sich weitergehend informieren. Es besteht auch die Möglichkeit, im Seminar unter diesem Punkt konkrete Hilfestellungen anzubieten, wie sie z.B. verschiedene Serviceanbieter kontaktieren können, um andere Teilnehmer sperren zu lassen (Aftab 2009; Fawzi 2009, 26f.; Hinduja und Patchin 2009, 130f., 177; Klicksafe 2009; Service Bureau Jugendinformation 2008). Durch Raum für weitere Fragen und zur Diskussion sowie die Möglichkeit Infomaterial mitzunehmen, wird das Seminar abgerundet.

Will man herausfinden, inwiefern das Phänomen in der Klasse verbreitet ist oder wie viele Schüler schon Erfahrungen mit Cyber-Mobbing gemacht haben, bietet es sich nach dieser ersten Einführung an, einen anonymen Fragebogen zu verteilen oder diesen öffentlich auszulegen. Diese Befragung sollte in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um festzustellen, ob sich gegebenenfalls bestehende Probleme verbessern oder verschlechtern. Ein solcher Fragebogen könnte bspw. folgendermaßen aussehen:

- Sind dir Cyber-Mobbing-Fälle von/zwischen Mitschülern bekannt?
- Wie schwerwiegend schätzt du diese ein?
- Warst du jemals Opfer von Cyber-Mobbing? Wenn ja, wie sah dieses aus? Beschreibe bitte die Situation so genau wie möglich!
- Hattest du jemals Angst, in die Schule zu gehen aufgrund von Dingen, die jemand online zu dir gesagt hat?
- Hast du jemals jemand anderen über Internet oder Handy gemobbt?
- Wenn ja, warum hast du das gemacht?
- Was würdest du dir an Unterstützung durch den Sozialpädagogen/die Lehrer wünschen, um Cyber-Mobbing zu verhindern? (Hinduja und Patchin 2009, 130)

Die Auswertung der Fragebögen ermöglicht es abzusehen, wie weit verbreitet das Problem in etwa ist und die erhaltenen Informationen sind hilfreich, um ein weiteres Vorgehen bzw. Hilfemaßnahmen zu planen.

Diese Auflistung ist keineswegs vollständig und es bestehen viele Möglichkeiten, Konzepte zur Umsetzung eines entsprechenden Seminars (Projekttages etc.) zu entwickeln. Das Beispiel vermittelt aber einen guten Eindruck, wie in etwa eine solche Veranstaltung zum Thema Cyber-Mobbing aufgebaut sein könnte. Konzipierung und Umsetzung könnte Aufgabe Sozialer Arbeit sein, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Lehrern, Präventionsbeauftragten der Polizei oder anderen Professionen.

[...]


[1] Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden bei der Nennung von Personen die männliche Form verwendet, diese schließt jedoch die weibliche Form mit ein.

[2]. „Lena hat das Gefühl, die ganze Schule tuschelt über sie und kann sich das nicht erklären. Bis sie erfährt, dass eine SMS mit einer ziemlich peinlichen Lüge über sie kursiert.“ (Service Bureau Jugendinformation 2009, 1).

[3] zwei Beispiele: 1. „Von einem Mädchen wurde ein Foto gemacht, das sie als unangenehm und peinlich empfindet. Später erzählen ihr ihre Freunde, dass dieses Foto auf der Homepage eines anderen Schülers online gestellt wurde. Was soll sie tun? Sich wehren?“ (nach Hinduja und Patchin 2009, 132).

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Cyber-Mobbing. Sozialpädagogische Handlungsansätze
Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2010
Seiten
30
Katalognummer
V299019
ISBN (eBook)
9783656952107
ISBN (Buch)
9783656955528
Dateigröße
741 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
cyber-mobbing, sozialpädagogische, handlungsansätze
Arbeit zitieren
Sabrina Kern (Autor:in), 2010, Cyber-Mobbing. Sozialpädagogische Handlungsansätze, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299019

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