Wahl des optimalen Automatisierungsgrades in der industriellen Montage


Bachelorarbeit, 2012

91 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGEN

Vorwort

Kurzfassung

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise

2 Stand der Technik
2.1 Begriffliche Abgrenzung
2.2 Wahl des Automatisierungsgrades
2.2.1 Motivation zur Automatisierung
2.2.2 Entscheidungskriterien zum Automatisierungsgrad
2.2.3 Bestimmung des Automatisierungsgrads

3 Randbedingungen in der Industrie
3.1 Markt
3.1.1 Wirksamer Wettbewerb
3.1.2 Produktlebenszyklus
3.2 Overall Equipment Efficiency
3.3 Lean Production
3.3.1 Elemente der Lean Production Methode
3.4 Eigenschaftenvergleich Mensch und Maschine
3.4.1 Eigenschaften eines Werkers
3.4.2 Eigenschaften einer automatisierten Anlage
3.5 Mitarbeitermotivation
3.6 Soziale Verantwortung
3.6.1 Verantwortungsbereiche
3.6.2 CSR als Wettbewerbsfaktor
3.6.3 Ergonomie

4 Vorgehen zur Wahl des Automatisierungsgrades
4.1 Definition der Arbeitsaufgabe
4.1.1 Einflussfaktoren
4.1.2 Planungsergebnisse
4.2 Monetäre Bewertung
4.2.1 Betriebswirtschaftliche Grundlagen
4.2.2 Ideales Produktionsszenario
4.3 Nichtmonetäre Bewertung
4.3.1 Beschreibung des Vorgehens bei einer Nutzwertanalyse
4.3.2 Aufbau und Kriterien
4.3.3 Bewertung und Gewichtung

5 Probleme mit der vorgestellten Methode
5.1 Risikofaktoren und deren Auswirkungen
5.1.1 Reale OEE
5.1.2 Komplexität
5.1.3 Markt
5.1.4 Soziale Verantwortung
5.1.5 Worst Case Szenario
5.2 Lehren aus den Risikofaktoren

6 Vorschlag für eine verbesserte Vorgehensweise
6.1 Risikoanalyse
6.1.1 Beschreibung der Methode
6.1.2 Risikobewertung

7 Fazit

8 Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Anhang

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Auswahlkriterien für Montagesysteme (Lotter u.a. 2006 S. 3)

Abbildung 2: optimaler Automatisierungsgrad (Ross 2002, S. 5)

Abbildung 3: Idealer Produktlebenszyklus (Recklies)

Abbildung 4: Ablauf eines Kaizen-Prozesses (Dickmann 2009 S. 22)

Abbildung 5: Einflussfaktoren auf den Automatisierungsgrad (Eigene Darstellung frei nach Mecke)

Abbildung 6: Wirkungsrichtung der Arbeitsaufgabe (Eigene Darstellung frei nach Horn 2002, S. 4)

Abbildung 7: Anlagenbeschaffung (Modifizierte Darstellung nach Recklies)

Abbildung 8: Vergleich Für eine anlage (Eigene Darstellung)

Abbildung 9: Vergleich für zwei Anlagen (Eigene Darstellung)

Abbildung 10: Prinzip einer Nutzwertanalyse (Ross 2002, S. 25)

Abbildung 11: Ergebnis der Nutzwertanalyse (Eigene Darstellung)

Abbildung 12: Vorgehen zur Wahl (Eigene Darstellung)

Abbildung 13: Auswirkungen einer realen OEE (Eigene Darstellung)

Abbildung 14: Veränderte Kosten durch Kaizen (Eigene Darstellung)

Abbildung 15: veränderte Abschreibungsdauer (Eigene Darstellung)

Abbildung 16: Gesamtkosten veränderter Abschreibungsdauern (Eigene Darstellung)

Abbildung 17: unterschiedliche Absatzmengen (Eigene Darstellung)

Abbildung 18: kombinierte Risiken (Eigene Darstellung)

Abbildung 19: Umgang mit Risiken (Universität Bochum 2005)

Abbildung 20: Risikoportfolio manuell (Eigene Darstellung)

Abbildung 21: Risikoportfolio automatisierung (Eigene Darstellung)

ABKÜRZUNGEN

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Die folgende Bachelor-Thesis entstand im Rahmen meines Studiums Technik-Management an der Hochschule Ravensburg-Weingarten. An dieser Stelle bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Geyer, Fakultät Maschinenbau, der sich bereit erklärt hat diese Thesis zu betreuen und mich bei meiner Arbeit jederzeit unterstützt hat.

Ellwangen, Februar 2012

Kurzfassung

In der folgenden Bachelor-Thesis wird unter Beachtung der Wettbewerbsfaktoren ein Konzept erarbeitet, dass die Wahl zum optimalen Automatisierungsgrad in der industriellen Montage unterstützt. Es soll erreicht werden, dass Unternehmen nicht nur Kosten sparen, sondern nachhaltig am Markt erfolgreich sind. Zu diesem Zweck werden zunächst die Bedingungen für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit herausgearbeitet. Ausgehend davon werden Kriterien abgeleitet, die dabei helfen sollen, nach Definition von Produkt und Prozess den marktgerechten Automatisierungsgrad zu finden. Mithilfe von Break-Even-Analyse und Nutzwertanalyse werden diese Kriterien bewertet, um eine Tendenz zu ermitteln. Das Marktverhalten, sowie sie Marktstruktur geben dabei Risiken vor, die eine vom Idealfall abweichende Tendenz für die Entscheidung nach sich ziehen können. Die Analyse und Bewertung dieser Risiken erlaubt es die Methode zu erweitern und einen flexiblen, bzw. resistenten Automatisierungsgrad zu finden.

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In einem sich ständig verändernden Markt, in dem die Kunden die Regeln bestimmen und beinahe die gesamte Macht innehaben, ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens überlebenswichtig. Verkürzte Produktlebenszyklen und der Trend hin zu individualisierten Produkten, sowie die damit verbundene hohe Variantenzahl, stellen die Unternehmen täglich vor neue Herausforderungen. Hohe Innovationskraft muss dabei Hand in Hand gehen mit schneller und effizienter Anpassung von Produktion und Logistik[1] Um diesem Druck erfolgreich zu begegnen wurden in der Vergangenheit Programme entwickelt, die immer mehr angewendet werden. Begriffe, wie Lean Production, Six Sigma, Total Quality Management oder Kanban sind längst keine Fremdwörter mehr, sondern gehören in der heutigen Industrie zum Stand der Technik. Vereinfachte und beherrschbare Prozesse sollen Effizienz und damit auch erhöhte Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Ursprünglich auf die Produktion ausgelegt sind diese Programme mittlerweile in allen Bereichen zu finden. Trotzdem ist die Produktion als wertschöpfende Abteilung besonders zu betrachten. Dabei ist die Frage zu beantworten, inwieweit oben genannte Programme den Automatisierungsgrad beeinflussen und umgekehrt. Denn werden diese Programme, in denen Effizienz, Flexibilität und Nachhaltigkeit elementare Größen sind, wirklich als Stand der Technik angesehen, dann kann die Frage nach der Automatisierung nicht mehr allein technischer Natur sein. Obwohl eine rasante technische Entwicklung zu immer größerer Machbarkeit führt und der Glaube besteht das Ausschöpfen dieser Techniken führe zu sichereren und qualitativ besseren Produktionsprozessen, ist zu hinterfragen, ob diese Annahme tatsächlich zutrifft. Erhöhte Technisierung führte im zwanzigsten Jahrhundert zwar zu einer erhöhten Produktivität, doch gibt es auch zahlreiche Beispiele gescheiterter Projekte.[2] Dabei erscheint eine Vollautomatisierung auf den ersten Blick wirtschaftlich sehr attraktiv. Eine einmalige Investition, die unermüdlich Teile auswirft, die qualitativ auf immer gleichem Niveau liegen. Doch Technik kann, genauso wie der Mensch, versagen, sich der Kontrolle entziehen. Ein gutes Beispiel dafür ist die nun schon wieder etwas angestaubte Diskussion um Kernkraftwerke. Auch Einrichtungen auf höchstem technischem Niveau sind vor unvorhersehbaren Einwirkungen von außen nicht sicher und können sich leicht verselbstständigen, wodurch sie zur Gefahr werden. Diese Tatsache wirft eine essentielle Frage auf. Ist die Möglichkeit etwas zu tun, Grund genug es auch umzusetzen? Hier kann sehr gut eine Analyse angesetzt werden, die die wichtigsten Faktoren analysiert und bewertet.

Oberste Priorität bei der Wahl des Automatisierungsgrades ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Davon ausgehend kann eine gewisse Abhängigkeit von Faktoren abgeleitet werden, die aus verschiedenen Bereichen kommen. Einflüsse aus dem eigenen Unternehmen sind dabei genauso zu berücksichtigen, wie Normen oder Gesetze vom Staat, Standards in der Gesellschaft oder Bedürfnisse der Mitarbeiter. Die Frage ist also nicht: ist es technisch machbar? Sondern vielmehr: ist es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch fair gegenüber Mensch und Umwelt?

1.2 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist die Ausarbeitung eines Konzeptes zur Wahl des Automatisierungsgrades in der industriellen Montage. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Betrachtung verschiedener Einflussfaktoren unter Berücksichtigung des gesamten Unternehmens. Unter Anwendung von Beispielen werden Auswirkungen verschiedener Faktoren aufgezeigt und mit gängigen Philosophien moderner Produktionssysteme verknüpft. Bestandteil der Arbeit ist die monetäre Bewertung der manuellen Montage im Vergleich zur vollautomatischen Montage. Außerdem soll aufgezeigt werden inwieweit sich Faktoren wie soziale Verantwortung und begrenzte Fähigkeiten von Mensch und Maschine auf die Entscheidung des Automatisierungsgrades auswirken. Weiterhin sollen diese Faktoren analysiert und bewertet werden, um so eine realistische Tendenz unter Berücksichtigung von bekannten Störfaktoren, abweichend vom Idealfall, aufzuzeigen.

1.3 Vorgehensweise

Ausgehend vom Stand der Technik, wird unter Einbeziehung moderner Sichtweisen und Theorien ein Grundkonzept erarbeitet, dass später analysiert und verbessert wird. Die Beschreibung heutiger Konzepte in Produktion und Management soll dazu zum Verständnis der Randbedingungen beitragen. Die Erarbeitung eines Rahmens, von dem der optimale Automatisierungsgrad abhängt wird als Ausgangspunkt verwendet, um Kriterien zu definieren, die die Wahl beeinflussen. Nach der Aufstellung eines Konzeptes unter Beachtung industrieller Randbedingungen werden dessen Probleme herausgearbeitet und anhand einer Risikoanalyse in ein verbessertes Konzept integriert.

2 Stand der Technik

Um den Verlauf der Arbeit besser nachvollziehen zu können soll zunächst der Begriff Automatisierungsgrad abgegrenzt werden. Wie wird der Begriff allgemein verstanden, was sind die Hintergründe und wie wird bisher bei der Entscheidung zur Höhe des Automatisierungsgrades verfahren?

2.1 Begriffliche Abgrenzung

Automatisierung

Nach DIN 19233 heißt automatisieren, künstliche Mittel einzusetzen, damit ein Vorgang automatisch abläuft. Bei einer Anlage bedeutet das, sie mit Automaten so auszurüsten, dass sie automatisch arbeitet. Die Automatisierung ist das Ergebnis des Automatisierens. Automatisch heißt, nach Art eines Automaten arbeitend.

Ein Automat ist ein künstliches System, das selbständig ein Programm befolgt. Auf Grund des Programms trifft das System Entscheidungen, die auf der Verknüpfung von Eingaben mit den jeweiligen Zuständen des Systems beruhen und Ausgaben zur Folge haben. Demnach kann die Automatisierung als Ergebnis des Automatisierens, also als Einsatz von Automaten verstanden werden. Dabei ist es wichtig zwischen verschiedenen Stufen zu unterscheiden. Maschinisierung wird als Übernahme einzelner Funktionen des Produktionsprozesses durch Maschinen verstanden. Unter Mechanisierung wird nur die Zufuhr von Energie zum Prozess verstanden. Bei der Automatisierung dagegen werden auch Prozesssteuerungs- und Prozessregelungsaufgaben übernommen. Der Automatisierungsgrad ist also als Anteil der automatisierten Funktionen an der Gesamtfunktion eines Produktionssystems zu definieren.[3]

„Mathematisch ausgedrückt, definiert sich der Automatisierungsgrad über den Anteil der durch die automatisierte Einrichtung verrichteten Funktionen, bezogen auf die Gesamtheit der durch den Menschen und Maschinen geleisteten Funktionen“[4]

Montage

„Nach der VDI-Richtlinie 2860 (VDI 1990) ist Montieren die Gesamtheit aller Vorgänge, die dem Zusammenbau von geometrisch bestimmten Körpern dienen. Montagen bestehen im Kern aus Vorgängen des Fügens, wie in (DIN 8593) spezifiziert, und Funktionen der Werkstückhandhabung nach der VDI-Richtlinie 2860. Die Funktionen der Montage umfassen zusätzlich Tätigkeiten des Justierens und Kontrollierens sowie Sonderoperationen wie Markieren, Erwärmen, Kühlen, Reinigen, Entgraten usw.“[5]

Zusammenfassend entspricht die Wahl des Automatisierungsgrades in der Montage der Entscheidung, wie groß der direkte menschliche Anteil beim Fügen von Einzelteilen, zur Schaffung einer Funktion, im Vergleich zum Gesamtbedarf an Fügekraft sein soll.

Komplexität

Komplexität beschreibt die Gesamtheit aller voneinander abhängiger Merkmale und Elemente eines Systems. Unter Komplexität versteht man die Vielfalt und Verhaltensmöglichkeiten dieser Elemente sowie die Veränderlichkeit der Zusammenhänge. Komplexe Systeme sind gekennzeichnet durch ihre Eigendynamik, die sie irreversibel macht, das heißt Änderungen können nicht rückgängig gemacht werden. Aufgrund ihrer Intransparenz in ihrem Netzwerk zirkulärer Kausalität, erfordern komplexe Systeme ein hohes Maß an Wissen, um sie zu erfassen.[6]

Wettbewerbsfähigkeit

Wettbewerbsfähigkeit ist dann gegeben, wenn ein Unternehmen seine Produkte mit Gewinnen absetzen kann. Da aber auch Faktoren wie Qualität, Zeit und Zuverlässigkeit für den Absatz eine Rolle spielen ist Wettbewerbsfähigkeit nicht nur eine Frage der Kosten.[7]

2.2 Wahl des Automatisierungsgrades

2.2.1 Motivation zur Automatisierung

Um das Thema des Automatisierungsgrades überhaupt zu rechtfertigen muss zunächst die Frage beantwortet werden, weshalb bestimmte Tätigkeiten automatisiert werden sollen. Der am häufigsten genannte Grund für Automatisierung ist die Entlastung des Menschen von Tätigkeiten, die ständige Aufmerksamkeit erfordern, dabei aber mehr routinemäßiger Natur sind. Die Automatisierung ist nicht auf industrielle Prozesse beschränkt, sondern heutzutage allgegenwärtig, in Bügeleisen, Kühlschränken, Waschmaschinen. Des Weiteren ist eine Automatisierung nötig, wenn Prozesse zu komplex sind, als dass ein Mensch sie handhaben könnte. Der Mensch ist oft nicht in der Lage die Zusammenhänge hinreichend zu überschauen, um die nötigen Handlungen abzuleiten. Beispiel dafür sind chemische Reaktoren. Ein weiterer Grund zur Automatisierung ist die Qualität. Hierunter fällt vor allem die gleichbleibende Beschaffenheit bei Ausbringung der maximalen Produktmenge, bei gleichzeitiger Einhaltung von Terminen und der Gewährleistung einer kurzen Umstellzeit auf andere Produkte. Automatisierung dient auch dem Schutz des Menschen vor potentiellen Gefahren. Es können Roboter eingesetzt werden, um beispielsweise Brände zu löschen oder im Weltraum, wo unter lebensfeindlichen Bedingungen gearbeitet wird.[8]

2.2.2 Entscheidungskriterien zum Automatisierungsgrad

Die erste Frage, die bei jedem Automatisierungsvorhaben zu beantworten ist, ist die nach der Schwierigkeit der Erfassung und Beeinflussung der einzelnen Vorgänge des Prozesses. Davon abhängig ist die Wirtschaftlichkeit dieser Vorgänge. Es ist sinnvoll nur die Vorgänge zu automatisieren, bei denen es sich wirtschaftlich lohnt. Dadurch ergibt sich eine von Fall zu Fall unterschiedliche Situation, die sich mit dem Begriff des Automatisierungsgrades beschreiben lässt. Werden alle Vorgänge automatisch durchgeführt ist der Automatisierungsgrad 100%, werden Alle manuell durchgeführt ist er Null. Doch selbst bei vollautomatisierten Prozessen sind Menschen involviert, sei es durch die Vorgabe von Ergebnissen oder durch Eingreifen im Störungsfall.[9] Aufgrund des geringen Personalaufwandes fällt die Wahl des Automatisierungsgrades besonders in den Industrieländern meist gleich aus. Der Anlagenbetreiber tendiert zu einem möglichst hohen Grad. Dadurch muss er neben der Betriebsleitung und dem Instandhaltungspersonal nur Personal für die Betriebswarte beschäftigen. Die Aufwendungen für die Anlage sind nur einmalig, die Personalkosten fallen allerdings während der gesamten Produktionszeit an. Somit hängt die Entscheidung nach dem Automatisierungsgrad maßgeblich vom Lohnkostenniveau ab. In den Industrieländern ist das Lohnkostenniveau relativ hoch, weshalb man hier eher einen hohen Automatisierungsgrad wählt. Die Investitionskosten werden durch die Einsparungen an Lohnkosten mehr als kompensiert. In Entwicklungsländern kann diese Entscheidung aufgrund des Zugangs zu billigem Personal allerdings anders ausfallen, während Kapital für größere Investitionen oft nicht ausreichend vorhanden ist.[10]

Das Investment ist jedoch nicht das einzige Kriterium, nach dem entschieden wird. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang der drei Faktoren Wirtschaftlichkeit, Flexibilität und Losgröße. Unter Aufführung dreier Alternativen sieht man hier sehr deutlich das Zusammenspiel zwischen Einflussfaktoren und Entscheidungsergebnis.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Auswahlkriterien für Montagesysteme

(Lotter u.a. 2006 S. 3)

Nun haben diese drei Kriterien mehr oder weniger direkt mit der Wirtschaftlichkeit des Montagesystems zu tun und schließen sich teilweise gegenseitig aus. Die verschiedenen Kriterien, die für die Entscheidung wichtig sind kann man grob in drei Gruppen einteilen.

technische Bewertung

wirtschaftliche Bewertung

Personalaspekte

Bei der technischen Bewertung sind besonders Fragen zur Dimensionierung zu klären. Welche Anforderungen stellt die Aufgabe an die Anlage bezüglich Sensoren, Steuerung, Werkzeug-/Werkstückführung? Welches Gewicht haben die Werkstücke? Welche Toleranzen brauchen die Werkzeuge? Welche Zykluszeit ist geplant? Welche Genauigkeit wird benötigt?[11] Diese Fragen beschäftigen sich allerdings weniger mit der Machbarkeit der technischen Umsetzung, sondern sind Teil der Auslegung der Anlage und somit wieder eine Frage der Kosten, bzw. des Investments und infolgedessen Teil der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Auch die Aspekte der personellen Betrachtung fallen in der Literatur in erster Linie unter den Bereich der Wirtschaftlichkeit:

Eignung des Personals

Benötigte Qualifikationen

Durchzuführende Schulungsmaßnahmen

Einsatzgebiete und Möglichkeiten von freiwerdendem Personal[12]

Obwohl also durchaus andere Kriterien in Betracht gezogen werden, spielt die Rentabilität, nach dem heutigen Stand, die wichtigste Rolle und ist damit auch das Kriterium, nach dem der Automatisierungsgrad in der industriellen Produktion bestimmt wird.

2.2.3 Bestimmung des Automatisierungsgrads

Um als zuverlässige Basis für Investitionsentscheidungen zu dienen, müssen die in der Planung eingesetzten Mittel eine möglichst präzise Aussage über Kosten und Leistungsfähigkeit des Montagesystems treffen können. Je früher Fehler entdeckt und korrigiert werden können, desto geringer sind finanzielle und zeitliche Schäden. In der Literatur finden sich zur Montagesystemplanung, je nach Autor, sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen. Während manche Autoren die Planung mit der Erstellung des Lastenheftes als beendet ansehen, schließen Andere auch die Realisierung des Systems mit ein. Einige legen sich gar schon im Vorfeld auf die Montageart fest.[13] Die Wirtschaftlichkeit der Montagesysteme wird dabei mit den Methoden der statischen und dynamischen Investitionsrechnung geprüft. Um daraus eine vernünftige Aussage ableiten zu können, muss die Planung einen sehr genauen Detailgrad aufweisen, was einen enormen Aufwand für die Planung bedeutet. Um die Wirtschaftlichkeit auch mit weniger Planungsaufwand bestimmen zu können, wird auf Basis von Produkt- und Prozessinformationen ein Montageablauf generiert und der technische Realisierungsaufwand bestimmt. Dazu werden zunächst die einzelnen Prozesse der Montage hinsichtlich ihres Einflusses auf den Gesamtprozess bewertet und gewichtet. Ergebnis sind dann Aufwandswerte, die eine Aussage bezüglich des technischen Aufwandes des Prozesses und seiner Teilaspekte erlauben. Zur Bewertung der Prozesse wird in erster Linie Erfahrung aus bereits umgesetzten Systemen herangezogen.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: optimaler Automatisierungsgrad (Ross 2002, S. 5)

3 Randbedingungen in der Industrie

3.1 Markt

3.1.1 Wirksamer Wettbewerb

Wirksamer Wettbewerb lässt sich grob anhand von drei Merkmalen beschreiben. Der Marktstruktur, dem Marktverhalten und dem Marktergebnis. Daraus lässt sich ein einfaches Kausalprinzip ableiten. Marktstruktur und Marktverhalten sind die Ursachen und wirken auf das Marktergebnis. Wobei in der Realität ein komplexerer Zusammenhang besteht, so beeinflusst ein gutes Marktergebnis beispielsweise in Form sehr hoher Gewinne die Marktstruktur durch das Anlocken von neuen Marktteilnehmern.

Unter Marktstruktur werden alle Faktoren zusammengefasst, die den Wettbewerb beeinflussen, dabei aber relativ konstant bleiben. Dazu gehören die Zahl der Anbieter und Nachfrager, deren Marktanteile, Markttransparenz, Grad der Produkthomogenität, usw. Das Marktverhalten beinhaltet diejenigen Faktoren, die durch Entscheidungen des Unternehmens kurzfristig verändert werden können. Dazu gehören Preise und Rabatte, Mengen, Qualität, Service und Werbung, die vor allem im Kampf um Marktanteile im Zeitablauf verändert werden. Marktergebnisse können anhand der Wettbewerbsparameter gemessen werden. Höhe der Gewinne, Qualität, Output, Produktions- und Verkaufskosten und technischer Fortschritt sind typische Messgrößen.[15]

3.1.2 Produktlebenszyklus

Das Konzept des Produktlebenszyklus wurde schon in den frühen 1920er Jahren von dem amerikanischen Statistiker Raymon Prescott herausgefunden. Das Konzept besagt, dass ein Produkt, genauso wie ein Lebewesen, verschiedene Phasen, von der Geburt bis zum Tod, durchläuft. Mathematisch darstellen kann man diese Phasen durch eine logarithmische Funktion, sie beschreibt dabei, im Idealverlauf, eine Glockenkurve. Nach der Geburt, dem Markteintritt des Produktes, sind es in groben Zügen vier Phasen, die das Produkt durchläuft. Die Einführung, während der der Absatz langsam ansteigt, das Wachstum, in dem der Absatz stärker wächst, die Reife, in der der Absatz seinen höchsten Punkt erreicht und schließlich der Rückgang, in dem das Produkt langsam „stirbt“. Gründe für die begrenzte Lebensdauer sind vor allem technischer Fortschritt, Nachfrageänderungen und ausgeschöpftes Potential am Markt. Ohne Marketinginstrumente nimmt der Produktlebenszyklus den Idealverlauf an.[16] Nutzt man diese kann der Verlauf allerdings stark verändert werden, sodass Absatz, Dauer und Verlauf der Phasen vom Idealverlauf abweichen können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Idealer Produktlebenszyklus (Recklies)

Damit haben der Produktlebenszyklus, sowie das Marktverhalten sehr starken Einfluss auf die Produktion. Veränderungen am Markt, ob vom Unternehmen selbst hervorgerufen oder von Wettbewerb und Kunden initiiert, erfordern in der Produktion eine Reaktion, um zu hohe Kosten zu vermeiden.

3.2 Overall Equipment Efficiency

Die Overall Equipment Efficiency, oder kurz OEE, wurde ursprünglich von Seiichi Nakajima entwickelt und ist eine Maßzahl für die Performance einer Produktionsanlage. Heute hat fast jeder Fertigungsbetrieb eine eigene Methode die OEE zu ermitteln. Formal setzt sich die Zahl aber wie folgt zusammen:

OEE = Qualität*Verfügbarkeit*Leistung

Die OEE ist dabei eine Maßzahl für die in einer Anlage verborgenen Potentiale. An ihr sieht man sehr deutlich, ob Verbesserungsbedarf besteht. Liegt der Wert unter 65%, dann ist die Fertigung sehr stark verbesserungswürdig, bei einer solch niedrigen OEE entstehen unnötige Kosten. Die meisten Betriebe bewegen sich im Bereich zwischen 65% bis 85%, hier sollten Prozesse zur ständigen Optimierung der Anlage eingerichtet sein. Ist der Wert über 85%, dann bewegt sich der Betrieb bereits auf Weltklasseniveau.[17]

Das Ergebnis der OEE liefert eine Aussage über die Zuverlässigkeit der Anlage, leistet aber keine Ursachenaufzeichnung, sondern zeigt lediglich Wirkungen und dient damit als Entscheidungsgrundlage für Verbesserungsmaßnahmen. Während Konzepte wie Six Sigma oder Lean Production ihre Schwerpunkte setzen, betrachtet die OEE den gesamten Prozess und fügt im Zuge dessen eine Geschwindigkeits- und Verfügbarkeitskomponente hinzu.

Die Arten der Verluste sind laut obiger Formel in drei Bereiche eingeteilt. Unter Verfügbarkeit sind die verschiedenen Möglichkeiten von Stillständen zusammengefasst. Beispielsweise zur Beseitigung eines Defekts, zum Rüsten der Werkzeuge oder Stillstände durch Anfuhr und Abtransport von Material. Die Leistung beschreibt die Geschwindigkeitskomponente. Instabile Geschwindigkeit oder Abweichungen von der geplanten Taktzeit fallen unter diesen Bereich. Unter Qualität wird die Produktion von Ausschuss und Nacharbeit verstanden, bei deren Produktion ebenfalls Zeit verschwendet wird.[18]

Zusammenfassend ist die OEE eine Kennzahl zur Aufzeichnung von Verschwendung in der Produktion und hat somit direkten Einfluss auf die anfallenden Kosten und damit auch auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Montagesystems.

3.3 Lean Production

„Es gibt heute kaum ein namhaftes produzierendes Unternehmen, das hohem Konkurrenzdruck ausgesetzt ist und dabei noch völlig ohne an die schlanke Produktion angelehnten Methoden auskommt.“[19]

Dabei setzt das, auch als Toyota Produktionssystem bekannte System auf eine Reihe von Konzepten zur Vereinfachung der Prozesse in Produktion und Logistik. Doch längst ist das Programm nicht mehr nur in der Produktion der Automobilbranche zu finden. Weiterentwickelt zu alles umfassenden Programmen wie Lean Management sind seine Grundsätze heutzutage in beinahe jeder Branche zu finden, um dem mit stärkerer Globalisierung wachsenden Konkurrenzdruck am Markt bestmöglich zu begegnen. Die einfachen Prozesse, die sehr viel transparenter werden und dadurch sehr schnelle Verbesserung zulassen, führen sozusagen „nebenbei“ zu erhöhter Wirtschaftlichkeit. Ziel dieser Methode ist es durch schnelle, nachhaltige und ganzheitliche Optimierung einen Vorteil im Konkurrenzkampf zu erzielen. Der Grund für die Popularität des Programmes wird deutlich, schaut man sich den Erfolg von Toyota gegenüber dem Wettbewerb aus Europa und den USA zur betreffenden Zeit an. Die Frage ist nun, wie dieser Erfolg erreicht wurde. Vereinfachte und transparente Prozesse lassen eine sehr hohe Flexibilität und Kontrolle zu, sodass auf veränderte Gegebenheiten sehr schnell reagiert werden kann. Außerdem wird die Arbeit wiederholbar, was wenig Spielraum für Fehler lässt. Sollten allerdings Fehler auftreten gebietet die Philosophie der schlanken Produktion diese als Chance für Verbesserung zu nutzen. Das Lernen von den Besten und sogar das nochmalige Verbessern des Gelernten ist ständig gegenwärtig und reduziert kontinuierlich Verschwendung. Der Kerngedanke liegt also nicht im Finden von detaillierten Optimallösungen, sondern in einem Rundumschlag, bei dem möglichst ganzheitliche, allgemeine Ansätze gefunden werden, die eine weitere Verbesserung zulassen.[20]

3.3.1 Elemente der Lean Production Methode

Das Toyota Produktionssystem ist ursprünglich auf Logistik und Produktion ausgelegt. Im Laufe der Zeit haben sich einige Elemente herauskristallisiert, die auch für sich alleine Sinn machen, und in einzelnen Bereichen helfen, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Der Vollständigkeit halber sollen hier die gängigsten Elemente genannt werden, allerdings werden nur die für die Wahl des Automatisierungsgrades wichtigen Elemente näher beschrieben.

3.3.1.1 Populäre Elemente des Lean Gedankens

Als elementarer Bestandteil ist zunächst Kanban zu nennen. Diese Methode basiert auf dem Pull-Prinzip und ist Teil der Logistik. Es zielt darauf ab die Bestände niedrig zu halten. Güter werden dabei nach Bedarf aufgefüllt.[21]

Poka-Yoke ist ein Konzept zur Fehlervermeidung. Durch kleine Einrichtungen soll verhindert werden, dass nicht vermeidbare Fehler zu Folgeschäden führen. Poka-Yoke ist von dem Gedanken geprägt, dass Menschen Fehler machen.[22]

Schlanke Produktion ist außerdem geprägt von selbstverantwortlichen Gruppen anstatt abgeschotteten Einzelarbeitern. Dies gewährleistet ein dezentrales Qualitätsmanagement und ständige Verbesserung an der Basis.[23]

3.3.1.2 Flexibilität

Flexibilität ist zwar nicht direkt ein Element der schlanken Produktion, da sie aber wichtigster Bestandteil, bzw. Ziel des Lean Gedankens ist und zentrale Größe im Konkurrenzkampf der globalen Märkte soll hier dargelegt werden, was im Zuge dieser Arbeit unter Flexibilität verstanden wird.

Flexibilität ist ein komplexes, multidimensionales und schwer zu definierendes Konzept. In der englischen Literatur können dazu mehr als 70 Definitionen gefunden werden. Trotz steigenden Interesses bestehen immer noch Schwierigkeiten bei der Analyse und Realisierung der Flexibilität. Dazu zählen aber vor allem die in den Ursprüngen der Wortbedeutung zu findenden Eigenschaften physischer Objekte. Eine Übernahme in die betriebswirtschaftliche Terminologie lässt dabei eine einfachere Erfassung des Begriffes zu. Diese Sichtweise umfasst neben der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen als evolutionären Prozess auch die Beherrschung von Risiken und die Nutzung von Chancen im Wettbewerb. Damit ist die Flexibilität als Eigenschaft zu verstehen, aktive oder reaktive sowie zielgerichtete Änderungen zu ermöglichen, um sich veränderten Umweltbedingungen anzupassen und damit Existenz und Wachstum des Unternehmens zu gewährleisten.[24]

Trotz der vielen Definitionen stimmen sie in dem Punkt überein, dass Flexibilität als Fähigkeit zur Anpassung bezüglich unterschiedlicher Bedingungen zu verstehen ist. Entsprechend geht Flexibilität nicht zwangsläufig auf Kosten anderer Wettbewerbsfaktoren, sondern ist vielmehr als eine übergeordnete Größe zu verstehen, die mit anderen Wettbewerbsfaktoren nicht in Konkurrenz steht, wie es beispielsweise bei Qualität und Kosten der Fall ist. Vor dem Hintergrund sich schnell wandelnder und unvorhersehbarer Umweltsituationen gewinnt Flexibilität stark an Bedeutung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die anderen Wettbewerbsfaktoren unwichtiger werden, vielmehr wird in der heutigen Industrie ein Mix aus Faktoren angestrebt. Demnach hat Flexibilität auch hier eine besondere Bedeutung, da es mit einschließt, auch die Gewichtung der Faktoren variieren zu können.[25]

Obwohl Flexibilität aufgrund der Abstraktheit und des Fehlens eines geeigneten Messwertes schwer zu messen ist gibt es Ansätze, durch Definition eines Messobjektes, die Flexibilität ebenjenes Objektes zu bestimmen. Verwendet wird dazu ein Messmodell, das die Elemente Messgröße, Messobjekt, Messgegenstand und Messwerte enthält. Bezogen auf die Fertigung kann, um die Messgröße Flexibilität zu messen, als Messobjekt eine Fertigungsanlage herangezogen werden. Der Messgegenstand ist dann eine messbare Eigenschaft dieser Fertigungsanlage und die Messwerte sind Resultate des Messvorgangs. So muss zur Messung der Flexibilität also eine Eigenschaft bestimmt werden, die sich quantitativ abbilden lässt.[26] Typische Anzeichen für eine flexible Fertigung sind:

kurze Zeit für den Bau der Fertigungseinrichtungen

kurze Umrüstzeiten bei Produktumstellung

vereinheitlichte Module und Anlagenkomponenten

vereinheitlichte Bedienung und Programmierung

wiederverwendbare Komponenten[27]

3.3.1.3 Kaizen

„Der Begriff Kaizen stammt aus Japan. „Kai“ steht für „Veränderung“, „Zen“ für „zum Besseren“. Ziel ist dabei, aus guten Produkten und guten Unternehmen noch bessere Produkte bzw. Unternehmen zu machen.“[28]

Im Grunde ist Kaizen als ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu verstehen. Wichtig ist dabei vor allem Flexibilität, um eine schnelle Reaktion zu gewährleisten. Kaizen geht davon aus, dass kein Betrieb ohne Probleme ist und vertritt daher die Philosophie, dass das Melden von Fehlern und Problemen ungestraft bleibt. Diese werden stattdessen als Chance zur Verbesserung gesehen. Diese Philosophie wird von jedem Mitarbeiter gestützt und verinnerlicht, da nur gemeinsam nachhaltige Verbesserung erzielt werden kann. Im Gegensatz zu Europa, wo das „Ich“ dominiert, ist daher in Japan Kaizen sehr erfolgreich und mit den dort herrschenden Tugenden vereinbar. Erster Schritt von Kaizen ist die Schulung und Miteinbeziehung der Mitarbeiter, denn nur qualifizierte Mitarbeiter können wertvolle Beiträge zur Verbesserung leisten. Insbesondere Kreativitätspotentiale sind dabei auszuschöpfen. Erkannte Missstände lösen bei Kaizen, in der Gruppe, einen von der Gruppe selbstständig durchzuführenden Prozess aus, der idealerweise nach dem PDCA-Zyklus abläuft. Die fördert die Motivation der Mitarbeiter, da sie aktiv und selbstständig etwas bewirken können und damit Verantwortung und Kompetenz tragen. Grundgedanke von Kaizen ist das Vermeiden von Verschwendung und das schrittweise, kontinuierliche Optimieren der Faktoren Zeit, Qualität und Kosten.[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Ablauf eines Kaizen-Prozesses (Dickmann 2009 S. 22)

Eng verbunden mit Kaizen ist die 5S-Methodik, Tugenden wie Ordnung, Sauberkeit und Disziplin kommen hier zum Einsatz und sollen eine Ausgangsbasis für Verbesserung schaffen. Diese Methode läuft in fünf Schritten ab. Im ersten Schritt wird alles aussortiert, was nicht gebraucht wird. Der zweite Schritt sieht die Säuberung des Arbeitsplatzes vor, an dem fortan nur noch benötigte Dinge gefunden werden. Danach werden die Arbeitsmittel genau dort positioniert, wo sie gebraucht werden, bevor im vierten Schritt die Standardisierung der Anordnung erfolgt. Der fünfte Schritt sieht dann nur noch die Einhaltung der ersten vier Schritte vor.[30]

3.3.1.4 Low Cost Automation

Low Cost Automation ist eine preisgünstigere Alternative zur bekannten Automatisierung. Die Investitionskosten betragen dabei nur einen Bruchteil, da die Automaten im eigenen Unternehmen konstruiert und gebaut werden. Die Vorrichtungen sind meist von einfacher Art und funktionieren mit einfachen Prozessen. Dadurch sind sie sehr transparent. Kernidee ist die vollkommene Ausrichtung auf den Kunden. Ohne übergroße Kosten kann mithilfe von LCA schnell jeder noch so außergewöhnliche Wunsch des Kunden erfüllt werden. Bei der Umsetzung ist allerdings eine ausreichende Prozessbeherrschung vorausgesetzt. Dies bringt vor allem den Vorteil mit sich, dass die intensive Beschäftigung mit den Prozessen einen gewissen Grad der Perfektion nach sich zieht und somit Verschwendung minimiert wird.[31]

Als Stand der Technik ist der Lean-Gedanke bei jeder Entscheidung im Unternehmen miteinzubeziehen. Das nachhaltige Sichern von Know-How, die Ausrichtung der Prozesse auf Effizienz und das übergeordnete Ziel der Flexibilität bergen ein enormes Potential im Hinblick auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.

3.4 Eigenschaftenvergleich Mensch und Maschine

Natürlich ist es wichtig bei der Wahl des Automatisierungsgrades in der Produktion die Eigenschaften der zur Auswahl stehenden Alternativen zu kennen. Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können sind zunächst also Informationen nötig, die Fähigkeiten, das heißt die Vor- und Nachteile, der jeweiligen verfügbaren Richtungen betreffend. Die mit Automatisierung angestrebten Ziele können sehr unterschiedlich sein und basieren größtenteils auf Menschen-und Technikbildern, die sich über die Zeit angesammelt haben. Theorien, die im allgemeinen Verständnis enthalten sind, aber nicht zwangsläufig zutreffen. Dinge wie Produktivitätssteigerung, Qualitätsverbesserung, Erhöhung der Prozesssicherheit werden dabei immer wieder der Technik zugeschrieben.[32]

3.4.1 Eigenschaften eines Werkers

Was die geometrischen Grenzen betrifft ist ein Werker beinahe uneingeschränkt. Neben Armen verfügt er auch über Beine, mit denen er sich frei, ohne Abhängigkeit von Koordinaten oder Programmen an jeden beliebigen Ort bewegen kann. Darüber hinaus ist es ihm möglich mithilfe einer Vielzahl an Gelenken äußerst beweglich auch an schwer zu erreichende Stellen zu greifen. Einfache Hilfsmittel, wie beispielsweise Leitern, können ihm außerdem dazu dienen auch an Orte zu greifen, die zunächst außerhalb seines Einzugsgebietes liegen.

Allerdings sind Werker nur begrenzt belastbar. Es besteht sowohl die Gefahr der physischen, als auch der psychischen Belastung. Im Hinblick auf die physische Kraft eines Werkers liegt die maximale Belastung nur bei wenigen Kilogramm. Dabei ist nicht nur die Höhe des Gewichtes des zu verbauenden Teils zu beachten, sondern auch die Dauer und Anzahl der Vorgänge. Eine sehr große Schwäche des Menschen in der industriellen Produktion ist seine Ausdauer. Je größer die Belastung, umso schneller ermüdet er, was auch Auswirkungen auf die Konzentration hat. Anders als eine Maschine kann man einen Werker also nicht dauerhaft im Einsatz lassen. Es sind Rotationssysteme und Schichtwechsel nötig, um eine vergleichbare Leistung mit einer Maschine erreichen zu können. Typische Arten der Belastung sind:

Höhe der physischen Beanspruchung

Dauer und Anzahl der physischen Beanspruchung

Umgebende Temperatur

Luftqualität in der Umgebung

Dazu ist ein Werker auch anfällig für psychische Belastung, wie beispielsweise Stress, wenn der Werker unter Druck gesetzt wird, was seine Leistung oder seinen Arbeitsplatz betrifft. Hierunter fällt Akkordlohn oder, in Krisenzeiten gegenwärtig, die Gefahr einer Kündigung. Wird die Belastung zu groß können schnell Konzentrationsstörungen folgen, was zu Unfällen führen kann. Bei all seinen Vorteilen birgt der Werker doch die Gefahr eines längeren Ausfalls durch Krankheiten. Eine große Stärke menschlicher Arbeiter ist das Potential der Intelligenz. Ein Werker denkt bei Verrichtung seiner Arbeit mit und birgt somit eine Quelle für Vorschläge und Verbesserungen. Dies versetzt ihn auch in die Lage neue Dinge zu lernen und damit seine Qualifikationen auszubauen, um für eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufgaben einsetzbar zu sein. Seine fünf Sinne versetzten ihn außerdem in die Lage Fehler oder Ungereimtheiten auf mehrere Arten zu erkennen und so eine präzise Reaktion auszulösen.

3.4.2 Eigenschaften einer automatisierten Anlage

Eine automatisierte Anlage ist im Gegensatz zu einem menschlichen Arbeiter dimensionierbar. Das bedeutet, dass die Anlage immer an die erforderliche Aufgabe angepasst werden kann. Es gibt dafür verschiedene Kenngrößen, die zunächst festzulegen sind, die aber in der technischen Umsetzung über ein sehr breites Spektrum der Variabilität verfügen. [33]

Zunächst ist eine automatische Anlage allerdings örtlich eingeschränkt. Eine begrenzte Anzahl an Achsen und die starren Abmessungen machen es schwer jeden Ort zu erreichen. Damit unterliegt die Anlage technischen Systemgrenzen, sie hat zwar einen definierten Arbeitsbereich, kann darüber hinaus aber nicht wirken.[34] Dies macht Vollautomatisierung nur sehr einseitig verwendbar. Zusätzlich muss dieser Arbeitsbereich als Gefahrenzone ausgewiesen und abgeschrankt werden und birgt damit für eventuell beteiligte Werker eine Unfallgefahr. Die Maschine selbst ist allerdings schmerzunempfindlich und kann beinahe von jeder „Verletzung“ befreit werden. Bei hohen Geschwindigkeiten ist bei dem heutigen technischen Standard trotzdem noch eine sehr hohe Genauigkeit zu erreichen, dabei arbeitet die Maschine unermüdlich bis sie gestoppt wird. Außer bei Störungen, zur Reparatur, oder bei Wartungseinsätzen braucht eine Anlage auch keine Pausen. Es wird oft davon ausgegangen, dass eine perfektionierte Technik dem Menschen überlegen ist, was Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit oder ähnliches angeht. Der Mensch wird als Störfaktor gesehen, der fehlerbehaftet nur jene Aufgaben erledigen kann, die von der perfekten Technik übriggelassen werden. Paradoxerweise wird oft übersehen, dass diese Technik auch von Menschen gebaut wurde.[35]

3.5 Mitarbeitermotivation

„Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen ist es, gute Leute bei Laune zu halten.“[36]

Menschen haben Bedürfnisse, die sie erfüllt haben wollen. Dies stellt für die Unternehmen nicht nur eine Herausforderung dar, sondern ist für die Produktivität unerlässlich. Unzufriedene Mitarbeiter stellen in der Regel ihr Engagement ein und machen oft nur noch Dienst nach Vorschrift, haben innerlich gekündigt oder gehen sogar bis zu Sabotageakten, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Das erfordert vom Management ein Maß an Sensibilität, das von der Sichtweise des Menschen als Ressource deutlich abweicht.[37] Im Laufe der Zeit wurden eine ganze Reihe von Menschenbildern und Theorien zur Mitarbeiterführung entwickelt. Berühmte Beispiele sind Taylor, Hertzberg oder Maslow. Dabei hat vor allem Taylor den Menschen auf eine Stufe mit einer Maschine gestellt. Für ihn waren Mitarbeiter nur dumme, faule Leistungsquellen, denen man keinerlei Verantwortung übertragen konnte. Man gewinnt den Eindruck, als wäre diese Sichtweise auch heute noch in den meisten Unternehmen vertreten. Viele Entscheidungen werden von oben herab gefällt, ohne mit den Betroffenen beraten zu haben. Monotonie und Entmündigung sind der größte Feind der größten menschlichen Stärke im Unternehmen. Der Kreativität. Die Frage ist nun, wie die Mitarbeiter, am besten dauerhaft, bei Laune gehalten werden können.[38]

Die Möglichkeiten dafür sind vielzählig und reichen von sportlichen Ausflügen, über spielerisch geprägte Veranstaltungen, bis hin zu Vorträgen von berühmten Personen. Trotzdem greifen die meisten Unternehmen auf sogenannte Incentives zurück, monetäre Leistungsbelohnungen, die bei den Mitarbeitern aber nicht viel Wirkung zeigen. Denn: Hat ein Angestellter keinen Spaß an seiner Arbeit, dann hilft auch mehr Geld nicht. Auch das Setzen von Incentives braucht eine Strategie, um nachhaltig etwas ausrichten zu können. Wichtig ist auch hier auf Mundpropaganda zu setzen. Ein Erlebnis, von dem der Betroffene begeistert seiner Familie oder seinen Freunden berichten kann wird langfristig Eindruck hinterlassen.[39]

[...]


[1] Vgl. Dickmann 2009, S. 34

[2] Vgl. Wäfler und u.a. 1999, S. 14–15

[3] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/72569/automatisierung-v6.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[4] Kloth 2010, S. 158

[5] Quelle: Lotter, u.a. 2006, S. 2

[6] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/5074/komplexitaet-v6.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[7] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/6868/internationale-wettbewerbsfaehigkeit-v8.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[8] Vgl. Weller 2008, S. 22–24

[9] Vgl. Lauber und Göhner 1999, S. 15–16

[10] Vgl. Helmus 2003, S. 19

[11] Vgl. http://www.reisrobotics.de/reisrobotics_media/Downloads/8_0+Planung+und+Realisierung.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[12] Vgl. http://www.reisrobotics.de/reisrobotics_media/Downloads/8_0+Planung+und+Realisierung.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[13] Vgl. Ross 2002, S. 34

[14] Vgl. Ross 2002, S. 56–57

[15] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/54641/wirksamer-wettbewerb-v7.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[16] Vgl. Klemenz 2009, S. 7–10

[17] Vgl. http://www.kon-cept.at/whitepapers/Produktionskennzahlen.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[18] Vgl. http://www.awf.de/download/Prozessoptimierung-durch-OEE-Einsatz-Logicpark.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[19] Dickmann 2009, S. 5

[20] Vgl. Dickmann 2009, S. 5–7

[21] Vgl. Füser 2007, S. 160–165

[22] Vgl. Füser 2007, S. 182–185

[23] Vgl. Dickmann 2009, S. 9

[24] Vgl. Strohhecker 2009, S. 58

[25] Vgl. Strohhecker 2009, S. 59

[26] Vgl. Strohhecker 2009, S. 230

[27] Vgl. http://www.reisrobotics.de/reisrobotics_media/Downloads/1_0+_Allgemeines+zur+Robotertechnik.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[28] Dickmann 2009, S. 20

[29] Vgl. Füser 2007, S. 112–124

[30] Vgl. Dickmann 2009, S. 22

[31] Vgl. Dickmann 2009, S. 45–48

[32] Vgl. Wäfler und u.a. 1999, S. 23

[33] Vgl. http://www.reisrobotics.de/reisrobotics_media/Downloads/8_0+Planung+und+Realisierung.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[34] Vgl. http://hmt.fh-duesseldorf.de/hmt/images/b/b5/6_Industrieroboter.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[35] Vgl. Wäfler u.a. 1999, S. 25

[36] http://www.focus.de/finanzen/karriere/management/tid-15624/mitarbeitermotivation-geld-wird-ueberschaetzt_aid_438595.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[37] Vgl. http://www.download.ff-akademie.com/Gallup-Studie.pdf (letzter Zugriff: 25.02.2012)

[38] Vgl. Füser 2007, S. 47–50

[39] Vgl. http://www.focus.de/finanzen/karriere/management/tid-15624/mitarbeitermotivation-geld-wird-ueberschaetzt_aid_438595.html (letzter Zugriff: 25.02.2012)

Ende der Leseprobe aus 91 Seiten

Details

Titel
Wahl des optimalen Automatisierungsgrades in der industriellen Montage
Hochschule
Hochschule Ravensburg-Weingarten
Note
1,5
Autor
Jahr
2012
Seiten
91
Katalognummer
V298755
ISBN (eBook)
9783656951384
ISBN (Buch)
9783656951391
Dateigröße
1916 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wahl, automatisierungsgrades, montage
Arbeit zitieren
Ludwig Stengel (Autor:in), 2012, Wahl des optimalen Automatisierungsgrades in der industriellen Montage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298755

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