Hirnelektrische Feedbackpotentiale in verschiedenen Situationen eines Glücksspiels. Eine EEG-Untersuchung


Bachelorarbeit, 2010

50 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Neuronale Grundlagen der Fehlerverarbeitung
1.2 Die feedback-error related negativity
1.3 Befunde des Empirischen Forschungspraktikums mit Bezug zu dieser experimentellen Arbeit
1.4 Allgemeine Hypothesen
1.4.1 Feedbacknegativierung
1.4.2 Weiterspielen
1.4.3 Sicherheit
1.4.4 Erwartungswert

2 Methode
2.1 Probanden
2.2 Apparate und Stimuli
2.3 Instruktionen
2.4 Versuchsaufbau
2.4.1 Trialaufbau
2.4.2 Blockaufbau
2.4.2.1 Weiterspielen
2.4.2.2 Sicherheit
2.4.2.3 Erwartungswert
2.4.3 Nachbefragung
2.5 EEG-Auswertung
2.6 Datenanalyse und statistische Hypothesen
2.6.1 Feedbacknegativierung
2.6.2 Weiterspielen
2.6.3 Sicherheit
2.6.4 Erwartungswert
2.6.5 Nachbefragung

3 Ergebnisse
3.1 Fehlernegativierung
3.2 Weiterspielen
3.3 Sicherheit des Ausgangs
3.4 Erwartungswert
3.5 Nachbefragung

4 Diskussion
4.1 Hypothesengeleitete Diskussion
4.1.1 Feedbacknegativierung
4.1.2 Weiterspielen
4.1.3 Sicherheit
4.1.4 Erwartungswert
4.1.5 Nachbefragung
4.2 Vergleich der Ergebnisse mit der BART-Task
4.3 Besonderheiten und Grenzen des Glücksradparadigmas
4.4 Negativierung oder doch Positivierung?
4.5 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang A: Einverständniserklärung

Anhang B: Instruktionen

Anhang C: Nachbefragung

Anhang D: Abbildungsverzeichnis

Anhang E: Abkürzungsverzeichnis

Selbstständigkeitserklärung

Danksagung

1 Einleitung

Ob Gladiatorenwettkämpfe, Pferdewetten, Poker oder moderne Lotterien, über alle Zeiten und Krisen hinweg hat das Glücksspiel im Leben der Menschen in zahlreichen Formen immer eine Rolle gespielt. Besonders beim Lotto 6 aus 49 fällt auf, dass der Reiz, einen kleinen Geldeinsatz in einen großen Gewinn zu verwandeln, nicht nachlässt. Trotz der Auswirkungen der Finanzkrise auf die Beschäftigungssituation und Gehälter der Menschen in Deutschland stieg der Wetteinsatz dafür im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr an (Fisch, 2010). Eine Möglichkeit zu verstehen, warum Menschen ein solches Risiko eingehen, ist zu untersuchen, was bei Gewinnen beziehungsweise Verlusten im Gehirn der Spieler passiert.

In vielen Situationen eines Glücksspiels hat der Spieler selbst keinerlei Einfluss auf das Ergebnis. Ein Lotto-Spieler beispielsweise kann im Vorfeld nur seine Zahlen tippen, aber der Zufall entscheidet, ob diese später dann auch gezogen werden. In vielen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass im Elektroenzephalogramm (EEG) ganz bestimmte hirnelektrische Potentiale nach einer Rückmeldung über einen Gewinn oder Verlust auftreten. Miltner, Braun und Coles (Miltner, Braun & Coles, 1997) fanden heraus, dass auf eine negative Rückmeldung eine Negativierung der Amplituden des EEGs folgte. Dieses Phänomen wurde als „feedback-error related negativity“ (f-ERN) bekannt. Weitere Untersuchungen ergaben, dass vor allem unerwartet negatives Feedback eine besonders starke Negativierung der f-ERN hervorruft (Holroyd & Coles, 2002; Nieuwenhuis, Holroyd, Mol & Coles, 2004; Potts, Martin, Burton & Montague, 2006). Entgegen dieser Befunde zeigte sich in einer Untersuchung der Autoren im Rahmen des Empirischen Forschungspraktikums (Empra) (Hewig, 2009) ein gegensätzliches Bild. Auf ein erwartet positives Feedback trat eine deutliche Negativierung der f-ERN, stärker noch als auf unerwartet negatives Feedback, ein. Dieser sehr spezielle Befund soll durch die nachfolgende Untersuchung möglicher Einflussfaktoren des im Empra verwendeten Paradigmas ausführlich überprüft werden.

Die vorliegende Arbeit verwendet das generische Maskulinum, welches ausdrücklich alle Frauen und Männer einschließt.

1.1 Neuronale Grundlagen der Fehlerverarbeitung

Die Reinforcement Learning Theory (Holroyd & Coles, 2002) geht genauer auf die neuronalen Grundlagen der Fehlerverarbeitung ein. Demnach sind die Basalganglien an der Überwachung der jeweils stattfindenden Ereignisse beteiligt und beurteilen, wie günstig sich diese Ereignisse auf das Ergebnis auswirken. Sind Ereignisse schlechter als erwartet, entsteht ein negatives Fehlersignal; sind sie hingegen besser, wird ein positives Fehlersignal ausgelöst. Als Vorhersagefehler beziehungsweise Temporal Difference Error (TDE) wird die Differenz aus eingetretener Belohnung und vorhergesagter Belohnung betrachtet (Schultz, 2002). Es wird angenommen, dass sich der TDE in der Aktivität des mesenzephalen Dopaminsystems niederschlägt (Holroyd & Coles, 2002). Das Dopaminsystem reagiert auf einen negativen TDE mit einer phasischen Verringerung der Dopaminaktivität. Bei Erwartungen, die nicht erfüllt werden, wird aufgrund der Disinhibition des Dopamins im anterioren cingulären Cortex (ACC) eine große f-ERN ausgelöst. Werden Erwartungen hingegen übertroffen, entsteht demnach ein positiver TDE (Holroyd & Coles, 2002; Schultz, 2002). Die Dopaminaktivität steigt an und dies führt zu einer Abschwächung der f-ERN beziehungsweise zu einer Positivierung.

Der ACC erhält von verschiedenen Gehirnarealen Informationen und filtert diese Signale, um die Handlungssteuerung zu optimieren. Die f-ERN trägt dann als evaluatives Signal die Information, ob die vorherigen Entscheidungen beziehungs-weise die erfolgte Handlungssteuerung erfolgreich war, und beeinflusst durch die Veränderung synaptischer Gewichte im ACC wiederum zukünftiges Verhalten.

In einer f-MRT-Studie (Holroyd, 2004) konnte bewiesen werden, dass die f-ERN im dorsalen ACC ausgelöst wird. Tatsächlich erfolgte in den entsprechenden Gehirnarealen 8 und 32 nach Brodmann eine stärkere Aktivierung bei negativem als bei positivem Feedback.

1.2 Die feedback-error related negativity

Die feedback-error related negativity (f-ERN) ist ein ereigniskorreliertes Potential (EKP), welches sich etwa 230 bis 330 ms nach negativem Feedback zeigt (Miltner et al., 1997). Diese ist im EEG an den frontomedialen Elektroden Fz beziehungsweise Cz als eine Negativierung der Amplitude in diesem Zeitbereich sichtbar. Nach positivem Feedback wurden solche negativen Amplitudenausschläge nicht beobachtet. In der Studie von Miltner, Braun und Coles hatten die Versuchspersonen die Aufgabe, den Zeitraum von einer Sekunde durch Tastendruck abzuschätzen. Unabhängig davon, ob visuelles, auditives, oder somatosensorisches Feedback gegeben wurde, erfolgte die Negativierung nach negativer Rückmeldung. Demzufolge existiert ein allgemeines neuronales System bei der Fehlererkennung, welches das weitere Handeln optimieren soll. Das negative Feedback als Rück-meldung über einen Fehler ist dabei als „Fehler im Sinne der Aufgabe“ zu sehen (Nieuwenhuis, Yeung, Holroyd, Schurger & Cohen, 2004). Umfasst die Aufgabe, den Gewinn in einem Glücksspiel zu maximieren, so stellt eine Rückmeldung über einen Verlust einen Fehler per Definition dar.

Zahlreiche Studien (Gehring & Willoughby, 2002; Nieuwenhuis, Holroyd et al., 2004; Yeung & Sanfey, 2004) konnten diese f-ERN-Befunde beim Glücksspiel replizieren. Auch bei Glücksspielen, in denen die Teilnehmer keine Auswahl trafen (Yeung, Holroyd & Cohen, 2005), ließen sich f-ERNs beobachten. Bei der Choice task von Yeung, Holroyd und Cohen (2005) wählten die Versuchspersonen aus vier farbigen Ballons, die verschiedene Geldgewinne beziehungsweise –verluste enthielten, einen Ballon per Tastendruck aus. Ihnen wurde mitgeteilt, dass die Gewinne beziehungs-weise Verluste von ihren Entscheidungen abhängig seien. Die Probanden testeten daher verschiedene Strategien um zuverlässig Gewinne zu erzielen. Tatsächlich trat mit 50 % ein Gewinn und mit 50 % ein Verlust ein. Ebenso fiel die Häufigkeits-verteilung in der No-choice task aus. Im Gegensatz zur Choice task sollten die Probanden dabei lediglich ein Rouletterad starten, ihre Entscheidungen waren also nicht kontingent zum Feedback. Im Ergebnis war die Stärke der f-ERN an der Elektrode Cz bei der No-choice task geringer als bei der Choice task. Anhand von Fragebögen fanden die Autoren heraus, dass der Unterschied in der Ausprägung der f-ERN allein durch die Bewertung der subjektiven Involviertheit und nicht durch die Aufmerksamkeit entstand. Das Paradigma lässt vermuten, dass der ACC für die motivationale Bedeutung der auf das Feedback folgenden Ereignisse sensitiv ist.

Aufgrund der zeitlichen Position der Amplitudenmaxima und –minima wird die f-ERN als zweite Negativierung nach dem Onset des Feedbacks auch häufig als N2 bezeichnet.

1.3 Befunde des Empirischen Forschungspraktikums mit Bezug zu dieser experimentellen Arbeit

Ein weiteres Glücksspiel wurde im Rahmen des Empirischen Forschungspraktikums 2008/2009 (Empra) durchgeführt. Dafür wurde eine abgeänderte Version der Balloon Analogue Risk Task (BART) (Lejuez, Aklin, Zvolensky & Pedulla, 2003) verwendet. Die Versuchspersonen hatten die Aufgabe, einen virtuellen Ballon aufzupumpen. Mit jedem Pump konnten sie einen pro Stufe steigenden Gewinn erzielen oder der Ballon platzte. Damit ging das im jeweiligen Durchgang erspielte Geld verloren. Gleichermaßen hatten die Probanden die Möglichkeit beim aktuellen Ballonwert auszusteigen und den Gewinn dauerhaft zu sichern. Im Empra wurde der Einfluss des Erwartungswertes und der Platzenswahrscheinlichkeit auf die Stärke der f-ERN untersucht. Die experimentelle Manipulation der BART bestand insbesondere darin, dass der Ballon in einem Spielblock mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% und in einem weiteren Block mit 40% platzte. Jeder Durchgang begann mit einem Startbetrag in Höhe von einem Cent. Die Hinzugewinne waren je nach Stufe ansteigend gestaffelt und starteten mit fünf Cent auf der ersten Stufe. Der Versuchsablauf gab vor, dass ein Weiterspielen nur nach einem positiven Feedback möglich war, während der Durchgang nach jedem negativen Feedback, dem Platzen des Ballons, beendet war. Ein bedeutsames Ergebnis zeigt das folgende Diagramm (Abb.1.1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1.1: Amplitudenausprägung der Gewinne (Nicht-Platzer) und Verluste (Platzer) auf den Stufen 1 bis 3 gemittelt über die beiden Wahrscheinlichkeitsbedingungen. Die Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichungen.

Normalerweise führt unerwartet negatives Feedback zum Auslösen der f-ERN. Beim Ballonparadigma hingegen trat die stärkste Negativierung nach einem positiven Feedback bei der ersten Stufe auf, also nach einem Gewinn von fünf Cent beziehungsweise dem Nicht-Verlieren des Startbetrages von einem Cent. Möglicherweise ist dafür eine Orientierungsreaktion (Trimmel, 1990) verantwortlich, also eine Zuwendung der Aufmerksamkeit zum aktuellen Geschehen. Die erste Stufe hatte vermutlich kaum Bedeutung für die Probanden. Erst das Nicht-Platzen auf dieser Stufe war relevant und demonstrierte die Möglichkeit weiterzuspielen und höhere Gewinne zu erreichen. Darauffolgende Entscheidungen hatten nun deutliche Konsequenzen hinsichtlich Gewinn und Verlust höherer Geldbeträge. Ein weiteres Ergebnis war, dass ein Einfluss des Erwartungswertes nicht belegt werden konnte, was sich eventuell auf die etwas ungewöhnliche f-ERN in der BART zurückführen lässt.

Das folgende EEG-Experiment soll das Weiterspielen detailliert untersuchen und mögliche beeinflussende Faktoren herausstellen. Dabei werden zwei Besonderheiten der BART variiert. Dort war es nur möglich weiterzuspielen, nachdem der Ballon nicht platzte. Außerdem konnte das im jeweiligen Durchgang erspielte Geld beim Platzen des Ballons wieder verloren werden. Weiterspielen soll nun einerseits auch nach einem Verlust möglich sein. Andererseits kann auch nach Rückmeldung eines sicheren Gewinns beziehungsweise Verlustes mit zusätzlicher Gewinn- beziehungs-weise Verlust-Option weitergespielt werden.

1.4 Allgemeine Hypothesen

1.4.1 Feedbacknegativierung

In den bisherigen Studien hat sich gezeigt, dass positives beziehungsweise negatives Feedback mit einer Positivierung beziehungsweise Negativierung der N2 einhergeht. Diese Untersuchung sollte generell ergeben, dass sich Verluste deutlich negativer auf die f-ERN auswirken als Gewinne.

1.4.2 Weiterspielen

Ausgehend von den Ergebnissen und Interpretationen des Empirischen Forschungspraktikums zur BART-Task müsste das Weiterspielen nach einem Gewinn zu einer stärkeren N2 führen als der Verlust und somit Abbruch des Durchgangs. Es stellt sich die Frage, ob sich dieses Ergebnis ebenso für das Weiterspielen nach einem Verlust einstellt. Wenn eine Orientierungsreaktion am Anfang jedes Durchgangs vorliegt, welche durch das Weiterspielen ausgelöst wird, dann müsste sich eine Negativierung unabhängig vom vorherigen Gewinn oder Verlust zeigen. Dabei müsste die Negativierung der N2 aus zwei Komponenten bestehen, zum Einen aus der Verlustrückmeldung und zum Anderen aus dem Weiterspielen. Es ist also zu erwarten, dass eine N2 auf Weiterspielen nach Verlust negativer ist als eine N2 auf Weiterspielen nach Gewinn. Beim Nicht-Weiterspielen hingegen sollten sich Verluste im normalen Ausmaß negativer auf die Amplitude auswirken als Gewinne.

1.4.3 Sicherheit

Bei der BART-Task ging das Weiterspielen damit einher, dass erzielte Hinzugewinne durch erfolgreiches Aufpumpen auch wieder verloren gehen konnten. Der Ausgang des weiteren Verlaufs war hierbei unsicher. Wie würde sich hingegen Sicherheit im weiteren Verlauf auf die EKPs auswirken? Ein Feedback, welches einen Gewinn anzeigt, der auf der nächsten Stufe des Trials nicht mehr zu nehmen ist, müsste zu einer Positivierung der N2 führen. Wenn dagegen ein Verlust zurückgemeldet wird, der im weiteren Verlauf nicht mehr auszugleichen ist, sollte eine Negativierung dieser EKP-Komponente folgen. Der im Folgenden zu untersuchende Faktor Sicherheit bezieht sich immer auf den Vergleich eines beidseitig offenen Ausgangs mit einem gleichbleibenden oder nur in eine Richtung variablen Ausgang. Es ist damit nicht das Ende eines Durchgangs durch einen gesicherten Gewinn oder Verlust gemeint.

1.4.4 Erwartungswert

Eine weitere Hypothese des Empras zur Relevanz des Erwartungswertes für die Ausprägung der EKPs soll in dieser Studie nochmals genau untersucht werden. Der Erwartungswert ist definiert durch das Produkt aus dem Wert eines Ergebnisses und der Wahrscheinlichkeit, mit der das Ergebnis eintritt. Demnach sollten sich Amplituden dann unterscheiden, wenn die Erwartungswerte zweier Ereignisse verschieden sind. Bei Übereinstimmung der Erwartungswerte müssten auch die Amplituden das gleiche Ausmaß haben. Wenn die absoluten Gewinn- beziehungsweise Verlustbeträge einen Einfluss auf die f-ERN haben, dann müssten sich Amplituden unterscheiden, obwohl ihnen ein gleicher Erwartungswert zu Grunde liegt.

2 Methode

2.1 Probanden

Die Stichprobe bestand aus 21 Personen. Aufgrund technisch bedingter Ausfälle konnte das Paradigma bei zwei Versuchspersonen nicht abgeschlossen und deren Daten nicht in die Auswertung einbezogen werden. Alle weiteren Analysen beziehen sich folglich auf 19 rechtshändige Studenten, darunter neun Frauen und zehn Männer, im Alter von 19 bis 25 Jahren (M = 22.47, SD = 2.22). Zwischen den weiblichen und männlichen Probanden gab es keine mittleren Altersunterschiede (F(1, 18) = 2.44, p = 0.137). Die Versuchspersonen wurden über studentische Mailverteiler rekrutiert. Um ein ähnliches Geschlechterverhältnis bei der Auswertung zu erreichen, wurden zusätzlich Männer angeschrieben, welche bereits früher an Untersuchungen des Lehrstuhls Biologische und Klinische Psychologie Jena teilgenommen hatten. Die Probanden wurden primär mit dem Erhalt des erspielten Geldes geworben. Es wurde mindestens ein Stundenlohn von sechs Euro zugesichert. Tatsächlich erspielten die Teilnehmer im Mittel 21.16 Euro (SD = 0.60, Range: 19.84 – 22.16).

Vor Beginn der Erhebung erhielt jeder Teilnehmer eine schriftliche Information über den Ablauf des Glücksspiels (siehe Anhang B) und unterschrieb die Einverständniserklärung (siehe Anhang A) zur freiwilligen Teilnahme an der Studie. Darin wurde die Anonymität der Daten zugesichert. Zu Beginn des Experimentes wurden die Teilnehmer aufgefordert, die Probandenaufwandsentschädigung auszufüllen. Im Anschluss begannen die Vorbereitungen für die EEG-Aufzeichnung. Der Versuch dauerte ca. 90 Minuten.

2.2 Apparate und Stimuli

Der gesamte Versuch fand in einer elektrisch abgeschirmten und schallisolierten EEG-Kabine statt. Die Probanden saßen auf einem ergonomischen Sitz (Recaro®) vor einem Monitor. Ihnen wurde eine EEG-Haube (EASYCAP GmbH, Herrsching-Breitbrunn) mit 128 Elektroden nach dem erweiterten 10-10-System angelegt. Die Größe der Haube wurde mithilfe des Kopfumfangs des Probanden bestimmt. Die Positionierung der Referenzelektrode Cz (Vertex) erfolgte über den Mittelpunkt zwischen Nasion-Inion-Linie, sowie der präaurikulären Punkte. Zusätzlich wurde eine Elektrode ca. 1 cm unter dem linken Auge platziert, um die vertikalen Augen-bewegungen aufzuzeichnen. Die Aufnahme des Elektrokardiogramms erfolgte über eine weitere Elektrode, welche auf dem Rücken der Versuchsteilnehmer angebracht wurde. Alle Elektroden waren gesinterte Ag/AgCl-Elektroden mit zwölf Millimeter Durchmesser. Mit einem abrasiven Elektrolytgel (Abralyt 2000), welches an den Elektroden eingefüllt und mit einem Wattestäbchen einmassiert wurde, konnte sichergestellt werden, dass alle Elektroden einen Impedanzwert von 5kΩ nicht überschritten. Die Aufzeichnung der EEG-Daten erfolgte mit dem Programm Vision Recorder (Vision 1.10, Brain Products GmbH) bei einer Samplingrate von 500 Hz. Das Eingangssignal wurde 1000-fach verstärkt. Die Daten wurden mit einem Tiefpassfilter ab 250 Hz und einem Hochpassfilter bis 10Hz online gefiltert und auf einer Festplatte für die spätere Auswertung gespeichert.

Das Paradigma, sowie alle Instruktionen wurden mit der Software Presentation (Version 14.5, Neurobehavioral Systems Inc.) auf einem Flachbildschirm mit einer Diagonale von 21,5 Grad Sehwinkel dargeboten. Auf dem Monitor sahen die Probanden immer mittig platziert ein Fixationskreuz, welches sowohl 2,9 Grad Sehwinkel hoch wie breit war. Darüber wurde der aktuelle Spielbetrag mit einer Höhe von 5,2 und einer Breite von 5,7 Grad Sehwinkel eingeblendet. Unter dem Fixationskreuz, welches im Laufe des Versuchs als arithmetisches Pluszeichen fungierte, befand sich der sichtbare Bereich des Glücksrades mit einer Höhe von 4,0 und Breite von 2,3 Grad Sehwinkel. Das Glücksrad war ein weißer, dreidimensionaler Zylinder, auf dem jeweils neun Gewinn- und Verlustbeträge aufgetragen waren. Im Stillstand konnte der Proband nur genau einen Betrag sehen. Die Rotation wurde über eine Beschleunigungsphase von 1000 ms Dauer initiiert und erreichte eine Geschwindigkeit von 210 Grad pro Sekunde. Die Drehrichtung wurde randomisiert. Mit einer Taste zu ihrer rechten Hand konnten die Probanden das Glücksrad stoppen. Die Software Presentation und die Tastendrücke erzeugten eine Markerspur, welche zusammen mit den EEG-Daten durch das Programm Vision Recorder aufgezeichnet wurde, um eine spätere Zuordnung der Ereignisse zu den entsprechenden Potentialen und somit eine genaue Auswertung der Daten zu ermöglichen.

Der Verlauf des Experimentes wurde außerhalb der EEG-Kabine an externen Monitoren vom Versuchsleiter überwacht. Über eine Kamera im Inneren der Kabine konnten die Probanden beobachtet werden. Darüber hinaus konnten die Probanden über ein Mikrofon Kontakt zum Versuchsleiter aufzunehmen.

2.3 Instruktionen

Die Probanden wurden vor Beginn des Experimentes am Bildschirm über den Spielverlauf aufgeklärt. Dabei bekamen sie die Information, dass sie in verschiedenen Spielen (Blöcken) ein Glücksrad bedienen werden. Ihre Aufgabe dabei sei, innerhalb von zwei Sekunden die Stopp-Taste zu drücken, nachdem der Rahmen um das sich drehende Glücksrad von rot auf grün gewechselt hatte. Sie wurden instruiert, die Taste im rechten Moment zu betätigen, um das Glücksrad auf einem Gewinnbetrag zu stoppen. Vor jedem Block erfolgte am Bildschirm eine spezifische Instruktion, die darüber informierte, ob im kommenden Spiel das Glücksrad während eines Durchganges ein- oder zweimal bedient werden konnte. Für zweistufige Blöcke wurde ihnen mitgeteilt, ob sie entweder nach einem Gewinn oder nach einem Verlust weiterspielten. Ebenso erfuhren die Teilnehmer, welche Beträge auf welchen Stufen gewonnen beziehungsweise verloren werden konnten. Die Probanden bestimmten ihre Zeit für das Lesen der Instruktionen frei. Sie konnten per Tastendruck selbstständig die Instruktion beenden und den folgenden Block starten.

Beispielhaft ist hier die Instruktion zum Block 1 dargestellt:

Im folgenden Spiel müssen Sie das Glücksrad in jedem Durchgang bis zu ZWEIMAL zum Stehen bringen. Sie beginnen jeden Durchgang mit einem Guthaben von 4 Cent. Stoppen Sie das Glücksrad:

- auf +4, gewinnen Sie 4 Cent zu Ihrem Startguthaben hinzu, also 8 Cent. Danach startet das Glücksrad ein zweites Mal. Dabei können Sie 8 Cent dazu gewinnen oder verlieren. Sie können also Ihren Betrag verdoppeln oder auf 0 Cent zurückfallen. Danach startet ein neuer Durchgang.
- auf -4, verlieren Sie die 4 Cent Startguthaben. Danach startet ein neuer Durchgang.

Zum Weitergehen bitte die Taste drücken.

Alle weiteren Instruktionen können im Anhang B nachgelesen werden.

2.4 Versuchsaufbau

Jeder Proband spielte sechs verschiedene Blöcke, deren Reihenfolge balanciert wurde. Jeder Block bestand aus 90 Trials. Bevor die Versuchspersonen mit dem richtigen Experiment begannen, spielten sie zehn gemischte Übungstrials, um in etwa gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen.

2.4.1 Trialaufbau

Jeder Spieldurchgang startete für die Versuchspersonen mit einem Fixationskreuz in der Mitte des Bildschirms. Nach einer Verzögerung von 750 ms erschien über dem Fixationskreuz der Startbetrag von vier Cent. Unterhalb des Fixationskreuzes wurde das stillstehende Glücksrad eingeblendet. Seine rote Umrandung zeigte den Teilnehmern an, dass noch keine Reaktion erforderlich war. Die Drehung des Glücksrades begann automatisch nach 500 ms. Über einen Zeitraum von 1000 ms wurde das Glücksrad auf seine Höchstgeschwindigkeit beschleunigt. Mit dem Erreichen dieser wechselte der rote Rahmen um das Glücksrad auf grün. Ab diesem Farbwechsel hatten die Versuchspersonen maximal 2000 ms Zeit, die Taste an der rechten Armlehne zu bedienen, um somit das Rad zu stoppen. Reagierten sie nicht schnell genug, wurde ihnen zurückgemeldet, dass sie zu langsam waren und der Durchgang endete sofort mit einem Verlust von vier Cent. Nach rechtzeitigem Tastendruck wurde das Glücksrad für die Probanden sichtbar abgebremst und kam nach 675 ms zum Stillstand. An dieser Stelle gab es zwei Möglichkeiten des weiteren Trialverlaufs. Je nach Bedingung und Ergebnis aus der ersten Drehung, wurde der Trial nun entweder beendet oder mit einer erneuten Drehung des Glücksrades fortgeführt.

Bei Beendigung des Trials wurde 750 ms nach Stillstand des Rades der Wert des Glücksrades mit dem Startbetrag verrechnet. Der Ergebnisbildschirm mit der Summe im oberen Teil des Bildschirms und dem Wort „Ergebnis“ darunter wurde für 2000 ms eingeblendet (siehe auch Abb. 2.1), bis ein neuer Durchgang begann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Hirnelektrische Feedbackpotentiale in verschiedenen Situationen eines Glücksspiels. Eine EEG-Untersuchung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Psychologie)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2010
Seiten
50
Katalognummer
V298451
ISBN (eBook)
9783656953258
ISBN (Buch)
9783656953265
Dateigröße
1398 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EEG, fERN
Arbeit zitieren
Peter Seifert (Autor:in)Kathleen Schulz (Autor:in), 2010, Hirnelektrische Feedbackpotentiale in verschiedenen Situationen eines Glücksspiels. Eine EEG-Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/298451

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