Das Flett der Hofanlage Wehlburg. Museumsdorf Cloppenburg


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Beschreibung des Fletts (Hallenhaus) im Hof Wehlburg

3. Sammlung und Bewahrung am Beispiel des Fletts im Hof Wehlburg
3.1. Sammlungskonzepte

4. Forschung am Beispiel des Fletts im Hof Wehlburg

5. Ausstellungskonzept und Vermittlung am Bespiel des Fletts im Hof Wehlburg

6. Schlussbetrachtung

Literaturangaben

Das Flett der Hofanlage „Wehlburg“ als Geschichtsbild

1. Einleitung

Im Jahre 1934 wurde das Freilichtmuseum Cloppenburg von dem 1961 verstorbenen Museumsdirektor Dr. Heinrich Ottenjann als eines der ersten Freilichtmuseen Deutschlands gegründet. Auf dem Gelände von ca. 15 ha Größe konnten inzwischen über 50 Originalgebäude vom 16. bis zum 20. Jahrhundert wieder transloziert werden.1

Das Museumsdorf beschäftigt die verschiedensten Mitarbeiter: Personal im hofeigenen Geschäft, Wirtsleute und ein Team von drei Wissenschaftlern, unterstützt durch Praktikanten, Freiwillige und Projektpartnern. Sie konzipieren Ausstellungen und begleiten den Aufbau neuer Häuser. Unterstützt wird das wissenschaftliche Personal durch Handwerker, die das Museumsdorf instandhalten und den Besuchern traditionelle Arbeitsweisen demonstrieren.2 Es ist eines der beliebtesten und bestbesuchten Museen in ganz Niedersachsen und hatte in den letzten Jahren jährlich rund 250000 Besucher, mehr als jedes andere Museum in Niedersachsen.3

Freilichtmuseen, auch Museumsdörfer genannt, lassen sich wie folgt definieren: Es handelt sich hier um ein Museum in dem z.B. volkskundlich wertvolle Bauernhöfe mit allem Zubehör oder typische Werkstätten alter Handwerke ihrem wirklichen Lebenszusammenhang entsprechend aufgebaut sind und z.T. auch bewirtschaftet werden.4

Vorzugsweise zeigen Freilichtmuseen Häuser und Anlagen vergangener Zeiten. Sie bieten so einen Eindruck damaliger Bau- und gegebenenfalls auch Lebensweisen. Der häufigste Typ des Freilichtmuseums ist das volkskundliche. Volkskundliche oder ethnologische Museen sind wissenschaftlich geführte Einrichtungen zum Erhalt, zur Erforschung und Präsentation von Zeugnissen des Wohnens, Arbeitens und Lebens, in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle des vor- oder frühindustriellen Zeitalters. Auf vorbereitetem Gelände werden in der Regel die historischen Gebäude von ihren Originalstandorten umgesetzt und zu neuen, thematischen Ensembles zusammengefügt. Auswahlkriterien sind neben der Verfügbarkeit das Alter und der Zustand, der Bedeutungsgehalt und die Relevanz der mit dem jeweiligen Gebäude unter musealen Bedingungen zu vermittelnden Inhalte.5

Es gibt verschiedene Aufbau- und Darstellungsprinzipien. Bei den Aufbauprinzipien geht es um die Art, Baudenkmale oder Bauten aufzustellen: es gibt einmal die Freilichtmuseen mit in situ, d.h. am ursprünglichen Standort verbliebenen Baudenkmalen. Zum anderen gibt es Freilichtmuseen mit translozierten Baudenkmalen, die in der Mehrzahl sind. Alle großen Freilichtmuseen, zentrale aber auch regionale, gehören diesem Typus an. Auch das Freilichtmuseum Cloppenburg gehört dazu. Es existieren auch Freilichtmuseen mit rekonstruierten Bauten, diese sind dann ohne Originalmaterialien. Die meisten kleinen lokalen Freilichtmuseen bestehen eher aus Baudenkmalen in situ. Neben dem reinen Typus eines Freilichtmuseums gibt es aber auch Mischtypen. Gelegentlich kommt man auch nicht ohne Rekonstruktionen aus, wie z.B. auch in Cloppenburg mit der Hofanlage Wehlburg.6

Man kann den Aufbau eines Freilichtmuseums auch nach verschiedenen Darstellungsprinzipien unterscheiden: „Eine Klassifizierung der Freilichtmuseen nach den Darstellungsprinzipien betrifft im Wesentlichen die Verteilung und die Gruppierung der in das Museumsgelände translozierten Baudenkmale“.7

Man unterscheidet hierbei im Allgemeinen die Parkmuseen von den Dorfmuseen.8 Hierbei handelt es sich nicht um konkurrierende Typen, sondern um Entwicklungsstufen von Freilichtmuseen. Die erste auftretende Form, geschichtlich gesehen, ist die Parkform. Sie hat den Nachteil „dass das Museumsgelände einen parkartigen Charakter hat und dass die Anordnung der hierher translozierten und aufgebaute Bauten zwar in der Regel geographischen Gesichtspunkten folgt, aber doch eine klare und auch für den Besucher deutliche Gruppierung und gegenseitige Abgrenzung dieser Gruppen entsprechend der einzelnen Landschaften ihrer Herkunft vermissen lässt“9 Werden dann solche Anlagen erweitert, bemüht man sich, aus dem losen Nebeneinander der Bauten allmählich ganze, in sich geschlossene Siedlungseinheiten zu gestalten, die dann als Dorfmuseum oder Museums-Dörfer bezeichnet werden können.

Auf den nachfolgenden Seiten werde ich näher auf die Konstruktion von Geschichte anhand des Beispiels des Fletts der Hofanlage Wehlburg eingehen. Dazu soll das Flett erst einmal beschrieben und anschließend unter den Punkten Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln diskutiert werden. Entschieden habe ich mich für das Thema „Das Flett der Hofanlage Wehlburg als Geschichtsbild“, da man anhand der Hallenhäuser und ihrer Kochküchen der Antwort auf die Frage näher kommen kann, wie relativ wohlhabende Bauern um 1850 im Artland gelebt und gearbeitet haben.

2. Beschreibung des Fletts im Hof Wehlburg

Das Bauernensemble der Hofanlage Wehlburg aus dem Osnabrücker Artland entstand in der Zeit von 1750 bis zum Ersten Weltkrieg am ursprünglichen Standpunkt in Wehdel bei Badbergen. Es wurde in den Jahren von 1972-1975 in das Museumsdorf Cloppenburg transloziert.10

Das Flett befindet sich im Hauptgebäude des Hofes, einem typischen Hallenhaus. Es liegt, wie in den meisten Hallenhäusern üblich, im hinteren Hausbereich, am Ende einer Diele und beschreibt eine offene Wohnküche. Im Flett befindet sich die offene Feuerstelle. Um in diesen Raum zu gelangen muss man erst die Diele durchqueren. Diese hat ein großes Einfahrtstor, an dem eine kleine Informationstafel angebracht ist. Die Diele hat an den Seiten einzelne Stallboxen, in denen Tiere gehalten wurden. Außerdem befinden sich in diesem großen Raum einzelne Gerätschaften wie ein alter Trecker, ein Pflug und eine Kutsche.

Die Diele und das Flett sind für die Besucher zugängig und können betreten werden. Alle Türen im Flett sind unverschlossen und können von den Besuchern benutzt werden. Das Flett reicht wie üblich über die ganze Breite des Hauses und ist hier schon durch eine sogenannte Scherwand von der Diele abgetrennt, sprich Wohnteil und Diele mit Stall sind bei dem Hof Wehlburg geteilt.11

Rechts und link von der zweiflügeligen Eingangstür in der Scherwand befindet sich je ein Fenster, durch das man vom Flett in die Diele schauen kann. Zwischen diesen Fenstern und der zweiflügeligen Eingangstür, aber auch darüber hängen eine Urkunde und gerahmte Bilder, die arbeitende Menschen und ihren Hof abbilden. Der Boden des Fletts besteht aus grauen Steinfliesen. Die Wände sind weiß gestrichen und werden von dunklen Balken durchzogen (Fachwerk). Die Decke besteht aus dunklen Holzlatten.

Von der Diele aus gesehen auf der rechten Seite steht eine Truhe, in der sich Leinensäcke befinden. Nebenbei stehen Eimer und Besen, dann folgt ein großer Holzschrank, angrenzend eine Tür, die in die Speisekammer führt. An beiden Seitenwänden befindet sich je eine Tür, die nach draußen führt, die aber auch zum Lüften dient, da oberer und unterer Teil der Tür separat geöffnet werden können. Neben diesen Türen befinden sich größere verglaste Fenster, welche aber nicht geöffnet werden können. Darunter stehen Sitzbänke aus dunklem Holz, wo mehrere Küchenartikel wie zum Beispiel eine Kaffeemühle abgestellt sind. Ein kleiner Wandschrank mit verschiedenen Einmachgläsern und verschiedene Küchengeräte sowie ein Tisch mit vier Stühlen komplettieren die Einrichtung. In der linken Ecke, von der zweiflügeligen Eingangstür aus gesehen, befindet sich der Eingang zur Stube des Hofes. Links neben dieser Tür hängen zwei Bilder, sie zeigen Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bismarck. Rechts neben der Tür beschreibt ein kleiner Informationsstand diverse Gegenstände dieser Stube. Die zwei weiteren Türen rechts von der Feuerstelle führen zu weiteren Abtrennungen wie zum Beispiel Schlafkammern, von denen die äußere dem Knecht gehörte.

In der hinteren Mitte dieses Raumes befindet sich die offene Feuerstelle. Sie ist ungefähr 2 m2 groß und mit Feldsteinen eingefasst.12 Im Zentrum ist ein Gitter von ca. 50 cm2 eingearbeitet, darüber liegend eine Feuerstülpe, auch Curfew genannt. Über dieser Konstruktion hängt ein Kochkessel. Dieser ist mit einem Kesselhaken am über dem Feuer hängenden Rahmen befestigt. An der Wand hinter dieser Feuerstelle befindet sich ein Kamin, der mit weiß-blauen Fliesen mit einem Windmühlenmotiv getäfelt ist. Über dem Ganzen hängen an vielen Schnüren verschiedene bronzene Teekessel. Links neben dem Kamin führt ein Ofenrohr aus der Stube und verläuft an der Wand bis zur Dachöffnung am Giebel. Ein Korb mit Holz und eine alte Schubkarre stehen neben der Feuerstelle, rechts davon ein kleiner Hocker und eine Forke.

Abgehend von der Dielenseite des Fletts liegt ein kleiner Raum, der als Webstube eingerichtet ist. Neben der Tür befindet sich ein Regal, in dem zwei Porzellanteller stehen. Zwischen den Fenstern und der zweiflügeligen Eingangstür, aber auch da drüber hängen eine Urkunde und gerahmte Bilder, die arbeitende Menschen und ihren Hof abbilden.

3. Sammeln und Bewahren am Beispiel des Fletts im Hof Wehlburg

Das Konzept des Freilichtmuseums Cloppenburg ist dafür bekannt, dass es verschiedene historisch wertvolle Stücke der Volkskultur wie Möbel, Kleider und Gebrauchsgegenstände und vor allem Häuser sammelt, um sie historisch auszulegen.13 Von dem Museumsgründer Heinrich Ottenjann weiß man, dass er oft mit seinem Fahrrad durch Dörfer fuhr, um antike Schätze zu sammeln und sie so für die Nachwelt zu bewahren. Dabei sammelte er alles, was ihm nützlich erschien, um eine regionale Volkskultur widerzuspiegeln.

Im Weiteren soll nun auf das Sammeln und Bewahren am Beispiel des Fletts im Hof der Wehlburg eingegangen werden. Interessant ist auch die Frage, warum gerade die Hofanlage Wehlburg in das Sammel- und Bewahrungsfeld des Museumsdorfes Cloppenburg fällt. Die Wehlburg ist nicht nur ein sehr außergewöhnliches und sehr gut erhaltendes Bauwerk, sondern auch die Nebengebäude und selbst die Originaleinrichtung waren zum großen Teil erhalten.14. Wehdel, der Ursprungsort der Hofanlage, ist eine kleine Bauernschaft in der Nähe von Badbergen im Artland in der Nähe von Osnabrück. Derartige Hofanlagen mit dem typischen Hallenhaus waren aber auch in der Cloppenburger Gegend wie in großen Teilen Niedersachsens früher üblich. Außerdem zeigt der Hof sehr anschaulich die Lebensweise wohlhabender Bauern im19. Jahrhundert. Fast alles Mobiliar im Herdraum (Flett) und im anschließenden Kammerfach stammt aus Wehlburg-Besitz und wirkt dementsprechend komplett. Die Anordnung des Mobiliars und auch der Raumeindruck im Flett während des 18. Jahrhunderts waren wesentlich anders als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.15 Dementsprechend wird auch der Innenraum des Fletts zu einem interessanten Sammlungsstück, weil die Innenausstattung zum größten Teil immer noch die originale ist, aber auch andere Bewahrungsstücke zur Ergänzung herangezogen wurden. Somit wird dem Besucher ein Gesamteindruck der Räumlichkeiten um 1850 vermittelt, auch wenn nicht alle Gegenstände zum Wehlburg-Besitz gehören. Hierbei muss auch der Verschleiß der Gegenstände berücksichtigt werden, der einen Ersatz nötig machen kann. Die Eigentümer des Hofes wussten schließlich noch nicht, dass ihr Hab und Gut einmal als Ausstellungsstücke gebraucht werden würde.16 Aus diesem Grund ist es oft schwierig, exakte Abgleiche aus dem 19. Jahrhundert zu rekonstruieren. Dennoch war Ottenjann sehr bemüht, Exponate aus dem Raum Artland zu sammeln. Er wollte den Besuchern zu mindestens einen möglichst zutreffenden Eindruck geben, wie wohlhabende Bauern zu dieser Zeit gelebt haben. Problematisch ist nur die Frage, wie genau haben denn die Bewohner zu dieser Zeit gelebt und diese Gegenstände benutzt? Hierzu fehlt oft die exakte Quellenlage, die zuverlässige Informationen über Wohnsituationen und Alltagsleben widerspiegelt.

[...]


1 Vgl. Kaiser, Museumsführer Museumsdorf Cloppenburg, S. 5.

2 Vgl. www.Museumsdorf.de (25.03.11).

3 Vgl. Kaiser, Museumsführer Museumsdorf Cloppenburg, S. 5.

4 Vgl. Brockhaus, Band. 6, Wiesbaden 1968, S.572.

5 Vgl. Eisleb, Freilichtmuseen und ihre Besucher, S. 41.

6 Vgl. Eisleb, Freilichtmuseen und ihre Besucher, S. 41.

7 Zipperlius, Führer und Schriften des Rheinischen Freilichtmuseums und Landesmuseum für Volkskunde, S. 16.

8 Vgl. ebd.

9 Ebd.

10 Vgl. ebd., S. 86f.

11 Vgl. Kaiser, Museumsdorf Cloppenburg, S. 29.

12 Vgl. www.Wikipedia.de (aufgerufen am 18.03.11).

13 Vgl. Ottenjann, Systematische Quellendokumentation in der Region als Kontext musealer Sammlungen, S. 102. 4

14 Vgl. Kaiser, Museumsdorf Cloppenburg, S.86f.

15 Vgl. ebd., S. 29.

16 Vgl. Deneke, Realität und Konstruktion des Geschichtlichen, S. 10. 5

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Flett der Hofanlage Wehlburg. Museumsdorf Cloppenburg
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Institut für Geistes- und Kulturwissenschaften - Abteilung für Kulturgeschichte und vergleichende Landesforschung)
Veranstaltung
GS-3.2 Konstruktion von Geschichte am Beispiel regionalhistorischer Museen
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V296213
ISBN (eBook)
9783656941859
ISBN (Buch)
9783656941866
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
flett, hofanlage, wehlburg, museumsdorf, cloppenburg
Arbeit zitieren
Laura Endrizzi (Autor:in), 2011, Das Flett der Hofanlage Wehlburg. Museumsdorf Cloppenburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/296213

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