Der Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirtschaft unter Einbezug institutioneller Qualität


Masterarbeit, 2006

77 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Korruption
2.1 Definition
2.2 Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung
2.2.1 Positive Effekte von Korruption?
2.2.2 Korruption und Wirtschaftswachstum
2.3 Ein intuitives Modell der Korruption
2.3.1 Grundmodel
2.3.2 Die Industrieökonomik der Korruption
2.3.3 Korruption und Geheimhaltung
2.4 Ein formelles Korruptionsmodell

3 Korruption und Schattenwirtschaft
3.1 Schattenwirtschaft - Definition
3.2 Schattenwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung
3.3 Die Verbindung zwischen Korruption und Schattenwirtschaft
3.4 Korruptionsmodell mit Schattenwirtschaft
3.4.1 Grundmodell
3.4.2 Bestechungszahlungen in der Schattenwirtschaft
3.4.3 Endogene Investitionsentscheidung und Aufsicht
3.4.4 Öffentliche Güter

4 Die Rolle institutioneller Qualität
4.1 Institutionelle Qualität und wirtschaftliche Entwicklung
4.2 Institutionelle Qualität und Korruption
4.3 Institutionelle Qualität und Schattenwirtschaft
4.4 Institutionelle Qualität im Korruptionsmodell mit Schattenwirtschaft
4.4.1 Grundmodell
4.4.2 Institutionelle Qualität im Fall ohne Schattenwirtschaft
4.4.3 Institutionelle Qualität im Fall mit Schattenwirtschaft

5 Fazit und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[1] [2]

1 Einleitung

Die wirtschaftliche Bedeutung von Korrupt ion und Schattenwirtschaft ist, insbe­sondere fürSchwellen-undEntwi cklungsländern, gut dokumentiert.[3] Kontro­verse theoretische Überlegungen über die Auswirkungen von Korruption aufdie wirtschaftliche Entwicklung in den sechzigerund siebzigerJahren[4] wurden mitt­lerweile durch empirische Korruptionsforschung[5] abgelöst. Die überwiegend negativen Effekte von Korruption wer den heute allgemein als Tatsache ange­sehen.

Dagegen sind diegesamtwirtschaftlichen Auswirkungendesinformellen Sek­tors weder theoretisch noch empirisch eindeutig belegt.[6] Während einige Arbei­ten die negativen Effekte der Schatten wirtschaft - hauptsächlic h verringerte Staatseinnahmen und Unterversorgung vo n öffentlichen Gütern - in den Vor­dergrund stellen[7], heben andere Arbeiten die positiven Facetten des informellen Sektors hervor. Insbesondere gehen eini ge Autoren davon aus, dass die Exis­tenz eines inoffiziellen Sektors zu ei ner Verringerung der Korruption im offiziel­len Sektor führen kann[8].

Eine wichtige Gemeinsamkeit von Korrupt ion und Schattenwirtschaft ist, dass beide Aktivitäten starkvon den institutionellen Rahmenbedingungen eines Lan­des abhängigsind.Einewac hsende Anzahl wissenschaftlicher Publikationen thematisiert die Rolle von Institutionen für die wirtschaftliche Entwicklung. So bieten empirische Analysen[9] Hinweise dafür, dass die weltweit unterschie dli- chen Wohlstandsniveaus durch Unterschiede in derAusgestaltung von Instituti­onen erklärt werden können. Der Einbezug inst itutioneller Faktoren in die Ana­lyse des Zusammenhangs von Korruption und Schattenwirtschaft ist daher zweckmäßig und ein natürlicher Schritt um das Verständnis über das Thema zu erweitern.

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Da rstellung wichtigerAspekte des aktu­ellen Forschungsstands über den Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirtschaft und dem Einfluss von Institutionen aufdiese Beziehung. Die Darstellung geschieht hierbei aufzwei Ebenen. Die ersten Abschnittejedes Ka­pitels geben eine Übersicht über die Ent wicklungen in der Literatur zu den je­weiligen Themengebieten.Esw erden die Hauptergebnisse wichtiger Arbeiten dargestellt und in Bezug zu dem hier bearbeiteten Thema gesetzt. Die letzteren Abschnitte jedes Kapitels stellen ein Modell bzw. Modellerweiterungen zu dem jeweiligen Thema dar.

Im zweiten Kapitel werden die Ent wicklungen der Korruptionsforschung be­schrieben. DesWeiterenwirdeinintuitiv es ModellderKorruptiondargestellt, welches die Auswirkungen von Korruption verdeutlich. Im letzten Abschnitt des Kapitels wird ein formelles Modell hergel eitet, das als Benchmark für die Mo­dellerweiterungen spätererAbschnitte dienen soll.

Kapitel drei widmet si ch der Darstellung des Zusammenhangs zwischen Kor­ruption und Schattenwirtschaft. Zunächst werden die relevanten Entwicklungen in der Literaturzu Schattenwirtschaft und ihrer Beziehung mit Korruption aufge­zeigt. Danach wird der Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirt - schaft anhand einiger Erweiterungen des Modellrahmens aus Kapitel zwei ana­lysiert. Es wird gez eigt, dass Schatt enwirtschaft und Korruption unter den zugrunde liegenden Annahmen substitutiv zueinander sind.

Das vierte Kapitel führt die Qualität von Institutionen in die Analyse ein. Wieder­um wirdzunächsteineallgemeineÜ bersicht überdasThemagegeben.Ab- schnitt 4.4 führt institutionelle Qualität als Variable in den Modellrahmen ein. Es wird gezeigt, dass eine Verbes serung der institutionellen Qualität zur Verringe­rung derAktivitäten im informellen Sektor und, unter bestimmten Bedingungen, zu einem Rückgang der Korruption führt.

Im fünften Kapitel werden die Ergebnisse derArbeitzusammengefasst und ein Ausblick aufdie weitere Forschung gegeben.

2 Korruption

Erste wissenschaftliche Publikationen über die Ursachen und Wirkungen von Korruption sind bereits in den sechziger Jahren erschienen.[10] Die Anzahl der Publikationen zu diesem Thema ist vo r allen Dingen in den neunzigerJahren stark gewachsen.[11] Mittlerweile istdieKorrupti onsforschung ein etablierter Zweig der Gesellschaftswissenschaft en, der durch die Zusam menarbeit von Ökonomen, Politikwissenschaftlern, Juristen und Soziologen charakterisiert wird.[12] Während am Anfang der Forsc hung eine Dis kussion über die Er- wünschtheit von Korruption stand und einige Arbeiten positive Aspekte von Kor­ruption hervorhoben[13], herrscht mittlerweile ein K onsens in derwissenschaftli- chen Literatur überdie negativ en Auswirkungen von Korruption. DieserKon- sens wird auch von der allgem einen Öffentlichkeit geteilt[14] und hat zu einem verstärkten Interesse internationale r Organisationen an der Bekämpfung von Korruption in ihren verschiedenen Formen geführt.[15]

In diesem Kapitel wird eine Übersich t über die Entwic klungen in der Korrupti­onsforschung gegeben. DerersteAbschnitt beschäftigt sich mitunterschiedli­chen Definitionen von Korruption. Der zweite Abschnitt widmet sich den Auswir­kungen von Korruptionaufdi e EffizienzderRessour cenallokation. Eswerden zunächst Argumente aus derfrühen Korrupt ionsforschung aufgezeigt, die eine effizienzsteigernde Wirkung von Korrupti on vermuteten. Im Anschluss werde n die Schwachstellen dieserArbeiten aufgezeigt und ihre Ergebnis se denen an­derer, meist jüngerer, Arbeiten gegenüberges tellt. In einem weit eren Unterab­schnitt werden Ergebnisse über die Zu sammenhänge von Korruption und Wirt­schaftswachstum dargestellt. Ein intuitives Modell der Korruption wird im dritten Abschnitt vorgestellt und erläutert. Im vi erten Abschnitt wird ein k urzes formel­les Modell zur Korruption hergeleitet.

2.1 Definition

Eine der ersten Schwierigkeiten mit denen man sich beim Studium der Korrup­tion konfrontiert sieht, ist ihre Definition.[16] Dies ist von besonderer Wichtigkeit, da sich die Modellieru ng von Korruption zu einem bedeutenden Anteil nach ih­rer Definition richtet.[17] Allgemein wird Korruption al s Situation verstanden, in der Macht, die aus derAusübu ng einer öffentlichen Stelle entsteht, regelwidrig für den persönlichen Vorteil genutzt wird.[18]

Anhand dieser Definition lassen sich drei unterschiedliche Arten von Korruption unterscheiden:[19] „Großkorruption“,„Legislative Korruption“ und,,bürokratische Korruption“.

i) „Großkorruption“ bezieht sich aufdie Ausnut zung der politischen Macht sei­tens der politischen Elite eines Landes um Wirtschaftspolitiken festzusetzen, die ihren persönlichen Vorteil dienen. In ihrer Rolle als Interessenvertreterder Be­völkerung, sollten Politiker ihre Entsc heidungen ausschließlich mit Hinblick auf die Interessen ihrer„Auftraggeber“, der Bevölkerung, treffen. Dabei müssen sie die Interessen unterschiedlicher Bevölkerungsschichten abwägen und mit ihrem privaten Interesse, dem Verbleib im Amt, in Einklang bringen. Eine korrupte po­litische Elite kann die nati onalen Politiken und ihre Im plementierung so beein­flussen, dass sie, oft auf Kosten der Bevölkerung, ihrem privatem Vorteil dienen. Diese Art von Korruption ist schwer zu identifizieren, insbesondere wenn keine Bestechungen gezahlt werden, da Debatten überöffentliche Politiken meistens im Namen des öffentlichen Interesses geführt werden. Die Nachweisbarkeit von „Großkorruption“ wird besonders erschwert, wenn gezeigt werden kann, da ss wenigstens Teile der Bevölkerung durch die implementierten Politiken begüns­tigt werden. Trotz, oder gerade wegen ihrer schwierigen Nachweisbarkeit, kann diese Art von Korruption die schwersten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen haben.[20] Modelle,die„Großkorruption“ beschreiben basierenauf„prin- cipal-agent“ Beziehungen, wobei die Effizienz der Beziehung von der Fähigkeit des Prinzipals (Bevölkerung) abhängt, geeignete Anreize für den Agenten (poli­tische Elite) zu schaffen.[21]

ii) „Legislative Korruption“ beschreibt das Ausmaß, in dem das Wahlverhalten des Gesetzgebers beeinflusst werden kann. Gesetzgeber können durch Inte­ressengruppen bestochen werden um Gesetze zu erlassen, die die ökono mi­schen Renten verändern. „Legislative Korruption“ umfasst sowohl den Kaufvon Wahlstimmen durch Politik er, die wiedergewählt werden möchten, wie auch durch Vertreter der Exekutive, die die Inkraftsetzung bestimmter Gesetze wün­schen.[22]

iii) Eine weitere Art der Korruption bez ieht sich auf korrupte H andlungen von

Bürokraten. Sie wird deshalb als „bürokratische Korruption“ bezeichnet und kann sowohl auf Beziehung eines korrupten Beamten mit seinen Vorgesetzten, wie auch aufseine Beziehung mit der Bevölkerung angewandt werden.[23] Oft verlangen korrupte Beamte Bestechungszahlungen um eine Leistung zu erbrin­gen oder eine Lizenz zu gewähren bzw. um Verfahren zu beschleunigen.[24] In manchen Fällen werden Beamte auch besto chen um Dienste zu erbringen, die offiziell nicht zu ihren Aufgaben gehören.[25] Bestechungen um Kosten bzw. das Risiko rechtlicher Sanktionen zu reduzieren fallen ebenfalls unter diese Art von Korruption.[26]

Die Ausführungen der vorliegenden Arbeit beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Zusammenhänge von „bürokratischer Korruption“, so dass Korruption und „bürokratische Korruption“ im Fol genden, wenn nicht ander s gekennzeichnet, synonym verwendet werden.

2.2 Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung

Wie bereits erwähnt, herrscht in der heutigen Literatur zur Korruptionsforschung ein Konsens über die negativen Folgen vo n Korruption. Dies warjedoch nicht immer der Fall. Dieser Abschnitt widmet sich daher der Darstellung von frühen Ergebnissen derKorruptionsforschung bezüglich ihrer Effekte aufdie Effizienz der Ressourcenallokation und Bürokratie . Zunächst werden einig e Arbeiten vorgestellt, die positive Effektevon Korruption aufdie Effizienzvermuteten. Im zweiten Teil werden Arbeiten und Argum ente vorgestellt, die diese Vermutun­gen in Frage stellen bzw. widerlegen und somit zum heutigen Konsens beige­tragen haben.

2.2.1 Positive Effekte von Korruption?

Ein Zweig derfrühen Korruptionsliteratur vertrittdie Meinung, dass Korruption im Kontextvon schwerfälligen, überregulierten Wirtschaften in Entwicklungslän­dern, zu Effizienzsteigerungen führen k ann. Ausgangspunkt dieser Überlegun­gen ist ein Staat der keine En twicklungsziele verfolgt.[27] Leff (1964), beispiels­weise, geht von einer Situation aus, in der der Staat, auch wenn er de jure vor­gibt wirtschaftlicheEntwicklung fördernzuwollen, de facto diewirtschaftliche Entwicklung hemmt. Die Regier ung tut dies um zu verhindern, dass sich ein produzierender Mittelstand bildet, der eine Konkurrenz zur bestehenden politi­schen Elite bilden könnte. Die politische Elite hemmt somit vorsätzlich die wirt­schaftliche Entwicklung aus Furcht ihre Renten aus der Regierungstätigkeit zu verlieren. In solch einerZweitbest-Welt, die durch politikinduzierte Verzerrungen charakterisiert ist, können Akt ivitäten wie Schmuggel und Bildung v on Schwarzmärkten die Wohlfahrt auch dann erhöhen, wenn Ressourcen mit die­sen Aktivitäten verbraucht werden.[28] Oder, wie es Huntington (1968) formuliert:

’’In terms of economic growth, the only thing worse than a society with a rigid, over-centralized, dishonest bureaucracyisonewitharigi d, over-centralized,hon est bureaucracy.”[29]

Auch wenn keine Verzerrungen existier en, könnte Korruption als Teil eines Verhandlungsprozesses aufgefasst werden, in dem der korrupte Beamte und der private Agent zu einem effizienten Ergebnis gelangen.[30] Wenn ein öffentli­cher Auftrag an die Firma vergeben wir d, die das höchste Bestechungsg eld zahlt, wirddieAllokationseffizienzaufre chterhalten, danurdas Unternehmen mit den niedrigsten Kosten das höchste Bestechungsgeld zahlen kann[31] und es für die Bewertung der Effizienz irrele vant ist ob der Produzentenüberschuss dem Bürokraten oder dem Staat zufließt.

Ein weiteres Argumentfür eine effizienzsteigernde Wirkung von Korruption liegt im so genannten ,, grease the weels“[32] bzw. „speed money“[33] Effekt von Beste­chungszahlungen. Dieser Effekt bezieht sic h aufdie Möglichkeit bürokratische Bearbeitungsprozesse bzw. Wartezeiten in Warteschlangen durch Zahlung v on Bestechungsgeld zu reduzieren. Lui (1985), entwickelte ein Modell zurgleich­gewichtigen Warteschlangenbildung[34], in dem die Höhe des Bestechungsgel­des, die eine wartende Person zu zahlen bereit ist, durch eine Bestechungs - funktion bestimmt wird. Die se wiederum bestimmt si ch aus den Opportunitäts­kosten derWartezeitdeseinz elnen Individuums.DasModellz eigt, dassdie Bestechungsstrategien in diesem nich t-kooperativen Spiel zu einem N ash- Gleichgewicht führen, welches die mi t derWarteschlange assoziierten Warte­kosten minimiert und so die Effizienz der Bürokratie erhöht. Das Ergebnis kommt jedoch vor allen Dingen aufgrund der sehr restriktiven Annahmen zu­stande. Beispielsweise wird per Annahme festgesetzt, dass lediglich Neuan­kömmlinge Bestechungsangebote formulieren können. Bereits wartende Perso­nen können diese nicht überbieten bzw. ihre Angebote ändern. Aspekte wie asymmetrische Informationsverteilung und „moralhazard“werdenebenfalls ausgeblendet.

Die Ergebnisse aus den oben aufgeführten Arbeiten, lassen den Schluss zu, dass einige Arten von Korruption unter bestimmten Bedingungen effizient sein könnten. DieseMeinungstehtj edoch imGegensatzzurüberwiegenden Mei­nung heutiger Korruptionsforscher.

Bezogen aufdie Hypothese, dass etwas Korruption im Kontext einerZweitbest­Welt erwünscht sei, zählt Rose-Acke rmann (1999) vier Argumente gegen die ToleranzjeglicherArtvon Korruption auf.

Erstens kann die Toleranz von Korrupt ion in wichtigen Behörden, beispielswei­se inderSteuerbehörde,zu r VerbreitungkorrupterAr beitsweisen in weitere Sektoren der Wirtschaft führen. Zweitens stellt die To leranz korrupterArbeits­weisen einen Anreiz für korrupte Beamte dar, sich weitere Bestechungsquellen zu „erschließen“. Wird Korruption in einer Steuerbehörde toleriert, so habe n korrupte Steuerfahnder einen Anreiz Steuer schulden zu erfinden lediglic h um Bestechungserträge zu erzielen. Variiert die Anfälligkeit für Bestechungs- und Steuerforderungen zwischen FirmenundUnte rnehmen, führtdiesjedochzu arbiträren und unfairen Zahl ungsmustern. Die Summe der Steuern und Best e- chungszahlungen würde in dies em Fall nicht die Steuernormen sondern die Möglichkeiten und Absichten der Steuerfahnder reflektieren.

Drittens kann Korruption zur Entstehung eines unsicheren Geschäftsklima bei­tragen. Oftzahlen Firmen Bestechungsgelder um Planungssicherheit zu erlan­gen. Diese Sicherheit istjedoch illusorisch, da sie nicht gerichtlich durchgesetzt werden kann. Kurzfristig können Bestechungszahlungen zwardie Sicherheitfür einzelne Firmenerhöhen,auflangeFrist führen dieindividuellenZahlungen jedoch zu größeren Unterschieden in den Bestechungsforderungen an Unter­nehmen. Folglich verlieren die nominalen, offiziellen Forderungen als Indikato­ren für die tatsächlichen Kosten eines Unternehmens an Aussagekraft. Indivi­duelle Versuche die Planungssicherheit zu erhöhen können in diesem Fall ge­samtgesellschaftlich zu erhöhter Unsicherheit führen und potentielle Unterneh­mer vom Markteintritt abhalten.[35]

Das vierte Argument betrifft die Arten v on Korruption, die in Abschnitt 2.1 als „Großkorruption“ bzw. „legislative Korruption“ beschriebenwurden.Unterneh- men, die von existenten korrupten Praktik en profitieren, sowie ihre Partner im Staatsapparat würden sich sämtlichen Re formen entgegensetzen, die zu mehr Transparenz und Wettbewerb führen sollen. Es besteht daher die Gefahr, dass in politischen Systemen, in denen korrupte Praktiken ti ef verwurzelt sind, not­wendige staatliche Reformen verhindert werden.

Bigsten / Moene (1996) bestätigen die oben aufgeführten Hypothesen anhand des Falles von Kenia. In ihrem Mode ll führen dieAut oren die schwache wirt­schaftliche Entwicklung Kenias aufdie korrupten Aktivitäten der politischen Elite des Landes zurück. Diese garantiert sich ihre Machtbasis, in dem sie ihre loyale Anhängerschaft mit Posten im öffentlichen Sektor versorgt. Dies wiederum führt in diesem Sektor zu Ü berbeschäftigung. Politiker und Bürokraten in hohen Äm­tern beeinflussen das Gleichgewicht in dem sie Unternehmen und Land erwer­ben. Regierung und korrupte Unternehmen haben somit die gleichen Interessen an derAufrechterhaltung des Systems. Ko rruption wird in diesem Fall zum Er­halt der Machtbasis einer politischen Elite genutzt und verhindert die Durchs et- zung von Staatsreformen. Entgegen der Hypothese von Leff (1964) war Korrup­tion in Kenia nicht ein Ausweg um den, von der Regierung Aufrecht erhaltenen, status quo zu umgehen.[36] Vielmehrwarsie d as Mittel, dass zurAufrechterhal­tung dieses status quo führte.

Bezogen aufdas Modell zurgleichgewic htigen Warteschlangenbildung von Lui (1985) weistAndvig ( 1991) daraufhin, dass die Bildung von Warteschlang en als allokativer Mechanismus komplexer und vielseitiger wird, wenn Aspekte a­symmetrischer Information und strat egische Erwägungen, sowie „moral ha­zard“ einbezogen werden. Unterschiedliche Arten derOrganisation von Warte­schlangen könntenindiesen Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Ähnlich sind die Probleme, die mit der Sichtweise von Korruption als Verhand­lungsprozess verbunden sind. Da Korrupt ion in der Regel im Rahmen von ge­heimen Absprachen geschieht wird es in der Realität schwierig sein eine „Be­stechungsauktion“ zu realisieren bei der alle Unternehmen die Möglic hkeit ha­ben teilzunehmen.

Der „grease-the-wheels effect“ von Korr uption lässt sich empiris ch ebenfalls nicht nachweisen. Kaufmann / Wei (2000) zeigt, dass die Beziehung zwisc hen der Häufigkeitvon Bestechungen in einem Land und derzeit, die Managervon internationalen Unternehmen mit Bürokraten in diesem Land verbringen, positiv ist. Wäre das „grease-the-wheels“ Argum ent gültig, so müsste das höhere Be­stechungsniveau mit einer höheren Effizi enz der Bürokratie einhergehen und internationale Manager würden wenigerZeitmit Büro kraten verbringen. Gupta et al (2000) stellen fest, dass sowohl die Qualität wie die Quantität von Ge- sundheits- und Bildungsleistungen mit dem Grad der Korruption abnehmen. Die Indizien zeigen, dass Bürokraten, sobal d sie die Möglichk eit ihr Einkommen durch Bestechungsgelderzu verbessern erkannt haben, Regelungen einführen, die mehrlnteraktionzwischenihnen und denUnternehmernerfordern.Auch wenn einzelne Transaktionen durch Bestechungen schneller realisiert werden, wird diese Beschleunigung somit durch di e vermehrte Anzahl von notwendigen Transaktionen aufgebraucht.

Zusammenfassend istfestzustellen, dass eine positiveSichtweise derAuswir- kungen von Korruption in den meisten Fällen nicht mit der Realität zu vereinba­ren ist. Hauptgrund hierfür ist, dass Korruption in der Regel nicht zur Umgehung von existenten Verzerrungen führt. Viel mehr kommen diese Verzerrungen oft erst durch das Vorhandensei n korrupter Praktiken und Vetternwirtschaft in ei­nem Wirtschaftssystem zustande.[37] Wie sehr sich Korruption auf das Wachs­tum eines Landes auswirkt und durch welche Mechanismen dies geschehen kann ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.

2.2.2 Korruption und Wirtschaftswachstum

Nachdem im letzten Unterabschnitt festges tellt wurde, dass Korruption sich in der Regel negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes auswirkt, ist es nun interessant zu untersuchen wie und in welchem Ausmaß dies passiert. Eine der Kanäle, durch die Korruption Wachstum hindern kann ist ihr Einflus s auf die Allokation von Ressour cen. Dies kann hauptsächlich durch zwei Wege passieren. Zum einen kann Korruption di e Bewertung von Investmentmöglich­keiten seitens privater Investoren beeinflussen. Zum anderen kann Korruption zur Fehlallokation von Ressour cen führen, wenn eine korrupte Behörde über die Verwendung von öffentlichen Ressourcen entscheidet.[38] Mauro (1995) isteine dere rsten systematischen empirischen Untersuchungen mit internationalen Daten, in derdie Auswirkung von Korruption aufdie Investi­tionen gemessenwird.UnterVerwendung von IndizesderOrganisation Busi­ness Intelligence (BI) für Korruption, Bürokratie und Qualität des Rechtssystems für 70 Länder im Zeitraum 1980 - 1983, wer den Kanäle identifiziert, durch die Korruption und andere institutionelle Faktoren[39] das Wachstum beeinflussen.[40] Um die Richtung der Kausalität dieser Beziehung zu bestimmen, wird ein Index der „ethnolinguistischen Fraktionalisierung“[41] als Kontrollvariable benutzt. Die­ser Index beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei zufällig aus der Bevölke­rung eines Landes ausgewählten Individue n nicht der gleichen ethnolinguisti­schen Gruppe zugehören. Er korreliert stark mit Korruption und anderen institu­tionellen Variablen, kann jedoch als exogen sowohl zu ökonomischen Variablen wie zur bürokratischen Effizienz angenommen werden. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass Korruption mit geringeren privaten Investitionen und gerin­gerem Wachstum verbunden ist. Nachdem die Resultate mit Hilfe des Indexes für ethnolinguistische Fraktionalisierung aufEndogenität geprüft wurden, erwie­sen sie sich ebenfalls als robust. Dies ist ein Hinweis darauf, dass bürokratische Effizienz[42] kausal für höhere Investitionen und Wachstumsraten ist.

„For example, if Bangladesh were to improve t he integrity and efficien cy of its bureaucracy to the level ofthat of Uruguay (corresponding to one standard-deviation increase in the bureaucratic efficiency index), its investment ratewould rise by almos t five percentage points, and its yearly GDP gro wth rate would rise by over half a per­centage point.”[43]

In einerweiterenUntersuchungerweiter t Mauro(1996)die Analyse umeine höhere Anzahl von Ländern un d um die Effekte von Korruption auf die Zus am­mensetzung von öffentlichen Ausgaben. Die Studie bestätigt die Ergebnisse aus Mauro (1995) und kommt zusätzlich zu dem Schluss, dass öffentliche Aus­gaben für Bildung und Gesundheit signifikant negativ mit Korruption assoziiert sind.

In Tanzi / Davoodi (1997) beginnen die Autoren ihre Studie mit der Beoba ch- tung, dass, speziell in Ländern mitei nem hohen Staatsanteil an derWirtschaft und schwachen Institutionen, die Höhe und Art der Staatsausgaben oft der Ver­nunft widersprechen. Sie sehen die Ur sachen für di ese Beobachtung in der „Großkorruption“. Diese Art von Korruption motiviert Politiker und hohe Bürokra­ten, öffentliche Mittel in Projekte zu leiten, aus denen sich die Extraktion v on Bestechungsgeldern einfacher gestaltet. Aus dieser Überlegung stellen die Au­toren die Hypothes en auf, dass Korruption, ceteris paribus, mit h ohen Staatsausgaben, geringen Staatseinkommen, geringen Staatsausgaben füro­perative und Instandhaltungstätigkeiten[44] sowie geringer Qualität der öffentli­chen Infrastrukturverbundenis t. Dieempi rische Überprüfungbestätigtdiese Hypothesen. Zusätzlich zu den von Mauro (1995, 1996) aufgezeigten Kanälen, verringert Korruption das Wirtschaftswachstum ebenfalls durch Verzerrungen in den Staatsausgaben. Insbesondere führt Korruption zu höheren Staatsausga­ben und sinkender Produktivität derselben. Sie erhöht den Staatskonsum, ver­ringert die Qualität der öffentlichen Infrastruktur und verringert die für produktive Zwecke verfügbaren öffentlichen Mittel.

Johnson et al (1997) verwenden eine andere Methodologie um den Einfluss von Korruption aufWachstumsrat en zuuntersuchen.Die Autoren entwickeln ein Modell, in dem der Ei nfluss von Korruption aufdie Wa chstumsraten daraufzu- rückgeführt wird, dass sie die Markte intrittsentscheidungen von Unternehmern in die offizielle Wirtschaft beeinflussen. Unternehmer „flüchten“ in den inoffiziel­len Sektor um den Restriktionen des staatlichen Sektors zu umgehen. In einem ersten Schritt stellen die Autoren fes t, dass höhere Restriktionen zu höherer Konzentration von Wirtschaftsaktivitäten im inoffiziellen Sektorführen. Darauf­hin wird gezeigt, dass Länder mit geringen effektiven Restriktionen[45] höhere Wachstumsraten vorzeigen. Die Autoren heben vor allem die negativen Effekte erhöhter Aktivität in der Schattenwirtschaft auf die öffentlichen Finanzen hervor. Sie unterscheiden zwischen Ländern die si ch in einem „guten“ Gleichg ewicht und Länder die sich in einem „schlechten“ Gleichgewicht befinden. In ersteren sind Korruption, Steuerlast, Regulierungen und die Aktivität im inoffiziellen Sek­tor gering und die St aatseinnahmen sowie die Bereitstellung öffentlicher Güter hoch. Das „schlechte“ Gleichgewicht ist durch prohibitiv hohe Steuern und Re­gulierungen, hohe Korruption, niedrige Staatseinnahmen, unangemessene Be- reitstellung öffentlicher Güter und einem ho hen Anteil derAktivität im inoffiziel­len Sektor gekennzeichnet.[46]

In diesem Abschnitt wurde eine Übersi cht über den Stand der Forschung zu den Zusammenhängen von Korruption und wir tschaftlicher Entwicklung gege­ben. Ziel war es dem Leser einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zu gewähren und darzustellen wie sich der heutige Konsens über die, aus ge­samtgesellschaftlicher Sicht, Unerwünschtheit von Korruption gebildet hat.

In Abschnitt 2.3 wird nun eine Modellwelt dargestellt, mit der sich die Folgen und Zusammenhänge von Korrupt ion auf intuitive W eise tiefgehender illustrie­ren lassen.

2.3 Ein intuitives Modell der Korruption

Dieser Abschnitt widmet sich der Herleitu ng eines intuitiven Models zum Ver­ständnis der Auswirkung und Verbreitung von Korruption[47].

Nachdem die Rahmenbedingungen und ersten Ergebnisse des Models im ers­ten Unterabschnittfestgelegtwerden, ste llt derzweite UnterabschnittdieAus- wirkungen der Organisation von Korrupti on dar. Hierbei werden die Auswirkun­gen eines zentral organisierten „Korruptionsnetzes“ denen autonomer korrupter Agenten gegenübergestellt. Es wird gezeigt, dass organ isierte Korruption aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gegenüber unabhängiger korrupter Agenten vorzu­ziehen ist.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei der Fr age warum Korruption, auch wenn sie gut organisiert ist, scheinbar stärkere Verzerrungen als ihre „Schwesteraktivi­tät“[48], die Besteuerung, hervorruft. Eswird gezeigt, dassdie Geheimhaltungs - pflicht bei Korruptionszahlungen hierfür verantwortlich ist.

2.3.1 Grundmodel

Das Grundmodel der Korruption geht von einem Gut aus, welches von der Re­gierung bereitgestellt wird, beispielsweise eine Lizenz zum Eröffnen eines Ge­schäftes. Es handelt sich hierbei um ein homogenes Gut für welches ein e Nachfragekurve N(p) seitens der privaten Agenten ex istiert. Des Weiteren wird angenommen, dass dieses Gut von einem Beamten verkauft wird, der in der Lage ist, den Verkauf des Gutes zu begrenz en, d.h.er ka nn den privaten A­genten die Ausstellung der Lizenz verweigern. Es wird außerdem angenommen, dass die Verweigerung des Verkaufs seitens des Beamten nicht mit dem Risiko einer Strafe verbunden ist. Somit ist der Beamte im Grundmodell ein Monopolist, der sein Einkommen aus Bestechungszahlungen maximiert.

Der offizielle Preis des Gutes ist p. Es wird angenom men, dass die Bereitstel­lung des Gutes keine Kosten für den Beam ten verursacht, zumal diese Kost en von der Regierung getragen werden. Bei der Bestimmung der Grenzkosten für den Beamten sind zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen existiert der Fall, in dem der korrupte Beamte den offiziellen Preis an die Regierung weitergibt - dies ist der Fall ohne Diebstahl. Zum Beispiel könnte der Beamte eine Lizenz für den offiziellen Preis p zuzüglich einer Bestechun gszahlung verkaufen. In diesem Fall geht der Preis p an die Regierung und der Beamte behält die Be­stechungszahlung für sich. Die Grenzko sten für den Beamten sind in dies em Fall gleich dem Preis p. Denkbar ist ebenfalls der Fall mit Diebstahl. Hierbei zeigt der Beamte der Regierung den Verkauf des Gutes nicht an und behält den gezahlten Betrag vollständig. Folglich gleicht dergezahlte Betrag in diesem Fall der Bestechungszahlung und kann auch niedri ger als deroffizielle Preis sein. Da er der Regierung dem Verkauf nicht anzeigt, sind die Grenzkosten für den Beamten im Fall mit Diebstahl gleich Null.

Die beiden Fälle - mit Diebstahl und ohne Diebstahl - unterscheiden sich ledig­lich in der Höhe der Grenzkosten für den Beamten. Im er sten Fall kann der Preis des Gutesjedoch den offi ziellen Preis unterschreiten. Folglich ist Korrup­tion mit Diebstahl attraktiver für den Käufer.

Falls es für den Beamten nicht möglich is t Preisdiskriminierung zwischen den Käufern zu betreiben, wird er, in sei ner Rolle als Monopolist, seinen Grenzum­satz gleich den Grenzkosten setzen. Im Fall ohne Diebstahl hat daher, wie in einem klassischen Monopolproblem, einen Anreiz dasAngebotzum offiziellen

Preis zu verknappen und bis zur Marktr äumung Bestechungsgelder für das an­gebotene Gut zu verlangen. Im Fall mit Diebstahl kann derverlangte Preis ge­ringer als der offizielle sein.

Diese einfache Untersuchung deutet an, dass Korruption sich sowohl durch den Wettbewerb zwischen den Beamten als auch zwischen Konsumenten verbreitet. Werden Tätigkeiten in Behörden nach dem Au ktionsprinzip besetzt, d.h. eine Stelle wird jeweils dem Meistbietenden zugewies en[49], werden „ehrliche“ Beam­te, die keine Bestechungszahlungen verlang en, voraussichtlich nicht in der La­ge sein die Mittel für die Stelle aufzubringen. Folglich werden jeweils die Kandi­daten ausgewählt, die die meisten Umsätze aus Bestechungszahlungen gene­rieren können. Der Wettbewerb zwischen Bü rokraten garantiert somit, dass die maximalen Bestechungszahlungen eingezogen werden.

Im Fall der Korruption mit Diebstahl is t derWettbewerb zwischen den Käufern von großer Bedeutung. Wenn ei n gewerblicher KäuferX eine öffentliche Leis­tung zu einem geringeren Preis als sein Wettbewerber Y beziehen kann, hat X gegenüberY einen Wettebewerbsvorteil und kann ihn so vom Markt verdrängen. Angenommen X ist Importeur und hat die Möglichkeit sich von der Zahlung des offiziellen Zolls durch eine Bestechungszahlung an einen Zollbeamten befreien, die geringer ist als der offizielle Zolltar if. Die Importeure, die den vollständigen offiziellen Zoll zahlen müssen, werden in diesem Fall langfristig nicht überleben können. Sie werden ebenfalls nach Möglichkeiten suchen einen Zollbeamten zu bestechen um weiterhin we ttbewerbsfähig zu bleiben. Somit begünstigt der Wettbewerb zwischen den Käufern von öffentlichen Leistungen die Verbreitung von Korruption im Fall mit Diebstahl. Die ser Effekt trifft aufden Fall ohne Dieb­stahl nicht zu, da der Käufer der Lizenz durch Korruption keinen Wettbewerbs­vorteil erlangt.

Aus den Ergebnissen des Grundmodels folgt, dass sich Korruption mit Dieb­stahl verbreitet, weil die Einhalt ung der gesetzlichen Vorgaben in einem Wett­bewerbsumfeld nicht überlebensfähig ist. Auße rdem profitiert der Käufer in die­sem Fall vom korrupten Verhalten des B eamten und hat deshalb keinen Anreiz den korrupten Bürokraten anzuzeigen. Das Zusammenfallen der Interessen von Käufern und korrupten Beamten sorgt dafür, dass Korruption mit Diebstahl lang­lebiger und schwerer aufzuspüren ist als Korruption ohne Diebstahl.

2.3.2 Die Industrieökonomik der Korruption

Das oben beschriebene Grundmodell geht von zwei sehr strengen Annahmen aus. Zum einen benötigt der Käufer nur ein Regierungsgut um sein Geschäft zu betreiben. Zum anderen wird davon ausge gangen, dass der Beamte über das Monopol dieser Leistung verfügt. In der Realität tauc hen kritische Aspekte der Korruption jedoch erst aufwenn diese An nahmen nicht zutreffen. Oft benötigt ein Geschäftsmann mehrere komplement äre Regierungsgüter um sein Ge­schäft zu betreiben. So kann ein Importeur beispielsweise mehrere unterschied­liche Lizenzen für den Import, Transport und Vertrieb seiner Waren benötigen. Werden mehrere Regierungsgüter angeboten, ist die Struktur des Marktes von hoher Bedeutung. Grundsätzlich existieren hierbei drei Möglichkeiten der Orga­nisation:

i) Die unterschiedlichen Behörden können ihre Handlungen abstimmen,
ii) sie können unabhängig voneinander handeln oder
iii) im Wettbewerb zueinander stehen.

Die Untersuchung dieser unterschiedlichen Strukturen bei komplementären Re­gierungsgütern gibt Aufschluss über einige der Konsequenzen von Korruption. Betrachtet wird zunächst Fall i), in dem die Bestechungsforderungen für zwei unterschiedliche Regierungsgüter von einer Behörde bestimmt werden (bezie­hungsweise, wo die For derungen unterschiedlicher Behörden über eine über­geordnete Stelle aufeinander abgestimmt werden). Diese Art von Korruption war beispielsweise im kommunistischen Russland üblich, wo Bestechungsz ah- lungen über die Parteibüros eingesamme lt und an die Mitglieder verteilt wur­den.[50] Die monopolistische Behörde bestimmt nun die Preise p1 und p2 der bei­den Regierungsgütereinschließlich der Bestechungszahlungen. Dieverkauften Mengen sind gleich x1 und x2. Die offiziellen Preis e entsprechen, wie im Grundmodell, den Grenzkosten für die monopolistische Behörde und werden durch die Abkürzungen MC1 und MC2 gekennzeichnet. Die Bestechungszah­lungen pro Einheit sind somit p1 - MC1 und p2 - MC2. Die Behörde setzt den Preis p1 fest, so dass

[...]


[1] Variablen, die sich auf den Fall mit Schattenwirtschaft beziehen, werden mit einem Tilde gekennzeich­net.

[2] Variablen, die sich auf den Fall mit Schattenwirtschaft beziehen, werden mit einem Tilde gekennzeich­net.

[3] Siehe Jain (2001) für eine Übersicht der Ergebnisse der Korruptionsforschung und Schneider (2005) für einen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand über Schattenwirtschaft.

[4] Vgl. Leff (1964), Huntington (1968).

[5] Eine der ersten systematischen empirischen Analysen des Zusammenhangs zwischen Korruption und Wachstum ist Mauro (1995).

[6] Es existieren jedoch Hinweise dafür, dass die Bedeutung von Schattenwirtschaft je nach Entwicklungs­stand der Volkswirtschaften variiert. Vgl. Dreher / Schneider (2006).

[7] Beispielsweise Johnson et al (1997, 1998, 1999).

[8] Siehe Choi / Thum (2005).

[9] Beispielsweise La Porta et al (1999), Acemoglu et al (2001), Rodrik et al (2002).

[10] Siehe beispielsweise Leff (1964), Becker (1968), Huntington (1968).

[11] Leiken (1997) berichtet, dass die Anzahl der Medienartikel, die Korruption erwähnen, sich von 1984 bis 1995 vervierfacht haben. Glynn / Kobrin / Naim (1997) illustrieren das gleiche Argument anhand der Häufigkeit in der das Wort „Korruption“ in der Finanzpresse auftaucht.

[12] Die Bedeutung von Interdisziplinarität für die Korruptionsforschung, wird z.B. in Lambsdorf et al (2004a) gezeigt.

[13] Beispielsweise Leff (1964) oder Huntington (1968).

[14] So ergab beispielsweise eine Umfrage von Kaufmann (1997, S. 127), in der die Befragten Variablen nach ihrer negativen Auswirkung auf die Entwicklung klassifizieren sollten, dass „Korruption im öffent­lichen Dienst“ von 11 möglichen Variablen als die hinderlichste für die wirtschaftliche Entwicklung emp­funden wird.

[15] Jain (2001, S.71).

[16] Dies mag auch daran liegen, dass die meisten Arbeiten über das Thema mit einer Definition beginnen. Für eine Zusammenfassung gängiger Definitionen, siehe Jain (1998, S. 13-19).

[17] Siehe Johnston (2000) für eine Diskussion über die Bedeutung der Definition von Korruption für ihre Modellierung.

[18] Jain (2001, S. 73).

[19] Jain (2001, S. 73-75).

[20] In Jain (2001, S.74) wird in diesem Zusammenhang das Regime von Mobuto in Zaire zitiert, in dem die gesamte politische System so ausgerichtet wurde, dass es die Möglichkeiten Renten zu extrahieren und diese für den persönlichen Vorteil umzulegen, maximierte.

[21] Jain (2001, S. 75).

[22] Rose-Ackermann (1999, S. 127-142).

[23] Vgl. Rose-Ackermann (1998, S. 37-39).

[24] Siehe Abschnitt 2.4 für ein Modell in dem ein korrupter Beamte Lizenzen gegen Bestechungsgelder verkauft.

[25] Bardhan (1997, S. 1323) erwähnt, dass in Russland klar zwischen mzdoimstvo - Bestechungsgeld um etwas zu tun wozu man verpflichtet ist - und likhoimstvo - Bestechungsgeld um etwas zu tun wozu man nicht befugt ist - unterschieden wird.

[26] Rose-Ackermann (1998).

[27] Vgl. Leff (1964), Huntington (1968).

[28] Bardhan (1997, S. 1322).

[29] Huntington (1968, S. 386).

[30] Bardhan (1997, S. 1322).

[31] Dies setzt voraus, dass keine weiteren Ziele des Bestechungsspiels verletzt werden. Bei einer Aus­schreibung für eine Universitätsprofessur würde dieses Vorgehen nicht zu einem effizienten Ausgang führen, da die Qualität des Professors nicht unbedingt durch seine Zahlungsfähigkeit erfasst werden kann. Weitere Argumente, die gegen diese Sichtweise sprechen, werden in 2.2.2 dargestellt.

[32] Jain (2001).

[33] Bardhan (1997, S. 1323).

[34] Frei übersetzt aus dem Englischen „Equilibrium queuing model“.

[35] Vgl. Rose-Ackermann (1999, S. 17).

[36] Vgl. Leff (1964, S. 24).

[37] Bardhan (1997).

[38] Jain (2001, S. 94).

[39] Der Aspekt institutioneller Qualität wird in Abschnitt 4 detaillierter behandelt.

[40] Korruption wird in Mauro (1995) zusammen mit anderen institutionellen Faktoren zum Index „bürokra­tische Effizienz“ kondensiert.

[41] Dieser Index beruht auf Daten der historischen linguistischen Ursprünge und umfasst keine ökonomi­schen oder politischen Daten. Siehe Mauro (1995, S. 692) für eine genauere Beschreibung der Zusam­mensetzung des Index.

[42] Die Variable „Bürokratische Effizienz“ umfasst hier den Korruptionsindex.

[43] Mauro (1995, S. 705).

[44] Unter dieser Kategorie subsumieren die Autoren ebenfalls Ausgaben für Gesundheit und Bildung.

[45] Effektive Restriktionen sind hier definiert als der monetäre Wert der Bestechungszahlungen, Steuern, etc. abzüglich der erhaltenen staatlichen Dienstleistungen.

[46] Die Beziehung zwischen Korruption und dem inoffiziellen Sektor wird in Abschnitt 3 näher behandelt. Dabei wird ebenfalls ein Modell zur Erklärung dieser Beziehung detailliert dargestellt.

[47] Die Ausführungen in diesem Abschnitt orientieren sich eng an Vishny / Schleifer (1993).

[48] Vishny / Schleifer (1993), S. 1.

[49] In Bardhan (1997, S.1338) wird ein Fall zitiert, in dem Ingenieure einer indischen Behörde bis zum 14fachen ihres jährlichen Einkommens an Vorgesetzte zahlten um zu bestimmten Stellen zugewiesen zu werden.

[50] Vishny / Schleifer (1993), S. 6.

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirtschaft unter Einbezug institutioneller Qualität
Hochschule
Universität Paderborn  (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Public Economics, Finanzwissenschaften
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
77
Katalognummer
V295491
ISBN (eBook)
9783656933557
ISBN (Buch)
9783656933564
Dateigröße
666 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Korruption, Schattenwirtschaft, institutionelle Qualität, Institutionen, Schwellenländer, Public Economics, Finanzwissenschaften, informeller Sektor, Bestechung, Schmiergelder, Schwarzmarkt
Arbeit zitieren
Pedro Henrique Ferreira Sales (Autor:in), 2006, Der Zusammenhang zwischen Korruption und Schattenwirtschaft unter Einbezug institutioneller Qualität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295491

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