Der Erziehungsbegriff bei Kant. Unbrauchbar und altmodisch?


Seminararbeit, 2015

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung;

2. Voraussetzungen zum Verständnis;
2.1 Das „pädagogische Jahrhundert" und die Aufklärung
2.2 Was macht den Menschen zum Menschen?

3. Zur Erziehung
3.1 Kants Erziehungsbegriff
3.2 Die vier Phasen der Erziehung
3.2.1 Die Disziplinierung;
3.2.2 Die Kultivierung
3.2.3 Die Zivilisierung
3.2.4 Die Moralisierung
3.3 Das Erziehungs-Paradoxon

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

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Einleitung

„Was bedeutet Erziehung?" - Diese Frage ist es, die mir auch nach dem Seminar keine Ruhe gelassen hat. Im Laufe des Seminars haben wir einige Blickwinkel auf die Erziehung kennengelernt und uns damit auseinandergesetzt. Klar wurde dadurch vor allem, dass es nicht die eine Erziehung geben kann, weil dieser Begriff von vielen verschiedenen Aspekten abhängt. „Erziehung" ist demnach neben Sozialisation, Bildung, Lernen etc. nur ein pädagogischer Grundbegriff von vielen.

Insbesondere bei den Überlegungen zum Thema meiner Seminararbeit ist mir bewusst geworden, wie vielfältig dieser Begriff ist und welch großen Umfang er hat. Ich habe mich daher zunächst dazu entschieden, die Methoden der Erziehungswissenschaft weitgehend zu vernachlässigen, da es mir kaum möglich scheint, sowohl Grundbegriffe als auch Theorien und Methoden in eine kurze Seminararbeit einzubauen.

Ich werde in dieser Seminararbeit den Begriff der Erziehung nach Kant darlegen und mit Blick auf die Frage untersuchen, ob er heute noch aktuell oder längst überholt ist. Als Hauptquelle dient mir dabei die Abschrift der Vorlesungen zur Pädagogik von Kant, wobei ich mich auf seine Einleitung beschränke. Zu beachten sei dabei allerdings, dass es sich nicht um ein von Kant selbst verfasstes Schriftstück, sondern um eine Wiedergabe einer seiner Schüler handelt.

Immanuel Kant wurde 1724 in Königsberg, dem damaligen Preußen, geboren und gilt als bedeutender Philosoph der Neuzeit. In den Jahren 1755-1770 war er Privatdozent in Königsberg, wo er später auch den Lehrstuhl für Logik und Metaphysik besetzte. Zu seinen Aufgaben als Philosophieprofessor gehörte es auch, regelmäßig Vorlesungen zur Pädagogik zu halten, da diese noch keine eigenständige Disziplin war (vgl. Kenny 2014, S. 118). Kants Manuskripte zu diesen Vorlesungen wurden im Jahre 1803 von seinem Schüler herausgegeben und editiert, weshalb nicht ganz sicher ist, ob es sich bei allen Aussagen um solche aus seiner Vorlesung oder doch aus von ihm verfassten Fachbüchern handelt. Trotzdem: Schon Kants Schriften zur Aufklärung sind für die Pädagogik von großer Bedeutung und die Humboldtsche Bildungsreform oder die Schulprojekte Pestalozzis wären ohne ihn undenkbar (vgl. Luckner 2003).

2. Voraussetzungen zum Verständnis

2.1 Das „pädagogische Jahrhundert" und die Aufklärung

Bevor ich mich im Speziellen Kants Erziehungsbegriff zuwende, möchte ich kurz einen Überblick darüber geben, wie es zu seiner Zeit um die Pädagogik stand und durch welches Denken sie sich überhaupt erst entwickeln konnte.

Eine wichtige Voraussetzung dafür, über Erziehung sprechen zu können, ist, das Kindsein vom Erwachsensein zu unterscheiden. Das ist keineswegs schon immer so gewesen, sondern ist ein Gedanke, der sich erst ab ca. 1500 in Europa entwickelte. Zuvor waren Kinder als kleine Erwachsene gesehen worden, die den Alltag der Erwachsenen teilten und denen keine gesonderte Beachtung zuteil wurde. Sichtbar wird diese Entwicklung insbesondere in der Bildenden Kunst, in der ab 1500 erstmals kindliche Proportionen abgebildet werden. Kinder werden nun als Kinder angesehen und treten in den Mittelpunkt der Familien. Außerdem gibt es Schulen als Institution außerelterlicher Erziehung, wobei es bis weit ins 19. Jahrhundert dauert, bis flächendeckend die Schulpflicht durchgesetzt wird.

Ende des 18. Jahrhunderts wird die Erziehung zu einer gesellschaftlichen Frage, es werden Zeitschriften veröffentlicht und Diskurse abgehalten. Von welch großem Interesse die Pädagogik, die zuvor Teilgebiet der Philosophie war, ist, zeigt sich auch dadurch, dass 1779 die erste Professur für Pädagogik in Deutschland an der Universität Halle etabliert wurde (vgl. Koller 2014, S. 18-19).

Eine weitere unabdingbare Voraussetzung für Kants Verständnis von Erziehung bildet das Denken der Aufklärung. Diese hielt ihren Einzug ab dem 17. Jahrhundert in Europa und hat als grundlegenden Gedanken, dass der Mensch von seinem Verstand und dem eigenständigen Denken Gebrauch machen soll, statt sich auf Tradition und Sitte zu berufen. Kant selbst war einer der wichtigsten Vertreter der Aufklärung und sagt in seiner Schrift „Was ist Aufklärung?", es gebe zwei Gründe dafür, dass Menschen sich nicht ihres eigenen Verstandes bedienen: Entweder aus sich selbst heraus, weil sie sich aus Faulheit und Feigheit von anderen leiten lassen, oder aber weil Obrigkeiten ihre Mündigkeit aus Furcht durch Drohungen einschränken (vgl. Koller 2014, S. 26-27). Kants Forderung, sich aus der „selbst verschuldeten Unmündigkeit" (Kant 1784) zu lösen und Mut zu fassen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, ist ebenfalls ein wichtiges Element in seiner Schrift „Über Pädagogik" wie sich im Folgenden zeigen wird.

2.2 Was macht den Menschen zum Menschen?

Da es bei der Erziehung grundsätzlich um den Menschen geht, soll an dieser Stelle kurz geklärt werden, was es für Kant überhaupt bedeutet, Mensch zu sein. Was unterscheidet denn den Menschen vom Tier? Wieso ist Erziehung nötig?

Zunächst sei festgehalten, dass für Kant ein Tier schon alles durch seinen Instinkt ist. Das, was den Menschen ausmacht, ist seine Fähigkeit, vernunftgemäß zu handeln (vgl. Kant 1803/1983, S. 697). Als vernunftbegabtes Wesen ist allein der Mensch imstande, nach bestimmten Prinzipien zu handeln, und Dinge unabhängig von äußeren Einflüssen und eigener Neigung nur durch seine Vernunft als praktisch notwendig zu erkennen (vgl. Kant 1797). Im Gegensatz zum Tier, das ohne Vernunft auskommt, muss der Mensch mangels Instinkt seine eigene Vernunft nutzen. So sagt Kant, Disziplin oder Zucht ändere die Tierheit in die Menschheit um (vgl. Kant 1803/1983, S. 697). Zu Beginn seines Lebens befindet sich der Mensch nach Kants Ansicht in einem Rohzustand, in dem er zwar gewisse Anlagen hat, die er aber noch nicht nutzen kann. Dazu benötigt er andere Menschen, die helfen, seine Anlagen weiterzuentwickeln, bis er schließlich selbst in der Lage ist, sich seiner Vernunft zu bedienen: „Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht" (Kant, 1803/1983, S. 699).

Schon hier zeigt sich also die Verbindung zwischen dem aufklärerischen Gedanken, der Natur des Menschen und der Erziehung: Im Idealfall soll der Mensch autonom und frei sein, kommt aber in einem Rohzustand zur Welt und muss daher erzogen werden, um seine Anlagen derart zu entwickeln, dass er durch den Gebrauch seines Verstandeszur Autonomie und Freiheit gelangt.

3. Zur Erziehung

3.1 Kants Erziehungsbegriff

Kants Idee von der Erziehung klingt optimistisch, denn er sagt

Es ist entzük-kend, sich vorzustellen, daß die menschliche Natur immer besser durch Erziehung werde entwickelt werden, und daß man diese in eine Form bringen kann, die der Menschheit angemessen ist. Dies eröffnet uns den Prospekt zu einem künftigen glücklichem Menschengeschlechte. - (Kant 1803/1983, S. 700).

Dem möglichen Vorwurf einer Utopie entgegnet er aber selbst, der Entwurf zu einer Theorie der Erziehung sei ein Ideal, das man verfolgen solle, da es nicht schade, wenngleich man nicht sofort imstande sei, es zu realisieren (vgl. ebd., S. 700). Es geht ihm also zunächst nur darum, das Ziel zu verfolgen, die menschlichen Anlagen möglichst gut zu entwickeln, selbst wenn man nicht weiß, was das Ziel sein wird. Auch sollen nicht einzelne Menschen, sondern die ganze Menschengattung durch die Erziehung die Vollkommenheit erstreben. Dazu ist es wiederum nötig, dass eine Generation die nächste nach gleichen Grundsätzen erzieht (vgl. ebd., S. 701). Damit die Menschen aber nicht wieder in Rohigkeit verfallen, ist es nötig, dass der Mensch nur durch Menschen erzogen wird, durch Menschen, die ebenfalls erzogen sind. Daher macht auch Mangel an Disziplin und Unterweisung bei einigen Menschen sie wieder zu schlechten Erziehern ihrerZöglinge. (ebd., S. 699).

Im Gegensatz zu Kants Vorstellungen erzögen Eltern ihre Kinder allerdings mit Blick auf die Gegenwart, so, dass sie in der bestehenden Welt gut zurechtkommen, und Obrigkeiten nutzen ihre Untertanen, um ihre eigenen Zwecke zu erreichen. Das Ziel allerdings soll es sein, Kinder mit Blick auf die Zukunft zu erziehen, sodass die Menschheit insgesamt der Vollkommenheit entgegengeht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Erziehungsbegriff bei Kant. Unbrauchbar und altmodisch?
Hochschule
Universität Hamburg  (Fakultät für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Grundlagen, Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V295213
ISBN (eBook)
9783656932857
ISBN (Buch)
9783656932864
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erziehungswissenschaft, Grundlagen, Theorien, Methoden, Kant, Erziehungsbegriff, Prange, Pädagogik, Erziehung
Arbeit zitieren
Wiebke Theis (Autor:in), 2015, Der Erziehungsbegriff bei Kant. Unbrauchbar und altmodisch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295213

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