Einflussfaktoren zur inneren Kündigung von Polizeibeamten


Bachelorarbeit, 2013

50 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

0 Zusammenfassung

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition „Innere Kündigung“
2.3 Ursachen und Entstehung von Innerer Kündigung
2.2 Definition „Arbeitszufriedenheit“
2.4 Herleitung der Fragestellungen und Hypothesen

3 Methode
3.1 Beschreibung der Stichprobe
3.2 Material
3.2.1 Skala zur Erfassung von „Innerer Kündigung“ EDEM (Jiménez 2004)
3.2.2 Profilanalyse der Arbeitszufriedenheit PAZ (Jiménez 2004)
3.2.3 Fragebogen zum wahrgenommenen Fremdbild auf die Polizei (Yim&Schafer, 2009)

4 Ergebnisse
4.1 Beantwortung Fragestellung 1
4.2 Beantwortung der Fragestellung 2.)
4.3 Beantwortung der Fragestellung 3.)

5 Diskussion

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Das Kybernetische Modell der Arbeitszufriedenheit (Jiménez, 2006)

Abbildung 2: Ergebnisse Mitarbeiterbefragung des Landes Brandenburg, 2007

Abbildung 3: Altersverteilung der Stichprobe (N55)

Abbildung 4: Graph Normalverteilung der Stichprobe (N55)

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Subskalen des PAZ (N55)

Tabelle 2: Kolmogorov-Smirnov-Test

Tabelle 3: Korrelation Alter – Berufsdauer

Tabelle 4: Ergebnisse der Regressionsanalyse

Verzeichnis des Anhangs

Anhang I: Korrelation Subskalen

Anhang II: t-Tests demografische Variablen

Anhang III: Regressionsanalyse Arbeitszufriedenheits-Facetten, Fremdbild und Innere Kündigung

Anhang IV: Regressionsanalyse Arbeitszufriedenheit, Fremdbild und Innere Kündigung

Anhang V: Fragebogen

0 Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit hat sich mit der Frage beschäftigt, ob es nachweisbare Facetten der Arbeitszufriedenheit gibt, die kausalen Einfluss auf die innere Kündigung eines Polizeibeamten nehmen. It Hilfe von t-Tests und Regressionsanalysen konnte als einzige die Facette Empfundenes Fremdbild der Bevölkerung auf die Polizei als signifikanter Einfluss nachgewiesen werden, was impliziert, dass die Zufriedenheit eines Polizisten mit seinem Beruf auch davon abhängt, wie er sich von der Bevölkerung akzeptiert fühlt. Weiterführende Studien, die diesen Zusammenhang untersuchen, könnten diese und weitere Einflussfaktoren zur Inneren Kündigung herausstellen, um so Präventionsmaßnahmen effektiver einleiten zu können.

1 Einleitung

Eine funktionierende Polizeiarbeit in Deutschland ist von äußerster Wichtigkeit, um die Sicherheit der Demokratie und seiner Bürger zu gewährleisten. Gleichzeitig, hat man das Gefühl, nimmt die Wertschätzung der deutschen Polizei innerhalb der Bevölkerung jedoch immer mehr ab. Gründe dafür sind vielfältig und unter anderem dem technischen Fortschritt zu verdanken. Beispielsweise macht die Verfügbarkeit von Youtube und ähnlichen Internet-Plattformen es sehr viel einfacher, Filmaufnahmen von Polizeibeamten, die sich im Job nicht korrekt verhalten, zu veröffentlichen und zu verbreiten. Vor Zeiten des Internets hatte der einzelne Polizist eine sehr viel niedrigere Wahrscheinlichkeit, dass ein mögliches Fehlverhalten im Beruf (zum Beispiel bei Fußballspielen oder Demonstrationen) aufgedeckt wird. Diese Entwicklung hin zu mehr Transparenz ist zum einen natürlich positiv, da sie die Polizeiarbeit Deutschlands einsehbarer für die Bevölkerung macht, gleichzeitig führt sie aber auch möglicherweise dazu, dass einzelne Fehler, die Polizisten machen können, vom Bürger verallgemeinert werden und somit die Polizei als Ganzes von der Bevölkerung zu schnell stigmatisiert wird. Vor 10 Jahren noch galt der Leitspruch „Die Polizei dein Freund und Helfer“ (der schon Anfang des 20. Jahrhunderts etabliert wurde, um zur Devise der Polizei zu werden) noch sehr viel mehr, heutzutage wird das Motto häufig in einem ironischen Kontext gebraucht und selten noch ernsthaft gemeint.

Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf den einzelnen Polizeibeamten und das Verhältnis, das er zu seinem Beruf hat. Bisherige wissenschaftliche Erhebungen (zum Beispiel Fosam et al.,1998 oder Lim et al., 2000) deuten an, dass die Arbeitszufriedenheit eines Polizisten maßgeblich davon mitbestimmt wird, wie er das Bild der Bevölkerung auf die Polizei wahrnimmt, wobei hier noch großer Forschungsbedarf besteht. Doch es scheint nachvollziehbar, dass es demotivierend für einen bemühten Polizisten sein muss, negatives Feedback über die eigene Leistung von der Bevölkerung, für die er arbeitet, zu bekommen. Dies kann zu verminderter Arbeitszufriedenheit führen, so der Stand der Wissenschaft zur Zeit (vgl. Fosam et al., 1998). Kommen dazu andere Faktoren, die die Zufriedenheit über den Arbeitsplatz negativ beeinflussen, kann das die Motivation, sich im Job voll und ganz zu engagieren, negativ beeinflussen.

Genau diese Kombination aus vermindertem Engagement und gesteigerter Demotivation sieht Jiménez (2004) als psychologische Erklärung für die innere Kündigung eines Mitarbeiters (der Polizei oder einer anderen Institution).

Der Begriff der inneren Kündigung geistert zwar schon einige Jahrzehnte durch die Fach- und Populärliteratur, leider ist das Konstrukt hinter dem Begriff aber wenig erklärt, geschweige denn erforscht, weshalb diese Arbeit sich als Ziel genommen hat, den Begriff der inneren Kündigung zunächst hinreichend zu erläutern und mögliche Ursachen aufzuzeigen, aus welchen sich dann die Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung ableiten, die im 'Theoretischer Hintergrund' erläutert werden, um danach die verwendete 'Methode' der Datengewinnung zu beschreiben, die diese Thesen untersuchen soll.

Abschließend werden die 'Ergebnisse' der Befragung von Polizeibeamten dargelegt, um diese dann abschließend in der 'Diskussion' zu interpretieren, kritisieren und im optimalen Falle Faktoren, die zur inneren Kündigung beitragen, benennen zu können. Im Zuge dessen könnten dann eventuell Verbesserungsvorschläge für die Zukunft der Polizeiarbeit in Deutschland gemacht werden, um so die innere Kündigung von Polizeibeamten in der Zukunft möglicherweise effektiver vorbeugen zu können.

Was kurz angemerkt werden muss: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Verlauf der Arbeit auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Definition „Innere Kündigung“

Der Begriff der inneren Kündigung fiel zum ersten Mal in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahr 1982 (Brinkmann&Stapf 2005). Es handelt sich hierbei um den Entschluss eines Arbeitnehmers, „seine Leistungsbereitschaft und seinen Arbeitseinsatz bewusst, aber stillschweigend, zurückzunehmen. Diesen Prozess vollzieht der Betroffene möglichst unauffällig, da er seine Arbeitsstelle behalten möchte" (Brinkmann&Stapf, 2005), zum Beispiel bei Lehrern oder Beamten, für die ein Berufswechsel mit sehr viel Aufwand und einem hohen finanziellen Risiken verbunden ist.

Auch Höhn (1983) sieht den Schwerpunkt der inneren Kündigung bei dem seelischen Rückzug des Arbeitnehmers: „Die innere Kündigung eines Mitarbeiters ist der bewusste Verzicht auf Engagement und Eigeninitiative im Unternehmen und damit die Ablehnung einer der wichtigsten Anforderungen, die an einen Mitarbeiter zu stellen sind.“

Die Wissenschaft ist sich jedoch uneins darüber, ob es sich bei dem Prozess des innerlichen Abschließens des Berufs um einen aktiven oder passiven (also bewussten oder unbewussten) handelt. Löhnert beispielsweise räumt ein, es könne zwei verschiedene Arten geben; die eine als eine Art 'Rache' für beispielsweise eine ungerechte Behandlung am Arbeitsplatz (also ein aktiver Prozess), bei der man als Arbeitnehmer allerdings zumindest noch das Gefühl hat, Veränderung zum Besseren sei durch eigenes Handeln nötig und möglich. Anders als bei der passiven inneren Kündigung, hier scheint es, als sei die gegebene Arbeitssituation nicht mehr durch eigene Kraft beeinflussbar oder veränderbar, der Rückzug ist daher eine Art „gelernte Hilflosigkeit“ (Löhnert, 1989) angesichts von unveränderbaren Zuständen, die man weiterhin ertragen muss, da es einem nicht möglich ist, seinen Beruf zu kündigen.

Ob nun bewusst oder unbewusst die Entscheidung getroffen wird, ist (noch) nicht ganz geklärt, wovon man aber als solche ausgehen kann, ist: Es handelt sich um eine Verminderung des Engagements, das man in seinem Beruf bereit ist, aufzubringen, welchen man damit einfacher vor sich selbst rechtfertigen kann, was man wegen auftretender kognitiver Dissonanz auch muss, da man ja einen Beruf, den man eigentlich gar nicht mehr ausüben will, dennoch beibehält. (Richter, 1999). Diese Verminderung wird hervorgerufen durch eine „andauernd frustrierend und aversiv erlebten Arbeitssituation.“ (Faller, 1993)

Die innere Kündigung kann in jedem als frustrierend erlebten Beruf vorkommen, besonders gravierend erscheint sie aber in Berufen, die von der Überzeugung und vom Engagement des Arbeitnehmers maßgeblich abhängen, die Verantwortung tragen, repräsentativ für eine Institution handeln oder auf die Kooperation mit Bürgern angewiesen sind. Alle diese Faktoren sind beim Beruf des Polizeibeamten gegeben, darum ist eine innere Kündigung in diesem Fall so gravierend und sollte in jedem Fall vermieden werden.

2.3 Ursachen und Entstehung von Innerer Kündigung

Jiménez legt bei seiner Beschreibung der Entstehung der inneren Kündigung besonderes Augenmerk auf das Erleben des Arbeitnehmers, wie in seinem kybernetischen Modell der Arbeitszufriedenheit kommt es für ihn hierbei nicht auf die tatsächliche Situation an, sondern darauf, wie sie vom Arbeitnehmer erlebt (also wahrgenommen) wird, da die kognitive Bewertung von Bedeutung für die eigene Situation ist, nicht, wie sie objektiv aussieht oder wie andere sie sehen. Den einen stört eine kleine Polizeistation mit wenigen Kollegen, weil er sich dann zu sehr eingeengt oder kontrolliert von ihnen und seinem Vorgesetzten fühlen könnte, ein anderer könnte gerade diese „Intimität“ als angenehm empfinden, da eine kleine Gruppe familiärer ist und somit viel Sicherheit (vor allem zum Beispiel Berufseinsteigern) bieten kann. Alles hängt davon ab, was man selbst an Bedürfnissen hat und wie man diese als befriedigt empfindet oder nicht.

Jiménez zitiert im wissenschaftlichen Artikel zur Veröffentlichung seiner Inneren-Kündigung-Erfassungsskala EDEM Löhnert (1990) und nennt vier Phasen der Entstehung:

Phase 1.) Bei Misserfolgen in der Arbeit werden diese vom (noch) engagierten Mitarbeiter nicht überbewertet, es wird weiterhin Kontrollierbarkeit angenommen und ein aktives Gegensteuern wird versucht.

Phase 2.) Ist das Gegensteuern allerdings ohne Erfolg, ist die Kontrollierbarkeit der eigenen Situation plötzlich nicht mehr selbstverständlich.

Phase 3.) Hier kommt es wahrscheinlich zur Reduktion der Arbeitsanstrengung, da selbst gesteigerte Anstrengung als ergebnislos gelernt wird. Es folgt wohl der Entschluss zur inneren Kündigung.

Phase 4.) Dieser wird in die Tat umgesetzt. (Jiménez, 2004)

Noch besser lässt sich diese Entwicklung an Jiménez' eigenem Kybernetischen Modell der Arbeitszufriedenheit verdeutlichen:

Abbildung 1: Das Kybernetische Modell der Arbeitszufriedenheit (Jiménez, 2006)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Erwartungen, die man an seinen Beruf hat (vorbestimmt durch die eigenen Werte und die eigene Motivation) ergeben das eigene Anspruchsniveau (den Soll-Zustand) an den eigenen Beruf, den man mit dem Ist-Zustand, der aktuellen Arbeitssituation, vergleicht. Das Ergebnis ist die (Un-) Zufriedenheit mit der eigenen Beschäftigungssituation. Die folgenden Handlungen sind genau davon abhängig; ist man zufrieden, verhält man sich wie sonst auch und ändert nichts an seinem Verhalten, ist man unzufrieden, versucht man die Situation durch Widerspruch (Voice) zu verändern. Verbessert sich die eigene Arbeitssituation durch das Handeln nicht, prüft das Individuum, ob ein Berufswechsel in Frage kommt (Exit), tut es das nicht, bleibt nur die innere Kündigung und das Herunterschrauben der eigenen Ansprüche (Intention to quit), um nicht ständig frustrierende Erlebnisse im Berufsalltag zu erleben und sich angesichts der unveränderbaren Situation nicht hilflos und überflüssig zu fühlen (was wiederum Frustration zum Ergebnis hätte). Das Zurückfahren der eigenen Ansprüche und des Engagements ist also eine bewusste Handlung, während die Arbeitszufriedenheit an sich ein emotionaler/kognitiver Zustand ist, da sie das Resultat dessen ist, was man erhält, wenn man die eigene Arbeitssituation kognitiv bewertet. „Somit ist die innere Kündigung sowohl eine bewusste Strategie als auch eine Reaktionsform, die vor dem Hintergrund der Alternative äußere Kündigung gewählt wurde.“ (Jiménez, 2004)

Man macht also nur noch das Nötigste am Arbeitsplatz und interessiert sich nicht mehr wirklich für das Geschehen dort, dies äußert sich in verschiedenster Weise, hier sei eine Auswahl an Kernmerkmalen genannt (vgl. dazu Leske & Budrich S. 114-115; und Brinkmann & Stapf, 2005 S.43) :

- Desinteresse und Passivität
- Kritiklosigkeit, kommentarlose Akzeptanz von Entscheidungen von Vorgesetzten oder vermehrte Auseinandersetzungen mit selbigen
- Auseinandersetzung mit oder Abgrenzung von Arbeitskollegen (zum Beispiel auch Mobbing)
- häufige Krankmeldungen
- weniger bis kein Interesse an beruflicher Weiterbildung
- sarkastische Kommentare, häufiges Klagen, Jammern
- Zurückfahren des Engagements am Arbeitsplatz : „Dienst nach Vorschrift“

Vor allem der letztgenannte „Dienst nach Vorschrift“ ist von Arbeitgebern gekannt und gefürchtet, da dieser die Arbeitskraft eines Mitarbeiters erheblich senken kann. Es geht sogar soweit, dass einige Arbeitnehmer direkt und unverblümt mit selbigem drohen, um ihre Arbeitssituation zu verbessern oder andere Ziele zu erreichen, so geschehen im Mai 2013 in Nordrhein-Westfalen, wo die Landesregierung ein Wahlversprechen nicht einhielt und die betroffenen Beamten sich nicht anders zu helfen wussten, als zu streiken und mit dem Dienst nach Vorschrift zu drohen, um das ihnen Versprochene (Lohnsteigerungen) zu erhalten (Goebels, 2013).

Unzufriedenheit allgemein ist allerdings nicht die einzige Ursache für den Entschluss zur inneren Kündigung, wie schon erwähnt kommt es vor allen Dingen auf die Art an, wie man seinen Beruf überhaupt sieht, vergleicht und bewertet. Diese Bewertung wiederum hängt von Charaktereigenschaften des Arbeitnehmers ab, Brinkmann & Stapf (2005) konnten hierfür eine Liste von begünstigenden Faktoren für die innere Kündigung innerhalb einer Person ermitteln, zu unter Anderem zählen:

- Ängstlichkeit, Unsicherheit
- mangelnde Selbstachtung
- geringes Durchsetzungsvermögen
- Übererregbarkeit

Dieselben Autoren nennen neben den internalen Einflussfaktoren zur inneren Kündigung einer Person außerdem noch weitere, die als external beschrieben werden können: Zum einen sind dies die Werte und Erwartungen, die durch die Gesellschaft als Ganzes an einen Einzelnen herangetragen werden (die wiederum internale Einstellungen hinsichtlich Beruf, Arbeiten und Arbeitgeber formen oder zumindest beeinflussen). Demnach fand in den letzten Jahrzehnten in den Kulturen der westlichen Hemisphäre ein Wertewandel statt, in welchem sich die Bedeutung von Tugenden wie Disziplin, Genügsamkeit und Gehorsam verlor und von Dingen wie persönlicher Freiheit, Selbstverwirklichung und Individualisierung (man identifiziert sich nicht mehr so stark mit einer Gruppe, beispielsweise auch einer Arbeitsgruppe) abgelöst wurden, gleichzeitig sind aber die Ansprüche an den Arbeitnehmer gestiegen; er soll immer hoch motiviert und engagiert sein, am besten ganz-täglich erreichbar und nie krank. Dieser Wertewandel wird als ein Faktor, der mit anderen in Wechselwirkung steht, genannt (Brinkmann&Stapf, 2005, S. 55). Ein anderer kann die in manchen Fällen belastende Unternehmenskultur einiger Arbeitgeber sein, beispielsweise bei diejenigen, in denen eine sogenannten „Misstrauenskultur“ herrscht, welche Firmenumstände beschreibt, in denen dem Arbeitnehmer vom -geber nicht vollstes Vertrauen entgegengebracht wird und in denen beispielsweise Mitarbeiter häufig und merklich kontrolliert werden. Letztlich spielt das Arbeitsumfeld außerdem eine wichtige Rolle bei der Entwicklung hin zur inneren Kündigung, wenn zum Beispiel das 'Wir-Gefühl' einer Organisation nicht zustande kommt, weil der Umgang mit Kollegen oder Vorgesetzten gestört ist, oder wenn der einzelne Arbeitnehmer (zum Beispiel durch Fehler der direkten Führungsperson) benachteiligt oder nicht am Firmengeschehen und Informationsfluss beteiligt wird und sich deshalb nicht als Teil eines sinnvollen großen Ganzen sehen kann. (Brinkmann&Stapf 2005)

Vor allem der letzte der genannten Faktoren erscheint bei dem Beruf des Polizeibeamten von entscheidender Bedeutung; der Informationsfluss und das große Ganze, der Sinn hinter dem eigenen Beruf. Ein von Polizisten oft schlecht bewerteter Aspekt der Polizeiarbeit ist genau diese mangelnde Information der Beamten „von oben“ (Land Brandenburg 2007), was dazu führen kann, dass es zu einem Identifikationsverlust mit dem eigenen Job kommt, vor allem, wenn man dann zusätzlich keine oder wenige positiven Effekte seiner Arbeit wahrnimmt, sie einem also als nicht sinnvoll erscheint. Die Operationalisierung solcher Fälle der inneren Kündigung steckt noch in den Kinderschuhen der psychologischen Forschung (s. Faller, 1993; Hilb 1992; Löhnert 1990; Richter 1999), ein testtheoretisches geprüftes Instrument zur Bestimmung der inneren Kündigung besteht allerdings bisher nur in einem Fall; dem EDEM Test von Jiménez (2000).

2.2 Definition „Arbeitszufriedenheit“

Eine Definition anzugeben, die allumfassend das Konstrukt der Arbeitszufriedenheit erfasst, ist unmöglich. Was man unter Arbeitszufriedenheit versteht ist davon abhängig, wie man sich ihr Zustandekommen überhaupt erklärt, aus diesem Grund sei hier nur eine sehr allgemeine Definition genannt:

„...job satisfaction is simply how people feel about their jobs and different aspects of their jobs. It is the extent to which people like or dislike their jobs. As it is generally assessed, job satisfaction is an attitudinal variable.“ (Spector, 1997)

Auch Laut Herzbergs Zwei-Faktoren Theorie kommt es bei der Frage nach Zufriedenheit im Job auf die Frage der Motivation an. Das Zusammenspiel zweier Faktoren machen demnach Arbeitszufriedenheit aus; einerseits die Hygienefaktoren, die oft als selbstverständlich angesehen und deren Wirkung häufig übersehen werden, beispielsweise das Gehalt, die Kooperation mit Führungspersonen und Kollegen oder der Sicherheit des Berufes und dessen Einfluss auf das Privatleben. Sollten Hygienefaktoren gegeben sein, die nicht optimal sind, bedeute dies nach Herzberg aber keinesfalls, dass das Beschäftigungsverhältnis automatisch als negativ empfunden wird. In die Bewertung gehen auch die Motivatoren einer Arbeitssituation ein, sprich der Inhalt der Beschäftigung; Erfolge oder Misserfolge bei der Arbeit, Aufstieg (Beförderung) oder Abstieg auf der Karriereleiter oder auch die Verantwortung, die man trägt und die damit zusammenhängende wahrgenommene Selbstwirksamkeit. Das Verhältnis aus beiden Faktoren bestimmt, wie wohl man sich mit seinem Beruf fühlt. (Herzberg, 1968) Die Idealsituation besteht also aus hohen Werten der beiden Faktoren, geringe Motivation bei hoher Hygiene würde bedeuten, der Mitarbeiter hat zwar inhaltlich keine Defizite im Job, ist aber auch nicht motiviert, mehr zu leisten, als er unbedingt muss, dies wird gelegentlich auch als „Söldner-Mentalität“ beschrieben. Wie ein sehr gut bezahlter Fußballer, der bei einem Verein spielt, der ihm nicht sonderlich am Herzen liegt wird die Arbeit erledigt, möglicherweise auch gut, aber es besteht keine große Motivation, außergewöhnliche Leistungen zu erbringen. Das Gegenteil bestünde bei einem Beruf, der zwar schlechte Hygienefaktoren bietet, der Mitarbeiter aber dennoch hoch motiviert ist. Wissenschaftlichen Forschern könnte es zum Beispiel so ergehen, die Beschäftigung, die man betreibt, interessiert und fordert einen sehr, die Bezahlung oder die Sicherheit der Arbeitsstelle (zum Beispiel an Universitäten wegen begrenzter öffentlicher Gelder) sind aber häufig zu niedrig beziehungsweise unsicher, um von einer wirklichen Befriedigung im Job sprechen zu können. Die schlechteste Kombination besteht aber aus niedriger Motivation und Hygiene, wenn einen der Job weder erfüllt noch zumindest genügend entlohnt, und man keinen Grund hat, das Beschäftigungsverhältnis nicht zu beenden, außer der Erklärung der finanziellen Abhängigkeit. In diesem Falle könnte man den Sprung zu Jiménez machen und sagen, Mitarbeiter mit niedrigen Hygiene- und Motivatorenwerten sind innerlich gekündigte Mitarbeiter. Es müssten aber in diesem Falle nicht alle Aspekte von Hygiene und Motivatoren vom Arbeitnehmer schlecht beurteilt werden, im Gegenteil, jeder Arbeiter und jede Arbeit setzt verschiedenen Schwerpunkte, außerdem kommt der extreme Fall, dass einem absolut nichts an seinem Beruf gefällt, eher selten vor. Bei der Polizeiarbeit beispielsweise ist vor allem der Hygienefaktor Zusammenarbeit mit Kollegen und direktem Vorgesetztem wichtig, da Polizisten mehr als gewöhnlich auf ihre Arbeitskollegen angewiesen sind, nicht nur, weil sie sich im Einsatz zu 100% aufeinander verlassen können müssen, sondern auch, weil die Mannschaft auf einer Wache sehr viel Zeit miteinander verbringt und damit zu einer Art Familienersatz werden kann, die einander in Belastungssituationen unterstützen. Dies bedeutet, dass wenn es sich um ein nicht passendes kollegiales Verhältnis handelt, dass die Zufriedenheit mit der Arbeit als Polizist maßgeblich negativ beeinflussen kann. Es bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass eine hohe Zufriedenheit mit dem Umgang mit Kollegen ein wichtiger entlastender Faktor sei kann, Unzufriedenheiten mit anderen Bereichen des Jobs auszugleichen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Einflussfaktoren zur inneren Kündigung von Polizeibeamten
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
50
Katalognummer
V294933
ISBN (eBook)
9783656930549
ISBN (Buch)
9783656930556
Dateigröße
746 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einflussfaktoren, kündigung, polizeibeamten
Arbeit zitieren
Stephanie Kupke (Autor:in), 2013, Einflussfaktoren zur inneren Kündigung von Polizeibeamten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294933

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