Ethnische Segregation. Ausgrenzung oder Abgrenzung?

Ursachen und Folgen


Hausarbeit, 2014

18 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmungen
2.1. Integration
2.2. Segregation
2.3. Ethnizität

3. Ursachen der ethnischen Segregation
3.1. „Fremdsegregation“
3.2. „Selbstsegregation“

4. Segregationseffekte
4.1. Negative Effekte der Segregation- Kontakthypothese
4.2. Positive Effekte der Segregation- Konflikthypothese

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der integrationsbezogenen Diskussion gilt das Wohnviertel als ein wichtiger Ort der Eingliederung von Migranen1 in die Aufnahmegesellschaft. Die Wohnverhältnisse beeinflussen die Lebenschancen und das Wohlbefinden der Menschen. Zudem wird der Zusammensetzung der Bevölkerung in Wohngebieten eine große Bedeutung beigemessen, da sich hier Gelegenheiten für soziale Kontakte zwischen Migranten und Einheimischen bieten (vgl. Friedrich 2008, S.13).

Doch immer wieder stellt man fest, dass die meisten Viertel nicht von Migranten und Einheimischen durchmischt sind, sondern es spezielle Wohnviertel gibt, in denen fast ausschließlich nur Bürger mit Migrationshintergrund wohnen.

In folgender Arbeit sollen die Ursachen von ethnischer Segregation herausgearbeitet werden. Grenzen sich die Migranten aus bestimmten Gründen gewollt von den Einheimischen ab oder lässt ihnen Politik oder Wirtschaft des Landes keine andere Wahl? Ist also das segregierte Wohnen eine freiwillige Entscheidung im Sinne Mobilisierung ethnischer Ressourcen und der Vermeidung von Wertkonflikten oder ist die Wohnortentscheidung eher eine erzwungene Folge der Marktlage der Bewohner (vgl. Teltemann/Dabrowski/Windzio 2013, S.31)?

Die Ethnizität als Selbst-und/oder Fremdzuschreibung ist somit von zentraler Bedeutung, weil das Ergebnis dieser Zuschreibung die sozio-ökonomische Situation und die Integration von Migranten mitbestimmt (vgl. Filsinger 2010, S.15).

Im zweiten Teil der Arbeit sollen die Folgen, sowohl für die Aufnahmegesellschaft, als auch für die Migranten selbst, der ethnischen Segregation herausgearbeitet werden.

Zunächst bedarf es in Kapitel 1 begrifflich-konzeptioneller Klärungen, die im weiteren Verlauf der Arbeit noch von Bedeutung sind. Kapitel 1.1 erklärt den Integrationsbegriff, darauf folgt in Kapitel 1.2 eine Definition von Segregation. Schließlich wird sich in Kapitel 1.3 dem Begriff Ethnizität angenähert und mit „Ethnischer Kolonie“ und „Parallelgesellschaften“ in Verbindung gebracht.

Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Ursachen von Segregation, welche in „Fremdsegregation“ (von Wirtschaft und Politik bedingte Ursachen) und „Selbstsegregation“ (individuelle Einstellungen und Präferenzen) aufgeteilt werden.

Im Anschluss zeigt Kapitel 3 die verschiedenen Folgen von Segregation auf, welche sowohl negative Effekte (3.1) als auch positive Effekte (3.2) haben kann.

Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem Fazit, in dem alle Ergebnisse zusammengefasst werden und eine eigene Meinung zu der Thematik geäußert wird.

2. Begriffsbestimmungen

2.1. Integration

„Unter Integration wird - ganz allgemein - der Zusammenhalt von Teilen in einem systematischen Ganzen verstanden, gleichgültig zunächst, worauf dieser Zusammenhalt beruht. Die Teile müssen ein nicht wegzudenkender, wie man auch sagen könnte, integraler Bestandteil des Ganzen sein“ (Esser 2004, S.201).

Hartmut Esser teilt den Begriff Integration in Systemintegration und Sozialintegration. Systemintegration meint „jene Form des Zusammenhalts der Teile eines sozialen Systems, die sich auch unabhängig von den speziellen Motiven und Beziehungen der individuellen Akteure und oft genug sogar auch gegen ihre Absichten und Interessen, sozusagen anonym und hinter ihrem Rücken, ergeben und durchsetzen kann, während Sozialintegration unmittelbar mit den Motiven, Orientierungen, Absichten und-insbesondere- den Beziehungen der Akteure zu tun hat“ (vgl. Esser 2004, S.201). Sozialintegration meint somit die Beziehung der Akteure zueinander, also die Haltung und Einstellung zum Gesamtsystem. Im Mittelpunkt steht dabei der aktive Einbezug der Akteure in die Gesellschaft. Sozialintegration bedeutet den Einbezug der Einwanderer in das gesellschaftliche Leben der Aufnahmegesellschaft, zum Beispiel in Form von Wahrung der Rechte, dem Spracherwerb, Zugang zu Bildungseinrichtungen und zum Arbeitsmarkt, Entstehung von interethnischen Freundschaften und Beziehungen und auch die Identifikation mit dem Aufnahmeland (Esser 2004, S.202 f.).

Wiederrum vier Ebenen sind in der Sozialintegration nach Esser (1980) zu unterscheiden:

Zunächst die kognitive Dimension oder auch Kulturation genannt. Diese beschreibt relevante Fertigkeiten, Kenntnisse und Wissen des Migranten um erfolgreich Handeln und in Interaktion treten zu können, also einen Habitus der Aufnahmegesellschaft bilden zu können. Dazu gehören beispielsweiße die Sprache des Landes oder berufsbezogene Qualifikationen.

Eine weitere Ebene ist die strukturelle Dimension bzw. Platzierung. Sie meint die eingenommene Platzierung in relevanten Lebensbereichen, wie zum Beispiel die Position in Schul- und Berufsbildung bzw. im Berufssystem, welche entscheidend für das ökonomische Kapital sind.

Die soziale Dimension oder Interaktion umfasst Kontakte und der Zugang zu Primärgruppen wie Kollegen, Vereine oder Nachbarschaften. An ihr kann man sehen, inwieweit eine kulturelle und normative Anpassung stattgefunden hat.

Zuletzt wird die identifikative Dimension genannt, welche die Identifizierung mit der Aufnahmegesellschaft bzw. die normative Integration (Internalisierung von gesellschaftlichen Normen und Maßstäben) meint (vgl. Bremer 2000, S.27f.).

2.2. Segregation

Jürgen Friedrich definiert Segregation als die „disproportionale Verteilung sozioökonomischer, ethnischer oder religiöser Gruppen auf die städtischen Teilgebiete“ (Friedrichs 2000, S.174). Fassmann schreibt: „Jede Stadt besitzt die entsprechenden Wohngebiete für Reiche und Arme, für Ausländer und Einheimische, manchmal auch für Katholiken und Protestanten. In manchen Städten ist die Separierung stärker ausgeprägt, in anderen schwächer. Eine Stadt ohne Segregation der Wohnbevölkerung ist in einer nach unterschiedlichen Kriterien differenzierten Gesellschaft jedenfalls planerische Utopie“ (vgl. Rehberger 2009, S.43, zit. nach Fassmann 2002). Ähnlich definieren Häußermann und Siebel Segregation: „ Die Wohnorte von Ausländern verteilen sich nicht gleichmäßig über die Stadt. Sie konzentrieren sich vielmehr in bestimmten Quartieren: sie sind segregiert. Mit Segregation wird die ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener sozialer Gruppen im städtischen Raum bezeichnet. Je stärker die Streuung der Wohnstandorte von Angehörigen und Gruppen von einer Zufallsverteilung abweicht, desto höher ist ihre Segregation. Anders gesagt: mit Segregation wird die Konzentration bestimmter sozialer Gruppen auf bestimmte Teilräume eines Gebietes, einer Stadt oder einer Stadtregion bezeichnet“ (vgl. Rehberger 2009, S.44 zit. nach Häußermann/Siebel 2001).

Nach Friedrichs ist die Segregation sozialer Gruppen nach Einkommen und Bildung geringer, als die ethnische Segregation. Grund dafür ist, dass ethnische Segregation durch die stetige Zunahme von Eiwanderern zunimmt. Heutzutage wandern mehr Menschen unterschiedlichster Nationalitäten zu als früher, die Zahl der Migranten erhöht sich also und deren Heterogenität nimmt zu (vgl. Friedrichs 2000, S.174).

Im Folgenden soll sich auf die ethnische Segregation beschränkt werden, wobei sich diese auch häufig mit der sozialen Segregation schneidet.

2.3. Ethnizität

Ethnizität bezeichnet die Eigenschaft einer Gruppe bzw. eines Mitgliedes einer Gruppe, wobei bezüglich ethnischer Gruppen drei Aspekte herauszustellen sind:

„Erstens nehmen sich Mitglieder einer Gruppe selbst als verschieden von anderen Menschen wahr, zweitens wird diese Gruppe von anderen ebenfalls als verschieden wahrgenommen, und drittens nehmen die Mitglieder der Gruppe an gemeinsamen Aktivitäten teil, die sich auf ihre (reale oder mythische) gemeinsame Herkunft oder Kultur beziehen.“ (Filsinger 2010, S.6 zit. nach Böhm 2008). Gruppen, die vor allem das dritte Kriterium erfüllen, werden als „ethnische Gemeinschaft“ („ethnic comunity“) bezeichnet (vgl. Filsinger 2010, S.6).

Diese ethnischen Kolonien sind also auf der Basis von Selbstorganisation entstandene Beziehungsstrukturen unter Einwanderern in einer bestimmten räumlich-territorialen Einheit. Diese entsteht als Reaktion der Zuwanderer auf die Unsicherheiten und Bedarfslagen, welche mit der Migration in ein fremdes Land einhergehen. Diese sozialen Beziehungen zu den Landleuten, eigenethnische Vereine, politische oder religiöse Organisationen geben den Migranten Orientierung, Hilfestellung und Sicherheit und tragen zur Förderung des Integrationsprozesses in die Mehrheitsgesellschaft bei (vgl. Friedrich 2008, S.55). Ethnische Kolonien bieten somit den nötigen Halt und die Orientierung, derer sie für die Überwindung des Kulturschocks der Migranten bedürfen (vgl. Teltemann/Dabrowski/Windzio 2013, S.4).

Die Bestandteile des Ethnizitätsbegriffes nach Filsinger 2010 sind demnach:

-soziokulturelle Gemeinsamkeiten sowie gemeinsame historische und aktuelle Erfahrungen;
-eine auf Fremd- und/oder Selbstzuschreibung beruhende kollektive Identität und ein darauf beruhendes Solidaritätsbewusstsein;
-der Glaube an eine gemeinsame Zukunft

(vgl. Filsinger 2010, S.6f.).

Ethnizität ist somit ein soziales Konstrukt, welches durch Selbst- und/oder Fremdzuschreibung ethnischer Gruppen und Kollektive erst hervorgebracht wird. Ethnizität ist also keine Natureigenschaft von Individuen oder Gruppen, sondern eine Zuschreibung von innen und außen (vgl. Filsinger 2010, S.7).

In mancher Literatur findet man neben dem Begriff der ethnischen Kolonie auch oft den Begriff „Parallelgesellschaften“.

Man kann von einer Parallelgesellschaft sprechen, wenn Kollektive sozial, ethnokulturell oder kulturell-religiös homogen und dabei lebensweltlich, zivilgesellschaftlich und ökonomisch auf formell freiwilliger Basis segregiert sind und mehrgesellschaftliche Institutionen vollständig verdoppelt sind. In diesen wird ein sozialer Druck ausgeübt, nicht die staatlich garantierten Grundrechte zu nutzen, sondern eigen-ethnische oder kulturell-religiöse Stellen zu besuchen. Stadtviertel würden so zu einem „ethnisch-sozialräumlichen Schraubstock“, der die kulturelle, strukturelle und soziale Assimilation verhindern würde, da sich der Migrant innerhalb der eigenethnischen Vereine und Organisationen bewegen könnte, ohne auf die Leistung der Teilsysteme der Aufnahmegesellschaft angewiesen zu sein (vgl. Teltemann/Dabrowski/Windzio 2013, S.7).

[...]


1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Ethnische Segregation. Ausgrenzung oder Abgrenzung?
Untertitel
Ursachen und Folgen
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Veranstaltung
Migration und Integration
Note
1,5
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V294769
ISBN (eBook)
9783656925545
ISBN (Buch)
9783656925552
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Segregation, Ethische Segregation, Integration, Abgrenzung, Ausgrenzung
Arbeit zitieren
Amelie Backes (Autor:in), 2014, Ethnische Segregation. Ausgrenzung oder Abgrenzung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294769

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