Die Wiederentdeckung der Armut in der Bundesrepublik


Hausarbeit, 2001

13 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Nachkriegszeit

2. Die 60er Jahre

3. 1969 – 1974

4. 1974 – 1980

5. Die 80er Jahre

6. Die 90er Jahre

Thesen

Literaturangaben

Einleitung

Armut und Armutsbekämpfung ist heute eines der wichtigsten Themen der deutschen Politik. Bundeskanzler Schröder hat das Thema persönlich auf die Tagesordnung gesetzt, indem er Arbeitslosen ein angeblich existierendes “Recht auf Faulheit” absprach.

Die heutige Regierung setzt bei der Armutsbekämpfung vor allem auf ein starkes Wirtschaftswachstum, dass als Nebeneffekt die Arbeitslosigkeit senken soll, den sogenannten Trickle-down-Effekt. Umverteilungsmaßnahmen von oben nach unten sind hingegen nur wenige zu erkennen. Diese beiden Methoden der Armutsbekämpfung waren es auch, die die Geschichte der Bundesrepublik geprägt haben.

1. Die Nachkriegszeit

Armut spielte in den Gründerjahren der Bundesrepublik eine große Rolle. Die ersten Jahre nach Kriegsende waren geprägt von großer Armut unter weiten Teilen der Bevölkerung.[1]Die Bekämpfung der Massenarmut war vorrangiges politisches Ziel. Dafür wurde auf eine Wirtschaftspolitik gesetzt, die auf Wiederaufbau und Wachstum zielte.[2]“Der Wiederaufbau unserer Wirtschaft ist die vornehmste, ja einzige Grundlage für jede Sozialpolitik und für die Eingliederung der Vertriebenen”[3], so der damalige Kanzler Adenauer in seiner Regierungserklärung von 1949.

Mit der beabsichtigten “Linderung der Not” ging es vor allem um die Bekämpfung absoluter Armut, also die Bereitstellung des Existenzminimums für alle Menschen. Zu diesem Zweck richtete sich die Armutspolitik vor allem an bestimmte “benachteiligte” Bevölkerungsgruppen, vor allem Kriegsopfer.[4]Allein 11,7 Millionen Deutsche wurden aus den früheren deutschen Ostgebieten und den ost- und südosteuropäischen Staaten vertrieben. Aus der sowjetischen Besatzungszone flüchteten bis 1961 rund 2,7 Millionen Menschen. Zu den Ausgebombten unter den Einheimischen kamen, neben vielen anderen, noch rund 5 Millionen Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft, die es zu versorgen galt.

Als ein wichtiges Gesetz wurde 1950 das Bundesversorgungsgesetz (BVG) verabschiedet, das sich nicht auf finanzielle Hilfe beschränkte, sondern helfen sollte, Kriegsopfer wieder in die Gesellschaft einzugliedern. 1951 wurden insgesamt 3 Milliarden Mark an 4 Millionen Leistungsempfänger bezahlt.

Weniger beachtet wurden damals Arbeitslose und kinderreiche Familien.[5]Arbeitslosigkeit wurde als vorübergehendes Problem angesehen, dass sich mit steigendem Wirtschaftswachstum von selbst löst, obwohl die Arbeitslosenquote 1950 bei 11 Prozent lag. Kindergeld gab es erst ab 1954 für Erwebstätige mit mindestens drei Kindern.

Allgemein war es zunächst vor allem die arbeitende Bevölkerung, die von Sozialleistungen profitierte. RentnerInnen wurden zur größten Gruppe unter den Armen. Um dieses Problem zu lösen wurde 1957 die Große Rentenreform durchgeführt. Ziel war es, die Verbindung von Alter und Armut dauerhaft zu lösen. Die Rente sollte nicht weiter ein Zuschuss zum Lebensunterhalt sein, sondern ein Lohnersatz. Die Renten sollten unter Einbeziehung wirtschaftlicher Gesichtspunkte Jahr für Jahr an die Arbeitseinkommen angepasst werden. Die Bezüge der damals etwa 6 Millionen Sozialrentner wurden im Zuge der Rentenreform durchschnittlich um rund 60 Prozent erhöht.

Eine Mindestrente war hingegen nicht vorgesehen. Diese wurde, zumindest teilweise, erst 1972 eingeführt. Dies spiegelt die damalige Ansicht wieder, Armut sei kein dauerhauftes Problem, beziehungsweise soziale Ungleichheit sei akzeptabel, solange niemand unterhalb des Existenzminimums liegt.

2. Die 60er Jahre

Die 60er Jahre waren geprägt vom wirtschaftlichen Aufschwung und, zumindest in der ersten Hälfte, annährender Vollbeschäftigung. Wirtschaftsminister Erhard betonte 1961: “Soziale Sicherheit ist notwendig. Ihre Grenze liegt aber dort, wo die persönliche Freiheit des einzelnen gefährdet und durch ein Übermaß von Forderungen die Grundlage aller sozialen Sicherheit, die Währungsstabilität, bedroht wird.”[6]Auch hier wird also weniger soziale Ungleichheit, als vielmehr zu große Ansprüche von Armen als Problem betrachtet.

1961 wurde dann auch das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verabschiedet. Danach soll es die Aufgabe der Sozialhilfe sein, den Hilfeempfängern die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das “der Würde des Menschen entspricht”. So soll durch Sozialhilfe nicht nur das Existenzminimum gesichert werden, sondern auch eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichergestellt werden.[7]Dies war ein entscheidender Schritt weg vom Fürsorgestaat der Weimarer Republik. Damals wurde die Versorgung Bedürftiger als freiwillige Wohltat des Staates betrachtet. Auf Sozialhilfe besteht hingegen Rechtsanspruch. Der Staat hat die Pflicht seinen Bürgern ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen.

Im grundlegenden Unterschied zu anderen Maßnahmen wurde die Sozialhilfe nicht für eine bestimmte Gruppe geschaffen, sondern sollte eine persönliche Hilfe für individuelle Notlagen einiger weniger sein. Das Vertrauen aufs Wirtschaftswachstum war ungebrochen, obwohl der Empfängerkreis staatlicher Leistungen nach wie vor groß war.

Ausgebaut wurde in den 60er Jahren vor allem das System der Sozialversicherungen. Wichtig war hier die Unfallversicherung von 1963. Ihre Leistungen konzentrierten sich auf Unfallverhütung und die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Unfallopfern, gegenüber der Unfallentschädigung früherer Jahre.

1967 kam es dann zur ersten Rezession der Nachkriegszeit mit einem negativen Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent und 460.000 Arbeitslosen. Dies trug dazu bei, dass sich die Aufmerksamkeit verstärkt der Gruppe der Arbeitslosen zuwandte und 1969 das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) verabschiedet wurde. Danach erhielten Arbeitslose eine befristete Unterstützung.

3. 1969 bis 1974

Politisch gesehen kam es Ende der 60er Jahre zu einer Wende. Nach der Dominanz der CDU von 1949 bis 66 begann 1969 die Zeit der sozial-liberalen Koalition. Seine Einstellung zur Sozialpolitik erklärte Brandt in seiner Regierungserklärung von 1973: “Moderne Sozialpolitik handelt nicht mehr nur davon, die Furcht vor materieller Not und sozialem Abstieg zu beseitigen. Sie strebt nach mehr Gerechtigkeit und sie will bewirken, dass in unserer Gesellschaft mehr reale Freiheit herrscht.”[8]Neben der Sicherheit sozialer Mindeststandards kommen hier erstmals Fragen nach Gerechtigkeit ins Spiel. Eine Umverteilung von oben nach unten war beabsichtigt.

[...]


[1]Hauser/ Neumann: 1992: 238.

[2]Leibfried/ Leisering 1995: 212.

[3]Schmolling 1997: 145.

[4]Leibfried/ Leisering 1995: 212.

[5]Leibfried/ Leisering 1995: 213.

[6]Schmolling 1997: 158.

[7]Schmolling 1997: 154.

[8]Schmolling 1997: 168.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Wiederentdeckung der Armut in der Bundesrepublik
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
PS: Armut und Armutspolitik in der Bundesrepublik
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V2947
ISBN (eBook)
9783638117692
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schriftliches Referat. 105 KB
Schlagworte
Wiederentdeckung, Armut, Bundesrepublik, Armut, Armutspolitik, Bundesrepublik
Arbeit zitieren
Hans Krause (Autor:in), 2001, Die Wiederentdeckung der Armut in der Bundesrepublik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2947

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