Einfluss nichtlinearer Tarife auf die Adoption von Produktinnovationen


Masterarbeit, 2014

109 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung in die Thematik

2. Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen der Arbeit
2.1 Adoption von Innovationen
2.1.1 Adoptions- und Diffusionstheorie
2.1.2 Adoptionsprozess
2.1.3 Adoptionsfaktoren
2.2 Verhaltenswissenschaftliche Preisforschung
2.3 Nichtlineare Tarife

3. Entwurf des Untersuchungsmodells
3.1 Einordnung der Untersuchung in die bestehende Forschung
3.1.1 Erkenntnisse zur Rolle des Preises im Adoptionsprozess
3.1.2 Erkenntnisse zu nichtlinearen Tarifen
3.1.3 Erkenntnisse zum Innovationspricing
3.2 Untersuchungsmodell
3.3 Konstruktdefinitionen

4. Herleitung der Forschungshypothesen
4.1 Der Einfluss nichtlinearer Tarife auf das Adoptionsverhalten
4.2 Der Einfluss der Tariffaktoren auf die Adoption
4.3 Der Einfluss der Produktfaktoren auf die Adoption

5. Empirische Untersuchung
5.1 Bestimmung der Nutzungsmenge und Tarifkomponenten für die Hauptstudie
5.1.1 Datenerhebung und Datengrundlage
5.1.2 Auswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse
5.2 Der Einfluss nichtlinearer Tarife auf die Adoptionsbereitschaft von Konsumenten
5.2.1 Datenerhebung und Datengrundlage
5.2.2 Messung der Konstrukte
5.2.3 Ergebnisse der Hypothesenprüfung
5.2.4 Ergebnisse der Common Method Bias-Tests

6. Diskussion der Ergebnisse

7. Schlussbetrachtung
7.1 Theoretische Implikationen
7.2 Praktische Implikationen
7.3 Limitationen der Arbeit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

Abbildung 2: Adoptionsprozess nach Rogers

Abbildung 3: Produktbezogene Adoptionsfaktoren

Abbildung 4: Phasen der Preisinformationsverarbeitung

Abbildung 5: Graphische Veranschaulichung der Tarife aus der Studie

Abbildung 6: Darstellung der tarifbezogenen Entscheidungen von Unternehmen und Konsumenten

Abbildung 7: Überblick über das Untersuchungsmodell

Abbildung 8: Vergleich der wöchentlichen Internetnutzung und der potentiellen wöchentlichen Nutzung von Mifi

Abbildung 9: Vergleich der durchschnittlichen Nutzung von Mifi im Hinblick auf den Besitz eines Alternativgeräts

Abbildung 10: Ergebnisse des Strukturgleichungsmodells

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht ausgewählter nichtlinearer Tarife

Tabelle 2: Darstellung des Untersuchungsgegenstands der Arbeit

Tabelle 3: Adoptionsfaktoren des Untersuchungsmodells

Tabelle 4: Auswertung der Nutzungsmenge

Tabelle 5: Übersicht der Tarife für die Hauptstudie

Tabelle 6: Übersicht über die Versuchsgruppen des Experiments

Tabelle 7: Zusammensetzung der Stichprobe (n = 201)

Tabelle 8: Ergebnisse der Konstruktmessung

Tabelle 9: Korrelationsmatrix der Konstrukte

Tabelle 10: Ergebnisse der ANOVA

Tabelle 11: Darstellung des Gesamteffekts des Tarifs auf die Adoption

Tabelle 12: Vergleich der tarifabhängigen Mittelwerte für die Tariffaktoren und die Adoption

Tabelle 13: Überblick über den Gegenstand und die Ergebnisse der Untersuchung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung in die Thematik

„[ T]he attributes of a pricing plan not only change its monetary value but also affect the perceived characteristics of the service.”

(Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012, S. 883).

Dieses Zitat verdeutlicht bereits, welche große Rolle ein Tarif für die Wahrnehmung der damit angebotenen Leistung einnimmt. In vielen Branchen wie der Telekommunikations-, Unterhaltungs-, Luftfahrt- oder Fitnessindustrie werden nahezu identische Dienstleistungen mit verschiedenen Tarifstrukturen angeboten. Diese Dienstleistungen zeichnen sich meist durch eine hohe Nutzungsheterogenität der Konsumenten und einen intensiven Wettbewerb aus, wodurch der Preis zum Kernmerkmal eines Angebots wird (vgl. Essegaier/Gupta/Zhang 2002; Lambrecht et al. 2012). Daraus leitet sich ein Bedarf zur Preisdiskriminierung ab, die häufig in Form von nichtlinearen Tarifen erfolgt (vgl. Bagh/Bhargava 2008; Iyengar/Gupta 2009). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sich der Gesamtpreis nicht proportional zu der Nutzungsmenge eines Angebots verhält (vgl. Wilson 1993, S. 4).

Dabei kann der Einsatz dieser Tarife über verschiedene Unternehmen hinweg unterschiedlich ausfallen. Sogar innerhalb eines Unternehmens kann die Tarifgestaltung im Zeitablauf deutlich variieren, wie das Beispiel des amerikanischen Telekommunikationsunternehmens AT&T WorldNet Service zeigt. AT&T bediente sich zunächst eines zweiteiligen Tarifs, um anschließend unbegrenzten Internetzugang über eine Flatrate anzubieten. Danach kehrte das Unternehmen jedoch zu seiner ursprünglichen Preisstrategie zurück (vgl. Essegaier/Gupta/Zhang 2002, S. 140). Folglich ist die Tarifgestaltung aus Herstellersicht mit großer Unsicherheit verbunden, weshalb Unternehmen häufig unterschiedliche Preisstrategien unter hohem Kosten- und Zeitaufwand testen. Nichtlineare Tarife erfordern dabei besonders genaue Kenntnisse des Konsumentenverhaltens, da eine Interdependenz zwischen dem Tarif und der Nutzung vorliegt (vgl. Iyengar/Jedidi/Kohli 2008; Skiera/Albers 2001).

Aus Konsumentensicht wird die Nachfrage nach einem Gut nicht nur von der Preishöhe, sondern insbesondere auch von der Preisdarstellung beeinflusst. So wurde bereits die Bedeutung von Preisendungen (vgl. Anderson/Simester 2003) oder Zahlungsplänen mit unterschiedlichen Zahlungsintervallen für das Konsumentenverhalten nachgewiesen (vgl. Soman/Gourville 2001). Hinsichtlich partitionierter Preise, d.h. Preise, die in zwei oder mehr Komponenten aufgeteilt sind, bietet sich ein gemischtes Bild: Zum einen können geteilte Preise als niedriger empfunden werden als ein gleich hoher kombinierter Preis, was die Nachfrage der Konsumenten erhöht (vgl. z.B. Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998). Zum anderen lässt sich auch eine negative Auswirkung partitionierter Preise auf die Wahrnehmung und Kaufabsicht beobachten (vgl. z.B. Xia/Monroe 2004). Diese Ergebnisse verdeutlichen die hohe Relevanz der Preisdarstellung für das Konsumentenverhalten.

Daher haben sich Forscher in den letzten Jahren vermehrt auch mit den Verhaltenskonsequenzen von nichtlinearen Tarifen auseinandergesetzt (vgl. z.B. DellaVigna/Malmendier 2006; Iyengar et al. 2011; Lambrecht/Seim/Skiera 2007; Lambrecht/Skiera 2006). Demnach kommt einem nichtlinearen Tarif eine große Bedeutung im Hinblick auf die wahrgenommene Attraktivität eines Angebots zu: „It not only determines the cost to the customer but also alters the perceived characteristics of the service and thus influences customers‘ choice and usage“ (Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012, S. 897). Der Preis übernimmt vor allem dann diese duale Rolle, wenn eine hohe Unsicherheit bezüglich der tatsächlichen Nutzung und der Qualität des Angebots existiert (vgl. Iyengar/Ansari/Gupta 2007).

Eine Situation, in der diese beiden Arten von Unsicherheit besonders hoch ausfallen, liegt dann vor, wenn Konsumenten mit Innovationen konfrontiert werden (vgl. Hoeffler 2003): „All innovations, to some extent, represent uncertainty and pose potential side effects that cannot be anticipated. Customers, aware of the risks, try to postpone adopting an innovation until they can learn more about it“ (Ram/Sheth 1989, S. 8). Konsumenten ziehen in diesem Zusammenhang oftmals den Preis heran, um Rückschlüsse auf die Qualität und die Leistung einer Innovation ziehen zu können (vgl. Hultink/Hart 1998, S. 111; Rao/Monroe 1988; Zeithaml 1988). Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass Unternehmen bei der Preisgestaltung für Innovationen die psychologischen Preiseffekte berücksichtigen sollten, um die Akzeptanz der Konsumenten positiv zu beeinflussen. Denn Innovationen weisen oftmals Flopraten von bis zu 90% vor (vgl. Markenverband/GfK/Serviceplan 2006; Gourville 2006), wobei die falsche Preissetzung als eine der Hauptursachen gilt (vgl. Henard/Szymanski 2001). So schätzen Marn, Roegner und Zawada (2003, S. 40), dass 80% - 90% der Preise von Innovationen zu niedrig ausfallen. Für Unternehmen sind daher Erkenntnisse darüber bedeutsam, wie sich komplexe Preisstrategien wie beispielsweise nichtlineare Tarife auf die kundenseitige Wahrnehmung von Innovationen und die Adoptionsbereitschaft auswirken, um das Floprisiko zu reduzieren.

Bisherige Arbeiten zu der Relevanz des Preises für Innovationen finden sich vor allem in der Forschung zur Neuproduktentwicklung, wo die Preissetzung als essentieller Bestandteil der Markteinführungsstrategie eines neuen Produkts gesehen wird (vgl. z.B. Benedetto 1999; Hultink et al. 1997). Zudem gilt der Preis als ein wichtiger Faktor für den Innovationserfolg (vgl. Henard/Szymanski 2001; Montoya-Weiss/Calantone 1994). Das Preismanagement von Innovationen wird dabei überwiegend als Entscheidung zwischen einer Penetrations- und einer Skimmingstrategie dargestellt (vgl. Noble/Gruca 1999). Jedoch trägt eine Reduzierung der Preisgestaltung von Innovationen auf diese beiden Strategien der Komplexität des Innovationspricings nicht genug Rechnung (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007, S. 4). Angesichts des hohen Innovationsrisikos lohnt sich die Betrachtung komplexer Preisstrategien wie zum Beispiel nichtlinearer Tarife, die sich auf die verhaltenswirksame Rolle des Preises stützen. Ihre Auswirkung auf das Konsumentenverhalten wurde in der Forschung bereits vielfach im Rahmen der Tarifwahl, der Tarifnutzung und den daraus folgenden Entscheidungen wie einem Tarifwechsel oder einer Tarifkündigung untersucht (vgl. z.B. Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012; DellaVigna/Malmendier 2006; Iyengar et al. 2011; Lambrecht/Seim/Skiera 2007; Lambrecht/Skiera 2006; Narayanan/Chintagunta/Miravete 2007). Daher liegt die Vermutung nahe, dass nichtlineare Tarife auch eine wichtige Rolle bei der Adoption von Innovationen einnehmen.

In der Adoptionsforschung herrscht allerdings ein deutlicher Mangel an Studien, welche die Preisgestaltung von Innovationen explizit berücksichtigen. Die meisten Arbeiten konzentrieren sich auf die Auswirkungen von produkt-, umwelt- und adopterspezifischen Faktoren auf die Adoption (vgl. z.B. Arts/Frambach/Bijmolt 2011; Holak 1988; Ostlund 1974; Rogers 2003). Dabei wird der Preis meist als ein Teil der Innovationscharakteristika betrachtet. In Diffusionsstudien wurde die Preisgestaltung hingegen bereits als Teil des Marketing-Mix gesehen und in Verbindung mit der Diffusionsgeschwindigkeit gebracht (vgl. z.B. Bass/Krishnan/Jain 1994; Gatignon/Robertson 1985; Jain/Rao 1990; Kalish 1983). Angesichts der Bedeutung der richtigen Preisgestaltung für die Wahrnehmung und Akzeptanz einer Innovation besteht hier jedoch ein deutlicher Bedarf, den Effekt des Preises auf den individuellen Adoptionsprozess genauer zu analysieren.

Aus den vorherigen Erläuterungen lässt sich schließen, dass die Fragestellung, inwiefern sich nichtlineare Tarife auf die Adoption von Innovationen auswirken, sowohl für die Marketingpraxis als auch –forschung von hoher Bedeutung ist. In der Forschung lassen sich drei Bereiche identifizieren, in die sich die vorliegende Untersuchung einordnen lässt.

Zum einen wurde der Einfluss der Preisgestaltung trotz ihrer Bedeutung für die Adoption und den Erfolg einer Innovation noch nicht im Rahmen des Adoptionsprozesses erforscht (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007; Henard/Szymanski 2001; Hultink/Hart 1998; Montoya-Weiss/Calantone 1994). Zum anderen wurde in der Forschung zu nichtlinearen Tarifen bisher noch nicht die Auswirkung der Tarife auf den Adoptionsprozess untersucht, obwohl bereits einige Studien die Tarife im Kontext von neuen Dienstleistungen betrachten (vgl. Danaher 2002; Fruchter/Rao 2001; Goettler/Clay 2011; Iyengar et al. 2011). Darüber hinaus werden nichtlineare Tarife bisher ausschließlich im Zusammenhang mit Dienstleistungen untersucht. Eine Betrachtung der Tarife mit greifbaren Produkten wie in der vorliegenden Arbeit existiert noch nicht. Ebenso besteht Forschungsbedarf im Hinblick auf das Innovationspricing, da die Preisgestaltung im Rahmen der Neuprodukteinführung meist auf die Penetrations- und Skimmingstrategie reduziert wird (vgl. Calantone/Di Benedetto 2007; Ingenbleek/Frambach/Verhallen 2013; Noble/Gruca 1999). Allerdings sind die verhaltenswirksamen Konsequenzen von Preisen gerade im Innovationskontext, wo eine hohe Unsicherheit hinsichtlich der neuartigen Leistung besteht, von besonderer Relevanz.

In dieser Arbeit soll daher erörtert werden, inwiefern nichtlineare Tarife die Adoption eines neuartigen Produkts beeinflussen. Die Arbeit leistet einen Beitrag zu der Adoptionsforschung, indem die Tarifgestaltung in Form von tarifbezogenen Adoptionsfaktoren in das Rogers-Modell eingeht und ihre Wechselwirkung mit den produktbezogenen Adoptionsfaktoren sowie der Adoption betrachtet wird. Im Bezug auf die Forschung zu nichtlinearen Tarifen ist das Ziel der Arbeit, die Auswirkung unterschiedlicher Tarife auf die Adoption einer Innovation zu untersuchen. Die Innovation soll sich dabei auf ein Produkt beziehen. Darüber hinaus soll eine Lücke in der Forschung zum Innovationspricing geschlossen werden, indem analysiert wird, ob Tarifpräferenzen auch bei der Adoption vorliegen. Vor diesem Hintergrund ergeben sich die folgenden Forschungsfragen:

Forschungsfrage 1: Welchen Einfluss üben tarifbezogene Adoptionsfaktoren auf die Adoption einer Produktinnovation aus?

Forschungsfrage 2: Welche Auswirkung haben nichtlineare Tarife auf die Adoption einer Produktinnovation?

Forschungsfrage 3: Existieren Tarifpräferenzen im Hinblick auf die Adoption einer Produktinnovation?

Die Arbeit ist insgesamt in sechs Kapitel unterteilt. Abbildung 1 veranschaulicht den Gang der Untersuchung. Das erste Kapitel der Arbeit stellt eine Einführung in die Thematik dar, in der auf die Relevanz der Arbeit für Forschung und Praxis eingegangen wird. Daraus werden im Anschluss der Forschungsbeitrag und die zu beantwortenden Forschungsfragen abgeleitet.

Das zweite Kapitel der Arbeit soll die theoretisch-konzeptionellen Grundlagen der Arbeit erläutern, die dem Verständnis der nachfolgenden Untersuchung dienen. Dazu werden die zentralen Begriffe der Adoptionstheorie (Abschnitt 2.1) und der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung (Abschnitt 2.2) dargelegt. Daneben werden wichtige Theorien und Konzepte der Psychologie vorgestellt, welche die Wahrnehmung von nichtlinearen Tarifen erklären. Das zweite Kapitel schließt mit einer Erläuterung der nichtlinearen Tarifgestaltung und der Darstellung der für die empirische Untersuchung relevanten Tarife ab (Abschnitt 2.3).

Im dritten Kapitel wird zunächst ein ausführlicher Literaturüberblick zu der Rolle des Preises im Adoptionsprozess (Abschnitt 3.1.1), zu nichtlinearen Tarifen (Abschnitt 3.1.2) und zum Innovationspricing geschaffen (Abschnitt 3.1.3). Daraus lassen sich zentrale Forschungslücken und die damit verbundenen Forschungsfragen ableiten, was eine Einordnung der vorliegenden Untersuchung in die bestehende Forschung ermöglicht. Anschließend werden das Untersuchungsmodell der empirischen Untersuchung und die zugrunde liegenden Annahmen erläutert (Abschnitt 3.2). Darauf basierend wird die Konzeptualisierung der relevanten Konstrukte vorgenommen (Abschnitt 3.3).

Im vierten Kapitel folgt die Herleitung der Forschungshypothesen, die es empirisch zu überprüfen gilt. Dabei werden die Hypothesen zum Einfluss nichtlinearer Tarife auf das Konsumentenverhalten (Abschnitt 4.1), zum Einfluss der Tariffaktoren auf die Adoption (Abschnitt 4.2) und zum Einfluss der Produktfaktoren auf die Adoption (Abschnitt 4.3) auf Basis der bestehenden Forschung aufgestellt.

Die Darstellung der empirischen Untersuchung erfolgt im fünften Kapitel, die sich in eine Vor- und eine Hauptstudie unterteilt. Ziel der Vorstudie ist es, eine realistische Nutzungsmenge der Innovation und akzeptable Tarifkomponenten für die Hauptstudie zu ermitteln. Die Vorgehensweise und die Ergebnisse der Vorstudie werden in Abschnitt 5.1 dargelegt. Darauf basierend steht die Auswirkung nichtlinearer Tarife auf die Adoptionsbereitschaft im Fokus der Hauptstudie, deren Durchführung und Ergebnisse in Abschnitt 5.2 erörtert werden.

Zum Abschluss der Arbeit werden im sechsten Kapitel die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und diskutiert. Daraus werden im letzten siebten Kapitel Implikationen für die Forschung (Abschnitt 7.1) und Praxis (Abschnitt 7.2) abgeleitet. Des Weiteren werden die Limitationen der Arbeit erläutert (Abschnitt 7.3), die zugleich Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschungsarbeiten liefern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit

2. Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen der Arbeit

In diesem Kapitel werden die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen für die anschließende empirische Untersuchung gelegt. Zunächst werden der Innovationsbegriff und die relevanten Aspekte der Adoptionstheorie, welche die Basis für das Untersuchungsmodell darlegen, beleuchtet (Abschnitt 2.1). Danach werden wichtige Konzepte und Theorien der verhaltenswissenschaftlichen Preisforschung vorgestellt (Abschnitt 2.2), die zum Verständnis der Preisinformationsverarbeitung von Konsumenten und der Wirkung von nichtlinearen Tarifen beitragen. Abschließend werden nichtlinearen Tarife erläutert (Abschnitt 2.3).

2.1 Adoption von Innovationen

2.1.1 Adoptions- und Diffusionstheorie

Zunächst soll der Innovationsbegriff definiert werden, da er für die Adoptions- und Diffusionsforschung von zentraler Bedeutung ist. Eine Innovation wird als eine Idee oder Objekt aufgefasst, das vom Konsumenten als neu wahrgenommen wird (vgl. Rogers 2003, S. 12). Es geht demzufolge weniger um die objektive als um die subjektiv empfundene Neuartigkeit. Daneben entspricht die Innovation des vorliegenden Experiments einem Produkt, d.h. einem greifbaren Gut, weshalb in diesem Zusammenhang auch von einer Produktinnovation gesprochen wird. Im Folgenden werden, sofern nicht anders angegeben, die Begriffe „Innovation“, „Produktinnovation“ und „neues Produkt“ gleichbedeutend verwendet.

Der theoretisch-konzeptionelle Rahmen dieser Arbeit basiert auf Rogers‘ Diffusionsmodell, das als wegweisend für die Diffusions- und Adoptionsforschung gilt. Rogers (2003, S. 5) definiert Diffusion als „process in which an innovation is communicated through certain channels over time among the members of a social system”. Während sich die Diffusion auf die Adoptionsentscheidungen verschiedener Konsumenten auf aggregierter Ebene bezieht, steht bei der Adoption die Entscheidung eines Individuums im Vordergrund. Die Adoption bezeichnet somit die Entscheidung eines einzelnen Konsumenten eine Innovation vollständig zu übernehmen (vgl. Rogers 2003, S. 21). Dementsprechend werden in der Adoptionstheorie die individuellen Beweggründe für die Übernahme einer Innovation beleuchtet, wohingegen die Einflussfaktoren für die Ausbreitung einer Innovation im Zeitablauf bei der Diffusionstheorie im Fokus stehen (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 7; Gatignon/Robertson 1985). Da in der vorliegenden Arbeit die Adoption im Fokus der Untersuchung steht, wird im nächsten Abschnitt der Adoptionsprozess näher skizziert.

2.1.2 Adoptionsprozess

Der Adoptionsprozess, der im Idealfall zur Adoption eines neuen Produkts führt, besteht aus mehreren Phasen, in denen ein Konsument eine Einstellung zu einer Innovation entwickelt (vgl. Abbildung 2). Am Anfang steht die Bewusstseinsphase („Knowledge“), in der ein Individuum erstmals von einer Innovation erfährt und ein erstes Interesse geweckt wird. In der darauffolgenden Phase („Persuasion“) sucht der potentielle Adopter aktiv nach Informationen, bewertet diese und bildet sich auf Basis der wahrgenommenen Produktcharakteristika ein Urteil über die Innovation, das entweder positiv oder negativ ausfallen kann. Dieses führt zu der Entscheidung des Konsumenten, die Innovation zu übernehmen oder abzulehnen („Decision“). Die Ablehnung kann auch von vorübergehender Dauer sein, falls das neue Produkt zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund von Preissenkungen oder Produktverbesserungen für den Konsumenten attraktiver wird. In der Implementierungsphase („Implementation“) kommt es zu der tatsächlichen Nutzung der Innovation, woran sich die Bestätigung („Confirmation“) anschließt, in der das Individuum eine endgültige Entscheidung hinsichtlich Adoption oder Ablehnung trifft. Dabei kann es auch zur Umkehr der ursprünglichen Entscheidung kommen (vgl. Rogers 2003, S. 169 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Adoptionsprozess nach Rogers

Quelle: in Anlehnung an Rogers 2003, S. 170

2.1.3 Adoptionsfaktoren

Der zuvor erläuterte Adoptionsprozess wird in seiner Dauer, seinem Verlauf und seinem Ergebnis von verschiedenen Adoptionsfaktoren bestimmt, die in der vorliegenden Arbeit nach produkt-, adopter- und umweltbezogenen Adoptionsfaktoren unterschieden werden (vgl. Holak 1988).

Produktbezogene Faktoren

Die produktbezogenen Faktoren ergeben sich aus den wahrgenommenen Eigenschaften einer Innovation und spielen eine vorrangige Rolle im Adoptionsprozess, da sie die erforderliche Verhaltensänderung der Konsumenten besonders stark beeinflussen (vgl. Clement/Litfin 1998, S. 99). Rogers (2003) zufolge wird die Adoptionsgeschwindigkeit maßgeblich von den folgenden Innovationscharakteristika bestimmt: dem relativen Vorteil, der Kompatibilität, der Komplexität, der Erprobbarkeit und der Wahrnehmbarkeit. Diese werden dementsprechend auch als Rogers-Kriterien bezeichnet. Darauf aufbauend wird eine Innovation umso schneller und wahrscheinlicher adoptiert, je höher ihr relativer Vorteil, ihre Kompatibilität, Erprobbarkeit, Wahrnehmbarkeit und je geringer ihre Komplexität ausfallen (vgl. Rogers 2003, S. 265 f.). Die Rogers-Kriterien werden häufig durch das wahrgenommene Risiko als sechsten Einflussfaktor ergänzt, das wie die Komplexität negativ mit der Adoption zusammenhängt (vgl. Bauer 1960; Ostlund 1974). Diese Faktoren (vgl. Abbildung 3) werden im Folgenden kurz erläutert.

Der relative Vorteil entspricht dem Ausmaß, zu dem eine Innovation gegenüber anderen Produktalternativen als überlegen wahrgenommen wird (vgl. Rogers 2003, S. 229). Der Vorteil kann dabei funktionaler, ökonomischer oder sozialer Natur sein, wobei es von der Art der Innovation und dem Individuum abhängt, welcher Aspekt des relativen Vorteils als besonders gewichtig erachtet wird. Der relative Vorteil gilt als wichtigste Produkteigenschaft in Bezug auf die Adoptionsentscheidung (vgl. Ostlund 1974; Tornatzky/Klein 1982) und wirkt sich positiv auf diese aus.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Produktbezogene Adoptionsfaktoren

Quelle: Albers 2001, S. 518

Unter Kompatibilität versteht man den Grad der Übereinstimmung der Innovation mit den Werten, Erfahrungen und Bedürfnissen des potentiellen Adopters (vgl. Rogers 2003, S. 240). Innovationen mit einer hohen Kompatibilität werden von Konsumenten als vertrauter empfunden, weshalb sie leichter akzeptiert und übernommen werden. Dagegen erfordern Produkte mit radikalen Veränderungen oftmals eine erhebliche Verhaltensänderung von Konsumenten (vgl. Ram/Sheth 1989), was in einem hohen Zeitaufwand und somit in einer langsameren Adoption resultiert.

Die Komplexität beschreibt das Ausmaß, zu dem ein Konsument es als schwierig auffasst, eine Innovation zu verstehen und zu nutzen (vgl. Rogers 2003, S. 257). Ein komplexes Produkt ist mit einem höheren Lernaufwand des Adopters verbunden, weshalb eine hohe Komplexität den Adoptionsprozess deutlich verlangsamen oder sogar behindern kann (vgl. Kleijnen/Lee/Wetzels 2009). Häufig liegt das Problem bei der Produktgestaltung darin, dass mit jeder Verwendungsmöglichkeit, die an sich zusätzlichen Nutzen stiften soll, auch die wahrgenommene Komplexität steigt (vgl. Albers/Litfin 2001, S. 119).

Ein weiterer Adoptionsfaktor ist die Erprobbarkeit einer Innovation, die auf die Möglichkeit abzielt, ein neues Produkt im Vorfeld unverbindlich testen zu können (vgl. Rogers 2003, S. 258). Dies kann beispielsweise in Form von Probepackungen oder Testnutzungen erfolgen, um die vom Konsumenten wahrgenommene Unsicherheit, die mit einer Innovation verknüpft ist, zu verringern. Infolgedessen trägt die Erprobbarkeit dazu bei, dass die Vorteile einer Innovation besser bewertet werden können (vgl. Arts/Frambach/Bijmolt 2011). Gerade bei teureren Produkten spielt die Erprobbarkeit eine große Rolle, um die Akzeptanz bei den potentiellen Adoptern zu begünstigen (vgl. Ostlund 1974, S. 26).

Unter Wahrnehmbarkeit wird das Ausmaß verstanden, zu dem die Charakteristika einer Innovation sichtbar für andere sind. Daneben beinhaltet die Wahrnehmbarkeit die Kommunizierbarkeit, d.h. ob eine Innovation anderen einfach zu vermitteln ist (vgl. Rogers 2003, S. 258). Aufgrund der großen Ähnlichkeit beider Faktoren werden sie in der Forschung häufig als gleichbedeutend betrachtet (vgl. Holak/Lehmann 1990; Ostlund 1974). Wenn die Eigenschaften einer Innovation einfach zu beobachten und zu erklären sind, können sich diese Informationen schneller in einem sozialen System verbreiten (vgl. Holak/Lehmann 1990, S. 62).

Das wahrgenommene Risiko entspricht dem Grad, zu dem ein Produkt mit gewissen Risiken verbunden ist (vgl. Ostlund 1974, S. 24) und gilt als das größte Hindernis der Adoption einer Innovation (vgl. Hoeffler 2003; Homburg/Bornemann/Totzek 2009; Klerck/Sweeney 2007; Ostlund 1974). Dies ist darauf zurückzuführen, dass alle Innovationen aufgrund ihrer Neuartigkeit mit gewissen Risiken verbunden sind, welche die Konsumenten nicht vollständig antizipieren können (vgl. Antioco/Kleijnen 2010, S. 1704; Stone/Grønhaug 1993). Das wahrgenommene Risiko wird häufig nach mehreren Risikoarten unterschieden, beispielsweise nach einer funktionalen, ökonomischen, sozialen und physischen Dimension (vgl. Ram/Sheth 1989, S. 8). Allerdings sind das funktionale und finanzielle Risiko in Hinsicht auf die Adoption einer Innovation besonders relevant (vgl. Antioco/Kleijnen 2010, S. 1704). Während das funktionale Risiko die Gefahr der Leistungsunsicherheit darstellt, umfasst das ökonomische Risiko die Angst des Konsumenten vor finanziellen Verlusten (vgl. Ram 1989, S. 24 f.).

Adopterbezogene Adoptionsfaktoren

Adopterbezogene Faktoren beziehen sich auf die Adoptionsbereitschaft einer Person und üben dadurch einen erheblichen Einfluss auf die Informationssuche, -bewertung und Wahrnehmung der Innovationseigenschaften aus (vgl. Clement/Litfin 1998, S. 99). Zu diesen Faktoren zählen sozioökonomische, demographische und psychographische Charakteristika wie beispielsweise Einkommen, Alter, Bildungsstand und Risikobereitschaft (vgl. Arts/Frambach/Bijmolt 2011; Dickerson/Gentry 1983; Hauser/Tellis/Griffin 2006). So kann etwa ein geringeres Einkommen dazu führen, dass ein neues Produkt bei der Markteinführung als zu teuer empfunden und die Kaufentscheidung daher auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Obwohl den Charakteristika der potentiellen Adopter zusammen mit den wahrgenommenen Innovationseigenschaften die größte Bedeutung für die Adoption zukommt (vgl. Gatignon/Robertson 1985; Holak 1988; Meuter et al. 2005; Rogers 2003; Tornatzky/Klein 1982), sind die Erkenntnisse aus der Forschung hinsichtlich adopterbezogener Faktoren nicht eindeutig. Für die wenigsten Charakteristika lässt sich ein starker Zusammenhang mit der Adoptionsbereitschaft vorhersagen (vgl. Holak 1988, S. 53). Während Arts, Frambach und Bijmolt (2011) eine geringe Auswirkung der demographischen Eigenschaften auf die Adoption feststellen, üben psychografische Aspekte ihrer Ansicht nach einen erheblichen Einfluss auf die Adoption aus. Demgegenüber finden Ostlund (1974) sowie Labay und Kinnear (1981) heraus, dass persönliche Eigenschaften deutlich weniger relevant für den Kauf neuer Produkte sind als die wahrgenommenen Produktcharakteristika.

Umweltbezogene Adoptionsfaktoren

Die umweltbezogenen Adoptionsfaktoren umfassen die makroökonomischen, politischen, rechtlichen, technologischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen der Umwelt (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 11). Beispiele sind die Konjunktur, die Wettbewerbssituation oder die Gesetzeslage. Die umweltspezifischen Faktoren werden meist in Diffusionsstudien untersucht, wenn die Adoptionsentscheidungen von Individuen auf aggregierter Ebene betrachtet werden, um die Marktdurchdringung einer Innovation abzubilden (vgl. Gatignon/Robertson 1985). Eine Ausnahme stellt die Studie von Holak (1988) dar, in der sechs Umweltfaktoren, darunter drei Preisvariablen, einbezogen werden. Generell besitzen umweltbezogene Faktoren für die Analyse des individuellen Adoptionsprozesses jedoch deutlich weniger Relevanz.

Zusammenfassend wird aus den vorhergehenden Erläuterungen deutlich, dass die produktbezogenen Faktoren die entscheidende Rolle im Adoptionsprozess übernehmen (vgl. Rogers 2003; Tornatzky/Klein 1982). Andererseits existieren Überschneidungen zwischen den drei Dimensionen der Adoptionsfaktoren, da die Wahrnehmung der Produktcharakteristika maßgeblich von den adopter- und umweltbezogenen Faktoren beeinflusst wird (vgl. Arts/Frambach/Bijmolt 2011; Demoulin/Zidda 2009; Gatignon/Robertson 1985; Holak 1988).

2.2 Verhaltenswissenschaftliche Preisforschung

Die Preisforschung lässt sich nach der klassischen und verhaltenswissenschaftlichen Theorie differenzieren. Die klassische Preistheorie geht davon aus, dass der Konsument bei der Kaufentscheidung völlig rational Kosten und Nutzen gegeneinander abwägt und damit versucht, seinen Nutzen zu maximieren. Es ist jedoch empirisch erwiesen, dass sich Konsumenten häufig nicht rational verhalten. Die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung versucht an dieser Stelle mithilfe von psychologischen Faktoren eine Erklärung für das tatsächliche Konsumentenverhalten zu finden (vgl. Homburg/Koschate 2005a; 2005b).

Bei nichtlinearen Tarifen wird die Wahrnehmung durch die Tarifstruktur aktiv beeinflusst. Demzufolge ist für die Untersuchung von Interesse, wie Konsumenten Preisinformationen verarbeiten und bewerten. Abbildung 4 zeigt den Ablauf der Preisinformationsverarbeitung, der sich in vier Phasen unterteilen lässt (vgl. Homburg 2012, S. 688 ff.):

- Die Preisinformationsaufnahme umfasst die Aufnahme von Preisinformationen in das Kurzzeitgedächtnis.
- Die Preisinformationsbeurteilung beinhaltet die Verarbeitung der Preisinformationen im Kurzzeitgedächtnis. Dabei werden die Informationen entschlüsselt, anschließend weiterverarbeitet und zuletzt bewertet.
- Die Preisinformationsspeicherung bezieht sich auf das Abspeichern der Informationen im Langzeitgedächtnis, sodass sie vom Kurzzeitgedächtnis abgerufen und verarbeitet werden können.
- Das Ausgabe- und Produktnutzungsverhalten entspricht letztlich der Reaktion des Konsumenten auf die verarbeiteten Preisinformationen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Phasen der Preisinformationsverarbeitung

Quelle: in Anlehnung an Homburg 2012, S. 659

Zur Preisinformationsbeurteilung wenden Konsumenten häufig Heuristiken an, um den kognitiven Aufwand zu mindern (vgl. Tversky/Kahnemann 1974). Besonders relevant für die Wahrnehmung und Beurteilung nichtlinearer Tarife sind die Prospect Theory und das Mental Accounting. Die Prospect Theory beschreibt das Verhalten von Individuen unter Unsicherheit und wurde erstmals von Kahnemann und Tversky (1979) vorgestellt. Demnach werden Handlungsalternativen nicht am endgültigen Vermögenszustand gemessen, sondern als Gewinn oder Verlust in Verhältnis zu einem Referenzpunkt gesetzt und bewertet. Die Nutzenfunktion verläuft für Gewinne konkav und für Verluste konvex, weshalb ein Verlust zu einem höheren Nutzenentgang führt als der Nutzenzuwachs für einen gleich hohen Gewinn ausfällt. Dies resultiert in der sogenannten Verlustaversion von Individuen.

Das Mental Accounting bedient sich der Nutzenfunktion der Prospect Theory und geht davon aus, dass Individuen ihre Transaktionen in verschiedene Konten einteilen (vgl. Thaler 1985). Dadurch passiert es jedoch häufig, dass gleiche Beträge aufgrund ihrer Zuordnung zu unterschiedlichen Konten verschieden bewertet werden. Des Weiteren besagt das Mental Accounting, dass Individuen einen höheren Nutzen daraus ziehen, wenn Verluste integriert und Gewinne getrennt dargestellt werden. Auf die Preisforschung angewandt führen diese beiden Phänomene dazu, dass ein konsolidierter Preis als weniger schmerzhaft empfunden wird als separate Preise, die den gleichen Betrag aufweisen wie der Gesamtpreis.

Darüber hinaus unterliegen Individuen angesichts der Einschätzung ihres zukünftigen Verhaltens zwei gängigen Denkfehlern: dem Overconfidence Effekt und dem Projection Bias. Der Overconfidence Effekt beschreibt den Umstand, dass Individuen häufig ihre Fähigkeiten und Kenntnisse bei Entscheidungen überschätzen (vgl. Lichtenstein/Fischhoff/Phillips 1982). Dagegen bezieht sich der Projection Bias darauf, dass Individuen davon ausgehen, dass ihr zukünftiges Verhalten kaum von ihrem gegenwärtigen Verhalten abweicht (vgl. Loewenstein/O’Donoghue/Rabin 2003). Im Tarifkontext sind diese beiden Verhaltensweisen relevant, weil die Tarifwahl und die tatsächliche Nutzung an unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden. Dementsprechend überschätzen Konsumenten oftmals ihre zukünftige Nutzung in Verbindung mit Pauschaltarifen oder unterschätzen die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Angebot möglicherweise sehr intensiv nutzen werden (vgl. DellaVigna/Malmendier 2006; Grubb 2009).

2.3 Nichtlineare Tarife

Unter nichtlinearen Tarifen versteht man Preise, die sich nicht proportional zu der erworbenen Menge eines Gutes verhalten (vgl. Wilson 1993, S. 4). Folglich führt eine höhere Nutzungsmenge bei einem nichtlinearen Tarif im Gegensatz zu einem linearen Tarif (PPU) nicht automatisch zu einem höheren Gesamtpreis, weil der Stückpreis meistens mit zunehmender Menge abnimmt (vgl. Diller 2008, S. 244).

Bei nichtlinearen Tarifen handelt es sich um eine Art mengenmäßiger Preisdifferenzierung. Daher werden sie von Unternehmen vorrangig eingesetzt, um die Heterogenität von Konsumenten gewinnoptimal für sich zu nutzen (vgl. Lambrecht et al. 2012). Ein Unternehmen kann dadurch unendlich viele Preis-Mengen-Kombinationen anbieten, wovon sich der Konsument die für ihn ansprechendste auswählt, was zu einer Selbstselektion der Konsumenten führt (vgl. Iyengar/Gupta 2009, S. 356). Tabelle 1 verschafft einen Überblick über die gängigsten Arten nichtlinearer Tarife mit dazugehörigen Beispielen aus der Praxis.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht ausgewählter nichtlinearer Tarife

Im Folgenden werden die drei nichtlinearen Tarife, die in dem Experiment eingesetzt werden, näher erläutert und graphisch veranschaulicht. Die Flatrate oder der Pauschaltarif wird durch einen fixen Preis für beliebig viele Nutzungseinheiten eines Produkts oder einer Dienstleistung charakterisiert (vgl. Diller 2008, S. 248). Daher sinkt mit steigender Nutzungsmenge der Durchschnittspreis für eine Nutzungseinheit.

Ein zweiteiliger Tarif (2PT) besteht aus einer festen Grund- oder Zugangsgebühr und einem Preis pro genutzter bzw. gekaufter Einheit des Guts (vgl. Wilson 1993, S. 4). Im Gegensatz dazu umfasst ein dreiteiliger Tarif (3PT) eine Zugangsgebühr, eine darin beinhaltete Inklusivnutzungsmenge sowie eine Nutzungsgebühr für jegliche Nutzung über diese Menge hinaus (vgl. Lambrecht/Seim/Skiera 2007, S. 698). Falls ein Konsument die Inklusivnutzungsmenge nicht überschreitet, fallen somit keine Nutzungsgebühren zusätzlich zu der Grundgebühr an.

Der 2PT und 3PT entsprechen beide ähnlich wie ein PPU einem nutzungsbasierten Tarif, da die Ermittlung des Gesamtpreises anhand der tatsächlichen Nutzung erfolgt. Dies ist bei der Flatrate nicht der Fall. In Abbildung 5 werden diese drei nichtlinearen Tarife sowie ein PPU graphisch veranschaulicht, um die unterschiedliche Kostenentwicklung im Verhältnis zur genutzten Menge darzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Graphische Veranschaulichung der Tarife aus der Studie

3. Entwurf des Untersuchungsmodells

Die bestehende Forschung liefert mehrere Anknüpfungspunkte für die vorliegende Arbeit, die im Folgenden genauer dargelegt werden. So werden die bisherigen Erkenntnisse zu der Rolle des Preises im Adoptionsprozess (Abschnitt 3.1.1), zu nichtlinearen Tarifen (Abschnitt 3.1.2) und zum Innovationspricing (Abschnitt 3.1.3) zusammengefasst und auf Basis dessen die Forschungslücken identifiziert. Daraus werden Forschungsfragen abgeleitet, die im Verlauf der Arbeit beantwortet werden sollen. Im Anschluss daran wird das Modell für die empirische Untersuchung vorgestellt (Abschnitt 3.2) und die darin beinhalteten Konstrukte definiert (Abschnitt 3.3).

3.1 Einordnung der Untersuchung in die bestehende Forschung

3.1.1 Erkenntnisse zur Rolle des Preises im Adoptionsprozess

Der Preis nimmt für Konsumenten häufig eine duale Rolle ein: Einerseits verkörpert er das monetäre Opfer eines Kaufs, andererseits wird er als Qualitätsindikator zur Kaufentscheidung herangezogen (vgl. z.B. Rao/Monroe 1988; Zeithaml 1988). Dies lässt sich auf die Inferenzbildung von Konsumenten zurückführen, bei der sie zusätzlich zu den gegebenen Informationen auf Kognitionen zurückgreifen, um zu einem kohärenten Urteil zu gelangen (vgl. Graeff/Olson 1994). Insbesondere angesichts von Innovationen, die für Konsumenten mit einer hohen Unsicherheit verbunden sind (vgl. Gatignon/Robertson 1993; Ram/Sheth 1989), sind Preis-Produkt-Inferenzen daher umso wichtiger. Durch den Preis kann die Attraktivität eines Produkts maßgeblich beeinflusst werden: „It not only determines the cost to the customer but also alters the perceived characteristics of the service and thus influences customers‘ choice and usage“ (Ascarza/Lambrecht/Vilcassim 2012, S. 897).

Dementsprechend lässt sich eine ähnlich hohe Relevanz des Preises für die Adoptionsbereitschaft von Individuen vermuten. So kann der Preis beispielsweise zur Reduzierung von Adoptionsbarrieren beitragen: „Price is an important factor at the time of launch as barriers to adoption may exist: the new product is incompatible with the buyer’s experiences or values, is perceived to be overly complex or offers no relative advantage (…). A price discount rewards the buyer for bearing the risk of trial (…)” (Calantone/Di Benedetto 2007, S. 6).

Demnach wird eine negative Beziehung zwischen den Kosten und der Adoption einer Innovation vermutet. Je günstiger eine Innovation ist, desto schneller wird sie adoptiert und verwendet (vgl. Tornatzky/Klein 1982, S. 36). Tornatzky und Klein (1982) betrachten die Kosten einer Innovation separat von den anderen Rogers-Kriterien, während Rogers selbst keine Unterscheidung zwischen dem Preis und den Produktcharakteristika vornimmt (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999, S. 11; Rogers 2003). Daneben bezieht Holak (1988) den tatsächlichen Preis, den erwarteten Preis und das Verhältnis dieser beiden Preise als umweltspezifische Variablen in ihr Adoptionsmodell mit ein. Dementsprechend wurde die Preisgestaltung trotz ihrer großen Bedeutung für das Adoptionsverhalten bisher vor allem als rein ökonomische und weniger als psychologische Größe aufgefasst. Zudem wurde sie meist als Teil der Produktfaktoren im individuellen Adoptionsprozess berücksichtigt, während eine gesonderte Betrachtung der Preisfaktoren als Innovationseigenschaften bisher noch nicht erfolgt ist.

Anknüpfungspunkte für die Integration des Preises im Adoptionsprozess bieten Studien aus dem Bereich der Diffusion. Die Diffusion stellt zwar die Marktdurchdringung eines neuen Produkts im Zeitablauf dar (vgl. Rogers 2003, S. 5), dennoch ist die Ausgangsbasis für die Diffusion die Entscheidung eines Individuums, das bereit ist, ein neues Produkt zu adoptieren. Bass (1969) bildet mit seinem wegweisenden Diffusionsmodell die Nachfrage nach einem neuen Produkt im Zeitablauf ab, indem er verschiedene Einflussgrößen wie die Innovations- und Imititationskoeffizienten sowie das Marktpotential in Relation zum Absatz setzt. Auf Grundlage dieses Modells wurden zahlreiche Folgemodelle zur Integration zusätzlicher Variablen, darunter auch die Preisgestaltung, entwickelt (vgl. z.B. Jain/Rao 1990; Kalish 1983; Krishnan/Bass/Jain 1999). Der Preis wird hierbei als Bestandteil des Marketing-Mix verstanden, der für die Marktausbreitung einer Innovation entscheidend ist (vgl. Bähr-Seppelfricke 1999; Gatignon/Robertson 1985). Allerdings wird in den Modellen insbesondere die Variation der Preishöhe im Zeitablauf betrachtet, während die verhaltenswirksamen Aspekte der Preissetzung größtenteils unberücksichtigt bleiben.

Somit lässt sich aus den vorherigen Erläuterungen ein deutlicher Bedarf nach der Erforschung des Preises im Adoptionsprozess auf individueller Ebene ableiten. Insbesondere, da die Wichtigkeit der subjektiven Wahrnehmung von Konsumenten für die Adoption nachgewiesen ist (vgl. z.B. Demoulin/Zidda 2009; Holak 1988; Labay/Kinnear 1981; Ostlund 1974), sollte die verhaltenswirksame Komponente von Preisen Eingang in die Adoptionsforschung finden. In der vorliegenden Arbeit wird diese Forschungslücke adressiert, indem der Preis in Form von tarifbezogenen Adoptionsfaktoren in das Adoptionsmodell eingeht. Dadurch werden die Tarifeigenschaften separat von den Produktcharakteristika betrachtet und ihr genauer Einfluss auf die Adoption untersucht.

3.1.2 Erkenntnisse zu nichtlinearen Tarifen

Die Standardökonomie geht davon aus, dass Individuen mit festen Präferenzen rationale Entscheidungen treffen, um ihren Nutzen entsprechend zu maximieren. Dementsprechend sollten diese Präferenzen auch unabhängig von Preisstrukturen bestehen. Die aktuelle Forschung im Bereich der Psychologie und des Marketings verdeutlicht hingegen, dass die Preisdarstellung einen großen Einfluss auf den vom Konsumenten wahrgenommenen Wert eines Angebots nimmt (vgl. Estelami 2003). Beispielsweise wurden bereits die unterschiedlichen Effekte von Zahlungsplänen mit monatlichen oder jährlichen Zahlungsintervallen auf die Nutzung und die Beibehaltung eines Service (vgl. Soman/Gourville 2001) oder die Einflüsse von Preisendungen auf die Kaufentscheidung untersucht (vgl. Anderson/Simester 2003). Daneben beschäftigt sich eine Vielzahl von Arbeiten mit den Verhaltenskonsequenzen der Preispartitionierung, die sich auf Preise bezieht, die in zwei oder mehr Komponenten aufgeteilt werden (vgl. z.B. Bertini/Wathieu 2008; Morwitz/Greenleaf/Johnson 1998; Xia/Monroe 2004). Der Unterschied zu mehrteiligen nichtlinearen Tarifen liegt hierbei darin, dass die Preisbestandteile obligatorisch sind und nicht unbedingt von der konkreten Nutzung abhängen (vgl. Hamilton/Srivastava 2008).

In der Literatur zu nichtlinearen Tarifen dominierten zunächst die unternehmensfokussierten Studien, die sich mit der optimalen Tarifgestaltung auseinandersetzen. Dabei steht meist die Bestimmung eines optimalen Tarifs (vgl. Bagh/Bhargava 2008; Essegaier/Gupta/Zhang 2002; Oi 1971; Schlereth/Skiera/Wolk 2011; Sundararajan 2004) und die optimale Gestaltung der einzelnen Tarifkomponenten in Hinblick auf Umsatz und Gewinn im Vordergrund (vgl. Danaher 2002; Fruchter/Rao 2001; Grubb 2009). Einige Autoren betrachten außerdem die optimale Zusammenstellung mehrerer Tarife zu einer Tarifstruktur, die zur Preisdiskriminierung der Konsumenten dient (vgl. Bagh/Bhargava 2008; Goettler/Clay 2011; Schlereth/Stepanchuk/Skiera 2010). Eine Tarifstruktur umfasst dabei die Gesamtheit aller angebotenen Tarife eines Unternehmens (vgl. Skiera 1999, S. 57). Diese Studien beziehen das Konsumentenverhalten insofern mit ein, als dass sie auf Basis der tarifabhängigen Nachfrage die Konsequenzen für den Umsatz und Gewinn eines Unternehmens ableiten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Einfluss nichtlinearer Tarife auf die Adoption von Produktinnovationen
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
109
Katalognummer
V294234
ISBN (eBook)
9783656918820
ISBN (Buch)
9783656918837
Dateigröße
3028 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, tarife, adoption, produktinnovationen
Arbeit zitieren
Lisa Zheng (Autor:in), 2014, Einfluss nichtlinearer Tarife auf die Adoption von Produktinnovationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294234

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Einfluss nichtlinearer Tarife auf die Adoption von Produktinnovationen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden