Modelle zur Bestimmung kundenseitiger Qualitätswahrnehmung


Studienarbeit, 2012

90 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theorie zur Qualitätswahrnehmung
2.1 Verschiedene Ansichten zum Qualitätsbegriff
2.2 Definition der Qualitätswahrnehmung und relevante Begriffe
2.3 Der Prozess der Qualitätswahrnehmung
2.4 Der Unterschied zwischen wahrgenommener und erwarteter Qualität

3 Modelle zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung
3.1 Unterscheidung von Qualitätsmessmethoden
3.2 Studien zur wahrgenommenen Dienstleistungsqualität
3.2.1 Wahrgenommenen Dienstleistungsqualität - SERVQUAL (1988, 1991)
3.2.2 Wahrgenommene Leistung einer Dienstleistung - SERVPERF (1992)
3.2.3 Qualität von Internet Shopping Seiten - SITEQUAL (2001)
3.3 Studien zur wahrgenommenen Produktqualität
3.3.1 Wahrgenommene Produktqualität - PPQM ( 1997)
3.3.2 Wahrgenommenen Weinqualität (2004)
3.3.3 Das integrierte Qualitätsrahmenkonzept (2012)

4 Ablauf der Erstellung eines Qualitätswahrnehmungsmodells
4.1 Vergleich der Vorgehensweise der vorgestellten Modelle
4.1.1 Themenbezug und Ablauf der Modellerstellung
4.1.2 Einordnung der Art des Messverfahrens
4.1.3 Dimensionen, Items und verwendete Skala
4.1.4 Durchgeführte Datenerhebungen
4.1.5 Skalenbereinigung, Reliabilitäts- und Validitätsprüfung
4.2 Abgeleiteter Prozess zur Erstellung eines Qualitätswahrnehmungsmodells
4.2.1 Modellbildung in Anlehnung an Churchill (1979)
4.2.2 Kritische Auswertung des vorgeschlagenen Ablaufs

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhangsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 : Das Lens Modell am Beispiel des Fettgehalts von Fleisch

Abbildung 2: Modell des Qualitätswahrnehmungsprozesses

Abbildung 3: Das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma

Abbildung 4: Das Qualitätsmodell und seine fünf Qualitätslücken

Abbildung 5: Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität

Abbildung 6: Das Produkt/Dienstleistungs-Kontinuum

Abbildung 7: Unterteilung von multiattributiven Messansätzen

Abbildung 8: Schritte zur Entwicklung von SERVQUAL

Abbildung 9: Potenzielle Anwendungsgebiete von SERVQUAL

Abbildung 10: Untersuchte Modellvarianten der SERVQUAL-Studie

Abbildung 11 : Das SERVPERF Strukturmodell

Abbildung 12: Das integrierte Qualitätsrahmenkonzept

Abbildung 13: Merkmalsarten am Beispiel einer Fluggesellschaft

Abbildung 14: Churchills Prozess zur Erstellung einer Messskala

Abbildung 15: Zuordnung der Studien zu den multiattributiven Ansätzen

Abbildung 16: 7-Punkte-Likert-Skala

Abbildung 17: Ablauf zur Erstellung eines Qualitätswahrnehmungsmodells

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterscheidung von Qualitätssignalen und Qualitätsattributen

Tabelle 2: Nummerierung der vorgestellten Studien und jeweiliger Themenbezug

Tabelle 3: Bezug der Studien zu Churchill (1979)

Tabelle 4: Dimensionengenerierung in den Studien

Tabelle 5: Itemanzahl vor und nach der Skalenbereinigung

Tabelle 6: Itemgenerierung und verwendete Skalen der Studien

Tabelle 7: Vergleich der durchgeführten Datenerhebungen der Studien

Tabelle 8: Methoden zur Skalenbereinigung und Reliabilitätsprüfung in den Studien

Tabelle 9: Verwendete Methoden zur Validitätsprüfung in den Studien

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Qualität eines Produktes oder einer Dienstleistung, wie sie durch Unternehmen oder bestimmte Richtlinien vorgeschrieben ist und durch den Kunden gefordert wird, kann aus zwei Perspektiven gemessen werden. Einerseits ist eine Betrachtung aus der Sicht des Unternehmens und andererseits aus der Sicht des Kunden möglich (Bruhn 2011, S. 139). Dabei besteht ein Unterschied zwischen objektiven Kriterien, welche in Form von Messwerten ausgedrückt werden, und der subjektiven Wahrnehmung der Qualität durch Kunden, welche diese mit ihren Anforderungen vergleichen (Garvin 1984, S. 27).

Da eine höhere Qualitätswahrnehmung zu einer höheren Kaufwahrscheinlichkeit führt (Stone-Romero/Stone 1997, S. 97), sollten sich Unternehmen nicht ausschließlich auf die Messung objektiver Kriterien konzentrieren, sondern ebenfalls herausfinden, wie die Qualität ihrer Produkte oder Dienstleistungen wahrgenommen wird (Pepels 2003, S. 68­69). Dies kann durch geeignete Modelle zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung erfolgen. Die Ergebnisse der Untersuchung können für strategische Entscheidungen bei der Produkt- und Dienstleistungsplanung genutzt werden. Dadurch besteht die Mög­lichkeit Kosten zu sparen, indem irrelevante Produkt- oder Dienstleistungsmerkmale nicht weiterentwickelt werden, und die Erhöhung der Kundenbindung, durch die Ver­besserung relevanter Merkmale, zu erreichen. Weiterhin können entsprechende Modelle als Benchmarking dienen, indem die Qualitätswahrnehmung des eigenen Produkts mit einem Konkurrenzprodukt verglichen wird (Steenkamp 1990, S. 326-327).

Ziel dieser Arbeit ist es, durch den Vergleich von Studien, welche sich mit der Bestim­mung der Qualitätswahrnehmung beschäftigen, einen Prozess zur Erstellung eines ent­sprechenden Modells abzuleiten. Dazu wird im zweiten Kapitel zunächst die Bedeutung der Kundenorientierung im Qualitätsmanagement erläutert und die Definition von Qua­litätswahrnehmung mit relevanten Begriffen vorgenommen. Anschließend wird der Prozess vorgestellt, den ein Kunde durchläuft, um sich eine Meinung bezüglich der Qualität eines Produkts oder einer Dienstleistung zu bilden. Der Abschluss dieses Kapi­tels bildet die Vorstellung des Qualitätslücken-Modells von Parasuraman et al. (1985), welches zwischen erwarteter und wahrgenommener Qualität unterscheidet und als Grundlage verschiedener Modelle zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung dient. Weiterhin erfolgt eine Betrachtung der Kritik bezüglich dieses Ansatzes.

Anschließend werden im dritten Kapitel verschiedene Methoden der Qualitätsmessung dargestellt. Darauf folgt die Vorstellung von sechs Studien, welche sich mit der Be­stimmung der Qualitätswahrnehmung, beschäftigen. Diese besitzen einen allgemeinen oder konkreten Bezug auf Produkte bzw. Dienstleistungen. Zwei wichtige Vertreter stellen das Modell von Parasuraman et al. (1988) zur Bestimmung der „Service Quality“ (SERVQUAL) und von Cronin und Taylor (1992) zur Bestimmung der „Service Per­formance“ (SERVPERV) dar. Im vierten Kapitel werden der Vergleich der Studien und die Entwicklung eines Prozesses, für die Erstellung eines Modells zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung, vorgenommen. Dabei soll auf eine Anwendbarkeit für bekannte und unbekannte Produkte sowie Dienstleistungen geachtet werden.

2 Theorie zur Qualitätswahrnehmung

2.1 Verschiedene Ansichten zum Qualitätsbegriff

„Qualität ist der Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“ (DIN EN ISO 9000:2005). Neben dieser Standarddefinition beschreiben Unternehmen den Qualitätsbegriff unterschiedlich. Beispielsweise ist für die Deutsche Bahn die Glaubwürdigkeit ihrer Versprechen von größter Bedeutung, um den Kunden nicht durch unrealistische Annahmen zu täuschen. Für Audi bedeutet Qualität die Erfüllung der Kundenanforderungen, welche sich in der außerordentlichen Qualität der Produktpalette und der besonderen Technik äußert. Daimler Chrysler betrachtet Qualität als allumfas­senden Begriff und orientiert sich dabei an den Vorgaben der European Foundation for Quality Management. Die Dresdener Bank überlässt dem Kunden die Qualitätsdefiniti­on und will dessen Anforderungen erfüllen (Rizk-Antonious 2002, S. 19-20).

Anhand dieser Definitionen zum Qualitätsbegriff wird deutlich, wie stark die Ansichten unterschiedlicher Unternehmen voneinander abweichen. Dies liegt vor Allem an den Branchen, in welchen diese tätig sind sowie an den einzelnen Abteilungen eines Unter­nehmens und den damit verbundenen Blickrichtungen. Diese werden nach Garvin (1984)in

-die transzendente,
-die produktbezogene,
-die anwenderbezogene,
-die prozessbezogene und
-die Preis-Nutzen-bezogene Sichtweise unterschieden (Gavin 1984, S. 26).

Entsprechend der transzendenten Sichtweise kann Qualität nicht genau beschrieben werden, da sie sich durch Erfahrungen bildet. Dagegen ist Qualität gemäß der produkt­bezogenen Sichtweise exakt messbar, wobei sich die Produkt- bzw. Dienstleistungsqua­lität aufgrund verschiedener Eigenschaften voneinander abgrenzen lässt. Die anwender­bezogene Sichtweise stellt den Kunden in den Mittelpunkt, welcher sich anhand von Anforderungen für ein bestimmtes Produkt entscheidet. Da die Präferenzen der Kunden subjektiv sind, besteht für Unternehmen jedoch das Problem eine allgemeine Lösung zu finden, welche alle Kunden zufriedenstellt. In der prozessbezogenen Sichtweise stehen vor Allem Fehleranalysen und statistische Qualitätskontrollen im Vordergrund, welche vor und während der Produktion das Produkt und den Prozess auf Übereinstimmung mit festgelegten Kriterien überprüfen. Ziel ist es, den Ausschuss und dadurch die Kosten zu reduzieren. Die Preis-Nutzen-bezogene Sichtweise konzentriert sich auf den Kostenbe­zug. Demnach stellt ein Qualitätsprodukt ein Gut dar, welches zu angemessenen Kosten produzierbar und damit zu einem geringen Preis absetzbar ist. Dabei müssen die An­sprüche des Kunden beachtet werden, da dieser nicht bereit ist für ein Produkt, dessen Merkmale nicht seinen Anforderungen entsprechen, einen hohen Preis zu zahlen (Gar­vin 1984, S. 25-28).

Jede Qualitätsdefinition hat ihre Vor- und Nachteile im Bezug zur Messung, als Mana­gementunterstützung und als allgemeine Richtlinie sowie eine entsprechende Anwen­dungsrelevanz in geeigneten Situationen (Reeves/Bednar 1994, S. 435). Die vorgestell­ten Unternehmensdefinitionen und besonders die anwenderbezogene Sichtweise zeigen jedoch, dass der Kunde im Mittelpunkt steht und sich die Produktqualität an diesem ausrichtet. Eine entsprechende Definition, welche die Erfüllung der Kundenanforderun­gen umfasst, bietet den Vorteil, dass sich das Unternehmen schneller an Marktverände­rungen anpassen kann und damit seinen Wettbewerbsvorteil sichert. Zudem vereint sie Aspekte anderer Blickrichtungen, beispielsweise der transzendenten Sichtweise. Die Basis für die Umsetzung einer solchen Definition ist ein Untersuchungssystem, welches die Kundenanforderungen bestimmt. Dabei besteht ein Unterschied zwischen dem, was Unternehmen als wesentliche Kundenanforderungen erachten und was für den Kunden tatsächlich relevant ist. Insbesondere subjektive Faktoren, beispielsweise die wahrge­nommene Höflichkeit des Verkäufers oder der wahrgenommene Geruch eines Nah­rungsmittels, sind für den Kunden wichtig. Grundlagen hierzu wurden bereits 1985 durch Parasuraman, Zeithaml und Berry in ihrer Studie zu SERVQUAL entwickelt, welche im Kapitel 3.2 mit weiteren Studien vorgestellt wird. Da die Definition von Qualität im Sinne der Erfüllung von Kundenanforderungen umfangeich ist, stellt sich deren Bestimmung als komplex dar. Insbesondere die breite Streuung der kundenrele­vanten Faktoren und deren individuelle Gewichtung führen zu dem Problem, dass nicht alle Aspekte beachtet werden können. Zudem wissen Kunden oftmals vor dem Kauf und der Nutzung eines Produkts oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung nicht, welche Faktoren für sie entscheidend sind und führen ihre Bewertung erst nachträglich durch (Reeves/Bednar 1994, S. 433-434).

2.2 Definition der Qualitätswahrnehmung und relevante Begriffe

Um eine Abgrenzung zum allgemeinen Qualitätsbegriff und einen stärkeren Kundenbe­zug zu schaffen, wird in der heutigen Literatur im Bezug zur anwenderbezogenen Sichtweise der Begriff der wahrgenommenen Qualität verwendet. Dieser soll hervorhe­ben, dass Qualität von den Bedürfnissen, der Wahrnehmung und den Zielen des Kunden abhängt, wobei der eigentliche Prozess der Wahrnehmung vernachlässigt wird. Um die­sen Aspekt mit einzubeziehen, kann Qualitätswahrnehmung als „spezifische Wertein­schätzung, im Bezug zur Verwendbarkeit eines Produkts, welche auf dem bewussten und/oder unbewussten Verarbeiten von Qualitätssignale, in Relation zu relevanten Qua­litätsattributen, innerhalb personeller und situationsabhängiger Rahmenbedingungen“ (Steenkamp 1990, S. 317) definiert werden. Tabelle 1 zeigt eine Unterscheidung von Qualitätssignalen und -attributen, welche anschließend erläutert werden.

Tabelle 1 : Unterscheidung von Qualitätssignalen und Qualitätsattributen (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Qualitätssignale sind Qualitätseigenschaften, welche ebenfalls als Suchqualitäten be­zeichnet und vor dem Konsum eines Produkts wahrgenommen werden. Sie sind pro­duktspezifisch und besitzen je nach Untersuchungsobjekt eine unterschiedliche Rele­vanz für den Kaufentscheidungsprozess. Dazu zählen beispielsweise Markenname, Preis und physische Produkteigenschaften. Qualitätsattribute stellen dagegen den ei­gentlichen Nutzen und Mehrwert eines Produktes gegenüber einem anderen Produkt dar und können nicht direkt vor dem Konsum bewertet werden, wie der Geschmack eines Getränks. Um auf relevante Qualitätsattribute zu schließen, wird der Kunde Qualitäts­signale nutzen und mit dessen Hilfe verschiedene Produkte vergleichen. Diese können in intrinsische und extrinsische Signale unterschieden werden. Intrinsische Qualitätssig­nale, beispielsweise die Farbe oder der Fettanteil von Fleisch, sind ein fester Bestandteil des Produkts, welcher ausschließlich durch die Nutzung und Veränderung des Guts selbst umgewandelt werden kann. Extrinsische Qualitätssignale, beispielsweise der Preis oder Markenname, gehören zum Produkt, sind jedoch nicht direkt Teil davon (Steenkamp 1990, S. 310-313).

Qualitätsattribute werden ebenfalls in zwei Arten unterschieden. Einerseits gibt es Er­fahrungsqualitäten, welche erst durch die Nutzung des Produkts und dem Vergleich mit Konkurrenzprodukten gebildet werden. Ein Beispiel ist die tatsächliche Reinigungswir­kung eines Putzmittels oder der Geschmack eines Getränks (Nelson 1970, S. 312). An­dererseits gibt es Vertrauensqualitäten, welche selbst durch den Konsum schwer erfass­bar sind. Diese Produkteigenschaften können durch externes Expertenwissen in Erfah­rung gebracht werden und bedürfen eines zusätzlichen Aufwands, da entsprechende Wissensquellen gesucht werden müssen. Beispiele sind die tatsächliche gesundheitliche Schädigung durch Zigaretten oder der Erfolg einer Fahrzeugreparatur, welche selbst mit spezifischem Wissen nicht vollständig bewertbar sind. Der Kunde muss demnach den Aussagen des Verkäufers oder Dienstleisters vertrauen. Ein Problem ist die schwierige Abgrenzung von Erfahrungs- und Vertrauensqualitäten, da sie teilweise ineinander übergehen und von der Nutzung des Produkts oder der Dienstleistung abhängig sind. Als Richtlinie kann angenommen werden, dass Eigenschaften, deren Bewertung einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, zu Vertrauensqualitäten gezählt werden kön­nen. Erfahrungsqualitäten bilden sich somit bereits nach ein- oder zweimaligem Kon­sum (Darby/Karni 1973, S. 68-69).

Ein letzter wichtiger Begriff ist die Qualitätserwartung, welche sich durch die mehrma­lige Nutzung eines Produkts bildet. Im Laufe des Konsums erkennt der Konsument die Zusammenhänge zwischen Qualitätssignalen und -attributen, wodurch eine voreinge­stellte Erwartung bezüglich eines Produkts entsteht, welche die Kaufentscheidung mit­bestimmt (Bello Acebrón/Calvo Dopico 2000, S. 231). Zudem können sich Erwartun­gen bereits vor dem Konsum anhand der Bewertung von Qualitätssignalen bilden (Steenkamp 1990, S. 324-325) Beim Kauf des Produkts können diese Erwartungen be­friedigt werden oder unbefriedigt bleiben. Weiterhin besteht eine Relation zwischen Erwartung und Bewertung, da Erwartungen die Beurteilung des Produkts beeinflussen. Schätzt der Konsument ein Produkt aufgrund seiner Erfahrung als qualitativ hochwertig ein, wird es selbst bei einer unvollständigen Erfüllung seiner Erwartung, durch seine positive Wahrnehmungsverschiebung, besser bewertet, als ein Produkt, für welches er eine geringere Erwartung besitzt (Poulsen et al. 1996, S. 128-129).

2.3 Der Prozess der Qualitätswahrnehmung

Um Rückschlüsse auf die wahrgenommene Produktqualität zu ziehen, muss verstanden werden, wie ein Kunde ein Produkt bewertet und auswählt. Darauf aufbauend können entsprechende Modelle zur Bestimmung der wahrgenommenen Qualität entwickelt werden. Die Qualitätsbeurteilung ist eine Subjekt-Objekt-Interaktion, zwischen dem Konsumenten und dem Produkt, welche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Die wichtigsten sind das Vorhandensein von vergleichbaren Produkten anderer Marken sowie persönliche und situationsbedingte Faktoren. Sieht der Kunde beispielsweise ein Produkt der Marke A dem Produkt einer Marke B in einem bestimmten Maß als überle­gen an, kann sich dieser Unterschied durch die Einführung eines Produkts der Marke C, welche zwischen A und B liegt, verstärken. Persönliche Faktoren können die bisherigen Erfahrungen oder der Bildungsstand der Person sein, welche zu unterschiedlichen Be­wertungen aufgrund der Wissensbasis führen. Zu situationsbedingten Faktoren zählt zum Beispiel der Kaufgrund. Soll ein Produkt als Geschenk gekauft werden, wird der Konsument dieses aus dem Blick des Beschenkten und anhand mehrerer Kriterien beur­teilen (Steenkamp 1990, S. 314-316). Besteht dagegen Zeitdruck oder wurde das Pro­dukt bereits öfters gekauft, wird die Bewertung anhand weniger, wichtiger Kriterien durchgeführt (Wright/Weitz 1977, S. 438-439). Die vorgestellten drei Faktoren beein­flussen den Konsumenten über den gesamten Wahrnehmungsprozess (Steenkamp 1990, S. 324).

Die eigentliche Qualitätsbeurteilung erfolgt durch die Übertragung von Qualitätssigna­len auf relevante Qualitätsattribute. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Nutzung von Qualitätssignalen übergangen wird, wenn der Kauf des Produkts billiger ist, als die Suche nach Qualitätssignalen. Um beispielsweise verschiedene Sorten und Marken von Bier zu bewerten, wird der Kunde mehrere Flaschen kaufen und testen. Darauf aufbau­end kann er seine Meinung bilden und entscheiden, welches Bier er bevorzugt. Letzt­endlich erfolgt dabei ebenfalls eine Kombination von Qualitätsattributen, wie dem Ge­schmack, mit Qualitätssignalen, wie der Marke, weshalb nachfolgend der Prozess unter Einbeziehung von Qualitätssignalen erläutert wird (Nelson 1970, S. 312).

Zu diesem Vorgang existieren zwei unterschiedliche Ansichten. Einerseits besteht die Meinung, dass ausschließlich extrinsische Qualitätssignale genutzt werden, um daraus Qualitätsattribute abzuleiten, da diese allgemeiner und auf verschiedene Produkte an­gewendet werden können sowie leichter zugänglich sind. Andererseits wird argumen­tiert, dass intrinsische Qualitätssignale für den Konsumenten vor Allem für eine indivi­duelle Produktbeurteilung wichtiger sind, da sie produktspezifische Eigenschaften dar­stellen. Zudem besteht die Variante der Nutzung beider Arten, welche bei der folgenden Erläuterung des Prozesses der Qualitätswahrnehmung vorgestellt wird. Allgemein kann gesagt werden, dass extrinsische Qualitätssignale zur Bewertung herangezogen werden, wenn die objektive Qualität schwer beurteilbar ist oder das Wissen über intrinsische Qualitätssignale fehlt (Lee/Lou 1996, S. 21-22). Weiterhin werden intrinsische Quali­tätssignale bevorzugt für Gebrauchsgegenstände, beispielsweise Werkzeuge, und extrin- sische Signale für Image-Produkte, beispielsweise Kleidung, genutzt (Steenkamp 1990, S. 326).

Bei der Umwandlung von Qualitätssignalen in Qualitätsattribute werden nach Steen­kamp (1990) drei Möglichkeiten unterschieden, welche als deskriptive, informative und schlussfolgernde Meinungsbildung bezeichnet sind. Die deskriptive Meinungsbildung erfolgt durch eine direkte Beobachtung des Produkts, beispielsweise der Testfahrt mit einem Auto, wobei sofort Qualitätsattribute bewertet werden können. Dabei besteht das Problem, dass Konsumenten eine geringe Motivation für einen Test aufweisen oder nach dem Test nicht vollständig zufriedengestellt sind, da sie ihre Meinung durch Ex­perten festigen wollen. Aufgrund dieser Ungewissheit wird diese Art der Meinungsbil­dung selten oder in Kombination mit einer anderen Art genutzt (Steenkamp 1990, S. 318).

Bei der informativen Meinungsbildung werden externe Informationen, wie die Beurtei­lung der Leistung eines Fernsehers durch Freunde oder Fachmagazine, genutzt. Der Konsument muss anschließend entscheiden, ob er den Meinungen vertraut oder nicht, wobei die Akzeptanz von der Beziehung zwischen dem Informationslieferant und dem Konsumenten abhängt. Durch diesen Vorgang kann ein externes Qualitätssignal direkt in ein Qualitätsattribut umgewandelt werden (Steenkamp 1990, S. 318-319).

Die schlussfolgernde Meinungsbildung erfolgt durch die Überführung eines Qualitäts­signals auf ein Qualitätsattribut auf Basis von bereits gemachten Erfahrungen oder durch die Nutzung von Informationen aus der Umwelt. Beispiele sind die Übertragung des Siegels „Made in Germany“ auf eine hohe Zuverlässigkeit oder die Annahme, dass ein hoher Preis allgemein eine hohe Qualität des Produkts voraussetzt (Steenkamp 1990, S. 319).

Während der Meinungsbildung wird nicht nur ein Qualitätssignal in ein Qualitätsattribut umgewandelt, sondern es kann zu einer Kombination von Qualitätssignalen kommen. Beispielsweise wird von dem Herstellungsland, dem Preis und den physischen Eigen­schaften des Produkts auf die Leistung und Haltbarkeit geschlossen. Dadurch will der Konsument seine Meinung festigen und Fehlinterpretationen vermeiden, da einzelne Qualitätssignale lediglich Ansätze zur Interpretation eines Attributs liefern. Zudem kann von einem Qualitätssignal auf mehrere Qualitätsattribute geschlossen werden, bei­spielsweise vom Markenname auf die Haltbarkeit und den Geschmack (Jun/Jolibert 1983, S. 268-271).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Das Lens Modell am Beispiel des Fettgehalts von Fleisch (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dudycha/Naylor 1966, S. 111)

Der Zusammenhang zwischen Qualitätssignalen und -attributen kann durch das Lens Modell verdeutlicht werden, welches vereinfacht in Abbildung 1 am Beispiel des Fett­gehalts von Fleisch, mit frei erdachten Werten, dargestellt ist. Dieses Modell zeigt, wie der Konsument durch die Nutzung mehrerer Qualitätssignale (Xi, ..., Xk) versucht auf die wahre Beschaffenheit eines Qualitätsattributs zu schließen. Dies ist nicht vollständig möglich, da die Korrelation zwischen dem Qualitätssignal und dem wahren Wert des Qualitätsattributs (rie) sowie die Korrelation zwischen dem Qualitätssignal und dem wahrgenommenen Wert (ris) aufgrund der Aussagekraft des Signals und der persönli­chen Interpretationsfähigkeit des Konsumenten unter Eins liegen. Der sogenannte Er­folgsindex (ra), welcher die Genauigkeit der Schlussfolgerung erklärt, setzt sich aus den vorherigen Korrelationskoeffizienten (rie, ris) der Qualitätsattribute zusammen. Der Zu­sammenhang zwischen den Qualitätssignalen (rj ist ein weiterer Faktor, welcher die Nutzung und Auswahl mehrerer Signale beeinflusst (Steenkamp 1990, S. 320-321).

Wie bereits erklärt, werden Konsumenten selten den Prozess der deskriptiven Mei­nungsbildung durchlaufen. Somit bleiben ihnen die Möglichkeiten der informativen und schlussfolgernden Meinungsbildung zur Qualitätsbeurteilung. Da externe Informationen nicht vollständig vertrauenswürdig sind, wird der Konsument zunächst die schlussfol­gernde Meinungsbildung nutzen. Hierbei muss angemerkt werden, dass sich beide Ar­ten gegenseitig beeinflussen und keine eindeutige Abgrenzung möglich ist. Beispiels­weise kann von externen Informationen, wie der Menge an Eiweiß in Geflügelproduk­ten, auf den Nährwert eines Gerichts geschlossen werden, was eine Kombination beider Arten der Meinungsbildung darstellt. Zudem kann angenommen werden, dass die in­formative Meinungsbildung, bei einer Anwendung, bevorzugt für Vertrauensqualitäten genutzt wird, da diese durch den Konsum schwierig zu beurteilen und Zusammenhänge schwer erlernbar sind. Da informative Qualitätssignale zu bestimmten Produkten jedoch oftmals nicht zur Verfügung stehen, wird unterstellt, dass Konsumenten für Vertrauens­qualitäten ebenfalls die schlussfolgernde Meinungsbildung nutzen (Steenkamp 1990, S. 322). In einer Studie von 1977 wurde beispielsweise ermittelt, dass Konsumenten den Nährwert von Brot, welcher eine Vertrauensqualität darstellt, durch die Analyse der Farbe schlussfolgern, anstatt Nährwertinformationen zu nutzen (Peterson 1977, S. 63).

Nachdem die verschiedenen Arten von Qualitätssignalen und -attributen, sowie deren Zusammenhang erläutert wurden, soll der Prozess der Qualitätswahrnehmung charakte­risiert werden, welcher in Abbildung 2 zu sehen ist. Das Modell zeigt den Prozess der Meinungsbildung bezüglich der Qualität eines Gutes während der Kaufentscheidung. Dabei werden verschiedene Qualitätssignale auf Qualitätsattribute übertragen, welche im Zusammenspiel die Qualitätswahrnehmung des Konsumenten definieren. Zudem wird zwischen den bereits erläuterten intrinsischen und extrinsischen Qualitätssignalen sowie den Erfahrungs- und Vertrauensqualitäten unterschieden. Der Prozess verteilt sich über die drei Abschnitte der „Erfassung von Qualitätssignalen und Kategorisie- rung“, der anschließenden „Meinungsbildung durch Überführung in Qualitätsattribute“ und der „Zusammenführung der Meinungen über Qualitätsattribute“ zur letztendlichen Qualitätswahrnehmung. Diese sind durch persönliche und situationsbezogene Faktoren geprägt, welche zu Beginn dieses Unterkapitels erläutert wurden (Steenkamp 1990, S. 323-324).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Modell des Qualitätswahrnehmungsprozesses (Quelle: Steenkamp 1990, S. 323)

Während der „Erfassung von Qualitätssignalen und Kategorisierung“ nimmt der Kon­sument aufgrund seines begrenzten Wahrnehmungsvermögens einen Teil der ihm prä­sentierten Qualitätssignale auf und ordnet diese nach ihrer Bedeutung. Dieser Vorgang ist abhängig von der Fähigkeit des Konsumenten Qualitätssignale richtig zu deuten und beeinflusst die weitere Erfassung von Qualitätssignalen, da sich im Laufe dieses Teil­prozesses das Wissen des Konsumenten weiterentwickelt. Zudem hängt die Kategorisie- rung, neben dem vorherigen Wissen, von den Informationen des Signals und weiteren Informationen aus der Umgebung ab. Beispielsweise wird die Farbe einer Hose abhän­gig von ihrer Intensität und anderen vergleichbaren Hosen während der Kaufentschei­dung bewertet. Weiterhin kann angenommen werden, dass Qualitätssignale, welche einer bekannten Art und folglich Bedeutung zugeordnet werden können, bevorzugt An­wendung finden. Fällt dem Konsumenten die Zuordnung schwer, wird das Qualitätssig­nal ignoriert und auf Ersatzsignale ausgewichen. In der folgenden Phase der „Mei­nungsbildung durch Überführung in Qualitätsattribute“ werden gefundenen Qualitäts­signale umgewandelt, was wie bereits erläutert vor Allem durch die schlussfolgernde Meinungsbildung geschieht. Dabei werden, wie im Lens Modell gezeigt, mehrere Qua­litätssignale kombiniert, um sich der wahren Beschaffenheit eines Qualitätsattributs anzunähern, wobei ein Qualitätssignal auf verschieden Qualitätsattribute unterschiedli­che Auswirkungen haben kann. Die letzte Phase umfasst die „Zusammenführung der Meinungen über Qualitätsattribute“ zur letztendlichen Qualitätswahrnehmung. Die Be­wertung und Relevanz eines Qualitätsattributs hängt dabei von dem zu erzielenden Konsumzweck des Konsumenten ab. Dies kann am Beispiel von Kaffee erklärt werden.

Soll dieser den Konsumenten wach halten, wird der Koffeingehalt für diesen relevant sein. Soll er ein Wohlbefinden erzeugen, wird der Geruch eine größere Relevanz besit­zen. Zudem wird diese Phase stark von persönlichen und situativen Faktoren beein­flusst. Ist sich der Konsument bei der Bewertung unsicher oder ist die Auswahl an Pro­dukten groß, wird er mehrere Attribute zusammenführen, um eine Entscheidung zu tref­fen (Steenkamp 1990, S. 324-325). Ist dagegen der Zeitdruck hoch, wird er wenige At­tribute für die Qualitätsbewertung nutzen (Wright/Weitz 1977, S. 438).

Sobald dieser Prozess durchlaufen ist, hat sich der Konsument eine Meinung über die Qualität des Produkts gebildet. Das entwickelte Modell kann für verschiedene Produkte und Kaufsituationen universell angewendet werden. Dabei unterscheiden sich bei­spielsweise die Anzahl an genutzten Qualitätssignalen und die eingesetzte Zeit zur Mei­nungsbildung (Steenkamp 1990, S. 325-326).

2.4 Der Unterschied zwischen wahrgenommener und erwarteter Qualität

Ein Problem für Unternehmen bezüglich der Dienstleistungs- und Produktqualität be­steht in dem Unterschied zwischen der Qualität, die ein Produkt entsprechend der Un­ternehmensspezifikationen besitzt, und der Qualität, welche aus Kundensicht erwartet wird. Ein weiterer Unterschied besteht zwischen der erwarteten und wahrgenommenen Qualität des Kunden (Parasuraman 1985, S. 44-46). Da eine Differenz zwischen Erwar­tung und Qualitätswahrnehmung die Qualitätsbewertung und somit die Kaufentschei­dung beeinflusst, sollten Unternehmen dies als Maßstab zur Verbesserung ihrer Produk­te nutzen. Ziel sollte es sein diese Diskrepanz zu minimieren, was einerseits durch eine entsprechende Produktentwicklung und andererseits durch eine ausführliche Marktfor­schung möglich ist (Hermann et al. 2000, S. 77). Um sich zudem von anderen Unter­nehmen abzuheben und eine hohe Qualitätseinschätzung durch den Kunden zu errei­chen, muss die wahrgenommene Qualität die erwartete übersteigen (Reeves/Bednar 1994, S. 434).

Im Bereich der Kundenzufriedenheitsforschung ist dieser Zusammenhang als Confirma- tion/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) bekannt, wobei der Kunde die wahr­genommene Leistung mit der erwarteten Leistung vergleicht. Übertrifft die Wahrneh­mung die Erwartung wird von einer positiven Disconfirmation und umgekehrt von einer negativen Disconfirmation gesprochen. Dementsprechend stellt sich eine zufriedene
oder unzufriedene Haltung beim Kunden ein. Entspricht die wahrgenommene der er­warteten Leistung, liegt eine Confirmation vor, welche zu einer neutralen Haltung führt. Der vorgestellte Zusammenhang des C/D-Paradigma ist in Abbildung 3 mit Faktoren, welche die Wahrnehmung und Erwartung beeinflussen, dargestellt (Chur­chill/Surprenant 1982, S. 492-493).

-funktionale Qualität
- technische Qualität
- Such-, Erfahrungs­Vertrauensqualitäten

wahrgenommene Leistung (P)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

vergleich

Abbildung 3: Das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (Quelle: Hill 1986, S. 311)

Da Qualität als eine durch ein Unternehmen gelieferte Leistung betrachtet werden kann, wird deutlich, dass zwischen Kundenzufriedenheit und Qualität ein Zusammenhang besteht (Scharnbach/Kiefer 1998, S. 13). Dieser Zusammenhang wird besonders im Total-Quality-Management (TQM) - Prinzip deutlich, welches die Erreichung von Kundenzufriedenheit durch eine konsequente Ausrichtung der Unternehmenstätigkeit am Kunden zum Ziel hat (Scharnbach/Kiefer 1998, S. 46). Untersuchungen haben ge­zeigt, dass die Kundenzufriedenheit durch die Qualitätswahrnehmung beeinflusst wird, indem beispielsweise eine positive Qualitätswahrnehmung eine positive Kundenzufrie­denheit erzeugt, weshalb das C/D-Paradigma auf Modelle zur Bestimmung der Quali­tätswahrnehmung übertragen werden kann (Yu et al. 2005, S. 218).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Das Qualitätsmodell und seine fünf Qualitätslücken (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Parasuraman et al. 1985, S. 44)

Parasuraman et al. entwickelten hierzu 1985 den Begriff der Qualitätslücke (engl.: gap), welche eine Diskrepanz zwischen der Qualitätsspezifikation durch das Unternehmen und der Qualitätsbeurteilung durch den Kunden darstellt und erläutern in ihrer Studie fünf verschiedene Arten, welche bei Dienstleistungen auftreten können. Abbildung 4 zeigt eine verallgemeinerte Abwandlung des Modells der Dienstleistungsqualität mit den unterschiedlichen Qualitätslücken, welche als Gap 1 bis 5 bezeichnet sind. Auf eine konkrete Erläuterung aller Qualitätslücken wird im Folgenden verzichtet, da lediglich Gap 1 und 5 in direktem Zusammenhang mit dem Kunden stehen und in den analysier­ten Studien in Kapitel 3.2 zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung genutzt werden. Die ersten vier Qualitätslücken stellen unternehmensinterne und die letzte Qualitätslü­cke kundenseitige Probleme dar. Für die Analyse von Gap 5 wird das zuvor vorgestellte C/D-Paradigma genutzt. Wie einleitend erklärt, hat der Unterschied zwischen kunden­seitig erwarteter und wahrgenommener Qualität einen direkten Einfluss auf die Kauf­entscheidung und Bewertung der Qualität. Daher sollten sich Unternehmen auf die Op­timierung von Gap 5 konzentrieren. Zudem stellt Gap 1 einen weiteren wichtigen An­satz zur kundenorientierten Qualitätsgestaltung dar, indem die unternehmensintern spe­zifizierte Qualität an die durch das Unternehmen erfasste, kundenseitig erwartete Quali­tät, angepasst wird. Die Untersuchungen von Parasuraman et al. (1985) haben gezeigt, dass Unternehmen oft die wichtigsten Eigenschaften kennen, welche den Kunden zu­friedenstellen, jedoch nicht den Grad der Ausprägung der Eigenschaften. Weiterhin wird angenommen, dass die unternehmensinternen Qualitätslücken einen Einfluss auf die kundenseitige Qualitätslücke haben, da sie aus einer Analyse der durch den Kunden geforderten Qualität resultieren und die mögliche wahrgenommene Qualität beeinflus­sen. Weist das Gap 5 einen negativen Wert auf, d.h. die Erwartung übersteigen die Wahrnehmung, kann das Unternehmen schlussfolgern, dass eine oder mehrere interne Qualitätslücken optimiert werden müssen (Parasuraman et al. 1985, S. 44-46).

Hierbei muss angemerkt werden, dass das Konzept der Bestimmung der Qualitätslücke in der Forschung kritisiert wird und es Studien zur reinen Bestimmung der Qualitäts­wahrnehmung gibt. Beispielsweise entwickeln Cronin und Taylor (1992) in ihrer Studie die sogenannte SERVPERF-Skala, welche die Wahrnehmung der Kunden unabhängig von der Erwartung untersucht und kritisieren gleichzeitig den theoretischen Hintergrund der SERVQUAL-Skala (Cronin/Taylor 1992, S. 55-56). Zudem entscheiden sich Scharnbacher und Kiefer (1999) für die direkte Messung der Kundenzufriedenheit, ob­wohl die Zufriedenheitsforschung auf Grundlage des C/D-Paradigmas basiert,. Einen wesentlichen Vorteil sehen sie in dem geringeren Aufwand während der Datenerhebung (Scharnbacher/Kiefer 1998, S. 70). Entgegen dieser Kritik hat sich das Prinzip der Un­tersuchung der Qualitätslücke in der praktischen Anwendung im Bereich von Dienst­leistungen durchgesetzt (Coulthard 2004, S. 491). Jedoch kann angenommen werden, dass Kunden bei einer Befragung, hinsichtlich ihrer Qualitätswahrnehmung, intuitiv einen Vergleich zwischen Erwartung und Wahrnehmung vornehmen (Llosa et al. 1998, S 19). Zudem hat der Bezug zur Messung der Erwartung und Wahrnehmung in der Zufriedenheitsforschung nachgelassen, da die direkte Bestimmung der Zufriedenheit als eine validere Methode angesehen wird (Fürst 2012, S. 129).

3 Modelle zur Bestimmung der Qualitätswahrnehmung 3.1 Unterscheidung von Qualitätsmessmethoden

Nachdem der theoretische Hintergrund zur Qualitätswahrnehmung erläutert wurde, soll im folgenden Kapitel eine Unterteilung von Methoden vorgestellt werden, welche sich mit der Bestimmung der Qualitätswahrnehmung beschäftigen. Neben bekannten Ver­fahren zur Messung der Qualität, beispielsweise der statistische Prozesskontrolle oder Fehlerkostenanalysen, wurden Verfahren zur Bestimmung der subjektiven Qualitäts­wahrnehmung entwickelt (Hentschel 2000, S. 296). Subjektiv bedeutet in diesem Fall, dass die Qualitätsbeurteilung von der Wahrnehmung des Kunden und seinen Anforde­rungen abhängt (Garvin 1984, S. 27). Hierzu muss angemerkt werden, dass diese Ver­fahren in der Literatur vorzugsweise zur Messung der subjektiven Kundenzufriedenheit oder Dienstleistungsqualität genutzt werden (siehe u.a. Bruhn 2011, Hentschel 2000, Pepels 2003, Scharnbacher/Kiefer 1998).

tests . Mu Iti attributive «Sequenzielle · Problem Detecting- Statistical Process Betriebliches

Verfahren Ereignismethode Methode Control Vorschlagswesen

- Dekompositionelle (Blueprinting) · Frequenz-Relevanze Poka-Yoke-Verfahren

Verfahren (z.B. · Critical Incident- Analyse für Probleme

Vignette-Methode) Technik (FRAP)

- Willingness-to-Pay- · Critical Path-Analyse · Beschwerdeanalyse

Ansatz · Root Cause-Analyse Ansatz

- Penalty-Reward- · Analyse von

Faktoren-Ansatz/ Kunden-zu-Kunden

Kano-Methode Kommunikation im

Internet (Web 2 0)

Abbildung 5: Ansätze zur Messung der Dienstleistungsqualität (Quelle: Bruhn 2011, S. 140)

Abbildung 5 zeigt eine mögliche Unterteilung von Methoden zur Bestimmung der Dienstleistungsqualität in unternehmens- und kundenorientierte Verfahren. Zudem wird im Kundenbereich zwischen subjektiven und objektiven Ansätzen unterschieden. Ob­jektive Verfahren versuchen homogene Beurteilungen eines Dienstleistungsprozess zu gewinnen, um diese als allgemeingültig und damit objektive zu deuten. Ein Problem dieser Verfahren ist die Verzerrung der Ergebnisse durch die Integration von Experten

(Bruhn 2011, S. 140-142). Subjektive Verfahren sind auf die Beurteilung durch einen einzelnen Kunden ausgerichtet und werden in merkmals-, ereignis- und problemorien­tierte Ansätze unterschieden (Bruhn 2011, S. 146). Kundenorientierte Ansätze können ebenfalls in differenziert und undifferenziert unterteilt werden. Differenzierte Verfahren geben einen genaueren Aufschluss über die Bewertung der Qualität, da sie einzelne Teilaspekte separat untersuchen und eignen sich für produktspezifische Analysen. Un­differenzierte Verfahren bestimmen die Gesamtqualität ohne eine Unterteilung vorzu­nehmen (Hentschel 2000, S. 295).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Das Produkt/Dienstleistungs-Kontinuum (Quelle: Rushton/Carson 1989, S. 31)

Im Dienstleistungsbereich werden bevorzugt subjektive Verfahren eingesetzt. Hinter­grund ist das Problem der Bewertbarkeit der Dienstleistungs- im Gegensatz zur Pro­duktqualität, wie in Abbildung 6 dargestellt. Da Dienstleistungen von immateriellen Komponenten abhängen, beispielsweise der Höflichkeit des Personals, und ihr Nutzen im Gegensatz zum Gebrauch von Produkten stärker schwankt, ist eine objektive Bewer­tung durch einen einzelnen Kunden schwierig (Walker 1995, S. 5). Daraus kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die Bestimmung der Produktqualität durch objekti­ve Verfahren ausreicht. Da Qualität allgemein, aufgrund von heterogenen Bedürfnissen der Kunden, einen subjektiven Charakter aufweist, sollten Unternehmen entsprechende Methoden ebenfalls für Produkte anwenden (Pepels 2003, S. 42).

Als mögliche Ansätze zur Bestimmung der subjektiven, kundenseitigen Qualitätswahr­nehmung können merkmals-, ereignis- und problemorientierte Verfahren genutzt wer­den. Problemorientierte Ansätze sind auf negative Aspekte ausgerichtet und vernachläs­sigen positive Qualitätserlebnisse. Merkmals- und ereignisorientierte Verfahren bieten dagegen eine umfassendere Bewertung der Qualitätswahrnehmung (Pepels 2003, S. 68). Jedoch sind ereignisorientierte Ansätze auf die Interaktion zwischen Kunden und Ver­käufern ausgerichtet und nicht für Produktbewertungen anwendbar (Pepels 2003, S. 44). Merkmalsorientierte Ansätze dienen zur wertmäßigen Erfassung der wahrgenommenen Qualität und sind durch differenzierte Bewertungen von Teilleistungen geprägt, welche anschließend auf die Gesamtleistung übertragen werden können. Um eine Bewertung mit diesem Ansatz zu ermöglichen, müssen zunächst Qualitätsmerkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung durch Voruntersuchungen erfasst werden (Bruhn 2011, S. 146-147). Aufgrund der eingeschränkten Nutzung von problem- und ereignisorientier­ten Ansätzen, werden in dieser Arbeit Studien aus der Gruppe der merkmalsorientierten und insbesondere der überwiegend angewendeten multiattributiven Verfahren vorge­stellt, welche einen Ansatz für Produkte und Dienstleistungen bieten (Hentschel 2000, S. 291).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7 : Unterteilung von multiattributiven Messansätzen (Quelle: in Anlehnung an Hentschel 2000, S. 298)

Wie in Abbildung 7 dargestellt, können multiattributive Verfahren in einstellungs- und zufriedenheitsorientiert unterteilt werden. Einstellungsorientierte Verfahren beruhen auf der Hypothese, dass Kunden ihre Qualitätswahrnehmung langfristig speichern. Zufriedenheitsorientierte Verfahren beziehen sich auf das in Kapitel 2.4 vorgestellte C/D-Paradigma. Zudem kann die Wahrnehmung direkt oder durch den Vergleich mit Idealvorstellungen bzw. Erwartungen bestimmt werden. Innerhalb dieser Unterschei­dung besteht im Rahmen des Zweikomponentenansatzes die Möglichkeit zusätzlich die

[...]

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Modelle zur Bestimmung kundenseitiger Qualitätswahrnehmung
Hochschule
Brandenburgische Technische Universität Cottbus  (Lehrstuhl für Qualitätsmanagement)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
90
Katalognummer
V294085
ISBN (eBook)
9783656918332
ISBN (Buch)
9783656918349
Dateigröße
9349 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qualitätsmanagement, Qualitätswahrnehmung, Kundenanforderungen, Kundenzufriedenheit, Bewertungsmodell
Arbeit zitieren
Martin Richter (Autor:in), 2012, Modelle zur Bestimmung kundenseitiger Qualitätswahrnehmung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294085

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