Die Lösung des Induktionsproblems


Seminararbeit, 2014

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Induktion

3. Induktionsproblem

4. Alternative Lösungen
4.1 Karl Popper
4.2 Rudolf Carnap
4.3 Peter Strawson

5. Kritik und Diskussion

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Unser Universum verhält sich inflationär. Nach dem Urknall hat es „kurzzeitig die gängigen Gesetze der Physik ausgetrickst und sich schlagartig ausgedehnt“ (Illinger 2014). So lautet die Theorie, für die Astrophysiker aus Harvard bei Experimenten auf dem Südpol Nachweise in der kosmischen Hintergrundstrahlung gefunden haben wollen (Harvard-Smithonian Center for Astrophysics: 2014).

Reicht ein Experiment aus, um eine Theorie über die Entstehung unseres gesamten Universums für wahr zu erklären? Den Urknall kann man sicherlich nicht wiederholen und jede Theorie darüber kann nur eine Vermutung sein, gestützt durch Experimente, Beobachtungen und Erfahrungen. Nicht nur in der Astrophysik ziehen wir unsere Schlussfolgerungen über Dinge, die wir noch nicht kennen oder die in der Zukunft liegen, auf der Basis unserer Erfahrungen.

Der erste, von dem bekannt ist, dass er diese Art des Erkenntnisgewinns überdacht hat, war Aristoteles (Essler 1970: 13). Lange vor dem Entdecken kosmischer Strahlung hat er erkannt, dass der gesamten Wissenschaft Prinzipien zu Grunde liegen, die als gültig angenommen werden und Basis für den Beweis anderer Sätze sind. Diese Prinzipien werden durch Induktion gewonnen. Einzelaussagen werden hierbei zu einer Allaussage verdichtet. Wieso wir darauf vertrauen und wie viele Aussagen benötigt werden, um allgemeine Sätze zu formulieren, darauf konnte Aristoteles keine Antwort geben (Essler 1970: 14f.).

Prominent aufgegriffen wurde dieses Problem wieder durch den schottischen Philosophen David Hume in seinen Werken „Ein Traktat über die menschliche Natur“ (1739) und „Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes“ (1748). Ausschlaggebend für seine Überlegungen waren die von Newton aufgestellten Bewegungsgesetze, die die gleichbleibenden Bewegungsabläufe der Erde, der Sonne und des Mondes postulierte (Salmon 1999: 745).

Doch nicht nur, wenn es um den Kosmos geht, muss die Gültigkeit allgemeiner Aussagen hinterfragt werden. Immer, wenn sich in der Wissenschaft auf Theorien berufen wird, muss diese auch rechtfertigt werden. Auch in der Politikwissenschaft hat man das Ziel auf Grund von Einzelfällen auf allgemeine Aussagen schließen zu können, um etwa Prognosen für die Zukunft zu treffen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem von Hume aufgeworfenen Induktionsproblem und stellt die Frage, ob dieses gelöst werden konnte. Dazu wird zuerst das Prinzip der induktiven Logik und das Induktionsproblem beschrieben, bevor die Lösungsansätze von Karl Popper, Rudolf Carnap und Peter Strawson vorgestellt und anschließend kritisch diskutiert werden. Am Ende soll die Frage beantwortet sein, ob eine der vorgestellten Ansätze das Induktionsproblem lösen konnte.

2. Induktion

Bevor das Problem der Induktion und mögliche Lösungen betrachtet werden können, soll im folgenden die induktive Logik beschrieben werden. Induktives Denken begründet darauf, dass aus Einzelaussagen allgemeine Aussagen gewonnen werden können, die Grundlage jeder wissenschaftlichen Erkenntnis sind (Chalmers 2007: 37). Ein induktives Argument wird durch die Einzelaussagen, oder auch besondere Sätze wie Beobachtungen oder Experimente (Popper 2005: 3), getragen (Strawson 1977: 237). Der Schluss von den besonderen Sätzen auf das induktive Argument ist jedoch nicht zwingend. Damit steht die Induktion im Gegensatz zur Deduktion. Hier folgt die Konklusion logisch auf die gegebenen Prämissen und konserviert somit den Wahrheitsgehalt der Voraussetzungen. Das heißt, dass eine aus wahren Prämissen logisch hergeleitete Konklusion ebenfalls wahr ist (Opp 2005: 169).

Ein induktives Argument hingegen ist nicht unbedingt wahr, auch wenn ihr Wahrheitsgehalt durch die Prämissen unterstützt wird. Auf der Grundlage von Induktion wird zwar häufig geschlossen, dass das, was in bekannten Fällen als wahr befunden wurde auch für zukünftige Fälle unter den gleichen Umständen angenommen werden soll (Hollis 1994: 45), doch herrscht Einigkeit darüber, dass man dabei nicht von einer absoluten, sondern höchstens von einer wahrscheinlichen Wahrheit ausgehen kann (Hawthorne 2012). Carnap (1968: 259) spricht daher bei Induktion auch von dem „induktiven Konzept der Wahrscheinlichkeit“ mit dem er die Stärke der Unterstützung einer Hypothese durch die vorliegenden Beweise beschreibt (Carnap 1955: 2).

3. Induktionsproblem

Aus dem oben genannten ergibt sich das Induktionsproblem, das durch die Publikationen David Humes besondere Aufmerksamkeit erhielt. Hume hielt fest, dass all unsere Schlussfolgerungen auf unseren Erfahrungen beruhen und wir somit von der Uniformität der Natur ausgehen. Wir verknüpfen hier nach verschiedene Ereignisse miteinander, bestimmen eines als Ursache und ein anderes als Wirkung und gehen davon aus, dass die eine Ursache immer wieder zur gleichen Wirkung führt (Hume 1982: 43). Doch empfindet Hume diese Verknüpfung als völlig willkürlich (Hume 1982: 47) und fragt in diesem Zuge nach einer Rechtfertigung für die induktive Logik (Hume 1982: 51). Er untersucht verschiedene Wege, wie diese Logik begründet werden könnte und unterscheidet dabei zwei verschiedene Arten von Urteilen, die durch Begründungen getroffen werden. Die erste Art ist die beweisende, die sich auf Vorstellungsrelationen bezieht. Die zweite Art sind moralisch gewisse Urteile, „die Tatsache und Existenz betreffen“ (Hume 1982: 53). Ein beweisendes Urteil über die induktive Logik ließe sich nur fällen, wenn ein Beweisgrund für oder aber auch gegen die Uniformität der Natur bestände. Einen solchen Beweis gibt es jedoch nicht, „denn es liegt kein Widerspruch darin, daß [sic!] sich der Lauf der Natur ändern und daß [sic!] ein Gegenstand augenscheinlich, ähnlich den von uns erfahrenen, andere oder gegensätzliche Wirkungen im Gefolge haben kann“ (Hume 1982: 53). Ein Beweisgrund für die Uniformität liegt somit ebenso wenig vor, wie ein Anhaltspunkt gegen diese. Auch ein moralisch gewisses Urteil kann hier nicht überzeugen, denn die Tatsache, dass sich bestimmte Vorgänge bisher gleichförmig verhalten haben, kann nicht zu dem Urteil der generellen Uniformität der Natur führen. Hierbei würde man zur Rechtfertigung der Induktion selbst induktiv vorgehen (Hume 1982: 54).

Durch Vernunft lässt sich der Schluss von Erfahrungen auf allgemeine Sätze somit nicht erklären. Der Grund dafür, dass wir von gleichen Ursachen die gleichen Wirkungen erwarten ist allein der Gewohnheit zuzuschreiben, die das Verbindungsstück zwischen den zwei Ereignissen darstellt (Hume 1982: 65). Die Schlussfolgerung durch die Gewohnheit ist ein instinktiver Prozess, der nicht durch die Vernunft gelenkt werden kann1 (Hume 1982: 67). Mit dieser Aussage gibt Hume an, dass das Induktionsproblem durch den Verstand nicht zu lösen sei und fordert gleichzeitig die Forschung dazu auf, nach weiteren Lösungen zu suchen.

4. Alternative Lösungen

Viele Gelehrte sind der Aufforderung Humes gefolgt und beschäftigten sich weiter mit der Frage, wie durch Induktion gezogene Schlüsse gerechtfertigt werden können.

David Hume hat jedoch Regeln aufgestellt, die für die Zuordnung von Ursache und Wirkung gelten sollen. In diesem Maße kann die Vernunft also doch die Natur der Gewohnheit steuern (Hume 2007: 116f.).

Im folgenden werden drei verschiedene Strömungen innerhalb der Forschung exemplarisch an einzelnen Vertretern dargestellt. Die Theorien von Karl Popper, Rudolf Carnap und Peter Strawson vertreten drei ganz unterschiedliche Ansätze, die andeuten aus wie vielen Blickpunkten man das Induktionsproblem betrachten kann. Aus diesem Grund sollen sie hier stellvertretend für eine Vielzahl weiterer Theorien stehen, die sich innerhalb des Spektrums wiederfinden.

4.1 Karl Popper

Popper stellt unter den hier vorgestellten Philosophen einen Ausnahmefall dar. Er nimmt das Induktionsproblem an, spricht sich jedoch gegen die induktive Logik an sich als Charakteristikum der Wissenschaft aus (Popper 2005: 3). Die Ablehnung des Induktionsprinzips wird mit einer fehlenden Rechtfertigung begründet. Eine rein empirische Auffassung scheitert daran, dass in diesem Fall die Induktion zur Rechtfertigung der selben verwendet würde (Popper 2005: 5). Die Induktion als Wahrscheinlichkeitsangabe funktioniert nach Popper (2005: 6) ebenso wenig, da dass Problem nur umformuliert, jedoch nicht gelöst würde. Mit der Angabe einer Wahrscheinlichkeit werden den induktiven Schlüssen zwar keine allgemeine Gültigkeit mehr zugeschrieben, aber auch hier müsste die Induktion zur eigenen Rechtfertigung herangezogen werden oder als a priori für gültig befunden werden (Popper 2005: 6).

Popper stellt die „Lehre von der deduktiven Methode der Nachprüfung“ als Gegenmodell zur induktiven Logik auf. In diesem Modell steht zu Beginn ein theoretisches System, eine bis dahin unbegründete Hypothese, aus dem auf logisch- deduktive Weise Folgerungen abgeleitet werden. Diese Folgerungen werden wiederum vier verschiedenen Prüfungen unterzogen, um die Tauglichkeit der Theorie zu testen. Zur Überprüfung der inneren Widerspruchslosigkeit der Theorie werden die aus ihr abgeleiteten Folgerungen untereinander verglichen, der empirisch-wissenschaftliche Charakter einer Theorie wird an ihrer logische Form gemessen und zusätzlich muss sie im Vergleich zu anderen Theorien die Wissenschaft voran bringen (Popper 2005: 8). Die wichtigste Prüfung liegt in der praktischen Anwendung der Folgerungen, denn nur durch diese kann die Bewährung der Theorie in der Praxis festgestellt werden (Popper 2005: 9). Anhand der empirischen Anwendung wird eine Theorie entweder „verifiziert“ oder „falsifiziert“. Eine Verifizierung bedeutet, dass die empirische Evidenz für die aufgestellte Theorie spricht und sich diese auf den Erfahrungen und Experimenten stützen kann. Dies gilt jedoch nur vorläufig bis zur Falsifikation und der darauf folgenden Verwerfung der Theorie, die nie ausgeschlossen werden kann. Aus diesem Grund kann nach dem von Popper entworfenem Modell auch nie von einer „wahren“ oder „wahrscheinlichen“ Theorie gesprochen werden, auch wenn sie bis dato nicht falsifiziert wurde. Jede Aussage, die den bisherigen Erfahrungen, Beobachtungen und Experimenten standgehalten hat, wird lediglich als vorläufig „bewährt“ bezeichnet (Popper 2005: 9). Damit stellt Popper gleichzeitig die Forderung, dass eine Theorie und die daraus abgeleiteten Folgerungen auch falsifizierbar sein müssen (Popper 2005: 17). Eine Aussage, die nicht durch entsprechende Experimente oder Beobachtungen verworfen werden kann, entspricht nicht den Standards der empirischen Wissenschaft, die Popper fordert (Popper 2005: 17). Mit dem Fokus auf der Falsifikation steht Popper in Opposition zu den Vertretern des Positivismus, die als Abgrenzungskriterium der empirischen Wissenschaft gegenüber der Metaphysik die Verifizierbarkeit von Aussagen einsetzen (Popper 2005: 11). Der Positivismus sagt aus, dass wissenschaftliche Sätze solche sind, die sich auf Erfahrungssätze zurückführen lassen und schließt damit nicht nur die Metaphysik, sondern auch die Naturwissenschaften aus (Popper 2005: 12). Die von Popper entwickelte Theorie der Falsifikation hingegen fordert nicht die Erfahrbarkeit der wissenschaftlichen Sätze, sondern deren Überprüfbarkeit (Popper 2005: 17).

Mit diesem Modell löst Popper zwar nicht das Problem der Induktion, denn er verwirft dieses Konzept völlig, doch stellt er ein Gegenkonzept zur empirischen Wissenschaft auf, welches das Induktionsproblem umgeht.

4.2 Rudolf Carnap

Carnap vertritt einen wahrscheinlichen Induktionsbegriff oder anders gesagt den Begriff der induktiven Wahrscheinlichkeit. Die Rolle der Induktion sieht Carnap darin, dass die Unterstützung einer vorliegenden Hypothese durch Erfahrungssätze bemessen werden kann (Carnap/Stegmüller 1959: 80).

Er geht dabei von einem induktiven Wahrscheinlichkeitsbegriff aus2, der von der statistischen Wahrscheinlichkeit zu unterscheiden ist (Carnap/Stegmüller 1959: 2f.). Statistische Wahrscheinlichkeit drückt hiernach die relative Häufigkeit

[...]


1 David Hume hat jedoch Regeln aufgestellt, die für die Zuordnung von Ursache und Wirkung gelten sollen. In diesem Maße kann die Vernunft also doch die Natur der Gewohnheit steuern (Hume 2007: 116f.).

2 Im Gegensatz dazu benutzt Hans Reichenbach in seiner Rechtfertigung der Induktion den statistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff (Reichenbach 1936: 1ff.).

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Lösung des Induktionsproblems
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar Politische Theorie
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V293887
ISBN (eBook)
9783656916758
ISBN (Buch)
9783656916765
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lösung, induktionsproblems
Arbeit zitieren
Louisa Spiekermann (Autor:in), 2014, Die Lösung des Induktionsproblems, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293887

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