Optimierung der Lebenszykluskosten von Baureihen unter Berücksichtigung von Lerneffekten


Bachelorarbeit, 2012

59 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

2 Ist-Analyse
2.1 Wirtschaftliche und technische Grundlagen von Baureihen
2.2 Kostenwachstumsgesetze als Instrument der konstruktionsbegleitenden Konstruktion
2.2.1 Prognose von Material- und Fertigungseinzelkosten
2.2.2 Optimale Konstruktionskosten
2.2.2.1 Modellkonstellation ohne Lerneffekte
2.2.2.2 Modellkonstellation mit Lerneffekten nach Müllers Vorgehen
2.3 Modellkritik
2.3.1 Kritik der Kostenwachstumsgesetze
2.3.2 Kritik des Optimierungsansatzes
2.4 Zusammenfassung

3 Sollkonzeption der optimalen Konstruktionskosten

4 Untersuchung des Sollkonzepts - eine gedankliche Modellsimulation
4.1 Zielmodell mit unterschiedlichen Lernraten
4.2 Kritische Würdigung des Erfahrungskurveneffektes im Gesamtmodell
4.3 Das Modell von Müller und der Zusammenhang mit dem Target-Costing

5 Soll-Ist-Vergleich

6 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Baureihe von Turboladern

Abbildung 2: Kostenfestlegung und -entstehung in unterschiedlichen Unternehmensbereichen

Abbildung 3: Entwicklung der optimierten Herstellkosten je Stück in Abhängigkeit von der Anzahl der Erhöhungen M

Abbildung 4: Entwicklung der Gesamtkosten in Abhängigkeit von den Konstruktionskosten

Abbildung 5: Einflussgrößen auf die Herstellkosten

Abbildung 6: Stückkostenentwicklung bei 20 %-Lernrate

Abbildung 7: Entwicklung der Gesamtkosten nach dem Soll-Konzept

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ausgangswerte I

Tabelle 2: Ausgangswerte II

Tabelle 3: Entwicklung der einzelnen Kostenbestandteile bei vorgegebenem M

Tabelle 4: Gesamtkostenentwicklung ohne Lerneffekte

Tabelle 5: Ausgangswerte III

Tabelle 6: Gesamtkostenentwicklung im Fall Müller

Tabelle 7: Gesamtkostenentwicklung nach dem neuen Konzept

Tabelle 8: Gesamtkostenminimale Konstruktionskosten bzw. Anzahl der Erhöhungen M bei ausgewählten Lernraten

Tabelle 9: Gesamtkostenminima bei steigenden Lernraten sowie Konstruktionskosten KKV

Tabelle 10: Vergleich Müllers Modell mit dem neu entwickelten Konzept

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

Der stetig steigende Wettbewerbsdruck und die zunehmende Globalisierung der Fi- nanz- und Produktmärkte führen dazu, dass sich das Unternehmen des 21. Jahrhun- derts mehr und mehr einem hohen Kostendruck ausgesetzt sieht. Der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt, die zunehmende Differenzierung der Kundenwünsche, die steigende Bedeutung der indirekten Leistungsbereiche sowie verkürzte Produktle- benszyklen sind dabei nur einige Ursachen für die Änderung der betrieblichen Kosten- struktur.

Vor allem sind es die gestiegenen Lebenszykluskosten von der Planung und Entwicklung der Produkte bis hin zur deren Entsorgung, die zunehmend im Fokus der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis stehen. Aufgrund des großen Konkurrenzdrucks sowie der veränderten Rahmenbedingungen ist es deshalb für ein Unternehmen unabdingbar, wichtige Instrumente des Kostenmanagements erfolgreich zu implementieren. Auf diese Weise kann die Kostenentwicklung im gesamten Produktlebenszyklus zielorientiert überwacht und verbessert werden.

Gegenstand dieser Arbeit ist die Optimierung der Gesamtkosten von Konstruktion und Herstellung für variantenreiche Baureihenelemente, bei denen ein Grundentwurf einmalig konstruiert wird und daraus die Kosten der Folgeentwürfe mithilfe von Kostenwachstumsgesetzen abgeleitet werden können. David Müllers Aufsatz „Konstruktion und Kostenplanung von Baureihen“, welcher 2009 in der März-Ausgabe der Zeitschrift „WiSt - Wirtschaftswissenschaftliches Studium“ veröffentlicht wurde, stellt den Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen dar.

Zunächst soll Müllers Aufsatz analysiert sowie der Ist-Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erläutert werden. Im Zentrum der Textdeutung stehen vor allem mathe- matisch-analytische Erklärungen zur Kostenprognose der Baureihenentwicklung. Dabei soll zunächst von einer Vorgehensweise ohne Lerneffekte ausgegangen werden und das Modell mit seinen Zusammenhängen jeweils in allgemeiner Form und für das kon- krete Zahlenbeispiel von Müller dargestellt werden. Daran anschließend soll dargestellt und kritisch gewürdigt werden, wie Müller den Erfahrungskurveneffekt in seinem Modell berücksichtigt hat, erneut in seiner aufwendigen Notation und explizit für sein Zahlen- beispiel.

Einerseits soll in einem Soll-Konzept nach Wegen gesucht werden, den Erfahrungskurveneffekt des Müller-Modells einfacher abzubilden.

Problemstellung und Ziel der Arbeit 2

Andererseits wird mithilfe einer Modellsimulation das Zielkonzept hinsichtlich seiner Annahmen und Realitätsnähe kritisch hinterfragt und gedanklich durchgespielt. Hierbei werden folgende Sachverhalte untersucht:

- inwieweit die Lernrate nicht selbst wieder vom anfänglichen Konstruktionsaufwand abhängen müsste und welche Auswirkungen das hätte
- ob die Mengen nicht auch von den Fortschritten bei den Produktkosten abhängig sein müssten und welche Auswirkungen das hätte
- ob ein Zusammenhang mit dem Target Costing hergestellt werden müsste
- ob angesichts der komplizierten Zusammenhänge sogar besser auf den Erfahrungskurveneffekt verzichtet werden sollte
- ob bestimmte Entscheidungen in ein übergeordnetes Modell ausgelagert werden müssten

In allen Modellkonstellationen gelten die im Aufsatz beschriebenen Rahmenbedingun- gen für die gegebenen Zahlenbeispiele. Jedoch werden für alle Modellrechnungen abweichend vom gegebenen Aufsatz anfängliche Konstruktionskosten KKv in Höhe von 100.000 € angenommen. Diese bleiben für alle Situationen unverändert. Somit wird die Einheitlichkeit und Anschaulichkeit der Arbeit gewährleistet. Der Konstruktionsprozess der Baureihenentwicklung findet in dieser Arbeit ebenfalls Erwähnung. Diesbezüglich soll jedoch auf eine Vertiefung verzichtet werden, um den wissenschaftlichen Rahmen nicht zu sprengen.

2 Ist-Analyse

In der Ist-Analyse wird der bisherige Stand der Erkenntnisse zum Aufsatz „Konstruktion und Kostenplanung von Baureihen“ von David Müller thematisiert. Angelehnt an die Veröffentlichung aus dem Jahr 2009 werden alle Textabschnitte einzeln analysiert und die mathematischen Ausführungen zur Kostenplanung von Baureihen erklärt. An- schließend werden diese mit Zahlenbeispielen belegt. Einerseits wird eine Modellsitua- tion ohne Lerneffekte beschrieben (2.2.2.1), andererseits wird das Modell nach Müller und dessen Notation veranschaulicht (2.2.2.2). Alle benannten Abschnittsüberschriften werden vom Verfasser übernommen. Die einführenden Worte zum Baureihenbegriff (2.1), zur Herleitung der Herstelleinzelkosten (2.2.1) und der Modellkritik (2.3) gelten für beide Fallkonstellationen gleichermaßen.

2.1 Wirtschaftliche und technische Grundlagen von Baureihen

Zur Einführung in die beschriebene Thematik beleuchtet Müller zunächst den Begriff der Baureihe sowie deren Anwendung in Technik und Wirtschaft:

Baureihen sind funktionsgleiche, technische Einrichtungen, die der Größe nach syste- matisch gefertigt sind. Sie sind ein wirksames Instrument, ein Produkt über einen be- stimmten Größenbereich zu standardisieren, um dadurch die Teilevielfalt drastisch zu senken. Alle Baugruppen einer Baureihe zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:1

- qualitative Funktion
- konstruktive Lösung
- identische Materialien
- identische Fertigung

Unterschiedlich jedoch sind die Leistungsdaten sowie die Abmessungen und die davon abhängigen Größen, z.B. Gewicht und Kosten. Anwendungsbereiche für Baureihen finden sich sowohl in der Investitions- als auch in der Konsumgüterproduktion (z.B. Motoren, Getriebe, Fahrräder, Konfektionskleidung).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Baureihe von Turboladern

(Quelle: Ehrlenspiel/ Kiewert/ Lindemann 2007, S. 326)

Wesentliche Vorteile dieser speziellen Bauform sind die einzigartige Lösung für eine spezielle Aufgabenstellung, der hohe Wiedererkennungswert und die gleich gute Funk- tionserfüllung der Produkte sowie ein geringer Entwicklungs- und Konstruktionsauf- wand. Grundlage für die Baureihenentwicklung ist ein detailliert ausgearbeiteter Grun- dentwurf in mittlerer Größe. Daraus werden mithilfe von Ähnlichkeitsgesetzen die Fol- geentwürfe abgeleitet und die benötigten Größenstufen festgelegt. Die Folgeentwürfe weisen die gleiche Funktion und identische Materialien auf, heben sich aber durch an- dere Abmessungen und Leistungsdaten vom Grundentwurf ab. Dabei wäre der Auf- wand für die Erstellung aller maßstäblichen Entwürfe in Form von Zeichnungen, Stück- listen und Bedienungsvorschriften erheblich. Mithilfe der Ähnlichkeitsgesetze ist es jedoch möglich, aus dem erstellten Grundentwurf, welcher durchgerechnet und durch- konstruiert wurde, ohne größeren Arbeitsaufwand Folgeentwürfe rechnerisch mittels einer Hochrechnung abzuleiten.

Bedingt durch die Nachfragesituation am Markt bestimmt der Kunde, wie die Festlegung der Größenstufung erfolgt. Entweder wird eine geringe Anzahl von Baugrößen mit geringem Entwicklungs- und Konstruktionsaufwand sowie gleichartigen Teilen produziert oder individuelle Produkte für spezielle Anwendungsfälle zu höheren Preisen. Das produzierende Unternehmen sollte den Markt beobachten, denn eine realisierte Änderung des Nachfrageverhaltens stellt die Basis für die Entwicklung einer neuen Baureihe oder eines neuen Produktes dar.

Bei der Entwicklung von Baureihen ist es wichtig, neben der eigentlichen Produktkalkulation auch eine entwicklungsbegleitende Kalkulation durchzuführen. Bereits in der Konstruktions- und Entwicklungsphase werden 70 % der Herstellkosten festgelegt, weitere 20 % in der Arbeitsvorbereitung und in der Fertigung.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kostenfestlegung und -entstehung in unterschiedlichen Unternehmensbereichen (Quelle: in Anlehnung an Ehrlenspiel/ Kiewert/ Lindemann 2007, S. 13)

In der Konsequenz empfiehlt es sich, eine frühzeitige Kostenprognose anzustellen, um ökonomisch und technisch tragfähige Größenstufungen auszumachen. Deshalb wird ermittelt, welche Herstellkosten bei der Wahl der einzelnen Größenstufungen anfallen würden. Ein weiterer Punkt ist das Untersuchen des Grundentwurfs hinsichtlich seiner Baureihentauglichkeit. Es wird der Grundentwurf gewählt, der die gestellten Anforderungen bei möglichst geringen Lebenszykluskosten der gesamten Baureihe am besten erfüllt. Folglich können auf diese Weise die kostengünstigsten Folgeentwürfe hergestellt werden. Kostenfallen und -explosionen werden vermieden.

Für die Kostenprognose von Baureihen werden die bereits erwähnten Ähnlichkeitsgesetze genutzt, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Die Vorteile, die sich durch Ähnlichkeitsgesetze bieten, liegen auf der Hand: Das pro- duzierende Unternehmen erspart sich einen hohen Arbeitsaufwand hinsichtlich Kon- struktion und Projektierung, da die Folgeentwürfe durch Extrapolation nach oben und unten abgeleitet werden können.3 Ähnlichkeit ist dann gegeben, wenn mindestens eine physikalische Größe in Relation vom Grund- zum Folgeentwurf konstant ist. In diesem Zusammenhang sind die sogenannten Grundähnlichkeiten zu nennen, beispielsweise die zeitliche oder die geometrische Ähnlichkeit, die auch zu kombinierten Ähnlichkeiten abgeleitet werden können.4 Die geometrische Ähnlichkeit liegt dann vor, wenn das Verhältnis der Längen von Grund- und Folgeentwurf konstant ist. Der Stufensprung der Länge φL, der als konstante Größe gilt, berechnet sich als Quotient der Länge des Folgeentwurfs l1 und der Länge des Grundentwurfs l0:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein Beispiel soll den rechnerischen Zusammenhang verdeutlichen: Gegeben sind die Laufraddurchmesser von Grund- und Folgeentwurf eines Turboladers mit l0 = 200 mm und l1 = 250 mm, woraus sich folgender Stufensprung der Länge ergibt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Häufig gibt es Einschränkungen hinsichtlich der geometrischen Ähnlichkeit aufgrund verschiedener Einflussfaktoren, so dass lediglich geometrisch halbähnliche Entwürfe konstruiert werden können. Hierbei verändern sich bestimmte Grundgrößen (z.B. Län- ge, Kraft) mit jeweils unterschiedlichen Stufensprüngen. Grenzen der Anwendbarkeit in der Praxis ergeben sich durch übergeordnete Ähnlichkeitsgesetze, z.B. den Einfluss der Schwerkraft oder thermische Vorgänge, sowie durch übergeordnete Aufgabenstel- lungen, die aus der Beziehung zwischen Mensch und Maschine resultieren. Einzelne Bedienungseinrichtungen für Maschinen können nicht in der Weise vergrößert werden wie die Gesamtgröße der Maschine selbst.5 Auf Grundlage dieser Ähnlichkeitsbezie- hungen ist es möglich, rechnerische Zusammenhänge hinsichtlich der Kostenentwick- lung aus der Variation von Grund- und Folgeentwurf zu erkennen.

2.2 Kostenwachstumsgesetze als Instrument der konstruktionsbegleitenden Konstruktion

2.2.1 Prognose von Material- und Fertigungseinzelkosten

Im weiteren Verlauf erklärt Müller mithilfe der Kostenwachstumsgesetze, wie die Herstelleinzelkosten einzelner Baureihenelemente ermittelt werden und im rechnerischen Zusammenhang stehen:

Die Kostenwachstumsgesetze finden in vielen Konstruktionsprojekten komplizierter Produkte Anwendung. Sie erklären die Beziehung zwischen den Kosten von Grund- und Folgeentwurf einer Baureihe. Auf diesem Weg kann die Kostenentwicklung prog nostiziert werden, ohne die Folgeentwürfe überhaupt zu konstruieren. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Kostenwachstumsgesetze sind gleiche Werkstoffe, fertigungstechnische Ähnlichkeiten sowie die Beibehaltung der Funktion und des Lösungsprinzips aller Elemente der Baureihe.6

Mithilfe des Stufensprungs des Längenmaßes φL ist es möglich, die Beziehung zwischen den Kosten von Grund- und Folgeentwurf darzustellen. Auf Basis der Materialeinzelkosten des Grundentwurfs mek0 werden die Materialeinzelkosten des abgeleiteten Folgeentwurfs mek1 festgelegt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Exponent ω ist hierbei abhängig von dem gewählten Bauteil. Die Materialeinzel- kosten eines Bauteils wachsen näherungsweise proportional zum Materialvolumen. Geometrisch ähnliche Bauteile weisen im Exponenten ω den Wert 3 auf, da die Bautei- le dreidimensional gestaltet sind. Die Änderung einer Dimension bewirkt demzufolge die gleichzeitige Veränderung der beiden anderen Dimensionen. Bei komplexeren Pro- dukten wie z.B. Windkraftanlagen oder Flugzeugen besitzt der Exponent ω den Wert 4. Bei Windkraftanlagen wirken höhere Spannungskräfte, so dass in der Folge größere Längenmaße genutzt werden müssen. In anderen Fällen wird der Wert ω = 2 ange- setzt.7 Bezogen auf das gewählte Beispiel heißt das: Angenommen werden Material- einzelkosten des Grundentwurfs von mek0 = 100 €. Es resultieren die Materialeinzel- kosten mek1 des Folgeentwurfs unter der Bedingung ω = 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Berechnung der Fertigungseinzelkosten werden die Rüst- bzw. die Ausfüh- rungskosten zugrunde gelegt. Zur Berechnung der gesamten Fertigungseinzelkosten in der Produktion wird die dafür benötigte Auftragszeit ermittelt. Diese Zeitspanne wird in Rüst- und Ausführungszeiten unterteilt. Die Rüstzeit ist die Zeit für die Vorbereitung des Arbeitssystems sowie das Rückversetzen des Arbeitssystems in den Ursprungs- zustand. Sie fällt einmal pro Arbeitsauftrag an. Die Rüstzeit umfasst folgende Abläufe:8

- Auftrag annehmen
- Auftrag lesen
- Maschinen einrichten und einstellen
- Proben und Muster anfertigen
- Betriebsmittel umstellen

Die Fertigungseinzelkosten auf Grundlage der Rüstzeit berechnen sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Werte des Exponenten ρ leiten sich aus den geometrischen Grunddaten ab und nehmen Werte zwischen 0 und 0,5 an.9

Wenn für den Exponenten ρ der Wert 0,5 sowie Fertigungseinzelkosten des Grundentwurfs mit fekR;0 = 30 € angenommen werden, ergeben sich die Fertigungseinzelkosten der Rüstzeit des Folgeentwurfs mit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ausführungszeit ist die benötigte Zeit für den Arbeitsvorgang selbst, wie z.B. das Drehen oder das Fräsen. Für die Fertigungseinzelkosten der Ausführungszeit gilt folgender Zusammenhang:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Exponent θ hat Werte zwischen 1,8 und 2,2 und richtet sich nach der Werkstückgeometrie sowie dem genutzten Fertigungsverfahren.10 Bei einem vorgegebenen Exponenten θ = 2 und den Ausführungskosten des Grundentwurfs fekA;0 = 200 € errechnen sich die Fertigungseinzelkosten der Ausführungszeit fekA;1 wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird deutlich, dass aufgrund unterschiedlicher Geometrien und Fertigungsoperatio- nen unterschiedliche Exponenten für die einzelnen Kostenarten zu berücksichtigen sind. Die Exponenten werden nicht auf Grundlage von Erfahrungswerten festgelegt, sondern mithilfe von Bemessungsanalysen. Programme zur rechnerunterstützten Kon- struktion, beispielsweise computer-aided design (CAD) bzw. computer-aided enginee- ring (CAE), stellen hier den Zusammenhang zwischen Baugröße und Kosten dar.

Werden die einzelnen Kostenkomponenten addiert, ergeben sich die Herstelleinzelkosten pro Stück des Folgeentwurfs hk1 unter Berücksichtigung des Stufensprungs der Länge φL. Es wird angenommen, dass die Rüstkosten auf die pro Los11 gefertigten Bauelemente verteilt werden, wobei l als Losgröße bezeichnet wird:12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus dem oben angeführten Beispiel leiten sich die Herstelleinzelkosten des Folgeentwurfs hk1 mit l = 1 folgendermaßen ab:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Folglich weisen die Materialeinzelkosten aufgrund des hohen Exponenten ω die größte Beeinflussbarkeit auf, die Rüstkosten hingegen sind nur geringfügig steuerbar. Besonders wichtig für den Konstrukteur sind die Entwicklung der Gesamtkosten und die Kostenstruktur der Baureihe.

Auf Grundlage der erwähnten mathematischen Zusammenhänge kann der Konstrukteur frühzeitig Kostenfallen und -explosionen identifizieren. Etwaige Änderungen in der Baugrößenvariation sowie Kostensenkungsmaßnahmen (z.B. Lösungsprinzip, Material) können somit rechtzeitig eingeleitet werden.

2.2.2 Optimale Konstruktionskosten

2.2.2.1 Modellkonstellation ohne Lerneffekte

Müller erklärt in diesem Textabschnitt auf modellhafte Weise, wie die Gesamtkosten in der Baureihenentwicklung optimiert werden können:

Bei der Ermittlung der optimalen Konstruktionskosten wird von der Situation ausgegan- gen, dass 70 % der Herstellkosten eines Produktes in der Entwicklungs- und Konstruk- tionsphase festgelegt werden. Konstrukteure arbeiten stets an der Optimierung der Herstellkosten, indem sie Kostensenkungsmaßnahmen einleiten. Müller stellt sich nun die Frage, welcher Mehraufwand an zusätzlichen Konstruktionskosten gerechtfertigt ist, damit die Gesamtkosten des Produktes ein Optimum erreichen. Denn jeder zusätz- liche Konstruktionsaufwand ist mit einer Senkung der Herstellkosten verbunden. Bei diesem Modell wird angenommen, dass die Herstellkosten einzig von den Konstrukti- onskosten abhängig sind. Der hier entstehende Zielkonflikt zwischen der Erhöhung der Konstruktionskosten einerseits und der damit verbundenen Verringerung der Herstell- kosten andererseits steht im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen.

Gesucht sei das Minimum der Gesamtkosten als Summe von Konstruktions- und Herstellkosten, die Müller wie folgt festlegt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darüber hinaus werden die barwertigen Herstellkosten einer Baugröße (z.B. Grundentwurf) über alle Perioden P hinweg wie folgt definiert:13

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Herstellkosten einer Baugröße hk werden mit der Produktionsmenge mt in allen Perioden sowie mit dem Diskontierungsfaktor q-t multipliziert. Durch den Barwert soll der Zeitwert der Kosten verdeutlicht werden. So können Zahlungen, die in unterschiedlichen Perioden anfallen, vergleichbar gemacht werden.

Ergänzt wird die o.g. Gleichung um einen durchschnittlichen, periodenbezogenen De- gressionsfaktor dt, der den Einfluss der Erfahrungskurve auf die Kostenentwicklung im Zeitverlauf abbilden soll. Der Erfahrungskurveneffekt geht von der Annahme aus, dass sich bei Verdopplung der kumulierten Produktionsmenge ein Kostensenkungspotenzial der realen Stückkosten von 20-30 % ergibt.14 Ursachen für Erfahrungskurveneffekte sind statisch und dynamisch begründet. Statische Effekte beruhen auf Fixkostende- gressionen (d.h. Senkung des Fixkostenanteils pro Stück) und Betriebsgrößeneffekte, wie beispielsweise Preisvorteile im Einkauf. Kostenreduktionen aufgrund von dynami- schen Effekten sind auf den Übungsgewinn durch wiederholte Tätigkeit, technischen Fortschritt sowie Rationalisierungsmaßnahmen zurückzuführen. Müller beschreibt den Faktor dt folgendermaßen:15

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Term dt wird aus dem Funktionsgesetz abgeleitet:16

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wobei:

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Um die Summe aller Grenzherstellkosten HK von m = 1 bis m = n zu ermitteln, ergibt sich folgendes:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Umstellen des Terms resultiert:

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Dabei beschreibt der Term

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den gleichen Zusammenhang wie der durchschnittliche Degressionsfaktor dt.

Der Exponent

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entspricht der Kostenelastizität, d.h. um wie viel Prozent die Stückkosten sinken, wenn die kumulierte Produktionsmenge m um 1 % steigt. Müller berücksichtigt den Einfluss eines Faktors L, der aus L = 1 - δ ermittelt wird, wobei für δ die Lernrate eingesetzt wird. Bei näherer Betrachtung des Terms dt ist eine untere sowie eine obere Schranke zu erkennen. Die untere Schranke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

beschreibt die kumulierte Produktionsmenge der Vorperiode addiert mit dem Wert 1. Für die Periode 1 beginnt diese mit dem ersten produzierten Stück. Die obere Schranke

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

drückt die kumulierten Stückzahlen der Periode t aus. Für folgende Werte m ergibt sich der Degressionsfaktor dt:

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Da beispielsweise in der ersten Periode 100 Stück produziert wurden, können alle Elemente von

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

summiert werden. Für spätere Perioden ergeben sich demnach kleinere Werte für die Summanden in der oben genannten Gleichung, da in der Vorperiode bereits Erfah- rungseffekte stattgefunden haben. Demzufolge werden die Grenzkosten für jedes wei- tere Produkt immer kleiner. Die Schwachstelle in Müllers Aufsatz ist der Degressions- faktor dt und der damit zusammenhängende Barwert der Herstellkosten HK.

[...]


1 Vgl. Ehrlenspiel/ Kiewert/ Lindemann 2007, S. 325f.

2 Vgl. Müller 2006, S. 185

3 Vgl. Ehrlenspiel/ Kiewert/ Lindemann 2007, S. 327

4 Vgl. Müller 2009, S. 119f.

5 Vgl. Ehrlenspiel/ Kiewert/ Lindemann 2007, S. 326

6 Vgl. Ehrlenspiel/ Lindemann/ Kiewert 2007, S. 470

7 Vgl. Müller 2008, S. 72

8 Vgl. REFA 2002, S. 212

9 Vgl. Müller 2009, S. 120, zit. nach Rieg 1982, S. 63

10 Vgl. Bronner 1998, S. 29

11 Eine Losgröße ist die gefertigte Produktionsmenge bis zur nächsten Maschinenumstellung.

12 Vgl. Müller 2006, S. 194

13 Vgl. Müller 2009, S. 121

14 Vgl. Henderson 1984, S. 19, zit. nach Coenenberg/ Fischer/ Günther 2009, S. 411

15 Vgl. Müller 2009, S. 121

16 Vgl. Ewert/ Wagenhofer 2005, S. 141

Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
Optimierung der Lebenszykluskosten von Baureihen unter Berücksichtigung von Lerneffekten
Hochschule
Hochschule Merseburg
Veranstaltung
Bachelorarbeit
Note
1,4
Autor
Jahr
2012
Seiten
59
Katalognummer
V293103
ISBN (eBook)
9783656905073
ISBN (Buch)
9783656905080
Dateigröße
860 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Baureihen, Lebenszykluskostenrechnung, Erfahrungskurveneffekte
Arbeit zitieren
Sebastian Reddig (Autor:in), 2012, Optimierung der Lebenszykluskosten von Baureihen unter Berücksichtigung von Lerneffekten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293103

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