Das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 und der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems


Bachelorarbeit, 2013

57 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis[1]

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Zahlungsbilanz
2.1 Die Zahlungsbilanz vor der Europäischen Währungsunion (EWU)
2.1.1 Flexible Wechselkurse
2.1.2 Europäisches Währungssystem (EWS)
2.2 Die Zahlungsbilanz in der EWU

3 Das Zahlungsverkehrssystem TARGET
3.1 Die Funktionsweise
3.2 TARGET2 und Zahlungsbilanzungleichgewichte in der EWU
3.3 Entwicklung der TARGET2-Salden

4 Geldpolitischer Handlungsrahmen des Eurosystems
4.1 Konventionelle Maßnahmen
4.1.1 Offenmarktgeschäfte
4.1.2 Ständige Fazilitäten
4.1.3 Mindestreserve
4.2 Sondermaßnahmen während der Finanzkrise
4.2.1 Zuteilungsverfahren
4.2.2 Erweiterung akzeptierter Sicherheiten
4.2.3 Kaufprogramme
4.2.4 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
4.2.5 Emergency Liquidity Assistance (ELA)

5 Die Auswirkungen der geldpolitischen Maßnahmen auf die TARGET-Salden
5.1 Allgemeine Effekte
5.2 Effekte bestimmter Maßnahmen in ausgewählten Ländern
5.2.1 Griechenland
5.2.2 Portugal
5.2.3 Irland
5.2.4 Spanien
5.2.5 Italien
5.2.6 Deutschland

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Devisenmarkt bei flexiblen Wechselkursen

Abbildung 2: Devisenmarkt im EWS

Abbildung 3: Vereinfachte Bilanz des griechischen Importeurs

Abbildung 4: Vereinfachte Bilanzen des griechischen Bankensystems

Abbildung 5: Vereinfachte Bilanzen des deutschen Bankensystems

Abbildung 6: Vereinfachte Bilanzen des griechischen Bankensystems nach Transaktionen

Abbildung 7: Vereinfachte Bilanzen des deutschen Bankensystems nach Transaktionen

Abbildung 8: TARGET-Salden in ausgewählten Ländern

Abbildung 9: Renditen 10-jähriger Staatsanleihen für ausgewählte Länder des Euroraums (in Prozent)

Abbildung 10: TARGET-Saldo und Renditen für griechische Staatsanleihen in Prozent

Abbildung 11: Schlüsselzinssätze der EZB und EONIA (in Prozent)

Abbildung 12: EONIA und täglich gehandeltes Volumen auf dem Interbankenmarkt

Abbildung 13: Liquiditätsbedarf- und bereitstellung

Abbildung 14: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Griechenlands bis zu der Krise

Abbildung 15: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo sowie staatliche Kapitalimporte Griechenlands seit der Krise

Abbildung 16: Leitzins und TARGET-Saldo Griechenlands

Abbildung 17: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Portugals

Abbildung 18: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Irlands

Abbildung 19: Leitzinsentwicklung, TARGET-Saldo Irlands und ausgewählte Maßnahmen während der Krise

Abbildung 20: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Spaniens bis zu der Krise

Abbildung 21: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Spaniens seit der Krise

Abbildung 22: Inanspruchnahme der LTROs von spanischen Banken und TARGET-Saldo Spaniens

Abbildung 23: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Italiens

Abbildung 24: Inanspruchnahme der LTROs von italienischen Banken und TARGET-Saldo Italiens

Abbildung 25: TARGET-Saldo Deutschlands und der GIIPS-Länder

Abbildung 26: Risikoprämie am Interbankenmarkt und TARGET-Saldo Deutschlands

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die viel diskutierten Leistungsbilanzungleichgewichte und divergierenden Staatsanleihenrenditen im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkriseim Euroraum haben auch die Analyse der Zahlungsbilanz erneut virulent werden lassen. Die hohen Leistungsbilanzungleichgewichte in den Peripherie-Ländern und deren steigende Renditen für Staatsanleihen könnten den Schluss zulassen, dass nicht wie vor der Krise die Liquidität wieder zurück in diese Länder fließt. Überdies hat sich am Interbankenmarkt seit der Insolvenz von Lehman-Brothers gezeigt, dass das Misstrauen der Banken untereinander gestiegen ist und sich diese nicht mehr bedenkenlos Liquidität am Interbankenmarkt leihen.

Seit Prof. Dr. Hans-Werner Sinn im Februar 2011 erstmals darauf hingewiesen hatte, dass das Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System (TARGET)bei der Erfüllung der Zahlungsbilanzidentitätvon großer Bedeutung ist, hat sichdas Thema auch in der wissenschaftlichen Literaturzu einer stark diskutierten Materie entwickelt (Sinn & Wollmershäuser 2011b:8). Die möglichen Folgen der stark gestiegenen Salden und unterschiedliche Haftungsszenarien bei einem Austritt der TARGET-Defizitländer sind bereits in einigen Arbeiten debattiert und auch Teil des öffentlichen Diskurses geworden.Durch welche Determinanten der Anstieg der TARGET-Salden ausgelöst wurde und welche Wechselwirkungen zwischen Geldpolitik und der Zahlungsbilanz im Zuge der Eurokrise bestehen, stand bis dato eher im Hintergrund der Debatte und soll daher hier im besonderen Fokus stehen.

Dabei werden in derArbeitim Wesentlichen die Zahlungsbilanz und TARGET-Salden im Euroraum sowie die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) während der Finanzkrise thematisiert. Inwiefern die TARGET-Salden vom geldpolitischen Handlungsrahmendes Eurosystems bedingt werden, steht dabei im Vordergrund dieser Arbeit.Seit der Krise stellt die EZB vor allem durch ihre unkonventionellen Maßnahmen Liquidität in erhöhtem Maße zur Verfügung. Wenn diese Liquidität zunächst zu Banken,die in bestimmten Ländern ansässig sind, fließt, die diese nicht zur Deckung ihres Bedarfs benötigen und die Zentralbankliquidität dann in andere Länder fließt, deren Banken die Liquidität bei der EZB einlagern, könnte dies zu einer Erhöhung der TARGET-Salden führen.

Die Erkenntnisder Arbeit ist, dass die Liquiditätsbereitstellung der EZB und die TARGET-Salden oft parallel zueinander verlaufen. Während die Salden in einigen Ländern unumgängliche Notfallkredite dargestellt haben könnten, sind für andere Länder Indizien dafür vorhanden, dass die expansive Geldpolitik die TARGET-Saldenin diesen unnötig erhöht und hohe Kapitalexporte erst ermöglicht haben könnte.

Der strukturelle Aufbau der Arbeit lässt sich neben der Einleitunginweitere fünf Abschnitteunterteilen. Im folgendenzweiten Kapitel wird die heutige und frühere Zahlungsbilanzidentität vonausgewählten Ländern der Eurozone theoretisch analysiert. ImdrittenTeilwirdbeschrieben, wie das Zahlungsverkehrssystems TARGET2 funktioniert und welche Wechselwirkungen zwischen der Zahlungsbilanz und dem Zahlungsverkehrssystem bestehen. Im vierten Kapitel wird ausgeführt,welchekonventionellen und Sondermaßnahmen der EZB innerhalb des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems zur Verfügung stehen. Auf dieser Grundlagewird im fünften Kapiteluntersucht, welche Auswirkungen die Maßnahmen der EZB während der Finanzkrise auf die TARGET-Salden im Euroraumallgemein und speziell in einzelnen Ländern gehabt haben könnten. Abschließend fasst Kapitel sechs die Erkenntnisse zusammen und gibt einen Ausblick darauf, welche Prämissen für einen Rückgang der Salden notwendig sein könnten.

2 Die Zahlungsbilanz

Die Zahlungsbilanz ist eine Größe, die alle Güter-, Vermögens- und Finanztransaktionen zwischen einem Land und allen seinen Handelspartnern misst (Blanchard & Illing 2009:889).

Sie setzt sich aus der Leistungs-, Vermögens- und Kapitalbilanz eines Landes zusammen. Gleichung 1 zeigt, dass Gütertransaktionen anhand der Leistungsbilanz () gemessen werden und Nettogüterexporte ( dabei zu einem Leistungsbilanzüberschuss führen[2]. Die Kapitalbilanz () ist in Gleichung 2 dargestellt und umfasst dagegen alle Kapitalimporte () und Kapitalexporte (), die bei einer positiven Differenzeinen Kapitalbilanzüberschussdarstellen:

Die Zahlungsbilanzidentität (Gleichung 3) gibt an, dass die Summe der Leistungs-, Kapital- und Vermögensbilanz gleich null sein muss. Da die Vermögensbilanz im Laufe der Arbeit von untergeordneter Bedeutung sein wird, wird diese nicht weiter betrachtetunddaher im Folgenden gleich null gesetzt. Die Zahlungsbilanzidentitätkann nun folgendermaßen ausgedrückt werden:

Zur Erklärung der Identität wird vereinfachend von einer Zwei-Länder Volkswirtschaft ausgegangen. Sobald ein Gut aus einem Land exportiert wird, erhält der Exporteureine Forderung gegenüber dem Importeur.Das exportierende Land weist ceteris paribus einen Leistungsbilanzüberschuss und das importierende Land ein Leistungsbilanzdefizit auf.

Um das Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren beziehungsweise die Forderung zu bedienen, muss der Importeur einen Kredit aus dem exportierenden Land aufnehmen. Es folgt ein Kapitalexport in das Land mit dem Leistungsbilanzdefizit, das somit eine positive Kapitalbilanz aufweist.Das Land mit dem Leistungsbilanzüberschussweist demgegenüber ein Kapitalbilanzdefizit auf (Krugman& Obstfeld 2006:294–296).

2.1 Die Zahlungsbilanz vor der Europäischen Währungsunion (EWU)

Obwohl die Zahlungsbilanzidentität im Vergleich zu einer üblichen Gleichungfür alle möglichen Parameterwerte gilt, sollte zwischen verschiedenen Formen von Wechselkursregimen differenziert werden, umdie Besonderheit der Zahlungsbilanzin derEWU herauszustellen.

2.1.1 Flexible Wechselkurse

Zwischen Volkswirtschaften mit flexiblen Wechselkursen führenAuf- und Abwertungseffekte zum Ausgleich der Zahlungsbilanzidentität. Sollte ein Land mit einem Leistungsbilanzdefizit zunächst nicht hinreichend hohe Kapitalimporte erwirtschaften können, wertet die heimische Währungsolange ab, bis die entsprechende Nachfrage wieder dem Angebot entspricht[3](Salvatore 2007:573).

Abbildung 1: Devisenmarkt bei flexiblen Wechselkursen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 1 zeigt den Devisenmarkt zwischen Deutschland und Italien bei flexiblen Wechselkursen. Auf der horizontalen Achse ist das Angebot an Deutscher Mark (DM)ausgewiesen. Die vertikale Achse zeigt den Wechselkurs (e) in Mengennotierung an. Im Punkt A ist der Wechselkurs bei e0 im Gleichgewicht, weil das Angebot an DM und Lira jeweils der Nachfrage entsprechen. Steigen die Importe Italiens und die Exporte Deutschlands zum Beispiel aufgrund höherer Inflation in Italien und somit gestiegenen Preisen für italienische Produkten, verschiebt sich das Angebot von DM nach links und die Nachfrage nach DM nach rechts (DM1). Es besteht ein Ungleichgewicht am Devisenmarkt, bei dem das Angebot von DM kleiner ist als die Nachfrage, so dass die DM auf- beziehungsweise die Lira solange abwertet, bis es wieder zu einem Gleichgewicht bei e1in Punkt B kommt.

2.1.2 Europäisches Währungssystem (EWS)

Beim direkten Vorgänger der EWU, dem EWS,existierte zwar noch keine Einheitswährung;es waren jedoch fixierte aber anpassbare Wechselkurse festgelegt, die gewisse Bandbreiten nicht überschreiten durften. Wenn die Bandbreiten überschritten wurden, mussten die Zentralbankenauf dem Devisenmarkt intervenieren, indem sie Devisen auf- oder verkauften.

Abbildung 2: Devisenmarkt im EWS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

In Abbildung 2 ist der Devisenmarkt zwischen Deutschland und Italien im EWS dargestellt. Wie bei der Situation flexibler Wechselkurse weist Deutschland hiereinen Leistungsbilanzüberschuss auf. Wenn nun die Kapitalexporte zurück nach Italien ausblieben, kam es zu einer Übernachfrage nach DM und einem Überangebot an Lira. Bei vollkommen flexiblen Wechselkursen hätte -wie in Abbildung 1- die DM auf- und die Lira abwerten müssen.Da im EWS keine übermäßigen Wechselkursveränderungen vorgesehen waren, sondern die Wechselkurse nurinnerhalb bestimmter Bandbreiten schwanken durften, mussten die Zentralbanken auf dem Devisenmarkt intervenieren. Durch eine Erhöhung der Nachfrage nach Lira und des Angebots an DM bewirkten die Zentralbanken eine Rückverschiebung beider Kurven, bis erneut das Ausgangsgleichgewicht (A=B) erreicht wurde(Welfens 2008:335).

Bei Devisenmarktinterventionen kann sowohl die Zentralbank des abwertungsgefährdeten Landes die ausländische Währung in den Marktgeben, um das Angebot zu erhöhen, oder die des aufwertungsverdächtigen Landes Devisen aufkaufen, um die Nachfrage zu erhöhen. Devisen können nur solange in den Markt gegeben werden, bis der Bestand an ausländischer Währung aufgebraucht ist. Der Bestand an Devisen, der durch eine Intervention der Deutschen Bundesbank bei einem Kauf von Lira erhöht werden würde, würdeeine Forderungder Bundesbank gegenüber der italienischen Zentralbank darstellen (Dieckheuer 2001:274).

Länder mit defizitären Leistungsbilanzen - hier Italien -,die diese nicht mit privaten Kapitalimportenfinanzieren können, sind auf staatliche Interventionen angewiesen. Devisenmarktinterventionen solcher Art wirken sich dabei folgendermaßen auf die Kapitalbilanz der Länder aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kapitalbilanzkann wie in Gleichung 4gezeigt, weiter aufgespalten werden, indem zwischen privaten Kapitalimporten ( ) und -exporten ( ) sowie staatlichen Kapitalimporten( ) und -exporten ( ) unterschieden wird. Diestaatlichen Kapitalimportestellen am Beispiel der italienischen Kapitalbilanz den Verkauf von Devisenreserven in Form von DM durch die italienische Zentralbank oderden Kauf von Lira durch die Bundesbank dar.Im ersten Fall sinken die Forderungen der italienischen Zentralbank gegenüber der Bundesbank, im zweiten erhöhen sich die Forderungen der Bundesbank gegenüber der italienischen Zentralbank. Neben Devisenmarktinterventionen stellen intergouvernementale Hilfskredite innerhalb der Eurozone ebenfalls staatliche Kapitalimporte dar.

2.2 Die Zahlungsbilanz in der EWU

Seit der Einführung des Euros sind Devisenmarktinterventionen als Instrument zum Ausgleich der Zahlungsbilanz -indem Devisen auf- und verkauft werden- in der Eurozone nicht mehr möglich.

Bis zur Krise ist bis auf moderate Schwankungen die Summe der Leistungsbilanzsalden und der privaten Nettokapitalimporte gleich null gewesen. Zwar wiesen auch hier einige Länder Leistungsbilanzdefizite auf, konnten aber auch private Kapitalbilanzüberschüsse erzielen, um diese zu finanzieren. Seit Ausbruch der Krise gelingt es einigen Staaten innerhalb der Eurozone nicht mehr, ausreichend Kapital zu importieren, um ihre Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren. Da das Leistungsbilanzdefizit aber letztendlich finanziert werden muss und weder Devisenmarktinterventionen noch Wechselkursveränderungen möglich sind, ist es zu einer alternativen öffentlichen Finanzierung der Defizite gekommen (Mayer 2011:2).

Es zeigt sich,dass von den drei Möglichkeitenzur Finanzierung der Leistungsbilanzdefizite innerhalb der Eurozone, denprivaten Kapitalimporten,Hilfskreditenund TARGET-Krediten, nur noch die der TARGET-Kredite verblieben sind,da die privaten Kapitalimporte nicht ausgereicht haben und die intergouvernementalenFinanzhilfen erst politisch bewilligt werden mussten. TARGET-Kredite konnten demgegenüber unbegrenzt eingesetzt werden, ohne dabei einer time-lag Problematik zu unterliegen (Homburg 2011:46–48).

3 Das Zahlungsverkehrssystem TARGET

Bevor aufgezeigt wird, wie die Finanzierung vonLeistungsbilanzdefiziten durch das Zahlungsverkehrssystem TARGET möglich ist, wird die allgemeine Funktionsweiseerläutert.

3.1 Die Funktionsweise

TARGET steht als Akronym für das Trans-European Automated Real-timeGross Settlement Express Transfer System.Es ist ein Zahlungsverkehrssystem im Euroraum, das Überweisungen in Echtzeit automatisch ausführt. Es wurde einhergehend mit der Euro-Einführung implementiert.

Der Nachfolger TARGET2 wurde im Jahre 2008 eingeführt und stellt nur technische Veränderungen dar, die im Verlauf der Arbeit keine Relevanz darstellen(Deutsche Bundesbank 2012:2).

Die Funktionsweise des Zahlungssystems lässt sich am anschaulichsten anhand eines vereinfachten Zwei-Länder Modells verdeutlichen. Dabei wird exemplarisch Griechenland als das Land mit einem Leistungsbilanzdefizit und Deutschland als das mit einem Leistungsbilanzüberschuss gewählt:

Importierteine griechische Privatperson ein deutsches Auto, ohne die dafür notwendige Liquidität verfügbar zu haben, nimmt diese einen Kredit bei ihrer griechischen Geschäftsbank (GB) auf, um das Auto zu finanzieren (Abbildung 3).Es entstehteine Forderung der griechischen Geschäftsbank gegenüber dem griechischen Importeur. Zudem besitzt die griechische Geschäftsbank ein Konto bei der griechischen Zentralbank (ZB), um Zentralbankliquidität aufzunehmen[4]. Diese entsprechenden Forderungen und Verbindlichkeiten sind inAbbildung 4 dargestellt. Gleiches gilt für das deutsche Bankensystem, dessen vereinfachte Ausgangssituation in Abbildung 5 dargestellt ist (Bank for International Settlements 2012a:2).

Abbildung 3: Vereinfachte Bilanz des griechischen Importeurs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 4: Vereinfachte Bilanzen des griechischen Bankensystems

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 5: Vereinfachte Bilanzen des deutschen Bankensystems

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Der griechische Importeur beauftragt nun seine Geschäftsbank, das Geld an die deutsche Geschäftsbank zu überweisen, auf der der deutsche Exporteur sein Konto hat, so dass sein Guthaben von 100 auf null sinkt.Dieser Zahlungsvorgang erfolgt allerdings nicht manuell von der griechischen Geschäftsbank, sondern die griechische Zentralbank erhöhtden Kredit gegenüber der griechischen Geschäftsbank um den Kaufpreis des Autos (beides Abbildungen 6)[5]. Als Gegenposition für diese Transaktion nimmt die griechische Zentralbank eineVerbindlichkeit beim Eurosystem auf, wie in der Bilanz der griechischen Zentralbank in Abbildung 6 zu sehen ist(Bank for International Settlements 2012a:2).

Abbildung 6: Vereinfachte Bilanzen des griechischen Bankensystems nach Transaktionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Die Bundesbank verringert demgegenüber den Kredit, den die deutsche Geschäftsbank, bei der der Exporteur sein Konto hat, gegenüber der deutschen Zentralbank hat[6](Abbildung 7). Als Gegenposition verbucht diese eine Forderung gegenüber dem Eurosystem. Letztendlich stellen die entsprechenden Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Eurosystem eine Forderung der deutschen Zentralbank gegenüber der griechischen Zentralbank dar, welche sich in TARGET-Salden ausdrücken.

Abbildung 7: Vereinfachte Bilanzen des deutschen Bankensystems nach Transaktionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Üblicherweise würde die griechische Geschäftsbankeinen Interbankenkredit bei der deutschen Geschäftsbank anfordern, da bei steigenden Grenzkosten der Zentralbankliquiditätsbeschaffung bei der EZB dieKosten am Interbankenmarkt übersteigen.Alternativ wäre auch denkbar, dass der Exporteur zum Beispiel griechische Staatsanleihen bei der griechischen Geschäftsbank erwirbt und somit die Liquidität wieder nach Griechenland fließt, so dass die entstandenen Forderungen und Verbindlichkeiten saldiert werden (Bank for International Settlements 2012a:3).

3.2 TARGET2 und Zahlungsbilanzungleichgewichte in der EWU

Innerhalb der Europäischen Währungsunion müssen Länder diejenigen Leistungsbilanzdefizite,die sie erwirtschaften, mit Nettokapitalimporten decken (Clarida op. 2007).

Wie in Gleichung 4 bereits erwähnt, müssen private und staatliche Nettokapitalimporte das Leistungsbilanzdefizit finanzieren. Da Devisenmarktinterventionen innerhalb des Euroraums nicht möglich sind, bleiben nur noch Hilfs- und TARGET-Kredite, die die Leistungsbilanzdefizite finanzieren können. Wird nun zur Vereinfachung zunächst angenommen, dass Hilfskredite gleich null sind,entspricht die Veränderung des TARGET-Saldos ( ) der Differenz zwischen Leistungsbilanzdefizit und privaten Nettokapitalimporten ( . Wird weiter angenommen, dass die Summe der Kapitalbilanz und Leistungsbilanz gegenüber den Nicht-Euro Ländernebenfalls gleich nullist, gilt folgende Gleichung[7]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn ergänzend noch die Netto-Hilfskredite ( ) berücksichtigt werden, kann die Gleichung folgendermaßen dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Indem die Leistungsbilanzdefizite und die Hilfskredite aufsummiert werden, kann dadurch und anhand des Bestandes der TARGET-Salden ermittelt werden, wie hoch die aufsummierten privaten Nettokapitalimporte sind[8]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der TARGET-Saldo entspricht nach Gleichung 9demnach der Differenz zwischen kumuliertem Leistungsbilanzdefizit und kumulierten staatlichen sowie privatenNettokapitalimporten (Sinn & Wollmershäuser 2011a:30):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zwar ist die Zahlungsbilanzidentität durch das TARGET-System weiterhin erfüllt, und es kann im engeren Sinne nicht von Zahlungsbilanzungleichgewichten gesprochen werden;im weiteren Verlauf der Arbeit beziehen sich die Zahlungsbilanzungleichgewichte jedoch auf die private Zahlungsbilanz, die ohne staatliche Interventionen und TARGET-Salden nicht ausgeglichen wäre. Die TARGET-Salden stellen in der EWU also genau diejenigen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Zentralbanken dar, die in der Zeit des EWS durch Devisenmarktinterventionen entstanden sind.

3.3 Entwicklung der TARGET2-Salden

Vor der Krise floss die Liquidität wie vorgesehen zu einem großen Teil in die Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten zurück. Seit der Lehmann-Insolvenz im September 2008 ist das Misstrauen im Bankensektor stark gestiegen. Banken befürchten, dass Banken, denen sie Geld leihen, Insolvenz anmelden könnten. Daraufhin ist der Interbankenmarkt zum Erliegen gekommenund die TARGET-Salden sind gestiegen(Mayer 2011:2).

Abbildung 8: TARGET-Salden in ausgewählten Ländern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013

In Abbildung 8 sind die TARGET-Salden seit der Euro-Einführung zu sehen.Vor Beginn der Krise im Jahre 2008 waren im Vergleich zur jetzigen Situation kaum Salden zu erkennen. Seitdem haben insbesondere Deutschland, die Niederlande, Luxemburg positive und die GIIPS-Staaten (Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien) negative TARGET-Saldenangehäuft.

Der starke Anstieg der TARGET-Salden lässt sich neben der Unsicherheit im Bankensektor auch mit der Umschichtungvon Kapital, wie zum Beispiel von Staatsanleihen,erklären. Während sich seit der Euroeinführung die Renditenfür Staatsanleihen zwischen den Euroländern immer weiter angeglichen haben, ist der gegenteilige Effekt seit der Krise eingetreten. Das spricht dafür, dass seitdem Zweifel an der Solvenz Griechenlands aufgekommen sind, gegen die GIIPS-Staaten spekuliert wurde, indem deren Staatsanleihen verkauft worden sind. Eine Spekulation gegen bestimmte Anlagen kann auftreten, wennvermutet oder herausgefunden wird, dass die Zentralbanken innerhalb eines Fixkurssystems intervenieren müssen(Calvo 1998:44).

Abbildung 9: Renditen 10-jähriger Staatsanleihen für ausgewählte Länder des Euroraums (in Prozent)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle:EZB 2013a

In der Abbildung ist zu sehen, dass die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen von 1993 bis zum Ausbruch der Krise zunächst stark zueinander konvergiert und dann langeeng beieinander gelegen haben. Seitdem ist bei den stärker von der Krise betroffenen Staaten ein enormer Anstieg der Renditen zu verzeichnen. Im Gegenzug dazu kann eine „Flucht“nach Deutschland festgestellt werden, dessen Renditen für 10-jährige Staatsanleihen weiter gesunken sind. Wenn Banken davon ausgehen, dass Kurse bestimmter Anleihen und somit auch die Aktivapositionen weiter sinken, müssen die Banken sich zusätzliche Liquidität beschaffen, was wiederum durch den Verkauf von Staatsanleihen erreicht werden könnte. Dieser Verkauf führt zu einer Abwärtsspirale, die in einer Liquiditätsklemme für Banken und hohen Renditen für Staatsanleihen bestimmter Staaten enden kann.

Diese Spekulation kann anhand der Entwicklung der Rendite von griechischen Staatsanleihen und des griechischen TARGET-Saldos abgeleitet werden. Zunächst nimmt der TARGET-Saldo zu, was mit einer Intervention der Zentralbank gleichzusetzen ist. Anschließend kann ein Abzug aus griechischen Staatsanleihen ab August 2009 beobachtet werden, ab dem die Renditen für Staatsanleihen und daraus folgend gleichzeitig der TARGET-Saldo zugenommen haben, weil das exportierte private Kapital ersetzt werden musste. Als wieder vermehrt Staatsanleihen gekauft wurden und die Rendite gesunken ist, hat sich gleichzeitig auchder TARGET-Saldoerholt (Abbildung 10).

Abbildung 10: TARGET-Saldo und Renditen für griechische Staatsanleihen in Prozent

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EZB 2013a, Institute of Empirical Economic Research 2013

Die Aufnahme von Liquidität am Interbankenmarkt oder bei der EZB wären zwar mögliche Alternativen zum Verkauf der Staatsanleihen gewesen, doch die von der EZB bereitgestellte Liquidität war bis zu Beginn der Eurokrise begrenzt undder Zugang zum Interbankenmarkt ebenfalls einigen Geschäftsbanken verwehrt (EZB 2011d:9). Daraufhin hat die EZB unkonventionelle Maßnahmenergriffen, um den Liquiditätsproblemen entgegenzuwirken.Welche Möglichkeiten das Eurosystem zur Verfügung hat, um Geschäftsbanken Liquidität bereitzustellen, wird im nächsten Kapital erläutert.

4 Geldpolitischer Handlungsrahmen des Eurosystems

Das erklärte Hauptmandat der EZB ist die Gewährleistung der Preisniveaustabilität im Euroraum (Artikel 127 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Um diesem Ziel gerecht zu werden, steht dem Eurosystem ein geldpolitischer Handlungsrahmen zur Verfügung, der verschiedene Instrumente umfasst. Über den Transmissionsmechanismus sollen mittels der zur Verfügung stehenden Instrumente die Zinssätze am Interbankenmarkt und die Liquidität im Bankensektor gesteuert werden, die wiederum das Preisniveau beeinflussen sollen. Da der Geschäftsbankensektor aufgrund von Mindestreserveverpflichtungen und Bargeldabhebungen auf Zentralbankliquidität angewiesen ist, besteht ein struktureller Liquiditätsbedarf, der nur von der EZB gedeckt werden kann(EZB 2004:85–86).

Bei den geldpolitischen Maßnahmen der EZB kann zwischen den konventionellen und den Sondermaßnahmen während der Finanzkrise differenziert werden. Als die EZB die konventionellen Maßnahmen als nicht mehr ausreichenderachtete, um den Herausforderungen der Krise gerecht zu werden, setzte sie eine Reihe von Sondermaßnahmen ein, um die Geldmärkte im Euroraum zu stabilisieren (Stark 2010).

4.1 Konventionelle Maßnahmen

Die konventionellen Instrumente des Eurosystems umfassen im Wesentlichen dieOffenmarktgeschäfte, ständigen Fazilitäten und die Mindestreserve. Obwohl auch diese Instrumente im Zuge der Finanzkrise teilweise modifiziert eingesetzt wurden, ähnelt deren Einsatz noch am ehestem dem vor der Krise.

4.1.1 Offenmarktgeschäfte

Die Offenmarktgeschäfte sind Refinanzierungsmöglichkeiten für Geschäftsbanken, die von der Zentralbank initiiert werden. Sie umfassen den Hauptrefinanzierungszins, die Feinsteuerungsoperationen und die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte.

Über dieHauptrefinanzierungsgeschäftestellt die EZB den GeschäftsbankenLiquidität für eine Woche zur Verfügung, wofür dieseim Gegenzug Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen müssen. Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte werden über das sogenannte Tenderverfahren abgewickelt. Dabei wird zwischen zwei Zuteilungsverfahren, dem Zins- und dem Mengentender, unterschieden.

BeimZinstenderverfahrenlegt die EZB die Menge an Liquidität fest, die an den Geschäftsbankensektor vergeben werden soll. Die Geschäftsbanken können zu oder oberhalb eines Mindestzinses bis zu zehn Gebote mit unterschiedlichen Zinsen und dazu gewünschten Mengen an Liquidität abgeben. Die EZB teilt die Liquidität anschließend sukzessive den Banken zu, die die höchsten Zinsen geboten haben.

Über dasMengentenderverfahrenwird die Liquidität nicht in einem begrenzten Umfang zugeteilt, sondern es wird ein Zins festgelegt, zu dem sich die Geschäftsbanken beliebig viel Liquidität verschaffen können (EZB 2004:80–82).

Dielängerfristigen Refinanzierungsgeschäfte, auchLTROs(long-term refinancingoperations) genannt, habennormalerweise eine Laufzeit von 3 Monaten und werden jeden Monat vergeben.

Feinsteuerungsoperationenkommen zum Einsatz, wenn mehr oder weniger Liquidität im Markt zur Verfügung steht, als die EZBex-post für notwendig hält. Feinsteuerungsoperationen erfolgen bilateral von der EZB zur Geschäftsbank und können sowohl Liquidität absorbieren als auch zur Verfügung stellen(EZB 2004:73–74).

4.1.2 Ständige Fazilitäten

Auch über die ständigen Fazilitäten ist sowohl die Einlage als auch die Aufnahme von Liquidität möglich. Die Initiative liegt hierbei der Geschäftsbank. Sie kann für eine Nacht sowohl überschüssige Liquidität bei der Zentralbank deponieren oder fehlende Liquidität aufnehmen. Diese Möglichkeit kommt ebenfalls in Betracht, wenn sich die EZB bei der Liquiditätsbereitstellung verschätzt hat. Dabei sollte der Einlagezins deutlich unter dem Interbankenmarktzins Euro OverNight Index Average (EONIA)liegen. Demgegenüber sollte die Rate zurkurzfristigen Aufnahme von Liquidität unter dem EONIA liegen, so dass der Interbankenmarkt bevorzugt genutzt wird.

Abbildung 11: Schlüsselzinssätze derEZB und EONIA (in Prozent)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Deutsche Bundesbank 2013c, Deutsche Bundesbank 2013b

In Abbildung 11 ist die Entwicklung der Leitzinssätze und des EONIAs seit der Einführung des Euros abgetragen. Die Entwicklung der vier Zinssätze verläuft bis zu Beginn der Krise immer nahezu parallel: die Spitzenrefinanzierungsfazilität liegt über, die Einlagefazilität unter und der EONIA etwa auf dem Hauptrefinanzierungszins.

Seit der Krise ist zu sehen, dass der EONIA deutlich unter den Hauptrefinanzierungszins gefallen ist und fast auf gleichem Niveau wie die Einlagefazilität liegt[9].

4.1.3 Mindestreserve

Die Mindestreserve verpflichtet Kreditinstitute, einen bestimmten Betrag an Liquidität bei der Zentralbank zu halten. Die Höhe dieser Zwangseinlage richtet sich nach der Höhe der Passiva in den jeweiligen Bankbilanzen. Der vorgegebene Betrag muss dabei seitens der Zentralbank nicht immer, sondern nur im Durchschnitt über eine vier-wöchige Periode erfüllt sein. Dass der Mindestreservebetrag auch unter den vorgegebenen Betrag fallen darf, dient zur Stabilisierung des EONIAs. Geschäftsbanken müssen demnach bei Unterschreitung der Grenze nicht unmittelbar die zusätzliche Liquidität, um die Reserve zu erfüllen, am Interbankenmarkt nachfragen. Sie könnenauch auf die Reserve zurückgreifen, wenn ein Liquiditätsmangel besteht, ohne sich am Interbankenmarkt bedienen zu müssen. Dadurch können hohe Ausschläge des EONIAs verhindert werden.

Zudem dient das Mindestreservekontozur Bindung der Geschäftsbank an die Zentralbank, weil sie durch dieses und die autonomenFaktoren ein strukturelles Liquiditätsdefizit hat. Der durch die Kreditvergabe induzierte Liquiditätsabfluss führt nun zu genau diesem Liquiditätsbedarf der Bank, welcher durch die Aufnahme von Zentralbankliquidität gedeckt werden kann. Unter der Annahme, dass kein Bargeld gehalten würde, könnte der Geschäftsbankensektor ohne die Mindestreserveverpflichtung unendlich viel Giralgeld schöpfen (EZB 2004:77–79).

Um den Liquiditätsbedarf von Banken während der Finanzkrise zu senken und die Aktivität auf dem Geldmarkt zu erhöhen, wurde die Mindestreserve im Januar 2012 von zwei Prozent auf ein Prozent gesenkt(EZB 2012:29). Diese Senkung ist bereits den Sonderbedingungen der Finanzkrise geschuldet und könnte ebenfalls den Sondermaßnahmen zugeordnet werden. Weitere Maßnahmen während der Finanzkrise werden im nächsten Abschnitt beschrieben.

4.2 Sondermaßnahmen während der Finanzkrise

Seit der Lehman-Insolvenz am 15. September 2008 ist in der Eurozonedas Misstrauenzwischen Geschäftsbanken gestiegen. Höhere Insolvenzrisiken haben dieAufschläge für Interbankenmarktkredite steigen lassen und einige Banken hatten keinen Zugang mehr zum Interbankenmarktkapital (Haas & van Horen 2012:231).

Auch durch geldpolitische Entscheidungen konnte der Zugang zum Interbankenmarktkapital nicht sichergestellt werden, wodurch der für die EZB wichtige Transmissionsmechanismus beschädigt wurde. Um diesen wiederherzustellen, hat die EZB einige unkonventionelle Maßnahmen eingeführt. Dabei wurden sowohlreguläre Instrumente modifiziert, als auch Maßnahmen eingesetzt, die vorher in dieser Form noch nicht zum Einsatz gekommen sind[10].

4.2.1 Zuteilungsverfahren

Zu Beginn der Euro-Einführung wurde die Liquidität, die über die Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugeteilt wurde,noch über den Mengentender vergeben[11].Im Jahre 2000 wurden schließlich höhere Summen seitens des Geschäftsbankensektors in Anspruch genommen, als von der EZB gewünscht. Dies könnte durch niedrige Refinanzierungskosten bei der EZB gegenüber hohen Kostenam Interbankenmarkterklärt werden (EZB 2004:80–82).

Anschließend hatte sich das Zinstenderverfahren lange Zeit bewährt, bis bestimmte Banken im Euroraumihren Liquiditätsbedarf nicht mehr problemlos über den Interbankenmarkt decken konnten. Um die Liquiditätsversorgung sicherzustellen, hat die EZBals Reaktion darauf im August 2007 zunächst das Volumen, das über den Zinstender vergeben wurde, vergrößert. Als die Situation sich verschlechterte, ist sie im Oktober 2008 zum Mengentenderverfahren zurückgekehrt(EZB 2011c:64).

4.2.2 Erweiterung akzeptierter Sicherheiten

Zwar konnten die Banken sich nach der Umstellung von Zins- auf Mengentender unbegrenzt Liquidität verschaffen, doch wie bereits oben erwähnt, müssen sie demgegenüber Sicherheiten bei der EZB hinterlegen, die gewissen Ansprüchen genügen müssen. Um sicherzugehen, dass den Banken der Zugang zur Liquidität tatsächlich gewährt war, wurden die Sicherheitsstandardssukzessive verringert (EZB 2011c:64).

4.2.3 Kaufprogramme

Neben dem Covered Bond Purchase Programme (CBPP),und dem Security Market Programme (SMP) wurde ein weiteres Programm zum Ankauf von Wertpapieren, das OutrightMonetary Transactions-Programm (OMT), angekündigt, das am aktuellen Rand noch nicht zum Einsatz kam.

DasCBPPist ein Programm zum Aufkauf gedeckterSchuldverschreibungen,die von Banken des Euroraums emittiert werden und eine maßgebliche Finanzierungsquelle für diese darstellen. Der Ankauf der Bankschuldverschreibungen sollte zur Verbesserung der Finanzierungssituationvon Banken im Euroraum beitragen. Im Rahmen des am 7. Mai 2009 angekündigten Programms wurden zwischen dem 6. Juli 2009 und dem 30. Juni 2010 Pfandbriefe in Höhe von 60 Mrd. Euro aufgekauft (EZB 2011c:70). Im Oktober 2011 kündigte die EZB ein erneutes Kaufprogramm für Schuldverschreibungen an. Im Rahmen des CBPP2 wurden vom 3. November 2011 bis Ende Oktober 2012 weitere 40 Mrd. Euro an Bankschuldverschreibungen aufgekauft (EZB 2011b).

Das am 10. Mai 2010 angekündigteSMPsollte zur Beruhigung der Wertpapiermärke und zum Wiederherstellen des Transmissionsmechanismus beitragen, indem Staatsanleihen von bestimmten Krisenstaaten im Euroraum auf dem Sekundärmarkt aufgekauft wurden. Um eine zu hohe Geldmengensteigerung zu verhindern, die gegebenenfalls das geldpolitischen Mandat der EZB in Gefahr gebracht hätte, wurde die über die Wertpapierkäufe in den Markt gegebene Liquidität in Höhe von 208,5 Mrd. Eurowieder absorbiert (EZB 2011c:71).

Im Juli 2012 kündigte Mario Draghi, der Präsident der EZB, bei der Global Investment Conference an, alles Notwendigeim Rahmen des Mandats der EZB liegende zu tun,um den Euro erhalten (Draghi 2012a).

Auf der Pressekonferenzim September wiederholte er, dass der Euro unwiderruflich sei und dass alles Erdenkliche getan würde, um die Gemeinschaftswährung zu erhalten (Draghi 2012b).Gleichzeitigkündigte er an, das OMT-Programm aufzulegen. Als Nachfolger desStaatsanleihenkaufprogrammsSMP soll dieses im Gegensatz dazuin ex-ante nicht begrenzter Höhe Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufkaufen können, solange die Länder, deren Staatsanleihen gekauft werden sollen, bestimmte Voraussetzungen erfüllen(Deutsche Bundesbank 2013a).

4.2.4 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte

Laufzeit, Umfang und Zuteilung der üblicherweise nur dreiMonate andauernden LTROshaben sich seit der Krise verändert. Die bis dahin im Zinstender vergebenen LTROs werden seitherim Mengentenderzugeteilt und die Laufzeit wurde sukzessive auf sechs,zwölfund 36 Monate erhöht. Im August des Jahres 2007 wurden zunächst dreimonatige Refinanzierungsgeschäftein größerem Umfang vergeben, im März 2008 wurden schließlich sechsmonatige und im Juni 2009 zwölfmonatige LTROs eingeführt(EZB 2011c:61–63). Zuletzt hat die EZBam 21. Dezember 2011 und 29. Februar 2011 zwei Tender über je 36 Monate zur Verfügung gestellt (EZB 2011a). Von den langfristigen Refinanzierungsmöglichkeitenüber drei Jahre, die von Mario Draghi als „Dicke Bertha“ bezeichnetenwurden, haben die Banken insgesamt Liquidität in Höhe von 1018,7 Mrd. Euroaufgenommen (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 2012:88–89).

4.2.5 Emergency Liquidity Assistance(ELA)

ELA-Kredite sindNotfallkredite, die Notenbanken des Eurosystems auf eigenes Risiko an Geschäftsbanken vergeben können. Dabei entscheidet einzig die nationale Zentralbank, ob die Notfallkredite vergeben werden (EZB 2007:80–81).

Falls Geschäftsbanken starke Finanzierungsprobleme haben, weil zum Beispiel der Zugang zum Interbankenmarkt oder die Finanzierung bei der EZB aufgrund nicht ausreichend hoherakzeptierter Sicherheiten verwehrt bleibt, soll als ultimaratiodie Finanzierung über die nationalen Zentralbanken möglich sein.

Um zu verhindern, dass privatesKapital durch Zentralbankkredit substituiert wird, wie dies vor der Umstellung von Mengen- auf Zinstender im Jahre 2000 der Fall war, ist die Aufnahme von ELA-Krediten für Geschäftsbanken mit relativ hohen Kosten verbunden. Für die Aufnahme von ELA-Krediten fällt ein Zins von 100 Basispunkten über dem Spitzenrefinanzierungszins an[12]. ELA-Kredite müssen zwar geringerbesichert werden als die konventionelle Aufnahme von Zentralbankliquidität und die zuständige Zentralbank kann sogar um die Garantie der Regierung bitten, wenn gar keine Sicherheiten zur Verfügung stehen;im Gegensatz dazu ist dieAufnahme von ELAmit einer besonderen Kontrolle der Zentralbank verbunden, die den ELA-Kredit zur Verfügung gestellt hat (Bindseil& König 2012:170).

5 Die Auswirkungen der geldpolitischen Maßnahmen auf die TARGET-Salden

In diesem Kapitel wird darauf eingegangen, ob und wie die oben beschriebenen Maßnahmen sich auf dieZahlungsbilanzungleichgewichteim Euroraum ausgewirkt haben könnten und inwiefern die Finanzierung von Leistungsbilanzdefiziten durch TARGET-Salden unumgänglich gewesen ist. Zunächst wird auf die allgemeinen Effekte eingegangen, die die Maßnahmen der EZB gehabt haben könnten. In 5.2 werden die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf Länder diskutiert, die auffallend hohe TARGET-Salden aufweisen.

5.1 Allgemeine Effekte

Die Maßnahmen der EZB während der Finanzkrisehaben die Kosten für Geschäftsbanken, Zentralbankkredite aufzunehmen, deutlich gesenkt. Einige Geschäftsbanken könntendeswegen Interbankenmarktkredite durch Zentralbankkredite substituiert haben. Fraglich ist, ob diese die niedrigen Refinanzierungskosten ausgenutzt haben, um Zentralbankliquidität aufzunehmen oder ob diesen Geschäftsbanken der Zugang zum Interbankenmarkt verwehrt geblieben ist. Dabei ist es schwierig, die Auswirkungen der Maßnahmen von den Schocks, die während der Finanzkrise auftraten,auf diese Substitution zu trennen und klar zu identifizieren (Chadha& Holly 2012:214–215).

Wenn Geschäftsbanken sich untereinander nicht mehr vertrauen und das Ausfallrisiko des Geschäftspartners steigt, preisen Banken mit einem Liquiditätsüberschuss Sicherheitsprämien bei Interbankkrediten ein oder verzichten bei einigen Banken gänzlich darauf, ihnenLiquidität am Interbankenmarkt bereitzustellen (EZB 2009a:33).Ist die Liquidität für Banken am Interbankenmarkt nicht verfügbar, müssen dieseZentralbankliquidität aufnehmen. Dies könnte zum Beispiel erst durch die Senkung der Sicherheitsstandards ermöglicht worden sein, da die betroffenen Geschäftsbanken sonst nicht ausreichend viele Sicherheiten zur Verfügung gehabt hätten.Doch wenn die Kosten für die Aufnahme von Interbankenmarktkrediten über denen für Zentralbankliquidität liegen, haben die Geschäftsbanken einen Anreiz, Zentralbankliquidität aufzunehmen und diese weiter zu verleihen(Hauck, Neyer& Vieten 2011:100).

Abbildung 12: EONIA und täglich gehandeltes Volumen auf dem Interbankenmarkt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EZB 2013b

In der Abbildung ist das täglich gehandelte Volumen am Interbankenmarkt und der EONIA zusehen. Sowohl der EONIA als auch das am Interbankenmarkt gehandelte Volumen ist ab 2008 stark gefallen.2010 kam es dann noch einmal zu einem Anstieg des gehandelten Volumens und einhergehend mit dem weiter sinkenden EONIA ab 2011 istauch das gehandelte Volumen erneut stark zurückgegangen.

Schon im Jahr 2000 substituierten Geschäftsbanken Interbankenkredite durch Zentralbankliquidität. Damals reagierte die EZB mit einer Umstellung von Mengen- auf Zinstender (EZB 2004:80–82).

Die erneute Umstellung vom Zins- auf den Mengentender, die Reduktion von Sicherheitsstandards zu Beginn der Krise und weitere expansive geldpolitischen Maßnahmen könnten dazu geführt haben, dass GeschäftsbankenInterbankenmarktkredite durch Zentralbankkredite substituiert haben. Daraufhin könnte das gehandelte Interbankenmarktvolumen zurückgegangen sein und die Absenz von Banken mit potenziellen Liquiditätsengpässen den EONIA gesenkt haben. Banken mit Liquiditätsproblem könnten nicht bereit gewesen sein, höhere Risikoaufschläge zu akzeptieren, weil ihnen eine alternative Finanzierungsquelle bereit stand. Demzufolge könnten Banken mit einem Liquiditätsüberschuss diesen niedrigen Risikoaufschlag nicht akzeptiert haben, weil sie das Risiko, dass der Geschäftspartner ausfallen könnte, höher bewertet haben als den Zinsunterschied zwischen Einlagefazilität und EONIA ist[13].

Abbildung 13: Liquiditätsbedarf und -bereitstellung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EZB 2013d

In Abbildung 13 ist die Liquiditätsbereitstellung des Eurosystems durch die rote Linie gekennzeichnet. Die blaue Linie zeigt den strukturellen Liquiditätsbedarf der Banken im Euroraum an. Die benötigte Zentralbankliquidität, die zur Deckung der Mindestreserve und der autonomen Faktoren benötigt wird, liegt seit geraumer Zeit deutlich über der zur Verfügung gestellten Liquidität durch die Offenmarktgeschäfte und die Spitzenrefinanzierungsfazilität. Bis zur Insolvenz von Lehman-Brothers gingen Liquiditätsbedarf und -bereitstellung miteinander einher. Ab Oktober 2008 nahm die Volatilität der zur Verfügung gestellten Liquidität stark zu und lag im Durchschnitt deutlich über der benötigten. Ab Januar 2012 ist die Differenz insbesondere durch die LTROs so groß geworden, dass die Liquidität, die bereitgestellt wurde, im Juli 2012 fast dreifach so hoch war, wie benötigt gewesen wäre. Ab Januar 2013 haben sich die Größen wieder angenähert, liegen jedoch weiterhin relativ weit voneinander entfernt.

Die Liquidität, die von der EZB bereitgestellt wurde, ist dabei zu einem großen Teil in vereinzelte Länder geflossen. Von der gesamten Geldmenge im Euroraum im Januar 2012 wurden circa 90 Prozent in den GIIPS-Ländern geschaffen. Zum gleichen Zeitpunkt zirkuliertenallerdings nur gut 35 Prozent davontatsächlich in den GIIPS-Staaten. Die Differenz der in den GIIPS-Staaten geschaffenen und zirkulierenden Liquidität, also 55 Prozent, stellen die TARGET-Verbindlichkeiten der GIIPS-Länder gegenüber den anderen Ländern dar (Sinn & Wollmershäuser 2012b:484).

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die asymmetrische Verteilung der Zentralbankliquidität, die durch die Maßnahmen der EZB ermöglicht wurde, die privaten Kapitalflüsse verdrängt und somit die TARGET-Salden ermöglicht hat(Sinn & Wollmershäuser 2012a:16).

5.2 Effekte bestimmter Maßnahmen in ausgewählten Ländern

Einige Staaten hingen somit stark von der Bereitstellung der Zentralbankliquidität ab, andere waren aufgrund erhöhter privater Kapitalimporte nicht mehr auf sie angewiesen. Ohne die Maßnahmen wäre das Funktionieren des Zahlungssystems nicht sichergestellt gewesen. Die zwischen den Ländern ungleiche, erhöhte Bereitstellung von Liquidität resultierte zwar in einer Ausweitung der TARGET-Salden, doch könnte dieser Anstieg ebenso eine unvermeidbare Konsequenz gewesen sein, um die einheitliche Transmission der Geldpolitik zu bewahren (BancaD'Italia 2012:23–25).

Wie die unterschiedlichen Maßnahmen die Zahlungsbilanzender einzelnen Länder beeinflusst haben könnten und welche Folgen auf die TARGET-Salden daraus abzuleiten sind, wird im Folgenden betrachtet. Dabei beschränkt sich die Analyse auf die GIIPS-Staaten und Deutschland.

5.2.1 Griechenland

Das Leistungsbilanzdefizit Griechenlands lag bereits vor der Krise (2007) bei 14,6 des Bruttoinlandsproduktes (BIP)(Eurostat 2013a). Da ein Leistungsbilanzdefizit über Nettokapitalzuflüsse gedeckt werden muss, sind bei nicht ausreichend hohen privaten Kapitalimporten staatliche Kapitalflüsse und TARGET-Salden ergänzendnotwendig. Die Differenz zwischen dem TARGET-Saldo und dem akkumulierten Leistungsbilanzdefizit stellt somit die privaten und staatlichen Nettokapitalimporte dar.

Abbildung 14: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Griechenlands bis zu der Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bank of Greece 2013b; Institute of Empirical Economic Research 2013

Im Diagramm 14 sind die akkumulierten Leistungsbilanzdefizite Griechenlands von 2003 bis Ende 2007 durch die rote Linie und die TARGET-Salden durch die blaue Linie gekennzeichnet. Es istzwar zu sehen, dass fortlaufend Leistungsbilanzdefizite erzielt wurden, doch der TARGET-Saldo relativ stabil im leicht negativen Bereich verharrte. Demnachhaben private Nettokapitalimporte -also die Differenz zwischen dem TARGET-Saldo und den akkumulierten Leistungsbilanzdefiziten-seit 2003 bis Ende 2007 das Leistungsbilanzdefizit Griechenlands finanziert[14].

Abbildung 15: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo sowie staatliche Kapitalimporte Griechenlands seit der Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bank of Greece 2013b; Institute of Empirical Economic Research 2013; EuropäischeKommission 2013b[15]

Nun zeigt die Grafik den akkumulierten Leistungsbilanzsaldo, die TARGET-Salden und die empfangenen Hilfskredite Griechenlandsseit 2008 an.Dabei stellt die Differenz zwischen dem Betrag des Wertes am unteren Rand der grünen Fläche und dem TARGET-Saldo die Menge an empfangenen Hilfen dar[16].

Seit Beginn des Jahres 2008 konnten die privaten Kapitalzuflüsse das Leistungsbilanzdefizit nicht mehr finanzieren. Die Differenz zwischen dem TARGET-Saldo und den akkumulierten Leistungsbilanzdefiziten lag zwar beispielsweise im November 2009 noch im positiven Bereich (-0,38 Mrd. Euro + 0,58 Mrd. Euro = 0,2 Mrd. Euro).Dementsprechend wurden zu diesem Zeitpunkt noch private Nettokapitalimporte erzielt. Doch anschließend stieg das TARGET-Defizit oft stärker als das akkumulierte Leistungsbilanzdefizit, so dass teilweise schon zu dieser ZeitNettokapitalexporte verzeichnet wurden. Der fast parallele Verlauf der beiden Kurven zeigt allerdings, dass die TARGET-Salden die Leistungsbilanzdefizite zu einem sehr großen Teil finanzieren konnten und die privaten Nettokapitalimporte bis Januar 2010 insgesamt nahe null lagen. Seit Mitte des Jahres 2012 ist zu beobachten, dass die Leistungsbilanzdefizite geringer geworden sind und zwischen Juni und September 2012 sogar jeweils Leistungsbilanzüberschüsse erzielt wurden. Danach lagen die Leistungsbilanzdefizite monatlich jeweils nie über einer Mrd. Euro.

Die Stabilisierung der Leistungsbilanz könnte demnach ebenfalls eine Begründung für die Beruhigung der TARGET-Salden sein. Auch hier ist seit September 2011 zu sehen, dass der TARGET-Saldo nicht weiter gestiegen ist und zuletzt sogar rückläufig war. Dieser Rückgang könnte auf die Ankündigung der EZB zurückzuführen sein, dass sie alles Erdenkliche tue, um den Euro zu erhalten. Daraufhin könnte das Vertrauen innerhalbdes Bankensektors und in die Staatsanleihen der GIIPS-Länder teilweise wieder zurückgekehrt sein, so dass Kapital wieder von den TARGET-Überschussländern nach Griechenland geflossen ist (Draghi 2012b). Möglich ist auch, dass die Hilfsprogramme der Troika,die sich von Mai 2010 bis Mai 2013 sukzessive auf 200,9 Mrd. Euro summiert haben, die TARGET-Salden substituiert haben, indem das Geld zwar weiterhin zuerst in das griechische Bankensystem und dann wieder herausgeflossen ist, aber die Verbindlichkeiten in diesem Falle nicht gegenüber dem Eurosystem sondern den Gläubigern der Hilfsprogramme bestehen. Zwischen März und Juni 2012 sind zum Beispiel 75,6 Mrd. Euro -davon ein großer Teil aus dem Rettungsschirm European Financial StabilityFacility (EFSF)- nach Griechenland geflossen.

Bis jetzt wurde immer davon ausgegangen, dass die TARGET-Defizite die Leistungsbilanzdefizite von Ländern finanzieren. Doch wenn zusätzlich die Hilfskredite berücksichtigt werden, kann gesehen werden, dass die privaten Kapitalbilanzüberschüsse nicht nur zu gering waren, um die Leistungsbilanzdefizite zu decken, sondern dass sogar die private Kapitalbilanz defizitär gewesen ist. Somit müssen die privatenNettokapitalexporte ebenfalls finanziert werden (Europäische Kommission 2013b).

Nicht nur das griechische Leistungsbilanzdefizit sondern auch die Kapitalexporte aus Griechenland wurden somit seitens der Gläubigerländer von den Hilfskrediten und TARGET-Krediten finanziert. Die Kapitalexporte könnten dadurch erklärt werden, dass griechische Banken ihre Investitionstätigkeit im Ausland erhöht haben (BancaD'Italia 2012:17).Es stellt sich die Frage, inwiefern die Maßnahmen der EZB während der Finanzkrise dazu geführt haben, dass mehr Kapital ins Ausland exportiert wurde und dann private Kapitalimporte durch Zentralbankkapital substituiert wurden.

Eine mögliche Kapitalimportquellewäre beispielsweise der Interbankenmarkt gewesen,dessen Nutzung jedoch schon ab Mitte des Jahres 2008 abgenommen hat (Bank for International Settlements 2012b:7). Die Zins- und Besicherungskosten bei der Aufnahme von Liquidität sind maßgebliche Faktoren für die Entscheidung, ob die Geschäftsbanken am Interbankenmarkt oder bei der Zentralbank Liquidität aufnehmen (Hauck, Neyer& Vieten 2011:98).Da der Zugang griechischer Banken zum Interbankenmarkt teilweise verwehrt war, hättenohne die gesenkten Sicherheitsstandards griechische Geschäftsbanken vermutlich nicht die Möglichkeit gehabt, sich ausreichend Liquidität auf einem dieser beiden Wege zu beschaffen(BancaD'Italia 2012:18). Dass seitens der griechischen Zentralbank-auch am aktuellen Rand- immer wieder ELA-Kredite an griechische Geschäftsbanken vergeben werden, könnte zeigen, dass einige griechische Banken nach wie vor nicht über ausreichende Sicherheiten verfügen, um Zentralbankliquidität außerhalb der ELA in Anspruch zu nehmen (Bank ofGreece 2013a). Trotzdemkann festgestellt werden, dass die Umstellung von Zins- auf Mengentender und dieAnkündigung,geringere Sicherheiten zu akzeptieren, ebenfalls in die Zeit gefallen sind, in der der TARGET-Saldo stark gestiegen ist. Der immer weiter gesenkteHauptrefinanzierungszins ging ebenfalls mit dem gestiegenen TARGET-Saldo einher.

Abbildung 16: Leitzins und TARGET-Saldo Griechenlands

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EZB 2013c, Institute of Empirical Economic Research 2013

In der Grafik ist auf der linken Seite der TARGET-Saldo und auf der rechten Seite der Hauptrefinanzierungszins abgetragen. Es ist zu sehen, dass bereits vor der Umstellung von Zins- auf Mengentender ein TARGET-Saldo vorlag und sich der Saldo etwas stabilisiert hat, nachdem die Umstellung vollzogen wurde. Erst circa ein Jahr später (im September 2009) hat sich das TARGET-Defizit weiter erhöht, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon länger das Tenderverfahren wiedereingeführt war und der Leitzins bei einem Prozent lag.

Dass sich der Saldo seit Mai 2010 etwas stabilisiert hat, könnte an den Krediten anderer Euroländer an Griechenland liegen, da die Hilfskredite und das TARGET-Defizit als Substitute angesehen werden könnten (BancaD'Italia 2012:18). Die Hilfskredite hätten zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizites ausgereicht und es hätten keine zusätzlichen Zentralbankkredite aufgenommen werden müssen, um die Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren. Allerdings konnten die Hilfskredite die TARGET-Salden nicht vollständig substituieren. Stattdessen sind die privaten Kapitalexporte weiter gestiegen, so dass erst durch die parallele Bereitstellung von Zentralbankliquidität und Hilfskrediten die Nettokapitalexporte ermöglicht worden seinkönnten. Fraglich ist, ob die Kapitalexporte auch stattgefunden hätten, wenn nicht in diesem Maße Zentralbankliquidität hätte aufgenommen werden können.

Dadie unbegrenzte Zurverfügungstellung von Liquidität die Anreize senkt, dass Geschäftsbanken sich gegenseitig Liquidität leihen, könnten die niedrigen Refinanzierungskostengriechische Geschäftsbanken dazu verleitet haben, günstig an Liquidität zu gelangen und sie nicht von anderen Banken in Anspruch zu nehmen. Diese könnten dann über Geschäftsbanken zum Beispiel in Form von Wertpapierkäufen in die TARGET-Überschussländer geflossen sein (Cao, Jin:4).

5.2.2 Portugal

Auch Portugal hat im Laufe der Jahre ein hohes TARGET-Defizit angehäuft.Wie in der Abbildung 17 zu sehen, hat sich besonders ab Februar 2010 der TARGET-Saldo Portugals dramatisch erhöht. Anschließend hat sich die Lage etwas stabilisiert und die Salden sind nicht weiter so stark gestiegen. Nachdem im Juni 2012 der Höchststandvon circa 74,5 Mrd. Euroerreicht wurde, ist er anschließend auf gut 60 Mrd. Euro gefallen (Institute ofEmpiricalEconomic Research 2013).

Abbildung 17: Akkumulierter Leistungsbilanz-und TARGET-Saldo Portugals

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute ofEmpiricalEconomic Research 2013, Eurostat 2013c, Europäische Kommission 2013d

Wie bei der Grafik 15 für Griechenland ist auch hier zu sehen, dass der TARGET-Saldo das Leistungsbilanzdefizit finanziert. Zunächst waren bis Anfang 2010 die privaten Kapitalimporte noch größtenteils ausreichend, um das Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren, doch anschließend sind die privaten Nettokapitalimporte immer stärker gesunken und sogar negativ geworden.Dies könnte zu einem großen Teil daran liegen, dass Ausländer Kapital aus Portugal abgezogen haben und somit die Kapitalexporte gestiegen sind. Wenn nicht in gleichem Maße die Kapitalimporte gestiegen sind, hat dies zur Folge, dass die Liquidität anderweitig - in diesem Fall über die EZB- aufgenommen werden muss (BancaD'Italia 2012:17–18).

Der Rückgang des TARGET-Defizits im Mai 2011 und die anschließende Stabilisierung könnte auch hier mit der Auszahlung der Hilfskreditebegonnen haben, die sich von Mai 2011 bis Ende 2012 auf 61,4 Mrd. Eurokumuliert haben (Europäische Kommission 2013d).

Wie in Griechenland ist zu sehen, dass das bis Ende 2012 angehäufte Leistungsbilanzdefizit in Höhe von 72,9 Mrd. Eurozu 84 Prozentdurch die Hilfskredite hätte finanziert werden können. Zwar hätte die Lücke in Höhe von 11,5 Mrd. Euro geschlossen werden müssen, doch die weiteren Nettokapitalexporte in Höhe von 54,5 Mrd. Euro wurden erst durch die Maßnahmen der EZB ermöglicht. Letztendlich hatkeine Maßnahme direkt zu einer plötzlichen Ausweitung der TARGET-Salden geführt und bis zur Einführung der Maßnahmen könnte die Erhöhung der Salden auch notwendig gewesen sein, um die Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren. Anschließend hätten die Hilfsmaßnahmen bei restriktiverer Geldpolitik die TARGET-Kredite wahrscheinlich zu einem großen Teil ersetzen können, wenn dies gewollt gewesen wäre.

Die Ankündigung der OMT dagegen könnte zu einem Vertrauensgewinn und damit erhöhten Kapitalimporten geführt haben. Einhergehend mit der Ankündigung hat sich zwar das TARGET-Defizit gesenkt, doch im Oktober 2012 wurden auch erneut Hilfszahlungen an Portugal geleistet, so dass die beiden Effekte schwer voneinander zu trennen sind (Europäische Kommission 2013d).

5.2.3 Irland

In Irland sind die TARGET-Verbindlichkeiten bis zu 145 Mrd. Euro im Dezember 2010 gestiegen. Das kumulierte Leistungsbilanzdefizit von Anfang 2008 bis zu diesem Zeitpunkt belief sich im Vergleich zu Griechenland und Portugal aber gerade einmal auf 12 Mrd. Euro. Im Vergleich zu den anderen beiden Ländern ist sogar bei der alleinigenBetrachtung des TARGET- und akkumuliertem Leistungsbilanzdefizits –also ohne Hilfskredite- der Nettokapitalimport negativ.

Abbildung 18: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Irlands

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013, Eurostat 2013c

Im Gegensatz zu Griechenland und Portugal, wo die TARGET-Salden größtenteils die Leistungsbilanzdefizite -insbesondere vor den offiziellen Hilfskrediten- finanziert haben, kann dies in Irland nicht mehr als Erklärung dienen. Neben der Finanzierung der im Vergleich zu den TARGET-Salden kleinen Leistungsbilanzdefizite müssen nicht nur diese, sondern auch die privaten Nettokapitalexporte finanziert werden, die durch die aus der Verschiebung von Kapital seitens der Geschäftsbanken oder anderer privater Kapitalgeber resultiert sein könnten (Bank for International Settlements 2012a:7).

Abbildung 19: Leitzinsentwicklung, TARGET-Saldo Irlands und ausgewählte Maßnahmen während der Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle[17]: EZB 2013c, Institute of Empirical Economic Research 2013, EuropäischeKommission 2013a

Die Kapitalexporte Irlands und der daraus resultierende TARGET-Saldo begannen zunächst unmittelbar nach der Lehman-Pleite im Herbst des Jahres 2008. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Umstellung von Zins- auf Mengentender vollzogen.

Wie zu sehen ist, gehen dieTARGET-Defizite und damit, wie oben erläutert, die Kapitalexporte und die weiteren Leitzinssenkungen zwischen Anfang 2008 und Mai 2009 miteinander einher. Es fällt dabei schwer zu trennen, inwiefern sich die Lehman-Insolvenz, das gesunkene Vertrauen am Interbankenmarkt und die Maßnahmen der EZB gegenseitig bedingen. Die Umstellung von Zins- auf Mengentender und die gestiegenen Salden unterliegen dabei allerdings dem Problem der reversen Kausalität, so dass nicht direkt auf einen kausalen Zusammenhang von Leitzinssenkungen auf TARGET-Salden geschlossen werden kann (Chadha& Holly 2012:209).

Das im Verhältnis zum BIP sehr große Bankensystem litt nach der Lehman-Pleite im September 2008 unter einem enormen Vertrauensverlust. Dass Irland monatelang mit relativ teuren ELA-Krediten seine Banken gestützt hat, deutet auf die tatsächliche Liquiditätsnot irischer Banken hin (Thomson Reuters 2013).

Investoren zogen ihr Kapital aus Irland ab und andere Banken in der Euro-Zone vertrauten irischen Banken nicht mehr ihr Geld an. Um die Refinanzierungssituation der Banken zu verbessern, stellte die EZB Liquidität über den Mengentender zur Verfügung. Daraufhin und mit weitergehenden Leitzinssenkungen einhergehend erhöhte sich auch das TARGET-Defizit Irlands. Möglich ist, dass die Umstellung dazu geführt hat, dass die irischen Banken Interbankenkredite durch Zentralbankkredite substituiert haben, da deren Kosten enorm gesunken sind. Sollte irischen Banken der Zugang zum Interbankenmarkt gänzlich verwehrt gewesen sein, könnte die Umstellung eine unumgängliche Maßnahme dargestellt haben, um eine Verschlechterung der Situation zu verhindern. Eine weitere Alternative um ihr Liquiditätsproblem zu lösen, wäre der Verkauf von Anleihen gewesen, woraufhin die Kurse weiter gesunken wären. Das könnte die Banken wiederum veranlassen, mehr Anleihen zu liquidieren (Chadha& Holly 2012:45).

Da die EZB diese Situation möglicherweise vermeiden wollte, hat sie ein Programm aufgelegt, um die Finanzierungsmöglichkeit irischer Banken zu verbessern. Dennauch der Markt für Schuldverschreibungen, der für irische Banken ebenfalls eine wichtige Finanzierungsquelle darstellt,ist zum Erliegen gekommen. Daraufhin hat die EZBim Juni 2009 das Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen, Covered Bond Purchase Programme (CBPP), auferlegt und angekündigt, 60 Mrd. Euro Pfandbriefe zu erwerben (EZB 2009b). Prompt hat sich der TARGET-Saldo erholt. Vor der Ankündigung könnten die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit irischer Banken und somit die Kreditvergabe an diese stark eingeschränkt gewesen sein. Die Ankündigung des Aufkaufprogramms könnte derweil ein stark erhöhtes Vertrauen gegenüber irischen Banken nach sich gezogen haben, weil sich deren Refinanzierungssituation verbessert hat.

Doch seit dem von der EZB auferlegtem SMP, mit dem sie auf die seit Mitte des Jahres 2010 verkauften Staatsanleihen von Finanzinstituten außerhalb des Euro-System in Höhe von 116 Mrd. Euro und gesunkenen Interbankenkredite in Höhe von 487 Mrd. Euroreagieren wollte und Staatsanleihen im Wert von 19 Mrd. Euroaufkaufte, sind die Kapitalexporte weiter gestiegen (Bank for International Settlements 2012b:7). Erst als Irland Anfang 2011intergouvernementale Hilfen in Anspruch genommen hat, die sich bis Ende 2012 auf 70,2 Mrd. Euro summiert haben, ist der TARGET-Saldo wieder gesunken (Europäische Kommission 2013a).

Die Verringerung des TARGET-Defizits bis Februar 2013 von 145 auf 73 Mrd. Eurokönnte damit zu 98 Prozent mit den Hilfskrediten erklärt werden. Auffällig ist, dass besonders nach der Ankündigung des CBPP2 im November 2011 und des OMT-Programms im September 2012 der TARGET-Saldo noch einmal abgenommen hat. Neben den Hilfskrediten könnte also auch die Ankündigung Draghis im Juli und September 2012, den Euro um jeden Preis zu erhalten und die Ankündigung des zweiten CBPPs zu geringeren Nettokapitalexporten geführt haben. Die Skepsis, dass irische Banken zahlungsunfähig werden könnten, könnte abgenommen haben, indem deren Refinanzierungssituation durch die CBPPs verbessert wurde. Des Weiteren hätte die EZB vermutlich als „lenderof last resort“ agiert, was sie zwar nicht explizit durch die OMT-Ankündigung bekanntgegeben hat, doch vermutet wurde, als Draghi erklärte „alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten“ (Draghi 2012a).Diese beiden zusätzlichen Maßnahmen des Eurosystems hätten neben dem Hilfsprogramm aber eine größere Abnahme des TARGET-Saldos bewirken können. Eine Erklärung für die geringe Abnahme wäre, dass wiederum ein Teil der bereitgestellten Liquidität in die TARGET-Überschussländer geflossen sein könnte.

5.2.4 Spanien

Wie in Abbildung 20 zu sehen, hatte Spanien bis vor der Krise noch eine Nettogläubigerposition bei den TARGET-Salden inne. Zwar hat Spanienbereits bis dahin Leistungsbilanzdefizite angehäuft, doch diese konntenlange durch private Kapitalimporte finanziert werden.Dies könnte durch den größtenteils von Ausländern finanzierten Immobilienboom zu erklären sein, der durch die stark gesunkenen Bauzinsen ermöglicht wurde und eine Immobilienblase ausgelöst hat (EZB 2003:4–5). Dieseließ die Nettoauslandsschulden Spaniens von 2003 bis 2012 um 622,2 Mrd. Euro auf 976,4 Mrd. Euro steigen (Eurostat 2013b).

Abbildung 20: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Spaniensbis zu der Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013, Eurostat 2013c

Im Gegensatz zu den bisher angesprochenen Staaten ist in Spanien das TARGET-Defizit seit der Lehman-Insolvenz zuerst nur mäßig gestiegen.Im Juni 2011 war dann der Zeitpunkt gekommen, an dem die privaten Nettokapitalimporte begonnen haben abzunehmen und die private Kapitalbilanz letztendlichNettokapitalexporte aufwies.Ab August 2012 kam es dann noch einmal zu einer Erholung des TARGET-Defizits.

Abbildung 21: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Spaniens seit der Krise

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eurostat 2013c, Institute of Empirical Economic Research 2013

Möglicherweise wurden dieNettokapitalexporte aus Spanien aber erst durch die geldpolitischen Maßnahmen der EZB ermöglicht. Vor allem die Zurverfügungstellung der LTROskönnten dabei die privaten Kapitalimporte, die nötig gewesen wären, um das Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren, ersetzt haben. Nach den Refinanzierungsgeschäften über drei Jahre zu einem Zins von einem Prozent, den „Dicken Berthas“, Ende 2011 und im März 2012, ist der TARGET-Saldo Spaniens noch einmal stark angestiegen. Zwischen der Inanspruchnahme der LTROs und dem TARGET-Saldo besteht wie in Abbildung 22 zu sehen eine stark negative Korrelationmit einem Wert von-0,93.

Abbildung 22: Inanspruchnahme der LTROs von spanischen Banken und TARGET-Saldo Spaniens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013, Bank of Spain 2013

Ob Geschäftsbanken Liquidität am Interbankenmarkt oder bei der EZB aufnehmen, machen sie abhängig von den Kosten, die zur Aufnahme jeweils bestehen (Hauck, Neyer& Vieten 2011:100). Wenn die EZB zwei Langfristtender über 3 Jahre zu einem Zins von einem Prozentausgibt, sinken die Kosten für die Beschaffung von Zentralbankliquidität. Zwar sollten die geldpolitischen Maßnahmen die Kreditvergabe ausweiten, doch es ist ebenfalls denkbar, dass Geschäftsbanken mehr Zentralbankliquidität als zur Deckung des Bedarfs notwendig gewesen wäre, in Anspruch genommen haben, um diese wiederum im Ausland zu investieren(Chadha& Holly 2012:219–220).

Insgesamt kann konstatiert werden, dass die privaten Nettokapitalimporte vor allem ab Mitte 2011 stark gesunken sind.Der Grafik kann nicht entnommen werden, wie viel die einzelnen Komponenten der privaten Kapitalbilanz dabei ausgemacht haben. Eswäre sowohlmöglich, dass die Kapitalimporte konstant geblieben und nur Kapitalexporte gestiegen sind, oder die Kapitalimporte gefallen sind und sich die Kapitalexporte nicht verändert haben.

Möglicherweisehaben spanische Banken mit dem aus den „Dicken Berthas“ aufgenommenem Kapital zwischen Oktober 2011 und März 2012 in Höhe von 274,5 Mrd. Euro zum Teil Staatsanleihen aus TARGET-Überschussländern gekauft haben, während ein Anstieg der Kreditvergabe in Spanien nur zum Teil zu beobachten ist. Dies könnte den Anstieg des TARGET-Saldos um 167,5 Mrd. Euro im selben Zeitraum erklären, wenn die Liquidität aus den Überschussländern vom Eurosystem absorbiert wurde (Kreditanstalt für WiederaufbauEconomic Research 2013).

Zudem sind ausländische Wertpapierinvestitionen in Spanien um 193,3 Mrd. Euro gesunken. Wenn davon ausgegangen wird, dass Investoren aus TARGET-Überschussländern diese Wertpapiere an spanische Investoren verkauft haben, könntedamit der gestiegene TARGET-Saldo aufgrund derjenigen Kapitalexporte erklärt werden(Banco de España 2013).

Der Rückgang des Saldos ab August 2012 könnte wieder anhand der Ankündigung des OMT-Programms und zur Irreversibilität des Euros erklärt werden. Die im Dezember erfolgte Auszahlung der Finanzhilfen in Höhe von knapp 40 Mrd. Eurokönnten einen weiteren Teil ausgemacht haben (Europäische Kommission 2013c).

5.2.5 Italien

Zu Beginn der Krise galt Italien noch nicht in dem Ausmaß als Krisenlandwie zum Beispiel Griechenland oder Portugal. Der Verlauf des TARGET-Saldos zeigt ebenfalls, dass sich die Krise hier erst mit Verzögerung auswirkte. Der TARGET-Saldo Italiens lag zwischen 2003 und 2008 meist im leicht positiven Bereich bis er bereits ab Januar 2010 sank und erst im Juni 2011erstmals seit Dezember 2003 wieder eine Nettoschuldnerposition vorlag (Abbildung 23) (Institute ofEmpiricalEconomic Research 2013).

Abbildung 23: Akkumulierter Leistungsbilanz- und TARGET-Saldo Italiens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle:Institute of Empirical Economic Research 2013, Eurostat 2013c

Auch in Italien kumulierte sich ein Leistungsbilanzdefizit, welches sich aber ab Mitte 2011 stabilisierte. Anschließend erwirtschaftete Italien sogar teilweise Leistungsbilanzüberschüsse,jedoch stieg das TARGET-Defizit trotzdem weiter an. Zwar hat seit der Krise auch der TARGET-Saldo das Leistungsbilanzdefizit Italiens finanziert, doch dieseskann nicht den starken Anstieg des TARGET-Defizits seit Mitte 2011 erklären.

Eine Ursache dafür könnte sein, dass in einer Krise das Problem besteht, dass es eine Tendenz zu sicheren Anlagen gibt und Banken ihre Liquidität lieber horten, als diese an andere Finanzinstitute mit zu hohen Ausfallrisiken weiterzuvergeben. Unter normalen Umständen führen die Finanzmärkte zwar zu einer effizienten Allokation der Liquidität, doch in einer Krise könnte auch bei ausreichend Liquidität im Markt eine effiziente Allokation aufgrund der eingefrorenen Märkte nicht gewährleistet sein(Chadha& Holly 2012:51).

Auch die ab Ende 2011 aufgetretenenNettokapitalexporte Italiens könnten erneut auf starke Kapitalexporte hindeuten. Auffällig ist die hohe Korrelation zwischen den von italienischen Banken in Anspruch genommen längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (LTRO) und den TARGET-Salden von 0,95.

Abbildung 24: Inanspruchnahme der LTROs von italienischen Banken und TARGET-Saldo Italiens

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013, BancaD'Italia 2013a

Vor allem zwischen dem Zugriff auf die „Dicken Berthas“ und dem Anstieg des TARGET-Defizit ist ein starker Zusammenhang zu sehen. Die Anfang Dezember zur Verfügung gestellte Liquidität, von der italienische Banken circa 92 Mrd. Euro in Anspruch genommen haben, ging mit einem Anstieg des TARGET-Saldos um 91,5 Mrd. Euro zwischen November 2011 und Januar 2012 einher. Im März wurde dann erneut Liquidität in Höhe von 127,5 Mrd. Euro aufgenommen. Das TARGET-Defizit erhöhte sich zwischen Januar und März um 90 Mrd. Euro.

Zwar wollte die EZB mit den „Dicken Berthas“ den oben genannten Gefahren entgegenwirken und zudem die Kreditvergabe anregen, doch im Gegensatz zu der stark gestiegenen Liquiditätsaufnahme sind die Kredite an Haushalte kaum gestiegen. Dafür wurden von einem Teil der aufgenommenen Liquidität Staatsanleihen gekauft(Bank for International Settlements 2012b:10–11).

Insgesamt haben italienische Banken von der circa einen Billion zur Verfügung gestellten Liquidität201Mrd. Euro aufgenommen. Der Bestand an italienischenSchuldverschreibungen, die von privaten italienischen monetären Finanzinstituten gehalten wurden, erhöhte sich zwischen Ende November 2011 und Ende April 2012 um 76,1Mrd. Euro. Da auch der Bestand von anderen Finanzinstituten um circa 15 Mrd. Euro und der anderer Inländer um gut 20 Mrd. Euro gestiegen ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Wertpapiere von Ausländern gekauft wurden (BancaD'Italia 2013c). Überdies hat sich der Bestand an Staatsanleihen von Euroländern,die monetäre Finanzinstitute Italiens halten, in diesem Zeitraum um 96,3 Mrd. Euro erhöht. Zwar gibt die italienische Zentralbank nicht an, von wem diese Staatsanleihen gekauft wurden, aber auch hier kann davon ausgegangen werden, dass zumindest ein Teil der Wertpapiere von Investoren in TARGET-Überschussländern zu welchen in Italiengeflossen ist (BancaD'Italia 2013b).

Die Kapitalexporte, die durch solche Transaktionen entstehen und von den dort ansässigen Geschäftsbanken aufgrund der oben beschriebenen Situation bei der Zentralbank angelegt wurden, könntendenAnstieg der TARGET-Salden um 190 Mrd. Euro von Oktober 2011 bis April 2012zu einem großen Teil erklären.

5.2.6 Deutschland

Deutschland hat im Laufe der Jahre einen beträchtlichen TARGET-Überschuss kumuliert. Bis Mitte des Jahres 2007 war der TARGET-Saldo zwar noch relativ gering, und es wurden sogar teilweise TARGET-Defizite aufgewiesen,doch seit Ausbruch der Krise haben sich die Forderungen nach und nach bis auf 751 Mrd. Euro gesteigert. Ab Mitte 2012 ist der Saldo dann wieder geringfügig rückläufig gewesen.

Abbildung 25: TARGET-Saldo Deutschlands und der GIIPS-Länder

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Institute of Empirical Economic Research 2013

Insgesamt kann aus Grafik 25 abgeleitet werden, dass die Verbindlichkeiten der GIIPS-Länder mit den Forderungen Deutschlands größtenteils miteinander einhergehen. Ein großer Teil der in den GIIPS-Ländern geschaffenen Zentralbankliquidität ist demnach durch unterschiedlichste Transaktionen nach Deutschland geflossen. Eine mögliche Erklärung könnten Einlagen ausländischer Banken bei deutschen Banken sein, die von Juli 2011 bis April 2012 von 656,1 auf 905,9 Mrd. Euro gestiegen sind (Deutsche Bundesbank).

Weitere mögliche Erklärungsansätze für den Liquiditätszufluss könnten sowohl der Rückkauf der Staatspapiere von den GIIPS-Ländern aus Deutschland, als auch der Kauf deutscher Staatsanleihen von Ausländern sowie die erhöhte Importnachfrage nach deutschen Produkten sein.

Wie bei den GIIPS-Ländern ist in Deutschland der größte Anstieg des Saldos abJuli 2011 zu bemerken, bis im Juni 2012 der Höhepunkt erreicht wurde. Zum selben Zeitpunkt ist auch der Interbankenmarkt in der Eurozone stark eingebrochen, wofür oft als Grund die Staatsschuldenkrisekolportiert geworden ist(Wolff:2). Dies würde auch im Kontext der TARGET-Salden die Erklärung nahelegen, dass die Gefahr von Staats- und Bankinsolvenzen das Kapital in die „sicheren Häfen“ wieDeutschland hat fließenlassen. Dort ist die Skepsis allerdings zu groß, um Anleihen von insolvenzgefährdeten Staaten zu erwerben sowie Interbankenmarktkredite an dort ansässige Finanzinstitute zu vergeben. Die überschüssige Liquidität deutscher Banken wird stattdessen zu schlechten Konditionen über die Einlagefazilität an die Bundesbank vergeben.Der Kassenbestand und das Guthaben bei der Bundesbanksind beispielsweise von Juli 2011 bis August 2012 von 72,4 auf 219,1 Mrd. Euro gestiegen (Deutsche Bundesbank 2013d).Dies könnte daran liegen, dass aufgrund der expansiven Geldpolitik der EZB die Differenz zwischen der Einlagefazilität und dem EONIA stark gesunken ist.

Abbildung 26: Risikoprämie am Interbankenmarkt undTARGET-Saldo Deutschlands

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Deutsche Bundesbank 2013b, 2013c; Institute of Empirical Economic Research 2013

In der Abbildung ist auf der linken Skala der TARGET-Saldo abgetragen, der durch die die blaue Linie gekennzeichnet ist.Die umgekehrte rechte Skala und die rote Linie zeigt die Differenz zwischen dem EONIA und der Einlagefazilität in Basispunkten. Es ist zu sehen, dass die Differenz bis Januar 2009 zwischen 120 und 90 Basispunkten lag und anschließend bis auf nur acht Basispunkte gesunken ist. Auch der TARGET-Saldo Deutschlands ist in diesem Zeitraum stark gestiegen. Der Korrelationskoeffizient zwischen den beiden Größen liegt bei -0,85.

Die Aufnahme der Liquidität bei der EZB ist durch den niedrigen Refinanzierungszins sehr günstig und unbegrenzt geworden.Es besteht für Banken mit Liquiditätsbedarf ein geringer Anreiz Liquidität am Interbankenmarkt zu gegebenenfalls sogar schlechteren Konditionen als bei der EZB aufzunehmen. Banken mit einem Liquiditätsüberschuss könnten nicht bereit sein, illiquiden Banken, die gewisse Insolvenzrisiken bergen, zu einem so geringen Zins einen Kredit zu geben.Eine mögliche Folge wäre, dass ein Handel am Interbankenmarkt zwischen Banken mit Liquiditätsüberschuss und Liquiditätsbedarf nicht zustande kommt und eine Verzerrung des EONIAs nach unten vorliegt.

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass Banken mit einem Liquiditätsüberschuss das Ausfallrisiko von anderen Banken seit der Krise höher einschätzen, jedoch einen deutlich niedrigeren Risikoaufschlag als vor der Krise erhalten. Banken mit einem Liquiditätsüberschuss stehen vor der Entscheidung, ob sie ihre Liquidität am Interbankenmarkt zu einem niedrigen Zins, der momentan offiziell bei acht Basispunkten liegt, vergeben oder über diese Einlagefazilität zu einem Zins von null Basispunkten beim Eurosystem anlegen.

Momentan scheint sie das Risiko, dass die potenzielle Gegenposition Insolvenz anmelden könnte, höher einzuschätzen, als die Differenz zwischen dem Zins für einen Kredit am Interbankenmarkt und der Einlagefazilität ist, so dass die Einlagefazilität bevorzugt genutzt wird.

Jede zusätzliche Liquiditätszufuhr der EZB in Länder, die den dortigen Liquiditätsbedarf übersteigt und zu Kapitaltransfers nach Deutschland führt, könnte demnach die TARGET-Salden weiterhin erhöhen, bis das Vertrauen auf Staats- und Bankenebene wiederhergestellt ist.

Die Ankündigung Draghis, den Euro um jeden Preis erhalten zu wollen,und damit eine Quasi-Garantie für die Zahlungsfähigkeit der Staaten zu geben, hat vermutlich zu erhöhtem Vertrauen innerhalb der Euro-Zone geführt, woraufhinsich auchdie TARGET-Salden gesenkt haben könnten. Doch obein solches Versprechen eine Vertrauenskrise dieser Art lösen kann, ist fragwürdig. Der wahrscheinlich bessere Ansatz,um dieser Krise auch langfristig zu begegnen, wäre, den Ursachen des verminderten Vertrauens, also der Schuldenkrise,entgegenzuwirken(Wolff:2).

6 Fazit

Zwar wurden erst durch die günstigen Refinanzierungsbedingungen bei der EZB das große Volumen an Kapitalexporten aus den GIIPS-Staaten und damit der Anstieg der TARGET-Saldenermöglicht, doch andererseits könnten die zu Beginn der Finanzkrise eingeführten Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zur Funktionsfähigkeit des Systems geleistet haben. Die EZB könnte für Banken in Griechenland, Portugal und Irland durch die Umstellung vom Zins- auf den Mengentender sowie die Ausweitung der akzeptierten Sicherheiten als „lenderof last resort“ gedient haben.Jegliche andere private Finanzierungsmöglichkeit könnten einigen Banken verwehrt gewesen sein. Dies gilt auch für die Alternative über intergouvernementale Hilfskredite, die aufgrund der time-lag Problematik zunächst keine Hilfe geboten haben könnte.

Ob dies allerdings auch für die Staaten Italien und Spanien gilt, die einen großen Teil der „Dicken Bertha“ in Anspruch genommen haben, lässt sich stark bezweifeln. Vermutlich wäre die Solvenz der dort ansässigen Banken auch ohne diese Maßnahme gewährleistet gewesen. Dadurch, dass die Banken deutlich mehr Liquidität als zur Deckung des Bedarfs aufgenommen haben, könnte Ihnen zum Beispielermöglicht haben, Staatsanleihen aus Deutschland zu erwerben. Deutsche Banken hatten jedoch entweder nicht das notwendige Vertrauen aufgebaut, um das Kapital wieder in die Peripherie fließen zu lassen, oder die Banken in den GIIPS-Staaten haben Zentralbankliquidität gegenüber Interbankenkrediten bevorzugt.

Dass die TARGET-Salden wieder etwas gesunken sind, liegt zusammenfassend gesehen, einerseits an dem erhöhten Vertrauen, das durch die Ankündigung Mario Draghis aufgebaut wurde und den Hilfskrediten, die die TARGET-Salden substituiert haben. Letztendlich kommt es aber langfristig auf das Verhältnis zwischen dem Risikoaufschlag, den GIIPS-Banken am Interbankenmarkt zahlen müssen und den Kosten, die für die Aufnahme von Zentralbankliquidität bestehen an, welche Refinanzierungsmöglichkeit in Anspruch genommen wird. Da sich der Risikoaufschlag schon stark verringert hat, muss das Vertrauen zwischen Banken entweder so groß sein, dass kein Zweifel an der Solvenz des Schuldners besteht oder die EZB muss die Kosten für die Bereitstellung von Liquidität erhöhen, damit sich die Salden wieder senken.

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[...]


[1] Trinity College Dublin, Irland.

[2] Dabei wird angenommen, dass die Handelsbilanz der Leistungsbilanz entspricht, in die tatsächlich noch die Dienstleistungsbilanz, Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie laufende Übertragungen miteingehen würden.

[3] Genaueres zum Mechanismus der Wechselkursänderung siehe Wagner 2011:221.

[4] Neben der Erfüllung der Mindestreserveverpflichtung hat die Geschäftsbank ein Konto bei der Zentralbank, um den durch die autonomen Faktoren entstandenen Liquiditätsbedarf zu erfüllen. Genaueres dazu in Kapitel 4.1.3.

[5] Die griechische Zentralbank könnte auch das Guthaben der Geschäftsbanken senken, aber hier wird angenommen, dass die griechische Geschäftsbank dieselbe Menge an Zentralbankliquidität halten möchte.

[6] Auch hier wird angenommen, dass die deutsche Geschäftsbank weiterhin dieselbe Menge an Zentralbankliquidität halten möchte.

[7] Durch flexible Wechselkurse zwischen der Euro-Zone und anderen Ländern kann dies angenommen werden.

[8] Dabei sollte ab dem Zeitpunkt aufsummiert werden, bei dem der TARGET-Saldo bei null liegt, oder die Veränderung des TARGET-Salden seit dem Zeitpunkt der Aufsummierung der anderen Größen in die Gleichung aufgenommen werden.

[9] Welche Auswirkungen das - vor allem auf die TARGET-Salden - hat, wird in Kapitel 5.2.6 diskutiert.

[10] Auf die Bereitstellung von Liquidität in ausländischer Währung wird nicht eingegangen, da dieses Thema im Laufe der Arbeit keine weitere Relevanz darstellt. Mehr dazu lässt sich im Monatsbericht der EZB vom Juli 2011 finden: EZB 2011c:65.

[11] Siehe Genaueres in 4.1.1.

[12] Nach aktuellem Stand würden Zinskosten in Höhe von zwei Prozent anfallen.

[13] Mehr dazu in 5.2.6.

[14] Dabei können die staatlichen Kapitalimporte durch Hilfskredite zunächst vernachlässigt werden.

[15] Die Daten der Auszahlung von den Hilfskrediten wurden teilweise geglättet.

[16] Die Aufkäufe von Staatsanleihen sind dabei nicht mit einberechnet.

[17] Wann die geldpolitischen Maßnahmen eingeführt wurden, ist im vierten Kapitel angegeben.

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 und der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Autor
Jahr
2013
Seiten
57
Katalognummer
V292983
ISBN (eBook)
9783656904403
ISBN (Buch)
9783656904410
Dateigröße
1206 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zahlungsverkehrssystem, target2, handlungsrahmen, eurosystems
Arbeit zitieren
Yannick Timmer (Autor:in), 2013, Das Zahlungsverkehrssystem TARGET2 und der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292983

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